Gericht | VG Cottbus 1. Kammer | Entscheidungsdatum | 08.12.2022 | |
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Aktenzeichen | VG 1 K 838/19 | ECLI | ECLI:DE:VGCOTTB:2022:1208.1K838.19.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 18 Abs 1 S 1 GemFinAusglG BB, § 119 KomVerf BB, § 122 Abs 2 S 2 - 3 KomVerf BB, § 130 Abs. 1, 2 KomVerf BB, § 131 Abs 1 S 1 KomVerf BB, § 3 Abs 4 KomVerf BB, § 1 Abs 1 S 4 BekanntmV, § 130 Abs 2 KomVerf BB, § 72 Abs 1 S1 KomVerf BB |
Der Kreisumlagenbescheid des Beklagten für das Jahr 2019 vom 04. April 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Mai 2019 wird aufgehoben, soweit der Beklagte eine allgemeine Kreisumlage in Höhe von 2.692.658,88 € erhoben hat.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist für die Klägerin hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 23.000,00 € vorläufig vollstreckbar.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Kreisumlage des Haushaltsjahres 2019.
Am 13. Juli 2018 gab der Kämmerer des Landkreises D ... den Abteilungsleitern Gelegenheit, sich zum geplanten Doppelhaushalt 2019/2020 zu äußern.
Der Finanzplan ab 2017 mache deutlich, dass die im Bereich laufender Verwaltungstätigkeit geplanten hohen Überschüsse den jeweiligen Investitionsbedarf nicht deckten und dass der danach erforderliche Rückgriff auf angesparte liquide Mittel letztlich zu einer konstanten Verschlechterung der Liquidität des Landkreises führe. Der Zahlungsmittelbestand werde sich zum Ende des Haushaltsjahres 2018 – ohne Berücksichtigung der Baukosten für den Neubau des Gymnasiums S ... – um etwa 12 Mio. € verringern.
Am 13. August 2018 ersuchte der Kämmerer die Kommunalaufsicht, auf der Grundlage der dort vorliegenden Haushalts- und Jahresabschlussunterlagen der Städte und Gemeinden jeweils die Daten des Ergebnishaushalts (ordentliches und außerordentliches Ergebnis) und des Finanzhaushaltes (Salden der laufenden Verwaltungstätigkeit, der Investitionstätigkeit und der Finanzierungstätigkeit) der Haushaltsjahre 2017/2018 sowie hinsichtlich des Jahresabschlusses 2016 bzw. des letzten aktuellen Jahresabschlusses den Bestand der Rücklagen und den Kassenbestand zum 31. Dezember 2017 mitzuteilen. Der Finanzbedarf der Kommunen sei bei der Festsetzung der Kreisumlage in die Abwägung einzubeziehen und die Daten könnten nur mit einem erheblichen personellen und zeitlichen Aufwand beschafft werden.
Die offenbar von der Kommunalaufsicht vorgelegten Übersichten zu den Planansätzen der verzeichneten 37 Städte, Gemeinden und Ämtern, darunter 16 „finanzschwache“ Kommunen, für die Haushaltsjahre 2017 und 2018 datieren vom 24. August 2018.
Die Übersicht des Haushaltsjahres 2018 beinhaltet die Rubriken „ordentliches Jahresergebnis“, „Rücklage ordentliches Ergebnis/Ergebnis mit Fehlbeträgen aus Vorjahren“, „Saldo Verwaltungstätigkeit“, „Saldo Investitionstätigkeit“, „Finanzmittelfehlbedarf“, „Saldo Finanzierungstätigkeit“, „Bedarfsdeckungslücke“, „SZW/EW“ [offenbar: Schlüsselzuweisung/Einwohner], „Steuerkraft/EW“ und „KU/EW“ [wohl: Kreisumlage/Einwohner]. Für 8 Gemeinden sind nur teilweise Daten aufgeführt.
Die Übersicht des Jahres 2017 beinhaltet die Rubriken: „ordentliches Jahresergebnis (originär)“, „außerordentliches Ergebnis (originär)“, „Saldo Verwaltungstätigkeit“, „Saldo Finanzierungstätigkeit“, „Rücklage ordentliches Ergebnis/Ergebnis mit Fehlbeträgen aus Vorjahren“ und „Rücklage außerordentliches Ergebnis/Ergebnis mit Fehlbeträgen aus Vorjahren“.
Der Beklagte stellte den Entwurf der Haushaltssatzung für die Haushaltsjahre 2019/2020 am 26. Oktober 2018 fest. Im Amtsblatt für den Landkreis D ... Nr. 30 vom 16. November 2018 wies er auf die Möglichkeit der Einsichtnahme in dem Zeitraum 19. November 2018 - 20. Dezember 2018 und auf die Möglichkeit hin, Einwendungen hiergegen zu erheben. Die kreisangehörigen Kommunen erhoben keine Einwendungen.
Der Kämmerer erläuterte den Entwurf der Haushaltssatzung im November 2018 in den Ausschüssen für Bauen und Umwelt, für Gesundheit und Soziales, für Bildung, Sport und Kultur, für Jugendhilfe, für Wirtschaft, Landwirtschaft und Tourismus und für Finanzen, öffentliche Ordnung und Sicherheit mittels einer „Power-Point-Präsentation“, die als Anlage zu den Sitzungsniederschriften genommen wurde; in den Ausschüssen wurde darum gebeten, die Präsentation den Ausschussmitgliedern zur Verfügung zu stellen.
Der Präsentation nach schließt der Ergebnishaushalt in der Rubrik Zuwendungen/Umlage (Kreisumlage, Rückfluss Finanzausgleichsumlage und KiKo-Pauschale beitragsfreies Jahr) 2019 mit einem Überschuss von 19,3 Mio. €, 2020 mit einem Überschuss von 12,5 Mio. €; weitere Angaben zur Kreisumlage enthält die Präsentation nicht.
Die Höhe der Kreisumlage war Gegenstand der Erörterung in den Ausschüssen für Gesundheit und Soziales, für Jugendhilfe und für Wirtschaft, Landwirtschaft und Tourismus. Darüber hinaus wurde der Entwurf der Haushaltssatzung den Hauptverwaltungsbeamten der kreisangehörigen Kommunen – so auch dem Bürgermeister der Klägerin – am 04. Dezember 2018 ebenfalls im Rahmen einer „Power-Point-Präsentation“ erläutert.
Der Kämmerer fertigte am 07. Januar 2019 einen Aktenvermerk zur Festsetzung des Kreisumlagehebesatzes für das Haushaltsjahr 2019, der in seinen wesentlichen Teilen in den Vorbericht zur Haushaltssatzung für die Haushaltsjahre 2019/2020 übernommen wurde. In dem Vermerk heißt es im Wesentlichen:
„…Der Landkreis soll bei der Festsetzung des Kreisumlagehebesatzes nicht nur den eigenen Finanzbedarf, sondern auch denjenigen der umlagepflichtigen 37 Städte und Gemeinden berücksichtigen. Insofern erfolgte mit dem vorliegenden Vermerk sowohl eine Prüfung des Finanzbedarfs der Städte und Gemeinden als auch eine Prüfung des Finanzbedarfs des Landkreises. Der Inhalt des Vermerkes ist in den Vorbericht zum Haushaltsplan 2019/2020 aufzunehmen (...)
Insgesamt wird für die Umlagegrundlagen der Kreisumlage 2019 (kommunale Steuereinnahmen 2017 und Schlüsselzuweisungen 2019) ein Anstieg um 28,2 Mio. € auf 356,9 Mio. € berechnet. Die Kommunen profitieren künftig i.H.v. 21 % bzw. 22 % von den geschätzten Mehreinnahmen des Landes. Für das Jahr 2019 wird mithin eine Erhöhung der gemeindlichen kommunalen Schlüsselzuweisungen erwartet; was letztlich die Finanzausstattung der Kommunen verbessert wird (vgl. Abbildung 3). (…) Die Steuerkraft der Städte und Gemeinden ist 2017 gegenüber 2016 insgesamt um ca. 43 Mio. € (ca. +15 %) gestiegen (vgl. Abbildung 4). Für die Jahre 2018 ff. wird ein weiterer Anstieg prognostiziert. Die Entwicklung der Steuerkraft ist dabei im Landkreis im Jahr 2017 sehr unterschiedlich verlaufen. So verzeichnete beispielsweise die Stadt G ... mit + 69 %, die Gemeinde G ... mit + 37 % und die Gemeinde S ... mit 30 % die prozentual stärksten Zuwächse; den nominell höchsten Zuwachs mit 33,3 Million € weist die Gemeinde S ... auf. Dagegen ist beispielsweise in der Gemeinde J ... mit - 52 %, in der Gemeinde A ... mit - 8 %, in der Gemeinde S ... mit - 8 % und in der Gemeinde B ... mit -5 % die Steuerkraft gegenüber dem Vorjahr gesunken…“
Es schließt sich eine Übersicht an, die, nach Gemeinden und Städten geordnet, die Steuerkraft 2017, die Steuerkraft 2017 je Einwohner, die Höhe der Schlüsselzuweisungen 2019 und die Höhe der Schlüsselzuweisungen 2019 je Einwohner auflistet. Schließlich finden sich unter 3. umfangreiche Übersichten und Ausführungen zu der Haushaltslage der Kommunen. Eine umfassende Feststellung des Finanzbedarfs aller Städte und Gemeinden unter Heranziehung von aktuellen Jahresabschlüssen sei nicht möglich gewesen, da nur wenige Kommunen über einen nahezu aktuellen Jahresabschluss verfügten. Zur Ermittlung des Kommunalfinanzbedarfs hätten daher die Haushaltsplanungen der Städte und Gemeinden für das Haushaltsjahr 2018 herangezogen werden müssen. Dabei sei zu beachten, dass die angegebenen Rücklagenbestände teilweise nicht valide nachgewiesen seien.
Im Nachgang zu der Stellungnahme der Fraktionen des Kreistages schlüsselte der Kämmerer des Weiteren die Entlastung der Kommunen bei einem Kreisumlagesatz von 36 v. H. gegenüber einem fiktiven Satz von 38 v. H. auf.
Der Kreisausschuss billigte den Entwurf der Haushaltssatzung 2019/2020 am 13. Februar 2019; am 27. Februar 2019 stimmte ihm auch der Kreistag mehrheitlich zu. Mit § 4 Abs. 1 S. 2 der Haushaltssatzung des Landkreises D ... für die Haushaltsjahre 2019 und 2020 (Haushaltssatzung 2019/2020 – nachfolgend vereinfachend: HhS 2019/2020) setzt der Landkreis D ... den Umlagesatz der Kreisumlage zur Deckung des durch sonstige Einnahmen nicht gedeckten Finanzbedarfs (mit Ausnahme der Schulkostenbeiträge) für das Jahr 2019 auf 36 v. H. und für das Jahr 2020 auf 37 v. H. der Umlagegrundlagen fest. Der – im Internet zugängliche — Vorbericht zur Haushaltssatzung nimmt auf den Seiten 20, 22 sowie 24 – 30 zur Kreisumlage und zu den Abwägungsgrundlagen für den Umlagesatz Stellung; auf die Einzelheiten wird Bezug genommen.
Die Haushaltssatzung wurde am 28. Februar 2019 vom Landrat ausgefertigt und im Amtsblatt für den Landkreis D ... Nr. 5 vom 01. März 2019 sowie – nach Erteilung der nach § 73 Abs. 4 S. 1 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg (BbgKVerf) erforderlichen Genehmigung durch das Ministerium des Innern und für Kommunales mit Schreiben vom 01. November 2019 – auf Grund einer weiteren Bekanntmachungsanordnung des Beklagten vom 13. November 2019 nochmals im Amtsblatt für den Landkreis D ... Nr. 30 vom 15. November 2019 bekannt gemacht.
