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Normenkontrolle; Verwaltungsgebühren für Entscheidung über Genehmigung von Waldumwandlungen; Äquivalenzprinzipzulässige Gebührenzwecke; Kostendeckung; Vorteilsausgleich; linearer Anstieg der Gebühren mit zunehmender Flächengröße bei gleichbleibendem Verwaltungsaufwand; Ausnahmefälle; vermeidbare Härte; sachliche Unbilligkeit; Gesamtnichtigkeit


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 12. Senat Entscheidungsdatum 05.01.2023
Aktenzeichen OVG 12 A 5/21 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2023:0105.OVG12A5.21.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 47 VwGO, § 4 Abs 1 S 1 GebG BB, § 1 Anlage 2 Ziff 5.2.2.1 LwMinGebO BB 2014

Tenor

Die Erste Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Erhebung von Verwaltungsgebühren in den Bereichen Land- und Forstwirtschaft sowie Jagd vom 17. September 2019 wird hinsichtlich der Tarifstelle 5.2.2.1 der Anlage 2 zu § 1 der Verordnung für unwirksam erklärt.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Antragsgegner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Antragstellerinnen zuvor Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des jeweiligen Vollstreckungsbetrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Antragstellerinnen betreiben Unternehmen zur Rohstoffgewinnung. Sie stellen regelmäßig Anträge auf Genehmigung von Waldumwandlungen. Sie wenden sich mit ihrem Normenkontrollantrag gegen die Tarifstelle 5.2.2.1 der Anlage 2 zu § 1 der Verordnung zur Erhebung von Verwaltungsgebühren in den Bereichen Land- und Forstwirtschaft sowie Jagd in der Fassung der Ersten Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Erhebung von Verwaltungsgebühren in den Bereichen Land- und Forstwirtschaft sowie Jagd vom 17. September 2019 (GVBl. II Nr. 76). Danach betragen die Gebühren für die Entscheidung über die Genehmigung einer Umwandlung von Wald 350 EUR zuzüglich 1 EUR je m².

Die Antragstellerinnen meinen, dass die Tarifstelle 5.2.2.1 gegen das kostenrechtliche Äquivalenzprinzip verstoße. Der Verordnungsgeber habe den Verwaltungsaufwand pauschal mit 350 EUR angesetzt. Die Verwaltungskosten seien im Wesentlichen nicht von der Größe der genehmigten Fläche abhängig. Nach der Konzeption des Gebührentatbestands solle auch der wirtschaftliche Vorteil abgeschöpft werden, der aus der Verwertungsmöglichkeit für jeden Quadratmeter folge. Es sei jedoch schon zweifelhaft, ob der wirtschaftliche Vorteil einer Waldumwandlung pauschal ermittelt werden könne. Im Übrigen verkenne der Verordnungsgeber, dass sich bereits die Höhe der Walderhaltungsabgabe nach der Waldumwandlungsfläche richte. Die Umwandlung werde daher mehrfach zu Lasten des Genehmigungsinhabers in Rechnung gestellt. Zu beachten sei ferner, dass für einen obligatorischen bergrechtlichen Rahmenbetriebsplan eine Gebühr zwischen 5.000 EUR und 500.000 EUR verlangt werde. Der wirtschaftliche Vorteil aus der Zulassung des bergrechtlichen Betriebs werde damit gebührenrechtlich abgegolten und könne ebenfalls nicht kumulativ abgeschöpft werden. Im Übrigen sei ein bloßer mittelbarer Nutzen unbeachtlich, da die Tarifstelle 5.2.2.1 nur auf den Nutzen abstelle könne, der für sich genommen aus einer Umwandlung einer bestimmten Waldfläche folge. Mit der Gebühr solle zudem der mit der Waldumwandlung verbundene Nachteil für Umwelt und Natur ausgeglichen werden, was mit den Vorgaben des Gebührengesetzes ebenfalls nicht vereinbar sei. Dies gelte ferner, soweit mit der Gebühr die Umwandlung von Wald zurückgedrängt werden solle.

