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Entscheidung 26 TaBV 751/22


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 26. Kammer Entscheidungsdatum 03.11.2022
Aktenzeichen 26 TaBV 751/22 ECLI ECLI:DE:LAGBEBB:2022:1103.26TABV751.22.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 179 SGB 9, § 182 SGB 9, § 40 PersVG BE, § 40 BetrVG, Art 20 GG

Leitsatz

1. Die Arbeitgeberin hat die durch die Tätigkeit der Schwerbehindertenvertretung entstehenden Kosten zu tragen, § 179 Absatz 8 Satz 1 SGB IX. Für öffentliche Arbeitgeber gelten danach die Kostenregelungen für Personalvertretungen entsprechend. Nach § 179 Absatz 8 Satz 3 SGB IX sind davon auch die Kosten der Bürokräfte der Schwerbehindertenvertretung erfasst.

2. Die Schwerbehindertenvertretung entscheidet - ebenso wie der Personalrat (zu § 40 PersVG Berlin vgl. Germelmann/Binkert § 40 PersVG Berlin Rn. 8) - selbstständig und eigenverantwortlich, was insoweit erforderlich und vertretbar ist.

3. Die Entscheidung der Schwerbehindertenvertretung unterliegt der arbeitsgerichtlichen Kontrolle. Diese ist auf die Prüfung beschränkt, ob das geforderte Büropersonal im begehrten Umfang aufgrund der konkreten Situation in der Dienststelle der Erledigung gesetzlicher Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung dient und die Schwerbehindertenvertretung bei ihrer Entscheidung nicht nur die Interessen der Belegschaft berücksichtigt, sondern auch den berechtigten Belangen des Arbeitgebers Rechnung getragen hat
(vgl. BAG 20. April 2005 – 7 ABR 14/04, Rn. 13, zur vergleichbaren Konstellation bei § 40 BetrVG).

4. Im Interesse der nach § 182 Abs. 1 SGB IX zu wahrenden engen Zusammenarbeit ist die Schwerbehindertenvertretung gehalten, sich vor der eigenen Heranziehung von Bürodienstleistern mit dem Arbeitgeber ins Benehmen zu setzen. Erst wenn dieser die berechtigte Forderung nach Unterstützung durch eigenes geeignetes Büropersonal ablehnt, ist der Weg zur Beauftragung auf Kosten des Arbeitgebers frei (LPK-SGB IX/Düwell, 6. Aufl. 2022, SGB IX § 179 Rn. 114).

5. Die durch die Schwerbehindertenvertretung insoweit zu treffende Entscheidung betrifft nicht nur die Frage, wie viele Bürokräfte benötigt werden, sondern auch den Gesichtspunkt, über welche Qualifikation die Bürokräfte für die Tätigkeit für die Schwerbehindertenvertretung verfügen müssen.

Die Schwerbehindertenvertretung hat – ebenso wie die Personalvertretung – einen Anspruch auf Zurverfügungstellung geeigneten Büropersonals. Dazu gehört es auch, das Büropersonal im erforderlichen Umfang zu qualifizieren, soweit dafür Bedarf besteht. Durch den Arbeitgeber sind die dazu notwendigen Kosten zu tragen.

6. Der Dienststellenleiter darf die Erfüllung von Zahlungsverpflichtungen, welche die Schwerbehindertenvertretung durch die Wahrnehmung der ihr obliegenden Aufgaben verursacht hat, nicht ohne weiteres mit der Begründung verweigern, die dafür vorgesehenen Haushaltsmittel seien erschöpft (vgl. BVerwG 24. November 1986 – 6 P 3/85, Rn. 17).

7. Der öffentliche Arbeitgeber hat insoweit die Möglichkeit, das im Haushaltsplan für die Schwerbehindertenvertretung anzusetzende Budget rechtzeitig mit der Schwerbehindertenvertretung abzusprechen. Hat er das nicht getan, wird der Begründungsaufwand regelmäßig im Einzelfall für den Arbeitgeber größer sein, wenn er eine konkrete Maßnahme unter Bezugnahme auf den Haushaltsplan ablehnen will.

