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Entscheidung 8 K 8034/21


Metadaten

Gericht FG Berlin-Brandenburg 8. Senat Entscheidungsdatum 11.10.2022
Aktenzeichen 8 K 8034/21 ECLI ECLI:DE:FGBEBB:2022:1011.8K8034.21.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob bei der Ermittlung des maßgeblichen Gewinns (§ 4h Abs. 3 Satz 1 EStG) im Rahmen des verrechenbaren EBITDA nach § 4h Abs. 1 Satz 1 EStG die von der Klägerin erzielten Beteiligungserträge und Veräußerungsgewinne (§ 8b KStG) vollständig oder lediglich zu 5 % zu berücksichtigen sind.

Die Klägerin wurde im 2005 gegründet. Im Streitjahr 2017 waren als Kommanditisten beteiligt die B… plc & Co. KGaA (Amtsgericht D…, HRB …) sowie die C… plc & Co. KGaA (Amtsgericht D…, HRB …). Nach den zwischen den Beteiligten unstreitigen Angaben war die B… plc & Co. KGaA zu xx % und die C… plc & Co. KGaA zu xx % an den Einkünften der Klägerin beteiligt. Komplementärin ohne Beteiligung am laufenden Gewinn war im Streitjahr noch die E… plc mit Sitz in F….

Die Klägerin war im Streitjahr Organträgerin und erzielte eigene Einkünfte aus Kapitalgesellschaftsbeteiligungen. Ferner wurden bei ihr als Organträgerin gem. § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG Beteiligungseinkünfte i.S. des § 8b KStG berücksichtigt.

Zum 31. Dezember 2016 wurde für die Klägerin ein Zinsvortrag (§ 4h Abs. 4 EStG) i.H.v. 61.272.330 € festgestellt. Im Streitjahr entstanden der Klägerin Zinsaufwendungen i.H.v. 18.994.782 €. Ferner erzielte sie Zinserträge i.H.v. 6.335.365 €. Die einzelnen Beträge sind zwischen den Beteiligten unstreitig (Blatt 164 der Gerichtsakte = korrigierte Anlage 7 zur Feststellungserklärung).

Die Klägerin wurde zunächst mit Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und über den Gewerbesteuermessbetrag vom 13. Dezember 2019 erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abgabenordnung -AO-) veranlagt.

Mit Bescheid vom 07. September 2020 stellte der Beklagte den Zinsvortrag auf den 31. Dezember 2017 in Höhe von 51.929.066 € und den EBITDA-Vortrag auf 0 € fest.

Gegen die Bescheide vom 13. Dezember 2019 wendete sich die Klägerin mit am 15. Januar 2020 und gegen den Bescheid vom 07. September 2020 mit am 09. Oktober 2020 beim Beklagten eingegangenen Einsprüchen. Zur Begründung führte sie aus, bei der Bildung der Bemessungsgrundlage des EBITDA seien die von ihr erzielten Beteiligungserträge und Veräußerungsgewinne vollständig zu berücksichtigen. Dies ergebe sich zunächst aus dem Wortlaut von § 4h Abs. 3 Satz 1 EStG. Die Norm verweise nur auf die Vorschriften dieses Gesetzes, also des EStG. Anderes gelte nach § 8a Abs. 1 Satz 1 KStG nur für Körperschaften. Dort sei auch ein Verweis auf andere Gesetze geregelt. Hätte der Gesetzgeber im Rahmen von § 4h Abs. 3 Satz 1 EStG Regelungen des KStG für anwendbar gehalten, wäre ein ausdrücklicher Verweis auch erfolgt. Ein gesetzgeberisches Versehen sei ausgeschlossen, da die streitgegenständlichen Regelungen über die Zinsschranke gleichzeitig in das Gesetz aufgenommen worden seien. Weiter spreche § 4h Abs. 3 Satz 1 EStG von „Gewinn“; anwendbar seien deshalb lediglich die Gewinnermittlungsvorschriften §§ 4-7k EStG. Bei § 8b KStG handele es sich dagegen um eine Norm über die Einkommensermittlung, welche der Gewinnermittlung nachgeschaltet sei. Der Gesetzgeber hätte für Personengesellschaften wie in § 8a KStG auf das Einkommen abstellen können. Da dies unterblieben sei, könne es bei der Besteuerung der Mitunternehmerschaft auch nicht auf das Einkommen im Rahmen der EBITDA-Ermittlung ankommen.

Aus § 7 Satz 4 GewStG ergebe sich ferner, dass der Gesetzgeber bei entsprechender Intention sehr wohl daran gedacht habe, auf Vorschriften über die Einkommensermittlung zu verweisen. Dort sei auf § 8b KStG und § 3 Nr. 40 EStG ausdrücklich verwiesen worden. Bevor dieser Verweis in das GewStG eingefügt wurde, habe die Finanzverwaltung hierzu stets die Auffassung vertreten, ein ausdrücklicher Verweis sei nötig, damit die auf Ebene der Mitunternehmer relevanten Normen auch auf Ebene der Mitunternehmerschaft Anwendung finden können. Eben diese Ansicht sei der Grund für das Einfügen des ausdrücklichen Verweises gewesen. Auch könne § 7 Satz 4 GewStG auf die Gewinnermittlung im Rahmen der Ermittlung des EBITDA nicht analog angewendet werden.

Gegen die Anwendung von § 8b KStG bei der Ermittlung des EBITDA für Personengesellschaften spreche außerdem, dass steuerliche Attribute auf Ebene der Personengesellschaft ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage nicht auf die Gesellschaftsebene übertragen werden dürften. Beispielhaft hierfür sei § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG. Hinzukomme, dass die Zinsschranke betriebsbezogen auf Ebene der Mitunternehmerschaft zu ermitteln sei und demnach aus dem Transparenzprinzip folge, dass Einkommensermittlungsvorschriften wie § 3 Nr. 40 EStG oder § 8b KStG ausschließlich auf Ebene der Mitunternehmer zu berücksichtigen seien.

