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Entscheidung 8 K 1295/19


Metadaten

Gericht VG Potsdam 8. Kammer Entscheidungsdatum 18.11.2022
Aktenzeichen 8 K 1295/19 ECLI ECLI:DE:VGPOTSD:2022:1118.8K1295.19.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 6 KAG BB

Tenor

1. Der Gebührenbescheid vom 12. Februar 2019 und der Widerspruchsbescheid vom 17. April 2019 werden aufgehoben, soweit die Schmutzwassergebühren den Betrag von 355,90 Euro übersteigen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger als Gesamtschuldner zu drei Viertel und der Beklagte zu einem Viertel.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen ihre Heranziehung zu Gebühren für die Entsorgung von Fäkalwasser, soweit diese „Mehrmengen aus Entsorgung“ betreffen.

Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks A.... Das Grundstück ist an die zentrale Trinkwasserversorgung angeschlossen, das Schmutz- bzw. Fäkalwasser wird über eine abflusslose Sammelgrube entsorgt. Der Verband des Beklagten betreibt unter anderem auf dem Gebiet der Gemeinde Wustermark die zentrale Trinkwasserversorgung und die dezentrale Abwasserentsorgung jeweils als öffentliche Einrichtung.

Mit Bescheid vom 11. Februar 2019 setzte der Beklagte gegen die Kläger für den Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2018 Fäkalgebühren in Höhe von insgesamt 371,25 Euro fest. Diesem Betrag liegen zugrunde die von dem klägerischen Grundstück im Kalenderjahr 2018 aus der zentralen Trinkwasserversorgung bezogene Wassermenge von 133 m³ (133 m³ x 4,95 Euro/m³ = 658,35 Euro) abzüglich 71 m³ durch Abzugszähler ermittelte Wassermenge (71 m³ x 4,95 Euro/m³ = 351,45 Euro) zuzüglich 13 m³ „Mehrmengen aus Entsorgung“ (13 m³ x 4,95 Euro/ m³ = 64,35 Euro), d.h. die Differenz zwischen den durch den Wasserzähler sowie den Abzugszähler ermittelten Mengen an Frischwasser (133 m³ - 71 m³ = 62 m³) und der Menge des von dem Grundstück im Erhebungszeitraum abgefahrenen Schmutzwassers (75 m³).

Am 20. Februar 2019 legten die Kläger Widerspruch gegen den Gebührenbescheid ein, soweit darin Gebühren für 13 m³ „Mehrmengen aus Entsorgung“ (im Folgenden nur noch: Mehrmengen) berechnet worden waren. Diese Position sei nicht nachvollziehbar. Abrechnungsgrundlage sei die geeichte Wasseruhr, d. h. Frischwasser gleich Abwasser. Die auf dem Grundstück befindliche Abwassergrube sei aus einem Stück und habe einen Dichtigkeitsnachweis, so dass auch kein Fremdwasser eindringen könne. Das Regenwasser werde separat abgeleitet in eine dafür vorgesehene Einrichtung. Aus einer Fäkaliengrube mit einem Fassungsvolumen von 3 m³ könnten nicht 5,1 m³ bzw. 4,0 m³ abgesaugt werden, wie dies bei dem klägerischen Grundstück am 30. Januar 2018 bzw. am 3. Juli 2018 der Fall gewesen sein soll. Die Abfuhrfahrzeuge verfügten über keine geeichten Messeinrichtungen.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17. April 2019, zugestellt am 18. April 2019, zurück. Auf der Grundlage von § 3 Abs. 1 Kommunalverfassung (KV), § 6 Kommunalabgabengesetz (KAG) sowie der Fäkalgebührensatzung des Verbandes vom 15. Mai 2014 (im Folgenden: FGS) in der jeweils gültigen Fassung sei die Gebührenerhebung rechtmäßig erfolgt. Nach § 2 Abs. 2 FGS werde die Benutzungsgebühr der Schmutzwasserentsorgung aus abflusslosen Sammelgruben nach der Schmutzwassermenge bemessen, die von dem angeschlossenen Grundstück in die öffentliche dezentrale Schmutzwasserbeseitigungsanlage gelange. Darüber hinaus gelte nach Satz 2 dieser Vorschrift die tatsächliche Abfuhrmenge als in die öffentliche dezentrale Schmutzwasserbeseitigungsanlage eingeleitet, sofern die tatsächliche Abfuhrmenge über der durch Wasserzähler ermittelten Wassermenge liege. Die Modifikation des Frischwassermaßstabs greife nicht nur in Gestalt von Abzugsmengen zugunsten des Benutzers ein, sondern auch in Gestalt von nachgewiesenen Mehrmengen zu seinen Lasten. Letztlich greife hier die in § 2 Abs. 3 Satz 7 FGS geregelte Schätzungsbefugnis des Beklagten.