8. Es kann aber auch ein unbedachter oder aufgrund der besonderen Umstände zuvor nicht absehbarer Bedarf entstehen. Gegebenenfalls wir dann eine Ergänzung zu beantragen sein. Dies ändert nichts daran, dass die aus § 179 Absatz 8 Satz 3 SGB IX folgende Verpflichtung zu erfüllen ist (vgl. OVG Sachsen-Anhalt 20. August 2000 – A 5 S 4/99, Rn. 20).



Tenor

I. Auf die Beschwerde der Schwerbehindertenvertretung wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 25. Mai 2022 - 56 BV 8825/21 - abgeändert und der Arbeitgeberin aufgegeben, die Schwerbehindertenvertretung von den für die Teilnahme der Mitarbeiterin Ines A an der von Ver.di b+b vom 7. bis 9. April 2021 online durchgeführten Schulung „Speziell für Sekretäriatsmitarbeiter:innen: Organisation des Datenschutzes im Büro der gesetzlichen Interessenvertretung (Grundlagen)“ angefallenen Kosten in Höhe von 870 Euro (Rechnung vom 16. April 2021) freizustellen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten darüber, ob die Arbeitgeberin verpflichtet ist, die Schwerbehindertenvertretung von Seminargebühren freizustellen, welche durch die Teilnahme ihrer Bürokraft Frau A an dem Online-Seminar „Speziell für Sekretariatsmitarbeiter/innen: Organisation des Datenschutzes im Büro der gesetzlichen Interessenvertretung (Grundlagen)“ angefallen sind.

Die Arbeitgeberin beschäftigt im Bereich „Omnibus Nord“ (BO-N) ca. 1.500 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, darunter mindestens 130 schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte Menschen. Der Schwerbehindertenvertretung sind zwei Bürokräfte im Umfang von insgesamt 20 Stunden durch die Arbeitgeberin zur Seite gestellt worden, nämlich Frau B als „hauptamtliche“ Bürokraft und Frau A als weitere Bürokraft. Frau B und Frau A haben nicht gleichzeitig gearbeitet, sondern sich abgewechselt. Insoweit hat Frau A zunehmend die Aufgaben von Frau B übernommen. Frau B war darüber hinaus zunächst noch als stellvertretende, später als hauptamtliche Frauenvertreterin tätig.

Herr C fasste als Vertrauensperson am 3. März 2021 den Beschluss, beide Bürokräfte zu einem Online-Seminar mit dem Schwerpunkt „Datenschutz“ zu entsenden. Die Arbeitgeberin lehnte einen Antrag von Frau A für die Zeit ab dem 7. April bis zum 9. April 2021 ab. Herr C wandte sich daraufhin als Vertrauensperson per E-Mail vom 15. März 2021 an den bei der Arbeitgeberin zuständigen Mitarbeiter. Er wies darauf hin, dass der Antrag von Frau A aufgrund eines Beschlusses der Schwerbehindertenvertretung gestellt und eindeutig begründet sei. Zudem habe eine Ablehnung des Antrags nur gegenüber der Schwerbehindertenvertretung zu erfolgen. Man halte an dem Antrag fest und erwarte eine Rückantwort bis spätestens zum 17. März 2021. Eine Antwort blieb aus.

Das Seminar hatte folgende Inhalte:

· Datenschutz im Büro der gesetzlichen Interessenvertretung: Gesetzliche Grundlagen, Begriffserklärungen

· Aufgaben der gesetzlichen Interessenvertretung im Zusammenhang mit dem Schutz personenbezogener Daten der Beschäftigten

· Pflichten der Sekretariatsmitarbeiter/innen im Zusammenhang mit der Verarbeitung von personenbezogenen Daten

· besondere Anforderungen an die Verarbeitung von sensiblen Beschäftigtendaten

· Umgang mit Briefen, Akten, E-Mails sowie mit Veröffentlichungen im Intranet

· Haben betriebliche Datenschutzbeauftragte Zugangs und Kontrollbefugnisse im Büro des Betriebs-/Personalrats?

· Eckpunkte eines Konzepts zur Organisation des Datenschutzes im Büro der Interessenvertretung

Frau A nahm vom 7. bis zum 9. April 2021 an dem Seminar teil. Sie befand sich zu dieser Zeit im genehmigten Erholungsurlaub. Der Veranstalter stellte für die Teilnahme am Online-Seminar einen Betrag iHv 870 Euro in Rechnung.

