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Entscheidung OVG 10 B 9/20


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 10. Senat Entscheidungsdatum 29.09.2022
Aktenzeichen OVG 10 B 9/20 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 17. Januar 2019 teilweise geändert. Es wird festgestellt, dass es rechtswidrig war, dass der Präsidialrat beim Kammergericht die Kenntnisnahme und Befassung mit der Petition der Klägerin vom 30. Juli 2015 ablehnte. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten tragen die Kosten beider Rechtszüge je zu ½.

Der Beschluss ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des aufgrund des Beschlusses vollstreckbaren Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass ein bestimmtes Verhalten der vormaligen Präsidentin des Kammergerichts und des Präsidialrats beim Kammergericht rechtswidrig gewesen ist und sie insbesondere in ihrem Petitionsrecht verletzt hat.

Die Klägerin ist Richterin am Kammergericht. Bis August 2012 war sie als Vorsitzende Richterin am Landgericht beim Landgericht Berlin tätig. Ab September 2012 wurde sie zum Kammergericht abgeordnet. Dorthin wurde sie mit Wirkung vom 1. September 2013 versetzt. Zwischenzeitlich war sie wieder im Wege der Abordnung beim Landgericht Berlin tätig, seit 1. Juni 2018 war sie wieder beim Kammergericht eingesetzt. Über ihre Tätigkeit beim Landgericht Berlin in der Zeit vom 1. Mai 2011 bis 31. August 2012 wurde ein Beurteilungsverfahren eingeleitet, das mit Konflikten verbunden war. Bereits in einem vorangegangenen Beurteilungsverfahren war es zu Konflikten mit dem seinerzeitigen Präsidenten des Landgerichts Berlin und dem Vizepräsidenten des Landgerichts gekommen. Die Klägerin erhob unter anderem gegen den seinerzeitigen Präsidenten des Landgerichts und den damaligen Vizepräsidenten des Landgerichts Vorwürfe (unter anderem der Aufstellung falscher Behauptungen) in Zusammenhang mit einem Beurteilungsverfahren. Dem Vizepräsidenten warf sie insbesondere vor, er habe im Rahmen des Beurteilungsverfahrens ein nie stattgefundenes Telefonat über eine E-Mail erfunden, die er nicht habe heranziehen dürfen, weil sie außerhalb des Beurteilungszeitraums gelegen habe. Weiterhin habe er den Ablauf einer Richterversammlung im November 2011 falsch dargestellt. Erst im Rahmen der Überbeurteilung durch das Kammergericht seien die auf die falschen Vorwürfe gestützten Wertungen zumindest geschwärzt worden. Die Klägerin erhob darüber hinaus Dienstaufsichtsbeschwerden, die sie aber im Rahmen eines Vergleichs wieder zurücknahm. Zudem warf die Klägerin dem seinerzeitigen Präsidenten des Landgerichts vor, dieser habe ihr im Dezember 2014 eine Rückkehr zum Landgericht Berlin verweigert, obwohl die Personalsituation im Landgericht Berlin prekär gewesen sei. Zur Begründung habe der Präsident des Landgerichts der Klägerin über seine Personalreferentin ausrichten lassen, dass er und der Vizepräsident „zu verletzt“ seien.

Im Amtsblatt für Berlin vom 22. Mai 2015 wurde die Stelle des Präsidenten/der Präsidentin des Kammergerichts ausgeschrieben, da sich die Amtszeit der damaligen Präsidentin dem Ende zuneigte. Auf die Stelle bewarb sich unter anderem der seinerzeitige Präsident des Landgerichts. Für den 17. August 2015 wurde eine Sitzung des Präsidialrates einberufen, damit dieser zu dem Personalvorschlag (der auf die Wahl des seinerzeitigen Präsidenten des Landgerichts abzielte) Stellung nehmen sollte. In Vorbereitung dieser Sitzung verfasste die Klägerin unter dem 30. Juli 2015 ein Schreiben an die Mitglieder des Präsidialrates, das sie (unter Beifügung von acht Abschriften) an die Präsidentin des Kammergerichts mit der Bitte um Weiterleitung an die Mitglieder des Präsidialrates übersandte, sofern der damalige Präsident des Landgerichts für die Stelle des Kammergerichtspräsidenten vorgeschlagen werden sollte. Darin schilderte sie die Vorfälle im Zusammenhang mit ihren Beurteilungsverfahren. Außerdem warf sie den betreffenden Personen vor, sie hätten aus persönlichen Gründen ihre Rückkehr zum Landgericht zu einem Zeitpunkt verhindert, als dort große Personalnot geherrscht habe. Aus ihrer Sicht ergaben sich daraus erhebliche Eignungsmängel des Präsidenten des Landgerichts für die Stelle als Präsident des Kammergerichts und sie bat deshalb um Prüfung, ob der Präsident des Landgerichts für die ausgeschriebene Stelle geeignet sei.

Die Präsidentin des Kammergerichts teilte der Klägerin mit Schreiben vom 3. August 2015 mit, dass sie das Schreiben vom 30. Juli 2015 nicht an den Präsidialrat weiterleiten werde, da dies der Geschäftsordnung des Gremiums widerspreche. Sie werde jedoch die Gremienvertreter von diesem Schreiben auf geeignete Weise in Kenntnis setzen.

Dem widersprach die Klägerin mit Schreiben vom 11. August 2015 und berief sich dabei auf ihr in Art. 17 des Grundgesetzes (GG) verankertes Petitionsrecht.

Hierauf antwortete die Präsidentin des Kammergerichts mit Schreiben vom 12. August 2015, in dem sie der Klägerin unter anderem die Namen derjenigen Personen mitteilte, die an der Präsidialratssitzung teilnehmen würden. Weiterhin teilte sie mit, dass Eingaben unbeteiligter Akteure, die auf die Entschließungsfreiheit des Gremiums einwirken sollten, nicht zu berücksichtigen seien. Sie verwies aber auch darauf, dass sie das Gremium darüber beschließen lassen wolle, ob es die Ausführungen aus dem Schreiben vom 30. Juli 2015 zur Kenntnis nehmen wolle.

Mit E-Mail vom 13. August 2015 antwortete die Klägerin, dass sie sicherlich kein „unbeteiligter Akteur“ sei und verwahrte sich gleichzeitig gegen den Vorwurf, dass sie auf die Entschließungsfreiheit des Gremiums einwirken wolle. Diese E-Mail wurde an die gewählten Mitglieder des Präsidialrats, die Gesamtfrauenvertreterin der Berliner Justiz und die Hauptvertrauensperson der schwerbehinderten Richterinnen und Richter weitergeleitet.

Am 17. August 2015 tagte der Präsidialrat beim Kammergericht und stellte die Eignung des Präsidenten des Landgerichts für die Stelle des Präsidenten des Kammergerichts fest.

Auf ein Schreiben der Klägerin vom 24. August 2015 hin teilte die Präsidentin des Kammergerichts der Klägerin mit Schreiben vom 24. August 2015 mit, die Mitglieder des Präsidialrats seien nach einer Erörterung der Grundsatzthematik nicht bereit gewesen, ihre Eingabe entgegenzunehmen. Eine Abschrift ihres Schreibens habe sie jedoch der Gesamtfrauenvertreterin der Berliner Justiz auf deren Informationsersuchen hin ausgehändigt. Die übrigen Abschriften reichte sie der Klägerin zurück.

Die Klägerin erhob Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheid vom 11. November 2015 zurückgewiesen wurde.

Die Klägerin hat am 14. September 2015 Klage zum Verwaltungsgericht Berlin erhoben.

Die vormalige Präsidentin des Kammergerichts ist zwischenzeitlich in den Ruhestand getreten, der seinerzeitige Präsident des Landgerichts Berlin wurde zu ihrem Nachfolger gewählt und ernannt.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Bescheides der Präsidentin des Kammergerichts in ihrer Funktion als Vorsitzende des Präsidialrats vom 3. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz vom 11. November 2015 festzustellen, dass es rechtswidrig gewesen ist, dass die Präsidentin des Kammergerichts in der Sitzung des Präsidialrats bei dem Kammergericht am 17. August 2015 eine Erörterung zur Grundsatzthematik „Petitionsrecht“ anzettelte mit der – beabsichtigten – Folge, dass die vorhandenen Abschriften der Petition der Klägerin vom 30. Juli 2015, gerichtet an den Präsidialrat bei dem Kammergericht, den gewählten Mitgliedern dieses Gremiums nicht ausgehändigt worden sind,

hilfsweise,

festzustellen, dass es rechtswidrig gewesen ist, dass die ehemalige Präsidentin des Kammergerichts – Frau N... – als Vorsitzende des Präsidialrats beim Kammergericht die Petition der Klägerin vom 30. Juli 2015 den Mitgliedern des Präsidialrats beim Kammergericht in der Sitzung am 17. August 2015 nicht wenigstens durch Verlesen zur Kenntnis gebracht hat,

weiter hilfsweise

festzustellen, dass der Präsidialrat beim Kammergericht in der Sitzung am 17. August 2015 gegen das Grundrecht nach Artikel 17 GG verstoßen hat, indem er es abgelehnt hat, sich mit der der Vorsitzenden des Gremiums, der ehemaligen Präsidentin des Kammergerichts M... vorliegenden und auch mitgebrachten Petition der Klägerin vom 30. Juli 2015 unter dem Tagesordnungspunkt „Vorschlag zur Besetzung der Stelle des Präsidenten des Kammergerichts: Präsident des Landgerichts D...“, in der Sache zu befassen (und anschließend zu bescheiden), sondern stattdessen nach einer von der Zeugin N... rechtswidrig angezettelten Diskussion über die Zulässigkeit der Petition eine Befassung abgelehnt hat,

weiter hilfsweise,

festzustellen, dass es rechtswidrig gewesen ist, dass die ehemalige Präsidentin des Kammergerichts – M... – der Klägerin in ihrem Schreiben vom 2. August 2015 vorgeworfen hat, diese wolle mit der Petition vom 30. Juli 2015 in die Entschließungsfreiheit des Präsidialrats einwirken, und die Klägerin gleichzeitig in Bezug auf den Zugang zum Präsidialrat in die Irre geführt hat, indem sie vorgab, sie werde zusammen mit dem Gremium beschließen, ob das Gremium die Petition zur Kenntnis nehmen wolle, anstatt der Klägerin die für die – weiteren- Mitglieder des Präsidialrats überlassenen Abschriften der Petition an die Klägerin zurückzureichen und die Klägerin darauf hinzuweisen, sie müsse sich mit der Petition an die – weiteren – Mitglieder des Präsidialrats direkt wenden.

Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin erstinstanzlich ausgeführt, sie habe ein Feststellungsinteresse an ihrer Klage, da unter anderem Wiederholungsgefahr und ein allgemeines Klärungsinteresse bestehe. Außerdem sei sie in ihrem Grundrecht aus Art. 17 GG erheblich verletzt worden. In einem Rechtsstaat müsse als klärungsbedürftig angesehen werden, ob über das im Grundgesetz verankerte Petitionsrecht dem Präsidialrat wahrer Sachverhalt unterbreitet werden dürfe, der die Eignung eines Bewerbers um eine Stelle wegen erheblicher Verfehlungen in Frage stellen könne, und ob derjenige, der dies versuche, sich gefallen lassen müsse, als Denunziant dargestellt zu werden, und zwar sogar dann, wenn er selbst durch die Verfehlungen des Bewerbers geschädigt worden sei.

Die Klägerin wolle im Rahmen der Klage Genugtuung dafür erhalten, dass ihre Petition mit für das Votum des Präsidialrats entscheidungserheblichen Informationen über den vorgeschlagenen Bewerber von der ehemaligen Präsidentin des Kammergerichts zurückgehalten worden sei und sie gleichzeitig so dargestellt worden sei, als ob sie angeblich grobes Unrecht beginge, obwohl Rechtsgrundlage des Vorgehens der Klägerin das Grundgesetz gewesen sei.

Richtig sei, dass sie seinerzeit gegen den Präsidenten des Landgerichts und seinen Vertreter in der Dienststelle Moabit Dienstaufsichtsbeschwerden erhoben und Befangenheitsanträge gestellt habe, nachdem die Amtsträger in dem Bescheid vom 26. Januar 2015 zwar die erfundenen Beurteilungsgrundlagen fallengelassen hätten, aber nicht bereit gewesen seien, gleichfalls die darauf beruhenden negativen Wertungen aus der Beurteilung zu streichen. Richtig sei auch, dass die Klägerin die Dienstaufsichtsbeschwerden und Befangenheitsanträge im weiteren Verlauf zurückgenommen habe. Dies sei jedoch im Zusammenhang mit einer „Gesamtlösung“ mit dem Gerichtsvorstand des Kammergerichts erklärt worden, um anhängige Streitigkeiten beim Kammergericht auf behördlicher Ebene zu beenden. Denn nicht nur die Behördenleitung des Landgerichts Berlin, sondern auch das Kammergericht hätten die Rechte der Klägerin verletzt. Auf Drängen des Kammergerichts habe die Klägerin daraufhin die Dienstaufsichtsbeschwerden und Befangenheitsanträge zurückgenommen. Das Verhalten des Präsidenten des Landgerichts halte sie nach wie vor für rechtsstaatswidrig. Was der Beklagte auch verschweige, sei, dass die Klägerin mit E-Mail vom 23. Juni 2015 nach den in der Presse angekündigten möglichen Haftentlassungen den Gerichtsvorstand des Kammergerichts um Auskunft ersucht habe, ob gegen den Präsidenten des Landgerichts von Amts wegen dienstrechtliche Konsequenzen ergriffen worden seien, was offenkundig nicht geschehen sei.

Das Verhalten des Gerichtsvorstandes des Kammergerichts in der Sitzung des Präsidialrats am 17. August 2015 sei kausal gewesen für die Weigerung der gewählten Mitglieder, die Petition entgegenzunehmen. Soweit der Beklagte einen Grundrechtseingriff in Abrede stelle, übersehe er, dass Art. 17 GG auch verbiete, den Zugang des Petenten zu dem zuständigen Gremium zu behindern. Der Gerichtsvorstand des Kammergerichts behindere den Zugang der Klägerin zum Präsidialrat durch das Anzetteln der unnötigen Diskussion über das angeblich nicht gegebene Petitionsrecht. Pflichtgemäß wäre gewesen, die Petition ohne irgendwelche Kommentare den Mitgliedern des Präsidialrats zu übergeben.

Das Feststellungsinteresse der Klägerin werde durch den Grundrechtseingriff, jedenfalls aber durch die zusätzlich erfolgte Herabwürdigung der Klägerin durch den Gerichtsvorstand des Kammergerichts begründet. Dabei sei zu bedenken, dass die Klägerin in die Entschließungsfreiheit des Präsidialrats nur hätte eingreifen können, wenn sie in der Petition entweder Drohungen ausgesprochen oder falsche Tatsachen vorgetragen hätte. Beides sei nicht der Fall gewesen. Bestürzend sei, dass tatsächlich der Gerichtsvorstand des Kammergerichts in die Entschließungsfreiheit des Präsidialrats eingegriffen habe, indem er das Gremium von erheblichen Tatsachen bewusst nicht unterrichtet habe. Denn auch unabhängig von der Petition hätte der Gerichtsvorstand des Kammergerichts dem Präsidialrat die in der Petition vorgetragenen Sachverhalte offenbaren müssen, weil diese grundlegende Zweifel an der Eignung des seinerzeitigen Präsidenten des Landgerichts für die Stelle des Präsidenten des Kammergerichts aufkommen ließen. In der Petition vom 30. Juli 2015 seien nicht nur wahre, sondern zudem unstreitige Tatsachen zur Amtsführung des Präsidenten des Landgerichts vorgetragen worden. Dies habe die vormalige Präsidentin des Kammergerichts gewusst. In Wirklichkeit habe die Präsidentin des Kammergerichts die Chancengleichheit der Mitbewerberin für das Amt des Präsidenten des Kammergericht verletzt, denn sie habe die in der Petition vorgetragenen Sachverhalte den Mitgliedern des Präsidialrats in jedem Fall – auch ohne die Petition – offenlegen müssen. Dies habe sie mit der Absicht unterlassen, ihren Bewerbervorschlag nicht zu gefährden. Umso grotesker sei es, dass der Beklagte die Wahrung der Chancengleichheit als Argument für die Verhinderung des Zugangsrechts der Klägerin nach Art. 17 GG bemühe. Der künftige Präsident des Kammergerichts sei im Rahmen der Beurteilungen der Richter im Kammergericht sowie im Rahmen der Überbeurteilungen der Richter des Landgerichts Berlin und der Amtsgerichte mit sämtlichen Richterzeugnissen befasst. Wer indes bereit sei, Beurteilungsgrundlagen zu erfinden oder erfundene Beurteilungsgrundlagen mitzutragen, habe bewiesen, dass er nicht über die notwendige Besonnenheit und Gerechtigkeit verfüge. Der Präsident des Kammergerichts werde auch mit der Vergabe diverser Stellen zu tun haben. Wer seine eigene persönliche Betroffenheit über das Interesse des Gerichts stelle, sei aber ebenfalls für die Stelle schwerlich tragbar. In Bezug auf die Klägerin habe der seinerzeitige Präsident des Landgerichts trotz prekärer Personalsituation im Landgericht Berlin einer leistungsfähigen Richterin aus persönlichen Gründen das Tor zum Landgericht Berlin versperrt.

Das Argument des Kammergerichts und der Widerspruchsbehörde, mit einer Petition werde die Chancengleichheit verletzt, verfange auch deshalb nicht, weil die Geschäftsordnungen anderer Präsidialräte viel offener seien. So wisse die Klägerin von einem Kollegen aus dem OVG Berlin-Brandenburg, dass dort Bewerber persönlich durch den Präsidialrat angehört würden, wenn es erforderlich erscheine.

Im Übrigen seien Richterinnen und Richter selbstverständlich in der Lage zu entscheiden, was in die Eignungsprognose einbezogen werden dürfe. Die Klägerin meine ja nicht, dass die Petition zwingend hätte erhört werden müssen. Sie müsse aber gemäß Art. 17 GG gehört und beschieden werden. Dies habe die frühere Präsidentin des Kammergerichts bewusst verhindert. Weiterhin sei der Klägerin bekannt, dass die Kolleginnen und Kollegen im Präsidialrat beim Kammergericht durchaus Sachverhalte in den Sitzungen des Präsidialrats zur Sprache brächten, die nicht in den dem Präsidialrat zur Verfügung gestellten Unterlagen enthalten seien. Es sei auch Sinn des aus Richterinnen und Richtern bestehenden Präsidialrats, die Vorschläge des Gerichtsvorstandes des Kammergerichts kritisch zu prüfen. Wenn sie sich nur an den Zeugnissen und Besetzungsberichten orientieren dürften, hätte der vorschlagende Gerichtsvorstand des Kammergerichts, der seine Vorschläge durchbringen wolle, „leichtes Spiel“. Der Präsidialrat sei vom Gesetzgeber jedoch nicht als bloßer „Abnickverein“ gedacht.

Im vorliegenden Einzelfall sei überdies zu berücksichtigen, dass ein Amtsträger – der Gerichtsvorstand des Kammergerichts – nicht nur seinen eigenen Nachfolger „küren“, sondern ihm auch noch das für den Kürvorgang notwendige Zeugnis habe schreiben dürfen. In solchen Fällen sei die Missbrauchsgefahr generell nicht gering.

