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Entscheidung 21 Sa 1900/19


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 21. Kammer Entscheidungsdatum 05.09.2022
Aktenzeichen 21 Sa 1900/19 ECLI ECLI:DE:LAGBEBB:2022:0905.21SA1900.19.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 2 Nr 1 AEntG 2009, § 1 Abs 1 MiLoG, § 20 MiLoG, § 286 ZPO, § 287 ZPO

Leitsatz

Folgeentscheidung nach Zurückverweisung durch BAG 24.06.2021 - 5 AZR 505/20

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 22. August 2019 - 44 Ca 11017/18 - teilweise abgeändert und insgesamt - teilweise zur Klarstellung - wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 38.709,00 Euro (achtunddreißigtausendsiebenhundertneun) brutto abzüglich 6.680,00 Euro (sechstausendsechshundertachtzig) netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. November 2018 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten der I. Instanz haben die Klägerin zu 20,81 % und die Beklagte zu 79,19 % zu tragen. Die Kosten der Berufung und der Revision haben die Klägerin zu 10,92 % und die Beklagte zu 89,08 % zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch über Ansprüche auf Differenzvergütung nach dem Mindestlohngesetz für die Zeit vom 1. Mai bis zum 31. August 2015 und vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember 2015 mit Ausnahme des 20. und 30. Juli 2015 sowie des 2., 9., 24. und 31. August 2015.

Die 1951 geborene Klägerin ist bulgarische Staatsangehörige mit Wohnsitz in Bulgarien. Sie war ab dem 21. Juni 2013 zunächst bei der A - BG OOD, einem in Bulgarien ansässigen Unternehmen, als Sozialassistentin mit 40 Stunden pro Woche beschäftigt und wurde nach Deutschland entsandt. Dort war sie als Pflege- und Haushaltskraft in Privathaushalten zunächst in Koblenz und Bonn und ab dem 8. Januar 2014 bei Frau B, einer über 90-jährigen, zwischenzeitlich verstorbenen betreuungsbedürftigen Dame, in deren Wohnung in einer Seniorenwohnanlage in Berlin tätig. Die Klägerin erhielt dort auch Kost und Logis. Geschäftsführer der A - BG OOD war der jetzige Geschäftsführer der Beklagten, Herr C, zusammen mit einem Partner. Diese führten im Jahr 2013 auch das Bewerbungsgespräch mit der Klägerin.

Unter dem 8. April 2015 schloss die Klägerin mit der Beklagten, einem ebenfalls in Bulgarien ansässigen Unternehmen, einen in bulgarischer Sprache abgefassten Arbeitsvertrag als Sozialassistentin über 30 Stunden pro Woche mit Wirkung ab dem 15. April 2015 und betreute mit einer Unterbrechung vom 15. bis zum 30. April 2015 weiterhin Frau B in deren Wohnung in Berlin, wo sie auch weiterhin wohnte und ihre Mahlzeiten einnahm.

Der Arbeitsvertrag lautet in deutscher Übersetzung auszugsweise wie folgt:

„Ab 15.04.2015:

1. Das Unternehmen beauftragt den Arbeitnehmer mit der Aufgabe, in PCAS OOD, U, Wohnanlage D K, Block 48, Eingang A, Beschäftigungsort: U, Wohnanlage D K, Block 48, Eingang A, Dienstposten - Sozialassistent auszuführen, Code nach dem Nationalen Klassifikator der Dienstposten: 53221003, Arbeitskategorie - drei, mit Probezeit von 6 Monaten, Teilarbeitszeit - 6 Stunden, pro Woche - 30 Stunden bei den Bedingungen der summierten Abrechnung der Arbeitszeit.

Grundstundenbelohnung - 16.62 BGN für jede von dem Arbeitnehmer abgediente Stunde.
...

Die Vergütung wird jeden Monat mit einer Frist bis zum letzten Arbeitstag des Monats, der den Monat, für welche sie gezahlt wird, ausbezahlt.

Charakter der Arbeit - laut Dienstcharakteristik, die unzertrennlicher Teil des Arbeitsvertrages ist.

2. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, mit der Arbeit am 15.04.2015 zu beginnen.

3. Die Kündigungsfrist bei Beendigen des Arbeitsvertrages wird auf 30 Tage festgelegt und ist gleich für die beiden Vertragsseiten.

4. Höhe des bezahlten Jahresurlaub - 20 Arbeitstage

5. Sonstige Bedingungen des Arbeitsvertrages:

- Die Probezeit ist zu Gunsten des Arbeitgebers,

- Dem Arbeitnehmer wird für Teilzeitarbeit je 16,62 BGN pro Stunde bezahlt, wobei jeden Tag die Teilzeitbeschäftigung abgerechnet, auf Grundlage welcher die Monatsvergütung bestimmt wird.

6. Für die in diesem Vertrag unerledigten Fragen werden die Bestimmungen des Arbeitsgesetzbuches, der normativen Akten zu seiner Anwendung, der kollektiven Arbeitsvertrag, der Hausordnung des Unternehmens, der Dienstcharakteristik und der Firmenregel für die Arbeitsvergütung angewendet.“

Wegen des weiteren Inhalts des Arbeitsvertrages wird auf die deutsche Übersetzung (Blatt 5 ff. (fortfolgende) der Akten) verwiesen.

Unter dem 15. April 2015 unterschrieb die Klägerin eine „Erklärung“, wonach sie unter anderem zur Kenntnis genommen habe, dass ihre „Netto-Endvergütung“ für einen vollen Monat 950,00 Euro betrage. Wegen der Einzelheiten und des weiteren Inhalts der Erklärung wird auf deren deutsche Übersetzung (Blatt 8 f. (folgende) der Akten) verwiesen.

Weiter unterzeichnete die Klägerin am 15. April 2015 eine „Vereinbarung“, die in deutscher Übersetzung auszugsweise wie folgt lautet:

„VEREINBARUNG ZUSTIMMUNG

bezüglich der Entsendung von

...
1. In bin damit einverstanden, in der Republik Deutschland an einem 6-Stunden-Arbeitstag mit einer täglichen Ruhezeit von 60 Minuten und einer wöchentlichen Ruhezeit von 2 Arbeitstagen - Samstag und Sonntag - zu arbeiten.
...
4. Ich bin mit der Bedingung einverstanden, keine Überstunden/Arbeitsstunden zu machen.
...“

Wegen des weiteren Inhalts der Vereinbarung wird auf die deutsche Übersetzung (Blatt 236 der Akten) verwiesen.

Mit Frau B, vertreten durch deren Sohn J. B, schloss die Beklagte auf Vermittlung der Deutschen S, einer in Deutschland ansässigen Agentur, unter dem 16./29. April 2015 einen Dienstleistungsvertrag mit auszugsweise folgendem Inhalt:

§ 1 Allgemeine Bestimmungen

...
(2) Der Leistungsgeber sorgt dafür, dass seine entsendeten Arbeitnehmer pünktlich und gewissenhaft ihren Dienst versehen, sowie über die Anforderungen des Leistungsnehmers/Leistungsempfängers informiert sind.
...

(5) Der Leistungsnehmer versichert, keine Weisungen zur Art und Weise der zu erledigenden Aufgaben des entsandten Mitarbeiters auszuüben. Dieses darf nur der Leistungsgeber. Änderungen können nur nach Absprache mit dem Leistungsgeber erfolgen. Die Nichtbeachtung kann dazu führen, dass der Mitarbeiter als Arbeitnehmer/-in des Leistungsnehmers bzw. Leistungsempfängers angesehen wird.
...

§ 2 Leistungsbeschreibung

Der Leistungsgeber verpflichtet sich, durch seine Mitarbeiter für die oben bestimmte Zeit und nach der konkreten Bedarfserhebung (Grundlage ist der durch den Leistungsnehmer beim Vermittler „Deutsche S“ eingereichte Erhebungs-/Fragebogen, welcher von diesem an den Leistungsgeber weitergeleitet wurde) Dienstleistungen für den Leistungsnehmer im oben genannten Haushalt zu erbringen. Der Leistungsumfang bezieht sich auch auf folgende Tätigkeiten:

- Hilfe bei der Ausübung der alltäglichen Aktivitäten

- Haushaltstätigkeiten wie Aufräumen, Waschen, Nahrungszubereitung etc.

- mit der Betreuung und der Ernährung verbundene Einkäufe

- Terminvereinbarung mit Ärzten und Begleitung zu Arztterminen (falls die Sprachkenntnisse hierfür ausreichend sind)

- Hilfe beim Verlassen der Wohnräume (Spaziergänge, Termine etc.)

- soziale Aufgaben (Gesellschaft leisten, Ansprache, Kommunikation, gemeinsame Interessenverfolgung etc.)

- Grundversorgung (Hilfe bei der Hygiene, beim Ankleiden etc.) solange es sich hierbei nicht um den überwiegenden Teil der Leistungserbringung handelt.

- Sowie weitere Tätigkeiten, die nach der Anerkennung, Qualifikation und Erfahrung des Personals für die Sicherung der ordentlichen Betreuung des Auftraggebers notwendig sind.

Ausdrücklich ausgenommen von den Leistungen sind schwere Garten- und Feldarbeiten, medizinische Dienstleistungen und professionelle pflegerische Tätigkeiten der Behandlungspflege, die eine Fachausbildung erfordern, wie z.B. Injektionen oder Verbandswechsel.

§ 3 Unterbringung / Verpflegung / Zutrittsrecht / Freizeitregelung

(1) Der Leistungsnehmer stellt dem Mitarbeiter ein Zimmer zur alleinigen Nutzung zu Verfügung. ...

(2) Der Leistungsnehmer sorgt für angemessene Verpflegung in normal üblicher Qualität und ausreichender Quantität. Die Verpflegungs- und Unterkunftskosten werden nicht gesondert in Rechnung gestellt, sondern wurden bei Verhandlungen und Vereinbarung der Vergütung berücksichtigt und einkalkuliert.
...

(4) Die Freizeit-/Pausenregelung erfolgt nach gegenseitiger Absprache bzw. entsprechend den Vereinbarungen im Fragebogen sowie unter Berücksichtigung der Betreuungssituation vor Ort.
...
...

§ 7 Kosten/Zahlung/Minderung

(1) Das Entgelt für die zu erbringende Leistung beträgt 52.07 €/Tag brutto. Das Entgelt ist gültig für eine Arbeitsleistung von 30 Std./Wo. Sind Mehrstunden angeordnet, so werden diese mit 12.00 €/Std. berechnet. Tage der An-/Abreise werden mit 50 % des Tagessatzes berechnet. Im Preis ist der ab dem 01.01.2015 flächendeckende Mindestlohn einkalkuliert. Bereitschaftszeiten sind nicht vereinbart. Eine Rufbereitschaft der Betreuungskraft kann wahrgenommen werden. ...
...
...“

Wegen des weiteren Inhalts des Dienstleistungsvertrages wird auf dessen Ablichtung (Blatt 225 ff. der Akten) verwiesen.

In dem in § 2 des Dienstleistungsvertrages erwähnten Erhebungs-/Fragebogen ist auszugsweise Folgendes angegeben:

„...

Angedachter Einsatz:

- 24 Stunden Betreuung/Pflege
...

Folgende Tätigkeiten sind für die betreuungsbed./pflegebed. Person zu leisten:

- Körperpflege im Bett, Zubereitung von Frühstück, Mittagessen, Vesper, Abendessen
Hilfestellung beim Essen und Trinken
Windelkontrolle und Wechsel
Wäsche Waschen
Einkaufen

Andere Aufgabenbereiche:

- Einkaufen
- Kochen
- Putzen
- Waschen
- Bügeln

Weitere Angaben zur pflegebedürftigen Personen:

- leidet an Altersschwäche
- Pflegestufe: 2

Wie kann der Zustand der pflegebedürftigen Person beschrieben werden:

- geistig und körperlich krank
- Altersdemenz: Nein
- Nachtwachen notwendig: Ja
Umfang: Nach Bedarf
- Inkontinent: Nein
- Kommt ambulanter Pflegedienst: Ja
Aufgaben: med. Betreuung“

Wegen des weiteren Inhalts des Erhebungs-/Fragebogens wird auf dessen Ablichtung (Blatt 233 f. der Akten) verwiesen.

Die Deutsche S wirbt auf ihrer Website mit verschiedenen Modellen für eine „24-Stunden-Pflege zu Hause“, darunter dem sogenannten Entsendemodell, und bietet ihren Kund*innen Beratungs-, Vermittlungs-, und begleitende Koordinationsleistungen auf der Basis eines Koordinations-/Vermittlungsvertrages an. Bei dem Entsendemodell werde zwischen dem Privathaushalt und einem oder mehreren Entsendeunternehmen ein Dienstleistungsvertrag geschlossen. Die Unternehmen entsendeten dann ihre Arbeitnehmer*innen für die Erbringung der 24-Stunden-Pflege. Weiter heißt es auf der Website zu den Arbeitszeiten der Betreuungs-/Pflegekräfte unter „Fragen & Antworten zur häuslichen 24-Stunden-Betreuung“ wie folgt:

„Die Bezeichnung 24-Stunden-Pflege bedeutet nicht, dass die Betreuungs-/Pflegekräfte im wörtlichen Sinne 24 Stunden am Stück arbeiten, sondern es existieren für entsendete Arbeitnehmer Regelungen für die Arbeitszeiten (Arbeitszeitgesetz), die unbedingt einzuhalten sind. ... Die Begriffe 24-Stunden-Pflege und 24-Stunden-Betreuung sind reine Marketingbezeichnungen für die Suche und Auffindbarkeit unserer Dienstleistungen im Internet.

