Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 2. Senat | Entscheidungsdatum | 20.12.2022 | |
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Aktenzeichen | 2 B 7/22 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2022:1220.2B7.22.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 91 Abs 1 Alt 2 VwGO, § 71 Abs 1 S 1 BauO BE, § 29 Abs 1 BauGB, § 6 Abs 1 BauNVO, § 146 Abs 6 VwGO, § 63 BauO BE, § 30 Abs 1 BauGB, § 6 Abs 2 BauNVO |
Die Berufung wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte verpflichtet wird, der Klägerin eine Baugenehmigung für ihren durch die Bau- und Betriebsbeschreibung vom 15. Oktober 2015 in der Fassung des Betriebskonzepts vom 7. November 2017 sowie der Erklärung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 29. Oktober 2019 bestimmten Betrieb zu erteilen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens.
Der Beschluss ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
I.
Die Klägerin erstrebt die Erteilung einer Baugenehmigung für den Betrieb einer prostitutiven Einrichtung.
Sie ist Mieterin mehrerer miteinander verbundener „Wohneinheiten“ im zweiten Obergeschoss des Hauses B... in 1... mit insgesamt 428,51 m² Fläche. Die Räume liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans I... vom ..., der für das in Rede stehende Gebiet die Festsetzung „Mischgebiet“ trifft. Die Klägerin betreibt dort seit 1996 - zunächst nur in einem Teilbereich der später erweiterten aktuellen Mietfläche - eine prostitutive Einrichtung unter dem Namen „R...“.
Nachdem das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin gegen die Klägerin ein Nutzungsuntersagungsverfahren eingeleitet hatte, zeigte diese unter dem 2. Oktober 2015 im Genehmigungsfreistellungsverfahren gemäß § 63 BauO Bln in der bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Fassung die Nutzungsänderung der „gewerblichen Nutzung und Wohnnutzung“ der von ihr angemieteten Räume in „gewerbliche Nutzung“ an. In der am 16. Oktober 2015 nachgereichten Bau- und Betriebsbeschreibung vom 15. Oktober 2015 wurde zu dem Vorhaben unter anderem Folgendes ausgeführt:
„In den Gewerberäumen B..., 2. OG, wird eine Zimmervermietung in Verbindung mit einer Vermittlung erotischer Kontakte betrieben. Die Räume befinden sich im Vorderhaus. In diesem Vorderhaus gibt es ausschließlich Praxen, Kanzleien und Gewerbe, keine Wohnungen.
Die große Hauseingangstür öffnet eine kleine Tordurchfahrt. Davon geht seitlich links das Treppenhaus des Vorderhauses ab.
Ein Personenaufzug für das Vorderhaus ist gleich hinter dem Eingangstor in der Durchfahrt und hält im 2. OG gegenüber von unserem Eingang. Der Zugang zu den Räumen des 2. OG ist barrierefrei und für Menschen mit Gehbehinderungen erreichbar und passierbar.
Die gesamte 2. Etage des Vorderhauses wird allein durch die Zimmervermietung genutzt. Die meisten Räume sind zum Bundesplatz hin ausgerichtet, wo es kein direktes vis à vis gibt. Die Einsichtnahme durch Fenster von der gegenüberliegenden Straßenseite ist ausgeschlossen.
Im Ersten Obergeschoss befindet sich eine Arzt- und Massagepraxis. Im Dritten Obergeschoss befinden sich eine Anwaltskanzlei und ein Maklerbüro. Diese, und auch alle sonstigen Mieter im Hause kennen seit vielen Jahren die Zimmervermietung sowie die Art der hier angebotenen Dienstleistungen und haben keinerlei Einwände.
Es gibt keinerlei Außenwerbung. Laufkundschaft soll ausgeschlossen bleiben. Deshalb deutet nach außen nichts auf dieses Gewerbe hin. Auf dem Klingelschild, das sich nicht von den Klingelschildern der anderen Mieter unterscheidet, steht ‚R...‘.“
Weiter hieß es dort:
„Der Kontakt zu den Kunden wird über E-Mail und / oder telefonisch hergestellt. Die meisten Kunden kommen nach Terminvereinbarung. Es wird allergrößter Wert auf Diskretion gelegt. Es sollen und werden Kunden angesprochen, denen ihrerseits Diskretion sehr wichtig ist.
Ein Ausschank oder die Abgabe alkoholischer Getränke ist nicht vorgesehen oder geplant.
Speisen und Getränke werden weder zubereitet noch vertrieben.