Berücksichtige man nur das über die Kostendeckung hinausgehende Ziel der Gebühr der Tarifstelle 5.2.2.1, den wirtschaftlichen Wert der Waldumwandlungsgenehmigung abzuschöpfen, habe der Gebührentatbestand regelmäßig unverhältnismäßig hohe Gebühren zur Folge. Für den Fall einer ca. 30 ha großen Fläche überschreite die Gebühr die Höhe der Verwaltungskosten bereits um den Faktor 857. Auch bei kleineren Flächen entferne sich die Gebühr deutlich von den Kosten, da für die Maßstabsgebühr keine Gebührenobergrenze vorgesehen sei. In anderen Bundesländern, die ebenfalls Maßstabsgebühren festgelegt hätten, sei der Verwaltungsaufwand bei der Gebührenbemessung stärker berücksichtigt worden. Das Land Brandenburg habe - wie Mecklenburg-Vorpommern - als Maßstabsgebühr ursprünglich 1 EUR pro 10 m² ansetzen wollen, sei davon aber mit Blick auf den „Wert des Waldes“ abgerückt.

Der Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip liege regelmäßig vor und nicht nur im Einzelfall, da der Verstoß aus der Konzeption des Gebührentatbestands resultiere. Großflächige Waldumwandlungen bildeten in Brandenburg im Übrigen keine Ausnahme, sondern erfolgten regelmäßig. Selbst wenn man annehmen wollte, dass Großflächen nur ausnahmsweise umgewandelt würden, sei zu berücksichtigen, dass die zuständigen Behörden für eine Ermäßigung der Gebühren nach Billigkeit keinen Raum sehen würden.

Die Antragstellerinnen beantragen,

die Erste Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Erhebung von Verwaltungsgebühren in den Bereichen Land- und Forstwirtschaft sowie Jagd vom 17. September 2019 insoweit für unwirksam zu erklären, als sie unter Ziffer 5.2.2.1 der Anlage 2 zu § 1 der Verordnung zur Erhebung von Verwaltungsgebühren in den Bereichen Land- und Forstwirtschaft sowie Jagd (GebOLandw) für die Entscheidung über die Genehmigung einer Umwandlung von Wald nach § 8 Abs. 1 und 6 LWaldG eine Gebühr in Höhe von 350 EUR zuzüglich 1 EUR je m2 festlegt.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er meint, der Verordnungsgeber habe sich an die für die Bemessung von Gebühren maßgeblichen gesetzlichen Vorgaben gehalten. Eine Verwaltungsgebühr könne zum Zweck der Abgeltung des mit der Amtshandlung verbundenen Verwaltungsaufwands erhoben werden und dürfe darüber hinaus dem Ausgleich eines dem Kostenschuldner zugutekommenden wirtschaftlichen oder sonstigen Vorteils dienen. Ausschließlich diese Gesichtspunkte seien für die Festlegung der Tarifstelle 5.2.2.1 maßgeblich gewesen. Der wirtschaftliche Wert der Amtshandlung sei vorliegend hoch und korrespondiere mit der Größe der Fläche. Der Wald könne durch die Genehmigung unumkehrbar gerodet und die Fläche zur Rohstoffnutzung bewirtschaftet werden. Kleinere Vorhaben (z.B. für den Hausbau) machten die überwiegende Mehrzahl der Waldumwandlungen in Brandenburg aus und bildeten mit einer Umwandlungsfläche zwischen 800 bis 1000 m² den durchschnittlichen Fall. Die von den Antragstellerinnen begehrten Waldumwandlungen beträfen in Brandenburg selten vorkommende Großvorhaben. Gerade bei Großprojekten sei mit einer deutlich höheren Gewinnerzielung zu rechnen. Da bei Waldumwandlungen eine Bemessung nach dem tatsächlichen wirtschaftlichen Vorteil nicht praktikabel oder besonders schwierig sei, sei insoweit ein pauschalierender Wahrscheinlichkeitsmaßstab zulässig. Die Gebührenhöhe entferne sich auch nicht vollständig von den     Kosten des Verwaltungsaufwands. Die in der Rechtsprechung dafür genannten Grenzen würden nicht erreicht. Unabhängig davon könne der mit der Amtshandlung verbundene wirtschaftliche Vorteil vollständig abgeschöpft werden. Der Verordnungsgeber habe zudem die Höhe der Walderhaltungsabgabe bei der Bemessung der Gebühr nicht berücksichtigen müssen, da insoweit verschiedene Sachverhalte abgegolten würden.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Streitakte und dem Verwaltungsvorgang des Antragsgegners verwiesen, die vorgelegen haben und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind.

