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Entscheidung VG 3 L 868/22


Metadaten

Gericht VG Potsdam 3. Kammer Entscheidungsdatum 18.01.2023
Aktenzeichen VG 3 L 868/22 ECLI ECLI:DE:VGPOTSD:2023:0118.3L868.22.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 35 Abs 1 GewO

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

2. Der Streitwert wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Der sinngemäße Antrag der Antragstellerin,

die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 12. Dezember 2022 gegen Ziffer 1 bis 4 des Bescheids des Antragsgegners vom 11. November 2022 wiederherzustellen und gegen Ziffer 6 anzuordnen,

hat keinen Erfolg.

Der Antrag ist unbegründet.

1. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der in den Ziffern 1 bis 4 auferlegten Verpflichtungen genügt den Anforderungen von § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Der Begründung des angegriffenen Bescheides lässt sich insoweit entnehmen, dass der Antragsgegner die Interessen der Antragstellerin mit dem für einen sofortigen Vollzug streitenden öffentlichen Interesse abgewogen hat. Der Antragsgegner hat ausgeführt, dass einerseits der Antragstellerin die wirtschaftliche Existenzgrundlage entzogen werde, andererseits aber angesichts der Höhe ihrer Verpflichtungen und des Gesamteindrucks ihres „Geschäftsgebarens“ nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Zahlungsrückstände weiter anwüchsen. Die Ausführungen stellen sich als einzelfallbezogen und nicht nur formelhaft dar, was auch durch die Bezugnahme auf die der Antragstellerin konkret zur Last gelegten Vorwürfe deutlich wird. Der Antragsgegner hat zu erkennen gegeben, dass er die genannten öffentlichen Interessen als gegenüber den privaten Interessen der Antragstellerin höherwertig ansieht. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin einwendet, die Gründe für die Anordnung der sofortigen Vollziehungen wiederholten lediglich die Gründe für den Erlass der Verfügung, genügt eine Identität des Interesses am Erlass des Bescheids und an dessen sofortiger Vollziehbarkeit insbesondere in Fällen einer Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden (Schoch, in: ders./Schneider, Verwaltungsrecht, Stand: August 2022, § 80 VwGO, Rn. 216b m.w.N.).

2. Das Gericht kann nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs oder einer Klage in Fällen, in denen die Behörde die sofortige Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet hat (hier hinsichtlich Ziffer 1 bis 4 des angefochtenen Bescheids), wiederherstellen und in Fällen, in denen einem Rechtsbehelf die aufschiebende Wirkung von vornherein nicht zukommt (hier gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 16 VwVGBbg hinsichtlich Ziffer 6) anordnen. Voraussetzung hierfür ist, dass sich aufgrund der vom Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung, bei der die Erfolgsaussichten in der Hauptsache in den Blick zu nehmen sind, ein gegenüber dem öffentlichen Vollzugsinteresse überwiegendes Aussetzungsinteresse des Betroffenen ergibt. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

a) Rechtsgrundlage für die unter Ziffer 1 des Bescheides vom 11. November 2022 verfügte Untersagung des von der Antragstellerin ausgeübten Gewerbes als Bestatterin, vor deren Erlass gemäß § 35 Abs. 4 GewO die dort aufgeführten Stellen ordnungsgemäß angehört wurden, ist § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO. Nach dieser Vorschrift ist die Ausübung eines Gewerbes ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist.

aa) Gewerberechtlich unzuverlässig ist, wer nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird. Tatsächliche Anhaltspunkte für die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit bestehen insbesondere bei einem Gewerbetreibenden mit erheblichen Steuer- oder sonstigen öffentlich-rechtlichen Zahlungsrückständen oder bei Straftaten im Zusammenhang mit der gewerblichen Betätigung. Überschuldung und wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit begründen grundsätzlich die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden. Anderes kann nur gelten, wenn der Gewerbetreibende nicht zahlungsunwillig ist und trotz seiner Schulden nach einem sinnvollen und Erfolg verspre-chenden Sanierungskonzept vorgeht (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. April 2015 – 8 C 6.14 –, juris Rn. 14; Beschluss vom 9. April 1997 – 1 B 81.97 –, juris Rn. 5; OVG Münster, Beschluss vom 15. Januar 2020 – 4 B 468/19 –, juris Rn. 17; Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO, 9. Aufl. 2020, § 35 Rn. 29 ff.).