Bei § 4h EStG handele es sich um eine eng am Wortlaut auszulegende Missbrauchsbekämpfungsvorschrift. Sinn und Zweck bestünden darin, bestimmte grenzüberschreitende Finanzierungsgestaltungen und steuervermeidende Gestaltungen zu unterbinden. Demnach sei eine vom Wortlaut nicht gedeckte, weitergehende Anwendung von § 8b KStG ausgeschlossen. Anderenfalls entstünden Wertungswidersprüche mit der sogenannten „Escape-Klausel“ nach § 4h Abs. 2 Satz 1 lit. c) Satz 5 EStG. Diese Norm lege fest, dass die Zinsschranke unter Abzug von Anteilen an Tochterkapitalgesellschaften zu ermitteln sei. Wenn beim sogenannten Eigenkapitalvergleich die Beteiligung vom Eigenkapital abzuziehen ist, wirke sich dies nachteilig aus. Würde nun ein etwaiger Veräußerungsgewinn EBITDA-mindernd berücksichtigt, läge eine doppelte Sanktionierung vor. Wenn nämlich eine Anteilsveräußerung erfolge, liege anteiliges Eigenkapital vor, welches ungekürzt in den Eigenkapitalvergleich einzubeziehen sei. Würde durch dieselbe Veräußerung nun das EBITDA gemindert, wäre dieses Ergebnis wieder neutralisiert.

Die Klägerauffassung sei auch durch den sogenannten Zinsschrankenerlass gestützt. Dieser unterscheide ebenso zwischen der Ebene der Gewinn- und der der Einkommensermittlung. § 8b KStG sei explizit erst auf der zweiten Ebene erwähnt. Anderenfalls wäre die Zinsschranke bei komplexen Beteiligungsstrukturen auch nicht administrierbar. Die Mitunternehmerschaft auf der untersten Ebene habe keine Möglichkeit zu wissen, ob bei ihr § 8b KStG anzuwenden sei oder nicht.

Auch sei der Gewerbesteuermessbescheid aus den gleichen Gründen rechtswidrig. Nach § 7 Satz 4 GewStG seien die § 8b KStG und § 3 Nr. 40 EStG ausdrücklich erst auf der Gewinnermittlung nachgelagerten Stufe zu berücksichtigen – der weiteren Ermittlung des Gewerbeertrags. Wenn diese Normen im Gewerbesteuerrecht schon bei der Anwendung der Zinsschranke zum Tragen kämen, würde dies bei Mitunternehmerschaften zu einer unterschiedlichen Höhe des Zinsvortrags für Gewerbesteuer auf der einen und Einkommensteuer auf der anderen Seite führen.

Am 30. Oktober 2020 lehnte der Beklagte einen Antrag auf Aussetzung der Voll-
ziehung ab. Auf den gerichtlichen Antrag hat der Senat am 13. April 2021 unter dem Az.
8 V 8256/20 Aussetzung der Vollziehung mit der Maßgabe gewährt, dass die nach Anwendung der Zinsschranke abzugsfähigen Zinsaufwendungen vorläufig um 51.929.066 € zu erhöhen seien, denn es bestünden in rechtlicher Hinsicht ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Feststellung.

Mit verbundener Einspruchsentscheidung vom 21. Januar 2021, der Klägerin am 22. Januar 2021 zugestellt, hat der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurückgewiesen. Eines ausdrücklichen Verweises auf § 8b KStG habe es in § 4h Abs. 3 Satz 1 EStG nicht bedurft. Hiernach sei für die EBITDA-Ermittlung der steuerpflichtige Gewinn maßgebend. Einkünfte aus Dividenden- oder Veräußerungsgewinnen seien gerade keine steuerpflichtigen Gewinne. Aufgrund der Besonderheiten der Besteuerung von Personengesellschaften erfolge die tatsächliche Freistellung zwar erst auf Ebene der Anteilseigner; trotzdem handele es sich um steuerfreie Gewinne des Betriebes nach § 4h EStG.

Eine Anwendung von § 8b KStG auf Ebene der Mitunternehmerschaft sei auch aufgrund des Grundsatzes der Rechtsformneutralität geboten. Außerdem seien steuerfreie Gewinnanteile bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Gewinns nicht zu berücksichtigen. Da § 8b KStG steuerfreie Teileinkünfte, beziehungsweise steuerfreie Beträge regele, definiere sich der steuerpflichtige Gewinn als der um diese Beträge gekürzte Gewinn. Auch sei in der einschlägigen Literatur anerkannt, dass für die Zwecke der Anwendung von § 4h EStG auf das an die Mitunternehmer zu verteilende Ergebnis der Mitunternehmerschaft abzustellen sei. Die so ermittelte Größe korrespondiere dann mit dem für Einzelunternehmen ermittelten Gewinn und dem bei Körperschaften nach § 8a Abs. 1 Satz 1 KStG zugrunde zu legenden Einkommen.

Die Klägerin hat hiergegen fristgerecht Klage erhoben. Die Klage hat die Klägerin ausdrücklich gegen die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG für 2017, den Gewerbesteuermessbetrag für 2017 und gegen die gesonderte Feststellung des Zins-/EBITDA-Vortrags auf den 31. Dezember 2017 gerichtet.

Ergänzend zum Einspruchs- und Aussetzungsverfahren hat die Klägerin sich auf jüngere BFH-Rechtsprechung zu Überentnahmen (Urteil vom 3. Dezember 2019 – X R 6/18, BStBl. II 2021, 77) bezogen. Aus dieser ergebe sich, dass „Gewinn“ im Sinne des § 4 Abs. 4a EStG mangels anderweitiger Bestimmung im Sinne des allgemeinen Gewinnbegriffs (§ 4 Abs. 1 EStG) auszulegen sei. Diese Rechtsprechung sei auf § 4h Abs. 3 Satz 1 EStG übertragbar. § 4 Abs. 4a EStG beschränke den dort geregelten Gewinn nicht einmal explizit auf den nach den Vorschriften des EStG ermittelten Gewinn. Wenn § 12 InvZulG bei § 4 Abs. 4a EStG keine Berücksichtigung finde, müsse dies demzufolge erst recht für § 8b KStG im Rahmen von § 4h Abs. 3 Satz 1 EStG gelten.

In der mündlichen Verhandlung vom 18. Januar 2022 ist die Sache erörtert worden. Die Sache wurde auf unbestimmte Zeit vertagt, weil die Klägerin ihre Steuererklärungen – aus hier unstreitigen Gründen – für das Streitjahr nochmals ändern wollte. Entsprechend hat die Klägerin unter dem 11. April 2022 beim Beklagten korrigierte Steuererklärungen und Erläuterungen eingereicht (Blatt 120 ff. der Gerichtsakte).

