Gericht | SG Neuruppin 26. Kammer | Entscheidungsdatum | 16.11.2022 | |
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Aktenzeichen | S 26 AS 2746/14 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die mit dem Bescheid des Beklagten vom 14. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. November 2014 in der Fassung des Bescheides vom 29. September 2014 verlautbarten vorläufigen Teilaufhebungs- und Änderungsverfügungen werden aufgehoben.
Der Beklagte hat der Klägerin die ihr entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.
Die Klägerin wendet sich gegen die mit dem vorläufigen Teilaufhebungs- und Änderungsbescheid des Beklagten vom 14. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. November 2014 verlautbarten sozialverwaltungsbehördlichen Verfügungen, mit denen der Beklagte seine vorläufigen Entscheidungen über die Gewährung von Arbeitslosengeld II – für die Zukunft – für den Bewilligungszeitraum vom 01. September 2014 bis zum 30. November 2014 teilweise aufgehoben hat. Zwischen den Beteiligten ist dabei im Wesentlichen das Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft streitig.
Die 1966 geborene alleinstehende erwerbsfähige Klägerin und der 1944 geborene alleinstehende L. (im Folgenden L) sind Eltern der am 28. Januar 1987 geborenen G. 1987 zog die Klägerin mit L und der gemeinsamen Tochter sowie F. E. (im Folgenden E), der Mutter von L, in eine Wohnung in P. 1997 – so der Vortrag der Klägerin – sei es zur Trennung von L gekommen (an anderer Stelle gab sie an, die Beziehung sei 1992 zerbrochen). Sie sei in der Wohnung verblieben, um sich weiterhin um die Mutter des L zu kümmern, da dieser die Pflege seiner Mutter wegen seiner Erwerbstätigkeit nicht habe selbst übernehmen können. Gemeinsam habe man dann die Wohnung in der H-Straße in P. bezogen, nachdem L sie 2002/20003 erworben hatte. Es handelt sich dabei um eine rund 100 Quadratmeter große Vier-Zimmer-Wohnung mit zwei Bädern. An der Trennung von L habe sich nichts geändert. Die Mutter des L sei im Frühjahr 2005 verstorben. Die gemeinsame Tochter sei später ausgezogen. Es habe seit Bezug der Wohnung in der H-Straße Vereinbarungen mit L über die Kostenpflichtigkeit ihres Wohnens dort gegeben.
Die Agentur für Arbeit P. gewährte der Klägerin mit sozialverwaltungsbehördlichen Bewilligungsverfügungen vom 16. Dezember 2004 für den Leistungszeitraum von Januar bis Februar 2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB Il) in Bedarfsgemeinschaft mit ihrer Tochter. Die Klägerin hatte in ihrem Leistungsantrag angegeben, mit L und E sowie ihrer Tochter die Wohnung in der H-Straße gemeinsam zu bewohnen. Sie reichte zu ihrem Erstantrag eine Vereinbarung mit L vom 28. September 2004 ein, wonach sie für die Nutzung der Wohnung monatlich 148,00 Euro und für Heizung und Warmwasser monatlich 92,50 Euro zahlen müsse. Sie erhalte von L für die gemeinsame Tochter monatliche Unterhaltszahlungen in Höhe von 181,00 Euro.
Auf den Folgeantrag der Klägerin veranlasste der Beklagte als nunmehr zuständiger Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II einen Hausbesuch, um die Lebensumstände der Klägerin näher zu untersuchen. Bei dem Hausbesuch, der am 08. März 2005 stattfand, gab die Klägerin an, sie lebe mit L in einer Wohngemeinschaft, es werde getrennt gewirtschaftet. Sie wasche ihre eigene Wäsche sowie die Wäsche ihrer Tochter und die Wäsche von E. Sie koche auch für diesen Personenkreis. Sie pflege die 93-jährige E und erhalte dafür kein Entgelt, könne aber günstig wohnen. Im Kühlschrank waren Lebensmittel getrennt gelagert. Die Klägerin reichte eine weitere Nutzungsvereinbarung mit L vom 15. März 2005 ein, wonach sie monatlich 240,00 Euro an ihn zahle.
Der Beklagte bewilligte der Klägerin sodann mit Bewilligungsverfügungen vom 16. März 2005 Arbeitslosengeld II nach dem SGB II für März bis August 2005 in Höhe von monatlich 344,97 Euro unter Berücksichtigung der Regelleistung für Alleinstehende, eines Unterkunftsbedarfs in Höhe von 167,97 Euro und unter Anrechnung des für die Tochter gezahlten Kindergeldes. Auf die Fortzahlungsanträge der Klägerin bewilligte der Beklagte ihr in der Folgezeit laufend Arbeitslosengeld II. Am 31. August 2006 fand ein erneuter Hausbesuch statt. Spätere Hausprüfungen verweigerte die Klägerin (Mai 2007, Mai 2010 und Januar 2012).
Mit sozialverwaltungsbehördlicher Verfügung vom 08. Februar 2007 forderte der Beklagte L auf, Auskunft zu geben über seine aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnisse, weil er mit der Klägerin eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3c, Abs. 3a SGB II bilde. Hiergegen legte L Widerspruch ein, verwies auf seine angespannte finanzielle Lage (35.000,00 Euro Schulden und Zinsbelastung wegen der Eigentumswohnung), darauf, dass er sein Einkommen (Erwerbsunfähigkeitsrente) nur für eigene Zwecke nutze, und auf den Grundriss der Wohnung, der eine getrennte Lebensführung ermögliche. Mit sozialverwaltungsbehördlicher Verfügung vom 21. April 2008 hob der Beklagte seine sozialverwaltungsbehördliche Verfügung vom 08. Februar 2007 auf. Für das Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft habe das langjährige Zusammenleben mit der Klägerin und der gemeinsamen Tochter sowie die Pflege der Mutter gesprochen. Mittlerweile seien die Mutter verstorben und die Tochter ausgezogen. Das bloße Zusammenleben in einer Wohnung reiche nicht aus. Es seien objektive Umstände aufgezeigt worden, die die Vermutung entkräftet hätten. So seien separate Schlaf-, Bade- und Wohnzimmer gezeigt worden. Auch eine getrennte Kühlschranknutzung sei festgestellt worden.
Die Klägerin reichte im Februar 2009 eine Vereinbarung mit L ein, wonach sie seit Januar 2004 monatlich 252,00 Euro für die Nutzung der Wohnung zu zahlen hatte.
Auf die jeweiligen Folgeanträge der Klägerin, bei denen sie jeweils die Frage nach einer Veränderung in der Bedarfsgemeinschaft verneinte, bewilligte der Beklagte der Klägerin im Zeitraum Mai 2009 bis August 2014 laufend Arbeitslosengeld II unter Berücksichtigung der Regelleistung für Alleinstehende und unter Berücksichtigung von Unterkunftskosten. In den von der Klägerin bei der jeweiligen Antragstellung vorgelegten Kontoauszügen waren monatliche Mietzahlungen der Klägerin an L dokumentiert. Der Beklagte rechnete weiter bedarfsmindernd an die Einnahmen der Klägerin in Höhe von monatlich 150,00 Euro aus einer geringfügigen Pflege-Beschäftigung bei einer Nachbarin, die am 26. Dezember 2009 verstarb.