Bei angestelltem, entsendetem Personal ist grundsätzlich das Arbeitszeitgesetz des Staates in welchem die Tätigkeit ausgeführt wird anzuwenden (Deutschland). ...

Wir empfehlen grundsätzlich einen freien Tag pro Woche, der jedoch in Absprache mit der Betreuungskraft auch in zwei halbe Tage bzw. stundenweise aufgeteilt werden kann. Die freie Zeit dient der Erholung und ist wichtig, um Abstand zur Betreuungssituation gewinnen zu können, Kraft zu tanken und einfach mal loslassen zu dürfen.“

Wegen der Einzelheiten und weiterer Inhalte der Website der Deutschen S wird auf die von den Parteien eingereichten Ausdrucke vom 29. Dezember 2017 (Blatt 73 ff. der Akten) und vom 13. Januar 2020 (Blatt 222 ff. der Akten) verwiesen.

Vom 15. bis zum 30. April 2015 und vom 1. bis zum 30. September 2015 hielt sich die Klägerin in Absprache mit der Beklagten in Bulgarien auf und erhielt für diese Zeit weder Vergütung noch Urlaubsentgelt. Während ihrer Abwesenheit im September 2015 wurde sie von Frau E, einer bei der Beklagten mit 35 Stunden pro Woche beschäftigten und ebenfalls aus Bulgarien entsandten Arbeitnehmerin, vertreten. Für die in den Monaten Mai bis August 2015 und Oktober bis Dezember 2015 geleistete Arbeit erhielt die Klägerin eine Vergütung von 950,00 Euro netto monatlich sowie weitere 30,00 Euro netto für zwei Feiertage im Dezember 2015 und damit insgesamt 6.680,00 Euro netto.

Auf Nachfrage des Sohns von Frau B teilte die Beklagte diesem mit Schreiben vom 6. Juli 2016 sinngemäß mit, die Klägerin verfüge über einen freien Tag in der Woche, wobei der freie Tag ein ganzer Tag oder auch stundenweise über die ganze Woche verteilt sein könne, je nach Kundenbedarf und gegenseitiger Absprache. Weiter wies sie Herrn B auf die Freizeit- und Pausenregelung in § 3 Absatz 4 des Dienstleistungsvertrages hin und führte dazu aus, alle ihre Mitarbeiter würden vor ihrer Reise nach Deutschland mit dieser Klausel bekannt gemacht. Wegen der Einzelheiten und des weiteren Inhalts des Schreibens wird auf dessen Ablichtung (Blatt 83 der Akten) verwiesen.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete Ende September 2016. In einem der Klägerin unter dem 28. September 2016 von Frau B ausgestellten Zeugnis heißt es, dass zu den Tätigkeiten der Klägerin vor allem folgende Tätigkeiten gehört hätten:

„- Unterstützen bei der Körperpflege
- Tägliche Spaziergänge an der frischen Luft
- Besorgung von Lebensmitteln (Einkaufen)
- Zubereiten von Mahlzeiten (Kochen)
- Sauberhalten vom Haushalt (Reinigungstätigkeiten)
- Hilfe und Unterstützung im Haushalt und bei alltäglichen Tätigkeiten
- Sorge für gesundes Wohnklima
- Wäscheversorgung (Waschen, Bügeln)
- Beim nächtlichen Aufstehen je nach Zustand Hilfe leisten
- Begleitung bei verschiedenen Aktivitäten und Terminen“

Wegen des weiteren Inhalts des Zeugnisses wird auf dessen Ablichtung (Blatt 81 f. der Akten) verwiesen.

Mit Schreiben vom 13. Oktober 2016 machte die Klägerin mit gewerkschaftlicher Hilfe gegenüber der Beklagten, der Deutschen S und dem Sohn von Frau B erfolglos weitere Vergütung nach dem Mindestlohngesetz geltend. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ablichtungen der Schreiben vom 13. Oktober 2016 (Blatt 21, 84 und 85 der Akten) verwiesen. Mit Schreiben vom 31. Oktober 2016 teilte die Beklagte der Deutschen S auf deren Nachfrage unter anderem Folgendes mit:

„Durch Ihre Vermittlung als unser Partner in Deutschland haben wir am 03.03.2015 einen Dienstleistungsvertrag mit Frau B in H. 2, ... Berlin abgeschlossen. Laut diesem Vertrag soll die von uns geschickte Mitarbeiterin in der Wohnung von Frau B wohnen (einschließlich übernachten) und essen. Das ist auch der Fall von Frau F.“

Wegen der weiteren Inhalts des Schreibens der Beklagten wird auf dessen Ablichtung (Blatt 90 ff. der Akten) verwiesen.

Mit der beim Arbeitsgericht Berlin am 16. August 2018 eingegangenen, der Beklagten am 20. November 2018 zugestellten Klage hat die Klägerin von der Beklagten Urlaubsentgelt für die Zeit vom 15. April bis zum 30. April 2015 sowie weitere Vergütung für geleistete Arbeit für die Zeit vom 1. Mai bis zum 31. August 2015 und vom 1. Oktober 2015 bis zum 31. Dezember 2015 auf der Basis des gesetzlichen Mindestlohns von seinerzeit 8,50 Euro brutto pro Stunde verlangt.

Die Klägerin hat vorgetragen, nicht nur 30 Wochenstunden, sondern rund um die Uhr gearbeitet zu haben oder in Bereitschaft gewesen zu sein. Frau B sei aufgrund ihres Lebensalters und ihrer schwachen körperlichen Konstitution sowohl tagsüber als auch nachts auf Betreuung angewiesen gewesen. Deshalb hätten ihre Kinder für sie eine 24-Stunden-Betreuung gesucht, die mit ihr in einem Haushalt lebt. Sie, die Klägerin, habe Frau B an sieben Tagen pro Woche gegen 6.30 Uhr geweckt und sei dann bis zum Zubettgehen zwischen 22.00 und 23.00 Uhr für sie tätig gewesen. So habe sie Frau B beim Anziehen sowie der Morgen- und Abendpflege geholfen, die Mahlzeiten zubereitet, Einkäufe erledigt und den Haushalt versorgt. Weiter habe sie Frau B beim Spazierengehen begleitet und ihr auch sonst Gesellschaft geleistet. Nachts habe die Tür ihres Zimmers offen bleiben müssen, damit sie Frau B auf Zuruf habe unterstützen können. Beispielweise habe sie ihr nachts beim Aufstehen geholfen, um zur Toilette zu gehen oder wenn sie sich unwohl gefühlt habe. Auch wenn Frau B von ihren Kindern Besuch gehabt habe, habe sie, die Klägerin, nicht frei gehabt. Die Besuche hätten nie länger als ein bis zwei Stunden gedauert und seien sehr unregelmäßig gewesen.

Herr C habe ihr bereits bei ihrer Bewerbung im Jahr 2013 mitgeteilt, dass sie bei der zu betreuenden Person an sieben Tagen pro Woche 24 Stunden vor Ort sein müsse, dort essen, schlafen und wohnen und ein eigenes Zimmer haben werde. Sie habe bei dem Sohn von Frau B mehrfach wegen Freizeit nachgefragt, aber immer die Antwort erhalten, das ginge nicht, weil seine Mutter dann keine Betreuung hätte und alleine wäre. Nachdem sie schließlich im Juni 2016 einen freien Tag und Urlaub massiv eingefordert habe und damit gedroht habe, sich rechtlichen Beistand zu suchen, habe sich Herr B offensichtlich an die Beklagte gewandt und als Antwort das Schreiben vom 6. Juli 2016 erhalten. Danach habe sie dann in unregelmäßigen Abständen einen freien Tag erhalten.

Die Klägerin hat gemeint, abzüglich der im Streitzeitraum erhaltenen 6.680,00 Euro netto stehe ihr der gesetzliche Mindestlohn für 24 Stunden pro Tag für - unter Einschluss ihres Erholungsurlaub vom 15. bis zum 30. April 2015 - insgesamt 231 Kalendertage zu.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 47.124,00 Euro brutto abzüglich 6.680,00 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat gemeint, sie schulde den gesetzlichen Mindestlohn nur für die arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitszeit von 30 Wochenstunden. In dieser Zeit hätten die der Klägerin obliegenden Aufgaben ohne Weiteres erledigt werden können. Bereitschaftsdienst sei nicht vereinbart gewesen. Sollte die Klägerin tatsächlich mehr gearbeitet haben, sei dies nicht auf ihre, der Beklagten, Veranlassung erfolgt. Die Klägerin habe sie auch nicht davon unterrichtet, dass sie entgegen der arbeitsvertraglichen Vereinbarung mehr als 30 Wochenstunden arbeite. Frau B sei mental und physisch in guter Verfassung sowie mobil gewesen und habe sich im Großen und Ganzen selbst bedienen können. Eine 24-Stunden-Betreuung sei nicht notwendig gewesen. Nach Absprache mit Frau B habe die Klägerin das Haus verlassen und ihre Freizeit beliebig gestalten können. Zudem sei Frau B an zahlreichen Tagen, insbesondere an den Wochenenden und Feiertagen von ihrer Familie, meistens von ihrem Sohn, Herrn B, besucht worden. Während der Besuche, die oft mehrere Stunden gedauert hätten, habe die Klägerin frei gehabt.

Mit Urteil vom 22. August 2019 hat das Arbeitsgericht die Klage auf Urlaubsentgelt für April 2015 abgewiesen und der Klägerin für geleistete Arbeit in den Monaten Mai bis August 2015 und Oktober bis Dezember 2015 ausgehend von einer Arbeitszeit von 24 Stunden arbeitstäglich und 209 Arbeitstagen insgesamt 42.636,00 Euro brutto abzüglich erhaltener 6.680,00 Euro netto nebst Prozesszinsen zugesprochen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils (Blatt 111 - 114 der Akten) verwiesen.

Gegen dieses der Beklagten am 14. Oktober 2019 zugestellte Urteil richtet sich die am 4. November 2019 beim Landesarbeitsgericht eingegangene Berufung der Beklagten, welche sie nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 14. Januar 2020 mit an diesem Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet hat.

Die Beklagte hat sich - unter teilweiser Wiederholung und teilweiser Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens - mit dem angefochtenen Urteil auseinandergesetzt. Eine 24-stündige Betreuung sei weder mit der Klägerin noch mit Frau B vereinbart gewesen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem ausgefüllten Fragebogen der Deutschen S. Ein „angedachter“ Einsatz sei nicht mit einem tatsächlich vereinbarten Einsatz gleichzusetzen. Außerdem enthalte der Fragebogen nicht nur die täglich anfallenden Tätigkeiten, sondern auch denkbare zukünftig anfallende temporäre Zusatzaufgaben, für die gegebenenfalls eine Zusatzvereinbarung erforderlich gewesen wäre. Dass sich Frau B im Dienstleistungsvertrag verpflichtet habe, der Klägerin ohne zusätzliche Kosten ein Zimmer zur alleinigen Nutzung sowie eine angemessene Verpflegung zur Verfügung zu stellen, bedeute nicht, dass die Klägerin gezwungen gewesen sei, davon Gebrauch zu machen. Überstunden seien von ihr, der Beklagten, weder angeordnet noch gebilligt worden. Sie seien auch nicht erforderlich gewesen. Bei der im Arbeitsvertrag festgelegten Arbeitszeit habe es sich um eine Vertrauensarbeitszeit gehandelt, innerhalb derer die Klägerin ihre Aufgaben nach eigener Koordination in bestimmten Arbeitszeitkorridoren habe selbständig erledigen sollen. Ein nächtliches Aufstehen sei nicht notwendig gewesen. Außerdem habe die Klägerin schriftlich zugestimmt, keine Arbeitsleistungen über die vereinbarten 30 Wochenstunden hinaus zu erbringen. Soweit Frau B eine Erwartungshaltung gehabt habe, die nicht mit der vereinbarten Dienstleistung von 30 Stunden pro Woche übereingestimmt habe, sei es Aufgabe der Klägerin gewesen, Grenzen zu setzen. Wenn sie dies nicht getan habe, könne dies nicht ihr, der Beklagten, als vergütungspflichtige Arbeitszeit zugerechnet werden.

Die Beklagte hat beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 22. August 2019 - 44 Ca 11017/18 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin hat das angefochtene Urteil - unter teilweiser Wiederholung und teilweiser Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens - verteidigt und sich die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts zu eigen gemacht. Ergänzend hat sie vorgetragen, Frau B habe Hilfe beim Aufstehen und Hinsetzen auf einen Stuhl oder das Sofa sowie beim Toilettengang und dem Anlegen der Windeln benötigt. Nachts habe sie, die Klägerin, Frau B nicht nur zur Toilette begleiten, sondern sie darüber hinaus bei Unwohlsein und Schmerzen beruhigen oder ihr etwas zu trinken bringen müssen. Frau B habe auch erwartet, dass sie, die Klägerin, ihren Erzählungen aus dem Leben zuhöre, mit ihr Karten spiele und ganz allgemein die Rolle einer Gesellschafterin wahrnehme.

