Gericht | OLG Brandenburg 6. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 14.12.2022 | |
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Aktenzeichen | 6 W 36/22 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2022:1214.6W36.22.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Cottbus vom 13.12.2021 - 6 O 307/18 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
I.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Neubrandenburg vom 31.01.2018 ist über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beschwerdegegner zum Insolvenzverwalter bestellt worden. Danach hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 26.03.2018 vor dem Landgericht Cottbus Klage gegen die Schuldnerin erhoben. Die Schuldnerin hat einen Prozessbevollmächtigten mandatiert und ihm zugleich mit der Mandatierung mit „Abtretungsvereinbarung“ vom 26.09.2018 ihre Kostenerstattungsansprüche aus dem Rechtsstreit abgetreten. Mit Schriftsatz vom 10.10.2018 hat die Klägerin die Klage zurückgenommen und ihr sind auf Antrag der Beklagten mit Beschluss des Landgerichts vom 21.12.2018 die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO auferlegt worden.
Der Beschwerdegegner beantragte sodann unter dem 25.03.2020, die Kosten des Verfahrens gemäß § 104 ZPO zugunsten der Insolvenzmasse festzusetzen. Der Rechtspfleger des Landgerichts Cottbus wies diesen Antrag zurück, weil der Beschwerdegegner nicht Partei des Rechtsstreits gewesen sei und ihm kein Erstattungsanspruch zustehe. Die sofortige Beschwerde gegen diesen Beschluss wies das Brandenburgische Oberlandesgericht mit Beschluss vom 03.08.2021 zurück (6 W 54/21).
Dem Beschwerdegegner wurde sodann auf entsprechenden Antrag hin Rechtsnachfolgeklausel hinsichtlich des Beschlusses vom 21.12.2018 erteilt und in der Folge wurden die von der Klägerin an ihn zu erstattenden Verfahrenskosten streitgegenständlichen Kostenfestsetzungsbeschluss auf 2.085,95 € festgesetzt.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer sofortigen Beschwerde, mit der sie geltend macht, der Kostenfestsetzungsantrag sei ihr vor Festsetzung nicht zur Stellungnahme übersandt worden. Sie ist zudem der Ansicht, der Erstattungsanspruch gehöre nicht zur Insolvenzmasse, nachdem die Schuldnerin ihren Erstattungsanspruch an ihre damaligen Prozessbevollmächtigten abgetreten habe. Zudem erklärt die Klägerin die Aufrechnung mit einem ihr vorgeblich gegenüber der Schuldnerin zustehenden Schadensersatzanspruch aus
§ 826 BGB. Diesen sieht sie darin begründet, dass die Schuldnerin sie nicht zeitnah von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Kenntnis gesetzt und deshalb das Entstehen der Prozesskosten zu vertreten habe.
Das Landgericht - Rechtspfleger - hat der Beschwerde nicht abgeholfen und dem Oberlandesgericht zur weiteren Entscheidung vorgelegt. Dieses hat der Klägerin den Kostenfestsetzungsantrag des Beschwerdegegners vom 30.09.2021 zur Stellungnahme übersandt.
II.
Die sofortige Beschwerde des Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Cottbus vom 13.12.2021 ist nach § 11 RPflG, § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht eingelegt worden und die notwendige Beschwer ist erreicht.
Sie ist allerdings unbegründet. Die Kostenfestsetzung zugunsten des Beschwerdegegners ist nicht zu beanstanden. Ihr steht weder die Abtretung des Kostenfestsetzungsanspruches durch die Schuldnerin an ihre Prozessbevollmächtigten noch die durch die Klägerin erklärte Aufrechnung entgegen zu beanstanden. Einwendungen gegen die mit dem Kostenfestsetzungsantrag vom 30.09.2021 zur Festsetzung angemeldeten Einzelpositionen hat die Klägerin auch nach ihr insoweit im Beschwerdeverfahren eröffneten Gelegenheit zur Stellungnahme nicht erhoben.
1.