Im April 2010 legte die Klägerin eine Vereinbarung mit L vor, wonach er sie ab dem 03. Mai 2010 als Haushaltshilfe mit einem monatlichen Lohn von 120,00 Euro bei einer Arbeitszeit von täglich drei Stunden (montags bis freitags) beschäftigte. Die Klägerin teilte am 30. August 2010 mit, dass sie ab 01. September 2010 monatlich 170,00 Euro verdiene, und reichte weiter eine Kopie eines von L unterzeichneten Formulars (Anmeldung im Haushaltsscheck-Verfahren) ein. In den vorgelegten Kontoauszügen fanden sich Abbuchungen für die Miete und Gutschriften für den Nebenverdienst. Auf Anforderung des Beklagten reichte die Klägerin mehrfach die an L gerichteten jährlichen Betriebskostenabrechnungen des Wohnungs-Verwalters Freitag Immobilien OHG und hiervon getrennt die an L, die Klägerin und E gerichteten Heizkostenabrechnungen der Firma T. ein. Dies nahm der Beklagte zum Anlass, der Klägerin für Oktober 2011 weitere Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 345,20 Euro (die Hälfte der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2010) zu gewähren.
Die Klägerin gab am 27. Februar 2012 an, dass sich ab 01. März 2012 ihr Arbeitsentgelt auf 400,00 Euro erhöhe. Ihre Miete steige ab 01. März 2012 auf 347,00 Euro (Nettokaltmiete 265,00 Euro, Betriebskosten 62,00 Euro, Heizkosten 20,00 Euro). Der Beklagte erließ entsprechende sozialverwaltungsbehördliche Änderungsverfügungen. Auch für Juli 2012 übernahm der Beklagte weitere 110,00 Euro aus der Nebenkostenabrechnung für 2011, nachdem die Klägerin ein Schreiben von L eingereicht hatte, wonach er von ihr diesen Teilbetrag der an ihn gerichteten Abrechnung fordere.
Die Klägerin reichte weiter die Erklärung des L über eine Erhöhung ihrer Gesamtmiete ab dem 01. Oktober 2012 auf 372,00 Euro (Anstieg der Heizkostenvorauszahlung auf 39,00 Euro) ein, die der Beklagte im Folgenden auch berücksichtigte.
Die Klägerin schloss mit dem Beklagten am 04. April 2013 eine Eingliederungsvereinbarung, in der sie sich verpflichtete, sich zu bemühen, eine höhere Wochenarbeitszeit beziehungsweise ein höheres Entgelt zu vereinbaren.
Im Einzelnen ergaben sich folgende Bewilligungen:
Leistungszeitraum |
Verfügungen |
Leistungshöhe |
Mai 2009 |
09. März 2009 |
567,94 Euro |
Juni 2009 |
14. Mai 2009 |
567,74 Euro |
Juli 2009 |
14. Mai 2009 |
575,74 Euro |
August 2009 |
14. Mai 2009 |
575,74 Euro |
September 2009 |
14. Mai 2009 |
575,74 Euro |
Oktober 2009 |
14. Mai 2009 |
575,74 Euro |
November 2009 |
14. Mai 2009 |
575,74 Euro |
Dezember 2009 |
16. November 2009 |
567,90 Euro |
Januar 2010 |
18. Januar 2010 |
607,90 Euro |
Februar 2010 |
18. Januar 2010 |
607,90 Euro |
März 2010 |
18. Januar 2010 |
607,90 Euro |
April 2010 |
18. Januar 2010 |
607,90 Euro |
Mai 2010 |
13. April2010 |
591,90 Euro |
Juni 2010 |
11. Mai 2010 |
591,90 Euro |
Juli 2010 |
11. Mai 2010 |
591,90 Euro |
August 2010 |
11. Mai 2010 |
591,90 Euro |
September 2010 |
06. September 2010 |
551,90 Euro |
Oktober 2010 |
31. August 2010 |
551,90 Euro |
November 2010 |
31. August 2010 |
551,90 Euro |
Dezember 2010 |
15. November 2010 |
551,90 Euro |
Januar 2011 |
09. Mai 2011 |
568,37 Euro |
Februar 2011 |
09. Mai 2011 |
568,37 Euro |
März 2011 |
09. Mai 2011 |
568,37 Euro |
April 2011 |
09. Mai 2011 |
568,37 Euro |
Mai 2011 |
09. Mai 2011 |
568,37 Euro |
Juni 2011 |
10. Mai 2011 |
568,37 Euro |
Juli 2011 |
10. Mai 2011 |
568,37 Euro |
August 2011 |
10. Mai 2011 |
568,37 Euro |
September 2011 |
10. Mai 2011 |
568,37 Euro |
Oktober 2011 |
18. Oktober 2011 |
913,57 Euro |
November 2011 |
10. Mai 2011 |
568,37 Euro |
Dezember 2011 |
11. November 2011 |
560,00 Euro |
Januar 2012 |
11. November 2011 |
570,00 Euro |
Februar 2012 |
11. November 2011 |
570,00 Euro |
März 2012 |
06. März 2011 |
481,00 Euro |
April 2012 |
05. März 2011 |
481,00 Euro |
Mai 2012 |
05. März 2011 |
481,00 Euro |
Juni 2012 |
30. April 2011 |
481,00 Euro |
Juli 2012 |
16. Juli 2011 |
591,00 Euro |
August 2012 |
30. April 2012 |
481,00 Euro |
September 2012 |
30. April 2012 |
481,00 Euro |
Oktober 2012 |
16. Juli 2012 |
506,00 Euro |
November 2012 |
16. Juli 2012 |
506,00 Euro |
Dezember 2012 |
02. November 2012 |
506,00 Euro |
Januar 2013 |
02. November 2012 |
514,00 Euro |
Februar 2013 |
02. November 2012 |
514,00 Euro |
März 2013 |
02. November 2012 |
514,00 Euro |
April 2013 |
02. November 2012 |
514,00 Euro |
Mai 2013 |
02. November 2012 |
514,00 Euro |
Juni 2013 |
14. Mai 2013 |
514,00 Euro |
Juli 2013 |
14. Mai 2013 |
514,00 Euro |
August 2013 |
14. Mai 2013 |
514,00 Euro |
September 2013 |
14. Mai 2013 |
514,00 Euro |
Oktober 2013 |
14. Mai 2013 |
514,00 Euro |
November 2013 |
14. Mai 2013 |
514,00 Euro |
Dezember 2013 |
19. November 2013 |
514,00 Euro |
Januar 2014 |
19. November 2013 |
523,00 Euro |
Februar 2014 |
19. November 2013 |
523,00 Euro |
März 2014 |
19. November 2013 |
523,00 Euro |
April 2014 |
19. November 2013 |
523,00 Euro |
Mai 2014 |
19. November 2013 |
523,00 Euro |
Juni 2014 |
19. Juni 2014 |
523,00 Euro |
Juli 2014 |
19. Juni 2014 |
523,00 Euro |
August 2014 |
19. Juni 2014 |
523,00 Euro |
Im Juni 2013 veranlasste die (neue) Sachbearbeitung des Beklagten eine Überprüfung und zeigte eine Ordnungswidrigkeit der Klägerin an.