Entscheidungsgründe

Der nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V. m. § 4 Abs. 1 BbgVwGO statthafte und nach § 47 Abs. 2 VwGO im Übrigen zulässige Normenkontrollantrag ist begründet. Die Tarifstelle 5.2.2.1 der Anlage 2 zu § 1 der Verordnung zur Erhebung von Verwaltungsgebühren in den Bereichen Land- und Forstwirtschaft sowie Jagd (GebOLandw) i.d.F. vom 17. September 2019 (GVBl. II, Nr. 76) - im Folgenden: Tarifstelle 5.2.2.1 - verstößt gegen § 4 des Gebührengesetzes für das Land Brandenburg (GebGBbg) i.d.F. des Gesetzes vom 10. Juli 2014 (GVBl. I Nr. 32). Es findet bereits nicht jeder der vom Verordnungsgeber mit der Tarifstelle 5.2.2.1 verfolgten Zwecke die notwendige gesetzliche Grundlage in § 4 GebGBbg (1.). Die nach dieser Regelung für die Bemessung der Gebühr zulässigen Gebührenzwecke können zudem die Gebührenregelung der Tarifstelle 5.2.2.1 sachlich nicht hinreichend rechtfertigen (2.).

1. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GebGBbg hat zwischen der den Verwaltungsaufwand berücksichtigenden Höhe der Gebühr einerseits und der Bedeutung, dem wirtschaftlichen Wert oder sonstigen Nutzen der öffentlichen Leistung für den Schuldner andererseits ein angemessenes Verhältnis zu bestehen. Der Verordnungsgeber kann danach zur sachlichen Rechtfertigung der konkreten Bemessung einer Gebühr zulässigerweise die Zwecke der Kostendeckung und des Vorteilsausgleichs heranziehen. Denn nur dann, wenn legitime Gebührenzwecke nach der tatbestandlichen Ausgestaltung der konkreten Gebührenregelung von einer erkennbaren gesetzgeberischen Entscheidung getragen werden, sind sie auch geeignet, sachlich rechtfertigende Gründe für die Gebührenbemessung zu liefern (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März 2003 - 2 BvL 9/98 u.a. - BVerfGE 108,1; juris Rn. 63 f.).

Die Gebührenregelung der Tarifstelle 5.2.2.1 dient u.a. dem Zweck, die mit der Entscheidung über die Genehmigung einer Umwandlung von Wald nach § 8 Abs. 1 und 6 LWaldG verbundenen Kosten zu decken. Dies folgt aus der in der Tarifstelle vorgesehenen Kombination eines Festbetrags von 350 EUR und dem diesem Betrag hinzuzuaddierenden Gebührenanteil von 1 EUR pro m². Da der Verwaltungsaufwand bei der Entscheidung über Waldumwandlungsgenehmigungen unabhängig von der Größe der umzuwandelnden Fläche nach den Ausführungen des Antragsgegners im Wesentlichen gleich bleibt, dient der Festbetrag erkennbar der Kostendeckung. Dem entsprechen die zur Begründung der Bemessung der Tarifstelle 5.2.2.1 in dem Verwaltungsvorgang enthaltenden Erwägungen (Bl. 126), mit denen der Betrag von 350 EUR als Verwaltungsgebühr bezeichnet wird.