Am 12. April 2021 teilte die Schwerbehindertenvertretung der Arbeitgeberin mit, dass Frau A an dem Seminar online teilgenommen habe und Veranstaltungsgebühren iHv 870 Euro angefallen seien. Sie forderte die Arbeitgeberin auf, die Kosten für das Seminar zu übernehmen, Frau A von der Arbeit freizustellen und die Teilnahme an dem Seminar als Arbeitszeit auf deren Arbeitszeitkonto zu vermerken. Unter den Beteiligten ist es üblich, dass Rechnungen über Kosten, die im Rahmen der Tätigkeit der Schwerbehindertenvertretung angefallen sind, an die Arbeitgeberin adressiert und durch diese beglichen werden. Die Arbeitgeberin lehnte die geltend gemachten Ansprüche mit E-Mail vom 23. April 2021 ab. Auch weitere Aufforderungen blieben erfolglos.

Hingegen wurde der Antrag der Frau B zum Besuch des streitgegenständlichen Seminars genehmigt. Diese nahmen an dem Seminar vom 7. bis 9. April 2021 ebenfalls teilt. Die Arbeitgeberin übernahmen auch ua die Kosten für deren Teilnahme iHv 870 Euro.

Die Schwerbehindertenvertretung hat die Ansicht vertreten, sie habe gemäß § 179 Absatz 4 Satz 3 SGB IX Anspruch auf Teilnahme ihrer Bürokraft Frau A an dem Online-Seminar. Das Seminar habe ihr wichtige Inhalte zum Datenschutz im Büro der Schwerbehindertenvertretung vermittelt. Die Bürokräfte erhielten aufgrund der Vorsortierung und Bearbeitung von zahlreichen, alle Belegschaftsmitglieder betreffenden personellen Einzelmaßnahmen sowie der Antragstellungen nach dem SGB IX Kenntnis von hochsensiblen persönlichen Daten der Beschäftigten. Es müsse deshalb gewährleistet sein, dass beide Bürokräfte über sichere und detaillierte Kenntnisse im Umgang mit dem Datenschutz verfügten. Angesichts des häufigen vertretungsbedingten Einsatzes von Frau A sei die Schulung für beide Bürokräfte erforderlich gewesen.

Die Schwerbehindertenvertretung hat zuletzt beantragt,

die Arbeitgeberin zu verpflichten, die Kosten für die von Ver.di b+b vom 7. bis 9. April 2021 online durchgeführten Schulung „Speziell für Sekretäriatsmitarbeiter:innen: Organisation des Datenschutzes im Büro der gesetzlichen Interessenvertretung (Grundlagen)“ für Frau Ines A zu übernehmen und die Kosten in Höhe von 870 Euro entsprechend der Rechnung vom 16. April 2021 an ver.di b+b zu zahlen.

Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, § 179 Absatz 4 Satz 3 SGB IX regele nicht den Schulungsanspruch von Bürokräften, sondern den eines stellvertretenden Mitglieds der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen. Die Kostenübernahme für die Teilnahme an Frau B an dem streitgegenständlichen Seminar sei nur deshalb erfolgt, weil sie als stellvertretende Frauenvertreterin tätig sei. Zudem sei nicht dargelegt, weshalb bei Berücksichtigung des Grundsatzes der sparsamen Verwendung von Haushaltsmitteln die Entsendung beider Bürokräfte zu dem Seminar erforderlich gewesen sei.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag zurückgewiesen und das damit begründet, dass sich eine Verpflichtung zur Tragung der Kosten aus § 179 Absatz 8 Satz 1 SGB IX nicht ableiten lasse. Danach habe der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit der Schwerbehindertenvertretung entstehenden Kosten zu tragen. Eine analoge Anwendung des § 179 Absatz 8 Satz 2 SGB IX scheide aus. Zwar habe die Arbeitgeberin auch die Kosten für eine Bürokraft in erforderlichem Umfang zu tragen, wie sich aus § 178 Absatz 8 Satz 3 SGB IX ergebe. Das beziehe sich aber nicht auf die für eine Schulung der Bürokraft anfallenden Kosten. Der Schulungsanspruch sei durch die gesetzliche Neuregelung ausdrücklich nur auf die stellvertretende Vertrauensperson ausgedehnt worden. Da der Gesetzgeber sich mit der Finanzierung von Schulungs- und Bildungsveranstaltungen im Rahmen der Gesetzesänderung ausdrücklich befasst habe, hätte es nahegelegen, die Bürokräfte miteinzubeziehen, wenn das tatsächlich gewollt gewesen wäre. Jedenfalls wäre aber die Teilnahme von Frau A an dem Seminar auch nicht erforderlich gewesen im Sinne des § 179 Absatz 8 Satz 1 und 3 SGB IX iVm § 40 Absatz 1 und § 42 Absatz 3 PersVG Berlin. Die Schulung hätte objektiv für die Tätigkeit und subjektiv im Hinblick auf das Schulungsbedürfnis des entsandten Mitglieds geboten sein müssen. Danach habe die Schwerbehindertenvertretung eine Teilnahme von Frau A an der Schulung nicht für erforderlich halten dürfen. Hauptamtliche Bürokraft sei Frau B gewesen. Frau B hätte Frau A das Wissen weitergeben können. Der Umstand, dass beide Bürokräfte nie zeitgleich für die Schwerbehindertenvertretung tätig seien, stehe dem nicht entgegen. Es sei insoweit auch nicht relevant, dass seitens der Arbeitgeberin gegenüber der Schwerbehindertenvertretung eine Erklärung nicht abgegeben worden sei. Es sei ausreichend, dass die Arbeitgeberin Frau A hierüber informiert habe.