Die Klägerin füllte im November 2013 die Anlage VE zur Überprüfung, ob eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft vorliege, aus und reichte von L als Arbeitgeber unterzeichnete Einkommensbescheinigungen nach. Sie lebe weiterhin aufgrund des Mietverhältnisses und des Arbeitsverhältnisses mit L in der Wohnung. Für ihr Konto bestehe derzeit keine Kontovollmacht. Der Beklagte bewilligte der Klägerin weiterhin laufend Arbeitslosengeld II, ab Juni 2014 allerdings vorläufig.
Am 20. Februar 2014 fand eine richterlich angeordnete Hausdurchsuchung statt. Aus dem polizeilichen Durchsuchungsbericht ergab sich ua: Die Klägerin gab an, dass sie zwei Räume in der Wohnung allein nutze. In dem einen der beiden Räume, der nach ihren Angaben als Schlafzimmer genutzt wurde, stand u.a. ein 140 cm breites Futonbett. Bezogene Bettwäsche konnte nicht festgestellt werden. Das Zimmer ähnelte eher einem Jugend- bzw. Gästezimmer als einem Schlafzimmer. Der weitere, nach den Angaben der Klägerin von ihr als Wohnzimmer genutzte Raum war mit einem Kleiderschrank (mit diverser Damenbekleidung) und einem kleinen Sofa ausgestattet; ein Fernseher war nicht vorhanden. In dem nach ihren Angaben von ihr benutzten Badezimmer wurde Rasierzeug festgestellt, wozu die Klägerin angab, L habe dafür in dem von ihm genutzten Badezimmer keinen Platz. Zu den Räumen „des L": Im Schlafzimmer befanden sich ein großer Kleiderschrank, ein Doppelbett sowie zwei Nachtkonsolen. Auf dem Doppelbett wurden zwei komplett bezogene Bettwäschen festgestellt. Dazu gab die Klägerin an, seit etwa einer Woche dort zu schlafen. In der einen Nachtkonsole lag eine Truhe mit diversem Schmuck. Dazu gab die Klägerin an, den Schmuck aus Platzmangel dort zu lagern. Im Kleiderschrank lag diverse Damen- und Herrenbekleidung. Im Wohnzimmer lagen auf einem Sideboard Kontoauszüge des L und der Klägerin. Auf Nachfrage gab die Klägerin an, sich dort ab und zu aufzuhalten und mit L gemeinsam Fernsehen zu schauen. Im Abstellraum lagen diverse Lebensmittel, Spirituosen und andere Gegenstände des täglichen Lebens. Zur Küche hieß es, diese werde gemeinsam von L und der Klägerin genutzt.
Mit weiterer sozialverwaltungsbehördlicher Verfügung vom 16. April 2014 forderte der Beklagte L unter Bezugnahme auf ein unbeantwortet gebliebenes Schreiben vom 06. März 2014 auf, umfangreiche Angaben zu seinen aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnissen zu machen. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03. Juli 2014 zurück. Über die dagegen erhobene Klage, die unter dem gerichtlichen Aktenzeichen S 26 AS 1641/14 geführt wurde, hat die erkennende Kammer nach einer im sozialgerichtlichen Verfahren S 26 AS 357/21 ZVW im Rahmen eines Termins zur Erörterung des Sachverhaltes am 08. Dezember 2021 erfolgten persönlichen Anhörung der Klägerin und einer Einvernahme des L als Zeugen mit Urteil vom 25. Februar 2022 entschieden und die Klagen abgewiesen. Über die hiergegen von L erhobene Berufung – L 29 AS 299/22 – hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg noch nicht entschieden.
Mit Schreiben vom 06. März 2014 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass er die Zahlung von Arbeitslosengeld II an sie ab 01. April 2014 vorläufig vollständig einstellen werde.
Mit sozialverwaltungsbehördlicher Verfügung vom 16. April 2014 forderte der Beklagte L auf, bis zum 09. Mai 2014 Auskünfte über seine aktuelle Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen.
Mit sozialverwaltungsbehördlicher Verfügung vom 17. April 2014 hob der Beklagte die Leistungsbewilligung ab dem 01. April 2014 gemäß § 45 Abs 2 Nr 2 SGB X auf, da die Klägerin mit L in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebe.
Den für den am 01. Juni 2014 beginnenden Leistungszeitraum gestellten Leistungsantrag lehnte der Beklagte mit sozialverwaltungsbehördlicher Verfügung vom 12. Mai 2014 zunächst ab.
Mit Beschluss vom 12. Juni 2014 – S 24 AS 691/14 ER – ordnete das Sozialgericht Neuruppin die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Klägerin gegen die sozialverwaltungsbehördliche Verfügung vom 17. April 2014 an, woraufhin der Beklagte an die Klägerin die mit sozialverwaltungsbehördlicher Verfügung vom 19. November 2013 für April und Mai 2014 bewilligten Leistungen auszahlte.
Mit sozialverwaltungsbehördlicher Verfügung vom 19. Juni 2014 bewilligte der Beklagte der Klägerin (unter Bezugnahme auf den oben genannten Beschluss vom 12. Juni 2014) für den Leistungszeitraum Juni 2014 bis November 2014 vorläufig Arbeitslosengeld II in Höhe von monatlich 523,00 Euro ohne Berücksichtigung des Bestehens einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft und deshalb auch ohne Berücksichtigung von Einkommen oder Vermögen des L. Dabei wies er darauf hin, dass zwar von dem Bestehen einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft ausgegangen werde, die Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des L aber noch nicht abgeschlossen sei.
Auf das Auskunftsersuchen des Beklagten vom 25. Juni 2014 übermittelte der Rentenversicherungsträger unter dem 23. Juli 2014 eine Bescheinigung, wonach L ab dem 01. Mai 2009 eine Regelaltersrente bezog. Der monatliche Auszahlungsbetrag belief sich von Mai bis Juni 2009 auf 850,50 Euro, von Juli 2009 bis Dezember 2010 auf 882,24 Euro, von Januar 2011 bis Juni 2011 auf 879,29 Euro, von Juli 2011 bis Juni 2012 auf 888,04 Euro, von Juli 2012 bis Dezember 2012 auf 908,08 Euro, von Januar 2013 bis Juni 2013 auf 936,91 Euro, von Juli 2013 bis Juni 2014 auf 936,91 Euro und ab 01. Juli 2014 auf 960,58 Euro.
Mit Widerspruchsbescheid vom 02. Juli 2014 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen die sozialverwaltungsbehördliche Aufhebungsverfügung vom 17. April 2014 zurück. Die Klägerin habe durch ihre unzutreffenden Angaben den Eindruck erwecken wollen, mit L in einer Wohngemeinschaft zu leben. Hiergegen erhob die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Neuruppin zu dem Aktenzeichen S 26 AS 1613/14.