Neben der Kostendeckung soll die für die Entscheidung über Waldumwandlungsgenehmigungen zu entrichtende Gebühr auch dem Vorteilsausgleich dienen. Dies ergibt sich ebenfalls aus dem gewählten Gebührenmaßstab sowie dem Verwaltungsvorgang. Der Verordnungsgeber knüpft mit dem in der Tarifstelle 5.2.2.1 gewählten Flächenmaßstab von 1 EUR pro m² an mit dem Verwaltungsaufwand nicht im Zusammenhang stehende Folgen der Waldumwandlung an. Nach dem Verwaltungsvorgang (Bl. 126) soll insofern u.a. dem Umstand Rechnung getragen werden, dass mit der Größe der umzuwandelnden Fläche der Gewinn und Nutzen für den Gebührenschuldner steigt. Dieser Nutzen besteht darin, dass er im Fall der Erteilung der Waldumwandlungsgenehmigung die umzuwandelnde Fläche nicht mehr als Wald nutzen muss, sondern sie für andere Zwecke zur Verfügung steht.

Darüber hinaus ist ausweislich des Verwaltungsvorgangs (a.a.O.) in die Bemessung der Gebührenhöhe unter Hinweis auf § 1 LWaldG die Erwägung eingeflossen, dass der Wald zu erhalten und Boden nicht vermehrbar sei. Der „Wert des Waldes“, der mit 10.000 bis 15.000 EUR pro ha zu bemessen sei, müsse daher die Untergrenze der Gebühr bilden. Eine etwaige Gebühr in Höhe von 1.350 EUR pro ha stehe dazu im deutlichen Missverhältnis. Dafür, dass der Verordnungsgeber für die Bemessung der Gebührenhöhe diese Überlegungen aufgegriffen hat, spricht die von den Antragstellerinnen schriftsätzlich angeführte Äußerung des Umweltministers V ... in der Dokumentation „Der Kieskonflikt“ (https://www.rbb-online.de/doku/der/der-kies-konflikt.html) zur Höhe der Waldumwandlungsgebühr. Danach ist davon auszugehen, dass die Gebühren auch der Umwandlung von Wald entgegenwirken sollen. Damit ist in die Bemessung der Gebührenhöhe ein Zweck eingeflossen, der nicht von § 4 Abs. 1 Satz 1 GebGBbg gedeckt ist.

Selbst wenn man der Argumentation des Antragsgegners folgen wollte, dass die Gebühr der Tarifstelle 5.2.2.1 neben der Kostendeckung nur dem Zweck dienen sollte, den wirtschaftlichen Vorteil der Waldumwandlungsgenehmigung abzuschöpfen, hätte der Verordnungsgeber dies mit Blick auf die in dem Verwaltungsvorgang (Bl. 126) enthaltenen Erwägungen zum Flächenmaßstab nicht mit der hinreichenden Klarheit bestimmt. Der Gebührenpflichtige muss erkennen können, für welche öffentliche Leistung die Gebühr erhoben wird und welche Zwecke der Verordnungsgeber mit der Gebührenbemessung verfolgt. Eine - erforderlichenfalls im Wege der Auslegung gewinnbare - hinreichende Regelungsklarheit ist Voraussetzung dafür, dass die Gebührenregelungen in der Rechtsordnung so aufeinander abgestimmt werden können, dass der Gebührenschuldner nicht durch unterschiedliche Abgaben zur Deckung gleicher Kosten oder dem Ausgleich desselben Vorteils einer Leistung mehrfach herangezogen wird (vgl. BVerfG, a.a.O.). Da nach dem Verwaltungsvorgang (Bl. 126) zumindest viel dafür spricht, dass die Bemessung der Gebühr der Tarifstelle 5.2.2.1 auch dem Zweck der Walderhaltung dienen soll, ist für den Gebührenschuldner insbesondere nicht hinreichend deutlich, dass mit der Gebühr nicht der bereits mit der Walderhaltungsabgabe (vgl. § 1 Abs. 1 WaldErhV) beabsichtigte Ausgleich für den Verlust des Waldes kompensiert werden soll.

2. Die in der Tarifstelle 5.2.2.1 geregelte Gebührenbemessung führt entgegen § 4 Abs. 1 Satz 1 GebGBbg auch nicht zu einem angemessenen Verhältnis zwischen der den Verwaltungsaufwand berücksichtigenden Höhe der Gebühr und dem vom Verordnungsgeber zulässigerweise verfolgten Gebührenzweck des Vorteilsausgleichs.