Mit „Kreisumlagebescheid für das Jahr 2019“ vom 04. April 2019 erhob der Beklagte von der Klägerin auf der Grundlage des § 18 des Gesetzes über den allgemeinen Finanzausgleich mit den Gemeinden und Gemeindeverbänden im Land Brandenburg (BbgFAG) i. V. m. § 130 Abs. 1 BbgKVerf sowie § 4 Abs. 1 HhS 2019/2020 eine Kreisumlage i. H. v. 2.692.658,88 €, unter Berücksichtigung einer Mehrbelastung für Schulkostenbeiträge nach § 4 Abs. 2 HhS 2019/2020 i. H. v. 115.035,75 € insgesamt 2.807.694,63 €. Hierbei legte er 36,0 v. H. der Umlagegrundlage – der Steuerkraftmesszahl 2019 i. H. v. 5.273.254,00 € zuzüglich der Schlüsselzuweisung 2019 i. H. v. 2.206.354,00 € – zugrunde.
Die Klägerin erhob gegen den ihr am 09. April 2019 zugestellten Bescheid am 09. Mai 2019 Widerspruch mit der Begründung, der Umlagesatz sei rechtsfehlerhaft ermittelt worden.
Der Landkreis habe zum einen mehr als seinen notwendigen Finanzbedarf in die Berechnung eingestellt, weil er unter Verstoß gegen die normative Verknüpfung zwischen dem umzulegenden Bedarf und der Aufgabenerfüllung nach § 130 Abs. 1 BbgKVerf mit der Kreisumlage Aufgaben außerhalb seines Zuständigkeitsbereiches finanziere. Das ergebe sich aus dem Förderbereich 2 unter Nr. 1.3 der Richtlinie des Landkreises D ... über die Gewährung von Zuweisungen für Strukturmaßnahmen und besondere Bedarfe (Strukturfondsrichtlinie). Es gehöre nach § 85 Abs. 1 S. 1 und § 82 Abs. 1 S. 1 BbgKVerf zu den gemeindlichen Kernaufgaben, die Eröffnungsbilanzen und Jahresabschlüsse zu erstellen. Eine Finanzierung dieser Aufgaben über die Kreisumlage sei insbesondere auch deshalb rechtswidrig, weil die doppische Haushaltswirtschaft des § 63 Abs. 3 BbgKVerf nach § 141 Abs. 16 BbgKVerf a. F. bereits für das Haushaltsjahr 2011 verpflichtend sei. Darüber hinaus verstoße die Ausgestaltung der Zuwendungsvoraussetzungen in der Strukturfondsrichtlinie gegen das aus Art. 28 Abs. 2 GG resultierende Gebot der interkommunalen Gleichbehandlung und Systemgerechtigkeit, weil nicht nur finanzschwache Gemeinden begünstigt würden. Die Kreisumlage sei aber auch deshalb zu hoch bemessen, weil der Landkreis zwischen 2008 und 2017 eine Rücklage aus Überschüssen i.H.v. 78,7 Mio. € aufgebaut habe und er bis zum 31. Dezember 2018 sogar mit einem Anwachsen auf 81,9 Mio. € kalkuliere.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit einem am 24. Mai 2019 zugestellten Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 2019 als unbegründet zurück.
Die ausschließlich beanstandete allgemeine Kreisumlage sei rechtmäßig. Die Klägerin könne sich nicht mehr darauf berufen, dass ihr Finanzbedarf im Zuge der Abwägungen des Kreistages nicht hinreichend berücksichtigt worden sei, weil der Entwurf der Haushaltssatzung nicht nur den Bürgermeistern und Amtsdirektoren der kreisangehörigen Kommunen ausführlich erläutert worden sei, sondern der Entwurf auch öffentlich ausgelegen habe, ohne dass Einwendungen erhoben worden seien. Die Umlagegrundlagen schließlich seien nach § 18 Abs. 2 S. 2 BbgFAG vom Ministerium der Finanzen mit Bescheid vom 27. Februar 2019 bekannt gemacht worden.
Zwar sei bei der Festsetzung des Hebesatzes eine valide Feststellung des Finanzbedarfs der 37 kreisangehörigen Städte und Gemeinden aufgrund aktuell fehlender Jahresabschlüsse „nur eingeschränkt“ möglich gewesen; es hätten die Haushaltsplanungen für das Haushaltsjahr 2018 herangezogen werden müssen und die in den Haushaltsplänen ausgewiesenen Rücklagen und Fehlbeträge hätten teilweise nicht nachgewiesen werden können. Auf Grund des „daraus erkennbaren Finanzbedarfes“ der Kommunen sei der Kreisumlagehebesatz jedoch von 38 v. H. auf 36 v. H. abgesenkt und die Kommunen seien um ca. 7,1 Mio. € entlastet worden; lediglich aufgrund der überdurchschnittlichen Steigerung der Steuereinnahmen 2017 und der Schlüsselzuweisungen 2019 hätten sie bei reduziertem Kreisumlagesatz mehr nominelle Kreisumlage zahlen müssen.
Hinsichtlich des Finanzbedarfes des Landkreises seien im Bereich der laufenden Verwaltungstätigkeit Überschüsse in Höhe von insgesamt 117 Mio. € geplant, um den Investitionsbedarf in Höhe von ca. 165 Mio. € decken zu können. Die Absenkung des Hebesatzes führe in den Jahren 2019 - 2023 zu einem erheblichen Rückgang der angesparten liquiden Mittel.
Die finanzielle Leistungsfähigkeit der kreisangehörigen Städte und Gemeinden differiere erheblich und der Landkreis sei befugt, nicht ausreichend leistungsfähige Gemeinden, etwa durch Investitionszuschüsse, zu unterstützen. Der Kreisstrukturfonds unterliege als Ausgleichsaufgabe nach § 122 Abs. 2 S. 2 BbgKVerf keinen Bedenken. Die Strukturfondsrichtlinie des Landkreises gliederte sich in zwei sich ergänzende Förderbereiche, für die jede kreisangehörige Gemeinde antragsberechtigt und grundsätzlich förderfähig sei. Den Gemeinden, denen der Zugang zum Förderbereich 1 aufgrund eines Rückstandes beim Erstellen der Eröffnungsbilanz und der Jahresabschlüsse verwehrt bleibe, erhielten beratende und personelle Hilfe, um die Rückstände aufholen zu können. Eine Kopplung an die Finanzkraft oder Finanzschwäche einer Gemeinde sei im Förderbereich 2 „nicht vorgesehen“. Auch der Klägerin selbst sei mit Bescheid vom 09. April 2019 aufgrund der Strukturfondsrichtlinie eine Zuwendung zur Erstellung der rückständigen doppischen Bilanzen gewährt worden.
Die Ausführungen zu den Rücklagen des Landkreises seien unzutreffend. Dessen Finanzbedarf lasse sich nicht allein anhand der Höhe der Eigenkapitalrücklage beurteilen. Darüber hinaus seien die stetige Aufgabenerfüllung, der Haushaltsausgleich und die jederzeitige Zahlungsfähigkeit des Landkreises zu sichern. Es bestehe derzeit ein Investitionsbedarf in Höhe von ca. 197 Mio. €. Sofern bei der Festsetzung des Hebesatzes nur auf den Finanzbedarf im Ergebnishaushalt (Haushaltsausgleich) abgestellt werde, reichten die Überschüsse nicht aus, um die jederzeitige Zahlungsfähigkeit des Landkreises zu sichern. Demnach sei auch der Finanzmittelbedarf im Finanzhaushalt zu berücksichtigen gewesen. Trotz der Höhe der Kapitalrücklage weise die aktuelle Haushaltsplanung einen erheblichen Liquiditätsbedarf des Landkreises aus, den die Kreisumlage nicht vollständig decke.
Am 14. Oktober 2019 stellte der Beklagte den Entwurf der ersten Nachtragshaushaltssatzung des Landkreises für die Haushaltsjahre 2019/2020 (Erste Nachtragssatzung 2019/2020) fest. Der Entwurf wurde in der Zeit vom 28. Oktober bis zum 25. November 2019 öffentlich ausgelegt und vom Kreistag am 26. Februar 2020 angenommen. Die Kreisumlage beträgt danach für das Haushaltsjahr 2020 35 v. H. der Umlagegrundlagen.
Die Klägerin hat am 24. Juni 2019 Klage erhoben.
Sie trägt ergänzend im Wesentlichen vor: Der Landkreis habe seine eigenen finanziellen Belange einseitig und rücksichtslos gegenüber denjenigen der kreisangehörigen Städten und Gemeinden bevorzugt. Den Landkreis treffe über § 129 Abs. 1 BbgKVerf hinaus verfassungsrechtlich gebotene Ermittlungs- und Abwägungspflichten zu deren Finanzbedarfen, denen er, wie die Verfahren der Aufstellung der Haushalts- und der Nachtragssatzung zeigten, nicht mit der gebotenen Sorgfalt nachgekommen sei. Das gelte insbesondere vor dem Hintergrund der von Seiten der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verschärften Anforderungen. So sei der Entwurf der Ersten Nachtragssatzung 2019/2020 von etwa 1.100 Seiten erst am 30. Oktober 2019 zur Verfügung gestellt und in einem kurzen Termin mit den Hauptverwaltungsbeamten der kreisangehörigen Kommunen am 04. November 2019 erörtert worden. Vor diesem Hintergrund sei die Abwägungsentscheidung des Kreistages fehlerhaft.
Der Liquiditätsbedarf sei unzulässig auf den mittelfristigen Investitionsbedarf ausgeweitet worden. Der Landkreis berücksichtige nicht, dass er sich des im jeweiligen Haushaltsjahr erwirtschafteten Überschusses bedienen könne, um die Rücklagen wieder aufzubauen. Das werde durch die aktuellen Zahlen bestätigt, denn der 2018 erwirtschaftete Überschuss liege dem Entwurf der Ersten Nachtragssatzung 2019/2020 nach um 13.176.000,00 € über dem ursprünglich prognostizierten Überschuss.
Die Finanzierung des Kreisstrukturfonds sei fehlerhaft in die Berechnung der Kreisumlage eingestellt worden. Der Kreisstrukturfonds sei, wie auch der Landkreis vortrage, nicht nur eine punktuelle Hilfsstellung für schwächere Gemeinden, und die Bedürftigkeit einer Gemeinde sei im Rahmen des Förderbereichs 2 unerheblich. Die Kreisumlage müsse jedoch den allgemeinen Gleichheitssatz auch im Verhältnis der umlagepflichtigen Gemeinden zueinander beachten und die Strukturfondsrichtlinie dürfe nicht dazu führen, Gemeinden zu benachteiligen, die ihre Bilanzen ohne zusätzliche Zuwendung selbst erstellten.
Im Übrigen sei der eigene Finanzbedarf der Gemeinde E ... auf der Grundlage der aktuellen Haushaltsplanungen 2019 fehlerhaft ermittelt worden. Als ordentliches Ergebnis habe der Landkreis einen Überschuss i. H. v. 387.080,00 € berücksichtigt, ihr ordentliches Ergebnis belaufe sich ausweislich der Nachtragssatzung 2019 vom 30. April 2019 jedoch auf lediglich 62.730,00 €. Auch ihr Investitionsbedarf von tatsächlich 28.821.900,00 € statt 18.821.900,00 € sei fehlerhaft ermittelt worden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Kreisumlagenbescheid für das Jahr 2019 vom 04. April 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Mai 2019 aufzuheben, soweit der Beklagte eine allgemeine Kreisumlage in Höhe von 2.692.658,88 € erhoben hat.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen
Die Haushaltssatzung sei formell und materiell rechtmäßig.