Am 25. Juli 2014 schlossen der Beklagte und die Klägerin erneut eine Eingliederungsvereinbarung, in der sie sich verpflichtete, sich zu bemühen, eine Vereinbarung über eine höhere Wochenarbeitszeit oder Vergütung zu erwirken.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06. August 2014 gab der Beklagte dem Widerspruch der Klägerin gegen die sozialverwaltungsbehördliche Ablehnungsverfügung vom 12. Mai 2014 teilweise statt; der Klägerin sei entsprechend der sozialverwaltungsbehördlichen Teilabhilfeverfügung vom 19. Juni 2014 im Leistungszeitraum Juni 2014 bis November 2014 vorläufig Arbeitslosengeld II in Höhe von monatlich 523,00 Euro zu bewilligen. Klage hat die Klägerin hiergegen nicht erhoben.
Mit der hier streitbefangenen sozialverwaltungsbehördlichen Verfügung vom 14. August 2014 hob der Beklagte seine soeben näher umschriebene vorläufigen Änderungsverfügungen vom 19. Juni 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 06. August 2014 unter Berufung auf § 48 SGB X für den Zeitraum vom 01. September 2014 bis zum 30. November 2014 teilweise auf und bewilligte der Klägerin für den genannten Zeitraum nunmehr – weiterhin vorläufig – Arbeitslosengeld II in Höhe von monatlich lediglich noch 147,42 Euro (zuvor monatlich 523,00 Euro). Die Klägerin lebe mit L in einer Bedarfsgemeinschaft. Dessen Einkommen aus der Altersrente sei zu berücksichtigen, ihr Erwerbseinkommen als Hauswirtschafterin sei weggefallen.
Mit Schreiben vom 14. August 2014 hörte der Beklagte die Klägerin zu der beabsichtigten teilweisen Aufhebung der Leistungsbewilligungen für den Zeitraum von Mai 2009 bis August 2014 und der Erstattungsforderung von 28.067,65 Euro an. Sie lebe mit L in einer Bedarfsgemeinschaft, so dass sein Einkommen aus der Altersrente zu berücksichtigen sei. Infolge der veränderten Verhältnisse seien die Leistungen neu zu berechnen. Im genannten Leistungszeitraum stünde der Klägerin lediglich ein Leistungsanspruch in Höhe von insgesamt 7.215,70 Euro zu. Bewilligt worden seien demgegenüber insgesamt 35.283,15 Euro, so dass sich ein Erstattungsbetrag in Höhe von 28.067,65 Euro ergebe. Nach den beigefügten Berechnungsbögen legte der Beklagte nunmehr bei der Klägerin und L jeweils den (abgesenkten) Regelsatz für zwei Partner einer Bedarfsgemeinschaft zugrunde. Bei den Unterkunftskosten wurde der bislang bei der Klägerin insoweit berücksichtigte Betrag nunmehr auf beide Mitglieder je zur Hälfte aufgeteilt. Teilweise bedarfsdeckend bei der Klägerin wurde ein nicht bei L zur Deckung seines Bedarfs benötigter Teil des um die Versicherungspauschale bereinigten Renteneinkommens angerechnet.
Mit den Teilaufhebungs- und Rückforderungsverfügungen vom 12. September 2014 hob der Beklagte die Bewilligungsentscheidungen von Alg II für den Zeitraum vom 01. Mai 2009 bis zum 31. August 2014 nach § 45 SGB X teilweise auf und forderte Erstattung in Höhe von 28.067,65 Euro. Die Bewilligungsentscheidungen seien rechtswidrig. Die Klägerin habe angegeben, mit L in einer Haushaltsgemeinschaft zu leben. Dies treffe indes nicht zu, es sei vielmehr von einer Bedarfsgemeinschaft auszugeben. Daher sei das tatsächliche Renteneinkommen des L nach dem Zuflussprinzip für den Zeitraum Mai 2009 bis August 2014 anzurechnen. Daraus ergebe sich für jeden in einer Tabelle einzeln aufgeführten Monat im Zeitraum von Mai 2009 bis August 2014 statt der bewilligten Leistungen in Höhe von insgesamt 35.283,15 Euro eine geringere Höhe der Leistungsbewilligung in Höhe von insgesamt 7.215,50 Euro, so dass Leistungen in Höhe von 28.067,65 Euro aufzuheben und zu erstatten seien.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein.
Mit vorläufiger Teilaufhebungs- und Änderungsverfügung vom 29. September 2014 änderte der Beklagte seine vorläufigen bewilligenden Verfügungen für den Zeitraum von September 2014 bis November 2014 unter Verweis auf die gerichtliche Entscheidung im Verfahren S 26 AS 1901/14 ER (Beschluss vom 21. September 2014), mit der das Gericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruches der Klägerin gegen die hier streitbefangene sozialverwaltungsbehördliche Verfügung vom 14. August 2014 (betreffend den Zeitraum von September 2014 bis November 2014) angeordnet hatte, erneut ab und gewährte der Klägerin nunmehr – weiterhin vorläufig – Leistungen in Höhe von monatlich 391,00 Euro.
Mit dem hier streitbefangenen Widerspruchsbescheid vom 21. November 2014 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen die sozialverwaltungsbehördliche Verfügung vom 14. August 2014 (bezüglich der Leistungen für die Zeit von September 2014 bis November 2014) weiterhin unter Berufung auf § 48 SGB X zurück. Hiergegen hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2014 die vorliegend zu beurteilenden Klagen erhoben, mit denen sie ihr auf Aufhebung der sie belastenden Verfügungen weiterverfolgt, sie lebe mit L nicht in einer Bedarfsgemeinschaft.
Die Staatsanwaltschaft Neuruppin erhob am 29. Dezember 2014 Anklage gegen die Klägerin und L wegen gemeinschaftlichen Betruges in der Zeit vom 01. Mai 2009 bis 31. August 2014. Die Angeklagten hätten das Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft dadurch geleugnet und verschleiert, dass sie Scheinarbeitsverträge und Scheinmietverträge abgeschlossen hätten, obschon die Klägerin sämtliche Zimmer nutze. Sie hätten wahrheitswidrig behauptet, statt in einer eheähnlichen Gemeinschaft nur in einer Wohngemeinschaft zu leben.