Wir erwarten täglich 5 - 30 Besucher, die meist Vermietung und Vermittlung in Anspruch nehmen, einige davon nur zu Vorgesprächen.“
Nach der Bau- und Betriebsbeschreibung sollten in dem Betrieb neben den selbständigen Prostituierten sechs Angestellte und eine weitere selbständige Kraft tätig sein. Die Öffnungszeiten waren dort angegeben mit „während der Woche von 10 - 23 Uhr, sonntags von 14 - 22 Uhr“.
Nach Überleitung des Verfahrens in das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren versagte der Beklagte die bauaufsichtliche Genehmigung mit Bescheid des Bezirksamts Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin vom 15. Januar 2016. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid des Bezirksamts Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin vom 7. Juli 2016 unter Festsetzung einer Widerspruchsgebühr in Höhe von 84,16 Euro zurück.
Mit ihrer daraufhin erhobenen Klage hat die Klägerin zunächst beantragt, festzustellen, dass ihr Vorhaben „den Festsetzungen als Mischgebiet des Bebauungsplans I... in Verbindung mit § 6 BauNVO“ entspreche, hilfsweise, ihr eine Baugenehmigung zu erteilen und den Gebührenbescheid aufzuheben.
Im November 2017 hat die Klägerin beim Beklagten einen Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 12 ProstSchG gestellt. In diesem Zusammenhang hat sie ein Betriebskonzept vom 7. November 2017 eingereicht. In diesem heißt es u.a., dass fünf bis zwölf „Sexdienstleister“, die sich während der Betriebszeiten in den Räumlichkeiten der Klägerin aufhalten würden, ihre Geschäfte in neun von der Klägerin zur Verfügung gestellten „Raumeinheiten“ verrichten könnten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Betriebskonzeptes wird auf Bl. 93, 94 der Streitakte verwiesen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 24. Mai 2018 hat die Klägerin einen kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsantrag gestellt und ihre Klage im Übrigen zurückgenommen. Mit Urteil vom 24. Mai 2018 hat das Verwaltungsgericht das Verfahren daraufhin im Hinblick auf die Klagerücknahme teilweise eingestellt. Es hat den Beklagten im Übrigen unter Aufhebung der ablehnenden Entscheidungen verpflichtet, der Klägerin die begehrte Baugenehmigung nach Maßgabe der Bau- und Betriebsbeschreibung vom 15. Oktober 2015 in der Fassung des Betriebskonzepts vom 7. November 2017 zu erteilen. Die Festsetzung einer Gebühr für das Widerspruchsverfahren in Bezug auf den Ablehnungsbescheid hat es hierbei aufgehoben.
In der Berufungsverhandlung vor dem Senat vom 29. Oktober 2019 hat die Klägerin darum gebeten, dass der Senat die Prüfung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit ihres Betriebes mit der Maßgabe vornehme, dass die Öffnungszeiten des Betriebes nunmehr generell auf 20.00 Uhr beschränkt würden. Mit Urteil vom 29. Oktober 2019 hat der Senat das Urteil des Verwaltungsgerichts gleichwohl geändert und die Klage abgewiesen. Aufgrund einer (begrenzt) typisierenden Betrachtungsweise, die auch bei bordellartigen Betrieben vorzunehmen sei, sei der Betrieb der Klägerin mit der im Mischgebiet zulässigen Wohnnutzung unverträglich.