Der Landkreis sei zwar verpflichtet, auch den Finanzbedarf der umlagepflichtigen Gemeinden zu ermitteln, weder das Grundgesetz noch die Landesverfassung enthielten jedoch konkrete Vorgaben. Auch § 129 Abs. 1 BbgKVerf sei beachtet worden; der Einwand der Klägerin, ihr habe für die Durchsicht des Entwurfes nur ein Werktag zur Verfügung gestanden, trage nicht, weil der Entwurf länger als ein Monat ausgelegt worden sei. Es lasse sich auch nicht feststellen, dass Belange der Klägerin übersehen worden oder der Landkreis gar seine Interessen „einseitig und rücksichtslos“ über die Interessen der Kommunen gestellt habe. Vielmehr habe sich der Landkreis mit den Belangen, dem Finanzbedarf und der finanziellen Situation der kreisangehörigen Kommunen – nehme man die Erörterungen in den Ausschüssen und im Kreistag, die Rede des Landrates, insbesondere dessen Ankündigung, die Festsetzung der Kreisumlage 2020 überprüfen zu wollen, und den Vorbericht zur Haushaltssatzung zusammen – sorgfältig auseinandergesetzt.
Der Landkreis sei auch berechtigt gewesen, in seinen Finanzbedarf Mittel für den Kreisstrukturfonds einzustellen. Rechtsgrundlage sei § 122 Abs. 2 S. 1 BbgKVerf. Die von der Rechtsprechung für die Wahrnehmung von Ergänzungs- und Ausgleichsaufgaben und ihre Finanzierung über die Kreisumlage entwickelten Beschränkungen seien beachtet worden. In anderen Bundesländern erfolge diese Hilfestellung durch eine – nur dort zulässige – differenzierte Kreisumlage: Durch die Mittel des Förderbereichs 2 solle die Verwaltungskraft der Gemeinden aus den strukturschwächeren Bereichen des Kreisgebietes gestärkt und sie in die Lage versetzt werden, durch Einschaltung externen Sachverstandes die Erstellung von Bilanzen auf der Basis der Doppik nachholen zu können. Der Landkreis nehme eine berechtigte Unterstützungsfunktion wahr und leiste – losgelöst von einem „Gießkannenprinzip“ – individuelle kommunale Hilfe.
Die Behandlung der Rücklagen des Kreishaushaltes sei nach § 77 Abs. 2 BbgKVerf ebenfalls bedenkenfrei. Die Verpflichtung eines Landkreises, eine allgemeine Rücklage zur Bedarfsminderung anzusetzen, bestehe nur, wenn es für eine andere Handhabung keine rechtfertigenden Gründe gebe. Sofern es, wie vorliegend angesichts des Investitionsbedarfs im Infrastrukturbereich von 106 Mio. €, einen Bedarf gebe, eine Rücklage für eine künftige Defizitminderung einzusetzen, sei diese Verfahrensweise jedoch bedenkenfrei. Anhaltspunkte für eine gezielte Erwirtschaftung von Überschüssen gebe es ebenfalls nicht.
Auf gerichtliche Verfügung vom 02. November 2022 ließ der Beklagte zunächst mitteilen, hinsichtlich der Haushaltssatzung 2019/2020 sei „von der Klägerin“ schriftlich keine Verletzung von landesrechtlichen Verfahrens- oder Formvorschriften geltend gemacht worden, § 3 Abs. 4 S. 1 BbgKVerf; auf weiteren gerichtlichen Hinweis ließ er vortragen, dass von Niemandem entsprechende Rügen erhoben worden seien.
Der Kämmerer des Landkreises ist in der mündlichen Verhandlung informatorisch befragt worden. Insoweit wird auf die Niederschrift und hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die von Seiten des Beklagten vorgelegten Unterlagen (2 Hefter, 1 Ordner und 6 Bände Haushalts- und Nachtragshaushaltssatzung und -plan 2019/2020, Beiakten I – IX) Bezug genommen. Sämtliche Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung durch die Kammer.
I. Die Klage ist mit dem Anfechtungsantrag statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Die Klägerin hat ihr Klagebegehren in der mündlichen Verhandlung dahingehend klargestellt, dass sie – wie bereits im Widerspruchsverfahren hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht – lediglich die allgemeine Kreisumlage, nicht aber die Mehrbelastung für die Schulkostenbeiträge angreift.
II. Die Klage ist auch begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 04. April 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Mai 2019 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), soweit er für das Haushaltsjahr 2019 eine allgemeine Kreisumlage gegen die Klägerin festsetzt.
1. Die konkrete Festsetzung der Kreisumlage durch den Beklagten entspricht allerdings den materiell-rechtlichen Vorgaben des Landesrechts und der (nicht aus formellen Gründen unwirksamen) Haushaltssatzung 2019/2020.
Der Landkreis erhebt nach § 130 Abs. 1 BbgKVerf von den kreisangehörigen Gemeinden eine Umlage nach den hierfür geltenden Vorschriften, soweit seine sonstigen Finanzmittel den für die Aufgabenerfüllung notwendigen Finanzbedarf nicht decken. Die Kreisumlage ist für jedes Haushaltsjahr neu festzusetzen, § 130 Abs. 2 BbgKVerf.
Nach § 18 Abs. 1 S. 1 des Brandenburgischen Finanzausgleichsgesetzes vom 29. Juni 2004 (GVBl. I Nr. 12, S.262), dieses zuletzt geändert durch Art. 1 des Siebenten Gesetzes zur Änderung des Brandenburgischen Finanzausgleichsgesetzes vom 18. Dezember 2018 (GVBl. I Nr. 34), wird die Kreisumlage in Hundertsätzen der Umlagegrundlagen – nämlich der Steuerkraftmesszahlen nach § 9 BbgFAG zuzüglich ihrer Schlüsselzuweisungen nach § 6 Abs. 1 BbgFAG und abzüglich der im Ausgleichsjahr fälligen Finanzausgleichsumlage nach § 17a BbgFAG und der Verbandsgemeindeumlage nach § 14 Absatz 2 des Verbandsgemeinde- und Mitverwaltungsgesetzes – festgesetzt, die durch das für Finanzen zuständige Ministerium bekannt gemacht werden, § 18 Abs. 2 S. 1 und 2 BbgFAG.
Unter Berücksichtigung der in dem Ausgangsbescheid benannten Umlagegrundlagen – eine Mitteilung dieser Grundlagen durch das Ministerium der Finanzen findet sich in den vom Beklagten vorgelegten Vorgängen bemerkenswerter Weise nach wie vor nicht – sind Berechnungsfehler weder ersichtlich noch vorgetragen.
2. Die Haushaltssatzung des Landkreises D ... für die Haushaltsjahre 2019/2020 vom 28. Februar 2019 ist den vom Landkreis vorgelegten Unterlagen nach ebenfalls formell wirksam und eine über diese Dokumente hinausgehende Prüfung des wirksamen Erlasses dieser Satzung kommt in Ermangelung eines entsprechenden Vortrags der Klägerin nicht in Betracht. Das Rechtsschutzbegehren der Klägerin zielt auf die Klärung der Frage, ob die Kreisumlage 2019 ihrer Höhe nach auch unter Berücksichtigung der vorgerichtlichen materiell-rechtlichen Rügen Bestand haben kann. Dieses Rechtsschutzziel würde die Kammer aus den Augen verlieren, wenn sie ohne konkretes Vorbringen der Klägerseite und ohne hierzu nach § 86 Abs. 1 S. 1 VwGO verpflichtet zu sein, eine darüber hinausgehende ungefragte Fehlersuche nach formellen Satzungsfehlern betreiben würde (vgl. nur BVerwG, Urt. v. 17. April 2002 – 9 CN 1.01. –, juris Rn. 43 m. w. N.).
2.1 In formeller Hinsicht ist die Haushaltssatzung 2019/2020 wegen einer fehlerhaften Bekanntmachungsanordnung des Landrates zwar rechtsfehlerhaft zustande gekommen. Dieser Fehler ist nach § 3 Abs. 4 BbgKVerf allerdings unbeachtlich geworden.
2.1.1 Nach § 1 Abs. 1 S. 4 der Verordnung über die öffentliche Bekanntmachung von Satzungen und sonstigen ortsrechtlichen Vorschriften in den Gemeinden, Ämtern und Landkreisen (Bekanntmachungsverordnung - BekanntmV) vom 01. Dezember 2000 (GVBl.II/00, [Nr. 24], S.435) bedarf es einer Bekanntmachungsanordnung des Hauptverwaltungsbeamten, die in den Akten schriftlich zu vermerken, zu datieren und mit seiner Unterschrift zu versehen ist.
Es handelt sich hierbei nicht nur um eine sanktionslose Ordnungsvorschrift, sondern um eine wesentliche Verfahrensvorschrift, deren Verletzung grundsätzlich die Ungültigkeit der Satzung zur Folge hat. Die Bekanntmachungsanordnung des Landrates soll sicherstellen, dass der Hauptverwaltungsbeamte die Prüfung der Voraussetzungen und die Entscheidung über die Art und Weise der Bekanntmachung in eigener Verantwortung übernimmt. Sie hat daher nicht nur eine notarielle Funktion, sondern ihr kommt Entscheidungscharakter zu, weil durch sie u. a. festgelegt wird, zu welchem genauen Zeitpunkt die Satzung bekannt gemacht, welche Art der öffentlichen Bekanntmachung (z. B. §§ 1 bis 3 BekanntmV) gewählt wird und in welchem Veröffentlichungsorgan die Bekanntmachung erfolgen soll (so: OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 22. Juni 2011 – OVG 10 A 12.10 –, juris Rn. 23; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. vom 27. Oktober 2011 – OVG 10 A 11.08 –, juris Rn. 34/35; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 15. Mai 2012 – OVG 2 S 106.11 –, juris Rn. 13 m. w. N.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 24. Juni 2014 – OVG 10 S 29.13 –, juris Rn. 10; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 24. Juni 2021 – 2 A 20.19 –, juris Rn. 24).
Die Haushaltssatzung 2019/2020 ist im Amtsblatt für den Landkreis D ... vom 01. März 2019 und – nach Erteilung der Genehmigung durch das Ministerium des Innern am 01. November 2019 – nochmals am 15. November 2019 im Amtsblatt für den Landkreis D ... bekannt gemacht worden.
Die erstgenannte Bekanntmachung ist in diesem Zusammenhang unerheblich, weil eine Haushaltssatzung, die genehmigungspflichtige Teile enthält, erst nach Erteilung der Genehmigung öffentlich bekannt gemacht werden darf, § 67 Abs. 5 S. 4 BbgKVerf. Das ist hier dem Bescheid des Ministeriums des Innern und für Kommunales vom 01. November 2019 nach angesichts der in § 3 der Haushaltssatzung 2019/2020 vorgesehenen Verpflichtungsermächtigungen der Fall und die dem Landkreis gegenüber bestandskräftige Entscheidung ist auch in dem vorliegenden Zusammenhang bindend (zur Verwaltungsaktsqualität der Genehmigung nach § 73 Abs. 4 S. 1 BbgKVerf vgl.: Urt. d. Kammer v. 28. Oktober 2020 – VG 1 K 704/20 –, juris Rn. 69).
Die nochmalige Bekanntmachung der Haushaltssatzung im Amtsblatt für den Landkreis D ... vom 15. November 2019 erfolgte im Anschluss an eine (weitere) Bekanntmachungsanordnung des Landrates vom 13. November 2019, die jedoch den Anforderungen des § 1 Abs. 1 S. 4 BekanntmV nicht entspricht: Die Bekanntmachungsanordnung ordnet in ihrem ersten Absatz die Bekanntmachung der Haushaltssatzung an, o h n e das Veröffentlichungsmittel oder -organ zu bestimmen, und sie enthält in ihrem unmittelbar nachfolgenden zweiten Absatz den von § 67 Abs. 5 S. 3 BbgKVerf geforderten Hinweis auf die Möglichkeit der Einsichtnahme in die Haushaltssatzung.