Für die erforderliche Prognose zur Feststellung der Unzuverlässigkeit ist aus den bereits vorhandenen tatsächlichen Umständen auf ein wahrscheinliches zukünftiges Verhalten des Gewerbetreibenden zu schließen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Unzuverlässigkeit ist wegen der Möglichkeit der Wiedergestattung des Gewerbes nach § 35 Abs. 6 GewO der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung; die nachträgliche Entwicklung der tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere auch eine Minderung von Verbindlichkeiten, bleibt außer Betracht (BVerwG, Urteil vom 15. April 2015, a.a.O., Rn. 15; Beschluss vom 9. April 1997, a.a.O., Rn. 7; VGH München, Beschluss vom 23. Oktober 2012 – 22 ZB 12.888 –, juris Rn. 15).

bb) Die nach diesen Maßstäben vorzunehmende Prognose fällt zu Lasten der Antragstellerin aus. Ihre gewerberechtliche Unzuverlässigkeit folgt aus der Zusammenschau der bei Erlass des Bescheids vom 11. November 2022 gegebenen Tatsachen.

(1) Zu berücksichtigen sind hierbei die offenen Gebührenforderungen bei der Stadt ... in Höhe von 5.221,86 Euro und die Steuerrückstände gegenüber dem Finanzamt ... in Höhe von ca. 19.000 Euro, wobei unerheblich ist, dass die Festsetzung der Steuerschuld auf Schätzungen beruht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. Februar 1994 – 1 B 9/94 –, juris Rn. 3 m.w.N.). Denn die Antragstellerin als Steuerschuldnerin hat es selbst in der Hand, durch die ordnungsgemäße Abgabe von Steuererklärungen und -anmeldungen eine verlässliche und zutreffende Grundlage für die Steuerfestsetzung zu liefern. Vielmehr zeugen die in diesem Zusammenhang angebrachten Schuldzuweisungen auf Dritte von fehlendem, aber für die gewerbliche Betätigung erforderlichem Verantwortungsbewusstsein. Im Übrigen kommt es auf den Grund der Entstehung von Schulden und für die Unfähigkeit zur Erfüllung der Zahlungspflicht nicht an (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Dezember 2014 – 8 PKH 7/14 –, juris Rn. 4; Ennuschat, in: ders./Wank/Winkler, Gewerbeordnung, 9. Aufl. 2020, Rn. 34).

Der Umstand, dass es der Antragstellerin im Verlauf des Verwaltungsverfahrens gelungen ist, erhebliche Rückstände – etwa die offenen Gebührenforderungen bei der Stadt ... von 7.448,86 Euro im Februar 2022 auf 5.221,86 Euro im Oktober 2022 zu verringern, steht der prognostischen Annahme ihrer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit nicht entgegen. Zwar kann von einer gänzlichen Zahlungsunfähigkeit der Klägerin nicht ausgegangen werden – auf diesen Aspekt ist der angefochtene Bescheid auch nicht gestützt –, ihre gewerberechtliche Unzuverlässigkeit folgt indes daraus, dass sie nicht in der Lage ist, ihren steuerrechtlichen und gebührenrechtlichen Zahlungsverpflichtungen in Gänze nachzukommen. Vielmehr belegen die Zahlungsrückstände der Antragstellerin, dass sie nur in der Lage ist, Rückstände punktuell auszugleichen, während anderweitige offene Forderungen nicht erfüllt werden. So reduzierte sie zwar seit Februar 2022 – wie dargelegt – die angelaufenen Friedhofs- und Krematoriumsgebühren bei der Stadt .... Sie war aber nicht imstande, zugleich ihre Steuerschulden zu mindern. Ausweislich der Ausführungen in der Antragsschrift vom 21. November 2022 betragen diese ca. 19.000 Euro und sind damit seit Abgabe des Vermögensverzeichnisses am 1. Februar 2022 unverändert hoch. Soweit die Antragstellerin hervorhebt, die ursprüngliche Steuerschuld habe bei ca. 30.000 Euro gelegen (vgl. die hiervon abweichende Angabe in der undatierten „Stellungnahme zum Verfahren der Gewerbeuntersagung“: 27.000 Euro), wobei sich nur vermuten lässt, dass diese aus den Jahren ab 2015 stammen, ist nicht dargelegt, über welchen Zeitraum und in welcher Regelmäßigkeit die Tilgung erfolgte. Vielmehr lassen die in den Verwaltungsvorgängen vorhandenen Überweisungsbelege auf nur punktuelle Zahlungen schließen. Insgesamt offenbart das Zahlungsverhalten der Antragstellerin ein strukturelles Defizit ihrer Finanzkraft, die nicht zur ordnungsmäßigen Begleichung aller öffentlich-rechtlichen Forderungen ausreicht. Bestätigt wird der gewonnene Eindruck auch durch die E-Mail der Antragstellerin vom 30. März 2021, in der sie der Vollstreckungsbehörde mitteilt, die offenen Friedhofs- und Krematoriumsgebühren – wohl entgegen der Erwartung – nicht beglichen zu haben und nur in der Lage zu sein, monatliche Raten in Höhe von 100 Euro zahlen zu können.