Mit Schreiben vom 10. Februar 2015 wandte sich L im strafgerichtlichen Verfahren an das Amtsgericht Prenzlau und schilderte seinen Gesundheitszustand. Er leide nach zwei Lungenoperationen bei offener Tuberkulose permanent unter Atembeschwerden. Bei ihm seien ein Grad der Behinderung von 60 vH und das Merkzeichen G festgestellt. Bei der Durchsuchung hätten sich keine Unterlagen angefunden, die eine gemeinsame Haushaltsführung hätten belegen können.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. März 2015 wies der Beklagte den Widerspruch gegen die sozialverwaltungsbehördliche Verfügung vom 12. September 2014 als unbegründet zurück. Rechtsgrundlage für die teilweise Aufhebung seien die §§ 40 Abs 1, 2 Nr 3 SGB II, 330 Abs 2 SGB III und § 45 Abs 2 S 3 Nr 1,2, 3 iVm § 50 Abs 1 SGB X. Die Klägerin habe durch ihre unzutreffenden Angaben den Eindruck erwecken wollen, mit L nicht zusammen in einer gemeinsamen Wohnung, sondern lediglich in einer Wohngemeinschaft zu leben, keinerlei partnerschaftliche Verbindung zu haben und von ihm getrennt zu wirtschaften und daher hilfebedürftig zu sein. Mit diesem Verhalten habe sie alle vertrauensschutzausschließenden Tatbestände des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X erfüllt. Tatsächlich bilde sie mit L eine Bedarfsgemeinschaft. Sie lebe in einer Partnerschaft mit ihm. Eine Partnerschaft sei die Verbindung zweier Personen, wenn sie auf Dauer angelegt sei, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulasse und sich durch innere Bindungen auszeichne, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründe, also über die Beziehung einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinsaft hinausgehe. Kriterien für die Ernsthaftigkeit einer Beziehung seien Kontinuität und Dauerhaftigkeit. Die Klägerin lebe seit vielen Jahren mit L zusammen. Beide hätten die gemeinsame Tochter großgezogen. Die Klägerin habe die Pflege der Mutter des L übernommen. Die Wohnungsaufteilung spreche für eine enge innere Bindung. Bei der gerichtlich angeordneten Hausdurchsuchung sei eine an die Familie L./A. adressierte Postkarte gefunden worden. Die Klägerin habe angegeben, neben L geschlafen zu haben, um ihm bei seinen Atemschwierigkeiten ggf. unterstützen zu können. Dies sei typisch für ein gegenseitiges Einstehen. Auch werde in einem gemeinsamen Haushalt zusammengelebt und aus einem Topf gewirtschaftet. Das Verhältnis der Klägerin zu L sei durch enge Bindungen gekennzeichnet. Bei der Hausdurchsuchung sei keine klare Trennung der Wohnbereiche festgestellt worden. Auch ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, liege vor, da die gesetzliche Vermutung aufgrund des jahrelangen Zusammenlebens erfüllt sei. Weiter sei die Klägerin auch befugt, über das Vermögen des L zu verfügen, weil sie in der Kfz-Haftpflichtversicherung als weitere Fahrerin angegeben sei. Die Klägerin habe unvollständige Angaben gemacht. Sie hätte erkennen müssen, dass das Vorliegen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft anzugeben gewesen sei. Sie habe auch die Rechtwidrigkeit der sozialverwaltungsbehördlichen Verfügungen erkennen müssen, da ihnen eindeutig zu entnehmen gewesen sei, dass das Einkommen von L nicht berücksichtigt worden sei. Nach Gegenüberstellung der ursprünglich bewilligten und ausgezahlten Leistungen ergebe sich eine Erstattungsforderung in Höhe von insgesamt 28.067,65 Euro.
Mit der am 13. April 2015 erhobenen Klage vor dem Sozialgericht Neuruppin zum Aktenzeichen S 26 AS 762/15 hat die Klägerin die Aufhebung der sozialverwaltungsbehördlichen Teilaufhebungs- und Erstattungsverfügungen vom 12. September 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2015 begehrt.
Das Amtsgericht Prenzlau ließ am 16. November 2015 die Anklage der Staatsanwaltschaft Neuruppin vom 29. Dezember 2014 gegen die Klägerin und L zu (22 DS 336 Js 24645/13 <68/15>). Das Amtsgericht Prenzlau vernahm an insgesamt drei Verhandlungstagen die beiden Polizeibeamten sowie die Mitarbeiterin des Beklagten, die bei der Hausdurchsuchung anwesend waren, und weitere Sachbearbeiter des Beklagten. Mit Urteil vom 15. März 2016 verurteilte das Amtsgericht Prenzlau die Klägerin zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen in Höhe von je 15,00 Euro und L zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen in Höhe von je 15,00 Euro wegen gemeinschaftlichen Betruges. Im angeklagten Zeitraum zwischen dem 01. Mai 2009 und dem 31. August 2014 hätten die Klägerin und L den Beklagten darüber getäuscht, dass sie während des gesamten Zeitraumes zusammengelebt hätten. Zur Überzeugung des Gerichts handele es sich nicht um getrennte Wohnverhältnisse und für die Klägerin nicht um ein reines Dienstverhältnis als Pflegekraft, sondern vielmehr um ein umfassendes Füreinander-Einstehen und Sorgen, welches gerade den Charakter der Bedarfsgemeinschaft ausmache. Nach dem Gesamteindruck beruhe die Lebensplanung der Angeklagten darauf, dass die Klägerin L wie eine Dauerpflegekraft umsorge und ihm in gesundheitlichen Notlagen helfe und beistehe. Dieses Lebensmodell würde scheitern, wenn die Klägerin über die im schriftlichen Arbeitsvertrag dokumentierte Verpflichtung von 30 Arbeitsstunden hinaus noch an anderer Stelle arbeiten oder sogar eine eigene Wohnung beziehen würde. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Angeklagten irgendeine Zeit getrennt voneinander verbringen würden, so dass es auf der Hand liege, dass sie ihre Zeit stattdessen gemeinsam verbringen würden. Anhaltspunkte dafür, dass es zu einer Trennung gekommen sei, hätten sich nicht finden lassen. Bereits nach der Darlegungslast des Sozialrechts (§ 7 Abs 3a SGB II) werde das weitere Zusammenleben in einer Bedarfsgemeinschaft vermutet, es sei denn, dass sich positiv feststellen lasse, dass eine tatsächliche Trennung stattgefunden habe. Auch wenn der Beklagte während der gesamten Zeit vermutet habe, dass die Leistungen der Klägerin nicht zugestanden hätten, sei er getäuscht worden. Gegen dieses Urteil legten die Klägerin und L Berufung ein. Auch die Staatsanwaltschaft Neuruppin legte hinsichtlich des Strafmaßes zum Nachteil der Angeklagten Berufung ein. Das Landgericht Neuruppin (14 Ns 37/16) stellte in der Hauptverhandlung am 29. Mai 2017 mit Zustimmung der Beteiligten das Verfahren gegen Zahlung eines Geldbetrages jeweils in Höhe von 750,00 Euro zunächst vorläufig und nach Bezahlung des Geldbetrages endgültig ein.
L überschrieb der Klägerin im Oktober 2018 die von ihr und ihm bewohnte Wohnung, wobei die Klägerin im Gegenzug ein dinglich gesichertes Leibgeding für L übernahm und L ein Wohnrecht auf Lebenszeit erhielt.
Mit rechtskräftig gewordenem Gerichtsbescheid vom 07. Juli 2020 hat das Sozialgericht Neuruppin in dem Verfahren S 26 AS 1613/14 die mit dem Bescheid vom 17. April 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Juli 2014 verlautbarte sozialverwaltungsbehördliche Aufhebungsverfügung des Bewilligungsbescheides vom 19. November 2013 für den Zeitraum vom 01. April 2014 bis zum 31. Mai 2014 aufgehoben.