Die Anordnung ist danach schon deshalb rechtswidrig, weil sie – im Unterschied zu der Bekanntmachungsanordnung vom 28. Februar 2019 – nicht das Bekanntmachungsorgan (etwa das von der Hauptsatzung bestimmte Amtsblatt) bezeichnet, durch das die Bekanntmachung erfolgen soll. Darüber hinaus dürfte sie den rechtlichen Anforderungen auch deshalb nicht entsprechen, weil sie – vor ihrem Abdruck im Amtsblatt für den Landkreis D ... – missverständlich mit ihrem 2. Absatz den unzutreffenden Eindruck erweckt, die Auslegung sei einer Bekanntmachung der Haushaltssatzung entsprechend den Vorgaben der Hauptsatzung des Landkreises gleichzustellen.
2.1.2 Der Bekanntmachungsfehler führt jedoch vorliegend nicht auf die Nichtigkeit der Satzung, weil er nach § 3 Abs. 4 BbgKVerf unbeachtlich geworden ist.
Nach dieser Bestimmung ist eine Verletzung von landesrechtlichen Verfahrens- oder Formvorschriften bei dem Zustandekommen einer Satzung – sofern nicht die Vorschriften über die Genehmigung der Satzung verletzt worden sind (Satz 2) – unbeachtlich, wenn sie nicht schriftlich innerhalb eines Jahres seit der öffentlichen Bekanntmachung der Satzung gegenüber der Gemeinde unter der Bezeichnung der verletzten Vorschrift und der Tatsache, die den Mangel ergibt, geltend gemacht worden ist (Satz 1). Das gilt auch für die Verletzung von landesrechtlichen Verfahrens- oder Formvorschriften über die öffentliche Bekanntmachung, sofern sich die Betroffenen aufgrund der tatsächlich bewirkten Bekanntmachung in zumutbarer Weise verlässlich Kenntnis von dem Satzungsinhalt verschaffen konnten (Satz 3).
Die Rechtswidrigkeit der Bekanntmachungsanordnung ist nicht innerhalb der Frist des § 3 Abs. 4 S. 1 BbgKVerf schriftlich geltend gemacht worden.
Zwar könnte die erste Rückäußerung der Beklagtenvertreter auf die gerichtliche Verfügung vom 02. November 2022 nahelegen, dass zwar nicht die Klägerin, wohl aber unbeteiligte Dritte Rügen gegen die formelle Wirksamkeit der Haushaltssatzung erhoben haben. Hiervon geht das Gericht schon nach Aktenlage jedoch nicht aus, denn, ungeachtet der bereits schriftlichen Klarstellung der Prozessbevollmächtigten des Beklagten, erscheint es angesichts des aus den Akten ersichtlichen Einvernehmens zwischen dem Landkreis und – von der Klägerin und einer weiteren Kommune abgesehen – den kreisangehörigen Gemeinden eher fernliegend, dass sich andere Städte oder Gemeinden gegen die Haushaltssatzung gewandt haben. Es erscheint erst recht fernliegend, dass Bürger die formelle Wirksamkeit einer Haushaltssatzung, die sie nicht unmittelbar betrifft, gegenüber dem Landkreis in Frage gestellt haben. Vor diesem Hintergrund und angesichts der Bindung der Exekutive an Gesetz und Recht, Art. 20 Abs. 3 GG, ist davon auszugehen, dass die aktuelle rechtsanwaltliche Stellungnahme der Prozessvertreter des Beklagten – die in der mündlichen Verhandlung nochmals erläutert wurde – den Tatsachen entspricht (zur Aufklärungspflicht des Gerichts: OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 19. November 2014 – OVG 10 N 38.13 –, BA S. 3).
Die Satzung ist auch – entsprechend der Vorgabe des § 24 Abs. 1 S. 1 der Hauptsatzung des Landkreises D ... – im „Amtsblatt für den Landkreis D ... “ Nr. 30 vom 15. November 2019 bekannt gemacht worden, so dass die Voraussetzungen des § 3 Abs. 4 S. 3 BbgKVerf zweifelsfrei sind. Sie ist damit nach § 131 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 65 Abs. 3 S. 1 BbgKVerf rückwirkend zum Beginn des Haushaltsjahres in Kraft getreten.
2.2 Der Landkreis D ... hat auch das für den Erlass der Haushaltssatzung von der Brandenburgischen Kommunalverfassung vorgegebene Auslegungs- und Anhörungsverfahren eingehalten.
Nach § 129 Abs. 1 S. 1 und 2 BbgKVerf soll der Entwurf der Haushaltssatzung frühzeitig mit den amtsfreien Gemeinden und Ämtern erörtert werden und er ist mit seinen Anlagen nach vorheriger öffentlicher Bekanntmachung an sieben Tagen öffentlich auszulegen. Gegen den Entwurf können die kreisangehörigen Gemeinden innerhalb eines Monat nach Beginn der Auslegung Einwendungen erheben; in der Bekanntgabe der Auslegung ist auf diese Frist und auf die Stelle, bei der die Einwendungen zu erheben sind, hinzuweisen, § 129 Abs. 1 S. 3 – 5 BbgKVerf.
Der Beklagte hat den Entwurf der Kämmerei für die Haushaltssatzung der Haushaltsjahre 2019/2020 am 26. Oktober 2018 festgestellt und die Vorgaben des § 129 Abs. 1 S. 2 – 5 BbgKVerf für eine Auslegung der Haushaltssatzung beachtet: Der Entwurf hat der Bekanntmachung nach – Gegenteiliges ist weder vorgetragen noch ersichtlich – deutlich länger als die von § 129 Abs. 1 S. 2 BbgKVerf geforderten sieben Tage ausgelegen und die im Amtsblatt für den Landkreis D ... Nr. 30 vom 16. November 2018 abgedruckten Hinweise des Landrates verweisen auf die Frist für mögliche Einwendungen und die Stellen, bei der diese anzubringen sind.
Der Entwurf der Haushaltssatzung ist auch mit den Ämtern und amtsfreien Gemeinden der Vorgabe des § 129 Abs. 1 S. 1 BbgKVerf entsprechend am 04. Dezember 2018 und damit – Gegenteiliges hat auch die Klägerin nicht dargelegt – „frühzeitig“ erörtert worden.
Ihre Auffassung, der Landkreis habe seine eigenen finanziellen Belange einseitig und rücksichtslos bevorzugt, weil der umfängliche Entwurf der Ersten Nachtragssatzung 2019/2020 in Vorbereitung eines Termins am 04. November 2019 erst am 30. Oktober 2019 zur Verfügung gestellt worden sei und weil wegen „der Kürze der Sitzung“ von einem rücksichtsvollen Umgang des Landkreises mit den kreisangehörigen Gemeinden nicht die Rede sein könne, führt in diesem Zusammenhang nicht weiter.
Ungeachtet der Umstände, dass die Klägerin Ausführungen dazu schuldig bleibt, inwieweit die 1. Nachtragssatzung – die den Kreisumlagesatz für das Haushaltsjahr 2019 unverändert belässt – in dem vorliegenden Zusammenhang und inwieweit ihre Tatsachenbehauptungen im Rahmen des § 129 Abs. 1 BbgKVerf rechtserheblich sein sollten, bestimmt § 129 Abs. 2 BbgKVerf ausdrücklich, dass die Vorgaben des § 129 Abs. 1 BbgKVerf n i c h t für Nachtragssatzungen gelten, die nach dem 30. Juni des Haushaltsjahres beschlossen werden.
Hiervon abgesehen wären die von der Klägerin mitgeteilten Sachverhaltsumstände aber auch ersichtlich nicht geeignet, ihren Vorwurf im Rahmen der Vorgaben des § 129 Abs. 1 BbgKVerf zu belegen. Im Gegenteil: Der Entwurf der 1. Nachtragshaushaltssatzung 2019/2020 ist der Bekanntmachung im Amtsblatt für den Landkreis D ... vom 25. Oktober 2019 (Nr. 28) nach vom 28. Oktober bis zum 25. November 2019 ausgelegt worden und der Klägerin wäre es daher auch über den 04. November 2019 hinaus bis zum 28. November 2019 ohne weiteres möglich gewesen, Einwendungen vorzubringen.
Schlussendlich sei darauf verwiesen, dass eine eventuell nach § 129 BbgKVerf fehlerhafte Verfahrensführung (ebenfalls lediglich) zur Anfechtbarkeit der Satzung im Rahmen des § 3 BbgKVerf führen, nicht jedoch ihre Nichtigkeit nach sich ziehen würde (Rohland in: Potsdamer Kommentar, Kommunalrecht und Kommunales Finanzrecht in Brandenburg, Mai 2013, § 129 BbgKVerf Rn. 7; so auch: VG Frankfurt (Oder), Urt. v. 17. Juli 2008 – 4 K 2358/04 –, juris Rn. 56 ff./63 zu der entsprechenden Vorschrift des § 64 Abs. 1 der früheren Landkreisordnung für das Land Brandenburg).
3. Die Festsetzung der Kreisumlage mit § 4 Abs. 1 der Haushaltssatzung 2019/2020 auf 36 v. H. der Umlagegrundlagen ist allerdings rechtsunwirksam.
Zwar verfangen die gegen die Höhe der Kreisumlage gerichteten Angriffe der Klägerin im Ergebnis nicht (unter 3.1); der Landkreis D ... hat allerdings seinen verfassungsrechtlichen Ermittlungspflichten nur unzureichend entsprochen (unter 3.2) und dieses Ermittlungsdefizit zieht die Nichtigkeit der Festsetzung der Höhe der Kreisumlage und die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids nach sich (unter 3.3).
3.1 Die Rügen der Klägerin gegen die Höhe der Kreisumlage haben nicht die Rechtswidrigkeit oder gar Nichtigkeit des Umlagesatzes zur Folge.
3.1.1 Die Klägerin wendet zu Unrecht ein, der Landkreis D ... habe die Kreisumlage 2019 in der festgesetzten Höhe teilweise für Aufgaben eingeplant, die nicht seinem Aufgabenbereich zuzurechnen seien.
Es ergibt sich allerdings unmittelbar aus § 130 Abs. 1 1. Hs. BbgKVerf, dass die Kreisumlage nur für den „für die Aufgabenerfüllung notwendigen Finanzbedarf“ erhoben werden darf. Folge hiervon dürfte – einer abschließenden Klärung dieser Frage bedarf es vorliegend nicht – eine mögliche Fehlerhaftigkeit des Umlagesatz sein (zur Berücksichtigung einer Fehlerquote von 0,5 – 1% des Umlagesatzes jedoch vgl. etwa: OVG des Saarlandes, Urt. v. 29. August 2001 – 9 R 2/00 –, juris Rn. 118 - 120; Thüringer OVG, Urt. v. 20. Juli 1998 – 2 KO 143/97 –, juris Rn. 17/117: Bayerischer VGH, Urt. v. 04. November 1992 – 4 B 90.718 –, juris Rn. 24 ff., 103; Hessischer VGH, Urt. v. 27. Januar 1999 – 8 N 3392/94 –, juris Rn. 114; a. A.: Ehlers, „Die Ergänzungs- und Ausgleichsaufgaben der Kreise und ihre Finanzierung“ in DVBl. 1997, 225 ff, 232), wenn der Landkreis in die Kreisumlage Ausgaben für landkreisfremde Aufgaben eingerechnet hat (Bayerischer VGH, Urt. v. 04. November 1992 – 4 B 90.718 –, NVwZ-RR 1993, 574; Tysper: „Die Kreisumlage im Zerrspiegel aktueller Verwaltungsjudikatur - Eine Streitschrift wider die Allmacht der Landkreise und Ohnmacht der kreisangehörigen Gemeinden“ [Teil 1] in KommJur 2009, 408 unter II. a. E. zum saarländischen Kreisumlagerecht; Obermann in Schumacher (Hrsg.): Kommunalverfassungsrecht Brandenburg, Juni 2010, § 130 unter 2.; a. A.: OVG f. d. Ld. Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22. Februar 2005 – 15 A 130/04 –, juris Rn. 25 m. w. N.; VG Potsdam, Urt. v. 07. April 2016 – VG 1 K 4195/13 –, UA S. 9/10 [unter Hinweis auf die Vergleichbarkeit mit einer Steuer]).