Die Schwerbehindertenvertretung hat gegen den ihr am 8. Juni 2022 zugestellten Beschluss am 6. Juli 2022 Beschwerde eingelegt und diese mit einem am 8. August 2022 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet. Zur Begründung wiederholt sie im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag unter Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung. Um ihre Tätigkeit als Schwerbehindertenvertretung dem gesetzlichen Auftrag entsprechend gerecht werden zu können, benötige sie zwei Bürokräfte, die über die für ihre Aufgaben notwendige Qualifikation verfügten. Diese seien auch jeweils allein für die Aktenführung, die Vorbereitung von Schreiben sowie die Vereinbarung von Terminen zuständig, was unter den Beteiligten nicht streitig ist. Beide hätten jeweils mit hochsensiblen Daten zu tun. Auch das ist unstreitig. Aus § 179 Absatz 8 Satz 3 SGB IX ergebe sich, dass der Arbeitgeber die Kosten für eine Bürokraft einer Schwerbehindertenvertretung zu übernehmen habe. So heiße es im Gesetz, dass die Kosten der Schwerbehindertenvertretung, nicht die Kosten des Schwerbehindertenvertreters durch den Arbeitgeber zu tragen seien. Daher habe der Arbeitgeber auch die erforderlichen Schulungsmaßnahmen für die Bürokräfte zu finanzieren. Bei den in dem Seminar vermittelten Kenntnissen handele es sich um essenzielle Gesichtspunkte für die Arbeit der Bürokräfte. Wenn das Arbeitsgericht davon ausgehe, dass Frau B die hauptamtliche Bürokraft sei, widerspreche das den Tatsachen. Da die beiden Bürokräfte nicht gleichzeitig miteinander gearbeitet hätten, könne auch nicht eine als hauptamtliche bezeichnet werden. Eine Weitergabe von Wissen scheitere schon daran, dass die beiden Bürokräfte nie gleichzeitig zugegen gewesen sein. Zudem wäre angesichts des knappen Freistellungsbudgets für die Bürokräfte dafür auch keine Zeit vorhanden gewesen. Dass die Arbeitgeberin das selbst so sehe, werde auch dadurch belebt, dass sie beide Kräfte zu einer Schulung für das Büroprogramm Office entsandt habe.

Die Schwerbehindertenvertretung beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 25. Mai 2022 – 56 BV 8825/21 – abzuändern und der Arbeitgeberin aufzugeben, sie von den für die Teilnahme der Mitarbeiterin Ines A an der von Ver.di b+b vom 7. bis 9. April 2021 online durchgeführten Schulung „Speziell für Sekretäriatsmitarbeiter:innen: Organisation des Datenschutzes im Büro der gesetzlichen Interessenvertretung (Grundlagen)“ angefallenen Kosten in Höhe von 870 Euro (Rechnung vom 16. April 2021) freizustellen.

