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Entscheidung 4 U 18/20


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 2. Zivilsenat Entscheidungsdatum 10.02.2021
Aktenzeichen 4 U 18/20 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2021:0210.4U18.20.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 18. Dezember 2019 - 13 O 237/18 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Der Kläger macht als ehemaliger Geschäftsführer der Beklagten einen Anspruch auf Zahlung der vertraglich vereinbarten Tantieme für das Jahr 2017 in Höhe von 106.935,28 € geltend, gegen den die Beklagte, die ein Callcenter betreibt, die Aufrechnung mit Schadensersatzforderungen wegen verschiedener Pflicht-verletzungen erklärt hat.

Der Kläger wurde mit Beschluss vom 7. Mai 2014 zum alleinigen Geschäftsführer der Beklagten bestellt, deren Gesellschafterversammlung am 24. Juni 2014 (B1, Bl. 128f.) einen Katalog zustimmungspflichtiger Geschäfte beschloss. Im Geschäftsführerdienstvertrag vom 17. Mai 2014 (Bl. 9 ff.) war die Zahlung einer gewinnabhängigen Tantieme vereinbart. Der Kläger hielt bis zum rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Potsdam vom 31. Januar 2020 (51 O 36/18, Bl. 624 ff.) 5% der Anteile der Beklagten, Mehrheitsgesellschafterin mit 95% der Anteile war die Gesellschafterin M… K…. Unter dem 3. Mai 2018 erklärte die Beklagte aufgrund des Gesellschafterbeschlusses vom 27. April 2018 (Bl. 302 f.) die - nicht streitgegenständliche - fristlose Kündigung des Dienstverhältnisses „wegen gravierender Pflichtverletzungen“, die sie unter dem 18. September 2018 wiederholte und auf einen angeblich von dem Kläger zu ihrem Nachteil begangenen Spesenbetrug in Höhe von 240 € stützte.

Die Beklagte hat geltend gemacht, der Anspruch des Klägers auf die der Höhe nach unstreitige Tantieme sei wegen des zu ihrem Nachteil begangenen Spesenbetrugs verwirkt, hilfsweise hat sie die Aufrechnung mit Schadensersatzforderungen erklärt. Sie stützt die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen auf nach ihrer Ansicht von dem Kläger zu verantwortende Vertragsstrafen, die sie im Zeitraum April 2017 bis April 2018 in Höhe von insgesamt 89.888,39 € an ihre Kunden zahlen musste, in Höhe von 145.950,56 € auf Kosten für den Umbau durch den Kläger ohne Kenntnis und Beschluss der Gesellschafterversammlung gemieteter Büroräume und in Höhe von 175.496 € auf die seitens des Klägers für 275.496 € veranlasste Anschaffung einer untauglichen und überteuerten Software für das Meldungscenter, für die sie nur ein Budget von 100.000 € freigegeben habe.

Mit Urteil vom 18. Dezember 2019 hat das Landgericht die Beklagte zur Zahlung von 106.935,28 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. Juli 2018 verurteilt. Wegen der tatsächlichen Feststellungen und der Begründung wird auf die angefochtene Entscheidung (Bl. 564 ff.) Bezug genommen, soweit sich nicht aus der vorliegenden Entscheidung etwas anderes ergibt.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie macht geltend, der Kläger habe seinen Anspruch auf die Tantieme für das Jahr 2017 wegen treuwidrigen Verhaltens verwirkt, indem er in zwei Fällen private Bewirtungen gegenüber der Beklagten betrügerisch als Spesen abgerechnet habe, wie er in einer Parteivernehmung in dem vor dem Landgericht Potsdam geführten Verfahren 51 O 36/18 am 10. Januar 2020 eingeräumt habe (Sitzungsprotokoll des Landgerichts vom 10. Januar 2020, Bl. 620 ff).

Sie ist der Ansicht, ihr stünden die Klageforderung übersteigende aufrechenbare Gegenforderungen zu, denn der Kläger hafte für die unstreitig in Höhe von 89.888,39 € im Kundenservice angefallenen Vertragsstrafen, weil er es versäumt habe, die Abläufe und die Personaleinsatzplanung bei der Beklagten so zu organisieren, dass alle Kunden vertragsgemäß betreut würden. Da der Kläger die Gesamthöhe der durch die Kunden von den Rechnungsbeträgen in Abzug gebrachten Vertragsstrafen nie bestritten habe, habe sie - die Beklagte - entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht näher dazu vorzutragen, an wen sie aufgrund welcher Fehlhandlungen wann welche Summe gezahlt habe. Zudem habe sie die angefallenen Vertragsstrafen mit der Anlage B 4 (Bl. 141) ausreichend aufgeschlüsselt. Dem Kläger als Geschäftsführer seien diese Abzüge auch bekannt. Da ein Schaden der Beklagten unbestreitbar vorliege, müsse der Kläger darlegen und beweisen, dass er seinen Sorgfaltspflichten nach § 43 Abs. 1 GmbHG nachgekommen sei und ihn kein Verschulden treffe. Dies gelte umso mehr, als der Kläger Mitarbeiter vom Kundencenter abgezogen habe, um ausschließlich das Servicecenter des Kunden V… - seinen ehemaligen Arbeitgeber - zu bedienen. Wenn der Kläger für den Neukunden V… keine ausreichenden Mitarbeiterkapazitäten zur Verfügung gehabt hätte, hätte er mit dieser über eine Reduzierung vertraglicher Pflichten verhandeln oder über ein auf Callcenter-Mitarbeiter spezialisiertes Leiharbeiterunternehmen flexibel und kurzfristig Leiharbeiter einsetzen müssen. Die zusätzlichen Personalkosten seien nicht schadensmindernd zu berücksichtigen, denn mit dem zusätzlich eingestellten Personal hätte man den Auftrag V… erfolgreich abwickeln können, während die Stammbesetzung weiterhin die Altkunden vertragsgemäß hätte bedienen können. Eine personell angemessene Mitarbeiterbesetzung hätte nicht nur die Vertragsstrafen vermieden, sondern zusätzlichen Umsatz im Kundencenter generiert, wo nach der Anzahl der geführten Gespräche gezahlt werde.