Die Kläger haben am Montag, dem 20. Mai 2019 Klage erhoben. Soweit der Beklagte zu einer Schätzung befugt sein sollte, wäre er nach § 12 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b) KAG i.V.m. § 162 Abs. 1 Satz 2 Abgabenordnung (AO) verpflichtet, alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung seien. Für die in dem Bescheid vom 11. Februar 2019 berechneten 13 m³ Mehrmenge stehe keine Schätzgrundlage zur Verfügung. Der Abwassertank der Kläger habe ausweislich der vorgelegten bauaufsichtlichen Zulassung für abflusslose Sammelgruben („GreenLife Erdtanksystem“) nur ein Fassungsvolumen von 3,0 m³. Der Beklagte wolle daraus 5,1 m³ Fäkalwasser abgefahren haben. Dies sei tatsächlich nicht möglich. Soweit der Beklagte argumentiere, dass der Tank tatsächlich größer sei und das in der Zuleitung befindliche Wasser hinzukomme, sei er diesbezüglich darlegungs- und beweisbelastet. Es könne den Beklagten auch nicht entlasten, dass die behauptete Gesamtmenge des abgefahrenen Fäkalwassers aus mehreren Entleerungen bei den Einlassstellen der Kläranlage durch Zählereinrichtungen entsprechend bestätigt worden sei. Dies werde bestritten. Im Übrigen könne von der dort entsorgten Gesamtmenge nicht auf die auf den einzelnen Nutzer entfallende Menge von Fäkalwasser geschlossen werden. Der Beklagte hätte hier nähere Aufklärungen vornehmen müssen.

Die Kläger wehrten sich nicht gegen die Berechnung der Gebühren nach der tatsächlichen Abfuhrmenge. Dies ergebe sich aus der Satzung. Die Abfuhrmenge sei jedoch nicht ordnungsgemäß ermittelt worden. Der Beklagte bleibe jede Erklärung dafür schuldig, warum ohne Zuflussmöglichkeit die Entsorgungsmenge über der zugeführten Trinkwassermenge liegen solle. Eine „wundersame Mengenvermehrung“ finde nicht statt. Solange der Beklagte nicht ordnungsgemäß messe, könne er nur den Verbrauch gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 Buchstabe a) FGS berechnen.

Des Weiteren stellten die Satzungsregelungen zu Mehrmengen aus Entsorgung in der FGS einen Gleichheitsverstoß dar. Bei an die zentrale Abwasserentsorgung angeschlossenen Grundstücken werde die Abwassermenge nach der Menge des bezogenen Frischwassers berechnet. Dort seien Mehrmengen aus Entsorgung ausgeschlossen. Es bestehe kein sachlicher Grund dafür, insoweit eine Ungleichbehandlung vorzunehmen.

Die Kläger beantragen,

den Gebührenbescheid des Beklagten vom 11. Februar 2019 und den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 17. April 2019 insoweit aufzuheben, als dort Mehrmengen als Schmutzwasser/Fäkalwasser über den Trinkwasserbezug hinaus berechnet worden sind,

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die streitgegenständlichen Bescheide fänden ihre Rechtsgrundlage in § 6 KAG und den Vorschriften der Fäkalgebührensatzung (FGS) vom 15. Mai 2014 in der Fassung der 3. Änderungssatzung vom 26. April 2018. Auf der Grundlage von § 2 Abs. 2 Satz 2 FGS habe der Beklagte bei der Gebührenerhebung nicht nur die dem Grundstück aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage zugeführte und durch Wasserzähler ermittelte Wassermenge zugrunde zulegen, sondern die (höhere) im Jahr 2018 tatsächlich vom Grundstück der Kläger abgefahrene Schmutzwassermenge. Eine vergleichbare Satzungsregelung habe das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 11. Januar 2012 - OVG 9 N 96.09 -, juris Rn. 16 f.) bereits bestätigt.

Eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung von dezentraler Entsorgung und zentraler Entsorgung durch die Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 2 FGS liege fern, denn beide Entsorgungssysteme seien in tatsächlicher Hinsicht wesentlich ungleich. Im Bereich der zentralen Entsorgung gebe es keine dem angeschlossenen Grundstück individuell zuordenbaren Mehrmengen. Trinkwasserbezug aus der öffentlichen Versorgungsanlage und Einleitung von Schmutzwasser in die öffentliche Entsorgungsanlage bildeten hier regelmäßig einen einheitlichen Benutzungsvorgang. Soweit Fremdwasser von außen in die öffentliche Kanalisation eindringe, belasteten die Kosten dafür die Gesamtheit der Gebührenzahler. Im Bereich der dezentralen Entsorgung existiere durch die Sammelgrube eine in der Verantwortungssphäre des Grundstückseigentümers liegende Entwässerungsvorrichtung, die nicht Bestandteil der öffentlichen Entsorgungsanlage sei. Erst die Übernahme des gesamten Schmutzwassers in das Entsorgungsfahrzeug stelle eine Inanspruchnahme der öffentlichen dezentralen Entsorgungsanlage dar. Erweise sich im Einzelfall – wie vorliegend –, dass die öffentliche Anlage in stärkerem Maß in Anspruch genommen werde, als es nach dem modifizierten Frischwassermaßstab anzunehmen war, weil die tatsächlich abgefahrene Schmutzwassermenge innerhalb des Erhebungszeitraums über der bezogenen Trinkwassermenge gelegen habe, gebe es einen Anhaltspunkt für die konkrete Gebührenbemessung, der bei einer zentralen Entsorgung technisch regelmäßig nicht denkbar sei.

