Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 25. Kammer | Entscheidungsdatum | 24.08.2022 | |
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Aktenzeichen | 25 Sa 1526/21 | ECLI | ECLI:DE:LAGBEBB:2022:0824.25SA1526.21.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 106 GewO, § 256 ZPO, § 4 TV-L, § 12 TV-L, § 14 TV-L, § 16 TV-L, § 17 TV-L |
1. Für die Bestimmung der richtigen Stufe nach einer Höhergruppierung kommt es auf den Zeitpunkt der Höhergruppierung und damit auf den Zeitpunkt an, zudem dem Beschäftigten die höherwertige Tätigkeit wirksam dauerhaft übertragen worden ist. Eine nur vorübergehend übertragene, höherwertige Tätigkeit löst keine höhere Eingruppierung aus.
2. Der öffentliche Arbeitgeber kann dem Beschäftigten dauerhaft nur Tätigkeiten zuweisen, die von ihrer Wertigkeit der Entgeltgruppe entsprechen, in der der Beschäftigte eingruppiert ist.
Die dauerhafte Zuweisung einer höherwertigen setzt eine ausdrückliche oder zumindest stillschweigende arbeitsvertragliche Vereinbarung voraus. Diese beinhaltet nicht nur die Frage, ob dem Beschäftigten eine höherwertige Tätigkeit dauerhaft zugewiesen wird, sondern auch den Zeitpunkt ab dem die höherwertige Tätigkeit dauerhaft zugewiesen wird.
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom
26. Mai 2021, Az. 56 Ca 12474/20, abgeändert und festgestellt, dass der Kläger ab dem 1. Februar 2020 in der Stufe 5 der Entgeltgruppe E 9a des TV-L eingruppiert ist.
II. Das beklagte Land hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III. Die Revision wird für das beklagte Land zugelassen.
Die Parteien streiten über die Stufenzuordnung nach einer rückwirkenden dauerhaften Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit.
Der Kläger ist seit 1995 bei dem beklagten Land beschäftigt. Er war zunächst als Polizeiangestellter im Objektschutz und nachfolgend beim Gefangenendienst im Abschiebegewahrsam tätig. 2006 wechselte er auf eigenen Wunsch zur Parkraumbewirtschaftung des Ordnungsamtes C. Im Jahr 2010 kehrte er zur Polizei zurück und wurde mit Wirkung zum 1. November 2010 von der Vergütungsgruppe VIb BAT/BAT-O in die Entgeltgruppe 6 Stufe 3+ TV-L übergeleitet und mit Wirkung zum 22. Dezember 2012 in die Entgeltgruppe 8 Stufe 3 TV-L höhergruppiert und entsprechend vergütet. Ab Dezember 2015 vergütetet das beklagte Land den Kläger aufgrund des vollzogenen Stufenaufstiegs nach der Entgeltgruppe 8 Stufe 4 TV-L.
Der Kläger bewarb sich auf eine ausgeschriebene Stelle als „Sachbearbeiter/Sachbearbeiterin Videodokumentation“ beim LKA 62 (KZ 2-012-18), bewertet nach Entgeltgruppe 9 Fallgruppe 3 TV-L (Teil I der Anlage A zum TV-L). Mit Wirkung vom 1. August 2019 setzte das beklagte Land den Kläger zunächst probeweise auf dieser Stelle ein. Aufgrund der vorübergehenden Übertragung erhielt der Kläger weiterhin Entgelt nach der Entgeltgruppe 8 Stufe 4 TV-L. Bis November 2019 betrug sein Tabellenentgelt 3.177,31 EUR brutto. Im Dezember 2019 erhielt er aufgrund des erneuten Stufenaufstiegs eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 8 Stufe 5 TV-L. Im Dezember 2019 betrug das Tabellenentgelt der Entgeltgruppe 8 Stufe 5 TV-L 3.302,32 EUR brutto. Ab Januar 2020 erhöhte sich das Tabellenentgelt der Entgeltgruppe 8 Stufe 5 TV-L auf 3.405,35 EUR brutto.