In diesem Zusammenhang ist jedoch zum einen auf den Prognosespielraum des Landkreises Bedacht zu nehmen: Die Kreisumlage wird im Regelfall zu Beginn des Haushaltsjahres festgesetzt, § 130 Abs. 2 BbgKVerf, und die Bestimmung des anderweitig nicht gedeckten Finanzbedarfs und damit der Höhe der Kreisumlage durch den Kreistag erfordert eine Prognose hinsichtlich der in dem jeweiligen Haushaltsjahr zu erwartenden Differenz zwischen den Ausgaben und Einnahmen, wobei auf den Haushaltsplan abzustellen ist. Diese Prognose der zukünftigen tatsächlichen Einnahmen- und Ausgabenentwicklung ist entscheidend, um den Haushaltsausgleich durch die Kreisumlage sicherstellen zu können und andere Erkenntnisse können den Haushaltsplan als grundsätzlich maßgebliche Grundlage der Prognose nur insoweit verdrängen, als sich aus ihnen eine andere als die im Haushaltsplan zugrunde gelegte Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben des Kreises zuverlässig ergibt.
Zum anderen kann es nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichts sein, im Rahmen einer Anfechtungsklage gegen einen Kreisumlagebescheid penibel nachzuprüfen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang bestimmte Ansätze des Landkreises in dem Haushaltplan zulässigerweise seiner Aufgabenwahrnehmung entsprechen. Vor diesem Hintergrund ist die von gemeindlicher Seite im Einzelfall erhobenen Kritik, im Haushaltsplan vorgesehene Ausgabeposten dienten nicht der Erfüllung von Aufgaben des Kreises, zwar nicht von vornherein unerheblich (so aber: OVG f. d. Ld. Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 22. Februar 2005 – 15 A 130/04 –, juris Rn. 25 - 26); wohl aber kann dieser Rüge nur dann Bedeutung zukommen, wenn die vom Landkreis wahrgenommene Aufgabe ersichtlich außerhalb seines auch insoweit anzuerkennenden Entscheidungsspielraumes liegt (vgl. Ehlers, „Die Ergänzungs- und Ausgleichsaufgaben der Kreise und ihre Finanzierung“ in DVBl. 1997, 225 ff, 230 [in Zusammenhang mit den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit]).
Der Landkreis D ... war vorliegend nicht gehindert, in den Haushalt des Haushaltsjahres 2019 Mittel einzustellen, die den Förderbereich 2 (Ziffer 1.3) der Strukturfondsrichtlinie betreffen.
Im Unterschied zu den Gemeinden, deren durch Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG gewährleisteter Aufgabenbereich grundsätzlich a l l e Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft umfasst (ebenso: § 2 Abs. 1 BbgKVerf), haben die Landkreise an der verfassungsunmittelbaren Zuweisung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft an die Gemeinden keinen Anteil, die Aufgaben der Landkreise sind vielmehr durch den Gesetzgeber festzulegen:
Nach Art. 28 Abs. 2 S. 2 GG haben die Gemeindeverbände im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung; (vgl. ausf.: BVerfG, Beschl. v. 23. November 1988 – 2 BvR 1619/83 –, juris Rn. 57 – „Rastede“). Dem folgend hat der brandenburgische Gesetzgeber den Landkreisen alle die Leistungsfähigkeit der kreisangehörigen Gemeinden und Ämter in Brandenburg übersteigenden öffentlichen Aufgaben zugewiesen, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist und die Aufgaben nicht durch kommunale Zusammenarbeit erfüllt werden, § 122 Abs. 2 S. 1 BbgKVerf. Der Landesgesetzgeber hat die Kreise damit in zulässiger Weise auch zur Wahrnehmung von Ergänzungs- und Ausgleichaufgaben verpflichtet (BVerwG, Beschl. v. 24. April 1996 – BVerwG 7 NB 2/95 –, NVwZ 1996, 1222; Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urt. v. 15. Oktober 1998 – 38/97 –, juris Rn. 48; OVG f. d. Ld. Brandenburg, Urt. v. 07.November 1996 – 1 D 34/94.NE –, juris Rn. 49/50), d. h. für Aufgaben, die zwar die in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG den Gemeinden zugewiesenen Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft betreffen, die aber gleichwohl vom Kreis wegen mangelnder Verwaltungs- und Finanzkraft der Gemeinden wahrgenommen werden, um die Einwohner im Kreisgebiet gleichmäßig zu versorgen und zu betreuen (Ergänzungsaufgaben), oder für die der Kreis den Gemeinden mit derselben Zielsetzung zum Ausgleich ihrer unterschiedlichen Verwaltungs- oder Finanzkraft administrative oder finanzielle Hilfen gewährt (Ausgleichsaufgaben).
Nach brandenburgischem Kommunalverfassungsrecht – und anders als in anderen Bundesländern (vgl. etwa: Bayerischer VGH, Urt. v. 04. November 1992 – 4 B 90.718 –, NVwZ-RR 1993, 574) – ist es damit in begrenztem Maße auch Aufgabe der Landkreise, eine unterschiedliche Leistungsfähigkeit oder Leistungswilligkeit unter den angehörenden Gemeinden auszugleichen. Nach § 122 Abs. 2 S. 2 - 3 BbgKVerf fördert der Landkreis die kreisangehörigen Gemeinden und Ämter bei der Erfüllung ihrer Aufgaben, ergänzt durch sein Wirken die Selbstverwaltung der Gemeinden und Ämter und trägt zu einem gerechten Ausgleich der unterschiedlichen Belastungen der Gemeinden und Ämter bei. Er fördert insbesondere die wirtschaftliche, ökologische, soziale und kulturelle Entwicklung seines Gebietes zum Wohle der Einwohner.
Es ist damit an dem jeweiligen Landkreis, in eigener Verantwortung im Haushaltsplan und in der Haushaltssatzung, § 66 Abs. 1 S. 1 und 2 BbgKVerf, zu bestimmen, welche der denkbaren Aufgaben er erfüllen will und mit welcher Intensität er diese Aufgaben wahrnehmen will (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urt. v. 15. Oktober 1998 – 38/97 –, juris Rn. 50). Den Landkreisen steht bei den Fragen des Ob und des Wie der Aufgabenwahrnehmung danach ein weiter Gestaltungsspielraum zu (Obermann in: Schumacher (Hrsg.): Kommunalverfassungsrecht Brandenburg, Juni 2010, § 130 unter 2.); sie haben bei der Wahrnehmung insbesondere von Ausgleichs- und Ergänzungsaufgaben allerdings zwischen der Bedeutung der Aufgabe einerseits und der dadurch verursachten Einschränkung der kommunalen Finanzhoheit andererseits abzuwägen (Obermann in: Schumacher (Hrsg.): Kommunalverfassungsrecht Brandenburg, Juni 2010, § 130 unter 2.), und es ihnen verwehrt, über eine Unterstützung hinauszugehen und das unterschiedliche Leistungsvermögen der Kommunen zu nivellieren. Die Befugnis des Landkreises nach § 122 Abs. 2 S. 2 BbgKVerf, die kreisangehörigen Gemeinden und Ämter bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu fördern, setzt ebenfalls eine „schwächere“ Leistungskraft der entsprechenden Gemeinden voraus, eine Unterstützung von Gemeinden nach dem „Gießkannenprinzip“ ist dem Landkreis verwehrt (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8. Dezember 1998 – 7 C 11935/97 –, juris Rn. 56; Muth in: Potsdamer Kommentar, Kommunalrecht und Kommunales Finanzrecht in Brandenburg, Mai 2013, § 122 BbgKVerf Rn. 14).
Für den Kreisstrukturfonds waren für das Haushaltsjahr 2019 Mittel in Höhe von 3.000.000,00 € zur Förderung investiver Strukturmaßnahmen eingeplant (Titel 51115, vgl. unter Nr. 8.2.2, S. 54 des Vorberichts zur Haushaltssatzung), für die – vorliegend relevante – Personalkostenförderung waren in Zusammenhang mit rückständigen Jahresabschlüssen im Haushaltsjahr 2019 Mittel in Höhe von 300.000,00 €, für die Beratungsleistungen in Zusammenhang mit der Aufstellung rückständiger Bilanzen 200.000,00 € eingeplant (ebenfalls Titel 51115, S. 47 und S. 49 des Vorberichts). Zur Begründung dieser Hilfestellungen für die kreisangehörigen Kommunen hat der Kämmerer des Landkreises D ... in der 28. Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Landwirtschaft und Tourismus am 14. November 2018 darauf verwiesen, dass den Kommunen zu wenig Personal zur Verfügung stünde, um die Umstellung auf das doppische Rechnungswesen (Doppik) sachgemäß einleiten und eine Eröffnungsbilanz erstellen zu können. So seien etwa im Amt Unterspreewald 178 Jahresabschlüsse nachzuholen, wobei in der dortigen Kämmerei lediglich 10 Personen tätig seien. Diese Aufgabe könne nur mittels Unterstützung durch eine Beraterfirma nachgeholt werden. Diese Haushaltsansätze unterliegen für sich genommen vor dem Hintergrund des § 122 Abs. 2 S. 1 BbgKVerf keinen rechtlichen Bedenken.
Entsprechendes würde – die Rechtserheblichkeit dieser Prüfung hier unterstellt – nach den Bestimmungen der Strukturfondsrichtlinie vom 16. Februar 2018 gelten.
Nach Ziffer 1.3 (besondere Bedarfe) i. V. m. Ziffer 2. der Strukturfondsrichtlinie stellt der Landkreis nach Bedarf Städten, Gemeinden und Ämtern ohne Rechtsanspruch einmalig bis zu 400 Stunden Beratungsleistungen durch ein sachverständiges Unternehmen in den Bereichen operatives Projektmanagement und Prozesssteuerung zur Erstellung der rückständigen Jahresabschlüsse und der Eröffnungsbilanzen zur Verfügung (Förderbereich A) und gewährt je Kommune ebenfalls nach Bedarf eine (zusätzliche und projektbezogene, Ziffer 6.10) Personalkostenzuwendung bis zu 50.000,00 € zur Erstellung der rückständigen Jahresabschlüsse und der Eröffnungsbilanzen (Förderbereich B).
Fördervoraussetzung für den Förderbereich A ist das Nichtvorliegen einer geprüften Eröffnungsbilanz bzw. eines geprüften (aktuellen) Jahresabschlusses nach § 82 und § 85 BbgKVerf; mit der Antragstellung ist die Verzögerung zu begründen (unter 3.11).
Die Gewährung der Personalkostenzuwendung (Förderbereich B) setzt zusätzlich voraus, dass im Rahmen der Erstellung der rückständigen Eröffnungsbilanz bzw. der Jahresabschlüsse eine „Zeit- und Meilensteinplanung“ vorgelegt wird. Bei der Förderung im Rahmen des Förderbereichs A ist für die vollständige Inanspruchnahme der 400 Stunden Beratungsleistungen innerhalb von 6 Monaten nach der Bewilligung der Bewilligungsbehörde eine „Zeit- und Meilensteinplanung“ vorzulegen, die für die Verwendungsnachweisprüfung verbindlich ist (Ziffer 6.9).
Nach Ziffer 4 der Strukturfondsrichtlinie liegt die Zuwendungshöhe in beiden Förderbereichen im pflichtgemäßen Ermessen der Bewilligungsbehörde und ist u. a. „von der jeweiligen Haushaltssituation des Zuwendungsempfängers“ abhängig.
Hiervon ausgehend ist weder ersichtlich noch von Seiten der Klägerin hinreichend dargelegt, dass der Landkreis seinen Aufgabenbereich überschritten hätte.