Der Beklagte führe die dezentrale Entsorgung in Eigenregie durch und setze dabei ein fertig am Markt gekauftes Abfuhrfahrzeug ein, welches mit einer mechanischen Anlage für die Bemessung des Inhalts ausgestattet sei. In dem Tank befinde sich ein sogenannter Schwimmer, der den Inhalt messe. Der Inhalt selbst werde an einer Skala außen am Fahrzeug angezeigt. Der Fahrer des Entsorgungsfahrzeuges lese den Füllstand des Fahrzeugs bei jedem Grundstück zu Beginn und Ende des Absaugvorgangs ab und erfasse die Differenzmenge elektronisch auf einem Tablet. Der Beklagte habe die Fahrer insoweit angewiesen, die so ermittelte (Differenz-) Menge stets auf den nächstniedrigeren durch 0,5 Kubikmeter teilbaren Wert abzurunden. Eine Qualifizierung der Messgenauigkeit der Volumenmesseinrichtung in Form einer Messunsicherheit sei nicht möglich. Der Beklagte führe zudem an den insgesamt fünf Fäkalannahmestationen bzw. Einleitstellen im Verbandsgebiet einen monatlichen Abgleich der ermittelten Gesamtabfuhrmengen mit den Gesamteinleitungen durch und dokumentiere die Werte.

Die Kläger halten dem entgegen, dass die von dem Beklagten beschriebene Funktionsweise der mechanischen Anlage am Abfuhrfahrzeug nicht bedeute, dass die Messeinrichtung die im Fahrzeug befindliche Füllmenge korrekt wiedergebe, weil die Ablesung von einem Schwimmer erfolge. Nachdem das Entsorgungsfahrzeug nach der Anfahrt zum Stillstand gekommen sei und während des Absaugvorgangs befinde sich der Inhalt des Fahrzeugtanks in Bewegung, was zu Schwankungen an dem Zeiger der Messeinrichtung führe. Entgegen der Behauptung des Beklagten warte der Fahrer nicht ab, bis der Zeiger sich austariert habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verfahrensakte, die beigezogenen Gerichtsakten der Verfahren VG 8 K 1294/19, VG 8 K 1296/19, VG 8 K 1297/19 und VG 8 K 869/20 sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten (ein Hefter) verwiesen, welche vorgelegen haben und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Sie ist zulässig, aber nur teilweise begründet. Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 11. Februar 2019 und der Widerspruchsbescheid vom 17. April 2019 sind überwiegend rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die satzungsrechtlichen Regelungen des Verbandes des Beklagten zum Gebührenmaßstab sind wirksam (dazu im Folgenden 1.). Diese Regelungen hat der Beklagte im Fall der Kläger dem Grunde nach auch fehlerfrei angewendet (2.). Abweichend davon ist die Gebührenerhebung jedoch rechtswidrig, soweit der Beklagte bei den Abfuhren am 30. Januar 2018 und am 3. Juli 2018 Abfuhrmengen zugrunde gelegt hat, welche über dem Fassungsvermögen der auf dem Grundstück der Kläger eingebauten Sammelgrube liegen (3.).

1. Die streitgegenständlichen Bescheide finden ihre Rechtsgrundlage in § 2 Abs. 1, § 6 Abs. 1 KAG i.V.m. der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die dezentrale Schmutzwasserbeseitigung im Verbandsgebiet des Wasser- und Abwasserverbandes „Havelland“ (Fäkalgebührensatzung) vom 15. Mai 2014 (veröffentlicht: Amtsblatt für den Wasser- und Abwasserverband „Havelland“ vom 1. August 2014, S. 17) in der Fassung der 3. Änderungssatzung vom 26. April 2018 (veröffentlicht: Amtsblatt für den Wasser- und Abwasserverband „Havelland“ vom 31. August 2018, S. 2).

Der Verband des Beklagten erhebt nach § 1 Abs. 1 FGS Benutzungsgebühren für die Inanspruchnahme der öffentlichen dezentralen Schmutzwasserbeseitigungsanlage. Die Benutzungsgebühr der Schmutzwasserentsorgung aus abflusslosen Sammelgruben wird nach der Schmutzwassermenge bemessen, die von dem angeschlossenen Grundstück in die öffentliche dezentrale Schmutzwasserbeseitigungsanlage gelangt (§ 2 Abs. 1 FGS). Eine Grundgebühr wird nicht erhoben.

§ 2 Abs. 2 FGS hat folgenden Wortlaut:

„Als in die öffentliche dezentrale Schmutzwasserbeseitigungsanlage eingeleitet gelten

a) die den Grundstücken aus öffentlichen oder privaten Wasserversorgungsanlagen zugeführte und durch Wasserzähler ermittelte Wassermenge,

b) die auf dem Grundstück gewonnene und dem Grundstück sonst zugeführte Wassermenge.

Liegt die tatsächliche Abfuhrmenge über der Wassermenge nach Satz 1, so gilt die tatsächliche Abfuhrmenge als in die öffentliche dezentrale Schmutzwasserbeseitigungsanlage eingeleitet.“

a. Die FGS in ihrer Ursprungsfassung vom 15. Mai 2014 sowie die drei Änderungssatzungen vom 6. Dezember 2016, 7. November 2017 und 26. April 2018 sind grundsätzlich – d.h. vorbehaltlich der näheren Prüfung der hier einschlägigen Regelung zu den Mehrmengen in § 2 Abs. 2 Satz 2 FGS (dazu im Folgenden unter b.) – wirksam. Die Kammer hat dies für die Ursprungsfassung der Satzung vom 15. Mai 2014, in welcher die Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 2 FGS noch nicht enthalten war, bereits im Urteil vom 28. Juni 2017 (- 8 K 2366/13 -, juris) festgestellt.