Auf die Revision der Klägerin hat das Bundesverwaltungsgericht dieses Urteil mit Urteil vom 9. November 2021 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Senat zurückverwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Annahme, der Betrieb der Klägerin sei bei typisierender Betrachtung als das Wohnen wesentlich störend einzustufen, stehe mit Bundesrecht nicht in Einklang. Eine typisierende Betrachtungsweise verbiete sich, wenn der zur Beurteilung stehende Betrieb zu einer Branche gehöre, deren übliche Betriebsformen hinsichtlich des Störgrades eine große Bandbreite aufwiesen, die von nicht wesentlich störend bis störend oder sogar erheblich belästigend reichen könne. Es komme dann auf die jeweilige Betriebsstruktur an. Maßgeblich sei, ob sich die Störwirkungen, die die konkrete Anlage bei funktionsgerechter Nutzung erwarten lasse, innerhalb des Rahmens hielten, der durch die Gebietseigenart vorgegeben sei. Eine typisierende Betrachtung könne zwar auch das Störpotential prostitutiver Betriebe in ihren unterschiedlichen Erscheinungsformen sachgerecht erfassen. Sie decke aber nicht das gesamte Spektrum solcher Einrichtungen ab. Eine typisierende Betrachtung könne nur soweit reichen, wie es um Betriebe gehe, die insbesondere solche beeinträchtigenden Auswirkungen auf ihre Umgebung hervorrufen könnten, die dem städtebaulich zu verstehenden Begriff der „milieubedingten“ Unruhe zuzuordnen seien. Dieser sei allein auf Störungen ausgerichtet, aus denen Konflikte zu anderen Nutzungsarten, insbesondere zur Wohnnutzung, entstehen könnten und die durch räumliche Trennung und Gliederung widerstreitender Nutzungsarten, nämlich der Verweisung in eine andere Gebietskategorie der Baunutzungsverordnung gelöst werden könnten. Solche Störungen setzten voraus, dass der prostitutive Betrieb nach außen in Erscheinung trete, wie z.B. durch Werbung im Umfeld des Betriebs oder auch eine entsprechende (Fassaden-)Gestaltung (Aufschriften, auffällige Werbung). Dies löse zusätzlichen, gebietsfremden Verkehr aus, weil hierdurch vor allem Laufkundschaft angesprochen und zum Besuch des Betriebs angeregt werde, was Unruhe (Immissionen, insbesondere Lärm) in das Mischgebiet bringe, damit die Wohnruhe beeinträchtige und sich negativ auf das soziale Umfeld und die Wohnbedürfnisse auswirke. Ausgehend hiervon könne der im Rahmen des § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO 1962 anzustellenden typisierenden Betrachtungsweise nur ein Betrieb zugrunde gelegt werden, der nach außen als solcher in Erscheinung trete und/oder in den Nachtstunden (ab 22.00 Uhr) betrieben werde. Insoweit sei bezogen auf den Betrieb der Klägerin eine Einzelfallprüfung erforderlich, die den Betrieb am Maßstab des zur Genehmigung gestellten Bau- und Betriebskonzepts auf seine Vereinbarkeit mit der im Mischgebiet ebenfalls zulässigen Wohnnutzung in den Blick nehme. Der Senat werde zu prüfen haben, ob der Betrieb, der eine Nähe zur Wohnungsprostitution aufweise, insgesamt wohnähnlich in Erscheinung trete und dem Gebäude, in dem er sich befinde, nicht das Gepräge gebe. Dabei werde auch zu berücksichtigen sein, dass er am Standort bereits seit 1996 betrieben werde. Ob dies bisher beanstandungsfrei erfolgt sei, bedürfe ebenfalls der Aufklärung, weil sich hieraus Rückschlüsse auf seine Vereinbarkeit mit der Wohnnutzung ziehen ließen.
Auf Aufforderung des Senats hat der Beklagte in der Folgezeit mitgeteilt, er habe nicht feststellen können, dass es zu dem Betrieb der Klägerin Beschwerden irgendwelcher Art gegeben habe. Der Betrieb der Klägerin vertrage sich jedoch auf der Grundlage der Bau- und Betriebsbeschreibung gleichwohl nicht mit der umliegenden Wohnnutzung. Zu den Angaben in der letzten Fassung der Bau- und Betriebsbeschreibung sei kritisch anzumerken, dass entgegen den dortigen Bekundungen das Vorderhaus des Gebäudes nicht rein gewerblich genutzt werde.Im Vorderhaus werde „auch gewohnt“, im Hinterhaus, in das sich der Betrieb ausdehne, werde „sogar ganz überwiegend gewohnt“. Wie das Betriebskonzept klarstelle, bestehe „die Möglichkeit, ohne vorherige Terminvereinbarung den Betrieb aufzusuchen“. Die Angabe zur Anzahl der Kunden, sei kritisch zu sehen. Auf der Internetseite seien 28 Frauen, einschließlich von vier „Gastfrauen“, mit Foto und Text zur Auswahl für die Kunden aufgeführt. Vor diesem Hintergrund „dürfte es unwahrscheinlich sein“, dass die neun Verrichtungszimmer lediglich von maximal 30 Kunden täglich genutzt würden. Auch die Staffelung der Mietzeiten zeige, dass mehr als 30 Kunden täglich erwartet würden. Es sei eine städtebauliche Bewertung der objektiv zu erwartenden Nutzerzahlen zugrunde zu legen.Ein zukünftiger Betreiber könnte nämlich, ohne dass dies - allein schon wegen der mangelnden Kontrollierbarkeit - effektiv die Wirksamkeit der Baugenehmigung in Frage zöge, auf „Masse statt Klasse“ setzen und dabei weitaus höhere Nutzerzahlen generieren. Der Betrieb trete danach allein aufgrund seines Umfangs und der zu erwartenden Kunden- und Mitarbeiterströme nach außen in Erscheinung. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass der Betrieb der Klägerin ausweislich der Internetseite ein gebietsfremdes Publikum anziehe und nach eigenem Bekunden als eines der attraktivsten Bordelle von Berlin mit internationalem Flair zu bezeichnen sei. Hierdurch gebe der Betrieb trotz des Fehlens von Werbung dem Gebäude das notwendige Gepräge. Wohnungsprostitution habe „nie ansatzweise“ die Anzahl der Arbeitsräume und die Anzahl von Prostituierten aufgewiesen, wie sie hier die Klägerin nach ihrer betrieblichen Beschreibung baurechtlich zur Genehmigung stelle. Es handele sich bei dem Betrieb der Klägerin um ein Wohnungsbordell, das von der Größe und vom Umfang her nicht vergleichbar sei mit der im Mischgebiet ggf. genehmigungsfähigen Wohnungsprostitution. Das Vorhaben sei nicht gebietsverträglich, zumal der Betrieb für ein Wohnungsbordell sehr groß sei.