Verlässliche Anzeichen einer Besserung ergeben sich nicht schon aus Sanierungsbemühungen, vielmehr ist die Vorlage eines tragfähigen Sanierungskonzeptes notwendig. Tragfähig in diesem Sinne ist nur ein Konzept, das eine erfolgreiche Abtragung der aufgelaufenen Steuerrückstände und das Nichtentstehen neuer Steuerschulden erwarten lässt (Ennuschat, a.a.O., Rn. 58 m.w.N.). Insofern sind konkrete und belastbare Angaben erforderlich, die eine absehbare und nachhaltige Rückführung der öffentlich-rechtlichen Forderungen erkennen lassen (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. August 2010 – OVG 1 S 188.09 –, juris Rn. 7). Um die Tragfähigkeit prüfen zu können, muss das Sanierungskonzept einschließlich der finanziellen Verhältnisse, der laufenden Einnahmen und Ausgaben sowie Verbindlichkeiten offengelegt werden (Ennuschat, a.a.O., Rn. 70 m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt der von der Antragstellerin im Verwaltungsverfahren vorgelegte „Sanierungsplan“ offenkundig nicht. Er verhält sich zu den vorstehenden Angaben überhaupt nicht, sodass nicht nachvollziehbar ist, ob die Antragstellerin in Zukunft in der Lage sein wird, ihre Schulden zurückzuführen.

Die in der Antragsschrift dargelegten zusätzlichen Sanierungsbemühungen sind daher nicht näher auf ihre Nachhaltigkeit zu prüfen. Zudem entsprechen auch die dahingehenden Ausführungen nicht den genannten Darlegungsanforderungen an die Schlüssigkeit des Konzepts, sondern widersprechen gar den Angaben im Sanierungsplan. Während letzterem zufolge die öffentlich-rechtlichen Zahlungsrückstände vollständig bis zum „1.8.2023“ beglichen werden sollten, trägt die Antragstellerin nunmehr vor, ein „vollständiger Abbau“ ihrer Schulden sei „im Jahr 2024“ beabsichtigt. Vor diesem Hintergrund sind auch etwaige nach Erlass des Bescheids geleistete Zahlungen nicht zu beachten (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. April 2017 – OVG 1 N 49.15 –, juris Rn. 7 f.). Soweit im Sanierungsplan „eventuelle Sofortzahlungen zur Vermeidung der Untersagung“ als Maßnahme aufgeführt sind, führt die zeitweilige Reduzierung von Zahlungsrückständen nur unter dem Druck des Untersagungsverfahrens ohnehin nicht zum Wegfall der Unzuverlässigkeit
(Ennuschat, a.a.O., Rn. 58).