Auch wenn sich der Gesetzgeber bei der Gebührenbemessung nicht auf die Kosten des Verwaltungsaufwands beschränken muss, sind diese bei der Ausgestaltung des Gebührentatbestands nicht gänzlich ohne Bedeutung. Das in § 4 Abs. 1 Satz 1 GebGBbg verankerte Äquivalenzprinzip als Ausprägung des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes verbietet die Festsetzung der Gebühr völlig unabhängig von den Kosten der gebührenpflichtigen Staatsleistung. Dies gilt auch dann, wenn bei der Bemessung der Gebühr der wirtschaftliche Wert der Amtshandlung in Rechnung gestellt, also ein weiterer Gebührenzweck verfolgt wird. Der Entgeltcharakter der Gebühr muss dadurch gewahrt bleiben, dass diese sich hinsichtlich ihrer Höhe nicht völlig von den Kosten des Verwaltungsaufwands lösen darf. Das Verbot einer gänzlichen Abkoppelung folgt aus dem der Gebühr begriffsnotwendig innewohnenden Ziel der Kostendeckung (BVerwG, Urteil vom 29. April 2021 - 9 C 1/20 - BVerwGE 172, 292; juris Rn. 30 m.w.N.).

Die Einhaltung dieser Vorgaben erfordert eine wertende Beurteilung des Verhältnisses zwischen den Kosten des Verwaltungsaufwands und der Gebührenhöhe (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. April 2003 - 6 C 5.02 - NVwZ 2003, 1385; juris    Rn. 15). Eine Obergrenze kann insoweit nicht abschließend festgelegt werden. Ein grobes Missverhältnis ist in der Rechtsprechung u.a. bei einer Überschreitung des Kostenaufwands um das 4.444fache angenommen worden (BVerwG, a.a.O. Rn. 15), ferner bei einem Verhältnis von 1 zu 1.000 (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 28. Januar 2008 - 9 A 2206.07 - juris Rn. 10) und bei einer Überschreitung des Verwaltungsaufwands um das 26fache (VG München, Urteil vom 9. Dezember 2003 - M 16 K 00.3538 - juris Rn. 60) sowie um das 5fache (VGH Mannheim, Beschluss vom 29. Juli 1998 - 9 S 1763.97 - juris Rn. 31). Zudem sind ernstliche Zweifel hinsichtlich der Höhe der Gebühr bei einer Überschreitung um das 24,1fache genannt und bei einer Überschreitung um 281,42 % abgelehnt worden (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. Oktober 2015 - OVG 11 S 4.15 - juris Rn. 25 und 36).