Der Beklagte beantragt weiterhin,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 24. Mai 2018 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen mit der Maßgabe der verkürzten Öffnungszeiten,
hilfsweise,
die Berufung uneingeschränkt zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Streitakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
II.
1. Der Senat entscheidet über die Berufung nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss gemäß § 130a Satz 1 VwGO, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden (vgl. § 130a Satz 2 i.V.m. § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Das Vorbringen des Beklagten in seinem Schriftsatz vom 9. Dezember 2022 veranlasst den Senat nicht, von einer Entscheidung im Beschlusswege abzusehen. Insbesondere gebietet Art. 6 Abs. 1 EMRK vorliegend keine mündliche Verhandlung. Dabei kann offenbleiben, ob sich der Beklagte als Hoheitsträger überhaupt darauf berufen könnte, dass es vorliegend um eine Streitigkeit „in bezug auf ... zivilrechtliche... Ansprüche und Verpflichtungen“ gehe. Denn jedenfalls ist eine (weitere) mündliche Verhandlung nach den Besonderheiten des vorliegenden Falls entbehrlich (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 14. Juni 2019 - 7 B 25/18 - NVwZ 2019, 1854 <1855>). Die wesentlichen Rechtsfragen sind nämlich durch das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 9. November 2021 geklärt worden und die der Entscheidung zugrunde zu legenden Tatsachen sind, unbeschadet des Umstandes, dass das Bundesverwaltungsgericht die Sache im Hinblick auf das Erfordernis weiterer Feststellungen an den Senat zurückverwiesen hat, unstreitig. Denn den zwischenzeitlich erfolgten Tatsachenfeststellungen des Beklagten ist die Klägerin nicht entgegengetreten. Entgegen der Auffassung des Beklagten kommt der Sache nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts auch keine grundsätzliche Bedeutung mehr zu. Vielmehr geht es nur noch um die Beurteilung des Störpotentials des konkreten Vorhabens der Klägerin.
2. Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage der Klägerin ist zulässig und begründet.
a. Die Berufung ist - entsprechend dem Hauptantrag der Klägerin - mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Beklagte zu verpflichten ist, der Klägerin eine Baugenehmigung für ihren durch die Bau- und Betriebsbeschreibung vom 15. Oktober 2015 in der Fassung des Betriebskonzepts vom 7. November 2017 sowie der Erklärung in der mündlichen Verhandlung vom 29. Oktober 2019 bestimmten Betrieb zu erteilen. In der zuletzt genannten Erklärung in der mündlichen Verhandlung, wonach die Klägerin ihren Betrieb künftig jeden Tag nur noch bis 20.00 Uhr öffnen werde, liegt zwar eine Änderung des Betriebskonzepts und damit eine Änderung von Bauantrag und Verpflichtungsklage. Diese Änderung des Bauantrags bietet jedoch keinen Anlass, zunächst der Baugenehmigungsbehörde Gelegenheit zu einer erneuten Prüfung der Zulässigkeit des Vorhabens zu geben. Denn sie ist angesichts des nur geringfügigen Zurückbleibens gegenüber dem ursprünglichen Bauantrag unerheblich. Die Klageänderung ist gemäß § 91 Abs. 1 Alt. 2 VwGO zulässig. Der Senat sieht sie als sachdienlich an, weil der Streitstoff im Wesentlichen gleichbleibt und eine Entscheidung des Senats geeignet ist, den sachlichen Streit zwischen den Beteiligten endgültig auszuräumen.
aa. Die Ablehnung der begehrten Baugenehmigung durch Bescheid des Bezirksamts Wilmersdorf von Berlin vom 15. Januar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juli 2016 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzung der von ihr angemieteten Räumlichkeiten für eine prostitutive Einrichtung entsprechend ihren Bau- und Betriebsbeschreibungen sowie ihrer Erklärung in der mündlichen Verhandlung vom 29. Oktober 2019 (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO).