Die Satzung weist den nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG erforderlichen Mindestgehalt auf: Regelungen zum Kreis der Gebührenpflichtigen (§ 7 FGS), zum Gebührentatbestand (§ 1 FGS), zum Gebührenmaßstab (§ 2 FGS), zum Gebührensatz (§ 4 FGS) sowie zum Zeitpunkt der Fälligkeit (§ 6 Abs. 2 FGS). Der in § 2 FGS ausgestaltete Gebührenmaßstab ist – wie die Kammer im Urteil vom 28. Juni 2017 (- VG 8 K 2366/13 -, juris) bereits festgestellt hat – dem Grunde nach nicht zu beanstanden. Der Satzungsgeber hat sich in § 2 FGS grundsätzlich für den sogenannten modifizierten Frischwassermaßstab entschieden, indem sich die Höhe der Gebühren für die Fäkalwasserentsorgung nach der Schmutzwassermenge bemisst, die von dem angeschlossenen Grundstück in die öffentliche dezentrale Schmutzwasserbeseitigungsanlage gelangt (§ 2 Abs. 1 FGS), wofür wiederum die dem Grundstück aus öffentlichen oder privaten Wasserversorgungsanlagen zugeführte, auf ihm gewonnene und ihm sonst zugeführte Wassermenge maßgeblich ist (§ 2 Abs. 2 FGS).

Dieser Maßstab ist nicht zu beanstanden. Der modifizierte Frischwassermaßstab ist ein grundsätzlich zulässiger Wahrscheinlichkeitsmaßstab im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG zur Bemessung der Mengengebühr auch für die dezentrale Schmutzwasserentsorgung aus abflusslosen Sammelgruben (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. Februar 2018 - OVG 9 N 217.13 -, juris Rn. 12; Urteil vom 6. Juli 2011 - OVG 9 B 28.09 -, juris Rn. 14 ff.; Urteil der Kammer vom 28. Juni 2017 - 8 K 2366/13 -, juris Rn. 24; Düwel, in: Becker u.a., KAG Bbg, Stand Februar 2020, § 6 Rn. 1048).

Ein praktikabler – vorrangiger – Wirklichkeitsmaßstab im Sinne von § 6 Abs. 4 Satz 1 KAG steht für die Abwasserentsorgung aus abflusslosen Sammelgruben nicht zur Verfügung, insbesondere ist die Bemessung nach den Abfuhrmengen ebenfalls nur ein Wahrscheinlichkeitsmaßstab, mit dem zwar ein wichtiges Element der tatsächlichen Inanspruchnahme der Entsorgungsanlage genauer erfasst wird, nicht aber die die wirkliche Reinigungsleistung mitbestimmende jeweilige Schmutzfracht (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6. Juli 2011 - OVG 9 B 28.09 -, juris Rn. 14 m. w. N.).

Ob der Gebührenmaßstab nach der Menge des abgefahrenen Fäkalwassers – der bis zum 31. Dezember 2011 auch im Verbandsgebiet gegolten hatte – „wirklichkeitsnäher“ oder „preisgünstiger“ als der modifizierte Frischwassermaßstab ist, ist unmaßgeblich. Dem Satzungsgeber ist bei der Bestimmung von Wahrscheinlichkeitsmaßstäben ein weites Ermessen eingeräumt. Deshalb kann nicht gefordert werden, dass der zweckmäßigste, vernünftigste, gerechteste oder wahrscheinlichste Maßstab angewendet wird. Vielmehr kann bei der Bemessung der Benutzungsgebühren auch die Praktikabilität des Gebührenmaßstabs berücksichtigt werden (BVerwG, Beschluss vom 12. August 1981 - 8 B 20.81 -, juris Rn. 5). Entscheidend ist nach § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG allein, dass der Gebührenmaßstab nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zur Inanspruchnahme der Einrichtung oder Anlage steht (vgl. Urteil der Kammer vom 31. März 2010 - 8 K 1274/07 -, juris Rn. 23 m. w. N.). Das ist hinsichtlich hier anwendbaren FGS grundsätzlich nicht anzunehmen (vgl. Urteil der Kammer vom 28. Juni 2017 - 8 K 2366/13 -, juris).

Die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 28. März 1995 - 8 N 3.93 -, juris Rn. 11 f.) und des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 22. Februar 2018 - OVG 9 N 217.13 -, juris Rn. 12) bei Anwendung des modifizierten Frischwassermaßstabs zwingend in der Satzung vorzusehende Möglichkeit, Wassermengen abzusetzen, die nachweisbar in erheblichem Umfang nicht in die Schmutzwasserbeseitigungsanlage gelangt sind, ist in § 2 Abs. 4 FGS enthalten.

b. Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 FGS gilt die tatsächliche Abfuhrmenge als in die öffentliche dezentrale Schmutzwasserbeseitigungsanlage eingeleitet, wenn die tatsächliche Abfuhrmenge über der Wassermenge liegt, welche dem Grundstück aus öffentlichen oder privaten Wasserversorgungsanlagen zugeführt, auf dem Grundstück gewonnen oder dem Grundstück sonst zugeführt worden ist. In diesen Fällen kommt mit der tatsächlichen Abfuhrmenge ein anderer Gebührenmaßstab als die dem Grundstück zugeführte oder dort gewonnene Wassermenge zur Anwendung. Der Satzungsgeber hat damit eine Kombination von modifiziertem Frischwassermaßstab (§ 2 Abs. 2 Satz 1) und dem Maßstab der tatsächlichen Abfuhrmenge (§ 2 Abs. 2 Satz 2) vorgenommen. Weder die Kombination beider Gebührenmaßstäbe (aa.) noch die Ausgestaltung des (Teil-)Maßstabs der tatsächlichen Abfuhrmenge (bb.) begegnet rechtlichen Bedenken im Hinblick auf das Gebot des Grundsatzes der Leistungsproportionalität. Schließlich stellt die „Mehrmengenregelung“ nur für die dezentrale Schmutzwasserentsorgung auch keinen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz dar (cc.).