Nach vorheriger Anhörung zu der beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid hat das Sozialgericht Neuruppin mit Gerichtsbescheid vom 02. Oktober 2020 – S 26 AS 762/15 – die Klage gegen die mit Bescheid vom 12. September 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2015 für den Zeitraum vom 01. Mai 2009 bis zum 31. August 2014 verlautbarten Aufhebungs- und Erstattungsverfügungen abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 11. März 2021 – L 29 AS 1528/20 – den Gerichtsbescheid vom 02. Oktober 2020 aufgehoben und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Neuruppin zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Das Sozialgericht Neuruppin hat das Verfahren sodann unter dem gerichtlichen Aktenzeichen S 26 AS 357/21 ZVW fortgesetzt und die Klägerin hat nach entsprechendem gerichtlichem Hinweis den Streitgegenstand auf den Zeitraum vom 01. Mai 2009 bis zum 31. März 2014 sowie vom 01. Juni 2014 bis zum 31. August 2014 begrenzt; hierüber hat die Kammer bislang nicht entschieden.
Nach entsprechendem gerichtlichem Hinweis darauf, dass die Klägerin vor der Bekanntgabe der hier streitbefangenen Aufhebungsverfügungen vom 14. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. November 2014 nicht ordnungsgemäß angehört worden sein könnte, hat der Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 20. Oktober 2020 zu den Voraussetzungen des § 45 SGB X angehört.
Die Klägerin beantragt nunmehr,
die mit dem Bescheid vom 14. August 2014 in der Fassung des Bescheides vom 29. September 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. November 2014 verlautbarten vorläufigen Teilaufhebungs- und Änderungsverfügungen aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Er verteidigt die angegriffenen Entscheidungen und meint insbesondere, zwischen der Klägerin und L bestehe eine Verantwortung- und Einstandsgemeinschaft.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie auf den übrigen Inhalt der Prozessakte, auf die die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten und auf die Prozessakten mit den gerichtlichen Aktenzeichen S 26 AS 1613/14, S 26 AS 1901/14 ER und S 26 AS 357/21 ZVW nebst der dort beigezogenen Strafakten des Amtsgerichts Prenzlau – 22 Ds 336 Js 24645/13 (68/15) – Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung, der geheimen Beratung und der Entscheidungsfindung gewesen sind.
Die Klage hat im tenorierten Umfang Erfolg.
1. Streitgegenstand des Verfahrens sind die (endgültigen) Leistungsansprüche der Klägerin für den Zeitraum vom 01. September 2014 bis zum 30. November 2014. Gegenstand des Verfahrens ist dabei die vorläufige Teilaufhebungs- und Änderungsverfügung vom 14. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. November 2014, mit dem der Beklagte die durch bestandskräftig gewordene Verfügung vom 19. Juni 2014 für die Zeit vom 01. Juni 2014 bis zum 30. November 2014 erteilte vorläufige Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach den Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) wegen der nachträglichen Ermittlung des Einkommens des L und wegen des Wegfalls des Einkommens aus Erwerbstätigkeit für die Monate September 2014 bis November 2014 „teilweise im Umfang eines Betrages von monatlich 375,58 Euro aufgehoben" hat. Gegenstand des Verfahrens ist darüber hinaus die vorläufige Teilaufhebungs- und Änderungsverfügung vom 29. September 2014, mit dem der Beklagte der Klägerin in Umsetzung des Beschlusses des Gerichts vom 21. September 2014 im Verfahren S 26 AS 1901/14 ER – weiterhin vorläufig – höhere Leistungen im Umfang eines Betrages von monatlich 391,00 Euro gewährt hatte. Gegenstand des sozialgerichtlichen Klageverfahrens sind dementsprechend die im Tenor genannten sozialverwaltungsbehördlichen Verfügungen des Beklagten.
2. Gegen die genannten sozialverwaltungsbehördlichen Verfügungen wendet sich die Klägerin zu Recht mit der isolierten Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 Regelung 1 SGG), mit der sie die Aufhebung der sie belastenden Aufhebungsverfügungen – hierbei handelt es sich um Verwaltungsakte im Sinne des § 31 S 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) – zu erreichen sucht, weil allein durch die Aufhebung dieser Verfügungen die ursprünglich insgesamt höhere Leistungen gewährenden vorläufigen Bewilligungsverfügungen vom 19. Juni 2014, die ihrerseits bindend geworden sind (§ 77 SGG), wieder auflebten. Die von daher statthafte isolierte Anfechtungsklage ist auch im Übrigen zulässig: Insbesondere fehlt es an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtungsklage nicht etwa deshalb, weil die Klägerin im Erfolgsfall mit einer ihr ebenso nachteiligen abschließenden Entscheidung gemäß § 40 Abs 2 Nr 1 SGB II iVm § 328 Abs 3 S 2 Hs 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) zu rechnen haben könnte. Dies ist schon deshalb ausgeschlossen, weil die vorläufige Bewilligung aus dem Teilaufhebungs- und Änderungsbescheid vom 19. Juni 2014 zwischenzeitlich als endgültig festgesetzt gilt (§ 80 Abs 2 Nr 1 SGB II iVm § 41a Abs 5 S 1 SGB II). Entscheidend ist jedenfalls allein, ob die statthaften Klage gegen die angegriffenen Teilaufhebungs- und Änderungsverfügungen vom 14. August 2014 in der Fassung des Bescheides vom 29. September 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. November 2014 ausnahmsweise deshalb unzulässig ist, weil die Klage selbst im Falle ihres Erfolgs für die Klägerin keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann, die begehrte gerichtliche Entscheidung ihre Stellung also weder gegenwärtig noch zukünftig verbessern würde. So liegt es hier ersichtlich nicht, weil eine Beseitigung der angefochtenen sozialverwaltungsbehördlichen Verfügungen die Rechtsstellung der Klägerin nachhaltig verbessert, weil jedenfalls der Schein des Eingriffes in die ihr mit den Verfügungen vom 19. Juni 2014 vorläufig zuerkannten und zwischenzeitlich als endgültig geltenden Rechtspositionen durch die gerichtliche Entscheidung beseitigt würde (vgl zur Frage des Bestehens des Rechtsschutzbedürfnisses in einer ähnlichen Konstellation: Bundessozialgericht, Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 31/14 R, RdNr 10 mwN).
3. Die danach insgesamt zulässige Klage ist auch begründet, denn die mit dem angegriffenen Bescheid des Beklagten verlautbarte aufhebende sozialverwaltungsbehördliche Entscheidung des Beklagten ist rechtswidrig und beschwert die Klägerin in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten (vgl § 54 Abs 2 S 1 SGG). Nach Wegfall der Voraussetzungen für die zunächst nur vorläufige Bewilligung der existenzsichernden Leistungen nach dem SGB II hatte der Beklagte jedoch anstelle der auf § 45 SGB X beziehungsweise § 48 SGB X gestützten sozialverwaltungsbehördlichen Änderungsverfügungen eine endgültige Bewilligungsentscheidung nach § 40 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB II iVm § 328 Abs 3 S 2 Hs 1 SGB III zu treffen, woran es hier aber fehlt.
a) In der Sache beurteilt sich die Rechtmäßigkeit der geänderten Leistungsbewilligung ausschließlich an den für die abschließende Entscheidung nach vorangegangener vorläufiger Bewilligung maßgebenden Vorschriften des § 40 Abs 2 Nr 1 SGB II iVm § 328 SGB III. Keine Grundlage findet sie dagegen in den für die Aufhebung eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse einschlägigen Bestimmungen von § 40 Abs 2 Nr 3 SGB II iVm § 330 Abs 3 S 1 SGB III sowie § 48 Abs 1 S 2 SGB X oder iVm § 330 Abs 2 SGB III und § 45 SGB X (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 31/14 R, RdNr 17).