(1) Rechts- und Anspruchsgrundlage hierfür ist § 71 Abs. 1 Satz 1 BauO Bln in der bis zum 1. Januar 2017 geltenden aktuellen Fassung (vgl. § 89 Abs. 2 BauO Bln, im Folgenden: a.F.). Danach ist eine Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Zwischen den Beteiligten ist lediglich umstritten, ob das Vorhaben der Klägerin hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung bauplanungsrechtlich zulässig ist. Dies ist gemäß § 63 Satz 1 BauO Bln a.F. im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren, in das hier übergegangen worden ist, zu prüfen und zu bejahen.
(2) Nach § 29 Abs. 1 BauGB gelten für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, die §§ 30 bis 37 BauGB. Das Vorhaben der Klägerin befindet sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans I... vom 1... für die Grundstücke beiderseits der B... und des B... zwischen H... und der R...im Bezirk W.... Dieser Bebauungsplan enthält Festsetzungen zur Art und zum Maß der baulichen Nutzung sowie zu öffentlichen Verkehrsflächen und zur überbaubaren Grundstücksfläche. Im Geltungsbereich eines derart qualifizierten Bebauungsplanes ist ein Vorhaben gemäß § 30 Abs. 1 BauGB zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist. Das ist hier der Fall.
Hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung setzt der Bebauungsplan für das Vorhabengrundstück den Baugebietstyp „Mischgebiet“ fest. Nach § 6 Abs. 1 der insoweit anwendbaren Baunutzungsverordnung 1962 dienen Mischgebiete dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Zulässig sind gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO 1962 sonstige nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe. Das Vorhaben der Klägerin stellt einen solchen nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieb dar.
(a) Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 9. November 2021 entschieden, dass der im Rahmen des § 6 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO 1962 grundsätzlich anzustellenden typisierenden Betrachtungsweise nur ein prostitutiver Betrieb zugrunde gelegt werden könne, der nach außen als solcher in Erscheinung trete und/oder in den Nachtstunden (ab 22.00 Uhr) betrieben werde. Da dies hier nicht der Fall sei, sei bezogen auf den Betrieb der Klägerin eine Einzelfallprüfung erforderlich, die den Betrieb am Maßstab des zur Genehmigung gestellten Bau- und Betriebskonzepts auf seine Vereinbarkeit mit der im Mischgebiet ebenfalls zulässigen Wohnnutzung in den Blick nehme. Hieran ist der Senat gebunden (vgl. § 146 Abs. 6 VwGO).
(b) Bei der danach vorzunehmenden Einzelbetrachtung handelt es sich bei dem Betrieb der Klägerin um einen sonstigen nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieb. Gemessen an dem zur Genehmigung gestellten Bau- und Betriebskonzept erweist sich das Vorhaben der Klägerin als mit der im Mischgebiet ebenfalls zulässigen Wohnnutzung vereinbar. Der bereits seit geraumer Zeit geführte Betrieb tritt insgesamt wohnähnlich in Erscheinung und gibt dem Gebäude, in dem er sich befindet, nicht das Gepräge.
(aa) Der Betrieb der Klägerin tritt insgesamt wohnähnlich in Erscheinung. Dass er in irgendeiner Weise sein Geschäftsfeld nach außen offenbarte oder ansonsten seinem Erscheinungsbild nach nicht einer Wohnnutzung ähnelte, ist nicht festzustellen. Zutreffend hat das Bundesverwaltungsgericht seiner Entscheidung insoweit die Annahme zugrunde gelegt, dass der Betrieb der Klägerin von außen nicht als Betrieb des Prostitutionsgewerbes zu erkennen sei. Nach dem von der Klägerin eingereichten Betriebskonzept, dessen Realisierung vom Beklagten insoweit nicht in Zweifel gezogen wird und an dessen Einhaltung zu zweifeln auch ansonsten kein Grund ersichtlich ist, ist eine Einsichtnahme durch Fenster von der gegenüberliegenden Straßenseite ausgeschlossen. Es existiert keinerlei Außenwerbung und selbst das Klingelschild des Betriebes weist nur den Betriebsnamen aus, ohne hierbei den Betriebsgegenstand zu offenbaren. Ein Besucher des Hauses wird angesichts dessen nur aus dem Umstand, dass das Klingelschild ersichtlich keinen Familiennamen wiedergibt, darauf schließen können, dass hinter der Betriebstür nicht gewohnt wird. Welche Art von Geschäft in den hinter der Tür liegenden Räumen betrieben wird, wird sich ihm nicht erschließen. Angesichts des Fehlens jeglicher mit einem Bordell assoziierter Werbung liegt für ihn der Gedanke an einen - dem Wohnen nahestehenden - Betrieb des Beherbergungsgewerbes (z.B. eine Pension) deutlich näher als die Annahme, es könne sich um eine Zimmervermietung handeln, in der erotische Kontakte vermittelt werden.
Auch die zu erwartenden „Kunden- und Mitarbeiterströme“ stehen der Annahme eines nur wohnähnlichen Gewerbes entgegen der Auffassung des Beklagten nicht entgegen. Zwar sollen in dem Betrieb nach der Betriebsbeschreibung neben den dort arbeitenden Prostituierten sieben Mitarbeiter tätig sein. Es werden jedoch täglich nur fünf bis 30 Kunden erwartet. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist angesichts dessen nicht davon auszugehen, dass sich nahezu alle oder eine Vielzahl der auf der Internetseite des Betriebes gelisteten 28 Frauen sowie die vier „Gastfrauen“ gleichzeitig im Betrieb aufhalten werden. Nach dem Betriebskonzept sind dort während der Betriebszeiten vielmehr lediglich fünf bis zwölf „Sexdienstleister“ anwesend, die ihre Geschäfte in den neun hierfür zur Verfügung stehenden Zimmereinheiten verrichten. Mit Blick auf die Größe der für den Betrieb insgesamt zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten (428,51 m²) ist der anzunehmende Kunden- und Mitarbeiterverkehr angesichts dessen noch als „wohnähnlich“ einzustufen. Er übersteigt nicht wesentlich den Bewohner- und Besucherverkehr, der etwa bei einer großen - neun Zimmer umfassenden - studentischen Wohngemeinschaft oder einer Pension zu erwarten wäre und hält sich auch im Rahmen des Kunden- und Mitarbeiterverkehrs, den im Mischgebiet zulässige größere Arztpraxen und Rechtsanwaltskanzleien auslösen. Dabei steht den Nachbarn während der Öffnungszeiten mit der Klägerin stets dieselbe Ansprechperson zur Verfügung, die die soziale Anbindung des Betriebs an die Nachbarschaft gewährleistet und die daraus resultierende Sozialkontrolle sicherstellt (vgl. zu diesem Gesichtspunkt: OVG Lüneburg, Urteil vom 1. September 2022 - 1 LC 50/20 - juris Rn. 26).
(bb) Entgegen der Auffassung des Beklagten gibt der danach nur wohnähnlich in Erscheinung tretende Betrieb der Klägerin dem Gebäude, in dem er sich befindet, auch nicht das Gepräge.
α. Konflikte mit der im Mischgebiet außerdem zulässigen Wohnnutzung ergeben sich insbesondere nicht aus seiner Betriebsstruktur. Es ist nicht damit zu rechnen, dass der Betrieb in einem relevanten Ausmaß Laufkundschaft generieren und auf diese Weise zusätzlichen Verkehr in das Mischgebiet hineintragen wird. Angesichts des Umstandes, dass der Betrieb seinen Betriebsgegenstand nach außen nicht erkennen lässt, kann Laufkundschaft allenfalls aus dem sehr eingeschränkten Kreis von Personen bestehen, die den Betrieb bereits kennen oder durch Hörensagen bzw. den Internetauftritt des Betriebes auf ihn aufmerksam geworden sind. Gründe für die Annahme, dass dies auf eine größere Personengruppe zutreffen könnte, sind nicht dargetan worden oder sonst ersichtlich. Der Klägerin selbst ist ausweislich ihres Betriebskonzepts daran gelegen, Laufkundschaft so gut wie möglich einzuschränken. Ihr Bestreben ist es, den Betrieb im Verborgenen zu betreiben und gezielt Kunden anzusprechen, die ihrerseits großen Wert auf Diskretion legen.