aa. Die vom Satzungsgeber gewählte Kombination von modifiziertem Frischwassermaßstab und Abfuhrmaßstab begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Ein vom Satzungsgeber gewählter Wahrscheinlichkeitsmaßstab muss – wenn auch nicht in jedem Einzelfall – so doch aber im Großen und Ganzen gewährleisten, dass ein Mehr oder Weniger einer Inanspruchnahme auch zu einem verhältnismäßigen Mehr oder Weniger an Gebühr führt (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30. September 2014 - OVG 9 B 29.13 -, juris Rn. 27; Urteil vom 6. Juli 2011 - OVG 9 B 28.09 -, juris Rn. 15; vgl. auch OVG Brandenburg, Urteil vom 22. August 2002 - 2 D 10/02.NE -, juris Rn. 50). Diesem rechtlichen Maßstab genügt die in § 2 Abs. 2 FGS vorgesehene Kombination von modifiziertem Frischwasser- und Abfuhrmengenmaßstab, wonach grundsätzlich die dem Grundstück zugeführte oder auf dem Grundstück gewonnene Menge an Frischwasser als in die öffentliche dezentrale Schmutzwasserbeseitigungsanlage eingeleitet gilt und nur bei einer größeren tatsächlichen Abfuhrmenge letztere maßgeblich ist.

Eine gebührenrelevante Inanspruchnahme der öffentlichen dezentralen Schmutzwasserentsorgung liegt auch dann vor, wenn solches Wasser aus der Sammelgrube entsorgt wird, das vor seinem Gebrauch und seiner Einleitung in die Sammelgrube nicht als Frisch- oder Brauchwasser über einen Wasserzähler erfasst worden ist. Wenn die erfasste Abfuhrmenge die gemessenen Frisch- und Brauchwassermengen übersteigt, ist ein solcher Sachverhalt grundsätzlich anzunehmen. Die der Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 2 FGS zugrundeliegende weitere Annahme, dass in dieser Fallgestaltung mindestens eine der tatsächlichen Abfuhrmenge entsprechende Wassermenge dem Grundstück und anschließend – entweder über die Hausentwässerungsanlage oder auf anderem Wege – der Sammelgrube zugeführt worden sein muss, ist ebenso einleuchtend und unter dem Gesichtspunkt eines tauglichen Wahrscheinlichkeitsmaßstabs nicht zu beanstanden (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. November 2014 - OVG 9 B 31.13 -, juris Rn. 23 für eine satzungsrechtliche Schätzbefugnis, wenn die tatsächlich abgefahrenen Schmutzwassermengen die gemessenen, dem Grundstück zugeführten Frischwassermengen übersteigen).

Entgegen der Auffassung der Kläger und anders als in der Satzungsregelung, welche dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 26. November 2014 (- OVG 9 B 31.13 -, juris) zugrunde lag, berechtigt nach § 2 Abs. 2 Satz 2 FGS eine tatsächliche Abfuhrmenge, welche über der dem Grundstück zugeführten bzw. auf diesem gewonnenen Frischwassermenge liegt, den Verband des Beklagten nicht zu einer Schätzung, sondern „gilt“ (Fiktion) die tatsächliche Abfuhrmenge als in die öffentliche dezentrale Schmutzwasserbeseitigungsanlage eingeleitet. Ein Rückgriff auf die Schätzungsregelungen (§ 2 Abs. 3 Satz 7 bzw. Abs. 5 Satz 2 FGS) nach der Satzung ist daher weder erforderlich noch zulässig. Auch das ist rechtlich nicht zu beanstanden: Unter der Annahme, dass die Abfuhrmengen zutreffend gemessen werden, ist ohne weiteres davon auszugehen, dass die von dem einzelnen Grundstück abgefahrenen Menge mit derjenigen Menge an Fäkalwasser identisch ist, welche später vom Entsorgungsfahrzeug in die Kläranlage eingeleitet wird. Ein Bedürfnis für eine Satzungsregelung, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die rechtliche Fiktion des § 2 Abs. 2 Satz 2 FGS entkräftet werden kann, ist daher nicht erkennbar.

bb. Auch der Maßstab der Menge des abgefahrenen und in der Kläranlage behandelten Fäkalwassers (Abfuhrmaßstab) wird – für sich betrachtet – allgemein als zulässig erachtet (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. November 2014 - OVG 9 B 31.13 -, juris Rn. 23; Urteil vom 30. September 2014 - OVG 9 B 29.13 -, juris Rn. 21 ff.; Urteil vom 6. Juli 2011 - OVG 9 B 28.09 -, juris Rn. 23, Düwel, in Becker u.a., KAG Bbg, Stand Februar 2020, § 6 Rn. 1044).