Nach der Verweisungsnorm des § 40 SGB II sind für das Verfahren nach dem SGB II ua die Vorschriften des § 328 SGB III über die vorläufige Entscheidung entsprechend anwendbar (Abs 2 Nr 1). Hiernach kann über die Erbringung von Geldleistungen ua dann vorläufig entschieden werden, wenn zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs eines Arbeitnehmers auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen und der Arbeitnehmer die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, nicht zu vertreten hat (§ 328 Abs 1 Nr 3 SGB III). Im Hinblick auf die endgültige Leistungsbewilligung gilt sodann zunächst: „Eine vorläufige Entscheidung ist nur auf Antrag des Berechtigten für endgültig zu erklären, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist“ (§ 328 Abs 2 SGB III). Weiter ist bestimmt: „Auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen sind auf die zustehende Leistung anzurechnen. Soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird, sind auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten" (§ 328 Abs 3 S 1 SGB III und § 328 Abs 3 S 2 Hs 1 SGB III).
b) Zutreffend hat hiernach der Beklagte im Hinblick auf das teilweise noch ungeklärte Einkommen des L über den geltend gemachten Leistungsanspruch durch die sozialverwaltungsbehördliche Verfügung vom 19. Juni 2014 zunächst (nur) im Wege der vorläufigen Entscheidung nach § 40 Abs 2 Nr 1 SGB II iVm § 328 Abs 1 Nr 3 SGB III befunden. Wie das Bundessozialgericht, dem die Kammer insoweit folgt, weil es deren Auffassung für zutreffend hält, bereits mehrfach entschieden hat, ist der Erlass einer endgültigen Entscheidung kein taugliches Instrumentarium in Fällen, in denen objektiv nur die Möglichkeit einer prospektiven Schätzung insbesondere der Einkommenssituation besteht. Dies ist Folge der grundsätzlichen Verpflichtung der Verwaltung, vor Erlass einer sozialverwaltungsbehördlichen Verfügung die Sachlage vollständig aufzuklären, um die objektiven Verhältnisse. Erlässt sie eine endgültige sozialverwaltungsbehördliche Verfügung auf Grundlage eines nicht endgültig aufgeklärten Sachverhalts und stellt sich später heraus, dass die sozialverwaltungsbehördliche Verfügung bereits im Zeitpunkt des Erlasses objektiv rechtswidrig war, ist ein Fall des § 45 SGB X gegeben. Dies gilt unabhängig davon, zu welchen Ermittlungen sich die Verwaltung aufgrund der Angaben des Antragstellers vor Erlass des Ausgangsverwaltungsakts gedrängt sehen musste (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 31/14 R, RdNr 19 mwN).
Hiernach hat der Beklagte jedenfalls die Ungewissheit über die Höhe des Einkommens des L zu Recht zum Anlass genommen, von einer endgültigen Entscheidung über den von der Klägerin geltend gemachten Leistungsanspruch vorerst abzusehen und mit ihr bis zur Ermittlung der maßgeblichen Tatsachen abzuwarten.
c) Nach der Ermittlung des Einkommens des L hatte der Beklagte allerdings gemäß § 328 SGB III iVm § 40 Abs 2 Nr 1 SGB II nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift eine abschließende Entscheidung über das streitbefangene Leistungsbegehren zu treffen und durfte sich nicht lediglich auf eine (fortschreibende) Änderung der vorläufigen Bewilligung beschränken.
Bereits die Wendung „kann vorläufig entschieden werden, wenn" (§ 328 Abs 1 S 1 Hs 1 SGB III) verweist darauf, dass Bewilligungen nach § 328 Abs 1 S 1 SGB III ausschließlich auf eine Zwischenlösung zielen und demgemäß auf die Ersetzung durch eine endgültige Entscheidung nach Wegfall der Vorläufigkeitsvoraussetzungen gemäß § 328 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB III bis § 328 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB III angelegt sind. Entsprechend unterscheidet die Norm in der Anrechnungsregelung des Abs 3 S 1 zwischen den „auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte(n) Leistungen“ und der „zustehende(n) Leistung“. Ebenso wird in der Vorgabe für die Überzahlungsfälle explizit Bezug genommen auf den mit der „abschließenden Entscheidung“ zuzuerkennenden Leistungsanspruch (Satz 2 Halbsatz 1). Dass deshalb jedenfalls bei Änderungen gegenüber den ursprünglich zugrunde gelegten Annahmen ein von Amts wegen zu beachtender verfahrensrechtlicher Anspruch auf eine die Leistungen endgültig zuerkennende Bewilligung besteht, folgt schließlich mittelbar aus § 328 Abs 2 SGB III, wonach eine vorläufige Entscheidung nur auf Antrag des Berechtigten für endgültig zu erklären ist, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 31/14 R, RdNr 22 mwN).
Auch Sinn und Zweck von § 328 SGB III gebieten, jedenfalls in den Fällen des § 328 Abs 3 SGB III die vorläufige Leistungsbewilligung nach Wegfall der Gründe für die nur vorläufige Bescheidung des Leistungsbegehrens durch eine endgültige Entscheidung zu ersetzen. Vorläufigen Entscheidungen nach dem Sozialgesetzbuch (vgl etwa auch § 42 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil – <SGB I>) kommt nach Zweck und Bindungswirkung allein die Funktion zu, eine (Zwischen-)Regelung bis zur endgültigen Klärung der Sach- und Rechtslage zu treffen. Vorläufig bewilligte Leistungen sind daher als aliud gegenüber endgültigen Leistungen anzusehen, deren Bewilligung keine Bindungswirkung für die endgültige Leistung entfaltet (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 31/14 R, RdNr 23 mwN).
Folgerichtig können Leistungsbezieher nach § 328 Abs 2 SGB III schon dann nicht darauf verwiesen werden, auf eine endgültige Entscheidung über den erhobenen Anspruch zu verzichten, wenn keine Änderung gegenüber den ursprünglichen Annahmen eingetreten ist. Umso mehr muss dies gelten für Adressaten vorläufiger sozialverwaltungsbehördlicher Verfügungen, bei denen abschließend neue Umstände zu berücksichtigen sind. Zur Beseitigung der Unklarheit über die Höhe der ihnen endgültig zustehenden Leistungen ist deshalb von Amts wegen notwendig eine das Verwaltungsverfahren auf den ursprünglichen Leistungsantrag abschließende Entscheidung (vgl § 8 SGB X) nach Maßgabe von § 328 Abs 3 S 1 SGB III sowie gegebenenfalls § 328 Abs 3 S 2 Hs 1 SGB III zu treffen (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 31/14 R, RdNr 24 mwN).