Mit Urteil vom 17. August 2020, auf dessen Tatbestand wegen des weiteren erst- und zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien verwiesen wird, hat das Landesarbeitsgericht unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert, der Klägerin 38.377,50 Euro brutto abzüglich 6.680,00 Euro netto nebst Prozesszinsen zugesprochen und die Revision zugelassen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte müsse sich so behandeln lassen, als habe sie der Klägerin 21 Stunden pro Kalendertag als Arbeit zumindest in Form von Bereitschaftszeit zugewiesen. Denn, indem sie mit Frau B ein umfassendes Leistungsspektrum einschließlich Nachtwachen nach Bedarf im Rahmen einer 24-Stunden-Betreuung vereinbart habe und die Betreuung von Frau B den Freizeit- und Pausenwünschen der Klägerin vorgegangen sei, habe sie bei Frau B die Erwartung einer Rund- um die Uhr-Betreuung geweckt. Sie habe die Klägerin damit einer Situation ausgesetzt, in der sie sich ständig habe zur Verfügung halten müssen. Die Beklagte müsse sich deshalb die aus der Arbeitssituation folgende ständige Bereitschaftszeit zurechnen lassen bis auf geschätzte drei Stunden pro Kalendertag, in denen es der Klägerin zumutbar gewesen sei, sich diesen Vorgaben zu entziehen. Auf davon abweichende vertragliche Vereinbarungen mit der Klägerin könne sich die Beklagte nach dem aus den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) folgenden Verbot widersprüchlichen Verhaltens nicht berufen. Denn sie habe keine Vorkehrungen getroffen oder organisatorische Maßnahmen ergriffen, die Arbeitszeit der Klägerin tatsächlich zu begrenzen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Landesarbeitsgerichts (Blatt 337 - 353 der Akten) verwiesen.

Auf die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision der Klägerin hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 24. Juni 2021 - 5 AZR 505/20 - das zweitinstanzliche Urteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Das Landesarbeitsgericht habe den Vortrag der Beklagten zum Umfang der von der Klägerin geschuldeten und geleisteten Arbeit nicht ausreichend gewürdigt und zu Unrecht angenommen, die Beklagte könne sich nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht auf die im Arbeitsvertrag vereinbarte zeitliche Begrenzung der Arbeitszeit berufen. Außerdem „hinge“ die vorgenommene Schätzung der abgezogenen Stunden völlig „in der Luft“. Im erneuten Berufungsverfahren werde sich das Landesarbeitsgericht - gegebenenfalls nach weiterem Vortrag der Beklagten und zu erhebender Beweise - unter umfassender Würdigung des beiderseitigen Tatsachenvortrags im Rahmen des § 286 Absatz 1 ZPO (Zivilprozessordnung) die Überzeugung bilden müssen, in welchem Umfang die Klägerin Vollarbeit oder Bereitschaftsdienst auf Veranlassung der Beklagten geleistet habe. Dabei sei die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin habe mehr als die im Arbeitsvertrag angegebenen 30 Wochenstunden arbeiten müssen, nach Aktenlage nicht fernliegend. Bisher habe die Beklagte nicht substantiiert dargelegt, dass und in welcher Weise es angesichts der mit der zu betreuenden Person vereinbarten Leistungen der Klägerin möglich gewesen wäre, die ihr zugewiesenen Aufgaben innerhalb einer Arbeitszeit von 30 Wochenstunden zu erledigen und es ihr gestattet gewesen sei, nach sechs Arbeitsstunden, zur Nachtzeit und an den Wochenenden die zu betreuende Person sich selbst zu überlassen. Es spreche deshalb einiges dafür, dass die vertraglichen Vereinbarungen zur Arbeitszeit lediglich der kostengünstigen Gestaltung des von der Deutschen S so genannten „Entsendemodells“ geschuldet gewesen seien. Ebenso wenig habe die Beklagte bisher vorgetragen, an welchen Tagen die Klägerin von wann bis wann zur Arbeit habe zur Verfügung stehen müssen und von wann bis wann sie sich habe zurückziehen und frei über die Nutzung ihrer Zeit habe bestimmen dürfen, ohne auf mögliche Bedürfnisse der zu betreuenden Person Rücksicht nehmen zu müssen. Angesichts des Betreuungsumfangs und des Umstands, dass die Klägerin als „Sozialassistentin“ bei der zu betreuenden Person habe wohnen müssen, könne auch Einiges dafür sprechen, dass die Beklagte „Mehrarbeit“ der Klägerin in Form von Vollarbeit oder der konkludenten Anordnung von Bereitschaftsdienst veranlasst habe. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Bundesarbeitsgerichts (Blatt 373 - 331 der Akten) verwiesen.

Die Beklagte hält an ihrem in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 16. Juli 2020 gestellten Antrag fest, trägt ergänzend unter anderem zum zeitlichen Umfang der erforderlichen Betreuungsleistungen vor und setzt sich mit der am 25. April 2022 durchgeführten Beweisaufnahme auseinander.

Da die Klägerin den Tagesablauf von Frau B bereits gekannt habe, sei es ausreichend gewesen, den Umfang der Arbeitsstunden sowie Zeitfenster zu vereinbaren, innerhalb derer sie habe arbeiten sollen. Aufgrund des Gesundheitszustandes von Frau B sei man beim Abschluss des Dienstleistungsvertrages davon ausgegangen, dass 30 Wochenarbeitsstunden ausreichend seien und innerhalb der 30 Stunden noch ein Restbudget für weitere Tätigkeiten wie das Begleiten ins Kaffeehaus verbleibe. Außerhalb der für die morgendliche Hilfe, die einzelnen Mahlzeiten und die Hilfe beim Zubettgehen vorgesehenen Zeitkorridore, habe sich die Klägerin jederzeit in ihr Zimmer zurückziehen können. Gleiches habe bei Besuchen der Familie gegolten. Soweit sie von Kaffeebesuchen nicht ausgeschlossen worden sei, habe es sich um eine Höflichkeitsgeste gehandelt. Die Klägerin habe auch nicht ständig in der Wohnung anwesend sein müssen, sondern habe die Wohnung für mehrere Stunden am Stück - auch abends - verlassen können. Sie sei meist nachmittags für mehrere Stunden unterwegs gewesen, habe private Erledigungen gemacht oder Bekannte besucht. Sie hätte sich auch eine Unterkunft außerhalb der Wohnung von Frau B suchen können, hiervon aber wohl aus Kostengründen keinen Gebrauch gemacht. Eine 24-stündige Betreuung mit einer ständig bereiten Betreuungsperson sei nicht gewollt gewesen. Nachtwachen seien 2015 nicht erforderlich gewesen. Dies habe sich erst geändert, nachdem Frau B im Laufe des Jahres 2016 eine Altersdemenz entwickelt habe. Die im Zeugnis aufgeführten Tätigkeiten hätten sich nicht alle auf das Jahr 2015 bezogen und seien auch nicht täglich angefallen. Zwei weitere für Frau B nach dem Ausscheiden der Klägerin tätige Betreuungskräfte seien mit dem Stundenvolumen von 30 Wochenarbeitsstunden zurechtgekommen. Soweit tatsächlich Mehrarbeit angefallen sei, bestehe kein Anspruch auf Mehrvergütung, weil die Klägerin sie, die Beklagte, hierüber nicht informiert und damit gegen ihre arbeitsvertraglichen Nebenpflichten verstoßen habe.

Weiter meint die Beklagte, die Beweisaufnahme habe nicht ergeben, dass sie eine ununterbrochene Arbeitsleistung der Klägerin angeordnet habe oder eine durchgehende Bereitschaft erforderlich gewesen sei. Die gegenteiligen auf das Jahr 2013 bezogenen Bekundungen der Klägerin stünden in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Tätigkeit der Klägerin bei ihr, der Beklagten. Hinsichtlich des allgemeinen Zustandes von Frau B seien die Aussagen der Klägerin nicht aussagekräftig, weil sie nicht zwischen den einzeln Jahren unterschieden habe. Nach den Aussagen der Kinder von Frau B sei es 2015 nicht erforderlich gewesen, stets kurzfristig auf die Wünsche von Frau B einzugehen und ständig in der Wohnung anwesend zu sein. Abgesehen davon sei die Klägerin aber auch während ihrer Anwesenheit in der Wohnung nicht daran gehindert gewesen, sich in ihr Zimmer zu begeben und ihre Freizeit zu gestalten. Ferner hat die Beklagte gemeint, unter dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit und des fairen Verfahrens sei auch ihr Geschäftsführer als Partei zu vernehmen. Darüber hinaus hat sie sich noch auf eine weitere Zeugin Frau G berufen, die vom 16. März bis zum 16. April 2015 über die Firma A bei Frau B eingesetzt gewesen sei.

Die Klägerin beantragt weiterhin die Zurückweisung der Berufung. Sie meint, die Beklagte habe ein falsches Verständnis von Arbeitszeit. Zudem seien die von der Beklagten in Ansatz gebrachten Zeiten für Vollarbeit überwiegend zu kurz bemessen. Eine dauerhafte Inanspruchnahme jedenfalls in Form von Bereitschaftszeit sei beabsichtigt und eingeplant gewesen. Zumindest aber habe der Beklagten klar sein müssen, dass es zu einer dauerhaften Inanspruchnahme kommen werde. Sie habe keine freien Tage gehabt und habe Frau B auch nicht längere Zeit allein lassen können. Wenn sie einkaufen gegangen sei, habe sie Frau B vorher ins Bett gebracht. Auch die Beweisaufnahme habe bestätigt, dass die vereinbarten 30 Stunden unter keinem Gesichtspunkt ausgereicht hätten, den vertraglichen Zweck zu erreichen. Für die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage, dass sie keinen freien Tag gehabt habe, spreche auch das Schreiben vom 6. Juli 2016, indem es um die erstmalige Einrichtung eines Ruhetages gegangen sei.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien nach Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 19. November 2021 (Blatt 419 - 442 der Akten), 15. März 2022 (Blatt 499 der Akten), 8. Juni 2022 (Blatt 534 - 536 der Akten) und 20. Juni 2022 (Blatt 546 - 554 der Akten), die Schriftsätze der Klägerin vom 12. Januar 2022 (Blatt 445 - 453 der Akten) und 23. Mai 2022 (Blatt 527 und Blatt 529 - 533 der Akten) sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen am 25. April 2022 (Blatt 503 - 518 der Akten) und 5. September 2022 (Blatt 563 f. der Akten) verwiesen.

Die Kammer hat die Klägerin und den Geschäftsführer der Beklagten zu den näheren Umständen der Begründung des Arbeitsverhältnisses und des Abschlusses des Arbeitsvertrages vom 15. April 2015 im Termin am 25. April 2022 persönlich angehört. Ferner hat sie über die Behauptung der Klägerin, sie habe Frau B im streitgegenständlichen Zeitraum 24 Stunden pro Tag an sieben Tagen in der Woche zur Verfügung stehen müssen, Beweis erhoben durch Vernehmung der Klägerin als Partei sowie von zwei von der Beklagten und teilweise auch von der Klägerin als Zeug*innen benannte Kinder von Frau B, Herrn J. B und Frau H.-A. K.. Wegen des Ergebnisses der Beweisausnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 25. April 2022 (Blatt 503 - 518 der Akten) verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung hat überwiegend keinen Erfolg.

I. Die zulässige Berufung ist nur zum Teil begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet. Soweit das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben hat, geschah dies im Wesentlichen zu Recht.

1. Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen keine Bedenken. Insbesondere ist das erkennende Gericht international zuständig (BAG (Bundesarbeitsgericht) 24. Juni 2021 - 5 AZR 505/20 - Rn. (Randnummer) 18 ff.).