Mit Änderungsbescheid gem. § 164 Abs. 2 vom 02. Juni 2022 hat der Beklagte den Bescheid für 2017 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen wie folgt geändert:

…       

        

stfr. Erträge § 8b Abs. 1 KStG (inl.)

-6.548.005,37 €

n. abzf. BA § 8b Abs. 5 KStG

 327.400,27 €

stfr. Erträge § 8b Abs. 1 KStG (ausl.)

-282.302,94 €

n. abzf. BA § 8b Abs. 5 KStG

 14.115,15 €

stfr. Erträge § 8b Abs. 2 KStG

-509.074.413,21 €

n. abzf. BA § 8b Abs. 3 S. 1 KStG

 25.453.720,66 €

Gewinnminderungen § 8b Abs. 3 KStG

 114.328.633,34 €

Übernahmeverlust § 4 Abs. 6 UmwStG

 6.636.506,60 €

       

        

Zugleich hat der Beklagte den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag für 2017 wie folgt geändert:

Der Berechnung der abzugsfähigen Zinsaufwendungen i.H.v. 9.174.645,90 € lag folgende Berechnung zu Grunde:

anzusetzender Ergebnisanteil

 39.158.784,54 €

zzgl. weitere Zinsaufwendungen

 9.174.645,90 €

Ergebnis vor Zinsschranke

 48.333.430,44 €

Korrektur aus Ergebniszuweisung

-4.922.275,34 €

Gewinn

 43.411.155,09 €

Zinssaldo

 12.659.073,87 €

AfA     

 16.708.836,95 €

EBITDA

 72.779.065,91 €

davon 30%

 21.833.719,77 €

                

Zinsvortrag zum 31.12.2016

 61.272.330,00 €

Zinsaufwendungen 2017

 18.994.365,62 €

Zinserträge 2017

-6.335.291,75 €

verrechenbares EBITDA

-21.833.719,77 €

Zinsvortrag zum 31.12.2017

 52.097.684,10 €

abziehbare Zinsaufwendungen

 9.174.645,90 €

Beide Änderungsbescheide hat der Beklagte zum Gegenstand des Verfahrens gemacht
(§ 68 FGO).

Die Beteiligten haben den Rechtsstreit hinsichtlich der Feststellung des verrechenbaren EBITDA-Vortrags für erledigt erklärt (Schriftsatz des Beklagten vom 19. Juli 2022; Schriftsatz der Klägerin vom 28. September 2022). Der Senat hat das Verfahren hinsichtlich der Feststellung des verrechenbaren EBITDA-Vortrags mit Beschluss vom 4. Oktober 2022 abgetrennt.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,

die Bescheide für 2017 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und über den Gewerbesteuermessbetrag vom 13. Dezember 2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Januar 2021 mit der Maßgabe zu ändern, dass ein zusätzlicher Zinsabzug in Höhe von 52.097.684 € berücksichtigt wird.

Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung verwiesen und ergänzend vorgetragen, dass sich die Rechtsprechung des BFH zu Überentnahmen nicht auf den Streitfall übertragen lasse. § 4h Abs. 3 Satz 1 EStG verweise auf den steuerpflichtigen Gewinn, was bei § 4 Abs. 4a EStG gerade nicht der Fall sei. Der BFH habe selbst ausgeführt, dass der Gewinn im Sinne des § 4 Abs. 1 EStG sich von dem steuerlichen Gewinn nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG unterscheide, da letzterer unter Anwendung von §§ 4-7k und § 13a EStG ermittelt werde. Insgesamt seien die § 4 Abs. 4a EStG und § 4h Abs. 3 Satz 1 EStG zugrunde liegenden Gewinnbegriffe unterschiedlich.

Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen vom (Beklagter: 19. Juli 2022; Klägerin: 28. September 2022) mit einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist unbegründet. Die angefochtene gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO).

1. Der Beklagte hat bei der Ermittlung der gem. § 179 Abs. 1 i.V.m. § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO gesondert und einheitlich festzustellenden Einkünfte aus Gewerbebetrieb § 4h EStG rechtsfehlerfrei angewendet und Zinsaufwendungen nur in Höhe von 28.169.011,52 €, mithin in der Höhe der Zinserträge von 6.335.291,75 € und des verrechenbaren EBITDA von 21.833.719,77 €, zum Abzug zugelassen und im Übrigen einen Zinsvortrag (52.097.684,10 €) festgestellt.

Gem. § 4h Satz 1 EStG sind Zinsaufwendungen eines Betriebs abziehbar in Höhe des Zinsertrags, darüber hinaus nur bis zur Höhe des verrechenbaren EBITDA. Das verrechenbare EBITDA ist 30 % des um die Zinsaufwendungen und um Absetzungen für Abnutzungen erhöhten und um die Zinserträge verminderten maßgeblichen Gewinns (§ 4h Abs. 1 Satz 2 EStG). § 4h Abs. 3 Satz 1 EStG bestimmt: „Maßgeblicher Gewinn ist der nach den Vorschriften dieses Gesetzes mit Ausnahme des Absatzes 1 ermittelte steuerpflichtige Gewinn.“

Für Zwecke der zwischen den Beteiligten unstreitigen Organschaft ist der Klägerin als Organträgerin das Einkommen der Organgesellschaften gem. §§ 14, 17 KStG zuzurechnen. Bei der Ermittlung des Einkommens einer Organschaft gilt gem. § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG abweichend von den allgemeinen Vorschriften, dass § 8b Abs. 1 bis 6 KStG bei der Organgesellschaft nicht anzuwenden ist. Vielmehr ist § 8b KStG bei der Ermittlung des Einkommens des Organträgers anzuwenden, wenn in dem dem Organträger zugerechneten Einkommen Bezüge, Gewinne oder Gewinnminderungen im Sinne des § 8b Abs. 1 bis 3 KStG enthalten sind.

Der Klägerin ist nicht darin zu folgen, dass § 4h Abs. 3 Satz 1 EStG dahingehend auszulegen ist, dass im Fall einer Mitunternehmerschaft – wie der Klägerin – an der Körperschaften (hier Kommanditgesellschaften auf Aktien i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG) beteiligt sind, der Gewinn ohne Berücksichtigung der Dividenden- und Veräußerungsgewinnfreistellung nach § 8b Abs. 1 und 2 KStG zu ermitteln ist.