Als in diesem Sinne abschließende Entscheidung über das zunächst nur vorläufig beschiedene Leistungsbegehren genügt die Regelungswirkung einer bloßen ändernden Verfügung, die den Vorläufigkeitsvorbehalt aufrechterhält, nicht. Dabei kann offenbleiben, ob die §§ 44 ff SGB X im Anwendungsbereich von § 328 SGB III generell verdrängt sind oder ob die Korrektur vorläufiger Bewilligungen partiell auch auf die allgemeinen Vorschriften der §§ 44 ff SGB X zu stützen und im Hinblick auf Vertrauensschutz an ihnen zu messen sein kann (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 31/14 R, RdNr 25 mwN).
Denn ungeachtet dessen genügt den Anforderungen an eine im Sinne von § 328 Abs 3 SGB III „abschließende Entscheidung" nur eine sozialverwaltungsbehördliche Verfügung, die den ursprünglichen Vorläufigkeitsvorbehalt aufhebt und die begehrte Leistung als die „zustehende Leistung" endgültig zuerkennt, was mit einer ändernden Verfügung regelmäßig nicht zum Ausdruck gebracht wird. Nicht entscheidend für die hier maßgebende Rechtsgrundlage ist deshalb, ob der vorläufigen Entscheidung ein (noch) geringeres Maß an Vertrauensschutz zukommt als er durch § 45 Abs 2 S 3 SGB X oder § 48 Abs 1 S 2 SGB X vermittelt wird. Maßgebend für die vorliegend zu treffende Entscheidung ist vielmehr, ob auch für jeden Außenstehenden kein Zweifel über die nunmehr endgültige Bindungswirkung der abschließenden Entscheidung bestehen kann; andernfalls wäre dem Schutzzweck der endgültigen Bewilligung im Hinblick auf ihre Funktion für den Vertrauensschutz insbesondere nach den §§ 45 und 48 SGB X nicht genügt (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 31/14 R, RdNr 26).
Die hieraus sich ergebenden Anforderungen an die endgültige Bewilligung der der Klägerin im streitbefangenen Zeitraum zustehenden Leistungen wahrt die angefochtene Teilaufhebungs- und Änderungsverfügung vom 14. August 2014 in der Fassung in der Fassung der sozialverwaltungsbehördlichen Verfügung vom 29. September 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. November 2014 nicht.
Ausdrücklich enthalten die von der Klägerin angegriffenen sozialverwaltungsbehördlichen Verfügungen des Beklagten eine abschließende Regelung nicht; dem Wortlaut nach beschränken sich die Verfügungssätze darauf, dass die erteilte Bewilligung teilweise „aufgehoben“. Das kann auch nicht im Wege der Auslegung dahin verstanden werden, dass für den fraglichen Zeitraum nunmehr endgültig Leistungen in bestimmter Höhe bewilligt worden sind. Zwar ist für die Auslegung nicht allein auf den Wortlaut der Verfügungssätze abzustellen, sondern auch auf alle weiteren Umstände, die nach dem Empfängerhorizont für dessen Verständnis maßgebend sind. Ausreichend ist danach, wenn aus dem gesamten Inhalt eines Bescheides einschließlich der von der Behörde gegebenen Begründung hinreichende Klarheit über die Regelung gewonnen werden kann, auch wenn dazu auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsvorgänge oder auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden muss.
Auch nach diesem Maßstab kann indes den angegriffenen Verfügungen unter Berücksichtigung der aufgezeigten Besonderheiten im Verhältnis zwischen vorläufiger und endgültiger Regelung nach § 328 SGB III keine Regelung des Inhalts entnommen werden, dass der Klägerin nunmehr endgültige Leistungen zuerkannt worden sind. Nicht ausreichend hierfür ist, dass der Beklagte eine endgültige Entscheidung über den (Teil-)Bewilligungszeitraum vom 01. September 2014 bis zum 30. November 2014 herbeiführen wollte. Dafür bedürfte es zumindest irgendeines Anhaltspunktes in einem Verfügungssatz oder zumindest in der Begründung der Entscheidung, der eine solche Bindungswirkung zu entnehmen sein könnte, woran es hier fehlt, weshalb mit der angefochtenen sozialverwaltungsbehördlichen Entscheidung eine endgültige Leistungsbewilligung im Sinne des § 328 Abs 3 S 2 SGB III nicht getroffen worden ist.
Aus diesen Gründen kommt auch eine Umdeutung in eine endgültige Leistungsbewilligungsverfügung nicht in Betracht. Die Umdeutung eines fehlerhaften Verwaltungsakts in einen anderen Verwaltungsakt setzt nach § 43 Abs 1 SGB X voraus, dass der Verwaltungsakt, in den umgedeutet wird, auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig erlassen werden konnte und die Voraussetzungen für den Erlass dieses Verwaltungsaktes erfüllt sind. Das könnte hier nur angenommen werden, wenn den streitbefangenen Verfügungen in einer den aufgezeigten Grundsätzen genügenden Weise entnommen werden könnte, dass nunmehr eine abschließende Entscheidung über den Leistungsanspruch der Klägerin im streitbefangenen Zeitraum getroffen werden sollte. Daran fehlt es hier indes gerade.
d) Wenn der Beklagte danach mit den angegriffenen sozialverwaltungsbehördlichen Verfügungen zu Unrecht keine endgültige Entscheidung getroffen hat, waren die dies nicht beachtenden entgegen stehenden sozialverwaltungsbehördlichen Verfügungen des Beklagten aufzuheben, wobei die Kammer angesichts der nunmehr in der Hauptsache getroffenen Entscheidung klarstellend auch die aufgrund des Beschlusses des Gerichts vom 21. September 2014 – S 26 AS 1901/14 ER – getroffene Umsetzungsentscheidung des Beklagten aufgehoben hat, weil auch sie der nunmehr ohnehin als endgültig geltenden Bewilligungsverfügung des Beklagten vom 14. August 2014 entgegensteht.
e) Weil die von der Klägerin angegriffenen sozialverwaltungsbehördlichen Verfügungen des Beklagten bereits aus den von der Kammer umfänglich dargestellten Gründen aufzuheben waren, kommt es nicht mehr entscheidungserheblich darauf an, ob L als Partner der Klägerin zu deren Bedarfsgemeinschaft gehört, weil er mit ihr in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen (vgl § 7 Abs 3 Nr 3 SGB II iVm § 7 Abs 3 Nr 3c SGB II iVm § 7 Abs 3a SGB II), obgleich die Kammer diese Frage bereits in dem zwischen L und dem Beklagten geführten Rechtsstreit – S 26 AS 1641/14 – bejaht hat (Urteil vom 25. Februar 2022; über die hiergegen von L erhobene Berufung – L 29 AS 299/22 –hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg bislang nicht entschieden).
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 S 1 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens, in dem die Klägerin vollumfänglich obsiegte, weshalb es auch billigem Ermessen entspricht, dass der Beklagte die der Klägerin entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens trägt. Die Aufwendungen des Beklagten sind schon von Gesetzes wegen nicht erstattungsfähig (§ 193 Abs 4 SGG iVm § 184 Abs 1 SGG).
5. Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben (§ 183 S 1 SGG).