2. Die Klage ist weitgehend auch begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns für 4.612,5 Stunden und damit auf insgesamt 39.206,25 Euro brutto abzüglich der bereits gezahlten 6.680,00 Euro netto sowie auf Prozesszinsen auf den Differenzbetrag.

a) Der gesetzliche Mindestlohn ist nach dem insoweit maßgeblichen deutschen Recht (dazu BAG 24. Juni 2021 - 5 AZR 505/20 - Rn. 32 ff.) für im Rahmen der vereinbarten Arbeitszeit („Normalarbeitszeit“) geleisteste Arbeitsstunden sowie für Mehr- bzw. (beziehungsweise) Überstunden zu zahlen, die von dem oder der Arbeitgeber*in angeordnet oder ihm oder ihr zumindest zuzurechnen sind (vergleiche BAG 10. April 2013 - 5 AZR 122/12 - Rn. 13 f.). Zuzurechnen sind Arbeitszeiten, die der oder die Arbeitgeber*in gebilligt oder geduldet hat oder die jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig waren und damit konkludent angeordnet worden sind (vergleiche BAG 10. April 2013 - 5 AZR 122/12 - Rn. 14 und 17). Eine konkludente Anordnung ist gegeben, wenn der oder die Arbeitnehmer*in die angewiesene Arbeit in der Normalarbeitszeit unter Ausschöpfung seiner oder ihrer persönlichen Leistungsfähigkeit nicht oder nicht innerhalb des vorgegebenen Zeitrahmens leisten konnte (vergleiche BAG 10. April 2013 - 5 AZR 122/12 - Rn. 17). Dabei sind Arbeitszeit in diesem Sinne nicht nur Zeiten, in denen der oder die Arbeitnehmer*in Vollarbeit leistet, sondern auch Bereitschaftsdienst. Das sind Zeiten, in denen sich der oder die Arbeitnehmer*in an einem von dem oder der Arbeitgeber*in bestimmten Ort aufhalten muss, um im Bedarfsfalle die Arbeit von sich aus oder auf Aufforderung aufzunehmen (vergleiche BAG 24. Juni 2021 - 5 AZR 505/20 - Rn. 35). Die Darlegungs- und Beweislast für die konkludente Anordnung von Arbeitszeit liegt bei dem oder der Arbeitnehmer*in (vergleiche BAG 10. April 2013 - 5 AZR 122/12 - Rn.15).

b) Nach dem gesamten Inhalt der mündlichen Verhandlungen und dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Klägerin im Zeitraum von Mai bis August und von Oktober bis Dezember 2015 über die im Arbeitsvertrag der Parteien vom 8. April 2015 ausgewiesenen 30 Arbeitsstunden wöchentlich hinaus zahlreiche weitere Arbeitsstunden zumindest in Form von Bereitschaftsdienst erbringen musste und auch erbracht hat. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob dies auf einem gemeinsamen Willen der Parteien hinsichtlich der von der Klägerin regelmäßig zu erbringenden Arbeitszeit beruht oder ob es um konkludent angeordnete Mehrarbeit bzw. Überstunden geht. Denn jedenfalls handelt es sich um der Beklagten zurechenbare und damit mit dem gesetzlichen Mindestlohn zu vergütende Arbeitszeit.

aa) Dafür sprechen schon die äußeren Umstände der Tätigkeit der Klägerin.

(1) Im Arbeitsvertrag der Parteien ist die Tätigkeit der Klägerin allgemein als „Sozialassistent“ angegeben. Diese Bezeichnung deutet - der Praxis der Beklagten entsprechend - auf die Unterstützung von betreuungsbedürftigen Personen hin und bedarf hinsichtlich der zu betreuenden Person und deren Betreuungsbedürfnisse der weiteren Konkretisierung. Dazu hat sich die Beklagte der Vermittlung der Deutschen S bedient und nach Ermittlung des Betreuungsbedarfs mittels eines Fragebogens einen Dienstleistungsvertrag mit Frau B abgeschlossen. Damit erfolgte auch eine nähere Bestimmung der Arbeitsaufgaben der Klägerin.

In dem auf Vermittlung der Deutschen S mit Frau B geschlossenen Dienstleistungsvertrag hat sich die Beklagte zu umfangreichen Haushalts- und Betreuungsleistungen verpflichtet. Zu diesen gehören - bei der laut dem Fragebogen „angedachten 24 Stunden Betreuung/Pflege“ - auch umfangreiche soziale Aufgaben (wie Gesellschaft leisten, Ansprache und gemeinsame Interessenverfolgung) sowie Nachtwachen nach Bedarf, die von der Beklagten durch ihre Mitarbeiter*innen im Haushalt von Frau B zu erbringen waren. Zu diesem Zweck hat die Beklagte die Klägerin nach Berlin entsandt und in der Wohnung von Frau B ein Zimmer beziehen lassen. Bei der gebotenen lebenspraktischen Betrachtungsweise spricht angesichts des Alters von Frau B von über 90 Jahren und des mit ihr vereinbarten Leistungsumfangs damit alles dafür, dass eine Arbeitszeit von 30 Wochenstunden für die der Klägerin obliegenden Arbeiten objektiv nicht ausreichend war. Am 8. März 2015 war Frau B nach den Angaben ihrer Tochter 94 Jahre alt geworden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die in der Leistungsbeschreibung aufgeführten Aufgaben auf eine vollumfängliche Unterstützung von Frau B hinauslaufen, die grundsätzlich rund um die Uhr anfallen können. Durch die in der Aufstellung als letzten Punkt enthaltene Generalklausel, wonach auch noch weitere Tätigkeiten erbracht werden sollen, die für die „Sicherung der ordentlichen Betreuung des Auftraggebers notwendig sind“, wird dies noch weiter verstärkt.

(2) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen der Beklagten im Schriftsatz vom 19. November 2021 zu den an den Tagesablauf von Frau B angepassten Zeitfenstern, innerhalb derer die Klägerin Frau B unmittelbar unterstützen sollte. Zum einen beziehen sich die in den einzelnen Zeitfenstern zu erbringenden Tätigkeiten nur auf die grundlegendsten Bedürfnisse wie Köperpflege, Aufstehen und zu Bett bringen sowie die Nahrungsaufnahme und berücksichtigten nicht die vielfältigen weiteren, insbesondere sozialen Aufgaben der Klägerin. Selbst nach dem Vorbringen der Beklagten fielen außerhalb der Zeitfenster auch noch weitere Arbeiten wie Wäschewaschen, Einkaufen, Putzen und Bügeln an. Zum anderen summieren sich die Zeitfenster bezogen auf die gesamte Woche schon für sich gesehen auf mehr als 30 Stunden, nämlich auf 38,5 Stunden pro Woche. Auffällig ist in diesem Zusammenhang auch, dass mit dem Wechsel der Klägerin zu der Beklagten nach der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns für die Betreuung von Frau B nur noch 30 Stunden wöchentlich erforderlich gewesen sein sollen, während die Klägerin zuvor im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses mit der A - BG OOD Frau B auf der Basis eines 40-Stunden-Arbeitsvertrages betreut hat, also zehn Stunden mehr pro Woche vorgesehen waren.

(3) Auch die Regelung in § 7 Absatz 1 des Dienstleistungsvertrages steht nicht entgegen, wonach das vereinbarte Entgelt für die zu erbringende Leitung 52,07 Euro pro Tag beträgt, das vereinbarte Entgelt für eine Arbeitsleitung von 30 Stunden pro Woche gilt und darüber hinausgehende Stunden mit 12,00 Euro pro Stunde berechnet werden. Zwar ist die Regelung ein Indiz dafür, dass nach den Vorstellungen der Vertragsparteien Vergütung grundsätzlich nur für 30 Stunden pro Woche anfallen sollte. Jedoch steht die Regelung - ebenso wie die mit der Klägerin vereinbarte Arbeitszeit von 30 Stunden pro Woche sowie die Zusatzvereinbarung bezüglich des Einverständnisses der Klägerin, keine Überstunden zu machen - im Widerspruch zu dem mit Frau B vereinbarten Leistungsspektrum.

(4) Weiter wird durch das der Klägerin unter dem 28. September 2016 ausgestellte Zeugnis deutlich, dass die Beklagte die in der Leistungsbeschreibung enthaltenen umfangsreichen Betreuungsleistungen durch den Einsatz der Klägerin auch erbracht hat. In dem Zeugnis wird der Klägerin bescheinigt, dass zu ihren Tätigkeiten neben der Grundversorgung und der Besorgung des Haushalts auch „tägliche Spaziergänge an der frischen Luft“, „Hilfe und Unterstützung ... bei alltäglichen Tätigkeiten“, „beim nächtlichen Aufstehen je nach dem Zustand Hilfe leisten“ und „Begleitung bei verschiedenen Aktivitäten und Terminen“ gehörten. Dabei unterscheidet das Zeugnis nicht nach Zeiträumen. Soweit die Beklagte einwendet, die im Zeugnis aufgeführten Tätigkeiten hätten sich nicht alle auf das Jahr 2015 bezogen und seien nicht täglich angefallen, bleibt sie einen substantiierten Vortrag schuldig, welche der aufgeführten Tätigkeiten im Jahr 2015 nicht angefallen sein sollen und für welche sich die Klägerin auch nicht im Bedarfsfall bereithalten musste.

(5) Eine eindeutige zeitliche Beschränkung der der Klägerin obliegenden Aufgaben enthalten die Vereinbarungen nicht. In der Zusatzvereinbarung vom 15. April 2015 ist zwar bestimmt, dass die Klägerin in Deutschland an einem 6-Stunden-Arbeitstag mit einer täglichen Ruhezeit von 60 Minuten und einer wöchentlichen Ruhezeit von zwei Arbeitstagen - Sonnabend und Sonntag - zu arbeiten hatte. Jedoch erschließt sich nicht und hat die Beklagte auch nicht näher erläutert, welche Bedeutung einer täglichen Ruhezeit von 60 Minuten bei einem 6-Stunden-Arbeitstag zukommen soll. Außerdem steht das Antwortschreiben der Beklagten vom 6. Juli 2016 auf die Nachfrage des Sohns von Frau B, wonach der Klägerin nur ein freier Tag pro Woche zustehe, der auch stundenweise gewährt werden könne, im Widerspruch zu der Vereinbarung, dass sowohl der Samstag als auch der Sonntag arbeitsfrei sein sollten. Dass die Klägerin im Jahr 2015 an den Wochenenden (Samstag und Sonntag) oder sonst auch nur einen vollständigen Tag pro Woche arbeitsfrei hatte, hat selbst die Beklagte nicht behauptet und ist auch sonst nicht ersichtlich.

Soweit die Beklagte vorgetragen hat, die Klägerin habe die Wohnung von Frau B für mehrere Stunden am Stück - auch abends - verlassen können und sei meist nachmittags für mehrere Stunden unterwegs gewesen, um private Erledigungen zu machen oder Bekannte zu besuchen, lassen sich weder dem Vorbringen noch den Vereinbarungen zwischen den Parteien und der Beklagten mit Frau B klare zeitlichen Vorgaben entnehmen, wann die Klägerin Frau B im Bedarfsfall zur Verfügung stehen musste und wann sie sie unabhängig von deren Bedürfnissen sich selbst überlassen durfte. Soweit die Klägerin jedoch darauf zu achten hatte, ob ein Bedarf von Frau B bestand, lag zumindest Bereitschaftsdienst vor.

bb) Der Einwand der Beklagten einer vereinbarten Vertrauensarbeitszeit greift ebenfalls nicht durch. Abgesehen davon, dass unklar ist, wann und wie die Beklagte mit der Klägerin eine derartige Vereinbarung getroffen haben will, setzt Vertrauensarbeitszeit voraus, dass der Zeitrahmen, in dem eine bestimmte Arbeitsleistung zu erbringen ist, erheblich größer ist als die für die Erbringung der Arbeitsleistung benötigte Zeit und dass der oder die Arbeitnehmer*in innerhalb dieses Zeitrahmens den Beginn und das Ende der täglichen Arbeitszeit ohne Kontrolle grundsätzlich selbst bestimmen kann (vergleiche BAG 26. Juni 2019 - 5 AZR 452/18 - Rn. 30 mwN (mit weiteren Nachweisen)). An beiden Voraussetzungen fehlt es vorliegend.

Angesichts der angedachten 24-Stunden-Betreuung und des mit Frau B vereinbarten umfassenden Leistungsspektrums einschließlich Nachtwachen nach Bedarf sowie der Unterbringung der Klägerin in der Wohnung von Frau B ist nicht ersichtlich, welcher zeitliche Spielraum der Klägerin tatsächlich blieb, um sich ihre Arbeitszeit einschließlich Bereitschaftszeit selbst einteilen zu können. Dies hat die Beklagte auch nicht substantiiert vorgetragen. Es sind auch keine Anhaltspunkte gegeben, dass die Angaben der Beklagten im Schreiben an die Deutsche S vom 31. Oktober 2016 zur Verpflichtung der Klägerin, in der Wohnung von Frau B zu wohnen, dort auch zu übernachten und zu essen, lediglich mangelnden Sprachkenntnissen des Geschäftsführers der Beklagten geschuldet waren; die Klägerin sich also tatsächlich eine Unterkunft außerhalb der Wohnung von Frau B hätte suchen können und hiervon nur aus Kostengründen Abstand genommen hat. Vielmehr ergibt sich aus § 3 Absatz 1 und 2 Satz 2 des Dienstleistungsvertrages, dass die Übernachtungsmöglichkeit auf jeden Fall - nicht etwa nur auf Verlangen der Klägerin - zur Verfügung zu stellen ist und sogar bei der Preiskalkulation berücksichtigt wurde.

Ebenso wenig ist ersichtlich, dass die Klägerin frei darüber entscheiden konnte, wann sie tätig sein wollte und wann nicht. Gegen Letzteres spricht schon, dass bei Betreuungstätigkeiten - wie nicht zuletzt auch der Vortrag der Beklagten zu den Zeitfenstern zeigt - die Betreuungszeiten weitgehend durch die menschlichen Bedürfnisse der zu betreuenden Personen vorgegeben werden. Zudem ist in § 3 Absatz 4 des mit Frau B geschlossenen Dienstleistungsvertrages ausdrücklich festgehalten, dass die Freizeit- und Pausenregelung nach gegenseitiger Absprache sowie unter Berücksichtigung der Betreuungssituation vor Ort erfolgt, was nichts anderes bedeutet, als dass die Bedürfnisse von Frau B den Bedürfnissen der Klägerin und deren Zeitplanungen vorgehen. Weiter heißt es dazu im Schreiben der Beklagten vom 6. Juli 2016 an den Sohn von Frau B, alle Mitarbeiter würden vor ihrer Reise nach Deutschland mit dieser Klausel bekannt gemacht. Damit galt diese Vorgabe auch für die Klägerin.