Die Arbeitgeberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Auch sie wiederholt im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Der geltend gemachte Anspruch lasse sich nicht aus dem Gesetz ableiten. Das ergebe sich aus der Systematik des § 179 SGB IX. Ergäbe sich aus § 179 Absatz 8 Satz 3 SGB IX ein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Vertrauensperson für die Teilnahme an Schulung und Bildungsveranstaltungen, fehlte es an einem korrespondierenden Anspruch auf bezahlte Freistellung der Bürokräfte, da § 179 Absatz 4 SGB IX eine solche nicht vorsehe. Außerdem finde sich in § 179 Abs. 8 Satz 1 SGB IX die allgemeine Pflicht des Arbeitgebers, die durch die Tätigkeit der Schwerbehindertenvertretung entstehenden Kosten zu tragen, während Satz 2 eine spezielle Regelung für die Übernahme von Kosten für Schulung und Bildungsveranstaltungen darstelle, die nicht von der Vertrauensperson selbst besucht werden. Die Bürokräfte seien gerade nicht erwähnt. Auch Sinn und Zweck der Regelungen spreche gegen die Absicht des Gesetzgebers, eine Verpflichtung zur Übernahme von Schulungskosten für Bürokräfte zu begründen. Danach hätten die Kosten des Arbeitgebers im Hinblick auf die Schulungskosten beschränkt werden sollen, indem er nur die Vertrauensperson aufgeführt habe. Auch eine analoge Anwendung des § 179 Absatz 8 Satz 2 SGB IX kommen nicht in Betracht. Es fehle an einer Regelungslücke. Soweit sie Frau B und Frau A einschließlich Kostenübernahme für die Schulung zum Windows 10 Update, Office 365 freigestellt habe, sei das wegen des Interesses an einer guten Zusammenarbeit mit der Personalvertretung geschehen. Finanzielle Großzügigkeit habe jedoch Grenzen. Zudem habe es sich um ein Spezialseminar gehandelt. Der Wortlaut des § 179 Absatz 8 Satz 3 SGB IX erfasse ohnehin nur „eine“ Bürokraft. Entsprechend bestehe auch nur Anspruch auf Kostenerstattung für „eine“ Bürokraft. Daran ändere sich nichts dadurch, dass sie die Arbeitszeit von 20 Stunden auf zwei Beschäftigte verteilt habe. Jedenfalls hätte aber ein Wissenstransfer erfolgen können. So hätten Frau B und Frau A auch tatsächlich gleichzeitig über einen Zeitraum von drei Tagen an dem Seminar teilgenommen. Es sei Sache des Antragstellers dafür zu sorgen, dass die Weitergabe von Wissen unter den Bürokräften erfolgen könne. Dazu gebe es auch genug Zeit. Die Aufgaben seien nämlich im Wesentlichen durch die Schwerbehindertenvertretung selbst, nicht durch das Büropersonal durchzuführen.

Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten.

II.

1) Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

2) Die Beschwerde ist auch begründet, da der Antrag der Schwerbehindertenvertretung zulässig und begründet ist. Die bei der Arbeitgeberin gebildete Schwerbehindertenvertretung hat einen Anspruch auf Freistellung von den Kosten, die durch die Teilnahme der Bürokraft A an dem datenschutzrechtlichen Seminar angefallen sind.

a) Die Arbeitgeberin hat die durch die Tätigkeit der Schwerbehindertenvertretung entstehenden Kosten zu tragen, § 179 Absatz 8 Satz 1 SGB IX. Für öffentliche Arbeitgeber gelten danach die Kostenregelungen für Personalvertretungen entsprechend. Nach § 179 Absatz 8 Satz 3 SGB IX sind davon auch die Kosten der Bürokräfte der Schwerbehindertenvertretung erfasst. Die Schwerbehindertenvertretung hat danach einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für Büropersonal im erforderlichen Umfang.

aa) Die Schwerbehindertenvertretung entscheidet - ebenso wie der Personalrat (zu § 40 PersVG Berlin vgl. Germelmann/Binkert § 40 PersVG Berlin Rn. 8) - selbstständig und eigenverantwortlich, was insoweit erforderlich und vertretbar ist.