Dass die Klägerin nach den Angaben des Beklagten auf ihrer Internetseite damit wirbt, dass es sich bei dem Betrieb um „eines der attraktivsten Bordelle von Berlin mit internationalem Flair“ handele, stellt dies nicht in Frage. Es rechtfertigt nicht den Schluss, der Betrieb könnte in größerem Umfang Laufkundschaft anlocken. Namentlich ist kein Grund dafür ersichtlich, dass durch den Internetauftritt der Klägerin auf den Betrieb aufmerksam gewordene potentielle Kunden mit der Klägerin nicht - wie von dieser erwünscht - für einen etwaigen Besuch des Etablissements einen Termin vereinbaren würden. Dass es in der Vergangenheit in größerem Umfang Laufkundschaft gegeben und diese zu Unruhe in dem Haus geführt hätte, hat der Beklagte nicht geltend gemacht und ist auch sonst nicht zu erkennen.
Wie oben bereits erwähnt sollen ausweislich des Betriebskonzeptes täglich nur bis zu 30 Kunden die Dienste des Betriebes der Klägerin in Anspruch nehmen. Insoweit gibt der Betrieb auch durch den von ihm generieren Kundenverkehr, der lediglich demjenigen einer im Mischgebiet zulässigen - und in dem Gebäude bereits ansässigen - Arztpraxis oder einer Rechtsanwaltskanzlei entspricht, dem Gebäude, in dem er sich befindet, nicht das Gepräge. Dies gilt umso mehr als das fragliche Gebäude nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Klägerin an einer innerstädtischen Straßenkreuzung mit nicht unerheblichem Verkehrsaufkommen liegt, so dass der durch den Betrieb allenfalls in geringem Umfang generierte zusätzliche Verkehr im allgemeinen Verkehrsaufkommen aufgeht. Davon, dass der Prostitutionsanteil in dem Gebäude die sonstige Nutzung überwöge, geht der Beklagte selbst nicht aus.
Darauf, dass das Vorderhaus nach den Erkenntnissen des Beklagten nicht rein gewerblich genutzt wird, sondern dort - wie er mitteilt - „auch gewohnt“ und im Hinterhaus, in das sich der Betrieb ausdehne, „sogar ganz überwiegend gewohnt“ werde, kommt es angesichts dessen nicht an. Entscheidend ist allein, dass der Betrieb der Klägerin dem Gebäude kein anderes Gepräge gibt, als eine größere studentische Wohngemeinschaft, eine Pension, eine Arztpraxis oder eine Rechtsanwaltskanzlei. Hinzu kommt, dass der Aufzug des Vorderhauses ausweislich des Betriebskonzeptes, an dem zu zweifeln kein Grund ersichtlich ist, unmittelbar vor der Eingangstür des klägerischen Betriebes hält und das Treppenhaus des Hinterhauses nach dem Vorbringen der Klägerin nur als Notausgang genutzt wird, so dass ständige Begegnungen zwischen Prostituierten, ihren Kunden und Hausbewohnern, die einem Wohngebäude ein nachteiliges Gepräge verleihen und den Wohnwert mindern können, für den Regelfall ausgeschlossen sind (vgl. zu diesem Gesichtspunkt: OVG Lüneburg, a.a.O., Rn. 26).
Erkenntnisse darüber, dass es über den bereits seit 1996 existierenden Betrieb der Klägerin irgendwelche Beschwerden bei der Polizei oder dem Ordnungsamt gegeben hätte, die eine andere Schlussfolgerung rechtfertigen könnten, liegen dem Senat nicht vor. Die hierauf bezogenen Ermittlungen des Beklagten sind ohne Erfolg geblieben. Das gilt auch für die vom Beklagten erwogenen Gefährdungen von Kindern und Jugendlichen, die die in der Nähe gelegenen Kindertagesstätten und Schulen besuchen. Vor diesem Hintergrund ist ein Anlass für weitere Ermittlungen seitens des Senats nicht zu erkennen.
β. Unerheblich ist der Hinweis des Beklagten auf die Größe der für den Betrieb insgesamt genutzten Räumlichkeiten. Hieraus ergibt sich insbesondere nicht, dass dieser Betrieb - wie der Beklagte meint - nicht der Wohnungsprostitution nahestehe und schon aus diesem Grunde dem Gebäude, in dem er sich befindet, das Gepräge gebe. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Revisionsentscheidung in dem hiesigem Verfahren auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Senats (Betriebsbeschreibung, Größe und Lage des Betriebs) entschieden, dass der Betrieb der Klägerin rechtlich der Wohnungsprostitution nahestehe (vgl. EA S. 10, Rn. 20: „... der Betrieb, der eine Nähe zur Wohnungsprostitution aufweist ...“). Schon aus diesem Grund verbietet es sich, diese Frage erneut aufzuwerfen. Neue Erkenntnisse, die die rechtliche Einschätzung des Bundesverwaltungsgerichts in Frage stellen würden, haben sich im weiteren Verfahren vor dem Senat nicht ergeben.