Alle diese Umstände waren der Beklagten auch bekannt. Es lag daher in deren Risiko, wenn die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Verpflichtungen der Klägerin länger als 30 Stunden pro Woche in Anspruch nahm. Die Klägerin hatte diesbezüglich keinen Anlass für weitergehende Mitteilungen.

cc) Durch die Anhörung der Klägerin und des Geschäftsführers der Beklagten, Herrn C, in der mündlichen Verhandlung am 25. April 2022 zu den Umständen der Begründung des Arbeitsverhältnisses und die anschließende Beweisaufnahme zum zeitlichen Umfang der Betreuung von Frau B im Jahr 2015 hat sich der Eindruck, den dieser Sachverhalt vermittelt, bestätigt und zur Gewissheit verstärkt. Er steht damit zur Überzeugung der Kammer fest.

(1) Die Klägerin hat im Rahmen ihrer Anhörung angegeben, sie habe sich nach dem Tod ihres Ehemanns im Jahr 2013 wegen laufender Kredite in einer schwierigen finanziellen Situation befunden und sich deshalb auf eine Stellenanzeige der Firma A beworben. Während des Bewerbungsgesprächs habe Herr C gesagt, sie müsse 24 Stunden für die von ihr zu betreuenden Personen da sein, falls mal was sei, und solle dort auch essen und schlafen. Weiter hat die Klägerin angegeben, den Arbeitsvertrag mit der Beklagten habe ihr Herr C zugeschickt, als sie gerade in Bulgarien gewesen sei. Auf die Frage, weshalb sie einen neuen Arbeitsvertrag bekommen solle, habe er geantwortet, sie hätten eine neue Firma gegründet, sonst bleibe alles gleich.

Herr C hat im Rahmen seiner Anhörung die Angaben der Klägerin bis auf den Umfang der Tätigkeit und die Verpflichtung, in der Wohnung der zu betreuenden Personen auch zu wohnen, im Wesentlichen bestätigt. Er hat angegeben, bei der Klägerin habe sich eine Familientragödie ereignet und sie hätten versucht zu helfen. 2015 hätten er und sein Partner sich getrennt, weil sie unterschiedlicher Auffassung bezüglich der Stundenzahl und der Bezahlung der Pflegeassistentinnen gewesen seien. Er habe bei weniger Stunden mehr bezahlen wollen, um den Mindestlohn einzuhalten. Die Pflegeassistentinnen hätten sie danach aufgeteilt, ob diese sich gerade in Bulgarien befunden hätten. Eine 24-Stunden-Betreuung sei nicht vorgesehen gewesen. Die Klägerin sei auch darüber informiert worden, dass sie keine Überstunden leisten müsse. Das 24-Stunden-Modell sei ein DGB-Modell.

Auf die Nachfrage der Klägerin, was er gesagt habe, wo sie habe schlafen sollen, reagierte der Geschäftsführer ausweichend und meinte, dazu könne er nichts sagen. Er könne sich nicht an alles erinnern. Letzteres erscheint schon deshalb nicht glaubhaft, weil die Frage der Unterbringung bei einer Entsendung von Arbeitnehmer*innen ins Ausland zu den zentralen Fragen gehört. Zudem hat sich Frau B in dem mit der Beklagten geschlossenen Dienstleistungsvertrag, der nach den Angaben des Geschäftsführers der Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 25. April 2022 auf einem Mustervertrag der Deutschen S beruht, ausdrücklich dazu verpflichtet, der Klägerin ein Zimmer zur alleinigen Nutzung zur Verfügung zu stellen. Daneben hatte sie auch für Verpflegung in normal üblicher Qualität und ausreichender Quantität zu sorgen.

(2) Die Klägerin hat ihre Aussage zur ständigen Anwesenheit bei den zu betreuenden Personen im Rahmen ihrer Parteivernehmung zum zeitlichen Umfang ihrer Tätigkeit für Frau B nochmals wiederholt. Sie hat bekundet, es habe die allgemeine Anweisung gegeben, dass sie immer da sein müsse und dort schlafen und essen solle. Der Sohn und die Tochter von Frau B, J. B und H.-A. K., haben im Rahmen ihrer Vernehmung die Angaben der Klägerin zu ihrer ständigen Anwesenheit grundsätzlich bestätigt, indem sie übereinstimmend ausgesagt haben, dass ständig - auch nachts - jemand habe anwesend sein sollen.

Herr B hat bekundet, aus Sicherheitsgründen habe immer jemand anwesend sein sollen, weil ein alter Mensch auch mal hinfallen könne. Sie hätten sich für ihre Mutter mehr Sicherheit gewünscht und die hätte ihre Mutter ja auch bekommen. Frau K. hat bekundet, sie hätten gewollt, dass ihre Mutter unter Kontrolle sei, weil ja immer etwas passieren könne. Sie seien unsicher gewesen, ob ihre Mutter noch Tag und Nacht habe allein sein können. Deshalb habe immer jemand in der Wohnung sein sollen. Ein Alarmarmband hätte ihre Mutter nicht gehabt. Es habe eine Alarmanlage gegeben, die ihre Mutter altersbedingt jedoch nicht selbst habe bedienen können. Auch um diese - falls nötig - zu bedienen, hätten sie gewollt, dass Tag und Nacht jemand da sei. Als ihre Mutter noch allein gewesen sei, habe es mehrere Krankenhausaufenthalte gegeben. Einmal sei sie sogar aus dem Bett gestürzt. Ein anderes Mal habe sie sich den Oberschenkelhals gebrochen. Im Dezember 2013 habe sie, Frau K., ihre Mutter deshalb zu einer Reha-Kur begleitet. Danach hätte sie sich das mit der Betreuung überlegt. Es sei ihnen sehr wichtig gewesen, dass dauerhaft jemand anwesend sei. Ein Rollstuhl habe zur Verfügung gestanden, sei aber nicht ständig benutzt worden. Später habe sich ihre Mutter so stabilisiert, dass sie alle Gänge mit dem Rollator habe machen können.

Weiter hat die Klägerin unter anderem bekundet, Frau B habe beim Aufstehen und Hinsetzen auf den Rollator oder einen Stuhl sowie beim zur Toilette gehen stets Hilfe benötigt. Beim Aufrechtstehen habe sie gezittert. Nachts habe sie, die Klägerin, ihre Zimmertür immer offen gelassen, um zu hören, wenn Frau B ruft. Das sei nötig gewesen, weil zwischen ihrem und Frau B Zimmer nicht nur der Flur, sondern auch noch die Küche gelegen habe. Das habe zwar niemand ausdrücklich von ihr verlangt, sie habe das aber für richtig gehalten. Es sei nötig gewesen, um sicherzustellen, dass sie hört, wenn Frau B zum Beispiel etwas brauchte oder auch aufstehen, die Einlage gewechselt haben oder zur Toilette gehen wollte. Es sei zwei- bis dreimal pro Woche zu unterschiedlichen Zeiten vorgekommen, dass Frau B gerufen habe. Etwa einmal pro Woche sei es passiert, dass die Einlage nicht gereicht habe und sie Frau B nachts habe umziehen und die Bettwäsche wechseln müssen. Sie, die Klägerin, sei vollumfänglich in Anspruch genommen gewesen und habe keine freie Minute gehabt.

Demgegenüber hat Herr B bekundet, 2015 sei es seiner Mutter „erheblich gut“ gegangen. Sie habe eigentlich nicht betreut werden müssen. Sie habe auch nachts alleine aufstehen und mit dem Rollator zur Toilette gehen können. Dafür habe sie die Klägerin nicht gebraucht. Ansonsten sei die Klägerin automatisch da gewesen. Sie habe auch nachts nicht wegbleiben können, weil sie ja da geschlafen habe. Die gesamte Forderung sei unverständlich, weil die Klägerin, wenn sie ihre Aufgaben erledigt gehabt habe, habe machen können, was sie wollte, und geschlafen habe, während auch seine Mutter schlief. Daran, dass er 2016 bei der Beklagten wegen der freien Tage der Klägerin nachgefragt habe, könne er sich nicht erinnern.

Frau K. hat ebenfalls bekundet, in den Jahren 2014, 2015 und 2016 sei ihre Mutter noch in einem sehr guten Zustand gewesen. Sie habe alles, was sie persönlich betroffen habe, noch selbst machen können, sich mit dem Rollator selbstständig in Begleitung fortbewegen und auch nachts gut schlafen können. Überhaupt sei sie die Pflegeleichteste gewesen, die man sich habe denken können. Sie sei aber alt und schwach gewesen, weshalb sie eine Betreuerin haben sollte. Diese habe da sein sollen, auch, falls ihre Mutter nachts ruft und mal etwas benötigt. Weiter hat die Tochter bekundet, dass sich ihre Mutter nachts eingenässt habe und die Zimmertür habe offen bleiben sollen, davon wisse sie nichts. Andererseits hat sie aber auch bekundet, sie habe auch mal bei ihrer Mutter gelebt und mit dem Einnässen, das sei dann halt mal so gewesen. Das sei dann ein Haufen Arbeit gewesen, aber sonst habe ihre Mutter Windelhosen getragen. Wenn sie, die Zeugin, bei ihrer Mutter geschlafen habe, sei ihre Tür sperrangelweit offen gewesen, weil sie ja auch ein anderes Verhältnis zu ihrer Mutter habe. Bei der Klägerin habe es genügt, die Tür einen Spalt offen zu lassen, da sie ihre Mutter ja nur habe hören können müssen. Dennoch habe die Klägerin ihre Ruhe gehabt, weil der Abstand zwischen den Zimmern sehr groß gewesen sei.

(3) Danach sind die Bekundungen der Klägerin, soweit sie die grundsätzlich vorgesehene ständige Anwesenheit der Klägerin in der Wohnung von Frau B verbunden mit der Bereitschaft, im Bedarfsfall tätig zu werden, betreffen, glaubhaft. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin bei ihrer Aussage nicht genau zwischen dem hier maßgeblichen Jahr 2015 und den übrigen Jahren, in denen sie für Frau B tätig war, unterschieden hat.

(a) Zwar kann die Kammer nicht ausschließen, dass die Klägerin bei der Schilderung der Hilfsbedürftigkeit von Frau B und ihren Angaben zum zeitlichen Aufwand der jeweiligen Hilfeleistungen etwas übertrieben hat. Gleiches gilt andersherum aber auch für die Bekundungen von Herrn B und Frau K. Insoweit ist eine Untertreibung nicht ausgeschlossen, wobei letztlich Frau K die Darstellungen der Klägerin zum nächtlichen Hilfebedarf indirekt bestätigt hat.

Soweit Herr B einen Betreuungsbedarf insbesondere hinsichtlich der Nachtzeit heruntergespielt hat, war dies nicht überzeugend. Die Kammer hatte den Eindruck, dass er - anders als Frau K - nur sehr geringe Kenntnisse über die Hilfsbedürftigkeit seiner Mutter hatte und sich seine diesbezüglichen Angaben weniger auf die eigene Wahrnehmung, als vielmehr auf bloße Vermutungen stützten. Das folgt aus seinen weiteren Aussagen. So bekundete er einerseits, seine Mutter sei in der Lage gewesen, selbstständig zur Toilette zu gehen. Andererseits konnte er auf entsprechende Nachfrage keine Angaben dazu machen, ob seine Mutter Hilfe beim Windelwechseln benötigte. Stattdessen verwies er auf seine Schwester, die sich darum gekümmert habe. Obwohl er den Dienstleistungsvertrag mit der Beklagten für seine Mutter abgeschlossen hatte, war ihm auch nicht sicher bekannt, welche Pflegestufe seine Mutter 2015 hatte und was das im Einzelnen bedeutet. Soweit er meinte, die Grundpflege gehöre nicht zur Pflegestufe 2, und insofern auf seine Frau, die auch Pflegestufe 2 habe, verwies, verwechselte er die Pflegestufen mit den zum 1. Januar 2017 eingeführten Pflegegraden. Nach der Überleitungsvorschrift des § 140 Absatz 2 Satz 3 Nr. 1 SGB XI entspricht der jetzige Pflegegrad 2 der früheren Pflegestufe 1. Weiter erscheint es lebensfern, dass eine 94-jährige altersschwache, auf einen Rollator angewiesene Person mit Pflegestufe 2 wie Frau B, wenn sie nachts zur Toilette muss, „einfach loszieht“. Ebenso wenig passt es dazu, dass sie, wenn sie sonst nachts Hilfe benötigt, nicht ruft, sondern die Klägerin mit ihrem Rollator in deren mehrere Räume entfernt liegenden Zimmer aufsucht, um sie um Hilfe zu bitten. Das stimmt auch nicht mit den weiteren Angaben im Fragebogen insbesondere zur notwendigen Körperpflege im Bett überein.