Der Wirksamkeit der Satzungsregelung des § 2 Abs. 2 Satz 2 FGS steht auch nicht das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 1. September 2008 (- VG 9 K 3513/04 -, juris Rn. 24 ff.) entgegen, wonach bei Geltung des modifizierten Frischwassermaßstabs für die Abrechnung von entsorgten Mehrmengen oberhalb des Frischwasserbezugs nicht ohne weiteres auf die größere abgefahrene Fäkalwassermenge abgestellt werden könne. Dieser Entscheidung lag ersichtlich ein anderer satzungsrechtlicher Gebührenmaßstab allein auf der Grundlage des modifizierten Frischwassermaßstabs zugrunde. Eine § 2 Abs. 2 Satz 2 FGS entsprechende Regelung, wonach unter bestimmten Voraussetzungen die tatsächliche Abfuhrmenge als Gebührenmaßstab heranzuziehen ist, enthielt die Gebührensatzung, die Gegenstand des Urteils vom 1. September 2008 war, offensichtlich nicht.

cc. Die Mehrmengenregelung in § 2 Abs. 2 Satz 2 FGS verstößt auch nicht gegen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz bzw. Art. 12 Abs. 1 Landesverfassung), indem die Grundstücke mit dezentraler Entsorgung aus abflusslosen Sammelgruben ohne sachlichen Grund anders behandelt werden als die an die zentrale Schmutzwasserbeseitigung angeschlossenen Grundstücke. Zwar stellt die Regelung des § 3 der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Entwässerung der Grundstücke im Verbandsgebiet des Wasser- und Abwasserverbandes „Havelland“ (Schmutzwassergebührensatzung) vom 15. Mai 2014 in der Fassung der 2. Änderungssatzung vom 6. Dezember 2016 für die Gebühren für an die zentrale Schmutzwasserentsorgungsanlage angeschlossene Grundstücke ebenfalls auf den modifizierten Frischwassermaßstab ab, ohne eine Regelung zu Mehrmengen zu enthalten. Diese Ungleichbehandlung ist jedoch durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt. Bei abflusslosen Sammelgruben können auftretende Mehrmengen im Rahmen des Abfuhrvorgangs erfasst und konkret einzelnen Grundstücken zugeordnet werden. Bei an die zentrale Schmutzwasserentsorgungsanlage angeschlossenen Grundstücken sind Mehrmengen ebenfalls denkbar, zum Beispiel, wenn gesammeltes Regenwasser für die Toilettenspülung genutzt wird. Derartige Mehrmengen können gegebenenfalls im Zufluss der Kläranlagen des Verbandes gemessen, anders als bei der dezentralen Entsorgung aber nicht einzelnen Grundstücken zugeordnet werden.

2. Der Beklagte hat die Maßstabsregelung des § 2 Abs. 2 Satz 2 FGS grundsätzlich auch fehlerfrei angewendet. Die von dem Beklagten ermittelten und der Gebührenfestsetzung zugrunde gelegten Abfuhrmengen sind aus rechtlicher Sicht grundsätzlich nicht zu beanstanden (zu den Ausnahmen vgl. im Folgenden 3.).

a. Für die Bestimmung des Volumens von Fäkalwasser, wie es aus abflusslosen Sammelgruben abgefahren wird, stehen – soweit ersichtlich – geeichte Messeinrichtungen nicht zur Verfügung. Die Messung mit Hilfe von mechanischen Schwimmersystemen oder elektronischen Durchflussmessern ist daher zwangsläufig nicht exakt, sondern mit Messungenauigkeiten verbunden, mit denen – gegebenenfalls auch mithilfe von Schätzungen – umgegangen werden muss und kann (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6. Juli 2011 - OVG 9 B 28.09 -, juris Rn. 23). Die dabei eingesetzten Messeinrichtungen dürfen nicht „völlig unbrauchbar“ sein (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. November 2014 - OVG 9 B 31.13 -, juris Rn. 25). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Maßstab der tatsächlichen Abfuhrmenge zwar einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab für das Maß der Inanspruchnahme der Schmutzwasserbeseitigungsanlage darstellt, das Volumen der abgefahrenen Fäkalwassermenge jedoch – jedenfalls theoretisch – exakt gemessen werden könnte.

Da dieses zu bestimmende Volumen der Abfuhrmenge das Maß der Inanspruchnahme der Anlage jedoch ohnehin nicht präzise im Sinne eines Wirklichkeitsmaßstabs abbildet, dürfen an die Messgenauigkeit keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Wie bereits ausgeführt, hat der Satzungsgeber bei der Wahl des Gebührenmaßstabs auch Belange der Verwaltungspraktikabilität zu berücksichtigen. Dieses berechtigte Interesse des Verbandes des Beklagten daran, den mit der Erhebung und Festsetzung von Benutzungsgebühren verbundenen Aufwand auf ein vertretbares Maß zu begrenzen, ist auch im Rahmen der Satzungsanwendung zu beachten. Für die Art und Weise der Bemessung der tatsächlichen Abfuhrmengen ist daher erforderlich, aber auch ausreichend, dass diese nach nachvollziehbaren und anerkannten technischen Regeln erfolgt, welche unter gewöhnlichen Bedingungen zu Messergebnissen führen, die zu dem tatsächlichen, exakten Volumen der Abfuhrmenge – in Anlehnung an die Vorgaben für den Wahrscheinlichkeitsmaßstab in § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG – nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis stehen und in diesem Sinne nicht „völlig unbrauchbar“ sind.

b. Auf der Grundlage dieser rechtlichen Maßstäbe begegnen weder die vom Beklagten eingesetzten Messeinrichtungen an den Entsorgungsfahrzeugen noch die von dem Beklagten dargelegte Praxis der Ermittlung der konkreten Abfuhrmengen rechtlichen Bedenken.