Im Übrigen ist von einer Nähe des Betriebes der Klägerin zur Wohnungsprostitution auch unabhängig von der Feststellung des Bundesverwaltungsgerichts auszugehen. Es handelt sich nämlich um ein prostitutive Zimmervermietung bzw. ein sog. „Wohnungsbordell“. Der Betrieb ist in mehreren (ehemaligen) Wohnungen in einem Haus eingerichtet, welches jedenfalls auch der Wohnnutzung dient. Allein die Größe der für Prostitutionszwecke genutzten Räumlichkeiten lässt die Nähe dieses Betriebes zur Wohnungsprostitution schon deshalb nicht entfallen, weil es der Lebenswirklichkeit entspricht, dass auch - ggf. durch Zusammenlegung mehrerer selbständiger Wohnungen gebildete - größere Wohneinheiten rein zu Wohnzwecken genutzt werden. Die Größe der Räumlichkeiten ist auch nicht deshalb ausschlaggebend, weil sich hieraus ohne weiteres ein hoher Kundenverkehr ergäbe. Großzügige Räumlichkeiten können vielmehr - wie im Fall der Klägerin - dazu genutzt werden, wenigen Kunden ein luxuriöseres Ambiente zu bieten.
µ. Soweit der Beklagte die im Betriebskonzept der Klägerin genannte Zahl der täglich erwarteten Kunden in Frage stellt, rechtfertigt dies keine andere Entscheidung.
Grundlage der konkreten Betrachtung ist das Vorhaben in seiner sich aus den Bauvorlagen, insbesondere der Betriebsbeschreibung ergebenden Form. Sämtliche relevanten Aspekte der vom Vorhaben ausgehenden Störungen für die Umgebung müssen sich hieraus abschließend ergeben (vgl. Martin M. Arnold in: Bönker/Bischopink, BauNVO, 2. Aufl. 2018, Rn. 64 zu § 5). Diese Betriebsbeschreibung bestimmt sodann den Inhalt der genehmigten Nutzung. Die Nutzung des Betriebes der Klägerin wird mit anderen Worten mit der Baugenehmigung nur in dem Umfang der Betriebsbeschreibung bauaufsichtlich genehmigt (vgl. Senatsbeschluss vom 12. September 2012 - OVG 2 S 25.12 - EA S. 6; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. März 1998 - 1 L 6781/96 - juris Rn. 43).
Vor diesem Hintergrund geht der Hinweis des Beklagten fehl, dass mit mehr Kunden als von der Klägerin angegeben zu rechnen sei und ein zukünftiger Betreiber auf „Masse statt Klasse“ setzen und dabei weitaus höhere Nutzerzahlen generieren könnte. Denn in diesem Fall läge eine von der Baugenehmigung nicht legalisierte Nutzung vor, gegen die der Beklagte im Wege der Bauaufsicht vorgehen könnte.
δ. Schließlich steht der Genehmigungserteilung nicht entgegen, dass der Betrieb der Klägerin auch „gebietsfremdes Publikum“ in das Mischgebiet locken könnte. Die Herkunft der Besucher des Betriebes ist für die Frage, ob es sich um einen „nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieb“ handelt, nicht von Bedeutung. Entscheidend ist allein, dass der Betrieb dem Haus, in dem er sich befindet, nicht das Gepräge gibt, weil er so gut wie keine Laufkundschaft generiert und insoweit keine größeren städtebaulichen Spannungen begründet als Arztpraxen und Rechtsanwaltskanzleien.
bb. Danach bleibt die Berufung auch im Hinblick auf das Anfechtungsbegehren der Klägerin ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Gebühr für das Widerspruchsverfahren in Bezug auf die Versagung der Baugenehmigung zu Recht aufgehoben. Der Gebührenbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Gebührenerhebung ist nicht durch § 16 Abs. 2 Satz 1 GebG Bln gerechtfertigt, weil die durch den Widerspruch angefochtene Entscheidung vom Beklagten nicht hätte aufrechterhalten bleiben dürfen. Insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.
b. Einer Entscheidung über den von der Klägerin gestellten Hilfsantrag bedarf es danach nicht, weil die innerprozessuale Bedingung hierfür nicht eingetreten ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.