Die Erstellung der Eröffnungsbilanz und der Jahresabschlüsse gehört, wie die Klägerin zutreffend ausführt, nach § 85 Abs. 1 S. 1 und § 82 Abs. 1 S. 1 BbgKVerf zu den gemeindlichen Kernaufgaben. Dieser Umstand steht der Hilfestellung durch den Landkreis nach § 122 Abs. 2 S. 2 BbgKVerf jedoch nicht entgegen, wenn dieser nach sachgemäßer Beurteilung der Situation davon ausgehen durfte, dass die Unterstützung weniger leistungskräftiger Kommunen bei der Erfüllung ihrer Kernaufgabe geboten ist. Das jedoch wird mit dem Vortrag der Klägerin nicht durchgreifend in Frage gestellt. Nach § 85 Abs. 1 S. 1 BbgKVerf hat die Gemeinde für das erste Haushaltsjahr, in dem die Haushaltswirtschaft gemäß § 63 Abs. 3 BbgKVerf nach den Grundsätzen der doppelten Buchführung geführt werden soll, eine Eröffnungsbilanz unter Beifügung der in § 85 Abs. 1 S. 3 BbgKVerf bezeichneten Anlagen aufzustellen. Zur Erstellung der Eröffnungsbilanz ist nach § 85 Abs. 2 S. 1 und 2 BbgKVerf eine Inventur durchzuführen und ein Inventar zu erstellen, wobei die Vermögensgegenstände mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um Abschreibungen, die Verbindlichkeiten mit ihrem Rückzahlungsbetrag und die Rückstellungen in Höhe des Betrages anzusetzen sind, der nach sachgerechter Beurteilung notwendig ist. Wesentliche Grundlage für die Umstellung des kameralen Rechnungswesens auf die doppische Haushaltswirtschaft ist danach die Erstellung einer Eröffnungsbilanz und die damit verbundene Ersterfassung und Bewertung des kommunalen Vermögens und der Schulden. Die Eröffnungsbilanz soll den Bürgern und der Verwaltung eine systematische Aufstellung über die Vermögenslage der Gemeinde zur Verfügung stellen und sie ist zugleich wesentliche Grundlage für die weitere Wirtschaftsführung der Gemeinde auf der Grundlage der doppelten Buchführung (vgl. im Einzelnen: Rohland in: Potsdamer Kommentar, Kommunalrecht und Kommunales Finanzrecht in Brandenburg, Mai 2013, Vorbem. zu §§ 63-85 BbgKVerf Rn. 25).
Zwar bestand für die Kommunen des Landkreises die gesetzliche Verpflichtung, die Eröffnungsbilanz nach § 85 BbgKVerf und die Haushaltswirtschaft gemäß § 63 Abs. 3 BbgKVerf nach den Grundsätzen der doppelten Buchführung spätestens ab dem Haushaltsjahr 2011 zu erstellen bzw. zu führen, Art. I § 141 Abs. 16 S. 1 – 3 des Gesetzes zur Reform der Kommunalverfassung und zur Einführung der Direktwahl der Landräte sowie zur Änderung sonstiger kommunalrechtlicher Vorschriften (Kommunalrechtsreformgesetz – KommRRefG vom 18. Dezember 2007 [GVBl. I Nr. 19]). Das ist in dem vorliegenden Zusammenhang jedoch unerheblich, weil es offensichtlich ist, dass es bei vielen Kommunen noch im Haushaltsjahr 2019 zu Problemen kam, die Haushaltswirtschaft auf das neue System umzustellen. Das ergibt sich nicht nur aus den oben skizzierten gesetzlichen Anforderungen selbst und aus den Ausführungen des Kämmerers in der Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Landwirtschaft und Tourismus vom 14. November 2018, sondern lässt sich mittelbar auch dem Gesetz zur Beschleunigung der Aufstellung und Prüfung kommunaler Jahresabschlüsse (Art. 18 des Gesetzes zur Weiterentwicklung der gemeindlichen Ebene vom 15. Oktober 2018 – GVBl. I Nr. 22, S. 30 ff.) entnehmen, das die Gemeinden und Gemeindeverbände von der Erstellung der bezeichneten Bestandteile der Jahresabschlüsse für einen befristeten Zeitraum freistellt. Mit diesem Gesetz ging die vom Landkreis D ... entwickelte Hilfestellung einher, welche die Kommunen im Rahmen eines „retrograden Ansatzes“ ausgehend vom aktuellen Jahresabschluss befähigen sollte, ausstehende Jahresabschlüsse in reduzierter Form zu erstellen (vgl. im Einzelnen: “Abschlussbericht – Doppische Bilanzen im Landkreis D ... “ vom 27. November 2020, zit. nach http://sd.d ... .de/show_anlagen.php?_typ_432=ni_anl&_doc_n1=20210205134408-O_ni).
Es lässt sich auch nicht feststellen, dass der Landkreis die in den Haushalt 2019 eingestellten Mittel nach dem „Gießkannenprinzip“ verteilt hätte. Die Richtlinie stellt mit ihrer Nr. 4 sicher, dass die Mittelvergabe jedenfalls in begrenztem Umfang von der jeweiligen Haushaltssituation des Zuwendungsempfängers abhängig gemacht wird. Hieraus ergibt sich zwar nicht, dass die Förderung, wie im Förderbereich 1.2 (Strukturmaßnahmen) ausdrücklich vorgesehen, nur „finanzschwachen“ Kommunen zuteil wird – als finanzschwach gelten Kommunen, die trotz sparsamster Haushalts-und Wirtschaftsführung nicht in der Lage sind, den gesetzlichen Haushaltsausgleich mittelfristig darstellen zu können –, wohl aber, dass die Haushaltssituation des Zuwendungsantragstellers im Rahmen einer individuellen Prüfung der Förderungsvoraussetzungen Berücksichtigung findet. Dieses tatsächliche Vorgehen des Landkreises unterliegt keinen rechtlichen Bedenken.
Auf die noch weitergehende Frage, in welcher Weise die in den Haushalt eingestellten Mittel von der Verwaltung verausgabt worden sind, kommt es den obigen Ausführungen nach ohnehin von vornherein nicht an.
3.1.2 Die Auffassung der Klägerin, der Landkreis D ... habe seinen finanziellen Bedarf im Haushaltsjahr 2019 zu hoch bemessen, verfängt ebenfalls nicht.
Der Landkreis hat bei der Festlegung der Kreisumlage hinsichtlich des eigenen Finanzbedarfs des Haushaltsjahres 2019 (sowie des Haushaltsjahres 2020) nicht nur auf den (mit einem Überschuss prognostizierten) Ergebnishaushalt, sondern auch auf den (mit einem Minus prognostizierten) Finanzhaushalt abgestellt. Er hat einen fiktiven Kreisumlagesatz von 32,54 % zur Deckung eines ohne Festsetzung der Kreisumlage entstehenden Fehlbedarfes im Ergebnishaushalt von 116.138.018 € mit einem fiktiven Kreisumlagesatz von 41,37 % bei einem angenommenen (wiederum ohne Einzahlungen aus der Kreisumlage) Fehlbedarf von 147.621.787,00 € im Finanzhaushalt verrechnet. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Kommunalverfassung des Landes Brandenburg legt als alleiniges haushaltswirtschaftliches Kriterium für das Zustandekommen einer rechtswirksamen Haushaltssatzung in § 63 Abs. 4 (i. V. m. § 131 Abs. 1 S. 1 BbgKVerf) zwar das in Plan und Rechnung ausgeglichene Ergebnis aus ordentlichen Erträgen und ordentlichen Aufwendungen fest. Diese Anforderung bezieht sich allerdings nicht nur auf den Ergebnis-, sondern auch auf die Ein- und Auszahlungen des Finanzhaushalts. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass sich im doppischen Haushaltsrecht einzelne Sachverhalte in Bezug auf die Aufwendungen und Auszahlungen unterschiedlich auswirken. So bewirken etwa die Abschreibungen keinen Liquiditätsabfluss, der im Finanzhaushalt maßgeblich wäre, sondern wirken sich nur bei dem Anlagevermögen im Ergebnishaushalt aus; andererseits wirken sich Investitionen und (hier nicht relevante) Kredittilgungen nicht in der Ergebnisrechnung aus, führen aber zum Liquiditätsabfluss in der Finanzrechnung. Hiervon ausgehend bestimmt § 131 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 72 Abs. 1 S. 1 BbgKVerf, dass der Landkreis seiner Haushaltswirtschaft sowohl die Ergebnis- als auch die Finanzplanung zugrunde zu legen und in den Haushaltsplan einzubeziehen hat (vgl. Rohland in: Potsdamer Kommentar, Kommunalrecht und Kommunales Finanzrecht in Brandenburg, Mai 2013, § 76 BbgKVerf Rn. 1).
Auch die Auffassung der Klägerin, der Liquiditätsbedarf des Landkreises sei unzulässig auf den mittelfristigen Investitionsbedarf ausgeweitet worden, findet in dem Kommunalverfassungsrecht des Landes Brandenburg keine Stütze.
Nach § 131 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 63 Abs. 1 S. 1 BbgKVerf hat der Landkreis seine Haushaltswirtschaft so zu planen und zu führen, dass die s t e t i g e Erfüllung seiner Aufgaben gesichert ist. Die stetige Erfüllung der Aufgaben des Landkreises ist oberstes Ziel der Haushaltsplanung und der Haushaltsdurchführung und damit d e r tragende Haushaltsgrundsatz. Eine diesem Grundsatz gerecht werdende Haushaltsplanung kann sich naturgemäß nicht allein auf die Planung des bevorstehenden Haushaltsjahres, oder im Falle eines, wie vorliegend, Doppelhaushalts (§ 11 der Verordnung über die Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans der Gemeinden – Kommunale Haushalts- und Kassenverordnung - KomHKV) auf die Planung der nächsten zwei Haushaltsjahre beschränken. Der Landkreis hat vielmehr auch die über das unmittelbar beplante Haushaltsjahr hinausgehenden Bewirtschaftungszeiträume in den Blick zu nehmen. Vor diesem Hintergrund bestimmen § 131 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 72 Abs. 1 S. 1 und 2 BbgKVerf ausdrücklich, dass der Landkreis seiner Haushaltswirtschaft eine fünfjährige Ergebnis- und Finanzplanung zugrunde zu legen und in den Haushaltsplan einzubeziehen hat, wobei das erste Planungsjahr das laufende Haushaltsjahr ist.
Auch aus § 130 i. V. m. § 131 Abs. 1 S. 2 BbgKVerf ergibt sich nicht, dass es dem Landkreis im Rahmen der Festsetzung der Höhe der Kreisumlage versagt wäre, seine mittelfristige Finanzplanung einzubeziehen (vgl. anders für das Kommunalverfassungsrecht des Landes Sachsen-Anhalt: VG Halle, Urt. v. 16. April 2021 – 4 A 376/18 HAL –, beck.online).
Es lässt sich ebenfalls nicht feststellen, dass der Landkreis D ... verpflichtet gewesen wäre, den Umlagesatz angesichts der Rücklagen, § 131 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 72 Abs. 1 BbgKVerf, (in einem weitergehenden Umfang als geschehen) abzusenken.
Die prognostischen Überlegungen des Landkreises, im Finanzplan seien für die Jahre 2019 bis 2023 im Bereich der laufenden Verwaltungstätigkeit Überschüsse in Höhe von insgesamt ca. 117 Mio. € geplant, um den Investitionsbedarf der Jahre 2019 bis 2023 in Höhe von ca. 165 Mio. € zu finanzieren (Vorbericht, S. 22), lassen Rechtsfehler nicht erkennen. Zwar weist der Ergebnishaushalt des Landkreises D ... für das Haushaltsjahr 2019 einen Überschuss bei den ordentlichen Erträgen von annähernd 10,7 Mio. € und bei den außerordentlichen Erträgen von etwa 120.000,00 € auf. Demgegenüber ergibt sich im Finanzhaushalt ein Defizit in Höhe von über 19 Mio. €, das im Wesentlichen auf die Höhe der Investitionen von über 51 Mio. € zurückzuführen ist.