Das beklagte Land entschied noch im Jahr 2019, die dem Kläger probeweise übertragene Stelle dauerhaft zu übertragen. In einem Schreiben der Stellenwirtschaft vom 7. November 2019 an die Personalstelle heißt es:
„Dauerhafte Übertragung höherwertiger Tätigkeiten
…
Mit Wirkung vom 01.08.2019 wird dem Vollzeitbeschäftigten
Herrn D. Z., …,
eingruppiert in EG 8 TV-L,
Stelle der EG 6 TV-L,
…
dauerhaft das höherwertige Aufgabengebiet „Sachbearbeiterin/Sachbearbeiter Videodokumentation“ bei LKA 62, bewertet nach EG 9 Fgr. 3 Teil I der Anlage A zum TV-L, unter Änderung seines Beschäftigungsverhältnisses, übertragen.
Sein Entgelt nach EG 9 Fgr. 3 TV-L, Erfahrungsstufe 3 (mit Garantiebetrag), erhält Herr Z. rückwirkend unter Berücksichtigung des vorgenannten Sachverhalts aus dem Kapitel 0543/42801. …
Gleichzeitig wird der Beschäftigte mit Wirkung vom 01.08.2019
von der Stelle der EG 6 TV-L, verbunden mit dem Aufgabengebiet
„Gefangenenbewacher/in“
…
auf die Stelle der EG 9 Fgr. 3 TV-L, verbunden mit dem Aufgabengebiet
„SB/in Videodokumentation“
…
umgesetzt.“
Das interne Schreiben ist hinter der Angabe „LKA St 32“ mit einer handschriftlichen Paraphe mit dem handschriftlichen Zusatz „18/12/19“ versehen worden. Es wird insoweit auf die Anlage K1, Blatt 7 der Akte, Bezug genommen.
Das beklagte Land setzte den Kläger mit Schreiben vom 13. Februar 2020 von der rückwirkenden dauerhaften Übertragung der Tätigkeit in Kenntnis. Das Schreiben (Anlage K 2, Blatt 8 f. der Akte) hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
„… Mit Wirkung vom 1. August 2019 wurde Ihnen nach festgestellter Eignung nunmehr dauerhaft die Tätigkeit Sachbearbeiter Videodokumentation bei LKA 62 übertragen, die den Tätigkeitsmerkmalen der Entgeltgruppen 9A einzige Fgr. (Teil I der Entgeltordnung zum TV-L) entspricht.
Gemäß § 17 Abs. 4 TV-L werden die Beschäftigten bei Eingruppierung in eine höhere Entgeltgruppe derjenigen Stufe zugeordnet, in der sie mindestens ihr bisherigen Tabellenentgelt erhalten, mindestens jedoch der Stufe 2.
Sie werden daher ab 1. August 2019 in die Entgeltgruppe 9A Stufe 3 TV-L eingruppiert. Daneben erhalten Sie einen Garantiebetrag. …“
Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 20. Februar 2020 (Anlage K3, Blatt 9 der Akte) machte der Kläger gegenüber dem beklagten Land die Eingruppierung in die Erfahrungsstufe 5 der Entgeltgruppe 9a Entgeltordnung zum TV-L geltend. Das beklagte Land lehnte dies mit Schreiben vom 15. Mai 2020 ab (Anlage K4, Blatt 10 der Akte).
Mit seiner am 23. September 2020 bei Gericht eingegangenen und dem beklagten Land am 1. Oktober 2020 zugestellten Klage hat der Kläger die begehrte Stufenzuordnung weiterverfolgt.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass der Kläger ab dem 1. Februar 2020 in der Stufe 5 der Entgeltgruppe E 9 eingruppiert ist.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 26. Mai 2021 die Klage abgewiesen. Es hat die Klageabweisung im Wesentlichen damit begründet, dass beklagte Land die Höhergruppierung des Klägers in die Entgeltgruppe 9 Stufe 3 TV-L fehlerfrei vorgenommen habe. Bei der Eingruppierung und der Ermittlung der zutreffenden Stufenzuordnung sei auf den Zeitpunkt der dauerhaften Übertragung der höherwertigen Tätigkeit abzustellen. Die rückwirkende dauerhafte Übertragung der höherwertigen Tätigkeit zum 1. August 2019 habe die Höhergruppierung des Klägers mit Wirkung zum 1. August 2019 zur Folge. Für die Bestimmung der Stufenzuordnung sei ebenfalls auf den 1. August 2019 und das zu diesem Zeitpunkt vom Kläger bezogene Entgelt abzustellen. Hinsichtlich der Einzelheiten der Entscheidung wird auf Blatt 41 – 47 der Akte Bezug genommen.