Den sich aus dem Äquivalenzprinzip ergebenden Anforderungen der Gebührenbemessung ist der Verordnungsgeber mit der Tarifstelle 5.2.2.1 nicht gerecht geworden (so bereits VG Cottbus, Urteil vom 23. Juni 2022 - 3 K 759/21 - juris Rn. 19 ff.). Die danach zu erhebende Gebühr löst sich zwangsläufig völlig von den Kosten des Verwaltungsaufwands. Denn sie steigt mit zunehmender Größe der umzuwandelnden Fläche linear um 1 EUR pro m² an, obwohl der mit 350 EUR bemessene Verwaltungsaufwand nach der vom Senat erbetenen schriftsätzlichen Auskunft des Antragsgegners auch bei zunehmender Größe der betroffenen Fläche im Wesentlichen gleich bleibt bzw. nicht zwingend steigt. Bereits der Vergleich mit den Gebührenregelungen anderer Bundesländer indiziert entgegen der Annahme des Antragsgegners das daraus folgende Missverhältnis zwischen dem Kostenaufwand und der Bemessung der Gebühr nach der Tarifstelle 5.2.2.1 (vgl. VGH München, Urteil vom 12. April 2000 - 19 N 98.3739 - juris Rn. 44). Der dem Verwaltungskostenanteil von 350 EUR hinzuzuaddierende Betrag von 1 EUR pro m² übersteigt den Wert im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern, das mit 350 EUR zuzüglich 1 EUR pro 10 m² im Vergleich der Bundesländer die zweithöchsten Gebühren für großflächige Waldumwandlungen verlangt (vgl. VG Cottbus, a.a.O., Rn. 26; Kersandt/Muffler, LKV 2021, 250, 255), um das 10fache. Ferner verdeutlichen die bei größeren Flächen nach der Tarifstelle 5.2.2.1 im Einzelnen anfallenden Gebühren den Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip. Schon bei einer Fläche von 10 ha beträgt die Gebühr 100.350 EUR und übersteigt den Verwaltungskostenanteil um das 286fache. Werden 30 ha umgewandelt, ist für die Genehmigung das 858fache des Kostenaufwands von 350 EUR zu zahlen. Bei größeren Vorhaben von 100 ha steigt dieser Wert auf das 2.858fache, bei – u.a. für Vorhaben der Industrie möglichen - umzuwandelnden Flächen von 150 ha mit 1.500.350 EUR auf das 4.286fache. Aufgrund dieser Größenordnungen der Gebühren, die zudem den durchschnittlichen Kaufpreis forstwirtschaftlicher Flächen in Brandenburg von 0,69 EUR pro m² deutlich überschreiten (vgl. Grundstücksmarktbericht für das Land Brandenburg 2021,      S. 71), entwickeln sie mit zunehmender Umwandlungsfläche den Charakter einer Sondersteuer (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Februar 1984 - 3 B 87.82 - Buchholz 401.8 Verwaltungsgebühren Nr. 16; juris Rn. 6).

Da bei zunehmender Größe des Vorhabens der anzunehmende größere Wert des wirtschaftlichen Vorteils der Waldumwandlungsgenehmigung mit in die Verhältnismäßigkeitsprüfung einfließt, ist es zwar mit dem Äquivalenzprinzip vereinbar, demjenigen, der ein Großvorhaben betreiben möchte, eine deutlich höhere Gebühr zuzumuten als etwa dem Durchschnitt der Antragsteller (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. April 1967 - IV C 179.65 - BVerwGE 26, 305; juris Rn. 22). Dies rechtfertigt es jedoch nicht, die Höhe der Verwaltungskosten bei zunehmender Größe des Vorhabens ohne Einschränkung aus dem Blick zu nehmen (deutlich BVerwG, Urteil vom 30. April 2003 a.a.O. Rn. 14). Dass sich in der Folge die beabsichtigte Vorteilsabschöpfung nur eingeschränkt bei einigen Großvorhaben erreichen lassen mag, beruht auf dem Verhältnis zwischen den relativ geringen Verwaltungskosten und dem angenommenen hohen wirtschaftlichen Wert, der der Waldumwandlungsgenehmigung bei größeren Vorhaben zukommt (vgl. OVG Münster, a.a.O. Rn. 9), erlaubt aber keine Abweichung vom Äquivalenzprinzip. Das Vorstehende übersieht der Antragsgegner, soweit er aus dem sich nicht auf Verwaltungsgebühren beziehenden Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. November 1995        (2 BvR 413/88 u.a. - BVerfGE 93, 319; juris) folgert, dass ein mit einer Verwaltungsgebühr verbundener wirtschaftlicher Vorteil stets vollständig abgeschöpft werden könne.

Soweit der Antragsgegner in der mündlichen Verhandlung erstmals geltend gemacht hat, dass dem Verwaltungskostenanteil von 350 EUR die Aufwendungen für die Erstellung und Aktualisierung des Geoportals hinzuzuaddieren seien, stellt dies die vorstehenden Ausführungen nicht in Frage. Der Einwand steht im Widerspruch zu dem schriftsätzlichen Vortrag des Antragsgegners, nach dem der Verwaltungskostenanteil von 350 EUR den durchschnittlichen Verwaltungsaufwand für die Genehmigung einer Waldumwandlung abdecke. Mit diesem Betrag wird ferner in dem Verwaltungsvorgang (Bl. 126) der Kostenanteil beziffert. Zudem ist der Einwand ohne Substanz, da er nicht erkennen lässt, in welcher Höhe die genannten Aufwendungen zu Buche schlagen sollen. Schließlich übersieht der Antragsgegner, dass ihm die Aufwendungen für die Erstellung und Pflege des Geoportals unabhängig von der Bearbeitung eines Antrags auf Genehmigung einer Waldumwandlung entstanden sind.