Das Grundrecht nach Art. 17 GG schütze auch den Zugang zu den zuständigen Stellen. Die Rechtsansicht sei unhaltbar, dass der einzige Weg zu einem Gremium, wie dem Präsidialrat, über die einzelnen Mitglieder zu wählen sei. Gerade auch angesichts des Ober-/Unterordnungsverhältnisses der ehemaligen Präsidentin des Kammergerichts zu der Klägerin hätte diese die Klägerin nicht in die Irre führen dürfen, sondern ihr unmissverständlich erklären müssen, dass sie sich mit der Petition direkt an die einzelnen Mitglieder zu wenden habe. Dieses habe die ehemalige Präsidentin des Kammergerichts nicht getan, sondern im Gegenteil die Klägerin unter Druck gesetzt und ihr vorgespiegelt, sie werde die Petition im Gremium zur Diskussion stellen und anschließend überreichen. In der Folge habe die Klägerin darauf vertraut, dass die Petition im Rahmen der Diskussion übergeben werde und davon abgesehen, sich direkt an die Mitglieder des Präsidialrats zu wenden.

Sie bestreite, dass diejenigen Mitglieder des Präsidialrats, die der Klägerin auf ihre Anfrage genannt worden seien, alle an der Sitzung am 17. August 2015 teilgenommen hätten. Mindestens ein Mitglied sei ausgefallen und habe durch ein Ersatzmitglied ersetzt werden müssen. Selbst wenn sie die Petition rechtzeitig an die an der Sitzung am 17. August 2015 teilnehmenden – weiteren – Mitglieder versendet hätte, hätte sich der Präsidialrat nicht mit der Petition der Klägerin vom 30. Juli 2015 befasst und diese beschieden, da er sich auch dann an der von der ehemaligen Präsidenten des Kammergerichts rechtswidrig angezettelten Grundsatzdiskussion orientiert hätte.

Mit Urteil vom 17. Januar 2019 – VG 36 K 344.15 – hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Hauptantrag sei jedenfalls unbegründet. Die seinerzeitige Präsidentin des Kammergerichts habe der Klägerin frühzeitig mitgeteilt, dass sie Bedenken dagegen habe, dass die „Petition“ der Klägerin in der Sitzung inhaltlich erörtert werde, da aus ihrer Sicht die Geschäftsordnung des Präsidialrats es nicht gestatte, Stellungnahmen Außenstehender – wie der Klägerin - zu Besetzungsvorgängen zu berücksichtigen. Die seinerzeitige Präsidentin des Kammergerichts sei in ihrer Stellung als Vorsitzende des Gremiums, deren Aufgabe auch die Beachtung der Geschäftsordnung des Gremiums sei, berechtigt gewesen, auf die Problematik, ob Stellungnahmen Außenstehender bei Besetzungsvorgängen überhaupt berücksichtigt werden könnten, hinzuweisen. Sie habe dadurch den Zugang der Klägerin zum Gremium nicht erschwert oder vereitelt, sie habe sogar jedem Mitglied freigestellt, ob es die Petition der Klägerin entgegennehmen wollte.

Weiter hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, der Hilfsantrag, der auf ein etwaiges Verlesen der Petition gezielt habe, bliebe ohne Erfolg, denn da der Präsidialrat es abgelehnt habe, Stellungnahmen Außenstehender entgegenzunehmen und inhaltlich zu berücksichtigen, habe die Vorsitzende des Gremiums diesem die Stellungnahme auch nicht durch Verlesen zur Kenntnis bringen müssen.

Den weiteren Hilfsantrag der Klägerin, mit dem sie begehrt hat festzustellen, dass es rechtswidrig war, dass der Präsidialrat sich nicht mit ihrer Petition befasst habe, hat das Verwaltungsgericht mit der Begründung abgelehnt, es bleibe dem Organisationsrecht des Präsidialrats vorbehalten zu entscheiden, welche Unterlagen nach seiner Geschäftsordnung und dem Richtergesetz des Landes Berlin bei einer Stellenbesetzung Berücksichtigung finden könne. Stellenbesetzungsverfahren von Richtern seien streng gesetzlich geregelt. Die besondere Verfahrensabhängigkeit des Bewerbungsverfahrensanspruchs nach Art. 33 Abs. 2 GG erfordere eine angemessene Gestaltung des Auswahlverfahrens. Durch die Gestaltung des Auswahlverfahrens werde unmittelbar Einfluss auf die Konkurrenzsituation und das Ergebnis der Auswahlentscheidung genommen. Das Verfahren, das unter Mitwirkung von verschiedenen Gremien, wie hier dem Präsidialrat, stattfinde, präge die Ausübung des Beurteilungsspielraums für die Auswahlentscheidung. Die Berücksichtigung von Stellungnahmen außenstehender Personen sei nach dem Gesetz und der Geschäftsordnung nicht vorgesehen. Es bestehe darüber hinaus eine Verschwiegenheitspflicht der Teilnehmer an den entsprechenden Gremiensitzungen. Dies allein schließe es schon aus, dass Stellungnahmen Dritter zur Eignung vorgeschlagener Kandidaten, auch wenn sie als Petitionen nach Art. 17 GG bezeichnet würden, inhaltlich beschieden würden bzw. der Inhalt des Bescheids einer gerichtlichen Prüfung unterworfen werden könne. Im Umkehrschluss folge daraus, dass den Gremien, zu denen auch der Präsidialrat gehöre, das Recht zugestanden werden müsse, solche Stellungnahmen nicht inhaltlich zu behandeln.

Schließlich sei für den letzten Hilfsantrag der Klägerin kein Feststellungsinteresse erkennbar. Eine Wiederholungsgefahr sei schon deshalb nicht erkennbar, weil Frau N... nicht mehr Präsidentin des Kammergerichts sei. Auch ein Rehabilitierungsinteresse sei nicht zu erkennen, denn das Schreiben vom 12. August 2015 habe keine öffentliche Wirkung entfaltet. Soweit der Klägerin darin vorgeworfen werde, sie wolle auf die Entschließungsfreiheit des Präsidialrats einwirken, möge eine unglückliche und missverständliche Formulierung gewählt worden sein. Dieser Vorwurf in einem internen Schreiben sei jedoch für ein Feststellungsinteresse nicht gravierend genug. Soweit die Klägerin die Feststellung begehre, die vormalige Präsidentin des Kammergerichts habe sie über die beabsichtigte Behandlung der Petition in die Irre geführt, sei eine Irreführung nicht erkennbar. Sie habe genauso gehandelt, wie sie es der Klägerin gegenüber angekündigt habe. Im Übrigen ergebe sich aus dem Petitionsrecht kein Anspruch darauf, dass Art und Umfang der Behandlung des Petitionsanliegens gerichtlich überprüft werden könnten.

Auf den Antrag der Klägerin hat der Senat die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts mit Beschluss vom 10. Juli 2020 – OVG 10 N 32.19 – zugelassen.

Die Klägerin begründet die Berufung wie folgt:

Die 36. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin sei nicht der gesetzliche Richter gewesen. Im Geschäftsverteilungsplan des Verwaltungsgerichts Berlin für das Jahr 2015 sei vorgesehen, dass die 36. Kammer für das Visumrecht, Asylrecht, das Recht des öffentlichen Dienstes, das Recht der Richter, das Soldatenrecht und das Zivildienstrecht zuständig sei. Es handele sich jedoch nicht um eine Streitigkeit aus dem Recht der Richter oder Recht des öffentlichen Dienstes. Die Klägerin sei zwar Richterin, sie mache jedoch ihr Jedermannsrecht nach Art. 17 GG geltend. Daher sei die 1. Kammer zuständig gewesen, die nach dem Geschäftsverteilungsplan 2015 für die Streitigkeiten zuständig gewesen sei, die keiner anderen Kammer zugewiesen seien. Auf diese Rüge dürfte es jedoch nach ihrer Ansicht nicht ankommen, da sie keine Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht anstrebe.

Im Hinblick auf das Feststellungsinteresse verweist die Klägerin auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Juni 2019 (2 BvR 2189/18). Angesichts dieser Entscheidung, in der das Bundesverfassungsgericht zu dem dortigen einstweiligen Rechtsschutzverfahren der Klägerin ausgeführt habe, dass zunächst das Hauptsacheverfahren durchgeführt werden müsse, sei es undenkbar, der Klägerin eine inhaltliche Prüfung im Hauptsacheverfahren zu verweigern. Auch berufe sich die Klägerin auf eine Grundrechtsverletzung, bei der es ihr aufgrund der Kürze der Zeit nicht möglich gewesen sei, diese mit gerichtlichen Mitteln abzuwehren. Jedenfalls müsse einbezogen werden, dass zwischen der Klägerin und dem Beklagten ein Dienstverhältnis bestehe und die Klägerin in Zusammenhang mit der Wahrnehmung ihres Grundrechtes aus Art. 17 GG von der ehemaligen Kammergerichtspräsidentin diffamiert worden sei, indem ihr unterstellt worden sei, sie habe in die Entscheidungsfreiheit des Präsidialrates eingreifen wollen. Sie sei dadurch in ihrer Ehre verletzt. Dieser Vorwurf sei per E-Mail auch an acht andere Richterkollegen weitergeleitet worden, sodass diese von dem gravierenden Vorwurf Kenntnis erlangt hätten. Bei diesem Vorwurf habe es sich auch nicht nur um eine unglückliche und missverständliche Formulierung gehandelt.

Es fehle der Klägerin auch nicht etwa am Rechtsschutzbedürfnis, weil sie ihre Petition den gewählten Mitgliedern des Präsidialrates nicht unmittelbar zugeleitet gehabt habe. Dies sei wegen der Vertraulichkeit der Angelegenheit und wegen der Zusage der ehemaligen Kammergerichtspräsidentin in deren Schreiben vom 12. August 2015, die weiteren Mitglieder darüber entscheiden zu lassen, ob sie die Petition zur Kenntnis nehmen wollten, nicht in Betracht gekommen. Die Klägerin habe nicht damit rechnen müssen, dass das Organ Präsidialrat Art. 17 GG verletzen würde. Außerdem hätten der Klägerin keine Alternativen zum Klageverfahren zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens zur Verfügung gestanden. Denn der Präsidialrat habe sich abschließend in seiner Sitzung vom 17. August 2015 mit der Sache befasst. Auch habe die Petition unter der Bedingung gestanden, dass der ehemalige Landgerichtspräsident tatsächlich zur Wahl gestanden habe, was der Klägerin vor der Sitzung nicht bekannt gewesen sei.

Es handele sich bei ihrem Schreiben um eine Petition. Sie habe ausdrücklich darum gebeten, eine eingehende Prüfung der Eignung des vorgeschlagenen Bewerbers vorzunehmen und den von ihr vorgetragenen Sachverhalt bei der Bewertung der Eignung des vorgeschlagenen Bewerbers zu beachten. Sie habe auch die zuständige Stelle angerufen. Es seien auch entgegen der Würdigung des Verwaltungsgerichts öffentliche Stellen, die geheim tagten, nicht vom Anwendungsbereich des Art. 17 GG ausgenommen.

Die Klägerin sehe ihre Position, dass die ehemalige Kammergerichtspräsidentin den Zugang zum Präsidialrat unter Verletzung von Art. 17 GG vereitelt habe, durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Juni 2019 und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 27. November 2018 (1 S 2712/17) bestätigt. Hierin sei ausgeführt, dass eine inhaltliche Befassung mit der Petition dem Plenum oder einem eigens gebildeten Ausschuss unterliege und eine Beschränkung des keinem ausdrücklichen Gesetzesvorbehalt unterworfenen Petitionsrechts problematisch sei. Ausweislich der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Mai 2020 (BVerwG 8 C 12.19) müssten Petitionen von Einzelpersonen weitergeleitet werden. Folglich habe die ehemalige Präsidentin des Kammergerichts die Petition ohne „Anzettelung“ einer (inhaltlich unzutreffenden) Grundsatzdiskussion weiterleiten müssen und den Mitgliedern des Präsidialrates nicht weismachen dürfen, die Kenntnisnahme der Petition könnte durch die Geschäftsordnung verboten sein. Diese Diskussion sei kausal für die Entscheidung der anderen Mitglieder des Präsidialrats gewesen, die Petition der Klägerin nicht zur Kenntnis zu nehmen. Vielmehr habe die Präsidentin des Kammergerichts positiv darauf hinwirken müssen, dass die gewählten Mitglieder des Präsidialrates die Petition in Empfang nehmen.

Es habe auch nicht ausgereicht, dass die Präsidentin des Kammergerichts als Vorsitzende des Präsidialrates für diesen die Petition entgegen genommen habe. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Dreierausschussbeschluss vom 13. Juli 1981 – 1 BvR 444/78) unterliege eine Delegation der aus Art. 17 GG folgenden Pflichten erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. Mai 1992 – 1 BvR 1553/90 -, juris Rn. 15) schütze Art. 17 GG den freien Zugang zu den zuständigen Stellen. Aus Art. 17 GG folge eine umfassende Behandlungskompetenz der zuständigen Stellen. Alle zuständigen Stellen seien danach verpflichtet, die bei ihnen eingereichten Bitten und Beschwerden zur Kenntnis zu nehmen und sachlich zu prüfen.

Eine Kenntnisnahme sei dem Präsidialrat nicht freigestellt gewesen, sondern er sei dazu verpflichtet gewesen. Das Petitionsrecht der Klägerin habe auch nicht durch Regeln zur Geschäftsordnung oder im Richtergesetz des Landes Berlin wirksam verdrängt werden können. Diese enthielten weder zu Petitionen noch sonst eine abschließende Festlegung dazu, welche Informationen einem Votum des Gremiums zugrunde zu legen seien. Es sei auch unklar, ob ein Mitglied des Präsidialrates die Petition erhalten hätte, wenn es sie verlangt hätte. Unstreitig sei lediglich, dass eine ablehnende Entscheidung des Präsidialrates über die Entgegennahme der Petition herbeigeführt worden sei. Es seien nach Kenntnis der Klägerin auch in anderen Fällen andere als die unter Ziffer 5 der Geschäftsordnung genannten Unterlagen vom Präsidialrat berücksichtigt worden. Insoweit berufe sich die Klägerin vorsorglich auf Art. 3 GG. Auch das Rechtsstaatsprinzip habe eine solche Kenntnisnahme erfordert. Die Gesamtfrauenvertreterin der Berliner Justiz habe sich die Aushändigung der Petition geradezu „erkämpfen“ müssen. Es reiche nicht aus, dass Kenntnis von dem Vorhandensein einer Petition genommen werde. Diese müsse auch inhaltlich zur Kenntnis genommen werden. Dies sei hier durch die Mitglieder des Präsidialrats nicht geschehen, die Vorsitzende habe den Inhalt der Petition diesen nicht verraten.

Selbst wenn die Bescheidungspflicht aus übergeordneten Gesichtspunkten, wie der Vertraulichkeit der Angelegenheit, hätte beschränkt werden können, so bliebe die Kenntnisnahme- und Befassungspflicht unberührt. Soweit das Verwaltungsgericht gemeint habe, Besetzungsverfahren seien streng gesetzlich geregelt, überzeuge dies nicht, weil auch andere Sachverhalte in Sitzungen des Präsidialrates zur Sprache gebracht würden, die nicht in den dem Präsidialrat zur Verfügung gestellten Unterlagen vorhanden seien.

Auch sei das Grundrecht aus Art. 17 GG nicht, insbesondere auch nicht durch Art. 33 Abs. 2 GG, eingeschränkt. Denn die von der Klägerin vorgetragenen, wahren Sachverhalte zu dem „massiven Machtmissbrauch“ sollten die Auswahl eines ungeeigneten Bewerbers verhindern.

Die Klägerin nehme auch kein gesetzlich nicht vorgesehenes Beteiligungsrecht mit mündlicher Erörterung, Rede und Gegenrede für sich in Anspruch, sondern mache allein den Anspruch auf Kenntnisnahme und Befassung mit der schriftlichen Petition geltend.

Das Verwaltungsgericht habe über den ersten und dritten Hilfsantrag nicht entscheiden dürfen, da diese unter der Bedingung gestanden hätten, dass der Hauptantrag mit der Begründung abgewiesen werde, dass die Klägerin die Petition an die gewählten Mitglieder hätte direkt übermitteln müssen. Darauf sei die Klageabweisung durch das Verwaltungsgericht nicht gestützt worden.

Der dritte Hilfsantrag werde in der Berufungsinstanz nunmehr für den Fall der Zurückweisung der Berufung im Übrigen gestellt. Mit dem Petitionsrecht sei es jedenfalls nicht zu vereinbaren, dass die ehemalige Kammergerichtspräsidenten die ihr überreichten Abschriften der Petition einbehalte und der Klägerin weismache, sie werde die Weiterleitung mit den gewählten Mitgliedern besprechen, insgeheim aber beabsichtige, eine Kenntnisnahme durch das Gremium rechtswidrig zu verhindern.

Mit ihrem Schriftsatz vom 14. September 2022 weist die Klägerin noch einmal ausdrücklich darauf hin, dass Kern ihrer Argumentation sei, dass die geführte Diskussion im Präsidialrat inhaltlich unzutreffend gewesen und gerade mit der Absicht geführt worden sei, die Abschriften der Petition nicht an die weiteren (gewählten) Mitglieder auszuhändigen. Es ginge beim Hauptantrag um die Vereitelung des Zugangs der Petition durch bewusst falsche Äußerungen über das Petitionsrecht durch die damalige Vorsitzende des Gremiums.

Die Klägerin beantragt im Wege der Berufung wörtlich,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 17. Januar 2019 – VG 36 K 344.15 - zu ändern und unter Aufhebung des Bescheides der ehemaligen Präsidentin des Kammergerichts, der Zeugin M..., in ihrer seinerzeitigen Funktion als Vorsitzende des Präsidialrats bei dem Kammergericht vom 3. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz vom 11. November 2015

festzustellen, dass es rechtswidrig war, dass die ehemalige Präsidentin des Kammergerichts N... in der Sitzung des Präsidialrats bei dem Kammergericht am 17. August 2015 eine inhaltlich unzutreffende Erörterung zur Grundsatzthematik „Petitionsrecht“ anzettelte mit der – beabsichtigten – Folge, dass die vorhandenen Abschriften der Petition der Klägerin vom 30. Juli 2015, gerichtet an den Präsidialrat beim Kammergericht, den gewählten Mitgliedern dieses Gremiums nicht ausgehändigt wurden,

hilfsweise, für den Fall einer beabsichtigten Zurückweisung der Berufung bezüglich des Hauptantrages wegen angeblich bestehenden Ermessens der Vorsitzenden des Präsidialrates, auf welchem Wege eine Petition den weiteren Mitgliedern eines Gremium zur Kenntnis gebracht wird,

festzustellen, dass es rechtswidrig war, dass die ehemalige Präsidentin des Kammergerichts, die Zeugin N..., als Vorsitzende des Präsidialrats beim Kammergericht in der Sitzung am 17. August 2015 eine inhaltlich unzutreffende Erörterung über die Zulässigkeit der Petition der Klägerin vom 30.Juli 2015 anzettelte mit der – beabsichtigten – Folge, dass die Petition von den gewählten Mitgliedern nicht zur Kenntnis genommen wurde, anstatt den gewählten Mitgliedern des Präsidialrats beim Kammergericht die Petition wenigstens durch Verlesen oder eine mündliche Zusammenfassung des Inhaltes zur Kenntnis zu bringen,

hilfsweise, für den Fall einer beabsichtigten Zurückweisung der Berufung mit der Begründung, das rechtswidrige Verhalten der ehemaligen Präsidentin des Kammergerichts N... stelle erst im Zusammenwirken mit dem rechtswidrigen Verhalten der gewählten Mitglieder des Präsidialrats in der Sitzung am 17. August 2015 eine Grundrechtsverletzung nach Art. 17 GG dar,

festzustellen, dass der Präsidialrat beim Kammergericht in der Sitzung am 17. August 2015 das Grundrecht der Klägerin nach Artikel 17 GG verletzte, indem die gewählten Mitglieder eine Kenntnisnahme der der Vorsitzenden des Gremiums, der ehemaligen Präsidentin des Kammergerichts N..., vorliegenden und auch in die Sitzung mitgebrachten Petition der Klägerin vom 30. Juli 2015 unter dem Tagesordnungspunkt „Vorschlag zur Besetzung der Stelle des Präsidenten des Kammergerichts: PräsLG D...“ und alle Mitglieder eine Befassung mit der Petition nach einer von der Zeugin N... angezettelten und inhaltlich unzutreffenden Erörterung der Zulässigkeit der Petition ablehnten,

hilfsweise, für den Fall einer beabsichtigten Zurückweisung der Berufung wegen der Möglichkeit, die Petition seitens der Klägerin direkt den weiteren Mitgliedern des Präsidialrats beim Kammergericht zuzuleiten,

festzustellen, dass es rechtswidrig war, dass die ehemalige Präsidentin des Kammergerichts N... der Klägerin in ihrem Schreiben vom 12. August 2015 vorwarf, diese wolle mit der Petition vom 30. Juli 2015 auf die Entschließungsfreiheit des Präsidialrats beim Kammergericht einwirken, und die Klägerin gleichzeitig in Bezug auf den Zugang zum Präsidialrat in die Irre führte, indem sie der Klägerin vorspiegelte, sie werde zusammen mit dem Gremium beschließen, ob das Gremium die Petition zur Kenntnis nehmen wolle, obwohl sie insgeheim vorhatte, eine Kenntnisnahme der Petition durch das Gremium durch die Anzettelung einer rechtlich unzutreffenden Grundsatzdiskussion über die Zulässigkeit der Petition zu verhindern, anstatt die für die gewählten Mitglieder des Präsidialrats überlassenen Abschriften der Petition an die Klägerin zurückzureichen und die Klägerin darauf hinzuweisen, sie solle sich mit der Petition an die gewählten Mitglieder des Präsidialrats direkt wenden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und führt aus, aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Juni 2019 (2 BvR 2189/18), die einen anderen Sachverhalt betreffe, folge nichts für das Feststellungsinteresse der Klägerin. Auch aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Mai 2020 (BVerwG 8 C 12.19) lasse sich für eine Begründetheit der Berufung nichts herleiten. In dem entschiedenen Fall sei die Verpflichtung zur Weiterleitung aus Art. 3 Abs. 1 GG gefolgt. Daher habe es das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich offengelassen, ob die dortigen einzelnen Kreisräte überhaupt zuständige Stellen i.S.d. Art. 17 GG seien.

Es könne offensichtlich nicht richtig sein, dass die Vorsitzende des Präsidialrates nicht die Frage eines bestehenden Petitionsrechtes erörtern habe dürfen. Ebenfalls unrichtig sei die Auffassung der Klägerin, die Vorsitzende des Präsidialrates habe die Schreiben der Klägerin – gegebenenfalls gegen deren Willen - den anderen Mitglieder des Präsidialrates verlesen müssen.

Der Präsidialrat habe sich nicht in der Sache mit den Schreiben der Klägerin befassen müssen. Es sei bereits fraglich, ob die Schreiben eine Petition im eigentlichen Sinne des Art. 17 GG darstellten. Diese könnten Bitten und Beschwerden, mithin ein Verlangen, Fordern oder Beanstanden enthalten. Die Klägerin habe ausweislich ihres eigenen Vorbringens in den Schreiben Vorfälle im Zusammenhang mit ihrem eigenen Beurteilungsverfahren geschildert und dem damaligen Bewerber um das Amt des Präsidenten des Kammergerichts Fehlverhalten vorgeworfen. Derartiges falle schon nicht unter Art. 17 GG. Soweit die Klägerin den Präsidialrat gebeten habe zu prüfen, ob der damalige Präsident des Landgerichts Berlin für die ausgeschriebene Stelle geeignet sei, sei dies eine Aufgabe gewesen, die der Präsidialrat sowieso zu erfüllen gehabt habe. Zu Recht habe das Verwaltungsgericht daher ausgeführt, dass dem Präsidialrat das Recht zugestanden werden müsse, sich mit dem Inhalt des Schreibens der Klägerin nicht inhaltlich zu befassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Streitakte (zwei Bände) sowie der Verwaltungsvorgänge.

Entscheidungsgründe

A. Der Senat entscheidet über die Berufung nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss nach § 130a der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), weil er die Berufung einstimmig für teilweise begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden (§ 130a Satz 2 i.V.m. § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO).

B. Die zulässige Berufung der Klägerin hat teilweise Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage in Teilen zu Unrecht abgewiesen. Das betrifft den zweiten Hilfsantrag der Klägerin. Dieser ist zulässig und begründet (vgl. CC). Im Übrigen bleibt die Klage ohne Erfolg (AA.). Über den ersten und dritten Hilfsantrag ist nicht zu entscheiden (BB. und DD.).

AA. Der Hauptantrag der Klägerin bleibt ohne Erfolg. Er ist zwar zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).

I. Der Hauptantrag ist zulässig.

Die von der Klägerin ausdrücklich in ihrer Berufungsbegründung so bezeichnete Klageänderung im Hinblick auf den Antrag ist nach §§ 125 Abs. 1 S. 1, 91 VwGO zulässig, da sich der Beklagte mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2020 auf diese Änderung eingelassen hat, ohne ihr zu widersprechen, vgl. § 91 Abs. 2 VwGO. Er richtet sich darauf, die Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Präsidentin des Kammergerichts festzustellen, anstelle einer unmittelbaren Kenntnisgabe der Petition vom 30. Juli 2015 durch Aushändigung an die Mitglieder des Präsidialrates die Petitionsbehandlung im Gremium zu erörtern.

Auch im Übrigen bestehen keine Bedenken gegen die Zulässigkeit des Hauptantrages. Der Klägerin stehen das hierfür erforderliche Rechtsschutzbedürfnis und ein Feststellungsinteresse im Hinblick auf die nach § 43 VwGO erhobene Feststellungsklage zu.

Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt insbesondere nicht deshalb, weil die Klägerin sich direkt an die einzelnen Mitglieder des Präsidialrats hätte wenden können, anstatt ihre Petition an die Vorsitzende des Präsidialrates verbunden mit Abschriften für die anderen Mitglieder zu übersenden. Eine Einschränkung des Rechtsschutzbedürfnisses für die naturgemäß im Nachhinein erhobene Feststellungsklage im Hinblick auf das Verhalten der Vorsitzenden des Präsidialrates kann hieraus von vornherein nicht abgeleitet werden. Das Rechtsschutzbedürfnis erfordert für die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes nach Art und Umfang ein berechtigtes Interesse, um die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes auf das zur Durchsetzung subjektiver Rechte erforderliche Maß zu beschränken und einem Missbrauch prozessualer Rechte vorzubeugen. Kein Rechtsschutzinteresse besteht, wenn das Rechtsschutzbegehren nutzlos ist oder auf einfacherem und schnellerem Wege ohne Inanspruchnahme der Gerichte realisiert werden kann (BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2018 – BVerwG 1 C 18.17 –, juris Rn. 24). Ein einfacherer und schnellerer Weg zur Verwirklichung stand und steht der Klägerin nicht offen, nachdem der Präsidialrat die Entscheidung, auf die sich die Petition bezog, zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits getroffen hatte. Eine Pflicht auch bei erkennbar ablehnender Haltung der zuständigen Stelle gegenüber der Befassung mit einer Petition, deren (ordnungsgemäße) Behandlung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durchzusetzen, besteht demgegenüber nicht und würde schon im Hinblick auf die regelmäßig nur summarische Prüfung im Rahmen eines Eilverfahrens auch nichts am Rechtsschutzbedürfnis für eine spätere Feststellungsklage ändern. Das klägerische Rechtsschutzbegehren ist auch erkennbar nicht nutzlos, weil sein Ausgang Einfluss auf das künftige Verhalten der Beteiligten hat.

Auch ein Feststellungsinteresse ist bereits unter dem Gesichtspunkt der in Rede stehenden, etwaigen Grundrechtsbeeinträchtigung und des verfassungsmäßig notwendigen effektiven Grundrechtsschutzes (vgl. zu dieser Fallgruppe etwa BVerwG, Urteil vom 21. November 1980 – BVerwG 7 C 18.79 –, juris Rn. 13f. m.w.N.) und im Hinblick auf die im vorliegenden Fall sich naturgemäß ergebende Kurzfristigkeit zwischen Petition und Erledigung des Anlasses gegeben (vgl. zu einem Eingriff in Art. 13 GG etwa BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 5. Juli 2013 – 2 BvR 370/13 –, juris Rn. 18).

II. Der Hauptantrag ist aber nicht begründet.

Der angegriffene Bescheid der Präsidentin des Kammergerichts in ihrer Funktion als Vorsitzende des Präsidialrats vom 3. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz vom 11. November 2015 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.

Es war nicht rechtswidrig, dass die Vorsitzende des Präsidialrates mit den anderen Mitgliedern des Präsidialrates eine Diskussion darüber geführt bzw. eine solche begonnen hat, ob bzw. wie mit dem Schreiben der Klägerin vom 30. Juli 2015 umzugehen ist. Zwar handelte es sich bei dem Schreiben der Klägerin um eine Petition, sodass diese sich hierfür auf Art. 17 GG berufen konnte (1.). Auch war der Präsidialrat als Gremium im vorliegenden Fall die zuständige Stelle für die Petition der Klägerin vom 30. Juli 2015 (2.). Indes schließt das Petitionsrecht im vorliegenden Fall nicht die Berechtigung der Vorsitzenden des Präsidialrates aus, zunächst eine Diskussion, Erörterung oder Besprechung mit den anderen Mitgliedern des Präsidialrates abzuhalten, ob und wie diese Petition zu behandeln war (3.).

1. Gemäß Art. 17 GG hat jedermann das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.

Unter Bitten sind Forderungen und Vorschläge zu verstehen, die auf ein Handeln oder Unterlassen von staatlichen Organen, Behörden und sonstigen Einrichtungen, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen, gerichtet sind. Beschwerden sind Beanstandungen, die sich gegen ein Handeln oder Unterlassen dieser Stellen wenden. Gegenstand einer Petition kann eine Eingabe in eigener Sache, für andere oder im allgemeinen Interesse sein. Es steht jedermann frei, sich durch eine Petition für die Förderung welchen Anliegens auch immer einzusetzen (BVerwG, Urteil vom 6. Mai 2020 – BVerwG 8 C 12.19 –, juris Rn. 14).

Bei dem Schreiben der Klägerin vom 30. Juli 2015 handelt es sich jedenfalls in Verbindung mit ihrem Schreiben vom 11. August 2015 um eine Bitte im Sinne des Art. 17 GG. Zwar scheint es zweifelhaft, ob das Schreiben vom 30. Juli 2015 selbst als eine Petition aufzufassen ist. Nicht jedes Schreiben, mit dem jemand sich an staatliche Stellen wendet, kann als Bitte i.S.d. Art. 17 GG qualifiziert werden. Das gilt gerade auch im Hinblick darauf, dass das Schreiben vom 30. Juli 2015 im Wesentlichen nur die Schilderung der Klägerin von Sachverhalten im Zusammenhang mit ihrer Beurteilung bzw. angestrebten Versetzung zum Landgericht Berlin enthält und erkennbar zum Ziel hat, diese Sachverhalte dem Präsidialrat und seinen Mitgliedern zur Kenntnis zu bringen, wohl um Zweifel an der Eignung des ggf. zur Beförderung Vorgesehenen zu wecken. Das Schreiben enthält darüber hinaus lediglich eine Aufforderung an die Mitglieder des Präsidialrats, eingehend zu prüfen, ob es zu verantworten sei, dem früheren Präsidenten des Landgerichts noch mehr „Macht über Personal“ zu übertragen. Jedenfalls aber mit ihrem Schreiben vom 11. August 2015 hat sich die Klägerin ausdrücklich auf Art. 17 GG berufen, sodass nicht mehr zweifelhaft sein kann, dass sie eine entsprechende Bitte i.S.d. Art. 17 GG gegenüber den Mitgliedern des Präsidialrates anbringen wollte. Dabei braucht hier nicht entschieden zu werden, ob allein die Bezeichnung eines Schreibens als „Bitte“, „Beschwerde“ oder „Petition“ oder die Zitierung von Art. 17 GG genügt, um ein Schreiben als eine Bitte oder Beschwerde i.S.d. Art. 17 GG zu bewerten.

Allgemein anerkannt ist zwar, dass eine zulässige Petition dann nicht vorliegt, wenn etwas gesetzlich Verbotenes gefordert wird oder die Form der Petition den Anforderungen nicht entspricht, die an jede bei einer Behörde einzureichende Eingabe zu stellen sind, also etwa beleidigenden, herausfordernden oder erpresserischen Inhalt hat (BVerfG, Beschluss vom 22. April 1953 – 1 BvR 162/51 –, juris Rn. 26). Das trifft auf das Schreiben der Klägerin aber ersichtlich nicht zu.

2. Zuständige Stelle im Sinne des Art. 17 GG war vorliegend der Präsidialrat als Gremium, nicht jedoch dessen einzelne Mitglieder oder die Präsidentin des Kammergerichts als dessen Vorsitzende.

Zuständige Stellen sind unabhängig von der Organisationsform sämtliche Einrichtungen des Bundes und der Länder aus allen drei Staatsgewalten, im Bereich der Exekutive sowohl der mittelbaren als auch der unmittelbaren Verwaltung. Welche Stelle im Einzelfall zuständig ist, entscheidet das jeweilige einfachrechtliche Organisationsrecht. Art. 17 GG begründet insoweit keine Sonderzuständigkeiten (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27. November 2018 – 1 S 2712/17 –, juris Rn. 58). Gerichte sind jedoch nur in dem Umfang tauglicher Adressat einer Petition, in welchem sie Verwaltungstätigkeit ausüben; als Organe der Rechtsprechung sind sie hingegen nicht „zuständige Stelle“ i.S.d. Art. 17 GG (BeckOK GG, GG Art. 17 Rn. 19, beck-online). Nach dieser Maßgabe stellt der gemäß §§ 57ff. des Richtergesetzes des Landes Berlin (RiGBln) beim Kammergericht gebildete Präsidialrat eine solche zuständige Stelle dar, denn indem er im Rahmen seiner Beteiligungsrechte (§ 60 RiGBln) an richterlichen Personalentscheidungen mitwirkt, übt er eine Verwaltungstätigkeit aus.

Besteht die zuständige Stelle aus mehreren Mitgliedern, so obliegt die Entscheidung über die Petition vorbehaltlich abweichender Regelungen dem Gremium in seiner Gesamtheit. Wie das Bundesverwaltungsgericht bereits in Bezug auf den Kreistag eines Landkreises angenommen hat, ist eine Petition durch das Plenum zu behandeln, wenn kein Petitionsausschuss gebildet wurde (BVerwG, Urteil vom 6. Mai 2020 – BVerwG 8 C 12.19 –, juris Rn. 19). Danach ist auch hier der Präsidialrat als Ganzes die zuständige Stelle. Das Richtergesetz des Landes Berlin kennt als agierende Stelle nur den Präsidialrat und nicht seine einzelnen Mitglieder. Insbesondere obliegt die Ausübung der Beteiligungsrechte danach dem Gremium als Ganzes (vgl. § 60 Abs. 1 RiGBln: „der Präsidialrat ist zu beteiligen“, 61 Abs. 1 RiGBln: „Stellungnahmen des Präsidialrates“). Auch die Geschäftsordnung des Präsidialrates bei dem Kammergericht, Stand 28. Januar 2013, delegiert die Beantwortung von Petitionen nicht auf die Vorsitzende, einen Berichterstatter, einzelne Mitglieder oder die Verwaltung des Kammergerichts. Ob und unter welchen Voraussetzungen eine solche interne oder externe Delegation erfolgen darf, bedarf daher vorliegend keiner Entscheidung.

An diese zuständige Stelle hat sich die Klägerin auch gewandt. Adressat ihrer Petition war vorliegend der Präsidialrat als Gremium. Dessen Mitglieder wurden ausweislich der Adressierung („An die Mitglieder des Präsidialrates“), der Anrede („Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Präsidialrates“) und der beigefügten Ablichtungen für alle Gremiumsmitglieder nicht als Einzelpersonen, sondern in ihrer Gesamtheit angesprochen. Ebenso richtete sich das Petitum („sollten von Ihnen die Zustimmung erbeten werden ... vorzuschlagen“, „ich bitte Sie als Mitglieder der Richtervertretung eingehend zu prüfen, ob es wirklich verantwortet werden kann, diesem Amtsträger … zu übertragen“) auf eine bestimmte Ausübung des kollektiven Beteiligungsrechts im Rahmen einer Beförderungsentscheidung. Ebenso wenig Adressatin des Schreibens war die Präsidentin des Kammergerichts, welche das Schreiben und die beigefügten Ablichtungen für alle Mitglieder ausweislich der Adressierung „zu Händen“ lediglich in ihrer Funktion als Vorsitzende des Gremiums (§ 57 Abs. 1 Satz 2 RiGBln) für dieses in Empfang nehmen sollte, ohne darin persönlich angesprochen zu werden. Entsprechend hat diese das Schreiben auch verstanden, wie der Umstand belegt, dass seine Beantwortung am 3. August 2015 durch ihren Stellvertreter (§ 59 Abs. 1 RiG Bln) unter dem Briefkopf „Präsidialrat bei dem Kammergericht – Die Vorsitzende –“ erfolgte.

3. Indes schließt das Petitionsrecht im vorliegenden Fall nicht die Berechtigung der Vorsitzenden des Präsidialrates aus, zunächst eine Diskussion, Erörterung oder Besprechung mit den anderen Mitgliedern des Präsidialrates abzuhalten, ob und wie diese Petition zu behandeln war.

Zwar mag man im Regelfall davon ausgehen, dass wenn ein Grundrechtsträger an eine zuständige Stelle mit einer Bitte oder Beschwerde herantritt, die natürliche Person, die bei der zuständigen Stelle mit der Bearbeitung von Petitionen betraut ist, sich ohne vorherige Diskussion mit dieser befasst oder – was vorliegend im Streit steht – eine nicht mit der Bearbeitung von Petitionen betraute oder hierfür allein kompetente natürliche Person diese ohne Erörterung, Diskussionen o.Ä. an die betraute bzw. kompetente natürliche(n) Personen weiterleitet.

Indes dürfte vorliegend der Fall anders zu beurteilen sein und aus Art. 17 GG auch kein entsprechendes Recht auf „diskussionslose“ Weiterleitung folgen. Denn zwar ist der Präsidialrat wie gesehen zuständige Stelle, während die Vorsitzende des Präsidialrates allein dies nicht ist. Jedoch ist der Präsidialrat nicht auf unmittelbaren Kontakt mit der Bevölkerung ausgerichtet. Seine Zuständigkeit beschränkt sich gemäß § 60 Abs. 1 RiGBln auf rein innerhalb des Personalwesens der Justiz ablaufende Vorgänge und Verfahren. Dass ein an diesen Verfahren nicht Beteiligter – wie die Klägerin – gleichsam von außen eine Petition im Hinblick auf einen dieser Vorgänge beim Präsidialrat einreicht, ist dementsprechend gesetzlich und auch im Übrigen, insbesondere im Rahmen der Geschäftsordnung, nicht geregelt.

Wird eine solche zuständige Stelle mit einer Petition eines Unbeteiligten dennoch konfrontiert, so ist nach Auffassung des Senates anzunehmen, dass dieser Stelle jedenfalls insoweit ein Raum zur Gestaltung des Verfahrensablaufes zukommen muss, als sie über die Behandlung einer solchen Petition beraten und diskutieren können muss und nicht sogleich zur Kenntnisnahme und Befassung mit der Petition schreiten muss. Art und Umfang der sachlichen Prüfung des Petitionsanliegens unterliegen nicht der gerichtlichen Kontrolle (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 15. Mai 1992 - 1 BvR 1553/90 -, juris Rn. 20). Das gilt auch für eine – wie hier – Diskussion darüber, wie eine Petition formell behandelt werden soll. Auch die Verwaltung arbeitet nicht im Vakuum. Bei gänzlich neuen Vorgängen, die im jeweiligen Verwaltungsbereich noch nicht vorher aufgetreten sind, muss man ihr, damit sie ihre jeweilige Aufgabe erfüllen kann, zugestehen, dass sie sich zunächst über die Verfahrensweise im Hinblick auf diesen Vorgang klar und ggf. einig wird. Das gilt erst recht, wenn sie nach ihrer eigenen Geschäftsordnung – wie hier – grundsätzlich davon ausgeht, nur bestimmte Informationen entgegen zu nehmen oder zu verarbeiten. Es gilt auch erst recht im Hinblick auf den Charakter des Präsidialrates als Kollektivorgan. In diesem Zusammenhang ist eine andere Vorgehensweise, als dass zunächst eine Erörterung darüber stattfindet, wie mit dem Ausnahmefall einer beim Präsidialrat eingehenden Petition umzugehen ist, kaum denkbar.

Diese Erörterung konnte im zu entscheidenden Fall auch nur von der Vorsitzenden des Präsidialrates begonnen werden, vorliegend schon deswegen, weil sie als einziges Mitglied des Präsidialrates von der Petition Kenntnis hatte und ihr die Vorbereitung der Tagesordnung der Gremiumssitzungen sowie die Berichterstattung in sonstigen Angelegenheiten oblag (Ziff. 1 Satz 2, Ziff. 4 Satz 2 der Geschäftsordnung). Den Umgang mit dieser, konkret, ob der Präsidialrat diese überhaupt zur Kenntnis nehmen, beachten oder bescheiden darf, musste die Vorsitzende schon deshalb mit dem Präsidialrat als Gremium erörtern, weil die Entscheidungsbefugnis hierüber allein dem Präsidialrat als Ganzes zustand.

Nicht zu beanstanden ist ferner, wenn in dieser Erörterung oder Diskussion dann einzelne Mitglieder des Präsidialrates – insbesondere wie hier die Vorsitzende – die Position vertreten haben (sollten), dass die Petition nicht zur Kenntnis zu nehmen und zu behandeln sei. Auch wenn diese Rechtsansicht unzutreffend war (vgl. CC. II.), folgt aus dem Petitionsrecht nach Art. 17 GG nicht, dass in solch einer Diskussion nicht gegenteilige Ansichten durch die einzelnen Mitglieder einer zuständigen Stelle vertreten werden dürfen. Dementsprechend kommt es auch nicht darauf an, dass die Vorsitzende des Präsidialrats die Diskussion mit der Absicht geführt haben mag, die Abschriften der Petition nicht an die Gremiumsmitglieder auszuhändigen, denn dies wäre – für den Fall, dass die Rechtsauffassung zugetroffen hätte – der gebotene Umgang mit der Petition gewesen. Entscheidend ist vielmehr, ob die Petition im Ergebnis der Diskussion vom Gremium zur Kenntnis genommen und behandelt wird. Aus dem Grundrecht des Art. 17 GG folgt wie bereits dargelegt allein ein Anspruch auf Kenntnisnahme, sachliche Prüfung und Bescheidung durch die zuständige Stelle. Hat es die zuständige Stelle in der Hand, die Petition zu behandeln und tut sie dies nicht, handelt sie rechtswidrig und verletzt Art. 17 GG. Vertreten einzelne Gremiumsmitglieder der zuständigen Stelle im Vorfeld die Auffassung, die Petition sei nicht zu behandeln, führt das für sich genommen noch nicht zu einer Verletzung des Art. 17 GG. Ein solcher interner Abstimmungsvorgang muss schon aus den dargestellten praktischen Gesichtspunkten der Behörde zugebilligt werden, zumal im Einzelfall auch durchaus – wie hier – mit vertretbaren Argumenten unterschiedliche Positionen etwa dazu vertreten werden können, ob ein Schreiben überhaupt eine Petition ist, wer konkret zuständige Stelle ist oder wie der Verfahrensablauf zu gestalten ist. Die zuständige Stelle mag die Petition sogar gerade zum Anlass nehmen, etwa eine Delegation der Behandlung von Petitionen zu erwägen. Einen Anspruch auf einen bestimmten Verfahrensablauf im Rahmen einer Behandlung einer Petition gewährt Art. 17 GG indes nicht.

Auch aus dem Schriftsatz der Klägerin vom 14. September 2022 und den darin vorgebrachten Argumenten ist keine andere Entscheidung veranlasst. Selbst unter Zugrundelegung der Annahme der Klägerin, die Gremiumsvorsitzende habe durch „bewusst falsche Äußerungen über das Petitionsrecht“ eine „Vereitelung des Zugangs der Petition“ betrieben, lag es angesichts der Offenlegung des Umstandes, dass eine solche Petition an das Gremium herangetragen worden war, in der alleinigen Verantwortung des Gremiums, über deren Kenntnisnahme zu entscheiden.

BB. Der Senat sieht sich angesichts der klarstellenden Ausführungen der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 14. September 2022 und angesichts der vorstehenden Ausführungen (AA.) nicht dazu veranlasst, über den ersten Hilfsantrag zu entscheiden, da die Bedingung hierfür nicht erfüllt ist.

CC. Der Senat sieht sich berufen, über den zweiten Hilfsantrag der Klägerin zu entscheiden (I.). Dieser ist zulässig (II.) und begründet (III.).

I. Die Antragstellerin hat ihren zweiten Hilfsantrag unter die ausdrückliche Bedingung gestellt, dass der Senat den Hauptantrag und ersten Hilfsantrag mit der Begründung ablehnt, das Verhalten der Vorsitzenden des Präsidialrates stelle erst im Zusammenwirken mit dem Verhalten der gewählten Mitglieder eine Grundrechtsverletzung nach Art. 17 GG dar. Insoweit ist zwar zweifelhaft, ob diese Bedingung technisch gesehen erfüllt ist, zumal sie rechtliche Annahmen voraussetzt, die sich bei der Entscheidung über den Hauptantrag nur bedingt stellen. In der Sache kommt die Rechtsauffassung des Senats, maßgeblich sei allein die Kenntnisnahme durch das Gremium in seiner Gesamtheit, jedoch dem von der Klägerin als „Zusammenwirken“ beschriebenen Verhalten der Gremiumsmitglieder nahe. Daher geht der Senat davon aus, dass zur Gewährung des gebotenen Rechtsschutzes für die Klägerin ihr zweiter Hilfsantrag zu bescheiden ist.

II. Der Antrag ist zulässig.

Er richtet sich darauf, die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Präsidialrates festzustellen, eine Kenntnisnahme und Befassung mit der Petition der Klägerin vom 30. Juli 2015 zu unterlassen.

Die von der Klägerin ausdrücklich in ihrer Berufungsbegründung so bezeichnete Klageänderung im Hinblick auf den Antrag ist nach §§ 125 Abs. 1 S. 1, 91 VwGO zulässig, da sich der Beklagte mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2020 auf diese Änderung eingelassen hat, ohne ihr zu widersprechen, vgl. § 91 Abs. 2 VwGO.

III. Der zweite Hilfsantrag ist im tenorierten Umfang begründet. Es war rechtswidrig, dass der Präsidialrat beim Kammergericht die Kenntnisnahme und Befassung mit der Petition der Klägerin vom 30. Juli 2015 ablehnte. Vielmehr hätte er diese zur Kenntnis nehmen und sich mit ihr befassen müssen.

Art. 17 GG verpflichtet die zuständige Stelle nicht lediglich zur Kenntnisnahme der Petition, vielmehr muss sie diese auch sachlich prüfen. Jede ordnungsgemäße Petition muss beantwortet werden, und diese Antwort darf sich nicht auf eine bloße Empfangsbestätigung beschränken. Vielmehr muss sich hieraus zumindest die Kenntnisnahme von dem Inhalt der Petition und die Art ihrer Erledigung ergeben. Indes besteht keine Verpflichtung der zuständigen Stelle zur Begründung; es genügt im Rahmen des Art. 17 GG ein sachlicher Bescheid, aus dem ersichtlich ist, wie die angegangene Stelle die Petition zu behandeln gedenkt (BVerfG, Beschluss vom 22. April 1953 – 1 BvR 162/51 –, juris Rn. 27-30).

Nach diesen Grundsätzen war der Präsidialrat als Ganzes als zuständige Stelle hier verpflichtet, die Petition der Klägerin zur Kenntnis zu nehmen. Das hat er unstreitig nicht getan. Hierfür bestand keine Rechtfertigung. Eine solche folgt weder aus einer Delegation der Aufgabe (1.) noch aus der Geschäftsordnung des Präsidialrates (2.) noch aus verfassungsimmanenten Schranken (3.) oder anderen Gründen (4.).

1. Der Präsidialrat war nicht deshalb berechtigt, die Petition nicht als Gremium zu behandeln, weil er etwa die Behandlung von Petitionen, d.h. deren Kenntnisnahme, inhaltliche Prüfung und Bescheidung, auf die Vorsitzende des Präsidialrates delegiert hatte. Eine solche Delegation lässt sich der Geschäftsordnung und dem Gesetz bereits nicht entnehmen. Vielmehr verhalten sich diese – wie bereits ausgeführt - nicht zur Behandlung von an den Präsidialrat gerichteten Petitionen. Eine solche Delegation hat der Präsidialrat erkennbar in der damaligen Situation auch selbst nicht erwogen (vgl. schon die Ausführungen unter AA. II. 2).

2. Auch die Geschäftsordnung des Präsidialrates gibt keine Rechtfertigung dafür, die Petition der Klägerin nicht zur Kenntnis zu nehmen. Soweit Nr. 5 der Geschäftsordnung des Präsidialrates beim Kammergericht i.d.F. vom 28. Januar 2013 vorsieht, dass zur Vorbereitung der Sitzung bestimmte Unterlagen übermittelt bzw. bereitgestellt werden, verhält sie sich nicht zu Petitionen. Es mag dahinstehen, ob aus dieser Regelung in der Geschäftsordnung der Schluss gezogen werden kann, hiermit sollen nicht lediglich die den Mitgliedern des Präsidialrates zu übermittelnden Unterlagen festgelegt werden, sondern gleichzeitig eine abschließende Auflistung der in das Verfahren einzubeziehenden Unterlagen und Informationen festgelegt werden. Eine Auslegung der Regelung deutet eher auf einen den Verfahrensablauf gestaltenden Charakter der Regelung hin, die danach allein dazu dient festzulegen, welche Unterlagen die Mitglieder des Präsidialrates in jedem Fall vor der Sitzung zwecks ihrer Vorbereitung übermittelt bekommen bzw. anfordern können sollen. Nichts deutet in der Regelung auf den Ausschluss anderer Informationen hin.

3. Aber selbst wenn diese Regelung so zu verstehen wäre, kann sie Art. 17 GG nicht beschränken. Art. 17 GG ist nach seinem eindeutigen Wortlaut keinem ausdrücklichen Gesetzesvorbehalt unterworfen. Seiner Ausübung werden indes Schranken durch die Verfassung selbst gesetzt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. Dezember 1990 – 1 BvR 839/90 –, juris Rn. 15). Selbst wenn man die Umsetzung solcher verfassungsimmanenter Schranken auf der Ebene des reinen Verwaltungsinnenrechtes für zulässig erachten sollte, stellt die Geschäftsordnung des Präsidialrats keine solche Regelung dar, denn eine verfassungsimmanente Schranke, die das Grundrecht der Klägerin aus Art. 17 GG in der vorliegenden Konstellation einschränken würde, liegt nicht vor.

Das gilt zunächst für die vom Verwaltungsgericht und vom Beklagten angeführte Regelung des Art. 33 Abs. 2 GG. Hiernach hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte. In ständiger Rechtsprechung entnimmt die Verwaltungsgerichtsbarkeit und das Bundesverfassungsgericht dieser Regelung den sogenannten Bewerbungsverfahrensanspruch eines am Auswahlverfahren Beteiligten.

Dem Bewerber um ein – hier interessierendes - Beförderungsamt vermittelt die in Art. 33 Abs. 2 GG niedergelegte Gewährleistung hiernach einen Anspruch, dass über seine Bewerbung in fehlerfreier Weise entschieden und sie nur aus Gründen zurückgewiesen wird, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 – BVerwG 2 C 37.04 –, juris Rn. 18 m.w.N.). Wird dieses subjektive Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt, folgt daraus zwar regelmäßig nicht ein Anspruch auf Beförderung oder Vergabe des begehrten Dienstpostens; der unterlegene Bewerber kann aber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung beanspruchen, wenn seine Auswahl möglich erscheint (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 – 2 BvR 2457/04 –, juris Rn. 11).

Zwar ist es nicht von der Hand zu weisen, dass ein Bewerbungsverfahren, gerade im Bereich der Justiz, engen Regelungen zum Verfahrensrecht unterliegt, wie das Verwaltungsgericht ausgeführt hat. Insbesondere ist strikt geregelt, wer an diesem Bewerbungsverfahren zu beteiligen ist. Dazu gehört im Land Berlin der Präsidialrat und etwa der Richterwahlausschuss. Nicht vorgesehen ist demgegenüber die Beteiligung von Dritten, die selbst nicht Bewerber sind, wie etwa der Klägerin des vorliegenden Verfahrens. Auch muss berücksichtigt werden, dass eine Einbeziehung von Informationen oder Unterlagen in das Auswahlverfahren, die nicht mit dem Leistungsgrundsatz in Einklang stehen, ggf. eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruches nach sich ziehen kann.

Insoweit sind diese beiden Grundrechtspositionen – das Recht aus Art. 17 GG einerseits, der Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG andererseits - im Wege der praktischen Konkordanz auszugleichen. Der beschriebenen Gefahr im Falle der hier interessierenden Petition ist nicht dadurch zu begegnen, dass diese durch den Präsidialrat nicht zur Kenntnis genommen wird. Vielmehr hat in einem solchen Fall der Präsidialrat diese zur Kenntnis zu nehmen und, so eine solche Petition Informationen enthält, deren Verwertung zu einer Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruches des Bewerbers führen würde, die Petition dahingehend zu bescheiden, dass ihr nicht nachgekommen werden kann, weil eine Verwertung der von ihr aufgezeigten Sachverhalte zu einer Verletzung des durch Art. 33 Abs. 2 GG garantierten Rechtes des Bewerbers führen würde. Spiegelbildlich hat der Präsidialrat sodann die in einer solchen Petition enthaltenen Informationen für seine Entscheidung über den Bewerbungsvorschlag außer Betracht zu lassen und darf weiterhin nur nach Eignung, Leistung und Befähigung über jenen entscheiden.

Mit anderen Worten ist der verfassungsimmanenten Schranke des Art. 33 Abs. 2 GG durch praktische Konkordanz mit Art. 17 GG in einem späteren Verfahrensschritt zu begegnen und nicht bereits die Kenntnisnahme auszuschließen. Dies erscheint nicht notwendig, um den Bewerbungsverfahrensanspruch zu schützen, da vom Präsidialrat und dessen Mitgliedern erwartet werden kann, dass sie auch nach Kenntnisnahme der Informationen aus einer Petition wie der vorliegenden zwischen den darin enthaltenen Informationen und Vorwürfen einerseits und den für das Bewerbungsverfahren rechtmäßig zu berücksichtigenden Informationen, wie insbesondere den dienstlichen Beurteilungen andererseits unterscheiden und Erstere für ihre Entscheidung ggf. außer Acht lassen können.

Mit der vorstehend skizzierten Vorgehensweise erübrigt sich auch ein etwaiges, vom Beklagten angeführtes Stellungnahmerecht des Bewerbers, welches diesem ggf. einen unfairen Vorteil gegenüber den Mitbewerbern verschaffen könnte, denn für den Fall, dass der Präsidialrat die Petition und die darin enthaltenen Informationen bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt, bedarf es auch keiner Gegendarstellung durch den betroffenen Bewerber.

b. Andere verfassungsimmanente Schranken sind im vorliegenden Fall ebenfalls nicht geeignet, eine Beschränkung des aus Art. 17 GG folgenden Petitionsrechts der Klägerin zu begründen. So mag man annehmen, dass etwa dann, wenn etwa eine Flut von Petitionen die Funktionsfähigkeit einer zuständigen Stelle bedroht oder wenn eine Petition in Verfahren eingreift, die zum Schutze bedeutender Grundrechte etwa geheimhaltungsbedürftig sind, Art. 17 GG sich nicht wird durchsetzen können. Eine solche Konstellation steht aber vorliegend nicht in Streit. Das gilt auch im Hinblick darauf, dass für die Mitglieder des Präsidialrats eine Verschwiegenheitspflicht gilt. Das unterscheidet den Präsidialrat nicht maßgeblich von den anderen in Betracht kommenden zuständigen Stellen, deren Amtsträger regelmäßig ebenfalls im Rahmen ihres Dienst- und Anstellungsverhältnis zur Verschwiegenheit verpflichtet sind.

4. Auch weitere Gründe dafür, die Petition der Klägerin nicht zur Kenntnis zu nehmen, sind nicht ersichtlich. Insbesondere wäre damit – entgegen der Ausführungen des Beklagten – keine Stellung der Klägerin als Verfahrensbeteiligte verbunden gewesen oder dem Bewerber, den die Petition betraf, ein Anspruch auf Stellungnahme einzuräumen gewesen. Vielmehr hätte der Präsidialrat die Petition – wie bereits ausgeführt – mit Blick auf Art. 33 Abs. 2 GG zur Kenntnis nehmen, prüfen und dahingehend zu bescheiden gehabt, dass dieser nicht stattgegeben wird. Die Klägerin hatte nur hierauf Anspruch, nicht aber auf weitere Äußerung oder die Wahrnehmung irgendwelcher Rechte, wie sie Verfahrensbeteiligten zustehen. Mit der Bescheidung wäre ihr Petitionsbegehren zudem abgeschlossen gewesen. Der betroffene Bewerber wiederum hätte lediglich den Anspruch gehabt, dass die in der Petition enthaltenen Informationen sich auf seinen Bewerbungsverfahrensanspruch nicht auswirken. Dem wäre durch die skizzierte Verfahrensweise Genüge getan gewesen. Ob der Präsidialrat von sich aus weitere Ermittlungen im Hinblick auf eine Petition vornimmt, unterliegt seinem Ermessen und ist durch Art. 17 GG nicht vorgegeben. Ihm steht es danach frei, weitere Ermittlungen oder eine tiefergehende Behandlung der Petition zu unternehmen oder gerade mit Blick auf Art. 33 Abs. 2 GG zu unterlassen. Allein von der Kenntnisnahme, Prüfung und Bescheidung der Petition entbindet ihn dies nicht. Das gilt auch im Hinblick auf das Argument des Beklagten, die Petition sei auf eine Befassung mit dem Personalvorschlag gerichtet gewesen, was ohnehin Aufgabe des Präsidialrates sei. Das ändert – unabhängig davon, dass die Petition erkennbar das Ziel verfolgte, den letztlich erfolgten Personalvorschlag zu verhindern – nichts an der Pflicht zur Kenntnisnahme und Bescheidung. Auch wenn ein als zuständige Stelle kontaktiertes Gremium „sowieso“ über das Anliegen einer Petition zu entscheiden hat, ist es nicht von der Kenntnisnahme und Bescheidung der Petition entbunden.

DD. Der Senat sieht sich schließlich nicht berufen, über den dritten Hilfsantrag zu entscheiden. Die Klägerin hat diesen ausdrücklich unter die Bedingung gestellt, dass die Berufung im Übrigen deshalb zurückgewiesen werde, weil die Klägerin die Möglichkeit hatte, die Petition an die übrigen Mitglieder des Präsidialrates direkt zu übermitteln, mithin eine bereits durch die Übersendung des Schriftsatzes vom 30. Juli 2015 ausgelöste Befassungspflicht des Gremiums verneinte. Das hat der Senat nach dem Vorstehenden nicht angenommen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 709 S. 2, § 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.