Das Urteil des Arbeitsgerichts vom 26. Mai 2021 ist dem Kläger am 18. Oktober 2021 (Blatt 48 der Akte) zugestellt worden. Die Berufung des Klägers ist am 15. November 2021 (Blatt 53 der Akte) beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Die Berufungsbegründung hat der Kläger am 14. Dezember 2021 (Blatt 59 der Akte) beim Landesarbeitsgericht eingereicht.
Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, für die Bestimmung der Stufenzuordnung sei nicht auf August 2019, sondern auf Februar 2020 abzustellen. Dem Kläger sei die höherwertige Tätigkeit erst mit Schreiben vom 13. Februar 2020 dauerhaft übertragen worden. Es sei nicht möglich, im Februar 2020 für ein halbes Jahr rückwirkend die Tätigkeit dauerhaft zu übertragen und dadurch für den Kläger ungünstigere tarifliche Folgen herbeizuführen. Unerheblich sei, wann die Beklagte die Entscheidung getroffen habe, dem Kläger die Stelle dauerhaft zu übertragen. Es komme auf den Tag der Bekanntgabe der dauerhaften Übertragung auf den Kläger an.
Der Kläger beantragt,
bei Abänderung des am 26. Mai 2021 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Berlin, Az. 56 Ca 12474/20 festzustellen, dass der Kläger ab dem 1. Februar 2020 in der Stufe 5 der Entgeltgruppe E 9a des TV-L eingruppiert ist.
Das beklagte Land beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das beklagte Land trägt im Wesentlichen vor, maßgebender Zeitpunkt für die Eingruppierung und Stufenzuordnung sei der 1. August 2019. Die rückwirkende dauerhafte Übertragung der höherwertigen Tätigkeit zum 1. August 2019 sei zulässig, weil der Kläger die Tätigkeit seit diesem Zeitpunkt auch tatsächlich ausgeübt habe. Der Kläger werde so gestellt, als hätte das beklagte Land die höherwertige Tätigkeit zunächst nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft übertragen. Der Kläger werde aufgrund der „Tarifautomatik“ von Beginn an in die „richtige“ Entgeltgruppe eingruppiert. Soweit sich hieraus ungünstige tarifliche Folgen ergeben, sei dies unbeachtlich und von der Tarifautonomie gedeckt. Die Zulässigkeit der rückwirkenden Übertragung liege im Interesse der Tarifvertragsparteien und der Tarifbeschäftigten und habe im Regelfall günstigere Folgen für die Beschäftigten (frühere Höhergruppierung). Das in Ausnahmefällen die rückwirkende Übertragung nachteilhaft für die Beschäftigten sein könne, mache diese nicht unzulässig. Die tariflichen Regelungen sähen kein „Rosinenpicken“ vor, in der die rückwirkende Übertragung nach Belieben des Beschäftigten zulässig oder unzulässig sei. Zudem sei die rückwirkende dauerhafte Übertragung der Stelle spätestens mit der „Organisationsverfügung“ vom 7. November 2019 erfolgt und damit vor der Entgelterhöhung des Klägers im Dezember 2019. Das beklagte Land habe die „probeweise“ Übertragung der Stelle jederzeit beenden können. Es käme dabei nicht auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe der Entscheidung an den Kläger im Februar 2020 an.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze vom 14. Dezember 2021 (Blatt 59 – 63 der Akte), vom 19. Januar 2022 (Blatt 72 – 75 der Akte), vom 23. Februar 2022 (Blatt 79 – 80 der Akte) sowie vom 2. März 2022 (Blatt 83 – 84 der Akte) und auf deren Anlagen verwiesen.