(1) Die Entscheidung der Schwerbehindertenvertretung unterliegt der arbeitsgerichtlichen Kontrolle. Diese ist auf die Prüfung beschränkt, ob das geforderte Büropersonal im begehrten Umfang aufgrund der konkreten Situation in der Dienststelle der Erledigung gesetzlicher Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung dient und die Schwerbehindertenvertretung bei ihrer Entscheidung nicht nur die Interessen der Belegschaft berücksichtigt, sondern auch den berechtigten Belangen des Arbeitgebers Rechnung getragen hat. Die Entscheidung der Schwerbehindertenvertretung und die daran anknüpfende Verpflichtung des Arbeitgebers nach § 179 Absatz 8 SGB IX ist nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Beschlussfassung durch die Schwerbehindertenvertretung zu beurteilen (vgl. BAG 20. April 2005 – 7 ABR 14/04, Rn. 13, zur vergleichbaren Konstellation bei § 40 BetrVG).

(2) Das hat im Grundsatz auch dann zu gelten, wenn dadurch Kosten entstehen, die die Dienststelle zu tragen hat. Deswegen darf der Dienststellenleiter die Erfüllung von Zahlungsverpflichtungen, welche die Schwerbehindertenvertretung durch die Wahrnehmung der ihr obliegenden Aufgaben verursacht hat, nicht ohne weiteres mit der Begründung verweigern, die dafür vorgesehenen Haushaltsmittel seien erschöpft (vgl. BVerwG 24. November 1986 – 6 P 3/85, Rn. 17). Damit ist die Schwerbehindertenvertretung jedoch nicht von jeder haushaltsrechtlichen Verantwortlichkeit freigestellt. Als zwar dienststelleninterner, nicht aber rechtlich verselbstständigter Bestandteil der nach Art. 20 Abs. 3 GG an Gesetz und Recht gebundenen vollziehenden Gewalt ist sie vielmehr verpflichtet, neben allen sonstigen Rechtsvorschriften auch die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit zu beachten, die ihren Ausdruck unter anderem in dem durch das Haushaltsgesetz festgestellten Haushaltsplan findet (vgl. BVerwG 24. November 1986 – 6 P 3/85, Rn. 18).

(3) Der öffentliche Arbeitgeber hat insoweit die Möglichkeit, das im Haushaltsplan für die Schwerbehindertenvertretung anzusetzende Budget rechtzeitig mit der Schwerbehindertenvertretung abzusprechen. Hat er das nicht getan, wird der Begründungsaufwand regelmäßig im Einzelfall für den Arbeitgeber größer sein, wenn er eine konkrete Maßnahme unter Bezugnahme auf den Haushaltsplan ablehnen will. Es kann aber auch ein unbedachter oder aufgrund der besonderen Umstände zuvor nicht absehbarer Bedarf entstehen. Gegebenenfalls wir dann eine Ergänzung zu beantragen sein. Dies ändert nichts daran, dass die aus § 179 Absatz 8 Satz 3 SGB IX folgende Verpflichtung zu erfüllen ist (vgl. OVG Sachsen-Anhalt 20. August 2000 – A 5 S 4/99, Rn. 20).

(4) Nach Wortlaut und Systematik hat die Schwerbehindertenvertretung demnach einen Anspruch auf Freistellung von den erforderlichen Kosten, wenn sie eine Bürokraft zu ihrer Unterstützung heranzieht. Im Interesse der nach § 182 Abs. 1 SGB IX zu wahrenden engen Zusammenarbeit ist die Schwerbehindertenvertretung jedoch gehalten, sich vor der eigenen Heranziehung von Bürodienstleistern mit dem Arbeitgeber ins Benehmen zu setzen. Erst wenn dieser die berechtigte Forderung nach Unterstützung durch eigenes geeignetes Büropersonal ablehnt, ist der Weg zur Beauftragung auf Kosten des Arbeitgebers frei (LPK-SGB IX/Düwell, 6. Aufl. 2022, SGB IX § 179 Rn. 114).

(5) Der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit gebietet es, sich bei außergewöhnlichen Aufwendungen mit dem Dienststellenleiter oder den in der Dienststelle insoweit verantwortlichen Personen ins Benehmen zu setzen, auch vor dem Hintergrund der Frage, ob Haushaltsmittel zur Verfügung stehen.