aa. Der Beklagte hat angegeben, er habe das Abfuhrfahrzeug bzw. die Abfuhrfahrzeuge fertig am Markt mit einer bereits installierten Messeinrichtung mit einem sogenannten Schwimmersystem erworben. Dabei befinde sich in dem Tank des Abfuhrfahrzeugs ein Schwimmer, welcher auf der Oberfläche der Flüssigkeit schwimme und mechanisch mit der Skala außen am Fahrzeug verbunden sei, die den so ermittelten Füllstand in Schritten von 0,5 m³ anzeige. Derartige Messsysteme sind nach Kenntnis der Kammer bereits seit vielen Jahren üblich und in Gebrauch (vgl. VG Potsdam, Urteil vom 1. September 2008 - 9 K 3513/04 -, juris Rn. 30). Es wurde von den Klägern nicht substantiiert dargelegt und ist auch sonst nicht ersichtlich, dass derartige Messeinrichtungen bzw. die von dem Beklagten konkret eingesetzten Messeinrichtungen nicht in der Lage wären, den Füllstand im Tank des Entsorgungsfahrzeuges unter Inkaufnahme unvermeidbarer Messungenauigkeiten annäherungsweise zu bestimmen. Eine völlig exakte Messung ist – wie bereits ausgeführt – nicht erforderlich und wurde von dem Beklagten auch nicht behauptet.

Für die „Brauchbarkeit“ der von dem Beklagten mit der Messeinrichtung ermittelten Abfuhrmengen sprechen insbesondere die Daten der von ihm vorgenommenen Plausibilitätsprüfung, bei der die aufsummierten Abfuhrmengen den von den Entsorgungsfahrzeugen an den Einleitstellen in die Schmutzwasserbeseitigungsanlage eingeleiteten Schmutzwassermengen gegenübergestellt werden. Danach lagen die Abfuhrmengen in den Monaten Februar (0,3 %), April (0,004 %), Juni (3,08 %), August (3,37 %), Oktober (1,21 %) und November 2018 (6,62 %) zwar über den eingeleiteten Mengen, allerdings lag der Wert der Abfuhrmenge für das Gesamtjahr mit 91.224,86 m³ lediglich um 71,86 m³ (0,08 %) über dem Wert der in die Kläranlage eingeleiteten Schmutzwassermenge. Für den hier allein maßgeblichen Erhebungszeitraum des Kalenderjahres (§ 6 Abs. 1 FGS) ist auf der Grundlage dieser Zahlen - für alle Anschlussnehmer im Rahmen der dezentralen Entsorgung insgesamt, nicht für jeden einzelnen Absaugvorgang – von einer Messungenauigkeit von weniger als einem Prozent auszugehen. Die Kammer sieht keinen Anlass für Zweifel daran, dass der Beklagte die Werte der für den Plausibilitätsabgleich vorgelegten Tabelle ordnungsgemäß ermittelt hat. Das Vorbringen des Prozessbevollmächtigten der Kläger in der mündlichen Verhandlung, die Fahrer der Entsorgungsfahrzeuge entsorgten deren Inhalt teilweise auch anderweitig über die Straßenkanalisation, ist völlig unsubstantiiert. Gleiches gilt für das pauschale Bestreiten der vom Beklagten vorgenommene Plausibilitätsprüfung durch die Kläger.

bb. Soweit die Kläger demgegenüber bemängeln, die Messeinrichtung gebe die Füllmenge nicht korrekt wieder, weil die Ablesung vom Schwimmer erfolge, und das Messergebnis werde durch einen eventuellen Schiefstand des Entsorgungsfahrzeugs bzw. dadurch verfälscht, dass das Fäkalwasser im Tank in Bewegung sei, greift dies nicht durch. Nach dem von den Klägern nicht substantiiert bestrittenen Vortrag des Beklagten liest der Fahrer des Entsorgungsfahrzeugs den Füllstandswert am Fahrzeug zweimal – vor Beginn und nach Abschluss des Absaugvorgangs bei jedem Kunden – ab und erfasst als Abfuhrmenge die Differenz zwischen beiden Werten, wobei er gehalten ist, die Differenzmenge jeweils auf den nächst niedrigeren durch 0,5 m³ teilbaren Wert abzurunden. Bei dieser Vorgehensweise kommt es für die „Brauchbarkeit“ der aus dem Anfangs- und dem Endwert der Füllstandsanzeige ermittelten Differenzmenge nicht darauf an, ob die Messeinrichtung den „wahren Inhalt“ des Fahrzeugtanks anzeigt. Maßgeblich ist allein, ob der Differenzwert eine taugliche Größe darstellt, um das Volumen der abgesaugten Menge an Fäkalwasser abzubilden.