2. Der Wortlaut der entscheidungserheblichen Norm § 4h Abs. 3 S. 1 EStG („Maßgeblicher Gewinn ist der nach den Vorschriften dieses Gesetzes mit Ausnahme des Absatzes 1 ermittelte steuerpflichtige Gewinn“) ist dahingehend auszulegen, dass im Fall einer Mitunternehmerschaft, an der zumindest – wie im Streitfall – nur Körperschaften mit einem Ergebnisanteil am laufenden Gewinn beteiligt sind, auch § 8b KStG bei der Ermittlung des „maßgeblichen Gewinns“ zu erfassen sind. Damit ist nicht der Klägerin darin zu folgen, dass für Zwecke der Ermittlung des verrechenbaren EBITDA auch steuerfreie Einnahmen nach § 8b KStG hinzuzurechnen sind. Dies gilt für Befreiungen nach § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG und nach § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG.

a) Das Gericht ist nach Art. 20 Abs. 3 GG verpflichtet, den vom Gesetzgeber festgelegten Sinn und Zweck eines Gesetzes möglichst zuverlässig zur Geltung zu bringen oder eine planwidrige Regelungslücke mit den anerkannten Auslegungsmethoden zu füllen.

Die Auslegung des einfachen Rechts einschließlich der Wahl der hierbei anzuwendenden Auslegungsmethode ist Sache der Fachgerichte und vom BVerfG nicht umfassend auf ihre Richtigkeit zu untersuchen. Das Fachgericht muss bei der Rechtsfindung die gesetzgeberische Grundentscheidung respektieren und von den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung in vertretbarer Weise Gebrauch machen. Dies verbietet es dem Fachgericht nicht, das Recht fortzuentwickeln. Anlass zu richterlicher Rechtsfortbildung besteht insbesondere dort, wo Programme ausgefüllt, Lücken geschlossen, Wertungswidersprüche aufgelöst werden oder besonderen Umständen des Einzelfalls Rechnung getragen wird. Richterliche Rechtsfortbildung darf hingegen nicht dazu führen, dass die Gerichte ihre eigene materielle Gerechtigkeitsvorstellung an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzen. Erst eine Interpretation, die als richterliche Rechtsfortbildung den Wortlaut des Gesetzes hintanstellt und sich über den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers hinwegsetzt, greift unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ein (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Mai 2016, 1 BvR 2230/15, NJW-RR 2016, 1366, Rn. 35 ff.)

b) Der Wortlaut der streitentscheidenden Norm (§ 4h Abs. 3 S. 1 EStG) ist nach Auffassung des Gerichts nicht frei von Unklarheiten, denn was im Ergebnis „maßgeblicher Gewinn“ für die Anwendung der Zinsschranke des § 4h Abs. 1 EStG ist, lässt sich dem Wortlaut nicht entnehmen.

Der Klägerin ist zwar zuzugeben, dass der Bezug auf den „nach den Vorschriften dieses Gesetzes mit Ausnahme des Absatzes 1 ermittelte[n] steuerpflichtige[n] Gewinn“ hinsichtlich § 8b KStG insoweit deutlich ist, als § 8b KStG nicht zu den Vorschriften des EStG – und damit „dieses Gesetzes“ – gehört.

Ein Redaktionsversehen liegt nach Auffassung des Gerichts nicht vor, da der Gesetzgeber § 4h EStG und § 8a KStG gleichzeitig eingeführt hat und regelmäßig auf andere Gesetze ausdrücklich verweist, wenn dies gewünscht ist (ebenso Kraft, FR 2019, 1029 (1031 f., 1034); zum vermeintlich eindeutigen Wortlaut auch FG Köln, Urteil v. 19. Dezember 2013 – 10 K 1916/12, EFG 2014, 521, nrkr. Rev. IV R 4/14). Die Materialien zum Änderungsgesetz (Entwurf eines Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 v. 27. März 2007, BT-Drucks. 16/4841) enthalten zwar einige Erläuterungen zur Zinsschranke, aber gerade keinen Hinweis zum eingeführten Satzteil des „maßgeblichen Gewinn[s]“. Auch bei der Begründung zu § 8a KStG wird insoweit nur ausgeführt, dass für „die Anwendung der Zinsschranke […] an das körperschaftsteuerliche Einkommen angeknüpft [wird]“ (ebd., S. 49 f., 74).

c) Eine teleologische Auslegung der Norm erfordert aber, dass § 8b KStG als sachliche Befreiungsvorschrift zu berücksichtigen ist. Der Beklagte verweist insoweit zutreffend auf das Tatbestandsmerkmal „steuerpflichtig“.

aa) Die objektiv-teleologische Auslegung hat zum Ziel, den objektiv verfolgten Zweck des Gesetzgebers zu ermitteln, denn der Gesetzgeber wird mit einer neu eingeführte Rechtsnorm nahezu ausnahmslos bestimmte Regelungszwecke verfolgen, sei es, dass er auf neue Erscheinungen in der Wirtschaft, Gesetzesänderungen in anderen Rechtsgebieten, sich ändernde Rechtsprechung oder Bedürfnissen der Verwaltung reagiert. Für die Auslegung sind nicht nur die Zwecke relevant, die der Gesetzgeber subjektiv in seine Regelungsabsicht aufgenommen hat, sondern sämtliche objektiv feststellbaren Zwecke. Relevant sind hierbei die objektiv feststellbaren Zwecke zum Zeitpunkt der Normanwendung, die zudem von den ursprünglich verfolgten Zwecken abweichen können.

bb) Der Wortlaut von „steuerpflichtig“ ist nur auf den ersten Blick klar. Hiernach wären „steuerfreie“ Gewinne (soweit man steuerfrei als das Gegenteil von steuerpflichtig versteht) nicht anzusetzen. Das betrifft auch und insbesondere Einnahmen nach § 3 Nr. 40 EStG (Hick, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 307. Lfg. 2021, § 4h EStG Rn. 71; Korn, in Korn EStG, 132. Lfg. 2019, § 4h Rn. 122; Schenke, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, 318. Lfg. 2021, § 4h Rn. D 11; Förster, in Gosch, KStG, 4. A. 2020, § 8a Rn. 259c; a.A. wohl Pung/Möhlenbrock, in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KStG, 2017, § 8a Rn. 54).

Auch § 8b KStG ist eine sachliche Befreiungsvorschrift (BFH, Urteil vom 25. Juli 2019 –
IV R 47/16 –, BFHE 265, 273, BStBl II 2020, 142, Rn. 21) und berührt damit die Gewinnermittlung in Handels- und Steuerbilanz nicht (Watermeyer, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 307. Lfg. 2021, 8b KStG Rn. 9; Binnewies, in Streck, KStG, 9. A. 2018, § 8b Rn. 15; zur alten Rechtslage auch BFH, Beschluss v. 6. Juli 2000 – I B 34/00, BStBl. II 2002, 490).

Damit bestünde aber ein Normwiderspruch, wenn zwar steuerfreie Einnahmen nach § 3 Nr. 40 EStG das verrechenbare EBITDA auf Ebene der Mitunternehmerschaft nicht erhöhen, jene nach § 8b KStG aber schon, weil insoweit eine „Befreiung“ nicht nach „diesem Gesetz“ vorliegt. Dadurch hinge die Berücksichtigung der Beteiligungserträge bei einer Mitunternehmerschafts-Holding davon ab, ob ihr Kapital- oder Personengesellschaften nachgeschaltet sind. Im Falle von Kapitalgesellschaften als Mitunternehmer (so wie hier) wäre das EBITDA der Mitunternehmer-Holding deutlich höher, als wenn anstelle der KGaAs Personengesellschaften stünden. Es mag noch einleuchten, dass der Gesetzgeber gewisse Details bei der Anwendung der Zinsschranke je nach Rechtsform des Steuerpflichtigen anders geregelt hat (vgl. Prinz DB 2008, 368; Hahne, DStR 2007, 1947). Dass aber die Rechtsform nachgeordneter Gesellschaften für die grundsätzliche Berücksichtigung steuerfreier Gewinnanteile im Rahmen des EBITDA der Muttergesellschaft maßgeblich sein soll, erschließt sich nach Auffassung des Gerichts nicht. Insbesondere scheint eine Ungleichbehandlung von § 3 Nr. 40 EStG und § 8b KStG nicht sinnvoll, da diese Normen einen einheitlichen Regelungszusammenhang bilden und daher ein „systematischer Gleichklang“ besteht, der bei der Auslegung zu berücksichtigen ist (BFH, Urteil v. 22. Dezember 2010 – I R 58/10 Rn. 15, BStBl. II 2015, 668). Beide Normen dienen im Gesamtsystem der Besteuerung von Kapitalgesellschaften eine sphärenübergreifende Besteuerung des von der Kapitalgesellschaft erzielten Gewinns zu ermitteln und hierfür auf Körperschaften eine Freistellung zu erreichen und eine Belastung erst beim sog. ultimativen Gesellschafter (natürliche Person) zu erzeugen, dann aber gemessen an der Vorbelastung auf Ebene der Kapitalgesellschaft entweder nach Maßgabe des Teileinkünfteverfahrens oder nach Maßgabe der Abgeltungsteuer. Entsprechend verweist die Literatur teilweise auch auf ein Normverständnis, wonach der Begriff des maßgeblichen Gewinns das Teileinkünfteverfahren gerade nicht erfasse. Diese Ansicht stützt sich auf den Terminus „Gewinn“. Dieser beziehe sich gerade nicht auf § 3 Nr. 40 EStG und § 8b KStG. Damit dürfte gemeint sein, dass unter diese Normen fallende Einnahmen den maßgeblichen Gewinn erhöhen sollen, da die Rechtsfolge (Steuerbefreiung) erst greift, nachdem feststeht, dass Gewinn zunächst vorliegt (so wohl Pung/Möhlenbrock, in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KStG, 2017, § 8a Rn. 54). Zweifel ergeben sich aus der Kontrollüberlegung, warum der Gesetzgeber dann ausdrücklich nur steuerpflichtigen Gewinn als EBITDA-erhöhend angesehen hat.

cc) Weiter können Probleme auftreten, wenn Einnahmen aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens – DBA – „steuerfrei“ sind. Zwar wird bei Anwendung der Freistellungsmethode zumeist nur geregelt, dass bestimmte Gewinne (bspw. einer ausländischen Betriebsstätte nach Art. 5, 7 DBA) „ausgenommen“ werden. Damit ist aber i.E. ebenfalls eine sachliche Befreiung gemeint (vgl. Blöchle/Hirt in Strunk/Kaminski/Köhler, AStG/DBA, Art. 23 A/B Rn. 63). Ein transformiertes DBA steht aber im Rang eines einfachen Bundesgesetzes und ist offenkundig nicht Teil des EStG („dieses Gesetzes“). Zugleich besteht Einigkeit darüber, dass das jeweilige nationale Steuerrecht die Reichweite des nationalen Besteuerungszugriffs bestimmt und das Abkommensrecht erst auf einer zweiten Stufe Doppelbesteuerungen entgegenwirkt und damit den auf einer ersten Stufe erfolgten Besteuerungszugriff begrenzt. Bei Anwendung des Wortlauts von § 4h Abs. 3 S. 1 EStG müssten in der Konsequenz nach einem DBA steuerfreie Einnahmen nun den maßgeblichen Gewinn erhöhen. Eine derartig enge Auslegung kann der Norm aber nicht sinnvoll zugrunde gelegt werden. Sinn der Zinsschranke ist eine Beschränkung der Abziehbarkeit von Zinsaufwendungen zur Sicherung des deutschen Steuersubstrats (BT-Drs. 16/4841, S. 31, 32, 48 ff.). Dem stünde es entgegen, wenn durch die Zinsschranke nun erweiterte Abzugsmöglichkeiten geschaffen würden, die nicht einmal die Leistungsfähigkeit der Holding abbildeten. Im hypothetischen „Ernstfall“ könnte eine inländische Holding über Tochtergesellschaften oder Betriebsstätten im Ausland nach DBA steuerfreie Gewinne einnehmen und diese trotzdem EBITDA-erhöhend im Inland geltend machen. Dies wäre das Gegenteil dessen, was der Gesetzgeber beabsichtigt hat. Dies wird auch in der Lit. nicht ernstlich vertreten (statt vieler Hick in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 4h Anm. 71; Korn in Korn, EStG, § 4h Anm. 122).

dd) Die Wendung „nach den Vorschriften dieses Gesetzes“ ist deshalb schlicht Ausdruck dessen, dass § 4h EStG im Abschnitt „Gewinn“ (§§ 4-7k EStG) des EStG aufgenommen worden ist. An anderer Stelle hätte eine Normierung aufgrund der Konzeption der Zinsschranke auch nicht sinnvoll in das EStG integriert werden können, denn zu den Überschusseinkünften passt die Anknüpfung an den „Betrieb“ nicht (vgl. Schenke, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, 318. Lfg. 2021, § 4h Rn. B 17; Korn, in Korn EStG, 132. Lfg. 2019, § 4h Rn. 40). Bei der Schaffung der Sondernorm des § 8a KStG konnte aber ein der Systematik des EStG entsprechender Standort nicht gefunden werden, weil es einen derartigen Abschnitt wegen § 8 Abs. 1 KStG nicht gibt. Folglich war es zwingend, die Regelung in die §§ 7-13 KStG zu integrieren. Der Gesetzgeber hat dies ausgedrückt, indem er in § 8a KStG auf das „Einkommen“ abstellt, womit nicht mehr ausgedrückt wird, als ihm bewusst war, die Sondernorm an einem anderen Standort einzufügen. Damit kann dem anderen Standort kein anderer materieller Regelungsinhalt unterstellt werden; die Unterscheidung zwischen „Gewinn“ in § 4h EStG und „Einkommen“ in § 8a KStG führt nicht dazu, dass Einkünfte nach § 8b KStG erst auf Ebene der Mitunternehmer berücksichtigt werden können. Dafür spricht auch, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, sich einer Belastungsneutralität der unterschiedlichen Rechtsformen möglichst anzunähern (BT-Drs. 16/4841, S. 31 f.). Dagegen spricht das Verständnis der Klägerin, denn insoweit würden sich erhebliche unterschiedliche Belastungen aus der Zinsschranke je nach Rechtsform ergeben (vgl. die Beispiele bei Kraft, FR 2019, 1029 (1030 f.)).

d) Das Gericht ist nicht der Auffassung, dass aus dem Transparenzgedanken der Mitunternehmerschaft etwas für das Verständnis des § 4h Abs. 3 EStG gewonnen werden könnte.

aa) Einerseits spricht das Transparenzprinzip für eine Berücksichtigung der Befreiungsnormen erst auf Ebene der Mitunternehmer. Über die Anwendung des Teileinkünfteverfahrens oder § 8b KStG entscheidet das für den jeweiligen Mitunternehmer zuständige Finanzamt. Die Freistellung erfolgt auf Ebene der Mitunternehmer; deshalb hängt die Höhe der Steuerfreistellung auch von den Verhältnissen der Mitunternehmer ab. Ist der Mitunternehmer eine Kapitalgesellschaft, beträgt diese wegen § 8b Abs. 1, Abs. 5 S. 1 KStG effektiv 95 %, anderenfalls 40 % nach § 3 Nr. 40 EStG. Dies zeigt sich auch im streitgegenständlichen Bescheid für 2017 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen.

Soweit die Klägerin eine nicht statthafte Merkmalsübertragung vom Mitunternehmer auf die Mitunternehmerschaft einwendet (so auch Kraft, FR 2019, 1029 (1034) unter Bezugnahme auf BFH, Beschluss v. 25. Februar 1991 – GrS 7/89, BStBl. II 1991, 691), ist dem nicht zu folgen. Das Erfordernis einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage bezieht sich in der in Bezug genommenen Entscheidung auf die Gleichstellung von unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen. Ob dem ein darüberhinausgehender allgemeiner Rechtsgrundsatz zu entnehmen ist, aus dem sich ergibt, dass Gewinnausschüttungen das steuerliche EBITDA einer Mitunternehmerschaft erhöhen, beim Gesellschafter aber nur anteilig der Besteuerung unterliegen, ist nach Auffassung des Gerichts nicht anzunehmen.

bb) Gegen eine Heranziehung des Transparenzgedankens spricht insbesondere die in der Zinsschranke angelegte Betriebsbezogenheit.

Der Betrieb ist eines der wichtigsten Tatbestandsmerkmale des § 4h Abs. 1 S. 1 EStG. Das Gesetz selbst definiert nicht, was ein Betrieb im Sinne der Norm ist. Deshalb verwendet die allgemeine Meinung zur Begriffsbestimmung den Terminus so, wie er sonst im EStG gebraucht wird. Eindeutig dafür spricht jedenfalls die Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage im Gesetzgebungsverfahren (BT-Drs. 16/4835, S. 1). Danach ist ein Betrieb jede selbständige nachhaltige Betätigung mit der Absicht Gewinn zu erzielen (Loewens, in Brandis/Heuermann, 158. EL 2021, § 4h EStG Rn. 28; Schenke, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, 318. Lfg. 2021, § 4h Rn. B 13). Mitunternehmerschaften haben nur einen Betrieb (BT-Drs. 16/4841, S. 49). Hieraus folgt, dass die Zinsschranke gesellschaftsbezogen im Rahmen der Gewinnermittlung der Mitunternehmerschaft anzuwenden ist (Hick, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 276. Lfg. 2016, § 4h EStG Rn. 25; Schenke, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, 318. Lfg. 2021, § 4h Rn. B 41). Der Gesetzgeber wollte eine Gesamtbetrachtung jedes Betriebes durch eine gesellschaftsbezogene Ermittlung der Zinsabzugsbeschränkung erreichen. Das bedeutet auch, dass Zinsaufwendungen und -erträge im Sonderbetriebsvermögen der einzelnen Mitunternehmer in eine gemeinsame Berechnung einzustellen sind (allg. Ansicht, vgl. Korn, in Korn EStG, 132. Lfg. 2019, § 4h Rn. 199 m.w.N.). Ausdruck dessen ist auch § 4h Abs. 5 S. 2 EStG. Danach gehen bei Ausscheiden eines Mitunternehmers EBITDA-Vortrag und Zinsvortrag anteilig mit der Beteiligungsquote des Ausscheidenden unter. Andererseits ist strittig, wozu genau die Betriebsbezogenheit bei der Mitunternehmerschaft führt. Einige Stimmen fordern, der Gewinnanteil eines Mitunternehmers, welcher bereits auf Ebene der Mitunternehmerschaft für Zwecke der Zinsschranke berücksichtigt wurde, müsse auf Ebene des Mitunternehmers erneut in die Berechnung des steuerlichen EBITDA einbezogen werden. Dies führt zur Berücksichtigung auf mehreren Ebenen und damit zum sogenannten „Kaskaden-Effekt“ (FG Köln, Urteil v. 19. Dezember 2013 – 10 K 1916/12, EFG 2014, 521, nrkr. Rev. IV R 4/14; Kußmaul/Ruiner/Schappe, DStR 2008, 904; Hahne, DStR 2007, 1947). Insbesondere die Finanzverwaltung teilt diese Auffassung nicht (BMF v. 4. Juli 2008 – IV C 7 – S 2742-a07/10001 Rn. 42, BStBl. I 2008, 718; ebenso Schenke, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, 318. Lfg. 2021, § 4h Rn. B 46, D 159). Dieser Streit wird indes nur bei doppelstöckigen Personengesellschaften geführt, da in diesem Fall auch mehrere Betriebe vorliegen.

Insgesamt spricht die Anknüpfung an den Betrieb deshalb nach Auffassung des Gerichts für eine EBITDA-Ermittlung nur auf Ebene der Mitunternehmerschaft, sodass steuerfreie Gewinnanteile dieses nicht erhöhen können. Zu diesem Verhältnis von Transparenzprinzip und Betriebsbezogenheit äußert sich Schenke, der davon ausgeht, das Transparenzprinzip sei durch die Zinsschrankenregelungen durchbrochen (Schenke, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, 318. Lfg. 2021, § 4h Rn. B 40, D 181). Seiler spricht von einer „Modifikation“ des Transparenzprinzips (Seiler, in Kirchhof/Seer, EStG, 20. A. 2021, § 4h Rn. 63).

e) Eine systematische Auslegung unter Einbeziehung der sog. Escape-Klausel erfordert kein anderes Normverständnis.

Nach § 4h Abs. 2 S. 1 lit c) EStG findet die Zinsschranke keine Anwendung auf konzernangehörige Betriebe, deren Eigenkapitalquote mindestens ebenso hoch ist, wie die des Konzerns. Der Grund für diese Ausnahme liegt in der Vorstellung begründet, dass in Fällen eines einheitlichen Verhältnisses von Eigen- und Fremdkapital im Konzern eine missbräuchliche Fremdfinanzierung nicht vorliegen kann (Hick, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 276. Lfg. 2016, § 4h EStG Rn. 45; Loewens, in Brandis/Heuermann, 158. EL 2021, § 4h EStG Rn. 70). Für die Ermittlung der Eigenkapitalquote bestimmt § 4h Abs. 2 S. 1 lit c) S. 5 EStG, dass Anteile an anderen Konzerngesellschaften diese nicht erhöhen. Die Regelung soll konzernweite Kaskadeneffekte verhindern (Schenke, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, 318. Lfg. 2021, § 4h Rn. C 125; Loewens, in Brandis/Heuermann, 158. EL 2021, § 4h EStG Rn. 81). Folglich ist die Escape-Klausel bei Holdinggesellschaften praktisch nur in Ausnahmefällen anwendbar (Rödder/Stangl, DB 2007, 479 (484); Scheunemann/Socher, BB 2007, 1144 (1150); Köhler, DStR 2007, 597 (601); Lüdenbach/Hoffmann, DStR 2007, 636 (638)).

Der Klägerin ist aber nicht darin zu folgen, dass die Kürzung des EBITDA um Erträge i.S. des § 8b KStG die Klägerin doppelt und damit unverhältnismäßig sanktioniere, wenn ein etwaiger Veräußerungsgewinn zunächst die Eigenkapitalquote erhöhe, aber das EBITDA mindere. Der von der Klägerin beschriebene Effekt kommt nur dann zum Tragen, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen der Escape-Klausel nicht erfüllt sind. Dann aber muss es bei den vom Gesetz vorgesehenen Rechtsfolgen bleiben. Soweit im Schrifttum von einer „doppelten Diskriminierung“ von Holdinggesellschaften die Rede ist (vgl. etwa Kessler/
Lindemer, DB 2010, 479), bezieht sich dies auf die Kürzung des EBITDA auf der einen und die faktische Nichtanwendbarkeit der Escape-Klausel auf der anderen Seite. Hieraus kann aber nicht gefolgert werden, dass wegen der restriktiven Escape-Regelung eine Kürzung des EBITDA auf Ebene der Mitunternehmerschaft zu unterbleiben habe. Die Beschränkung der Escape-Regelung betrifft die „laufende Besteuerung“ einer Holding (hier Kürzung des Eigenkapitals einer bestehenden Tochter als Vergleichsparameter). Die Regelung ist typisierend und nicht zu beanstanden, denn eine Nichtkürzung würde verlängerte Beteiligungsketten bevorzugen. Kaskadeneffekte sind aber zu vermeiden (so auch Loewens, in Brandis/Heuermann, § 4h EStG Rn. 42), denn dies entspricht dem allgemeinen Anspruch des Gesetzgebers in positiver und negativer Hinsicht. Entsprechend dient auch gerade § 8b Abs. 1 KStG der Vermeidung von Belastungskaskaden.

f) Die Klägerin kann auch aus der im Gewerbesteuerrecht explizit angeordneten Nettomethode (§ 7 Satz 4 GewStG) keine abweichende Auslegung von § 4h EStG ableiten. Soweit darauf hingewiesen wird, dass die Zinsschranke konzeptionell dem Gewerbesteuerrecht entlehnt sei, weil diese darauf ausgerichtet sei eine objektive Ertragskraft eines Betriebes zu erfassen, kann daraus nach Auffassung des Gerichts nicht gefolgert werden, dass eine solche Nettomethode auch bei der Ermittlung eines mitunternehmerischen Gewinns anzuwenden ist. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber einen Verweis auf § 8b KStG in § 4h EStG absichtlich (im Sinne einer Negativregelung) unterlassen hat. Dies ergibt sich nicht aus der ausdrücklichen Regelung in § 7 Satz 4 GewStG. Die Norm ist bereits vor der Zinsschranke ins GewStG eingeführt worden (eingefügt durch das
EURLUmsG v. 09. Dezember 2004, BGBl. I 2004, 3310); zudem wird die Regelung als deklaratorisch angesehen (Roser in Lenski/Steinberg, GewStG, § 7 Rn. 393). Es erscheint dem Gericht nicht überzeugend, dem Gesetzgeber zu unterstellen, er habe bei Einführung der Zinsschranke § 7 Satz 4 GewStG überhaupt im Blick gehabt. Letztlich kann sich die Klägerin nur auf eine „Betriebsbezogenheit“ der Gewerbesteuer und der Zinsschranke berufen. Anhaltspunkte im Gesetz, dass die Zinsschranke dem gewerbesteuerlichen Verständnis folgen solle, bestehen gerade nicht.