Eine Verpflichtung des Landkreises, die allgemeine Rücklage, § 131 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 77 Abs. 1 BbgKVerf, im Rahmen der Festsetzung der Höhe des Kreisumlagesatzes zur Bedarfsminderung einzusetzen, ist vor dem Hintergrund der mittelfristigen Finanzplanung nicht ersichtlich und von einer „Überbewirtschaftung“ durch den Landkreis kann angesichts der mittelfristigen Finanzplanung und des hohen Investitionsbedarfs nicht die Rede sein.
Die Rüge der Klägerin, der Beklagte habe den (konkreten) Finanzbedarf der Gemeinde E ... fehlerhaft ermittelt, ist auf der Grundlage der dem Gericht vorgelegten Unterlagen bereits nicht nachvollziehbar.
Die Klägerin hat insoweit behauptet, der Landkreis habe als ordentliches Ergebnis einen Überschuss i.H.v. 387.080,00 € berücksichtigt, ihr ordentliches Ergebnis belaufe sich ausweislich der Nachtragssatzung 2019 vom 30. April 2019 jedoch auf lediglich 62.730,00 €; auch ihr Investitionsbedarf sei fehlerhaft ermittelt worden.
Diese Behauptungen können bereits nicht nachvollzogen werden. In einer offensichtlich von der Kommunalaufsicht des Landkreises erstellten Übersicht über die Haushaltssituation der Gemeinden „und Ämter“ im Haushaltsjahr 2018 (Bl. 9 BA I) ist für die Klägerin ein ordentliches Jahresergebnis von 361.440,00 € verzeichnet und in dem Vorbericht zur Nachtragshaushaltssatzung und dem Nachtragshaushaltsplan 2019 und 2020 vom 27. Februar 2020 wird ein ordentliches Ergebnis für die Klägerin und für das Haushaltsjahr 2019 in der von ihr bezeichneten Höhe von 387.080,00 € ausgewiesen. Von den allgemeinen Erwägungen des Landkreises im Vorbericht zum Haushaltsplan abgesehen, hat sich der Landkreis auf die Orientierungsdaten des Landes zur kommunalen Finanzausstattung, nämlich zur Steuerkraft des Jahres 2017 und zu den Schlüsselzuweisungen 2019, bezogen (Vorbericht, S. 26).
Von der fehlenden Substanz des Vortrags der Klägerin abgesehen, dürfte er zum einen unerheblich sein, weil die Beschlussfassung des Kreistages über die Haushaltssatzung 2019/2020 maßgeblich ist und es auf aktuellere Daten zum Finanzbedarf der Klägerin nicht ankommt. Zum anderen hat der Kreistag im Rahmen seiner Abwägungsentscheidung auf einen Querschnitt des Finanzbedarfs der kreisangehörigen Gemeinden – und nicht etwa der finanzschwächsten oder finanzstärksten Gemeinde – in den Blick zu nehmen (OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteile v. 17. März 2020 – 4 L 14/19 –, juris Rn. 55 und 4 L 184/18 –, juris Rn. 53), so dass es unerheblich ist, wenn hinsichtlich einer einzelnen Gemeinde inkorrekte Daten eingestellt werden.
3.2 Der Landkreis D ... hat allerdings seinen verfassungsrechtlichen Ermittlungspflichten zum Finanzbedarf der kreisangehörigen Städte und Gemeinden im Haushaltsjahr 2019 nicht vollumfänglich entsprochen.
Zwar hat er in einem dritten Schritt den von ihm errechneten Durchschnittssatz der Kreisumlage von 36,96 % vor dem Hintergrund des Finanzbedarfs der kreisangehörigen Gemeinden korrigiert (ab S. 28 des Vorberichts zum Haushaltsplan) und der Landkreis hat insoweit berücksichtigt, dass sich die gemeindliche Steuerkraft zwischen 2016 und 2017 (im Durchschnitt) erhöht habe (Vorbericht, S. 25) und dass für das Jahr 2019 mit einer Erhöhung der gemeindlichen kommunalen Schlüsselzuweisungen um 5,7 Mio. € zu rechnen sei (Vorbericht, S. 24). Diese Ausführungen gründen jedoch auf unzureichenden Ermittlungen des konkreten Finanzbedarfs der Kommunen im Haushaltsjahr 2019.
Die Vorgaben des § 129 Abs. 1 BbgKVerf räumen den kreisangehörigen Gemeinden der jüngeren Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg nach die bezeichneten Beteiligungsrechte bei der Aufstellung der Haushaltssatzung des Landkreises ein, sie begründen allerdings, sollte die Gemeinde hiervon keinen Gebrauch machen, keine Obliegenheit und sie befreien den Landkreis insbesondere auch nicht davon, weitergehende Ermittlungs- und Abwägungspflichten bei der Festsetzung der Kreisumlage eingehalten zu haben, die sich aus Landes- und Bundesverfassungsrecht ergeben (OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 17. Dezember 2019 – OVG 12 B 22/18 –, juris Rn. 32 im Anschluss an VG Potsdam, Urt. v. 15. Mai 2018 – VG 1 K 4780/15 –, juris; nachfolgend: BVerwG, Beschl. v. 16. September 2020 – BVerwG 8 B 26.20 –, juris, insb. Rn. 13; kritisch: Hans-Günter Henneke: Die Kreisumlagefestsetzung, Kommunal- und Schulverlag, Wiesbaden, 1. Aufl. 2020, S. 198 ff.).
In Zusammenhang mit der Festsetzung des Kreisumlagesatzes durch den Landkreis kommt vielmehr dem aus Art. 28 Abs. 2 GG folgenden Grundsatz des finanziellen Gleichrangs der Finanzbedarfe von Landkreis und kreisangehörigen Gemeinden (BVerwG, Urt. v. 31. Januar 2013 – BVerwG 8 C 1.12 –, juris Rn.13 ff. [Malbergweich]) besondere Bedeutung zu.
In materiell-rechtlicher Hinsicht folgen hieraus das Erfordernis einer gleichmäßigen Verteilung der Finanzmittel zwischen Gemeinden und Gemeindeverband – weder dem Finanzbedarf des Landkreises noch demjenigen der kreisangehörigen Gemeinden kommt ein Vorrang zu – und die Aufgabe des Landkreises, bei der Bemessung des Ausmaßes seiner Kreistätigkeit und damit seines eigenen Finanzbedarfs die grundsätzlich gleichrangigen Interessen der kreisangehörigen Gemeinden in Rechnung zu stellen. Die Erhebung einer Kreisumlage kann danach etwa dann das Selbstverwaltungsrecht der kreisangehörigen und umlagepflichtigen Gemeinden verletzen, wenn der Landkreis seine eigenen finanziellen Belange gegenüber denjenigen seiner kreisangehörigen Gemeinden einseitig und rücksichtslos bevorzugt, etwa indem die Kreisumlage ihrer Höhe nach dazu führt, dass die absolute finanzielle Mindestausstattung der kreisangehörigen Gemeinden unterschritten wird (BVerwG, Urt. v. 31. Januar 2013 – BVerwG 8 C 1.12 –, juris Rn. 14, 18 ff./36; BVerwG, Urt. v. 29. Mai 2019 – BVerwG 10 C 6.18 –, juris Rn. 13 m. w. N.).
In verfahrensrechtlicher Hinsicht zwingt der Grundsatz der Gleichrangigkeit den Landkreis dazu, nicht nur seinen eigenen Finanzbedarf, sondern auch den Finanzbedarf der umlagepflichtigen Gemeinden zu ermitteln, und die Entscheidungen in geeigneter Form offenzulegen, um den Gemeinden und gegebenenfalls den Gerichten eine Überprüfung zu ermöglichen (BVerwG, Urt. v. 31. Januar 2013 – BVerwG 8 C 1.12 –, juris Rn. 14; BVerwG, Urt. v. 16. Juni 2015 – BVerwG 10 C 13.14 –, juris Rn. 41; BVerwG, Urt. v. 29. Mai 2019 – BVerwG 10 C 6.18 –, juris Rn. 13 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 17. Dezember 2019 – OVG 12 B 22.18 –, juris Rn. 28/29; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 17. Juli 2020 – 10 A 11208/18 –, juris Rn. 92).
In welcher Weise ein Landkreis seinen Ermittlungspflichten nachkommt, wird durch die Institutsgarantie der kommunalen Selbstverwaltung nach Art. 28 Abs. 2 S. 1 und 3 GG – Entsprechendes muss für Art. 97 Abs. 1 S. 1 der Verfassung des Landes Brandenburg (VerfBbg) in gleicher Weise gelten – allerdings nicht im Einzelnen vorgegeben. Das Verfassungsrecht bedarf vielmehr der einfachgesetzlichen Ausgestaltung und es obliegt damit primär dem jeweiligen Landesgesetzgeber, das Verfahren der Erhebung der Kreisumlage zu regeln.
Sofern Vorgaben des Landesrechts zu den Ermittlungspflichten eines Landkreises im Rahmen der Festsetzung der Kreisumlage – wie auch vorliegend in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung des Kreistages über die Haushaltssatzung 2019/2020 am 13. Februar 2019 (vgl. nunmehr: § 130 Abs. 1 S. 2 und 3 BbgKVerf in der ab dem 01. Juli 2022 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung stiftungsrechtlicher und weiterer Vorschriften [GVBl. I Nr. 18], wonach der Landkreis vor der Festsetzung des Hebesatzes der Kreisumlage den Finanzbedarf der umlagepflichtigen Gemeinden zu ermitteln und gleichrangig mit dem eigenen zu berücksichtigen hat, und wonach die Daten zum Finanzbedarf der umlagepflichtigen Gemeinden dem Kreistag vor der Beschlussfassung über die Haushaltssatzung zur Kenntnis zu geben sind) – fehlen, haben die Landkreise die Befugnis zur Gestaltung ihrer Verfahrensweise. Folgerichtig tragen sie in diesem Fall die Verantwortung dafür, ein Verfahren gewählt zu haben, das sicherstellt, dass die verfassungsrechtlichen Anforderungen gewahrt werden (BVerwG, Urt. v. 27. September 2021 – BVerwG 8 C 29.20 –, juris Rn. 15; ausf.: BVerwG, Urt. v. 29. Mai 2019 – BVerwG 10 C 6.18 –, Rn. 14 ff.; OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Urt. v. 17. März 2020 – 4 L 14/19 –, juris Rn. 53).
In der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung ist lediglich geklärt, dass Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG einer Gemeinde zwar kein Recht auf eine Anhörung verleiht (ausf.: BVerwG, Urt. v. 29. Mai 2019 – BVerwG 10 C 6.18 –, Rn. 14 ff.; BVerwG, Urt. v. 27. September 2021 – BVerwG 8 C 29.20 –, juris Rn. 17), dass sich ein Landkreis, der im Rahmen seiner Haushaltsplanung den kreiseigenen Finanzbedarf konkret ermittelt, folgerichtig für den entsprechenden und gleichrangigen Bedarf der umlagepflichtigen Gemeinden jedoch nicht ausschließlich auf einen landesweiten Orientierungswert stützen darf (BVerwG, Urt. v. 16. Juni 2015 – BVerwG 10 C 13.14 –, juris Rn. 41; VG Potsdam, Urt. v. 15. Mai 2018 – VG 1 K 4780/15 –, juris Rn. 45 [Haushaltspläne wohl ausreichend, im Übrigen den konkreten Umfang der Ermittlungspflicht offen lassend]) und dass auch ein formloser kommunalpolitischer Informationsaustausch dem zur Entscheidung berufenen Kreistag die notwendige fundierte Entscheidungsgrundlage nicht verschaffen kann (OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Urt. v. 17. März 2020 – 4 L 14/19 –, juris Rn. 57 und 4 L 184/18 –, juris Rn. 55).