Die zulässige Berufung des Klägers hat Erfolg. Die Klage ist zulässig und begründet. Es ist festzustellen, dass der Kläger seit dem 1. Februar 2020 in der Stufe 5 der Entgeltgruppe 9a TV-L eingruppiert ist.
I.
Die Berufung ist zulässig. Die nach den §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 b) und c) ArbGG statthafte Berufung ist insbesondere form- und fristgerecht im Sinne der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO eingelegt und begründet worden. Das Urteil des Arbeitsgerichts vom 26. Mai 2021 ist dem Kläger am 18. Oktober 2021 (Blatt 48 der Akte) zugestellt worden. Die Berufung des Klägers ist am 15. November 2021 (Blatt 53 der Akte) beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Die Berufungsbegründung hat der Kläger am 14. Dezember 2021 (Blatt 59 der Akte) beim Landesarbeitsgericht eingereicht. Die Berufungsbegründung entspricht den Anforderungen nach § 520 Absatz 3 Satz 2 ZPO.
II.
Die Feststellungsklage ist gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Das erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor.
1.
Ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO ist gegeben, wenn durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag der Streit insgesamt beseitigt wird und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt werden kann. Es fehlt, wenn durch die Entscheidung kein Rechtsfrieden geschaffen wird. Die Rechtskraft der Entscheidung muss weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zwischen den Parteien strittigen Fragen um denselben Fragenkomplex ausschließen. Das setzt bei einem auf die Feststellung der Rechtsgrundlage für die Vergütung gerichteten Antrag jedenfalls voraus, dass über weitere Faktoren, die die Vergütungshöhe bestimmen, kein Streit besteht und die konkrete Bezifferung dann lediglich eine Rechenaufgabe ist, die von den Parteien ebenso unstreitig durchgeführt werden kann wie die Umsetzung der weiteren Zahlungsmodalitäten (vgl. BAG, Urteil vom 18. Februar 2021 – 6 AZR 702/19 –, Rn. 14; BAG, Urteil vom 16. Juli 2020 - 6 AZR 321/19 - Rn. 16 ff.).
2.
Zwischen den Parteien ist lediglich die zutreffende Stufenzuordnung im Streit. Über weitere Faktoren, die die Vergütungshöhe bestimmen, besteht kein Streit, so dass die konkrete Bezifferung der Vergütungshöhe ab Februar 2020 lediglich eine Rechenaufgabe ist. Es ist aus diesem Grund davon auszugehen, dass hier bei Stattgabe der Klage die allein streitbefangene Stufenzuordnung ab Februar 2020 keine weiteren gerichtlichen Auseinandersetzungen auslösen wird (vgl. BAG, Urteil vom 18. Februar 2021 – 6 AZR 702/19 –, Rn. 15).
III.
Die Klage ist begründet. Es ist festzustellen, dass der Kläger seit dem 1. Februar 2020 in der Stufe 5 der Entgeltgruppe 9a TV-L eingruppiert ist.
1.
Die Eingruppierung des Klägers und damit auch die Stufenzuordnung richten sich nach den Regelungen des TV-L. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass diese tariflichen Regelungen auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden. Dabei kann dahinstehen, ob die tariflichen Regelungen kraft Verbandszugehörigkeit oder kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung finden.
2.
Das Arbeitsgericht und die Parteien gehen zutreffend davon aus, dass es für die Bestimmung der richtigen Stufe auf den Zeitpunkt der Höhergruppierung des Klägers und damit auf den Zeitpunkt ankommt, zudem dem Kläger die höherwertige Tätigkeit wirksam dauerhaft übertragen worden ist. Nach § 17 Absatz 4 TV-L werden nämlich die Beschäftigten bei der Eingruppierung in eine höhere Entgeltgruppe derjenigen Stufe zugeordnet, in der sie mindestens ihr bisheriges Tabellenentgelt erhalten. Dabei sind die Beschäftigten nach § 12 Absatz 1 Satz 3 TV-L im Wege der Tarifautomatik in die Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die nicht nur vorübergehenden Tätigkeit entspricht. Eine nur vorübergehend übertragene, höherwertige Tätigkeit löst dagegen keine höhere Eingruppierung aus (vgl. BAG, Urteil vom 21. Mai 2015 – 6 AZR 254/14 -, Rn. 27; BAG, Urteil vom 3. Juli 2014 – 6 AZR 1067/12 -, Rn. 18). Bei einer vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit, die mindestens einen Monat ausgeübt wird, erhalten die Beschäftigten stattdessen nach den Regelungen in § 14 TV-L eine persönliche Zulage (vgl. BAG, Urteil vom 3. Juli 2014 – 6 AZR 1067/12 -, Rn. 18).