Durch den eigenmächtigen Abschluss eines Mietvertrags von Räumlichkeiten in der (X)straße … habe der Kläger mehrfach gegen den Katalog der zustimmungs-bedürftigen Rechtsgeschäfte gemäß dem Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 24. Juni 2014 ( B1, Bl. 128f.) verstoßen, weil er ohne vorherige Kenntnis und schriftliche Zustimmung der Gesellschafterversammlung eine Zweigniederlassung errichtet und in diesem Zusammenhang erhebliche Verbindlichkeiten der Beklagten begründet habe. Dabei könne sich der Kläger auch nicht darauf berufen, im wohl verstandenen Interesse der Beklagten gehandelt zu haben. Erschwerend komme hinzu, dass der Kläger in der Gesellschafterversammlung vom 17. November 2016 die Mehrheitsgesellschafterin nicht darüber informiert habe, dass er bereits am 3. November 2016 einen langfristigen Mietvertrag über die Räume in der (X)straße … unterzeichnet und Handwerker beauftragt gehabt habe. Auch habe er die dem Abschluss des Mietvertrages mindestens seit Sommer 2016 vorausgegangenen Verhandlungen mit dem Vermieter sowie das am 20. November 2016 zu Lasten der Beklagten aufgenommene Darlehen zur Finanzierung der Umbauarbeiten verschwiegen. Die E-Mail des Herrn K… - des Ehemannes der Mehrheits-gesellschafterin - vom 9. Mai 2017 könne die erforderliche vorherige Zustimmung der Gesellschafterversammlung nicht ersetzen, zumal die E-Mail auch keine Billigung des Verhaltens des Klägers beinhalte und der Kläger auch erst im Februar 2018 den vom 3. November 2016 datierenden Mietvertrag vorgelegt habe. Zu dem Schaden durch die Umbaukosten in Höhe von 145.950,56 € kämen 500 € Bearbeitungs-gebühren für den unnötigen Darlehensvertrag sowie ein Zinsschaden in Höhe von 7.396,65 € hinzu. Diese Kosten wären nicht entstanden, wenn der Kläger eine der von der Maklerin mit E-Mail vom 24. Juli 2015 angebotenen und für die Zwecke der Beklagten geeigneten Immobilien in der (Y)- oder der (Z)straße geprüft und gemietet hätte. Nun sei die Beklagte an einen Mietvertrag über nicht ausreichend große Räume gebunden, in die nur ein Teil der Belegschaft habe einziehen können und in der wegen der Auflagen des Denkmalschutzes die erforderliche Klimaanlage und weitere Sanitärräume nur sehr kostenaufwändig eingebaut werden könnten. Sie sei nur angesichts der von dem Kläger ausgelösten Umbaukosten und der Bindung durch den langfristigen Mietvertrag in der (X)straße verblieben. Eine Kosten-reduzierung durch Untervermietung komme nicht in Betracht, weil die Räume bereits für die Beklagte zu klein seien.

Auch durch die Anschaffung des überteuerten Meldungscenters habe der Kläger gegen den Katalog der zustimmungsbedürftigen Rechtsgeschäfte verstoßen, da von der Gesellschafterversammlung lediglich Kosten für eine Software in Höhe von 100.000 € freigegeben worden seien. Die Zustimmung des Klägers zu der Erhöhung des „ursprünglichen Budgets von 149.490,00 €“ per „Change Request“ vom 25. Mai 2015 auf 218.790,00 € durch die IT-Dienstleisterin G… GmbH sei weder nachvollziehbar noch abgestimmt gewesen. Die Meldungscenter-Software habe Kosten in Höhe von 275.496 € verursacht und sei nutzlos, weil sie von den Kunden nicht akzeptiert werde. Der Kläger habe es versäumt, die Einführung der neuen Software mit den Kunden im Hinblick auf deren technische Bedürfnisse vorher abzustimmen. Der Haftung des Klägers stehe seine Entlastung nicht entgegen, da die Kosten des Meldungscenters sich der Bilanz nicht entnehmen ließen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 18. Dezember 2019 abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Ansicht, der Vortrag der Beklagte betreffend die Vertragsstrafen sei nach wie vor unsubstanziiert, weil nicht ersichtlich sei, durch welches pflichtwidrige Verhalten des Klägers jede einzelne Position entstanden sein solle und wie sich die Verwirkung der Vertragsstrafe hätte vermeiden lasse, wobei die Beklagte auch die Aufwendungen für etwaige Vermeidungsmaßnahmen hätte beziffern müssen, da sie beweispflichtig für einen etwaigen Schaden sei.

Auch die von ihm getroffenen Maßnahmen betreffend den Standort (X)straße begründeten keinen Anspruch der Beklagten. Die Handwerkerkosten in Höhe von 145.950,56 € (Anlage B 5, Bl. 142) habe er in Umsetzung der Beschlüsse über den Umzug ausgelöst. Die Gesellschafter hätten am 17. November 2016 beschlossen, die (X)straße … so herzurichten, dass der Sitz der Gesellschaft dorthin verlegt werden könne. In Phase 1 seien die Teams T… und V… in der (X)straße angesiedelt worden. Die anderen Abteilungen hätten folgen sollen. Über diese Vorgänge sei der Ehemann der Hauptgesellschafterin stets informiert gewesen, der im Übrigen dem Projekt (X)straße mit E-Mail vom 9. Mai 2017 zugestimmt habe. Zudem nutze die Beklagte die Räume in der (X)straße bis heute, so dass den Ausgaben auch ein entsprechender Nutzen gegenüberstehe. Auch durch den nicht zustimmungs-bedürftigen Abschluss des Mietvertrages sei der Beklagten kein Schaden entstanden. Der Mietvertrag erlaube eine Untervermietung, wovon die Beklagte im Rahmen ihrer etwaigen Schadensminderungspflicht Gebrauch machen müsse.

Auch die Aufnahme eines Darlehens über 100.000 € habe dem Willen der Gesellschafter entsprochen, die am 17. November 2016 ausführlich darüber diskutiert und sich dafür entschieden hätten. Das Darlehen sei am 21. November 2016 beantragt worden, um die Liquiditätsreserven der Beklagten zu schonen. Sie müsse sich deshalb den Vorteil anrechnen lassen, der durch Schonung ihrer Liquidität entstanden sei, so dass ein Zinsschaden von 7.895,65 € nicht nachvollziehbar sei.

Es habe keine Alternativstandorte gegeben. Das Objekt (Y)straße habe über kein schnelles Internet verfügt und hätte auch erst ab dem 1. Juni 2018 bezogen werden können. Auch hinsichtlich Lage, Ausstattung und Zuschnitt seien die Räume nicht in Frage gekommen. Das Objekt (Z)straße sei heruntergekommen und stehe seit Jahren zum großen Teil leer. Die Räume seien zu klein und für ein Callcenter ungeeignet; ein Einzug wäre erst zum 1. Dezember 2017 möglich gewesen. Dagegen sei die (X)straße … wegen des schnellen Internets und der Ausbaumöglichkeiten (insbesondere im Hinblick auf Schulungen, Sanitärein-richtungen und eine Kantine) hervorragend geeignet. Nur weil seine – des Klägers – Nachfolger das Nutzungskonzept geändert hätten, fehle es an Toiletten.

Das Meldungscenter sei nicht überteuert. Er habe bereits in der Gesellschafterversammlung vom 28. Oktober 2014 sein Ziel vorgestellt, auf diesem Weg dem Kunden den zuständigen Ansprechpartner vollautomatisiert zuzuweisen. Das Meldecenter sei effektiv. Für jeden Kunden speziell entwickelte Textbausteine unterstützten die Mitarbeiter bei ihren Fragen und rationalisierten die Aufnahme der Meldung wesentlich. Dadurch seien der Zeitaufwand für Einarbeitungen und Schulungen neuer Mitarbeiter und die Dauer der Gespräche gesunken. So hätten die Mitarbeiter in derselben Zeit mehr Projekte abdecken und zusätzliche Gewinne erwirtschaften können. Dieses Projekt sei in mehreren Phasen erstellt worden, wobei die erste Phase im Mai 2015 mit dem „Go Live“ des ersten Kunden B… beendet worden sei. Die behaupteten Kosten von 276.496 € seien nicht nachvollziehbar. Investiert worden sei stets nach ausführlicher Erörterung mit der Hauptgesellschafterin und auf Grundlage ihrer Zustimmung. Da Hard- und Software der Anlage bis heute genutzt würden, sei auch kein Schaden ersichtlich.