(6) Die durch die Schwerbehindertenvertretung insoweit zu treffende Entscheidung betrifft nicht nur die Frage, wie viele Bürokräfte benötigt werden, sondern auch den Gesichtspunkt, über welche Qualifikation die Bürokräfte für die Tätigkeit für die Schwerbehindertenvertretung verfügen müssen. Die Schwerbehindertenvertretung hat – ebenso wie die Personalvertretung – einen Anspruch auf Zurverfügungstellung geeigneten Büropersonals. Dazu gehört es auch, das Büropersonal im erforderlichen Umfang zu qualifizieren, soweit dafür Bedarf besteht. Durch den Arbeitgeber sind die dazu notwendigen Kosten zu tragen.

bb) Bei Zugrundelegung dieser Gesichtspunkte durfte die Schwerbehindertenvertretung hier eine Qualifizierung beider Bürokräfte für erforderlich halten.

(1) Die Entscheidung der Schwerbehindertenvertretung, das Büropersonal auf dem Gebiet des Datenschutzes zu qualifizieren, ist nicht zu beanstanden. Deren Einschätzung, wonach die in der Schulungsveranstaltung vermittelten Kenntnisse für die Arbeit für die Schwerbehindertenvertretung von elementarer Bedeutung sind, kann nicht ernsthaft in Frage gestellt werden. Die durch die Schwerbehindertenvertretung zu bearbeitenden und zu verwaltenden Daten sind regelmäßig besonders sensibel. Ein unqualifizierter Umgang hiermit kann ganz erhebliche negative Auswirkungen für die betroffenen Personen haben. Die mitgeteilten und im Rahmen der Schulungsmaßnahme vermittelten Kenntnisse waren hier geeignet, die insoweit notwendigen Kenntnisse zu vermitteln. Der Inhalt der Schulung war speziell für den Bedarf der Bürokräfte der Interessenvertretungen konzipiert.

(2) Die Schwerbehindertenvertretung durfte auch die Qualifizierung beider Bürokräfte als erforderlich ansehen.

(a) Soweit das Gesetz von „einer“ Bürokraft spricht, handelt es sich dabei um einen unbestimmten Artikel. Die Schwerbehindertenvertretung hat Anspruch auf Bürokräfte im erforderlichen Umfang.

(b) Beiden Mitarbeiterinnen oblag der Umgang mit den Daten im Rahmen ihrer Arbeit. Frau A ist regelmäßig zu Büroaufgaben herangezogen worden, da Frau B aufgrund anderweitiger Verpflichtungen in nicht unerheblichem Umfang verhindert war. Dem steht zunächst der Einwand der Arbeitgeberin, es sei an sich die Aufgabe der Vertrauensperson, sich die Kenntnisse zu verschaffen und diese weiterzuvermitteln, nicht entgegen. Wenn die Vertrauensperson es angesichts einer Verantwortung für über 130 Schwerbehinderte und die diesen gleichgestellten Personen als erforderlich ansieht, bestimmte Fähigkeiten durch die Inanspruchnahme Dritter vermitteln zu lassen, ist das nicht zu beanstanden. Die Vermittlung der Kenntnisse hätte zudem nicht nur vorausgesetzt, dass die Vertrauensperson selbst über sie verfügt. Herr C hätte außerdem erhebliche Zeit dafür aufwenden müssen, dies didaktisch so aufzuarbeiten, dass die Mitarbeiterinnen davon hätten profitieren können. Das ist angesichts des nicht einfachen Stoffs eher ineffizient, zumal die Schulungskosten sich auch in einem angemessenen Rahmen hielten. Die Vertrauensperson war zudem auch nicht gehalten, nur eine Mitarbeiterin an der Schulung teilnehmen zu lassen und Frau A sodann durch Frau B unterrichten zu lassen. Die Arbeitgeberin erläutert nicht, wie der zeitliche Aufwand, der für die Vermittlung des Stoffs einer dreitägigen Schulung erforderlich gewesen wäre, hätte ausgeglichen werden können. Die Schwerbehindertenvertretung hat insoweit unwidersprochen vorgetragen, dass die Bürokräfte mit ihren eigentlichen Aufgaben ausgelastet gewesen seien. Erst recht trägt das Argument der Arbeitgeberin, die beiden Bürokräfte hätten ja auch für die zeitgleiche Inanspruchnahme des Seminars Zeit aufwenden müssen, hier schon deshalb nicht, weil Frau A an dem Seminar während ihres Urlaubs teilgenommen hat, da die Arbeitgeberin sie nicht freistellen wollte.