II. Die Klage ist auch hinsichtlich der angegriffenen Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags unbegründet. Die angefochtene Festsetzung für 2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO). Insoweit ist auf die Auslegung des § 4h Abs. 3 EStG unter II. zu verweisen. Letztlich spricht gegen die Auffassung der Klägerin der von ihr selbst in Bezug genommene § 7 Satz 4 GewStG. Für Mitunternehmerschaften, an denen keine natürlichen Personen – mithin also Kapitalgesellschaften wie im Streitfall – unmittelbar oder mittelbar beteiligt sind, kommt § 8b KStG zur Anwendung. Die Gesetzesformulierung „im Übrigen“ ist zwar verkürzt, bezieht aber alle Fallgestaltungen ein, in denen weder unmittelbar noch mittelbar eine natürliche Person als Mitunternehmer vorliegt (Roser in Lenski/Steinberg, GewStG, § 7 Rn. 393).

III. Das Gericht konnte über den Streitfall entscheiden, obgleich beim BVerfG über die anhängige Normenkontrollverfahren (Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofs vom 14. Oktober 2015, I R 20/15, BStBl. II 2017, 1240; Az. des BVerfG 2 BvL 1/16) noch nicht entschieden worden ist.

1. Das Verfahren war nicht gem. § 74 FGO auszusetzen, denn es ist nach Lage des Streitfalls höchstens mit einer Unvereinbarkeitserklärung oder einer Änderungsverpflichtung zu rechnen, nicht aber mit einer Nichtigkeitserklärung des § 4h EStG durch das BVerfG mit ex-tunc-Wirkung (dazu BFH, Beschlüsse vom 02. September 2005, XI B 224/04, BFH/NV 2006, 556; vom 28. März 2007 – VIII B 50/06, BFH/NV 2007, 1337; vom 21. Februar 2018 – VI R 11/16, BStBl. II 2018, 469). Entgegen dem in § 78 S. 1 BVerfGG angeordnetem Grundsatz der Nichtigkeitserklärung dominiert die sogenannte Unvereinbarkeitserklärung die verfassungsgerichtliche Praxis (Karpenstein, in BeckOK, BVerfGG, 11. E. 2021, § 78 Rn. 32) mit Weitergeltungsanordnung schon aus Haushaltsgründen. Gleiches gilt allgemein für Fälle, in denen eine einfachgesetzliche Norm gegen Art. 3 GG verstößt, da der Verstoß vom Gesetzgeber auf verschiedene Weise geheilt werden kann (BVerfG, Beschluss v. 28. November 1967 – 1 BvR 515/63). Es ist auch nicht zu erwarten, dass das BVerfG dem Gesetzgeber eine Pflicht zur Neuregelung aufgibt, die rückwirkend das Streitjahr 2017 erfasst und unter diesem Gesichtspunkt das Verfahren auszusetzen wäre.

2. Das Gericht kann hier im Ergebnis offenlassen, ob die Zinsschranke verfassungswidrig ist, denn es ist – wenn überhaupt – mit einer Weitergeltungsanordnung zu rechnen. Zunächst sprechen die besseren Gründe für die Verfassungsmäßigkeit der Regelung (vgl. statt vieler Loewens in Blümich, § 8a KStG Rn. 8; Ismer, FR 2014, 777, 784; Schober in Bott/Walter, § 8a KStG Rn. 155 ff.). Gegen die Erkennung einer Verfassungswidrigkeit spricht nach Ansicht des Gerichts die spätere „Unterfütterung“ des nationalen Rechts durch Art. 4 ATAD (Dorenkamp, FS 100 Jahre Steuerrechtsprechung in Deutschland 1918-2018, 1349, 1364 will nicht der Frage nachgehen, ob sich der Bundesfinanzminister über aktive Mitwirkung im Rat durch die Verabschiedung der ATAD der Grundrechtsprüfung durch das BVerfG „entledigt“ hat). In der Literatur wird deshalb zutreffend vertreten, dass das BVerfG sich nicht in die Gefahr begeben wird, in Gegensatz zu einer späteren (abweichenden) Beurteilung durch den EuGH zu setzen (Mitschke, FR 2016, 412, 415, Valta/Gerbracht, StuW 2019, 118, 122 und Jabrayil, IStR 2019, 321, 326). Dies betrifft auch Zeiträume vor der verpflichtenden Umsetzung in nationales Recht, die zeitlich nach dem Inkrafttreten der ATAD (12.7.2016) liegen; mithin auch das Streitjahr. Die ATAD entwickelte ab dem Inkrafttreten (12.7.2016) eine sog. Vorwirkung, nach der die Mitgliedstaaten während der Umsetzungsfrist einer Richtlinie den Erlass nationaler Vorschriften zu unterlassen haben, die geeignet sind, das Richtlinienziel ernstlich in Frage zu stellen und die spätere Verwirklichung dieses Ziels zu verhindern (EuGH v. 18.12.1997, C-129/96, EuZW 1998, 167). Dies betrifft nach Auffassung des Gerichts gerade die Zinsschrankenregelung der ATAD, die maßgeblich der ursprünglich deutschen Zinsschranke entlehnt ist (vgl. zum BEPS Action Point 4 im Bericht vom 05. Oktober 2015 bei Staats, IStR 2016, 135) und die zum Vorschlag in Art. 4 ATAD mündete.

IV. Die Kostenscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Das Gericht hat die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, da die streitgegenständliche Rechtsfrage gerichtlich bisher nicht geklärt ist, von ihrer Beantwortung aber insbesondere bei Holdinggesellschaften erhebliche steuerliche Folgen abhängen.