Auch habe er keinen Spesenbetrug begangen. Er habe aus Versehen eine Quittung falsch ausgefüllt und eine falsche Quittung eingereicht, wodurch der Beklagten allenfalls ein Schaden von 40 € entstanden sei (Bl. 684 ff.).

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung der Tantieme für das Jahr 2017 ist weder verwirkt (1.), noch ist er durch Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen der Beklagten erloschen (2.).

1. Der als solcher unstreitige Tantiemeanspruch des Klägers von 106.935,28 € ist nicht wegen eines etwaigen Spesenbetrugs gemäß § 242 BGB verwirkt.

a) Im Rahmen des § 242 BGB ist anerkannt, dass die Verletzung eigener Pflichten durch den Gläubiger grundsätzlich nur zu Gegenansprüchen des Schuldners führt und den Gläubiger grundsätzlich nicht an der Geltendmachung seines Anspruchs hindert (Palandt/Grüneberg, BGB, 79. Aufl., § 242 Rn. 46; BGH, Urteil vom 26. November 2004 – V ZR 90/04, Rn. 28, juris). Eine Berufung auf den eigenen Anspruch ist dem Gläubiger allerdings dann nach Treu und Glauben verwehrt, wenn der Anspruch auf einem erheblichen Verstoß des Gläubigers gegen Pflichten beruht, die in einem inneren Zusammenhang mit seinem Anspruch stehen (BGH, Urteil vom 26. November 2004 – V ZR 90/04, Rn. 28, juris). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, weil der Tantiemeanspruch in keinem inneren Zusammenhang mit der Spesenabrechnung steht, insbesondere nicht durch sie verdient wurde.

b)

Ein Verlust des Tantiemeanspruchs ist auch nicht gemäß § 654 BGB analog/ § 242 BGB eingetreten. Nach § 654 BGB verliert der Makler seinen Anspruch auf Maklerlohn und den Ersatz seiner Aufwendungen, wenn er dem Inhalt des Vertrags zuwider auch für den anderen Teil tätig geworden ist. Diese Vorschrift wird auf privat- wie öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse mit vergleichbaren Treuepflichten analog angewendet (Palandt/Sprau, a. a. O., § 654 Rn. 8).

Im Rahmen von Dienstverhältnissen ist allerdings von dem Grundsatz auszugehen, dass Vertrags- bzw. Pflichtverletzungen grundsätzlich nicht zur Verwirkung der bis zum rechtswirksamen Ende des Dienstverhältnisses entstandenen Dienstbezüge führen, weil der Dienstherr mit den daraus resultierenden Schadensersatzansprüchen aufrechnen kann. Eine Tantieme, die reinen Entgeltcharakter und ihren wesentlichen Grund in der Bereitschaft des anderen Teils hat, seine Dienste und seine Arbeitskraft für gewisse Zeit zur Verfügung zu stellen, ist Bestandteil der Austauschbeziehungen zwischen den Vertragspartnern geworden. Hat der Dienstverpflichtete seine Leistung erbracht, ist der Anspruch auf die Tantieme endgültig entstanden. Ein Verlust dieses Anspruchs würde das vertraglich vorausgesetzte Gleichgewicht nachträglich zu Lasten des Berechtigten verschieben. Als Mittel, einer Schädigung durch unerlaubte Wettbewerbshandlungen oder andere Verstöße des Dienstverpflichteten zu begegnen, gibt das Gesetz dem Geschädigten Unterlassungs- und vor allem Schadensersatzansprüche an die Hand, mit denen er im Rahmen der §§ 394 BGB, 850 ff ZPO gegen den Vergütungsanspruch aufrechnen kann. Damit sind seine Interessen in der Regel voll gewahrt (vgl. BGH, Urteil vom 07. Januar 1971 – II ZR 23/70 -, Rn. 29 ff., juris). Allenfalls in besonders krass liegenden Fällen, in denen sich der Dienstverpflichtete gegenüber dem anderen Teil grob unanständig verhalten hat, kann es gerechtfertigt sein, dem Vergütungsanspruch den Arglisteinwand entgegenzuhalten (BGH, Urteil vom 19. Oktober 1987 – II ZR 97/87 –, Rn. 7, juris). Dabei muss der für einen Arglisteinwand gegenüber einer Gehaltsforderung erforderliche Pflichtenverstoß mindestens die Qualität eines wichtigen Grundes i. S. d. § 626 BGB haben (OLG Oldenburg, Urteil vom 20. April 2000 – 1 U 177/99 -, Rn. 45, juris), so dass der Wegfall des Vergütungsanspruchs nicht außer Verhältnis zu Art, Ausmaß und Folgen der Verletzung steht (vgl. BGH, Urteil vom 07. Januar 1971 – II ZR 23/70, Rn. 32, juris). Eine besonders schwerwiegende (Treue-)Pflichtverletzung reicht zur Verwirkung gemäß oder entsprechend §§ 242, 654 BGB analog nur bei zu besonderer Treue verpflichteten Amtsinhabern – wie etwa dem Testamentsvollstrecker, dem Insolvenzverwalter oder dem Zwangsverwalter aus (BGH, Urteil vom 12. Mai 2011 – II ZR 107/10 -, Rn. 30, juris).

Der Kläger ist kein Amtsinhaber im vorgenannten Sinne. Die Beklagte hat dem Kläger wegen des ihm vorgeworfenen Spesenbetrugs fristlos gekündigt. Greift die Kündigung durch (was das Landgericht für gerechtfertigt hält, wie es inzident in seinem Urteil vom 31. Januar 2020 ausgeführt hat, Bl. 629), hat die Beklagte bereits zusammen mit dem Anspruch auf Erstattung der unberechtigten Spesen hinreichende Kompensation erlangt. Im Übrigen steht der angebliche Schaden durch die Spesenabrechnung in Höhe von 240 € in keinem Verhältnis zu der streitgegenständlichen Tantieme. Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob der Kläger einen Spesenbetrug begangen hat.

2. Der Tantiemeanspruch des Klägers ist nicht gemäß § 389 BGB durch Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen der Beklagten gegen den Kläger erloschen.

a) Allerdings steht der Aufrechnung nicht das Fehlen eines Gesellschafterbeschlusses entgegen. Die Geltendmachung von Schadensersatz-ansprüchen der GmbH gemäß § 46 Nr. 8 GmbHG gegen den Geschäftsführer, gleichgültig in welcher Form, mithin auch im Wege der Aufrechnung, erfordert grundsätzlich einen Gesellschafterbeschluss (Baumbach/Hueck, GmbHG, 22. Aufl., § 46 Rn. 60). Der Beschluss ist materiellrechtliche Anspruchsvoraussetzung; er kann während des Rechtsstreits auch nachgeholt werden (BGH, Beschluss vom 26. November 2007 – II ZR 161/06, Rn. 7; Drescher, Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers, 8. Aufl., Rn. 14 m. w. N.). Eines Beschlusses bedarf es vorliegend jedoch nicht, denn der Gesellschafter-Geschäftsführer ist nach § 47 Abs. 4 GmbHG bei der Abstimmung über die Verfolgung von Schadensersatzansprüchen gegen sich von der Abstimmung ausgeschlossen, so dass die Mehrheitsgesellschafterin M… K… allein über die Erhebung der Klage und Aufrechnung entscheiden konnte. Eine Beschlussfassung, die auch formlos möglich ist, wäre in diesem Fall eine entbehrliche Förmlichkeit (BGH, Urteil vom 29. November 2004 – II ZR 14/03-, juris Rn. 7).

b) Die seitens der Beklagten zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzansprüche sind weder aus § 43 Abs. 2 GmbHG noch aus einem anderen Rechtsgrund begründet.

Einen Schadensersatzanspruch gegen den Kläger als Geschäftsführer kann die Beklagte primär aus § 43 Abs. 2 GmbHG herleiten. Ein möglicher Anspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 266 StGB hat gegenüber § 43 Abs. 2 GmbHG keine eigenständige Bedeutung (Drescher, a. a. O., Rn. 179). Der Geschäftsführer hat nach § 43 Abs. 1 GmbHG in Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines „ordentlichen Geschäftsmannes“ anzuwenden. Er schuldet die Sorgfalt, die ein ordentlicher Geschäftsmann in verantwortlich leitender Position bei selbständiger Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen zu aufzuwenden hat und ist verpflichtet, den Vorteil der Gesellschaft zu wahren und Schaden von ihr abzuwenden (Drescher, a. a. O., Rn. 130). Der Geschäftsführer verletzt seine Pflichten nicht nur durch Vermögensdelikte, sondern auch, wenn er falsche unternehmerische Entscheidungen trifft (Drescher, a. a. O., Rn. 133).

Da unternehmerische Geschäfte unvermeidbar risikobehaftet sind, ist es dem Geschäftsführer nicht schlechthin verwehrt, Risiken einzugehen; deshalb ist nicht der Abschluss jeden Geschäfts, bei dem Risiken bestehen, bereits eine Sorgfalts-pflichtverletzung und führt nicht jedes risikobehaftete Geschäft nach der Verwirklichung des Risikos zur Schadensersatzpflicht (Drescher, a. a. O., Rn. 135). Die Sorgfaltspflicht des Geschäftsführers ist analog § 93 Abs. 1 S. 2 AktG zu bestimmen, wonach eine Pflichtverletzung nicht vorliegt, wenn das Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln (BGH, Urteil vom 18. Juni 2013 – II ZR 86/11, Rn. 27, juris; Drescher, a. a. O., Rn. 137 m. w. N.). Die Gesellschaft hat die Darlegungs- und Beweislast für Eintritt und Höhe des Schadens und dafür, dass dem Schaden ein möglicherweise pflichtwidriges Verhalten des Geschäftsführers in seinem Pflichtenkreis zugrunde liegt. Der Geschäftsführer muss darlegen und beweisen, dass sein Verhalten nicht pflichtwidrig war, ihn kein Verschulden trifft oder der Schaden auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten eingetreten wäre (Drescher, a. a. O., Rn. 367 ff.). Der Geschäftsführer hat auch zu beweisen, dass er vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage einer angemessenen Information zum Wohle der Gesellschaft zu handeln (BGH, a. a. O.). Wegen § 287 ZPO reicht es aus, wenn die Gesellschaft Tatsachen vorträgt, die für eine Schadensschätzung hinreichende Anhaltspunkte bieten (Drescher, a. a. O., Rn. 384).

c) Nach diesen Grundsätzen kann für keinen der von der Beklagten geltend gemachten Schadensersatzansprüche das Vorliegen der Voraussetzungen des § 43 Abs. 2 GmbHG festgestellt werden.

aa) Das gilt zunächst für einen Anspruch wegen der - unstreitig - im Zeitraum von April 2017 bis April 2018 in Höhe von 89.888,89 € angefallenen Vertragsstrafen-zahlungen.

(1) Insoweit mag der Vortrag der Beklagten zwar für eine mögliche Pflichtverletzung des Klägers ausreichen. Denn als Geschäftsführer oblag dem Kläger die Pflicht, den Betrieb der Beklagten so zu organisieren, dass diese die gegenüber ihren Kunden eingegangenen Verpflichtungen d. h. insbesondere auch die mit den Kunden im sogenannten Kundenservice übernommene vertragsstrafenbewehrte Verpflichtung zur Entgegennahme von 80 % aller Anrufe innerhalb von 20 Sekunden erfüllen konnte und Vertragsstrafenzahlungen zu vermeiden. Der Beklagten mag auch zu folgen sein, soweit sie geltend macht, der Kläger hätte zur Erfüllung dieser Verpflichtung entweder vorhandene Mitarbeiter im Kundenservice belassen und nicht im sogenannten Servicecenter, insbesondere zur Erbringung von Leistungen für den neu akquirierten Großkunden V…, einsetzen oder zusätzliches Personal einstellen müssen.

(2) Es fehlt jedoch an einem hinreichend konkreten Vortrag der Beklagten zu einem Schaden, der ihr aus dem möglichen pflichtwidrigen Verhalten des Klägers erwachsen ist. Die Ersatzpflicht des Geschäftsführers setzt voraus, dass der Gesellschaft ein Schaden entstanden ist. Maßgebend dafür, ob dies angenommen werden kann, ist der Schadensbegriff der §§ 249 ff. BGB, der auf der sog. Differenzhypothese fußt. Zu vergleichen ist deshalb das vorhandene Vermögen der GmbH mit demjenigen, das sie bei einem Hinwegdenken des schädigenden Ereignisses gehabt hätte (MünchKomm-Fleischer GmbHG, § 43 Rz. 261, m.w.N.). Für die Bemessung des Schadens kann deshalb nicht allein die Höhe der Vertragsstrafen in den Blick genommen werden. Es muss vielmehr ein Gesamtvergleich der Vermögenssituation der Beklagten angestellt werden, die sich ergäbe, wenn der Kläger - nach der Vorstellung der Beklagten - pflichtgemäß gehandelt hätte (vgl. Baumbach/Hueck GmbHG 22. Aufl. § 43 Rn. 49). Zwar wäre das wirtschaftliche Ergebnis der Beklagten im Bereich Kundenservice in entsprechendem Umfang höher ausgefallen, wenn die Kunden der Beklagten keine Vertragsstrafen wegen fehlender Erreichung des Service-Levels von der Vergütung abgezogen hätten. Hätte der Kläger vorhandenes Personal im Kundenservice statt im Servicecenter eingesetzt, hätte dies zur Folge gehabt, dass zwar möglicherweise die Vertragsstrafen vermieden worden wären, die entsprechenden Mitarbeiter hätten dann jedoch im Bereich des Servicecenters keine Gewinne erwirtschaften können. Ein Schaden könnte der Beklagten deshalb nur in dem Umfang entstanden sein, in dem die Vertragsstrafen nicht durch Gewinne aus dem Bereich des Servicecenters ausgeglichen worden sind. Dazu hat die Beklagte jedoch trotz Hinweises im Termin vom 3. Juni 2020 nichts vorgetragen. Dem kann die Beklagte auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, auf Gewinne im Bereich der Servicecenter könne der Kläger sich bereits deshalb nicht berufen, weil er durch die Annahme des Kunden V… ein Klumpenrisiko, d. h. eine Abhängigkeit von einem Großkunden, geschaffen habe. Hätte der Kläger zusätzliches Personal eingestellt - gleichgültig, ob für den Bereich des Kundenservice oder den Bereich des Servicecenters V… - hätte die Beklagte zusätzliche Personalkosten aufwenden müssen; sie hat aber nicht dargelegt, dass die zusätzlichen Personalkosten geringer gewesen wären als das Ergebnis von eingesparten Vertragsstrafen nebst zusätzlich erwirtschaftetem Umsatz durch weitere vergütungspflichtige Gespräche. Ebenso fehlt es an einer Darlegung, dass der Kläger durch das Aushandeln günstigerer Verträge - möglicherweise im Hinblick auf die Höhe des Service-Levels - Verluste durch Abzug von Vertragsstrafen hätte vermeiden können, ohne gleichzeitig Abschläge bei der Vergütungshöhe hinnehmen zu müssen.

Zudem ist die Beklagte dem Vortrag des Klägers nicht entgegengetreten, dass auch bei pflichtgemäßem Verhalten Vertragsstrafen nicht völlig hätten vermieden werden können, und deshalb auch in früheren Jahren Vertragsstrafen angefallen seien, die jedoch mangels automatisierter Erfassung mühsam händisch hätten errechnet werden müssen und deshalb nicht ins Blickfeld gerückt seien.

bb) Der Beklagten steht gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG auch keine Schadensersatzforderung in Höhe von 145.950,56 € gegen den Kläger wegen der Beauftragung von Bauarbeiten zur Vorbereitung des Umzugs eines Teils des Betriebes in die (X)straße … zu.

(1) Zwar ist dem Kläger insoweit eine Pflichtverletzung in Form einer Kompetenzüberschreitung in Bezug auf Nr. 1 b) des Gesellschafterbeschlusses vom 24. Juni 2014 i.V.m. Art. V des Geschäftsführervertrages zur Last zu legen, da danach Baumaßnahmen über 10.000 € netto im Einzelfall einwilligungsbedürftig waren. Sofern dem Geschäftsführer im Innenverhältnis aufgegeben ist, Geschäfte von einer bestimmten Größenordnung nur mit Zustimmung der Gesellschafter abzuschließen, er gegen diese Auflage verstößt und der Gesellschaft daraus ein Schaden erwächst, macht er sich gegenüber der Gesellschaft nach § 43 Abs. 2 GmbHG schadensersatzpflichtig (Drescher, a. a. O., Rn. 190). Dabei kommt es allein auf die Vorwerfbarkeit des Kompetenzverstoßes an (Drescher, a. a. O:, Rn. 192). Dass für verschiedene Gewerke Aufträge von mehr als 10.000 € erteilt worden sind, hat die Beklagte in ihrer vom Kläger nicht bestrittenen Aufstellung der Umbaukosten für 2016 und 2017 in der Anl. B5 (Bl. 142) hinreichend dargelegt.

Der Kläger kann sich auch nicht mit der Begründung, die Bauaufträge seien in Umsetzung eines am 17. November 2016 durch die Gesellschafterversammlung gefassten Beschlusses über den Umzug des Betriebes erteilt worden, auf pflichtgemäßes Handeln berufen. Die Beklagte bestreitet sowohl einen derartigen Beschluss als auch ein Einverständnis der Hauptgesellschafterin mit einem Umzug in die (X)straße … und behauptet, man sei so verblieben, dass nach Alternativen gesucht werden sollte und der Kläger hinsichtlich der (X)straße … weitere Unterlagen und Zahlen hinsichtlich Umbaukosten, Zeitplänen etc. vorlegen sollte. Gegen eine Beschlussfassung am 17. November 2016 spricht zudem schon die Tatsache, dass die Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat, der Zeuge K… habe sich nach dem 17. November 2016 noch auf die Suche nach geeigneten Räumlichkeiten gemacht und eine Alternative aufgetan, die der Kläger auch besichtigt und schließlich wegen der fehlenden Glasfaseranbindung und angeblich zu niedrigen Decken abgelehnt habe. Eine solche Vorgehensweise ergibt keinen Sinn, wenn zu diesem Zeitpunkt bereits eine endgültige Entscheidung zugunsten der (X)straße … gefallen wäre. Eine positive Beschlussfassung oder ein ausdrückliches Einverständnis der Mehrheitsgesellschafterin hat der Kläger auch gar nicht vorgetragen. Sein Vortrag bezieht sich allein darauf, dass in der Gesellschafterversammlung die Vorzüge eines Umzugs in die (X)straße vorgestellt, d. h. die Mitgesellschafterin im Beisein von Zeugen über den von ihm beabsichtigten und als alternativlos erachteten Umzug gerade in diese Räume informiert worden ist.

(2) In Höhe von 80.640,34 € ist der Schadensersatzanspruch der Beklagten wegen der Kosten des Umbaus der Räume in der (X)straße … jedoch bereits deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger mit dem Beschluss vom 11./17. April 2017 (328) jedenfalls im Hinblick auf die in dem Jahresabschluss 2016 aufgeführten Umbaukosten in diesem Umfang entlastet worden ist.

(a) Der Ersatzanspruch aus § 43 Abs. 2 GmbHG ist ausgeschlossen, wenn die Gesellschafter den Geschäftsführer entlastet haben und die Entlastung auch das beanstandete Geschäft umfasst (Drescher, a. a. O., Rn. 454). In der Entlastung nach § 46 Nr. 5 GmbHG liegt die Billigung der Geschäftsführung (Drescher, a. a. O., Rn. 455). Sie setzt voraus, dass die Ersatzansprüche bei sorgfältiger Prüfung aller Vorlagen und Berichte für die Gesellschafterversammlung erkennbar gewesen sind oder die Gesellschafter davon jedenfalls privat Kenntnis gehabt haben (BGH, Urteil v. 21. April 1986 – II ZR 165/85, juris Rn. 13, m.w.N.). Grundsätzlich ist auf die Rechenschaftslegung samt aller zugänglich gemachten Unterlagen abzustellen und insoweit auf diejenigen Umstände, die bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennbar waren (vgl. Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, 22. Aufl., § 46 GmbHG Rz. 41). Von der Entlastung nicht erfasst sind Ansprüche, die aus den Rechenschaftsberichten des Vorstandes und den Unterlagen nicht oder in wesentlichen Punkten nur so unvollständig erkennbar sind, dass die Gesellschafter die Tragweite der ihnen abverlangten Entlastungsentscheidung nicht zu überblicken vermögen (Drescher, 454).

(b) Vorliegend standen der Mehrheitsgesellschafterin zum Zeitpunkt des Entlastungsbeschlusses hinreichende Informationen über mögliche Ersatzansprüche wegen der eigenmächtigen Vergabe einwilligungspflichtiger Aufträge zur Verfügung. In den „Erläuterungen des Jahresabschlusses 2016“ durch die F… GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vom 28. Februar 2017 findet sich unter Nr. 2 „andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung“ die Pos. „Büroeinbauten“ i.H.v. 80.100,34 € (Blatt 348). Die Büroeinbauten werden zwar nicht näher bezeichnet, insbesondere lässt sich daraus nicht entnehmen, dass es sich um Einbauten in die Räume (X)straße … handelt. Die Position stellt jedoch den weitaus größten Posten unter den „anderen Anlagen …“ dar und gleichzeitig ein Vielfaches der Kosten für bauliche Maßnahmen von 10.000 €, die ohne Zustimmung der Gesellschafter-versammlung ausgelöst werden durften. Welche anderen, bewilligten oder einwilligungsfreien Büroeinbauten in Frage gekommen wären, trägt die Beklagte nicht vor. Dass die Hauptgesellschafterin die Kosten der baulichen Maßnahmen der Bilanz und den Erläuterungen zum Jahresabschluss nicht habe entnehmen können, hat die Beklagte auch nicht geltend gemacht, sondern lediglich, dass es ihr nicht zumutbar sei, sich die Informationen aus der Bilanz herauszusuchen.

(3) Unbeschadet der Frage der Entlastung des Klägers fehlt es aber jedenfalls an der schlüssigen Darlegung der Beklagten, dass ihr aufgrund der Beauftragung der Baumaßnahmen ein Schaden entstanden ist. Ein Schaden liegt vielmehr vor, wenn die Gegenleistung nicht werthaltig ist, von der Gesellschaft nicht benutzt werden kann oder für andere Zwecke notwendige Mittel gebunden werden (Drescher, a. a. O., Rn. 201). Die Beklagte hat für die aufgewendeten Umbaukosten eine Gegenleistung in Form der für ihre Zwecke umgebauten Räume in der (X)straße … erhalten, die sie auch weiter als Geschäftsräume nutzt. Sie hat auch nicht vorgetragen, dass sie keine gleichwertige Gegenleistung erhalten habe, weil etwa der Kläger die Arbeiten zu überhöhten Preisen vergeben hätte, sodass auch insoweit ein Schaden ausscheidet.

(4) Die Beklagte kann einen Schadensersatzanspruch in Höhe der Umbaukosten von 145.950,56 € gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG auch nicht daraus herleiten, dass der Kläger bereits den Mietvertrag vom 3. November 2016 über die Räume in der (X)straße … pflichtwidrig geschlossen habe.

(a) Zwar hat der Kläger auch mit dem Abschluss des Mietvertrages seine Befugnisse gemäß Art. V des Geschäftsführervertrages sowohl in Bezug auf Nr. 1g) und Nr. 1 k) des Beschlusses vom 24. Juni 2014 überschritten. Danach bedürfen der Abschluss, die Änderung und die Kündigung von nicht Buchstabe f) unterfallenden Dauerschuldverhältnissen (zum Beispiel Mietkauf-, Miet-, Pacht-, Leasing- und Lizenzverträgen), soweit sie pro Jahr einen Aufwand von mehr als 100.000 € im Einzelfall verursachen, [...] (Nr. 1 g) der Zustimmung der Gesellschafter-versammlung, ebenso wie die Errichtung, Veräußerung, Aufgabe oder Stilllegung von Zweigniederlassungen, Betrieben, Teilbetrieben oder Betriebsstätten (Nr. 1 k). Vorliegend hat der Kläger in den Räumen in der (X)straße … entgegen der Ansicht der Beklagten zwar keine Zweigniederlassung errichtet, aber eine (neue) Betriebsstätte.

(b) Eine ausdrückliche Zustimmung der Gesellschafterversammlung zum Abschluss des Mietvertrages ist vom Kläger nicht vorgetragen (siehe oben c) bb). Auch eine Genehmigung lässt sich der E-Mail des Zeugen K… vom 9. Mai 2017 entgegen der Ansicht des Klägers nicht entnehmen, allenfalls Resignation angesichts der langfristigen Bindung der Beklagten und der bereits aufgewandten Umbaukosten.

(c) Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass er im wohlverstandenen Interesse der Gesellschaft gehandelt hat. Ein Geschäftsführer ist zwar grundsätzlich berechtigt und verpflichtet, nach eigenem Ermessen die Geschäfte zum Wohle der von ihm vertretenen Gesellschaft zu führen; das Handeln im Interesse der Gesellschaft schließt im Allgemeinen die Pflichtwidrigkeit des Handelns aus. Dieses Ermessen wird jedoch von vornherein begrenzt durch konkret vertraglich geregelte Kompetenzbeschränkungen im Innenverhältnis, weil es der Gesellschafter-versammlung unbenommen bleiben muss, selbst das Interesse der Gesellschaft zu bestimmen und dem Ermessen des Geschäftsführers Grenzen zu ziehen (OLG München, Urteil vom 16. Mai 2018 – 7 U 3130/17, juris Rn. 21).

(d) Einen Schadensersatzanspruch wegen der streitgegenständlichen Umbaukosten kann die Beklagte jedoch auf diese Kompetenzverletzung nicht stützen, denn dem Kläger ist auch insoweit durch den Gesellschafterbeschluss vom 11./17. April 2017 (Bl. 328) Entlastung erteilt worden. Zwar ist nicht ersichtlich, dass der Kläger die Mehrheitsgesellschafterin vor der Beschlussfassung über die Entlastung über den Abschluss des Mietvertrages sowie den Umzug eines Betriebsteils in die (X)straße … informiert hat, oder sich diese Informationen aus dem Jahresabschluss und den dazugehörigen Unterlagen ergeben haben. Allerdings muss sich die Mehrheitsgesellschafterin die Kenntnis ihres Ehemannes, des Zeugen K…, der von ihr unstreitig umfassend bevollmächtigt war, zurechnen lassen, § 166 Abs. 1 BGB.

Nach dem Vortrag der Beklagten hat der Zeuge K… zumindest von dem Umzug eines Teils des Betriebs der Beklagten in die (X)straße … noch vor dem Entlastungsbeschluss vom 11./17. April 2017 Kenntnis erlangt. Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass der Zeuge K… am 13. Januar 2017 zusammen mit dem Kläger eine Begehung der Räume in der (X)straße … vorgenommen hat. Dabei kann ihm nicht verborgen geblieben sein, dass dort bereits ein Teil der Mitarbeiter der Beklagten arbeitete, denn nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 2021 ist der Betrieb im 1. Obergeschoss der Räume in der (X)straße … bereits unmittelbar nach den Weihnachtsferien 2016/2017 im Januar 2017 aufgenommen worden.

Soweit die Beklagte mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 29. Januar 2021 eine Entlastung des Klägers durch den Beschluss vom April 2017 in Abrede stellt, weil der Kläger auf der Gesellschafterversammlung vom 27. Juni 2017 erstmals den Umzug in die (X)straße und seine Planungen vorgestellt habe, gibt der Vortrag keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, § 156 Abs. 2 ZPO. Sie kann mit diesem Vortrag ohnehin nicht durchdringen. Dagegen spricht schon, dass die Beklagte mit Schriftsatz vom 14. November 2019 selbst vorgetragen hat, der Zeuge K… und die Hauptgesellschafterin hätten im Frühjahr 2017 (Bl. 535 R) Kenntnis vom Abschluss des Mietvertrags für die Räume in der (X)straße … erlangt. In der von der Beklagten eingereichten E-Mail vom 9. Mai 2017 des Zeugen K… an den Kläger (B7, Blatt 144) verleiht der Zeuge zudem seiner Erwartung Ausdruck, dass (nunmehr) sämtliche Mitarbeiter der Beklagten bis zum Ende des Jahres 2017 in repräsentative Räume in der (X)straße umziehen würden. Soweit sich die Beklagte für ihre Behauptung, sie habe erstmals am 27. Juni 2017 vom Abschluss des Mietvertrags Kenntnis erlangt, auf die Präsentation des Klägers vom selben Tage (Anlage K 15) bezieht und darauf hinweist, dass dort unter der Überschrift „Umzug ins Bauhaus für 1. Quartal 2018 geplant“ unter anderem über eine Planung „Juli 2017 Abschluss Mietvertrag, November 2017: voraussichtlicher Auszug AOK EG/UG, Dezember 2017 bis Februar 2018: Umbau EG, UG, März/April 2018: voraussichtlicher Einzug Produktion“ berichtet wird, folgt daraus nichts anderes. Bei dem Mietvertrag, auf den sich die Präsentation vom 27. Juni 2017 bezieht, handelt es sich um den geplanten Mietvertrag über weitere Flächen von ca. 1000 m² im Erdgeschoss und Untergeschoss der (X)straße …, in denen die weiteren Mitarbeiter der Beklagten Platz finden sollten, die zu diesem Zeitpunkt noch in den Räumen in der …straße arbeiteten. Zum Abschluss dieses Mietvertrages über Räume im Erdgeschoss und Untergeschoss ist es nicht gekommen, ebenso wenig zur Vorfinanzierung der weiteren Umbauarbeiten für diese Räume durch den Vermieter, auf die sich der von der Beklagten angesprochene „Finanzierungsrahmen bis 400 Teuro“ bezieht. Die Flächen, die Gegenstand des Mietvertrages vom 3. November 2016 waren, befanden sich dagegen im Obergeschoss der (X)straße … und wurden nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Klägers im Januar 2017 bezogen.

(e) Im Übrigen fehlt es auch insoweit an einer hinreichenden Darlegung eines der Beklagten durch den Abschluss des Mietvertrages erwachsenen Schadens in Höhe der Baukosten von 145.950,56 €. Der Schaden besteht nicht darin, dass ein Vertrag ohne die erforderliche Zustimmung der Gesellschafter zustande gekommen ist, denn nach § 43 GmbHG werden nur Vermögensschäden ersetzt. Das kompetenzwidrige Geschäft muss nachteilig für die Gesellschaft sein (BGH, Urteil vom 18. Juni 2013 – II ZR 86/11, Rn. 44, juris). Zu vergleichen ist die Vermögenslage mit und ohne das haftungsbegründende Ereignis. Unstreitig benötigte die Beklagte im Hinblick auf eine nicht erzielte dauerhafte Einigung mit den neuen Eigentümern der bisherigen Räume in der …straße andere Geschäftsräume. Die Beklagte hat - auch darauf ist sie im Senatstermin hingewiesen worden - nicht hinreichend vorgetragen, dass sie statt der Räume in der (X)straße … andere Objekte hätte mieten können, für die keine Baukosten entstanden wären.

Soweit die Beklagte unter Bezugnahme auf die E-Mail der Maklerin N… vom 24. Juli 2015 (B 12, Blatt 561 f.) vorträgt, es hätte die Möglichkeit bestanden, Räume in der (Z)straße oder der (Y)straße zu mieten, ist bereits fraglich, und von der Beklagten trotz Hinweises nicht vorgetragen, dass diese Räume im Jahr 2016 überhaupt noch zu den mitgeteilten Konditionen hätten gemietet werden können und gemessen an dem Bedarf der Beklagten bezugsfertig gewesen wären.

Im Übrigen hätte die Beklagte auch bei beiden angebotenen Alternativobjekten ausweislich der Angaben der Maklerin in der E-Mail vom 24. Juli 2015 die Kosten von Umbauarbeiten (Klimatisierung, Trockenbauarbeiten etc.) über eine Investitions-miete, bei der ein Finanzierungsanteil auf die Basismiete aufgeschlagen wird, tragen müssen. In der (Y)straße hätte die Beklagte darüber hinaus Maler- und Bodenbelagsarbeiten einschließlich etwaiger Öffnungen von Türen und Wänden selbst in Auftrag geben und die Kosten tragen müssen. Hinsichtlich beider Objekte bestanden darüber hinaus erhebliche Unsicherheiten; so hat die Maklerin in Bezug auf die Räume in der (Z)straße darauf hingewiesen, dass es zur endgültigen Zusicherung der Übernahme der Umbaukosten durch den Vermieter noch der Abklärung der Finanzierung bedürfe. Für die Räume in der (Y)straße war ein möglicher Mietbeginn zum 1. Juni 2018 angekündigt, der jedoch davon abhing, ob der bisherige Mieter von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch macht.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der mit Schriftsatz der Beklagten vom 15. Juli 2020 aufgestellten Vergleichsberechnung der Gesamtkosten von Umbau und Miete für alle drei Objekte, da die Beklagte dort jeweils die Kosten auf 527,23m2 berechnet, für die (X)straße jedoch Umbaukosten von 300.000,00 € addiert, die nur bei Miete von weiteren 1000m2 in diesem Umfang angefallen wären.

(5) Auch die Tatsache, dass der Kläger unstreitig zur Finanzierung der Umbaukosten ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung einen Kredit über 100.000 € zulasten der Beklagten aufgenommen hat, kann einen Schadensersatzanspruch gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG in Höhe von 145.950,56 € nicht rechtfertigen.

(a) Zwar hat der Kläger auch durch die Aufnahme des Darlehens seine Befugnisse gemäß Art. V des Geschäftsführervertrages i.V.m. Nr. 1 e) des Gesellschafterbeschlusses vom 24. Juni 2014 (B1, Blatt 128) überschritten, wonach die Aufnahme und Kündigung von Bankkrediten der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedarf. Der Kläger kann sich nicht mit seiner bloßen Behauptung entlasten, die Aufnahme eines Darlehens sei am 7. November 2016 diskutiert worden und man habe sich dafür entschieden. Für diese von der Beklagten bestrittene Behauptung hat der Kläger keinen Beweis angetreten.

(b) Auch insoweit fehlt es jedoch an einer hinreichenden Darlegung eines auf der Kompetenzüberschreitung beruhenden Schadens von 145.950,56 € durch die Beklagte. Aus dem Darlehen als solchem könnte - das sieht die Beklagte selbst - ein Schaden allenfalls in Höhe der Bearbeitungsgebühr und der Zinsen hergeleitet werden; diesen Anspruch hat die Beklagte jedoch nicht zur Aufrechnung gestellt. Im Übrigen hat die Beklagte dem Vortrag des Klägers nicht widersprochen, dass die Aufnahme des Darlehens im Verhältnis zu einer Finanzierung der Baumaßnahmen aus dem Kassenbestand pflichtgemäßem Verhalten des Klägers schon deshalb entsprach, weil es die Liquidität der Beklagten schonte und sich die Zinszahlungen jedenfalls steuerlich gewinnminimierend auswirkten.

cc) Der Beklagten steht auch kein aufrechenbarer Schadensersatzanspruch gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG gegen den Kläger im Hinblick auf den Erwerb der Meldungscenter-Software in Höhe von 175.496 € zu.

(1) Zwar hat die Beklagte eine mögliche Pflichtverletzung des Klägers hinreichend vorgetragen, soweit der Kläger durch Beauftragung der G… GmbH für die Erstellung der Software für ein Meldungscenter Gesamtkosten von 218.790 € ausgelöst hat. Der Kläger hat durch das Überziehen des in der Gesellschafterversammlung abgestimmten Budgets von 100.000 € für den Erwerb einer Meldungscenter-Software seine Befugnisse als Geschäftsführer überschritten. Er hat die Mehrheitsgesellschafterin weder davon in Kenntnis gesetzt, dass er beabsichtigte, nach Fertigstellung der Basisversion eine aktuellere Version - so der Kläger - für weitere rund 50.000 € anzuschaffen, noch darüber, dass sich die Gesamtkosten für die Software auf 218.790 € belaufen würden.

(2) Dagegen fehlt es schon an einer schlüssigen Darlegung einer Pflichtverletzung, soweit die Beklagte einen Schadensersatzanspruch in Höhe der an die Firma W… für die Zeit von Januar 2016 bis einschließlich August 2018 gezahlten Kosten von 57.169 € mit der Begründung geltend macht, es habe keine Notwendigkeit der IT-Betreuung durch Firma W… neben den Leistungen der G… GmbH bestanden. Der Vertrag über die IT-Betreuung durch die Firma W… hat, wie der Kläger unwidersprochen behauptet, schon vor Beginn seiner Tätigkeit bestanden. Der Abschluss des Vertrages kann ihm deshalb nicht zum Vorwurf gemacht werden. Eine Pflichtwidrigkeit könnte nur darin liegen, wenn der Kläger einen offensichtlich nicht benötigten oder überteuerten Vertrag hat weiterlaufen lassen, obwohl er zur Kündigung verpflichtet gewesen wäre. Dies hat die Beklagte jedoch nicht ausreichend vorgetragen. Soweit ersichtlich war die G… GmbH mit der Erstellung der Meldungscenter-Software beauftragt, jedoch nicht mit der laufenden IT-Unterstützung. Damit liegt keine Doppelung der Tätigkeiten vor, denn dass ein Unternehmen, welches in hohem Maße auf die Funktionsfähigkeit seiner EDV angewiesen ist, eine laufende IT-Betreuung in diesem Bereich benötigt, liegt auf der Hand. Es ist nicht ersichtlich, dass die Vergütung unnötig teuer war, zumal nicht vorgetragen ist, dass der Kläger die vor seiner Zeit vereinbarte vertragliche Vergütung erhöht hat.

(3) Soweit der Kläger danach eine Kompetenzverletzung zur Last zu legen ist, kann er sich – wie bereits ausgeführt - nicht auf ein Handeln zum Wohle der Gesellschaft berufen.

(4) Auch in Bezug auf den Erwerb der Meldungscenter-Software ist dem Kläger jedoch Entlastung erteilt worden.

In Höhe von 47.396,22 € ist der Kläger durch den Beschluss der Gesellschafter-versammlung vom 11./17. April 2017 entlastet worden. Der Mehrheitsgesellschafterin lagen vor der Beschlussfassung sämtliche erforderlichen Informationen über mögliche Schadensersatzansprüche im Hinblick auf den Erwerb der neuen Version/Erweiterung der Software und damit der Überschreitung der bewilligten Kosten von 100.000 € mit dem Jahresbericht 2016 vor. In der Erläuterung des Jahresabschlusses 2016 durch die F… GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft findet sich auf Seite 16 (Bl. 347) unter der Überschrift „Entgeltlich erworbene Software“ der Hinweis auf die wesentlichen Anlagenzugänge, darunter die „Individualsoftware Meldungscenter 2“ für 47.396,22 €. Damit war für die Hauptgesellschafterin erkennbar, dass der Kläger im Jahre 2016 weitere Software für das Meldungscenter erworben hat, obwohl nach dem unwidersprochenen Vortrag des Klägers die erste Phase des Erwerbs bereits im Mai 2015 mit dem „Go Live“ des ersten Kunden B…, auf die sich das Budget für den im Jahr 2014 erteilten ursprünglichen Auftrag bezog, beendet gewesen war.

Hinsichtlich der vor 2016 entstandenen Kosten für die Meldungscenter-Software war der Kläger bereits in den Vorjahren entlastet worden. Aus den Erläuterungen der Parteien und den vorgelegten Urkunden („Change Request“ vom Februar 2015, B 8,147, neue Version im Mai 2015 und Fertigstellung der Programmerweiterung bis zum 30. Juni 2016) ergibt sich, dass es sich bei dem Betrag von 47.396,22 € um die Restzahlung der gesamten Kosten der Meldungscenter-Software von 218.790 € gehandelt hat und damit der vor 2016 angefallene Teil der Kosten Gegenstand des Jahresabschlusses 2015 gewesen ist. Auf Nachfrage des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 2021 hat der Kläger dies ebenso bestätigt wie seine Entlastung für das Jahr 2015. Die Beklagte ist dem nicht entgegengetreten.

(5) Die Beklagte hat im Übrigen auch insoweit einen durch die Kompetenzüberschreitung herbeigeführten Schaden – auch darauf wurde sie in der mündlichen Verhandlung vom 3. Juni 2020 hingewiesen - nicht dargelegt. Der Schaden lässt sich nicht allein durch die von der Beklagten entrichtete Vergütung für die Meldungscenter-Software bemessen. Einen solchen Schaden hat die Beklagte nicht substantiiert vorgetragen, da sie weder vorgetragen hat, dass das als Gegenleistung für die Vergütung von 218.790 € erhaltene Programm nicht werthaltig sei, noch dass für andere Zwecke notwendige Mittel dadurch gebunden worden sind, dass im Hinblick auf die von der Beklagten behauptete Nutzlosigkeit des Programmes ein weiteres Programm habe angeschafft werden müssen. Auch soweit die Beklagte vorgetragen hat, das Programm sei nutzlos, weil es von den Kunden im Hinblick auf deren technische Bedürfnisse nicht akzeptiert werde, fehlt es an einem substantiierten Vortrag. Die Beklagte ist weder dem mit Zahlen untermauerten Vortrag des Klägers (Schaubild über die Meldungscenternutzung, Bl. 177), wonach in 2017 rund 20.000 Gespräche mehr als in 2016 über das Meldungscenter abgewickelt worden seien, ebenso substantiiert entgegengetreten noch seiner Behauptung, dass die Möglichkeit, das Meldungscenter zu nutzen, die Voraussetzung gewesen sei, das Geschäft des Großkunden V… zu akquirieren (Überführung der kompletten Objektstruktur von ca. 270.000 Wohnungen innerhalb von zehn Tagen mit allen Mieterinformationen - ca. 400.000 Datensätze - in das Meldungscentersystem, Bl. 176).

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Streitwert für beide Instanzen wird auf 410.694,23 € festgesetzt. Der Streitwert für die Klage von 106.935,28 € und, soweit darüber eine der Rechtskraft fähige Entscheidung ergeht, der Wert der - schon in der ersten Instanz im Wege der Hilfsaufrechnung geltend gemachten - Gegenforderungen (von 89.888,39 € + 106.935,28 € + 106.935,28 €) sind zu addieren, § 45 Abs. 3 GKG.