Die Gebührenbemessung der Tarifstelle 5.2.2.1 lässt sich mit Blick auf die vorstehend exemplarisch dargestellten Gebührenberechnungen auch nicht aufgrund der Überlegung rechtfertigen, dass ein Missverhältnis zwischen dem Verwaltungsaufwand und der Gebührenhöhe nur Ausnahmefälle betreffe und einer insoweit in Einzelfällen entstehenden unvermeidbaren besonderen Härte mit Blick auf die Ordnung von Massenerscheinungen nicht gesondert Rechnung zu tragen ist (vgl. zu Art. 3 GG: BVerfG, Beschluss vom 8. Oktober 1991 - 1 BvL 50.86 - BVerfGE 84, 348; juris Rn. 40). Abgesehen davon, dass zweifelhaft erscheint, ob mit dieser Argumentation ein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip gerechtfertigt werden kann (vgl. Kersandt/Muffler, a.a.O. S. 255), trägt sie vorliegend schon mit Blick auf die allein von der Antragstellerin zu 1. beabsichtigten Waldumwandlungen für H ... mit einer Fläche von 35,4 ha, H ... mit einer Größe von 30 ha und H ..., die 150 ha betreffen soll, nicht. Flächen dieser Größenordnung werden im Übrigen für Industrieansiedlungen benötigt (vgl. https///taz.de vom 24. Januar 2022 zur Rodungsfläche von 173 ha für den Bau der Automobilfabrik von T___). Unabhängig davon wäre die besondere Härte für größere Vorhaben nicht nur unter Schwierigkeiten vermeidbar gewesen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Februar 1983 - 1 BvL 28/79 - BVerfGE 63, 119; juris Rn. 39 ff.). Der Verordnungsgeber hätte dem hier aufgezeigten Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip ohne Weiteres durch eine andere Bemessung der Gebühr Rechnung tragen können.

Schließlich führt auch die Möglichkeit, einem Gebührenschuldner nach § 20 Satz 1 Nr. 1 GebGBbg aus Gründen der Billigkeit eine Gebührenermäßigung zu gewähren, nicht zu einem anderen Ergebnis. Eine sachliche Unbilligkeit ist nur gegeben, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Normgebers anzunehmen ist, dass dieser die im Billigkeitsweg begehrte Entscheidung - hätte er die Frage geregelt - im Sinne einer Ermäßigung getroffen haben würde. Eine Ermäßigung aus Billigkeitsgründen darf jedoch nicht gewährt werden, um ein vom Gesetzgeber in Kauf genommenes Ergebnis abzuwenden (vgl. BFH, Urteil vom 18. September 2018 - XI R 36.16 - DB 2019, 226; juris Rn. 28 ff.). Da es gerade dem gebührenrechtlichen Konzept der Tarifstelle 5.2.2.1 entspricht, dass mit zunehmender Größe der Umwandlungsfläche die Gebühren unabhängig von dem Verwaltungskostenanteil linear steigen, kann danach nur der Verordnungsgeber dieses Konzept ändern.

Der Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip führt auch zur Gesamtnichtigkeit der Tarifstelle 5.2.2.1. Sie enthält bereits keinen abtrennbaren selbständigen Bestandteil. Im Übrigen lässt sich mit Blick auf die Konzeption der Tarifstelle der hypothetische Wille des Verordnungsgebers nicht feststellen, die Tarifstelle nur für Genehmigungsverfahren anzuwenden, die eine bestimmte Größe nicht überschreitende Waldumwandlungsflächen betreffen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit entspricht §§ 708 Nr. 1, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.