Schließlich erscheint es auch wenig glaubhaft, dass sich Herr B an seine Nachfrage bei der Beklagten wegen der der Klägerin zustehenden freie Tage und an das Antwortschreiben der Beklagten vom 6. Juli 2016 nicht mehr erinnerte. Insgesamt war seine gesamte Aussage weniger durch das Bedürfnis, zur Wahrheitsfindung beizutragen, als vielmehr durch sein Unverständnis und seine ablehnende Haltung gegenüber der Forderung der Klägerin geprägt.

Soweit die Darstellungen der Klägerin und von Frau K voneinander abweichen, kann das auch mit den unterschiedlichen Perspektiven der Klägerin als von außen kommender Arbeitnehmerin und Frau K als Tochter zusammenhängen sowie mit einem unterschiedlichen Betreuungsverständnis. So ist es ohne weiteres möglich, dass die Klägerin meinte, Frau B stärker unterstützend zur Seite stehen und ihr mehr abnehmen bzw. schneller helfend eingreifen zu müssen, als dies bei der Tochter der Fall war, die ihre Mutter als noch weitergehend selbstständig, wenn auch zugleich als bewegungsunsicher und schwach beschrieben hat. Außerdem sind für - jedenfalls weibliche - Familienangehörige wie der Tochter von Frau B Hilfeleistungen bei alltäglichen Verrichtungen häufig selbstverständlich und kaum der Rede wert, während diese sich für eine von außen kommende Arbeitnehmer*in als Arbeitsleistung darstellen. Diese in den Einzelheiten der Gewichtung abweichenden Aussagen, ändern aber nichts daran, dass nach dem Kerngehalt der Angaben ein Eingreifen der Klägerin bei Bedarf umfassend und auch nachts erforderlich war.

(b) Die Unterschiede und unterschiedlichen Gewichtungen in den Angaben der Klägerin einerseits und den Zeugenaussagen anderseits sind nicht von entscheidender Bedeutung. Es spielt auch keine Rolle, wie viel Zeit die persönliche Unterstützung von Frau B und die sonstigen Verrichtungen der Klägerin in Anspruch genommen haben. Ebenso ist unerheblich, wie häufig es tatsächlich vorkam, dass Frau B nachts etwas benötigte, zur Toilette gehen wollte oder die Bettwäsche gewechselt werden musste. Denn für den Anspruch der Klägerin auf den gesetzlichen Mindestlohn kommt es - wie oben ausgeführt - nicht darauf an, wie viele Stunden die Klägerin Vollarbeit geleistet hat. Entscheidend ist allein, wann sie sich zur Unterstützung von Frau B im Bedarfsfall bereithalten musste und wann sie über ihre Zeit nach ihrem Belieben verfügen und ihren eigenen Interesse nachgehen konnte, ohne auf die Bedürfnisse von Frau B Rücksicht nehmen zu müssen. Alle drei, einschließlich J. B, haben aber übereinstimmend ausgesagt, dass immer jemand anwesend sein sollte, um Frau B bei Bedarf - auch nachts - behilflich zu sein und über ihr Wohlergehen zu wachen. Frau B sollte gerade aus Sicherheitsgründen nicht sich selbst überlassen bleiben. Allerdings betrachteten weder Herr J. B noch Frau K die Verpflichtung der Klägerin, in der Wohnung ihrer Mutter auch nachts anwesend zu sein, um, wenn etwas passiert, eingreifen zu können, als Arbeitszeit. Vielmehr hielten sie dies lediglich für eine willkommene Folge der fest im Leistungsgefüge vorgesehenen „freien Kost und Logis“. Das ist in diesem Zusammenhang indes unerheblich.

(c) Entgegen der Ansicht der Beklagten steht dieses Ergebnis auch nicht im Widerspruch zu der Aussage der Klägerin, sie sei, wenn Frau B nach dem Mittagessen im Bett gewesen sei, einkaufen gegangen, falls etwas gebraucht worden sei. Denn die Klägerin hat schriftsätzlich außerdem vorgetragen, da Frau B von ihr abhängig gewesen sei, habe sie sich nicht weit von der Wohnung entfernen können. Wenn sie einkaufen gegangen sei, habe sie Frau B vorher ins Bett gebracht (Seite 9 des Schriftsatzes vom 12. Januar 2022, Blatt 453 der Akten). Damit übereinstimmend hat Frau K bekundet, wenn sie oder einer ihrer Brüder anwesend gewesen seien, habe die Klägerin in ihrem Zimmer skypen oder auch ganz in Ruhe für ihre Mutter und sich einkaufen können. Sie habe sich dann Zeit lassen können und habe nicht nach einer halben Stunde wieder zurück sein müssen. Das besagt nichts anderes, als dass die Klägerin Frau B nur solange wie unbedingt erforderlich und auf keinen Fall länger als eine halbe Stunde allein lassen konnte. Es ist aber nicht das Gleiche, ob die Klägerin Frau B, nachdem sie sie wieder ins Bett und damit an einen sicheren Ort gebracht hat, für kurze Zeit allein lassen konnte, um notwendige Einkäufe zu erledigen, oder ob sie Frau B für mehrere Stunden sich selbst überlassen durfte, um selber Freizeit in Anspruch zu nehmen.

(d) Ebenso wenig kommt es darauf an, dass weder die Klägerin, noch Herr B und Frau K bei ihren Aussagen klar zwischen den verschiedenen Jahren, in denen die Klägerin für Frau B tätig war, unterschieden haben. Zwar ist nicht auszuschließen, dass sich deren Schilderungen zum Teil auf Wahrnehmungen oder Ereignisse nicht im streitgegenständlichen Zeitraum, sondern in der Zeit vor Mai oder nach Dezember 2015 beziehen. Dies ist jedoch ohne Bedeutung, da es keinerlei Anhaltspunkte gibt, dass sich an dem Bedürfnis, Frau B nicht unbeaufsichtigt sich selbst zu überlassen, seit 2014 etwas geändert hatte. Vielmehr spricht der Umstand, dass Frau B Anfang 2014, als die Klägerin ihre Tätigkeit bei ihr aufnahm, im Rollstuhl saß und sich ihr Zustand bis zum Jahr 2015 wieder soweit verbessert hatte, dass sie sich mittels eines Rollators fortbewegen konnte, nach der allgemeinen Lebenserfahrung sogar für das Gegenteil. Denn den Kindern von Frau B ging es, als sie sich entschlossen hatten, eine ständige Betreuerin für ihre Mutter zu engagieren, insbesondere darum, der Gefahr eines weiteren Sturzes vorzubeugen. Jedenfalls wollten sie sicherzustellen, dass im Fall eines erneuten Sturzes jemand da ist, der oder die sich um ihre Mutter kümmert. Das geht deutlich aus der Schilderung von Frau K hervor, wie es zu dem Entschluss, eine Betreuerin für ihre Mutter zu engagieren, gekommen ist. Die Gefahr zu stürzen ist aber angesichts des Alters und der im Fragebogen zur Ermittlung des Betreuungsbedarfs angegebenen und auch von Frau K im Rahmen ihrer Vernehmung bestätigten Altersschwäche von Frau B bei der Benutzung eines Rollators anstelle eines Rollstuhls nicht geringer, sondern wesentlich erhöht.

dd) Damit steht für die Kammer fest, dass die Klägerin der Beklagten zurechenbar Frau B grundsätzlich an sieben Tagen in der Woche für 24 Stunden zur Verfügung stehen musste und damit zumindest Bereitschaftsdienst geleistet hat. Hingegen ist die Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht mit der ausreichenden Gewissheit davon überzeugt, dass die Klägerin an allen noch im Streit stehenden 209 Arbeitstagen durchgängig Bereitschaftsdienst leisten musste. Vielmehr hält es die Kammer für möglich bzw. für nicht ausgeschlossen, dass sich die Klägerin immer dann, wenn eines der Kinder von Frau B zu Besuch bzw. anwesend war, zurückziehen, dabei auch die Wohnung verlassen und die Zeit nach ihren eigenen Vorstellungen verbringen konnte. Diese Zeiten sind deshalb von den im streitgegenständlichen Zeitraum grundsätzlich angefallenen Arbeitsstunden in Abzug zu bringen, da die Klägerin den ihr obliegenden Beweis nicht erbracht hat. Weitere Abzüge sind dagegen nicht vorzunehmen.

(1) Abzuziehen sind die von Frau K als „freie Tage“ bezeichneten Zeiten und die sonstigen Besuche der Kinder bei ihrer Mutter. Ferner sind die gemeinsamen Restaurantbesuche sowie die Familientreffen in der Wohnung von Frau B an Festtagen wie Weihnachten und Silvester in Abzug zu bringen.

(a) Als sogenannte freie Tage sind unter Berücksichtigung der zwei im Juli 2015 und der vier im August 2015 bereits abgezogenen Tage weiter abzuziehen 23-mal 9,5 Stunden und dreimal 6,0 Stunden und damit insgesamt 236,5 Stunden. Das ergibt sich aus Folgendem:

(aa) Die Klägerin hat zwar ausgesagt, sie habe einen freien Tag erst und dann auch nur als zwei halbe Tage erhalten, nachdem Herr B diesbezüglich bei der Beklagten nachgefragt und das Antwortschreiben vom 6. Juli 2016 erhalten habe. Davor habe sie keinerlei Ruhetage gehabt. Demgegenüber hat Frau K ausgesagt, die Klägerin habe während der gesamten Zeit ihrer Tätigkeit für Frau B einen Tag in der Woche frei gehabt. Während dieser Zeit habe meist sie, die Zeugin, die Betreuung ihrer Mutter übernommen. Die Tage habe sie mit der Klägerin jeweils abgesprochen. Die Klägerin habe dann nach dem Frühstück gehen können und habe um etwa 17.30 Uhr zurücksein sollen. Ab und zu sei sie aber auch erst um 18.00 Uhr oder noch später gekommen. Sie habe auch nicht nur Ausflüge um die Ecke gemacht, sondern richtig weite Ausflüge nach Westberlin. Auf Nachfrage, ob ihr das Schreiben der Beklagten von Juli 2016 bekannt sei, dachte die Zeugin kurz nach und meinte, das hätte sie jetzt nicht vor Augen, es sei ihr aber auch völlig unverständlich, weil die Klägerin ja schon vorher einen Tag frei gehabt habe.

(bb) Welche Aussage zutreffend ist, lässt sich letztlich nicht feststellen.

Für die Richtigkeit der Aussage der Klägerin könnte das Schreiben der Beklagten vom 6. Juli 2016 sprechen. Zwingend ist dies aber nicht. Es ist vielmehr ebenso möglich, dass sich die Nachfrage von Herrn B bei der Beklagten nicht darauf bezog, ob die Klägerin überhaupt freie Tage beanspruchen kann, sondern es darum ging, ob ihr - wie in der Zusatzvereinbarung vom 15. April 2014 vorgesehen - zwei freie Tage pro Woche zustehen. Für Letzteres könnte sprechen, dass es in dem Antwortschreiben der Beklagten vom 6. Juli 2016 nicht nur um die freien Tage der Klägerin geht, sondern auch um ihren Urlaub und dessen Bezahlung sowie darum, wer die Arbeitgeberfunktion innehat. Dazu passt auch, dass die Klägerin selbst ausgesagt hat, Herr B habe die Beklagte nach einem Gespräch über ihren Urlaub und ihre freien Tage angerufen.

Weiter könnte für die Richtigkeit der Aussage der Klägerin sprechen, dass diese sehr lebendig und lebensnah geschildert hat, wie es zu dem Schreiben gekommen ist und weshalb sie mit zwei halben freien Tagen nicht einverstanden war. Auch wirkte ihre Empörung darüber, dass ihr die in der Zusatzvereinbarung vom 15. April 2014 zugesicherten zwei freien Tage pro Woche vorenthalten werden, echt und nicht etwa aufgesetzt. Entsprechendes gilt aber ebenso für die Aussage von Frau K. Auch diese war anschaulich, lebendig sowie in sich plausibel und wirkte nicht vorgefiltert. Dass sich Frau K an das Schreiben der Beklagten bezüglich der freien Tage der Klägerin von Juli 2016 nicht erinnern könnte, war im Unterschied zum fehlenden Erinnerungsvermögen von Herrn B plausibel und auch sonst glaubhaft. Zum einen war das Schreiben nicht an Frau K sondern ihren Bruder gerichtet. Zum anderen ist Frau K der Frage nach dem Schreiben - anders als Herr B, der, nachdem er bekundet hat, dass er sich daran nicht erinnern könne, gleich das Thema gewechselt hat - nicht ausgewichen. Vielmehr hat sie kurz nachgedacht und dann spontan ihr Unverständnis über ein solches Schreiben geäußert und dieses auch begründet.

Die Glaubhaftigkeit der Aussage von Frau K wird auch nicht dadurch erschüttert, dass Herr B angegeben hat, bevor die Klägerin gekommen sei, habe sich seine Schwester um ihre Mutter gekümmert, dies sei ihr dann aber zu viel geworden. Denn, was die Belastung betrifft, macht es einen großen Unterschied, ob sich Frau K mehr oder weniger ständig um ihre Mutter kümmern musste oder ob sie die Klägerin lediglich an einem Tag in der Woche für mehrere Stunden abgelöst hat. Abgesehen davon hat auch die Klägerin ausgesagt, Frau K sei - anders als die Söhne von Frau B - regelmäßig einmal pro Woche dagewesen.

Merkwürdig war und könnte der Glaubhaftigkeit der Aussage der Klägerin entgegenstehen, dass sie sich nicht mehr daran erinnern konnte, im Juli 2016 an zwei Tagen und im August 2016 an vier Tagen frei gehabt zu haben, gleichwohl sie dies erstinstanzlich im Zusammenhang mit dem Schreiben der Beklagten vom 6. Juli 2016 selbst vorgetragen hat. Da die Beweislast für die angefallene Arbeitszeit bei der Klägerin liegt und es demgemäß zu ihren Lasten geht, wenn sich nicht mit der notwendigen Sicherheit feststellen lässt, ob sie zu bestimmten Zeiten frei hatte oder nicht, kommt es darauf in Anbetracht der Glaubhaftigkeit der Aussage von Frau K jedoch nicht an.

(cc) Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin häufiger als einmal in der Woche nach dem Frühstück bis zum Abendessen, zumindest aber nachmittags frei hatte, gibt es dagegen nicht. Zwar hat Herr B bekundet, unter der Woche sei immer jemand bei seiner Mutter gewesen. Meist seien sie nach dem Mittagessen gekommen, wenn die Klägerin gegangen sei, und gegen 19.00 Uhr wieder gegangen, wenn sie zurückgekommen sei. Allerdings sind diese Bekundungen nur bedingt glaubhaft. Das ergibt sich zum einen aus ihrer Pauschalität und dem oben geschilderten Aussageverhalten von Herrn B. Zum anderen passen die Aussagen nicht zu den hinsichtlich der Dauer der sonstigen Besuche weitgehend übereinstimmenden Bekundungen der Klägerin und Frau K. Die Klägerin hat bekundet, die Kinder von Frau B hätten diese einmal in der Woche an verschiedenen Tagen und zu verschiedenen Zeiten für eine oder anderthalb Stunden besucht. Frau K hat ausgesagt, ihre Mutter habe mindestens jeden zweiten Tag für mindestens eine Stunde Besuch gehabt. Nur, wenn der Bruder aus K. zu Besuch gekommen sei, müssten es, so die Vermutung von Frau K, wegen der langen Fahrt mindestens drei Stunden gewesen sein. Außerdem stehen die Bekundungen von J. B im Widerspruch zum Vorbringen der Beklagten, wonach Frau B von ihrer Familie insbesondere an den Wochenenden besucht worden sein soll.

Für plausibel hält die Kammer die Bekundungen unter Berücksichtigung der Aussage von Frau K, dass sie an den „freien Tagen“ der Klägerin die Betreuung meist, aber nicht immer übernommen habe. Die Kammer hält es nicht für ausgeschlossen, dass die Klägerin in den Wochen, in denen Frau K keine Zeit hatte, von Herrn B oder einem seiner Brüder abgelöst worden ist. Jedoch geht sie dabei davon aus, dass diese Betreuung nicht bereits nach dem Frühstück, sondern erst nach dem Mittagessen und dafür nicht nur bis 17.30 Uhr sondern bis etwa 19.00 Uhr stattfand. So fügt sich die angeführte Aussage von Herrn B in die glaubhaften Bekundungen von Frau K ein und macht Sinn. Denn in Anbetracht dessen, dass die Söhne von Frau B die Betreuung ihrer Mutter in der Vergangenheit im Wesentlichen ihrer Schwester überlassen hatten, ist nur schwer vorstellbar, dass Herr J. B oder einer seiner Brüder für ihre Mutter das Mittagessen zubereitet haben.

(dd) Was die Häufigkeit der Einsätze betrifft, geht die Kammer für die Entscheidung über die abzuziehenden Stunden nach § 287 ZPO davon aus, dass die Klägerin zu 90 % von Frau K und zu 10 % von J. B oder einem anderen Bruder abgelöst worden ist. Denn die Hauptlast der Betreuung lag nach den übereinstimmenden Angaben der Klägerin und den Zeugenaussagen bei der Tochter von Frau B. Bezogen auf die streitgegenständlichen Zeiträume von Mai bis August und Oktober bis Dezember 2015 und unter Berücksichtigung der in der 30., 31. und 32. Kalenderwoche sowie der 35. und 36. Kalenderwoche bereits abgezogenen sechs Tage bedeutet das, dass die Klägerin von Frau K an weiteren 23 Tagen und von Herrn B oder einen der anderen Brüder an weiteren drei Tagen abgelöst worden ist.

(ee) Hinsichtlich des zeitlichen Umfangs geht die Kammer nach § 287 ZPO davon aus, dass die Klägerin im Fall der Ablösung durch Frau K durchschnittlich etwa 9,5 Stunden und im Fall der Ablösung durch einen der Brüder etwa 6,00 Stunden frei hatte.

Im Rahmen ihrer Vernehmung hat Frau K zwar nur Angaben zur abendlichen Rückkehr der Klägerin gemacht, aber nicht dazu, bis wann das Frühstück morgens in etwa dauerte bzw. wann die Klägerin an ihrem „freien Tag“ die Wohnung von Frau B verlassen konnte. Jedoch lässt sich dies aus den unstreitigen Angaben der Parteien zum Tagesablauf von Frau B und den Unterstützungsleistungen und sonstigen Aufgaben, welche morgens regelmäßig anfielen, erschließen. Danach konnte die Klägerin die Wohnung von Frau B um etwa 8.30 Uhr verlassen und ist entsprechend den Angaben von Frau K um 17.30 Uhr und manchmal auch erst um 18.00 Uhr oder auch später und damit im Durchschnitt spätestens um 18.00 Uhr zurückgekehrt.

Die Parteien haben übereinstimmend vorgetragen, dass die Klägerin die ersten Unterstützungsleistungen für Frau B im Sinne von Vollarbeit um etwa 6.30 Uhr erbringen musste. Die beim morgendlichen Aufstehen anfallenden Tätigkeiten vom Aufstehen, über den Toilettengang, die Körperpflege einschließlich der Zahnpflege, das Wechseln bzw. Anlegen der Windel, das Ankleiden bis hin zum Kämmen der Haare sowie die dabei zurückzulegenden Wege umfassten nach Einschätzung der Kammer - unabhängig davon, ob Frau B dabei unmittelbar unterstützt oder nur begleitet werden musste - etwa 50 Minuten. Bei der Berechnung der erforderlichen Zeit hat sich die Kammer an den Orientierungswerten zur Pflegezeitbemessung für die in § 14 SGB XI genannten Verrichtungen der Grundpflege nach den Richtlinien des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch von 2009 orientiert. Die Werte stimmen mit den in der von der Beklagten zitierten Orientierungshilfe zur Pflegezeitbemessung des Sozialverbands VdK Rheinland-Pfalz e.V. von 2010 angegebenen Werten überein. Soweit die Beklagte von einer kürzeren Zeit ausgeht, hängt das damit zusammen, dass sie nicht sämtliche anfallenden Tätigkeiten berücksichtigt. Hinzukommen nach Einschätzung der Kammer etwa 15 Minuten für die Vorbereitung des Frühstücks, 40 Minuten für das Frühstück, etwa 5 Minuten für das Wiederzubettbringen und etwa 10 Minuten für das Abräumen des Frühstücktisches und sonstige Aufräumarbeiten. Soweit die Beklagte meint, Frau B habe das Frühstück selbstständig zu sich nehmen können und dabei keine Hilfe benötigt, ändert dies nichts. Die Klägerin musste jedenfalls warten, bis Frau B fertig gefrühstückt hatte. Auch wollte sich diese während des Frühstücks entsprechend dem mit der Beklagten vereinbarten Leistungsspektrum sicherlich auch mit der Klägerin unterhalten, was ebenfalls seine Zeit benötigt.

Hingegen hält die Kammer die Aussage der Klägerin, das Frühstück habe bis etwa 10.00 Uhr gedauert, für nicht überzeugend. Dies gilt auch dann, wenn man entsprechend den Bekundungen der Klägerin davon ausgeht, dass Frau B sehr langsam gegessen hat. Zum einen passt die Aussage der Klägerin nur bedingt zu ihrer weiteren Aussage, sie habe Frau B um etwa 9.30 Uhr wieder ins Bett gebracht. Zum anderen deckt sich die Aussage nicht mit dem Vorbringen der Klägerin in der Klageschrift, dass das Frühstück ungefähr von 8.00 bis 9.00 Uhr gedauert habe, sowie mit ihrem Vorbringen im Berufungsverfahren, das Frühstück habe mit dem Zurückbringen von Frau B zu ihrem Bett gegen ca. 8.30 Uhr geendet (Seite 6 des Schriftsatzes vom 12. Januar 2022, Blatt 450 der Akten).

Was das Mittagessen betrifft, haben die Parteien im Berufungsverfahren übereinstimmend vorgetragen, dass dieses zwischen 12.00 Uhr und 13.00 Uhr stattgefunden habe. Die Kammer geht deshalb davon aus, dass die Klägerin, wenn Herr B oder einer der anderen Brüder die Betreuung übernahm, frühestens um 13.00 Uhr gehen konnte und entsprechend der Aussage von Herrn B um etwa 19.00 Uhr zurückkam.

(b) Für die sonstigen Besuche sind 4,5 Stunden pro Woche und damit bezogen auf den Gesamtzeitraum von etwa 31 Wochen insgesamt weitere 139,5 Stunden abzuziehen. Dem liegt die aus Sicht der Kammer realistische Angabe von Frau K zugrunde, dass ihre Mutter mindestens alle zwei Tage Besuch für mindestens eine Stunde hatte. Daraus und aus den Angaben der Klägerin zur Dauer der Besuche ergeben sich unter Berücksichtigung der „freien Tage“ und unter Berücksichtigung dessen, dass die Besuche des in K. lebenden Sohns bei lebensnaher Betrachtung wegen der weiteren Anfahrt wahrscheinlich eher länger, dafür aber auch eher seltener waren, nach Schätzung der Kammer durchschnittlich drei weitere Besuche pro Woche im Umfang von insgesamt etwa 4,5 Stunden.

(c) Für gemeinsame Restaurantbesuche sind nach Schätzung der Kammer 2,5 Stunden pro Monat und damit insgesamt 17,5 Stunden (7 Monate x 2,5 Stunden) abzuziehen. Nach den Bekundungen der Klägerin wurde Frau B viele Male von ihrer Familie abgeholt, um ins Restaurant zu gehen. Auch Herr B und Frau K haben bestätigt, dass sie als Familie mehrfach mit ihrer Mutter im Restaurant gewesen seien. Weiter hat Frau K die Dauer der Restaurantbesuche mit etwa zweieinhalb Stunden angegeben. Davon ausgehend hat die Kammer die Anzahl Restaurantbesuche auf etwa einen Besuch pro Monat geschätzt und ist hinsichtlich deren Dauer von der nach Auffassung der Kammer realistischen Zeitangabe von Frau K ausgegangen.

Soweit die Klägerin Frau B bei den Restaurantbesuchen mit ihrer Familie begleitet hat, steht dies dem Abzug nicht entgegen. Denn allein der Umstand, dass die Klägerin anwesend war und sich um Frau B gekümmert hat, bedeutet noch nicht, dass sie dazu auch verpflichtet war und sich mindestens zur Verfügung halten musste. Denn es ist ebenso gut möglich, dass die Familie die Klägerin nur aus Gefälligkeit, um sie nicht auszuschließen, mitgenommen hat. Dafür spricht zum einen die Aussage von Frau K, dass es selbstverständlich gewesen sei, die Klägerin zu Familienfesten und Restaurantbesuchen mitzunehmen. Zum anderen spricht dafür die weitere Aussage von Frau K, dass ihre Mutter bei Restaurantbesuchen normaler Weise nicht zur Toilette musste und, wenn dies doch mal der Fall gewesen sei, sie selbst ihre Mutter begleitet habe. Dass ältere Menschen wie Frau B es möglichst vermeiden, außerhalb ihrer Wohnung zur Toilette zu gehen und lieber warten bis sie wieder zu Hause sind, deckt sich auch mit den persönlichen Erfahrungen der Mitglieder der Kammer.

(d) Schließlich sind für Familientreffen an Festtagen in der Wohnung von Frau B weitere zehn Stunden abzuziehen. Frau K hat bekundet, sie hätten sowohl Weihnachten als auch Silvester bei ihrer Mutter gefeiert. Abzüge für weitere Feiertage kamen nicht in Betracht, da weder der Geburtstag von Frau B, der 8. März, noch Ostern oder ersichtlich ein anderes Familienfest in den streitgegenständlichen Zeitraum fielen. Unter Berücksichtigung des Alters von Frau B und der Angaben von Frau K, wie lange es ihre Mutter im Restaurant ausgehalten habe, hat die Kammer die Treffen in der Wohnung von Frau B auf etwa fünf Stunden geschätzt.

(2) Weitere Abzüge sind nicht vorzunehmen.

(a) Was die Besuche des Cafés der Seniorenwohnanlage an den Nachmittagen oder von Gartenfesten und Musikveranstaltungen in der Seniorenwohnanlage betrifft, geht aus den Bekundungen der Klägerin und der Zeugin Frau K deutlich hervor, dass sich Frau B in der Wohnanlage mit ihrem Rollator zwar grundsätzlich selbstständig bewegen konnte, aber immer eine Begleitung dabei sein musste. Diese Aufgabe fiel, wenn Frau B nicht gerade Besuch von ihrer Familie hatte, der Klägerin zu. Wenn Frau B selbst Besuch von Bekannten oder anderen Heimbewohner*innen hatte, konnte die Klägerin Frau B nicht mit ihrem Besuch sich selbst überlassen. Denn sie benötigte Hilfe bei der Bewirtung des Besuchs. Außerdem konnte von dem Besuch auch nicht erwartet werden, dass sich dieser im Bedarfsfall um Frau B kümmert, wie es von der Klägerin erwartet worden ist, sie beispielsweise auch zur Toilette begleitet und beim Wechseln der Windel unterstützt.

(b) Soweit die Klägerin selbst Besuch hatte oder mit ihrer Familie telefonierte bzw. skypte, ändert das nichts daran, dass sie auch während dieser Zeit Frau B bei Bedarf zur Verfügung stehen musste und damit zeitgleich Bereitschaftsdienst leistete. Insoweit gilt für die Klägerin nichts anderes als beispielweise für Feuerwehrleute oder Rettungsdienstkräfte, die, während sie sich für einen Einsatz bereithalten, ihren persönlichen Interessen nachgehen und beispielweise lesen oder Kartenspielen können. Gleiches gilt, wenn die Klägerin ihre Mahlzeiten einnahm oder andere Verrichtungen zur Befriedigung ihrer persönlichen Bedürfnisse vornahm. Es kommt deshalb auch nicht darauf an, wie die Regelung in § 3 Absatz 1 und 2 Satz 1 des zwischen Frau B und der Beklagten geschlossenen Dienstleistungsvertrages zu verstehen ist. Es ist unerheblich, ob danach das Zurverfügungstellen eines Zimmers und die Mitbenutzung des Bades auch die Reinigung des Zimmers und des Bades sowie die Sorge für die Verpflegung auch den Einkauf und die Zubereitung umfasst und damit derartige Tätigkeiten als fremdnützige und nicht nur als eigennützige Tätigkeiten anzusehen sind.

(c) Was weitere von der Klägerin, Herrn J. B und Frau K im Rahmen ihrer jeweiligen Vernehmungen angesprochene besondere Ereignisse betrifft, sind die Umstände dieser Ereignisse viel zu vage, als dass diesbezüglich irgendwelche Feststellungen hinsichtlich der zu vergüteten Arbeitsstunden der Klägerin getroffen werden könnten. Das gilt für die Beerdigung eines der Söhne von Frau B und Arztbesuche von Frau B, zu denen sie Herr J. B mit seinem Auto gefahren haben will, sowie für den eigenen Arztbesuch der Klägerin, den Besuch der Sparkasse zusammen mit Frau K zur Klärung einer persönlichen Angelegenheit der Klägerin und etwaige weitere Ausflüge in die Stadt, die Frau K mit der Klägerin unternommen haben will. Es ist weder klar und hat die Beklagte auch nicht vorgetragen, welche der Ereignisse in den streitgegenständlichen Zeitraum fielen, noch, ob diese in Zeiten fielen, die die Kammer von der Bereitschaftszeit der Klägerin bereits in Abzug gebracht hat, noch wieviel Zeit die Ereignisse in Anspruch genommen haben. Was die Beerdigung betrifft, spricht außerdem viel dafür, dass die Begleitung durch die Klägerin nicht nur eine Gefälligkeit, sondern notwendig war, weil die übrigen Kinder von Frau B während der Beerdigung mit sich selbst oder anderen Dingen beschäftigt waren und sich nicht ausreichend um Frau B kümmern konnten.

(3) Danach sind von den im streitgegenständlichen Zeitraum an 209 Arbeitstagen grundsätzlich zumindest als Bereitschaftsdienst angefallenen 24 Arbeitsstunden 236,5 Stunden (23 Tage x 9,5 Stunden und 3 Tage x 6,0 Stunden) für die Betreuung durch Frau K und einen der Brüder von Frau K, 139,5 Stunden (31 Wochen x 4,5 Stunden) für sonstige Besuche durch die Kinder von Frau B, 17,5 Stunden (7 Monate x 2,5 Stunden) für gemeinsame Restaurantbesuche und zehn Stunden (2 x 5,0 Stunden) für Familientreffen an Weihnachten und Silvester und damit insgesamt 403,5 Stunden abzuziehen.

c) Den weiteren Beweisangeboten der Parteien war nicht nachzugehen. Das gilt insbesondere auch für die von der Klägerin benannte Zeugin E, die von der Beklagten benannte Zeugin G und den von der Beklagten benannten Zeugen St. L. Eine Vernehmung des Geschäftsführers der Beklagten, Herrn C, als Partei war ebenfalls nicht angezeigt.

aa) Die von der Klägerin als Zeugin benannte Frau E, die die Klägerin im September 2015 bei Frau B vertreten hat, sollte im Wesentlichen nur die Angaben der Klägerin zum Zustand von Frau B und deren Unterstützungsbedarf tagsüber sowie nachts bestätigen. Darauf kommt es jedoch - wie oben ausgeführt - nicht an. Entscheidend ist nicht die von der Klägerin tatsächlich geleistete Unterstützung, sondern der zeitlichen Umfang, in dem sie sich für Frau B zur Verfügung halten musste und diese nicht allein lassen durfte. Soweit die Klägerin Frau E darüber hinaus als Zeugin benannt hat, dass Frau B im September 2015 keinen Besuch von ihren Kindern hatte, ist dies ebenfalls ohne Belang, da die Klägerin ihrerseits ausgesagt hat, Frau B sei von ihren Kindern einmal in der Woche für ein bis zwei Stunden an verschiedenen Tagen und zu verschiedenen Zeiten besucht worden. Frau K sei regelmäßig einmal in der Woche gekommen, um ihr das Wochengeld zum Einkaufen zu geben. Angesichts dessen kommt es auf die Verhältnisse im September 2015, als sich die Klägerin in Bulgarien aufhielt, nicht an.

bb) Die von der Beklagten benannte Zeugin Frau G, die nach den Angaben der Beklagten die Klägerin vom 16. März bis zum 16. April 2015 bei Frau B vertreten hat, soll im Wesentlichen nur bestätigen, was auch Frau K ausgesagt und was die Kammer ihrer Entscheidung ohnehin zugrunde gelegt hat. Soweit Frau G darüber hinaus bestätigen soll, dass es ihr aufgrund der körperlichen und psychischen Verfassung von Frau B möglich war, diese allein zu lassen, ist der Beweisantritt viel zu unkonkret. Auch die Kammer ist davon ausgegangen, dass die Klägerin Frau B kurzzeitig, beispielweise um notwendige Einkäufe zu erledigen, allein lassen konnte. Es ist nicht unter Beweis gestellt, dass Frau B jederzeit und ohne Einschränkungen allein gelassen werden durfte. Es spielt auch keine Rolle, ob die Firma A alle ihre Pflegekräfte angewiesen hat, immer in der Wohnung der betreuten Personen anwesend zu sein und dort auch zu essen und zu schlafen und ob es der Zeugin seitens der Firma A gestattet war, die von ihr betreuten Personen - darunter Frau B - allein zu lassen und Freizeit zu nehmen. Denn maßgeblich ist nicht, welche Anweisungen die Zeugin oder andere Pflegekräfte erhalten haben, sondern was für die Klägerin galt. Insoweit sind die unter Beweis gestellten Tatsachen auch keine Indizien, die geeignet wären, die Beweiswürdigung der Kammer im Ergebnis zu beeinflussen.

Im Übrigen soll auch die Zeugin bestätigen, dass es ihr von der Firma A gerade nicht vorgegeben war, wann sie freie Zeit nehmen konnte. Auch die Zeugin hatte deshalb nach dem unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten keine klare Vorgabe, wann sie Frau B ohne Rücksicht auf deren Bedürfnisse allein lassen konnte.

cc) Herrn L, der bei der Vermittlung des zwischen Frau B und der Beklagten abgeschlossenen Dienstleistungsvertrages für die Deutsche S aufgetreten ist, hat die Beklagte als Zeugen lediglich zu den Umständen der im Dienstleistungsvertrag ausdrücklich vorgesehenen Arbeitszeit benannt. Herr L soll bestätigen, dass der Dienstleistungsvertrag auf der Grundlage der im ausgefüllten Fragebogen angegebenen Betreuungsleistungen geschlossen worden ist und dass man für diese einen Umfang von 30 Stunden pro Woche vorgesehen hat, wobei noch ein Restbudget für Cafébesuche verbleiben sollte. Beides bezieht sich nur auf die von der Klägerin zu leistende Vollarbeit und gibt damit für die konkludente Anordnung von Mehrarbeit in Form von Bereitschaftsdienst nichts her. Soweit die Beklagte Herrn L darüber hinaus als Zeuge dafür benannt hat, dass eine 24-stündige Betreuung von Frau B mit einer ständig bereiten Betreuungsperson nicht gewollt war, schließt dies nicht aus, dass die Beklagte ungewollt, aber zurechenbar die Klägerin einer Arbeitssituation ausgesetzt hat, in der dies gerade gefordert war. Die Beklagte hat nicht behauptet, dass der Zeuge mit dem Sohn von Frau B, J. B, der auf Vermittlung der Deutschen S den Dienstleistungsvertrag für seine Mutter mit der Beklagten abgeschlossen hat, konkrete Zeiten verabredet hat, in denen die Klägerin Freizeit ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse von Frau B habe sollte. Im Übrigen ist der Zeuge noch zur Frage der Notwendigkeit von Nachtwachen benannt. Darum geht es im vorliegenden Rechtstreit jedoch nicht.

dd) Die Vernehmung des Geschäftsführers der Beklagten als Partei war ebenfalls nicht angezeigt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Grundsätzen des fairen Verfahrens. Zu den näheren Umständen der Begründung des Arbeitsverhältnisses und des Abschlusses des Arbeitsvertrages vom 15. April 2015 sind die Klägerin sowie Herr C persönlich angehört worden. Dabei ging es auch um die Frage, ob Herr C die Klägerin angewiesen hatte, ständig in der Wohnung der zu betreuenden Personen anwesend zu sein. Soweit darüber hinaus über die Behauptung der Klägerin, sie habe Frau B 24 Stunden pro Tag an sieben Tagen in der Woche zur Verfügung stehen müssen, Beweis durch Vernehmung der Klägerin als Partei nach § 448 ZPO erhoben worden ist, hat die Beklagte den Sohn und die Tochter von Frau B als Gegenzeugen benannt, die die Kammer ebenfalls vernommen hat. Daneben ist für eine Parteivernehmung des Geschäftsführers der Beklagten nach den §§ 447, 448 ZPO kein Raum.

Soweit sich die Vernehmung des Geschäftsführers der Beklagten als Partei insbesondere auf den Umfang der Betreuungspflicht seitens der Klägerin und den Gegenstand der von der Beklagten bzw. dem Geschäftsführer der Beklagten erteilten Arbeitsanweisungen beziehen soll, ist der Beweisantritt schon nicht hinreichend bestimmt, da unklar ist, auf welche Tatsachenbehauptungen er sich bezieht. Eine nähere Konkretisierung wäre insbesondere auch erforderlich gewesen, nachdem bereits eine umfangreiche Beweisaufnahme stattgefunden hat. Der konkret angetretene Beweis, es sei weder an die Beschäftigten der Firma A noch der Beklagten die allgemeine Anweisung erteilt worden, ständig in den Haushalten der betreuten Personen anwesend zu sein, ist unerheblich. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns für weitere Arbeitsstunden zumindest in Form von Bereitschaftsdienst ergibt sich nicht aus einer derartigen - ausdrücklichen - allgemeinen Anweisung, sondern aus den Gesamtumständen der Beschäftigung der Klägerin. Diese waren für die Entscheidung der Kammer allein maßgeblich. Die Frage, ob Nachtwachen angeordnet wurden, ist für die Entscheidung ebenfalls ohne Bedeutung, da auch die Klägerin nicht behauptet hat, sie habe Nachtwachen geleistet.

d) Der Höhe nach beläuft sich der Anspruch auf 5.016 Stunden (209 Arbeitstage x 24 Stunden) abzüglich 403,5 Stunden, also 4.612,5 Stunden multipliziert mit dem gesetzlichen Mindestlohn von seinerzeit 8,50 Euro brutto pro Stunde und damit auf insgesamt 39.205,25 Euro brutto abzüglich der bereits gezahlten 6.680,00 Euro netto.

e) Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Absatz 1 Satz 2, § 247 BGB in Verbindung mit § 253 Absatz 1, § 261 Absatz 1 ZPO. Insoweit wird auf die Ausführungen auf der Seite 32 des Urteils des Landesarbeitsgerichts vom 17. August 2020 verwiesen.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Absatz 1, § 97 Absatz 1 ZPO. Danach haben die Parteien die Kosten des Rechtsstreits im Verhältnis ihres Obsiegens und Unterliegens zu tragen.

III. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 72 Absatz 2 ArbGG (Arbeitsgerichtsgesetz) liegen nicht vor.