Frau A war allerdings nicht verpflichtet, für die Teilnahme an der Schulung Urlaub zu nehmen. Die Schwerbehindertenvertretung konnte eine bezahlte Freistellung der Frau A von der Arbeit für die Schulungsdauer beanspruchen. Sie durfte den dafür angefallenen Zeitaufwand als erforderlich ansehen.

Soweit sich die Arbeitgeberin auf Haushaltsgesichtspunkt beruft, hat sie dies nicht konkretisiert. Die Argumente beziehen sich eher auf mögliche Einspargesichtspunkte. Es ist nicht vorgetragen worden, dass unter haushalterischen Gesichtspunkten die Mittel nicht zur Verfügung gestanden hätten. Entsprechende Einwendungen hat sie der Schwerbehindertenvertretung nach Anzeige des Schulungsbedarfs und der geplanten Teilnahme durch Frau A an der Schulung nicht entgegengehalten. Die Arbeitgeberin hat sich darauf beschränkt, Frau A mitzuteilen, dass sie an der Schulung nicht teilnehmen dürfe. Ansprechpartner wäre insoweit allerdings die Vertrauensperson der Schwerbehinderten gewesen. Ihr gegenüber ist eine ablehnende Stellungnahme nicht erfolgt. Im Übrigen hätten im Budget fehlende Haushaltsmittel nichts daran geändert, dass die Arbeitgeberin den sich aus § 179 Absatz 8 Satz 3 SGB IX ergebenden Verpflichtungen nachzukommen gehabt hätte. Bei der Frage, ob Haushaltsmittel zur Verfügung gestanden haben, wäre auch zu berücksichtigen gewesen, ob die Schwerbehindertenvertretung in die Haushaltsplanung einbezogen worden ist. Dies ist nach Angaben der Schwerbehindertenvertretung im Termin nicht erfolgt. In dieser Konstellation wäre der Begründungsaufwand für die Arbeitgeberin allerdings deutlich erhöht gewesen. Hier gibt es für fehlende Haushaltsmittel zudem keine konkreten Anhaltspunkte, sodass es darauf im Ergebnis nicht ankommt.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beantwortung der Frage, ob eine Qualifizierungsmaßnahme erforderlich ist, ist der der durchgeführten oder beabsichtigten Schulung. Allerdings hat die Schwerbehindertenvertretung vorgetragen, dass sich neben dem aktuellen Bedarf auch damals bereits perspektivisch konkreter Schulungsbedarf angesichts der zunehmenden Verhinderung der Frau B aufgrund der Wahrnehmung anderer Aufgaben andeutete. Das hat sich inzwischen auch realisiert, da Frau B aufgrund der Aufgaben als Frauenvertreterin für die Büroarbeit der Schwerbehindertenvertretung nicht mehr zur Verfügung steht.

b) Dem Ergebnis steht § 179 Absatz 8 Satz 2 SGB IX nicht entgegen. Die Vorschrift betrifft nicht die Kosten, die durch Schulungen des Büropersonals entstehen. Es geht in der Vorschrift vielmehr um die Schulungskosten, die für Vertrauenspersonen der Schwerbehinderten und deren Stellvertreter anfallen. Die für das Büropersonal anfallenden Kosten zählen zu den Sachkosten, wie sie auch von § 40 LPersVG Berlin bzw. § 40 BetrVG erfasst werden. Soweit ersichtlich, ist bisher in Rechtsprechung und Literatur noch nicht vertreten worden, dass der Schulungsanspruch der Personalvertretungen und des Betriebsrats dem Anspruch auf qualifiziertes Büropersonal entgegenstünde. Es geht um unterschiedliche Fragen. Da sich die Verpflichtung zur Zurverfügungstellung qualifizierten Personals bereits direkt aus § 179 Abs. 8 Satz 3 SGB IX ergibt, stellt sich die Frage einer analogen Anwendung des § 179 Abs. 8 Satz 2 SGB IX nicht. Insoweit ist es zutreffend, wenn die Arbeitgeberin von dem Nichtvorhandensein einer Regelungslücke ausgeht.

III.

Die Entscheidung ergeht nach § 2 Abs. 2 GKG in Verbindung mit § 2a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG gerichtskostenfrei.

IV.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde lagen nicht vor.