3.
Die höherwertige Tätigkeit ist dem Kläger dauerhaft erst im Februar 2020 übertragen worden. Bis zu diesem Zeitpunkt hat der Kläger die höherwertige Tätigkeit nur im Wege der vorübergehenden Übertragung ausgeübt, die noch nicht im Wege der Tarifautomatik zu einer Höhergruppierung führt, sondern nur zur Zahlung einer persönlichen Zulage nach § 14 TV-L bei Beibehaltung der ursprünglichen Entgeltgruppe.
a)
Es ist insoweit zwischen den Parteien unstreitig, dass die höherwertige Tätigkeit dem Kläger zum 1. August 2019 zunächst nur vorübergehend „probeweise“ übertragen worden ist. Die vorübergehende Übertragung löste nach § 12 Absatz 1 Satz 3 TV-L noch keine Höhergruppierung des Klägers aus. Folgerichtig hat das beklagte Land das Arbeitsverhältnis nach der vorübergehenden Übertragung der höherwertigen Tätigkeit weiterhin nach der bisherigen Entgeltgruppe 8 Stufe 4 TV-L vergütet. Das beklagte Land hat im Dezember 2019 nach § 16 Absatz 3 Satz 1 vierter Spiegelstrich TV-L unstreitig auch zunächst noch den erfolgten Aufstieg in die Stufe 5 der Entgeltgruppe 8 TV-L vollzogen und dem Kläger das entsprechend erhöhte Tabellenentgelt der Entgeltgruppe 8 Stufe 5 TV-L gezahlt.
b)
Die Parteien haben sich weder ausdrücklich noch durch schlüssiges Verhalten darüber geeinigt, dass dem Kläger die höherwertige Tätigkeit rückwirkend zum 1. August 2019 dauerhaft übertragen wird. Es kann insoweit dahinstehen, ob es rechtlich möglich ist, rückwirkend eine zunächst vor-übergehend erfolgte Übertragung in eine dauerhafte Übertragung höherwertiger Tätigkeiten umzuwandeln und damit nachträglich in eine bereits vollzogene Tarifautomatik einzugreifen. Das beklagte Land hat eine entsprechende ausdrückliche Vereinbarung mit dem Kläger nicht vorgetragen. Das Zustandekommen einer solchen Vereinbarung kann auch nicht dem Verhalten des Klägers nach Erhalt des Schreibens der Beklagten vom 13. Februar 2020 entnommen werden. Der Kläger hat vielmehr unmittelbar nach Erhalt des Schreibens und der Kenntnis von der beabsichtigten Vorgehensweise des beklagten Landes Ansprüche auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 Stufe 5 TV-L geltend gemacht. Dem ist zu entnehmen, dass er mit einer rückwirkenden Übertragung der höherwertigen Tätigkeit zum 1. August 2019 nicht einverstanden gewesen ist und vielmehr noch vom Erreichen der Stufe 5 der Entgeltgruppe 8 TV-L im Dezember 2019 ausgegangen ist.