Daran hat die Kammer auch unter Berücksichtigung der im Einzelnen zwischen den Beteiligten strittig gebliebenen Art und Weise der Messung durch den Fahrer des Entsorgungsfahrzeugs keine Zweifel. Dadurch, dass der Füllstand des Fahrzeugs vor Beginn und nach Abschluss des Absaugvorgangs abgelesen wird, wird ausgeschlossen, dass die Differenz zwischen Anfangs- und Endwert der am Fahrzeugtank befindlichen Füllmenge durch einen eventuellen Schiefstand des Entsorgungsfahrzeugen verfälscht wird. Denn das Fahrzeug steht zu beiden Meßzeitpunkten in der gleichen Position. Etwas Anderes folgt nach Auffassung der Kammer auch nicht aus dem von den Klägern behaupteten Umstand, dass der Fahrer entgegen dem Vorbringen des Beklagten nicht abwarte, bis der aufgrund des in Bewegung befindlichen Inhalts des Fahrzeugtanks schwankende Zeiger der Füllstandsanzeige sich austariert habe. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, haben die Kläger nicht substantiiert dargelegt und spricht auch sonst nichts dafür, dass die sich daraus eventuell ergebenden Messungenauigkeiten stets oder überwiegend zulasten der Gebührenpflichtigen gingen. Der Beklagte hat vielmehr vorgetragen, die Fahrer seien angewiesen, die gemessene Differenzmenge jeweils auf den nächst niedrigeren durch 0,5 m³ teilbaren Wert abzurunden. Für die tatsächliche Anwendung dieser – satzungsrechtlich nicht vorgegebenen – Anweisung spricht, dass jedenfalls bei 44 von 52 Abfuhren von dem klägerischen Grundstück im Erhebungszeitraum 2018 der Abfuhrwert durch 0,5 m³ teilbar ist. Dass bei diesen Abfuhrwerten jedenfalls nicht systematisch zu Gunsten des Beklagten aufgerundet worden ist, folgt bereits aus den Daten des von dem Beklagten vorgenommenen Abgleichs der Abfuhrmengen mit den an den Einlassstellen der Klärwerke eingeleiteten Mengen. In den anderen acht Fällen, in denen nicht durch 0,5 m³ teilbare Werte erfasst wurden, ist die Abrundungsanweisung offensichtlich nicht befolgt worden. Dass dies zu Lasten der Kläger ging, haben diese weder vorgetragen noch ist dies sonst ersichtlich.

cc. Bedenken an der Bestimmung der tatsächlichen Abwassermengen folgen auch nicht daraus, dass die Kläger pauschal sinngemäß infrage stellen, wie ohne Zuflussmöglichkeiten die Entsorgungsmengen über den zugeführten Trinkwassermengen liegen könnten. Der Beklagte hat wie ausgeführt eine den rechtlichen Maßstäben genügende Praxis dargelegt, die Abfuhrmengen zu bestimmen. Auf dieser Grundlage ist die Kammer davon überzeugt, dass die Werte entsprechend den rechtlichen Maßgaben korrekt sind. Dass sich dies tatsächlich anders darstellte, ist weder von den Klägern substantiiert vorgetragen worden noch anderweitig ersichtlich.3. Der Gebührenbescheid vom 11. Februar 2019 ist hingegen rechtswidrig, soweit der Beklagte bei den Abfuhren vom 30. Januar 2018 („ausgefahrene Menge“ laut Abfuhrnachweis 5,1 m³) und vom 3. Juli 2018 (4,0 m³) der Gebührenberechnung Abfuhrmengen über das Fassungsvermögen der auf dem klägerischen Grundstück befindlichen abflusslosen Sammelgrube von 3,0 m³ hinaus zugrunde gelegt hat. Die Kläger haben mit der mit dem Schriftsatz vom 24. September 2019 vorgelegten „Allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung für abflusslose Sammelgruben“ („GreenLife Erdtanksystem – Behälter 3000 Liter“) substantiiert vorgetragen, dass ihre abflusslose Sammelgrube ein Fassungsvermögen von 3,0 m³ hat. Der Beklagte ist dem nicht entgegengetreten und konnte zudem auch in der mündlichen Verhandlung keine Erklärung dafür gegeben, warum bei dieser Sachlage in dem Abfuhrnachweis für das klägerische Grundstück für den 30. Januar 2018 eine Abfuhrmenge von 5,1 m³ und für den 3. Juli 2018 eine Abfuhrmenge von 4,0 m³ angegeben wurde. Die Kammer ist davon überzeugt, dass der Verband des Beklagten auch bei diesen Abfuhren höchstens das maximale Fassungsvolumen der Grube von 3,0 m³ abgefahren haben kann. Die darüber jeweils hinausgehenden Abfuhrmengen sind für die Kammer nicht nachvollziehbar und die dafür festgesetzten Fäkalgebühren rechtswidrig. Hinsichtlich der Abfuhr vom 3. Juli 2018 war die Abfuhrmenge daher um 1,0 m³ (von 4,0 m³ auf 3,0 m³) und hinsichtlich der Abfuhr vom 30. Januar 2018 um 2,1 m³ (von 5,1 m³ auf 3,0 m³) herabzusetzen. Die rechtmäßig erhobenen Schmutzwassergebühren verringern sich dadurch um 15,35 Euro ([1 m³ + 2,1 m³] x 4,95 Euro/m³) von 371,25 Euro auf 355,90 Euro.

Dem steht schließlich nicht entgegen, dass § 2 Abs. 2 Satz 2 FGS eine Fiktionsregelung enthält. Nach der vorgenannten Regelung gilt die tatsächliche – korrekt erfasste – Abfuhrmenge als in die öffentliche die zentrale Schmutzwasserbeseitigungsanlage eingeleitet. Eine Fiktion der ordnungsgemäßen Erfassung der tatsächlichen Abfuhrmenge enthält die Regelung jedoch nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1, § 159 Satz 2 VwGO, die Kostenquote entspricht dem Anteil des jeweiligen Unterliegens (15,35 Euro bzw. 49,00 Euro) am gesamten Streitwert (64,35 Euro).

Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit finden ihre Grundlage in § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Ein Grund für die Zulassung der Berufung (§ 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO) liegt nicht vor.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 64 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG).