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Entscheidung 9 UF 39/20


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 1. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 03.08.2020
Aktenzeichen 9 UF 39/20 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2020:0803.9UF39.20.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1.

Auf die Beschwerde des Antragsgegners vom 4. Februar 2020 (in Gestalt der Teilrücknahme vom 12. Mai 2020) wird der Beschluss des Amtsgerichts Eberswalde vom 9. Dezember 2019 (3 F 262/18) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin rückständigen Trennungsunterhalt für den Zeitraum vom 01. Juni 2018 bis einschließlich 16. Oktober 2019 i.H.v. 9.609,49 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

iaus 364,75 € seit dem 01. Juni 2018,

iaus weiteren jeweils monatlich 634,75 € seit dem 01. Juli 2018, seit dem 01. August 2018, seit dem 01. September 2018, seit dem 01. Oktober 2018, seit dem 01. November 2018, seit dem 01. Dezember 2018, seit dem 01. Januar 2019 und seit dem 01. Februar 2019,

iaus weiteren jeweils monatlich 483,72 € seit dem 01. März 2019, seit dem 01. April 2019, seit dem 01. Mai 2019 und seit dem 01. Juni 2019

iaus weiteren monatlich 634,75 € seit dem 1. Juli 2019, seit dem 1. August 2019, seit dem 01. September 2019 und

iaus weiteren 327,61 € seit dem 01.10.2019 zu zahlen.

Im Übrigen wird der Antrag der Antragstellerin zurückgewiesen.

2.

Die Kosten des Verfahrens in erster und zweiter Instanz trägt der Antragsgegner.

3.

Der Beschwerdewert beträgt zunächst 7.617 € und seit dem 13. Mai 2020 noch 874,12 €.

4.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die seit 1988 miteinander verheirateten Ehegatten streiten noch um die Zahlung von rückständigen Trennungsunterhalt für die Zeit von Juni 2018 bis zum 16. Oktober 2019; seit dem 17. Oktober 2019 sind sie rechtskräftig geschieden.

Unstreitig ist, dass der Antragsgegner spätestens zum 01. Oktober 2018 aus der vormals ehelichen Wohnung, die den Ehegatten gemeinsam gehörte, ausgezogen ist. Zumindest bis zu diesem Zeitpunkt hat er die Darlehensraten für die Wohnung in Höhe von rund 220 € monatlich allein gezahlt.

Die am 08. Oktober 1956 geborene Antragstellerin war während der Ehe zunächst erwerbstätig. Nachfolgend bezog sie bis einschließlich Mai 2018 Leistungen der Bundesagentur für Arbeit (ALG I). Anschließend erzielte sie kein eigenes Einkommen mehr.

Der Antragsgegner befand sich bis einschließlich Februar 2019 im Vorruhestand, seither im Altersruhestand. Zudem hat er aus einer Nebenerwerbstätigkeit Einkünfte erzielt.

Mit handschriftlichem Schreiben vom 30. Mai 2018 forderte die Antragstellerin den Antragsgegner zur Zahlung von Unterhalt in Höhe von monatlich 600 € ab dem 01. Juni 2018 auf (Bl. 4). Am Folgetag, den 02. Juni 2018, regelten die Beteiligte in schriftlicher Weise ihre Vermögensverhältnisse; auf die zu den Akten gereichten handschriftlichen Vereinbarungen wird verwiesen (Bl. 23, 165).

Im Übrigen wird auf den unstreitigen Tatbestand der erstinstanzlichen Entscheidung Bezug genommen.

Die Antragstellerin hat behauptet, spätestens seit Juni 2018 habe man innerhalb der vormals ehelichen Wohnung getrennt gelebt.

Die Antragstellerin hat (nach mehrmaligem Wechsel ihrer Anträge, vgl. dazu Bl. 2, 137, 145) erstinstanzlich zuletzt beantragt (vgl. den Tatbestand des angefochtenen Beschlusses),

den Antragsgegner zu verpflichten, an sie einen rückständigen Trennungsunterhalt für den Zeitraum von Juni 2018 bis einschließlich Oktober 2019 in Höhe von insgesamt 10.790,95 € (bei monatlichen Betrag von 634,75 €) zzgl. 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz auf den jeweiligen monatlichen Betrag zu zahlen.

Der Antragsgegner hat beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Er hat behauptet, eine Trennung der Beteiligten sei nicht bereits im Juni 2018, letztendlich frühestens mit seinem Auszug aus der vormals ehelichen Wohnung erfolgt. Die Antragsgegnerin müsse sich einen Erwerbsobliegenheitsverstoß entgegenhalten lassen, da sie in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen ist. Hinsichtlich der Vereinbarungen der Beteiligten aus Juni 2018 führt er an, es habe ihm an der entsprechenden Ernsthaftigkeit gemangelt, da mit derartigen Trennungs- und Scheidungsabsichten die Antragstellerin bereits jahrelang angesichts bei ihr vorherrschender Psychosen auf ihn zugekommen sei.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht Eberswalde den Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin Trennungsunterhalt für die Zeit vom 01. Juni 2018 bis einschließlich 16. Oktober 2019 in Höhe von insgesamt 10.483,61 € nebst gestaffelten Zinsen zu zahlen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners, mit welcher dieser in Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens die vollständige Abweisung des Trennungsunterhaltsanspruches begehrt.

Der Antragsgegner hat ursprünglich beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses den Antrag der Antragstellerin auf Zahlung von Trennungsunterhalt zurückzuweisen.

Zuletzt hat er noch beantragt (vgl. den Schriftsatz vom 12. Mai 2020, Bl. 293 f.),

den angefochtenen Beschluss insoweit aufzuheben, als dass in diesem ein über den Betrag in Höhe von 9.609,49 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

iaus 364,75 € seit dem 01. Juni 2018,

iaus weiteren jeweils monatlich 634,75 € seit dem 01. Juli 2018, seit dem 01. August 2018, seit dem 01. September 2018, seit dem 01. Oktober 2018, seit dem 01. November 2018, seit dem 01. Dezember 2018, seit dem 01. Januar 2019 und seit dem 01. Februar 2019,

iaus weiteren jeweils monatlich 483,72 € seit dem 01. März 2019, seit dem 01. April 2019, seit dem 01. Mai 2019 und seit dem 01. Juni 2019

iaus weiteren monatlich 634,75 € seit dem 1. Juli 2019, seit dem 1. August 2019, seit dem 01. September 2019 und

iaus weiteren 327,61 € seit dem 01.10.2019

hinausgehender Betrag der Antragstellerin zugesprochen worden ist.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Auch sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Über ihre als Notanwältin mit Senatsbeschluss vom 27. April 2020 bestellte Verfahrensbevollmächtigte hat sie zudem mehrfach die Erklärung der Beschwerderücknahme durch den Antragsgegner gefordert.

II.

Die gem. §§ 58 ff. FamFG statthafte und zulässige Beschwerde des Antragsgegners hat, soweit er diese nach erfolgter Rücknahme seiner Beschwerde noch aufrechterhalten hat (vgl. dazu die Senatsverfügung vom 22. Juni 2020 - Bl. 321 d.A., zu welcher sich die Beteiligten auch nicht mehr inhaltlich eingelassen haben), Erfolg, sie ist insoweit begründet.

Das Amtsgericht hat im Wesentlichen zutreffend einen Anspruch der Antragstellerin auf Zahlung von rückständigem Trennungsunterhalt gemäß § 1361 Abs. 1 S. 1 BGB bejaht. Insoweit ist allein hinsichtlich der konkreten Höhe des rückständigen Anspruches eine Korrektur geboten, die dem nunmehr verbliebenen Beschwerdeantrag entspricht.

1. Trennungszeitpunkt

Es bestehen keine Bedenken an einer Trennung der Beteiligten zum Juni 2018.

Ein Getrenntleben i.S.v. § 1361 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1567 Abs. 1 BGB ist dann gegeben, wenn zwischen den Ehegatten keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt und die häusliche Gemeinschaft erkennbar nicht herstellen will (BGH FamRZ 2016, 1142). Von einem Getrenntleben kann regelmäßig ausgegangen werden, wenn die Ehegatten – beide noch in der Ehewohnung lebend – keinen gemeinsamen Haushalt mehr führen (Ehinger in: Ehinger/Rasch/Schwonberg/Siede, Handbuch Unterhaltsrecht, 8. Aufl. 2018, Rn. 5.8.).Das Nichtbestehen oder die Aufhebung eines gemeinsamen Haushalts sind allerdings keine zwingende Voraussetzung für das Getrenntleben der Ehegatten, wesentlich ist vielmehr der eindeutig erklärte Trennungswille (vgl. auch Viefhues in: Herberger/Martinek/ Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 1361 BGB – Stand: 15.04.2020 – Rn. 16).

Sämtlicher vorgelegter Schriftwechsel lässt zweifelsfrei eine Trennungsabsicht der Antragstellerin ab Juni 2018 und eine chronologische Fortentwicklung dieser Trennung erkennen. Dies folgt bereits daraus, dass sie selbst mit Schreiben vom 30. Mai 2018 (Bl. 4) den Antragsgegner auf Zahlung von Unterhalt in Anspruch genommen hat und bereits wenige Tage später mit anwaltlichem Schriftsatz (vom 06. Juni 2018, Bl. 5) diesen weiterverfolgte. Erst recht folgt dies aus dem Umstand, dass sodann mit der Antragsschrift vom 26. Juni 2018 der Trennungsunterhaltsanspruch durch die Antragstellerin gerichtlich verfolgt wurde.

Auch die übrigen Schreiben der Antragstellerin bzw. die Vereinbarungen der Beteiligten z.B. Bl. 23 der Akte vom 02. Juni 2018, Bl. 20, 44, 165) lassen jeweils erkennen, dass zumindest die Antragstellerin einseitig, eher aber beide Ehegatten ihren Willen zur Abkehr von der Ehe bekundet haben. Ebenso spricht für die mindestens einseitige Abkehr der Antragstellerin von der Ehe der Umstand, dass nachfolgend die Antragstellerin die Herbeiführung einer entsprechenden notariellen Vereinbarung über die vermögensrechtliche Auseinandersetzung versucht hat.

Mindestens liegt daher eine einseitige Abkehr der Antragstellerin von der Ehe vor. Dann ist es hinsichtlich der Trennung der Beteiligten im Juni 2018 unschädlich, dass in Teilbereichen nach der Behauptung des Antragsgegners noch gemeinsam gewirtschaftet wurde, vgl. bereits zuvor. Dies ist auch nicht unüblich angesichts des Umstandes, dass noch für einige weitere Monate die Beteiligten unstreitig in der ehelichen Wohnung weiter gelebt haben.

2. Erwerbsobliegenheitsverstoß

Der Antragstellerin ist kein Erwerbsobliegenheitsverstoß anzulasten und daher auch kein fiktives Einkommen zuzurechnen. Zu Recht hat das Amtsgericht unter Beachtung der Vorschrift des § 1361 Abs. 2 BGB ausgeführt, dass im vorliegenden Fall die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit von der Antragstellerin nicht erwartet werden konnte. Nach dieser Vorschrift kann der nicht erwerbstätige Ehegatte nur dann darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch eine Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen, wenn dies von ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere wegen einer früheren Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe, und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten erwartet werden kann.

a. Trennungsjahr

Einen im Zeitpunkt der Trennung längere Zeit nicht erwerbstätig gewesenen Ehegatten trifft im ersten Trennungsjahr in der Regel keine Erwerbsobliegenheit (allg. Ansicht, z.B. OLG Hamm FamRZ 2018, 678), so auch hier. Daher käme eine Erwerbsobliegenheit frühestens für die Zeit ab Juni 2019 mit Ablauf des Trennungsjahres in Betracht.

b. Individualverhältnisse

Aber auch für die folgenden rd. 4,5 Monate bis zur Rechtskraft der Scheidung besteht keine Erwerbsobliegenheit der Antragstellerin.

Der Umfang der regelmäßig erforderlichen Erwerbstätigkeit und eventuelle Abweichungen davon bestimmen sich vielmehr nach den individuellen Verhältnissen des jeweils betroffenen Ehegatten (Viefhues in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 1361 BGB – Stand: 15.04.2020 – Rn. 759). Vorliegend spricht gegen eine (unmittelbar nach Ablauf des Trennungsjahres einsetzende) Erwerbsobliegenheit der Antragstellerin, dass die Ehe bei Trennung bereits rd. 20 Jahre bestand, die Antragstellerin bereits vor der Trennung längere Zeit nicht arbeitete, zum Zeitpunkt der Trennung bereits über 61,5 Jahre alt war und daher auch in realer Hinsicht die Aussicht auf Erlangung einer Arbeitsstelle deutlich unrealistisch erschien. In diesem Kontext ist zudem zu beachten, dass die Antragstellerin seit dem 1. November 2019 sich im Altersruhestand befindet. Die Phase nach Beendigung des ALG I – Bezuges bis hin zum Eintritt in den Altersruhestand stellt sich daher als bloße Übergangsphase dar, die auch von ihrer Länge her keine Erwerbsobliegenheit hervorruft.

c. vermeintlich krankhafter Zustand

Erst recht folgt die Unzumutbarkeit der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit daraus, dass nach der Behauptung des Antragsgegners die Antragstellerin an einer manisch-depressiven Psychose leidet (wobei sich die Beteiligten mit derartigen Vorwürfen wechselseitig überziehen). Wäre dies der Fall, wären eventuelle Verpflichtungen der Antragstellerin auf den Einsatz eigener Arbeitskraft (bzw. eigenen Stammvermögens, vgl. dazu die nachfolgenden Ausführungen) angesichts des gesundheitlichen Zustandes sowie des unmittelbar nach der Trennung einsetzenden hier streitgegenständlichen Trennungsunterhaltszeitraumes nicht angezeigt.

Letztendlich kommt es hierauf aber nicht Streit entscheidend an.

3. Vermögensstamm

Zutreffend hat der das Amtsgericht auch ausgeführt, dass die Antragstellerin nicht zum Einsatz von Vermögen bzw. des Vermögensstammes gehalten war.

Den Stamm des Vermögens braucht der Berechtigte nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre, § 1577 Abs. 3 BGB.Diese für den nachehelichen Unterhalt geltende Vorschrift kann allerdings lediglich die äußerste Grenze, bis zu der dem unterhaltsberechtigten Ehegatten im Falle des Getrenntlebens der Einsatz seines Vermögensstamms allenfalls angesonnen werden darf, bilden. An die Verwertung des Vermögensstamms vor Scheidung sind vielmehr noch höhere Anforderungen zu stellen als beim nachehelichen Unterhalt (BGH FamRZ 2012, 514; OLG Saarbrücken FamRZ 2020, 422). Insbesondere bei einer lang andauernden Ehe und einer noch nicht langen Trennungszeit wird eine Verwertungspflicht nahezu stets ausscheiden (vgl. auch Viefhues in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 1361 BGB – Stand: 15.04.2020 – Rn. 311 ff.), wobei eine 1,5 Jahre andauernde Trennung noch nicht lang i.d.S. ist (OLG Saarbrücken FamRZ 2020, 422).

Nach Maßgabe dessen scheidet eine Pflicht der Antragstellerin zum Einsatz eines Stammvermögens hier angesichts der langen Ehedauer und der noch nicht langen Trennungszeit von vornherein aus.

Nur vorsorglich wird deshalb ergänzend darauf hingewiesen, dass eine Verwertung auch im Übrigen nur in sehr eng begrenzten Ausnahmefällen geboten wäre, deren Voraussetzungen im Einzelnen durch den hierdurch Begünstigten – den Unterhaltspflichtigen – darzulegen sind. Dabei kommt es auch wesentlich auf die eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse des Unterhaltspflichtigen an (vgl. auch Viefhues in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 1361 BGB – Stand: 15.04.2020 – Rn. 311 ff.), über welche hier nur wenig bekannt ist. Ebenso wenig können deshalb vermeintlich eigenmächtig vorgenommene, zu Lasten des Antragsgegners wirkende Vermögensverschiebungen der Antragstellerin hier von Bedeutung sein. Diese könnten allenfalls eventuelle Ausgleichsansprüche des Antragsgegners gegen die Antragstellerin hervorrufen, nicht aber Grundlage einer Einsatzpflicht für das Stammvermögen sein.

Insgesamt kann für die Frage einer Erwerbsobliegenheitsverletzung und des Einsatzes von Stammvermögen auf die zutreffenden, dies verneinenden Ausführungen des Amtsgerichts in der angefochtenen Entscheidung – dort Seite 6 f. – Bezug genommen werden.

4. Einkünfte des Antragsgegners

a. unstreitige Einkünfte

Soweit der Antragsgegner mit der Beschwerde lediglich die Zurechnung von eigenen, vermeintlich unstreitigen Einkünfte i.H.v. 1.714,75 € für die Zeit bis einschließlich Februar 2019 begehrt, geht dies fehl.

Zwar befindet sich dieser Betrag tatsächlich innerhalb der ursprünglichen Antragsschrift der Antragstellerin. Bereits dieser Betrag beruhte jedoch darauf, dass die Antragstellerin insoweit als Abzugspositionen von den Einkünften des Antragsgegners solche Position anerkannte, die im Grundsatz unterhaltsrechtlich in aller Regel nicht bereinigungsfähig sind (insbesondere die genannten Medien).

Im Übrigen hat die Antragstellerin nachfolgend auch die Abzugsfähigkeit der Positionen in Abrede gestellt und ausdrücklich die volle Zurechnung der von dem Antragsteller - insoweit tatsächlich auch unstreitig – erzielten Einkünfte aus Vorruhestandsbezügen und Erwerbseinkommen begehrt. Selbst eventuelle berufsbedingte Aufwendungen hat sie ausdrücklich sodann nicht mehr anerkennen wollen (vergleiche insbesondere den Inhalt Ihres Schriftsatzes vom 24. Juni 2019, Bl. 144).

b. Darlehensrate

Im Übrigen ist dem Begehren des Antragsgegners auch nicht darin zu folgen, dass er den Abzug der von ihm gezahlten Darlehensraten auf die eheliche Wohnung geltend machen kann.

Zum einen ist bereits unklar, ob der Antragsgegner nur bis zu seinem Auszug oder auch darüber hinaus diese Raten beglichen hat. Eine Zahlung nach September 2018 würde jedenfalls dem Inhalt der entsprechenden Vereinbarung der Beteiligten vom 02. Juni 2018, nach welcher die Antragstellerin diese Raten ab dem Auszug übernehmen sollte, widersprechen.

Zum anderen widerspricht der Abzugsfähigkeit der Inhalt der Vereinbarung der Beteiligten vom 02. Juni 2018 (zur Wirksamkeit der Vereinbarung vgl. noch weiter unten), innerhalb welcher die Frage einer Abzugsfähigkeit und ein damit verbundener Ausgleich der Ratenzahlungen beim Unterhalt keine Rolle gespielt hat. Im Übrigen läge – so denn gemäß den Behauptungen des Antragsgegners die Beteiligten noch bis September 2018 gemeinsam gewirtschaftet hätten – es nahe, dass dann nach dem Grundsatz der eine zahlt dies, der andere das keine wechselseitige Ausgleichspflicht bestand.

Zuletzt käme eine Berücksichtigung der Darlehensraten grundsätzlich allein im Rahmen einer Wohnwertberechnung in Betracht, die hier von keiner Seite vorgenommen worden ist und die im Übrigen ebenso dem Inhalt der Vereinbarung der Beteiligten vom 02. Juni 2018 widerspricht.

c. berufsbedingte Aufwendungen

Zu folgen ist dem Antragsgegner aber darin, dass das Amtsgericht ihm zu Unrecht keine berufsbedingten pauschalierten Aufwendung anerkannt hat. Für seine Einkünfte aus der Nebenerwerbstätigkeit sind ihm nach den allgemeinen Grundsätzen (vgl. Ziff. 10.2.1 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen OLG) pauschalierte berufsbedingte Aufwendungen, die auch nicht bereits zuvor bei Ermittlung seiner Netto-Nebenerwerbseinkünfte abgezogen wurden, anzuerkennen. Gründe, davon abzuweichen, sind derzeit nicht erkennbar.

5. Unterhaltshöhe

Nach alledem ergibt sich für die Berechnung des Unterhaltsanspruches der Antragstellerin zunächst folgendes:

Einkommen des Antragsgegners

ab Juni 2018

ab März 2019

1. Nichterwerbseinkünfte

                

Vorruhestandsbezüge

 1.800,00 €

 - €   

Altersrente

 - €   

 1.422,25 €

2. Erwerbseinkünfte

                

Nebenerwerbseinkommen (netto)

 433,35 €

 433,80 €

5% vom Erwerbseinkommen

- 21,67 €

- 21,69 €

ergibt

 411,68 €

 412,11 €

abzgl. 1/7tel vom Erwerbseinkommen

- 58,81 €

- 58,87 €

ergibt

 352,87 €

 353,24 €

3. Unterhalt

                

unterhaltsrechtliches Einkommen

 2.152,87 €

 1.775,49 €

Hälfte = Bedarf = Unterhalt

 1.076,44 €

 887,74 €

4. Leistungsfähigkeit

                

bereinigtes Einkommen ohne Erwerbstätigensiebtel

 2.211,68 €

 1.834,36 €

Selbstbehalt

 1.200,00 €

 1.200,00 €

Leistungsfähigkeit

 1.011,68 €

 634,36 €

6. Verzug

Im Weiteren ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin von dem Antragsgegner den ermittelten (monatlichen) Unterhaltsbetrag nur insoweit verlangen kann, wie er dessen Inverzugsetzung entspricht, §§ 286 Abs. 1, 1613 Abs. 1 BGB.

Dabei ist zu beachten, dass sie im laufenden Verfahren den Unterhaltsanspruch mehrfach verändert hat. Hiermit ist, soweit eine Reduzierung erfolgt ist, zugleich eine entsprechende Rücknahme der Inverzugsetzung verbunden, die einen höheren Unterhalt für die Zukunft bzw. bis zu dem Zeitpunkt, ab welchem erneut ein höherer Unterhalt in verzugsbegründender Wirkung verlangt wird ausschließt. Denn nach § 1613 Abs. 1 BGB kann für die Vergangenheit Unterhalt nur von der Zeit an gefordert werden, zu welcher der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist. Zur Inverzugsetzung gehört grundsätzlich eine Mahnung nach Eintritt der Fälligkeit (§ 284 Abs. 1 S. 1 BGB).Auch wenn im Allgemeinen eine Mahnung wegen laufenden Unterhalts nicht monatlich wiederholt zu werden braucht, können von einer zurückgenommenen Mahnung keinerlei Rechtswirkungen für künftigen Unterhalt ausgehen. Eine (teilweise) Rücknahme der Mahnung ist aber in der (teilweisen) Rücknahme des Unterhaltsantrags zu sehen (BGH FamRZ 1983, 352, 354; Siebert in: Wendl/Dose, das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Aufl. 2019, § 6 Rn. 141).

Ihren ursprünglichen Antrag von monatlich 634,75 € aus der Antragsschrift (Bl. 2) hat die Antragstellerin im Schriftsatz vom 04. Juni 2019 (Bl. 135 ff.) teilweise ermäßigt (so für Juni 2018 sowie für die Zeit ab März 2019).

Mit weiterem Schriftsatz vom 24. Juni 2019 (Bl. 144) hat sie sodann erneut und durchgängig 634,75 € monatlich begehrt. Diesen Unterhalt kann sie daher erst wieder ab Juli 2019 weiter verfolgen.

Dies ergibt entsprechend der nachfolgenden Tabelle insgesamt folgendes:

Anträge

26.06.2018

04.06.2019

24.06.2019

Verzug

Jun 18

 634,75 €

 364,75 €

 634,75 €

 364,75 €

Jul 18

 634,75 €

 674,75 €

 634,75 €

 634,75 €

Aug 18

 634,75 €

 674,75 €

 634,75 €

 634,75 €

Sep 18

 634,75 €

 674,75 €

 634,75 €

 634,75 €

Okt 18

 634,75 €

 674,75 €

 634,75 €

 634,75 €

Nov 18

 634,75 €

 674,75 €

 634,75 €

 634,75 €

Dez 18

 634,75 €

 674,75 €

 634,75 €

 634,75 €

Jan 19

 634,75 €

 674,75 €

 634,75 €

 634,75 €

Feb 19

 634,75 €

 674,75 €

 634,75 €

 634,75 €

Mrz 19

 634,75 €

 483,72 €

 634,75 €

 483,72 €

Apr 19

 634,75 €

 483,72 €

 634,75 €

 483,72 €

Mai 19

 634,75 €

 483,72 €

 634,75 €

 483,72 €

Jun 19

 634,75 €

 483,72 €

 634,75 €

 483,72 €

Jul 19

                

 634,75 €

 634,75 €

Aug 19

                

 634,75 €

 634,75 €

Sep 19

                

 634,75 €

 634,75 €

Okt 19

                

 634,75 €

 327,61 €

Summe 

                        

 9.609,49 €

7. (Hilfs)Aufrechnung

Soweit der Antragsgegner Aufrechnungspositionen gem. §§ 387 ff. BGB verfolgt hat, hat das Amtsgericht zutreffend ausgeführt, infolge der Vereinbarung der Beteiligten vom 02. Juni 2018 habe er auf einen derartigen Einwand wirksam verzichtet.

Die vorgelegte Vereinbarung (Bl. 165 ff.) lässt erkennen, dass sich die Beteiligten insoweit möglichst umfassend auseinandersetzen wollten und in vermögensrechtlicher Hinsicht alleine noch der Versorgungsausgleich, der eheliche und der nacheheliche Unterhalt offen gestellt waren (vgl. für Letzteres Bl. 23). Insbesondere der Passus Damit sind alle Ansprüche von J… V… abgegolten lässt zweifelsfrei erkennen, dass insoweit (zumindest vermögensrechtliche) Ausgleichsansprüche des Antragsgegners – so diese bis zu diesem Zeitpunkt entstanden waren – nicht mehr bestehen sollten. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob und inwieweit der Antragstellerin Vermögensverschiebungen vor diesem Zeitpunkt vorzuwerfen sind, da daraus eventuell resultierende Ansprüche des Antragsgegners unstreitig zum Zeitpunkt des Abschlusses der schriftlichen Vereinbarung der Beteiligten bereits bekannt waren.

Wirksamkeitsbedenken i.S.v. § 138 Abs. 1 BGB sind weder erkennbar noch durch den Antragsgegner im Einzelnen dargetan. Soweit sich der Antragsgegner darauf berufen hat, es habe von seiner Seite an der Ernstlichkeit für den Abschluss einer solchen Erklärung gemangelt, trägt dies nicht. Ein solcher geheimer Vorbehalt ist angesichts § 116 S. 1 BGB erkennbar unerheblich.

Aus alledem folgt ein Anspruch auf rückständigen Trennungsunterhalt für den Zeitraum vom 01. Juni 2018 bis einschließlich 16. Oktober 2019 i.H.v. insgesamt 9.609,49 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

iaus 364,75 € seit dem 01. Juni 2018,

iaus weiteren jeweils monatlich 634,75 € seit dem 01. Juli 2018, seit dem 01. August 2018, seit dem 01. September 2018, seit dem 01. Oktober 2018, seit dem 01. November 2018, seit dem 01. Dezember 2018, seit dem 01. Januar 2019 und seit dem 01. Februar 2019,

iaus weiteren jeweils monatlich 483,72 € seit dem 01. März 2019, seit dem 01. April 2019, seit dem 01. Mai 2019 und seit dem 01. Juni 2019

iaus weiteren monatlich 634,75 € seit dem 1. Juli 2019, seit dem 1. August 2019, seit dem 01. September 2019 und

iaus weiteren 327,61 € seit dem 01.10.2019.

III.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 117 Abs. 2 S. 1, 243 FamFG, 92 Abs. 2 Nr. 1, 516 Abs. 3 ZPO, 40, 51 FamGKG. Für die Geringfügigkeit des Obsiegens des Antragsgegners wird erneut auf die Senatsverfügung vom 12. Mai 2020 Bezug genommen.

Gründe für die Zulassung einer Rechtsbeschwerde bestehen nicht.