(2) Der Antragsgegner hat die Unzuverlässigkeit der Antragstellerin zu Recht auch auf die Straftat wegen Betrugs in Tateinheit mit Urkundenfälschung gestützt. Eine zeitliche Grenze für die Heranziehung von Straftaten setzt nur das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG. Nach dieser Bestimmung dürfen die Tat und die Verurteilung dem Betroffenen im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu seinem Nachteil verwertet werden, wenn die Eintragung über eine Verurteilung im Register getilgt worden oder zu tilgen ist (Landmann, a.a.O., Rn. 41). Im Übrigen sind u.a. Zeitablauf, Schwere der Tat, Intensität des Gewerbebezuges und späteres Verhalten des Gewerbetreibenden zu berücksichtigen (Ennuschat, a.a.O., Rn. 44; VGH Bayern, Beschluss vom 5. März 2014 – 22 ZB 12.2174 –, juris Rn. 34). Auch ein einmaliger Verstoß gegen Strafgesetze kann die Unzuverlässigkeit indizieren, wenn es sich um ein gravierendes Delikt handelt (Ennuschat, a.a.O., Rn. 39; VG Bremen, Urteil vom 29. November 2018 – 5 K 1224/18 –, juris Rn. 17; OVG Münster, Beschluss vom 16. Juni 2016 – 4 B 1401/15 –, juris Rn. 10 f.).

Hiervon ausgehend durfte der Antragsgegner den der Verurteilung durch das Amtsgericht ... vom 23. Januar 2019 zugrunde liegenden Sachverhalt bei der Beurteilung ihrer Zuverlässigkeit einstellen. Ausweislich der Feststellungen des Amtsgerichts ... hat die Antragstellerin im August 2017 der Witwe eines Verstorbenen eine Seebestattung in Rechnung gestellt, die in der genannten Form nicht stattgefunden hat, und hat zur Bestätigung der Bestattung ein Dokument „total“ gefälscht. Bereits das durch das Amtsgericht ... verhängte Strafmaß – Geldstrafe von 120 Tagessätzen –, das hinsichtlich der Anzahl der Tagessätze durch das Landgericht ... mit Urteil vom 8. August 2019 bestätigt wurde, belegt die Schwere des Rechtsverstoßes, der mangels Tilgung bzw. Tilgungsreife (vgl. § 46 Abs. 1 Nr. 4 BZRG) auch herangezogen werden darf. Besonders gewichtig ist der Umstand, dass die Tat bei Ausübung der gewerblichen Tätigkeit verübt worden ist und damit in direktem Bezug hierzu steht. Hinzu kommt, dass ausweislich der Feststellungen des Landgerichts ... der Verbleib der Asche des Verstorbenen ungeklärt blieb. Das Verhalten der Antragstellerin zeigt, dass sie ihre finanziellen Interessen über ihre Verpflichtungen zur ordnungsgemäßen Ausübung ihres Bestattungsgewerbes stellt und lässt ferner auf einen Charakter schließen, der – obwohl seit Begehung der Tat mehr als fünf Jahre vergangen sind – die negative Zukunftsprognose trägt. Nach alledem kann offen bleiben, inwiefern die weiteren, von der Antragstellerin ausweislich der Auskunft aus dem Bundeszentralregister vom 6. Januar 2022 verübten zahlreichen Straf-, insbesondere Betrugstaten, die sämtlich verwertbar sind (vgl. § 47 Abs. 3 BZRG), die Prognose ihrer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit bestätigen.

cc) Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ist die Ausübung des Gewerbes bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen zu untersagen. Ein Ermessensspielraum steht der zuständigen Behörde insoweit grundsätzlich nicht zu. Die Gewerbeuntersagung ist auch nicht unverhältnismäßig. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine den gesetzlichen Anforderungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO entsprechende Gewerbeuntersagung allenfalls in extremen Ausnahmefällen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen kann (BVerwG, Beschluss vom 19. Januar 1994 – 1 B 5/94 –, juris Rn. 8; Beschluss vom 9. März 1994 – 1 B 33.94 –, juris Rn. 3). Anhaltspunkte für das Vorliegen eines solchen extremen Ausnahmefalls sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.

b) Die in Ziffer 2 des angefochtenen Bescheids aufgegebene Einstellung der in Ziffer 1 näher beschriebenen gewerblichen Tätigkeit ist ebenfalls von § 35 Abs. 1 GewO gedeckt. Die Einstellung des Gewerbes ist Rechtsfolge der vollziehbaren Untersagungsverfügung.

c) Die unter Ziffer 3 des angefochtenen Bescheides verfügte Aufforderung, das Gewerbe abzumelden, ist ebenfalls rechtmäßig. Rechtsfehler lässt die auf § 14 GewO gestützte Aufforderung nicht erkennen und werden von der Antragstellerin auch nicht aufgezeigt.

d) Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner in Ziffer 4 des Bescheids eine erweiterte Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO ausgesprochen hat. Danach kann die Untersagung auf alle anderen Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Gewerbetreibende für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Wie vorstehend dargelegt, muss sich die Antragstellerin die Verletzung insbesondere ihrer steuerrechtlichen Verpflichtungen entgegenhalten lassen. Diese Verpflichtungen gelten für jedes Gewerbe und beziehen sich nicht nur auf eine bestimmte bzw. die konkret von der Antragstellerin ausgeübte gewerbliche Tätigkeit. Vielmehr ist auch insoweit die Prognose gerechtfertigt, dass sie schlechthin, also für alle Gewerbe unzuverlässig ist, weil erwartet werden muss, dass sie in Zukunft auch jedes andere Gewerbe nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprechend führen wird. Entsprechendes gilt hinsichtlich der von ihr verübten Straftat. Bei Vermögensdelikten ist der geforderte Gewerbebezug generell für alle Gewerbezweige zu bejahen (vgl. VGH München, Urteil vom 20. Februar 2014 – 22 BV 13.1909 – juris Rn. 28; VG Würzburg, Urteil vom 22. Juli 2020 – W 6 K 20.380 –, juris Rn. 36; Ennuschat, a.a.O., Rn. 38). Es liegt auf der Hand, dass die Redlichkeit des Wirtschaftsverkehrs ganz erheblich gefährdet ist, wenn Personen, die vor betrügerischen Handlungen nicht zurückschrecken, als selbständige Gewerbetreibende oder als Vertretungsberechtigte eines anderen Gewerbetreibenden tätig werden.

Das ihm insoweit eingeräumte Ermessen hat der Antragsgegner erkannt und ausgeübt. Dass er sich von sachwidrigen Erwägungen hätte leiten lassen, ist nicht ersichtlich.

e) Das öffentliche Interesse an der sofortigen Beachtung der angefochtenen Verfügung überwiegt das private Interesse der Antragstellerin, ihre gewerbliche Betätigung vorläufig fortzuführen. Das besondere Vollzugsinteresse besteht hier darin, dass bei einer Weiterführung der gewerblichen Tätigkeit der Antragstellerin in dem Zeitraum, der bis zur Bestandskraft der Gewerbeuntersagung regelmäßig verstreichen kann, die Schulden bei öffentlich-rechtlichen Gläubigern weiter ansteigen könnten.

f) Schließlich unterliegt die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 6 des Bescheides keinen Bedenken. Sie findet ihre rechtliche Grundlage in §§ 27 Abs. 2 Nr. 1, 28, 30 VwVGBbg. Ermessensfehler bei der Auswahl des Zwangsmittels sind nicht ersichtlich. Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes von 500 Euro ist angesichts des gesetzlichen Rahmens von 10 bis 50.000 Euro (§ 30 Abs. 2 Satz 1 VwVGBbg) nicht zu beanstanden.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

4. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 53 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG. Die Kammer sieht in Anlehnung an die Ziffern 54.2.1 und 54.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit den Streitwert mangels anderweitiger Anhaltspunkte mit einem Wert von 15.000 Euro für die Untersagung des ausgeübten Gewerbes als angemessen an, wobei dieser Betrag um 5.000 Euro für die erweiterte Gewerbeuntersagung zu erhöhen ist. Dieser Betrag ist in Ansehung der vorläufigen Regelung zu halbieren. Die Regelungen in Ziffer 2, 3 und 6 im angefochtenen Bescheid bleiben bei der Bestimmung des Streitwerts außer Betracht.