c)
Weder durch die „Organisationverfügung“ vom 17. November 2019 noch durch das Schreiben vom 13. Februar 2020 konnte das beklagte Land dem Kläger gegen seinen Willen die Tätigkeit rückwirkend dauerhaft übertragen. Die einseitige, rückwirkende, dauerhafte Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit ist entgegen dem Willen des Klägers rechtlich nicht zulässig. Das Weisungsrecht des öffentlichen Arbeitgebers hat seine Grenze im Arbeitsvertrag und den einschlägigen gesetzlichen und tariflichen Bestimmungen (§ 106 GewO, § 4 TV-L). Der öffentliche Arbeitgeber kann den Beschäftigten im Wege des Weisungsrechts dauerhaft nur Tätigkeiten zuweisen, die von ihrer Wertigkeit der Entgeltgruppe entsprechen, in die die Beschäftigten eingruppiert sind (vgl. BAG, Urteil vom 17. August 2011 – 10 AZR 322/10 -, Rn. 15; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17. November 2021 – 7 Sa 169/21 -, Rn. 86; Steuernagel in: BeckOK TV-L, 54. Edition 1. Juni 2021, § 12 Rn. 16). Ein weitergehendes Direktionsrecht folgt schließlich nicht aus § 4 Abs. 1 TV-L. Auch dieses tarifliche Recht wird durch den Inhalt des Arbeitsvertrags begrenzt (vgl. BAG, Urteil vom 17. August 2011 – 10 AZR 322/10 –, Rn. 15). Die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nach § 14 TV-L stellt im Gegensatz dazu keine Änderung des Arbeitsvertrages dar und ist im Wege des Weisungsrechts zulässig (vgl. Steuernagel in: BeckOK TV-L, 54. Edition 1. Juni 2021, § 14 Rn. 2). Die dauerhafte Zuweisung einer höherwertigen Tätigkeit ist aber nicht im Wege des Weisungsrechts möglich, sondern setzt eine ausdrückliche oder zumindest stillschweigende arbeitsvertragliche Vereinbarung voraus (vgl. Steuernagel in: BeckOK TV-L, 54. Edition 1. Juni 2021, § 12 Rn. 18). Dies beinhaltet nicht nur die Frage, ob dem Beschäftigten eine höherwertige Tätigkeit dauerhaft zugewiesen wird, sondern auch den Zeitpunkt ab dem die höherwertige Tätigkeit dauerhaft zugewiesen wird. Einseitig konnte das beklagte Land eine solche rückwirkende Zuweisung gegen den Willen des Klägers nicht vornehmen.
4.
Mit Wirkung ab Februar 2020 ist der Kläger in die Entgeltgruppe 9a TV-L Stufe 5 TV-L höhergruppiert. Im Februar 2020 hat das Einverständnis beider Parteien vorgelegen, dass dem Kläger die höherwertige Tätigkeit dauerhaft und nicht mehr vorübergehend übertragen ist. Dabei ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die vom Kläger nunmehr dauerhaft ausgeübte Tätigkeit von ihrer Wertigkeit der Entgeltgruppe 9a TV-L entspricht. Dies trifft auch nach Ansicht der Berufungskammer zu. Dabei ist der Kläger gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 TV-L bei der Höhergruppierung derjenigen Stufe zugeordnet, in der er mindestens sein bisheriges Tabellenentgelt erhält, mindestens jedoch der Stufe 2. Die Entgeltsicherung bei Höhergruppierungen soll dabei den Verlust der in der niedrigeren Entgeltgruppe erreichten Stufenzuordnung und Stufenlaufzeit ausgleichen (vgl. BAG, Urteil vom 21. Mai 2015 – 6 AZR 254/14 – Rn. 26). Das beklagte Land hat den Kläger zum Zeitpunkt der Höhergruppierung zutreffend nach den vollzogenen Stufenaufstiegen nach der EG 8 Stufe 5 TV-L vergütet. Zum Zeitpunkt der Höhergruppierung im Februar 2020 beträgt das Tabellenentgelt dabei 3.405,35 EUR brutto. Erst in der Entgeltgruppe 9a Stufe 5 TV-L erhält der Kläger mindestens sein bisheriges Tabellenentgelt. Die niedrigeren Entgeltstufen in der Entgeltgruppe 9a TV-L haben niedrigere Entgelte.
IV.
Das beklagte Land hat nach § 91 ZPO als unterlegene Partei die Kosten des Rechtstreits zu tragen.
V.
Die Revision ist für das beklagte Land aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Sache nach § 72 Absatz 2 Nummer 1 ArbGG zuzulassen.