Soweit die Klägerin mit ihrer Beschwerde geltend macht, der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss zugunsten des Beschwerdegegners hätte nicht erlassen werden dürfen, weil die Schuldnerin mit Abtretung des Erstattungsanspruches an ihre damaligen Prozessbevollmächtigten nicht mehr Inhaberin des Rechts gewesen sei und der Anspruch damit nicht mehr zu der durch den Beschwerdegegner verwalteten Insolvenzmasse gehört habe, ist ihr nicht zu folgen. Diese Auffassung verkennt, dass vorliegend das Insolvenzverfahren bereits vor Abschluss der Abtretungsvereinbarung eröffnet worden ist. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis betreffend das Vermögen des Schuldners auf den Insolvenzverwalter über mit der Folge, dass nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens getroffene Verfügungen des Schuldners unwirksam sind, § 81 Abs. 1 InsO, sofern der Insolvenzverwalter diese nicht genehmigt. An einer entsprechenden Erklärung fehlt es, so dass die Abtretung des Erstattungsanspruchs unwirksam war.
Entgegen der Ansicht der Klägerin steht der Unwirksamkeit vorliegend auch nicht entgegen, dass der abtgetretene Erstattungsanspruchs ein Klageverfahren betraf, das erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingeleitet worden ist. Nach § 35 Abs. 1 InsO erfasst das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt, es sei denn, es handelt sich, wie hier nicht, um unpfändbare Gegenstände, § 36 Abs. 1 InsO. Ansprüche auf Prozesskostenerstattung gehören danach zur Insolvenzmasse, wenn der die Erstattungsforderung begründende Sachverhalt vor oder während des Insolvenzverfahrens verwirklicht wurde (BGH, Versäumnisurteil vom 01.02.2007 - IX ZR 178/05; juris). Das ist hier der Fall. Die Klage, aus der der prozessuale Kostenerstattungsanspruch abgeleitet wird, wurde nach Eröffnung und während des laufenden Insolvenzverfahrens erhoben. Der Kostenerstattungsanspruch kann deshalb gemäß § 80 Abs. 1 InsO allein von dem Insolvenzverwalter geltend gemacht werden, auf den auch die prozessualen Ansprüche des Schuldners übergehen. Dass die während laufenden Insolvenzverfahrens erklärte Abtretung des Kostenerstattungsanspruches zeitgleich mit der Beauftragung des Prozessbevollmächtigten durch die Schuldnerin erfolgt ist, bleibt auf diese rechtliche Bewertung ohne Einfluss.
2.
Soweit die Klägerin gegen den Kostenerstattungsanspruch des Beschwerdegegners (hilfsweise) die Aufrechnung erklärt hat mit einem Anspruch auf Schadensersatz gegen die beklagte Schuldnerin, bedarf keine Entscheidung, ob diese Aufrechnung nach § 96 InsO überhaupt zulässig war. Die Aufrechnungserklärung der Klägerin kann nämlich aus prozessualen Gründen keine Berücksichtigung finden.
Das Kostenfestsetzungsverfahren beschränkt sich grundsätzlich auf die Berücksichtigung kostenrechtlicher Aspekte. Es hat nur den Zweck, die Kostengrundentscheidung der Höhe nach zu beziffern. Außerhalb dieser Zielsetzung liegende sonstige Streitigkeiten zwischen den Parteien werden nicht mitentschieden, deshalb sind materiell-rechtliche Einwendungen und auch Aufrechnungserklärungen gegen den Kostenerstattungsanspruch grundsätzlich nicht zu berücksichtigen (BGH MDR 2014, 865, 888). Aus prozessökonomischen Gründen macht die Rechtsprechung davon eine Ausnahme, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen einer Einwendung feststehen (BGH, Beschluss vom 14.05.2014 - XII ZB 539/11; Beschluss vom 11.10.2006 - XII ZR 285/02 Rn 10; zit. nach juris)., etwa wenn die zur Aufrechnung gestellte Forderung außer Streit steht oder rechtskräftig festgestellt ist. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, vielmehr hat der Beschwerdegegner das Bestehen des von der Klägerin zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzanspruches mit inhaltlichen Argumenten in Abrede gestellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.