Der Zweck der prozeduralen Anforderungen an die Ermittlungspflicht des Landkreises besteht darin, eine gesicherte Daten- und Informationsgrundlage für die Beschlussfassung der Kreisgremien über die Haushaltssatzung samt des darin vorgesehenen Umlagesatzes zu gewährleisten und eine nachträgliche Überprüfung zu ermöglichen. Hiervon ausgehend bedarf es für die erforderliche Querschnittsbetrachtung im Grundsatz zwar keiner Beteiligung der kreisangehörigen Kommunen und es genügt grundsätzlich der Rückgriff auf bereits zusammengetragene und gesicherte Daten zur Haushalts- und Finanzsituation aller kreisangehörigen Kommunen, anhand derer sich im Rahmen einer Gesamtschau die Entwicklung des gemeindlichen Finanzbedarfs generell einschätzen lässt. So ist es etwa möglich, auf die Haushaltssatzungen der Gemeinden mit den darin enthaltenen Festsetzungen bzw. entsprechende Entwürfe und die jährlich fortgeschriebene Finanzplanung sowie auf das bei der Kommunalaufsichtsbehörde und dem Statistischen Landesamt bereits vorhandene Zahlenmaterial zurückzugreifen. (OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Urt. v. 17. März 2020 – 4 L 14/19 –, juris Rn. 57 und 4 L 184/18 –, juris Rn. 55.; insoweit bestätigt von: BVerwG, Urt. v. 27. September 2021 – BVerwG 8 C 29.20 –, juris Rn. 17).
Die Ermittlung des Finanzbedarfes der kreisangehörigen Kommunen muss aber jedenfalls auf aktuellen, nämlich Daten beruhen, die das von dem Satzungsbeschluss umfasste Haushaltsjahr betreffen; der Rückgriff auf Daten zum Finanzbedarf des Vorjahres reicht für die Festsetzung des Umlagesatzes nicht aus (so ausdrücklich: BVerwG, Urt. v. 27. September 2021 – BVerwG 8 C 29.20 –, juris Rn. 19; offen noch die Berufungsentscheidung: OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Urt. v. 17. März 2020 – 4 L 184/18 –, juris Rn. 57 – 58; anders noch: OVG des Saarlandes, Urt. v. 29. August 2001 – 9 R 2/00 –, juris Rn. 101 – 112 [da zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Haushaltssatzung des bevorstehenden oder angelaufenen Haushaltsjahres die Haushalte der Gemeinden in der Regel noch nicht beschlossen sind, sind die Daten der Haushalte und Finanzplanungen des ablaufenden bzw. gerade abgelaufenen Haushaltsjahres heranzuziehen]).
Eine rein verwaltungsinterne Ermittlung und Bewertung des Finanzbedarfs der Gemeinden genügt nicht (Bayerischer VGH, (Vergleichs-)Beschl. v. 14. Dezember 2018 – 4 BV 17.2488 –, juris Rn. 12; OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Urt. v. 17. März 2020 – 4 L 14/19 –, juris Rn. 58). Die Informationen über den gemeindlichen Finanzbedarf müssen vielmehr dem Kreistag als dem für den Erlass der Haushaltssatzung zuständigen Organ bei der Beschlussfassung über den Kreisumlagesatz vorliegen und die der Beschlussfassung zugrunde gelegten Bedarfsansätze – zumindest ein bezifferter Bedarfsansatz für jede kreisangehörige Gemeinde – müssen in der Beschlussvorlage oder, falls die Festsetzung davon abweicht, in anderer geeigneter Weise dokumentiert werden. Dies dient neben der gerichtlichen Kontrolle insbesondere auch der Überprüfung durch die betroffenen Gemeinden, ob der Kreis bei der Festsetzung des Kreisumlagesatzes durch den Kreistag die verfassungsrechtliche Vorgabe beachtet hat, seinen Finanzbedarf nicht einseitig und rücksichtslos gegenüber demjenigen der Gemeinden zu bevorzugen (BVerwG, Urt. v. 27. September 2021 – BVerwG 8 C 30.20 –, juris Rn. 21; vgl. ausf. auch: VG Schwerin, Urt. v. 20. Juli 2016 – 1 A 387/14 –, juris Rn. 42 ff.). Der Kreistag hat die Bewertung unter Berücksichtigung insbesondere der eingeholten Stellungnahmen der Gemeinden an Hand der ihm vorliegenden, für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit signifikanten Eckdaten aus den aktuellen gemeindlichen Haushaltsentwürfen vorzunehmen und einer Prüfung auf zu erwartende Auswirkungen auf die Umlagebelastung der Gemeinden zu unterziehen, wobei als Prüfungskriterien in der Rechtsprechung genannt werden das Vorhandensein sog. „freier Spitzen“, der Stand der Aufgabenerfüllung, insbesondere der Infrastrukturausstattung, die Belastungen aus Kreditaufnahmen, die Rücklagenbestände, das verwertbare Vermögen, die mittelfristige Finanzplanung und das Einsparpotential sowie die Möglichkeiten der Streckung von Finanzierungen (OVG des Saarlandes, Urt. v. 29. August 2001 – 9 R 2/00 –, juris Rn. 101-112). Diese Kriterien, die teilweise prognostische Aussagen erfordern, belegen, dass es sich bei der Entscheidung des Kreistages um eine auf komplexen Wertungen beruhende Prognoseentscheidung handelt, die vom Verwaltungsgericht nur eingeschränkt daraufhin überprüfbar ist, ob der Landkreis seinen Beurteilungsspielraum überschritten hat.
Aus diesen verfassungsrechtlichen Maßgaben folgt indessen nicht, dass der Landkreis seinen Finanzbedarf und die Bedarfe seiner kreisangehörigen Gemeinden „minutiös gegeneinander abzuwägen“ hätte und die unmittelbar aus dem Grundgesetz folgende Pflicht, den Finanzbedarf der Gemeinden gleichrangig mit dem des Kreises zu berücksichtigen, verlangt keine Abwägungsentscheidung, wie sie etwa aus dem Planungsrecht geläufig ist und dort den Maßgaben der Abwägungsfehlerlehre unterliegt (BVerwG, Urt. v. 27. September 2021 – BVerwG 8 C 30/20 –, juris Rn. 25). Der Kreis muss den kreisangehörigen Gemeinden vielmehr zielgerichtet und zeitlich ausreichend Gelegenheit geben, ihre Bedarfssituation in einer für die anzustellende kreisweite Abwägung geeigneten Weise darzustellen und er muss im Rahmen seines Haushaltsansatzes zu erkennen geben, dass er eine mögliche Verletzung der finanziellen Mindestausstattung der Gemeinden abwägend berücksichtigt hat (Thüringer OVG, Urt. v 07. Oktober 2016 – 3 KO 94/12 –, juris Rn. 55; zustimmend: Dombert, „Aktuelles zum Recht der Kreisumlage“, KommJur 2017, S. 165 ff.).
Zwar ist maßgebender Zeitpunkt dieser Prognose grundsätzlich der Zeitpunkt der Beschlussfassung des Kreistages über die Haushaltssatzung. Dieser Zeitpunkt stellt allerdings keine Zäsur dahingehend dar, dass damit endgültig über die Höhe des Umlagesatzes für das entsprechende Haushaltsjahr befunden wäre, denn der Kreistag hat – wie auch die vorliegenden Änderungen des Umlagesatzes für dasselbe Haushaltsjahr belegen – die Möglichkeit, die Kreisumlage vorläufig aufgrund des Umlagesatzes des abgelaufenen Haushaltsjahres zu erheben oder diesen Satz zu ändern: Nach § 18 Abs. 3 BbgFAG kann der Landkreis die Kreisumlage nach den Maßgaben des abgelaufenen Haushaltsjahres erheben, wenn der Umlagesatz zu Beginn des Haushaltsjahres noch nicht festgesetzt ist oder die endgültigen Umlagegrundlagen noch nicht bekannt gemacht wurden; nach der Festsetzung des Umlagesatzes und endgültiger Bekanntmachung der Umlagegrundlagen für das laufende Haushaltsjahr erfolgt die Verrechnung auf der Grundlage der endgültigen Festsetzung der jeweiligen Kreisumlageforderung. Nach § 18 Abs. 1 S. 2 bis 4 BbgFAG kann der Umlagesatz zudem einmal im Laufe des Haushaltsjahres – im Falle einer Erhöhung des Umlagesatzes jedoch nur bis zum 29. Juni des Haushaltsjahres – geändert werden, wobei die Änderung auf den Beginn des Haushaltsjahres zurückwirkt. Aus diesen rechtlichen Möglichkeiten folgt die Pflicht des Landkreises, die Auswirkungen des beschlossenen Umlagesatzes auf die Leistungskraft der kreisangehörigen Gemeinden auch nach dessen Genehmigung zu beobachten und dessen Höhe erforderlichenfalls im Rahmen eines Nachtragshaushaltes anzupassen (OVG des Saarlandes, Urt. v. 29. August 2001 – 9 R 2/00 –, juris Rn. 101-112).
Den vorstehenden Anforderungen hat der Landkreis D ... den von ihm vorgelegten Unterlagen nach nicht vollumfänglich entsprochen.
Die Planung zur Höhe der Kreisumlage des Haushaltsjahres 2019 ist schon deshalb unzureichend, weil die Kämmerei des Landkreises in ihrer ab dem Juli/August 2018 beginnenden Haushaltsplanung n i c h t auf die aktuellen Haushaltsplanungen der kreisangehörigen Städte und Gemeinden für das Haushaltsjahr 2019, sondern auf Kenndaten des nahezu abgelaufenen Haushaltsjahrs 2018 und älter zurückgegriffen hat: Im Nachgang zu dem nach Aktenlage vom Landkreis D ... am 13. Juni 2018 begonnenen Verfahren zur Aufstellung des Kreishaushalts 2019/2020 hat der Kämmerer die Kommunalaufsicht am 13. August 2018 ersucht, auf der Grundlage der dort vorliegenden Haushalts- und Jahresabschlussunterlagen der Städte und Gemeinden jeweils die Daten des Ergebnis- und Finanzhaushaltes der Haushaltsjahre 2017/2018 sowie hinsichtlich des Jahresabschlusses 2016 bzw. des letzten aktuellen Jahresabschlusses den Bestand der Rücklagen und den Kassenbestand zum 31. Dezember 2017 mitzuteilen. Die Daten könnten nur mit einem „erheblichen personellen und zeitlichen Aufwand“ beschafft werden. Entsprechend werden auf Seite 29 des Vorberichts zum Haushaltsplan lediglich die Planansätze der kreisangehörigen Gemeinden für das Haushaltsjahr 2018 aufgeführt.
Diese Anfrage an die Kommunalaufsicht und die in ihrem Nachgang mitgeteilten und lediglich aus zwei in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Übersichten und – teilweise hiervon abweichend – dem Vorbericht zur Haushaltssatzung bestehenden Daten genügen den Anforderungen nicht. Das Verfahren ist schon im Ausgangspunkt unzureichend, weil es die eigentlich relevante Bedarfsplanung der Städte und Gemeinden für das Haushaltsjahr 2019 nicht abfragt, sondern sogleich und ohne für das Gericht nachvollziehbare Hinderungsgründe auf die Kenndaten der Gemeinden zur Finanzkraft für die (im Zeitpunkt der Beschlussfassung durch den Kreistag abgelaufenen) Haushaltsjahre 2017 und 2018 abstellt, obwohl plausibel wäre, dass entsprechend der Haushaltsplanung des Landkreises auch Haushaltsplanungen der Städte und Gemeinden für das Haushaltsjahr 2019 vorlagen oder jedenfalls in absehbarer Zeit vorliegen würden. Die Daten der Städte und Gemeinden zur Finanzlage im Haushaltsjahr 2018 lassen jedoch keine hinreichenden Schlüsse auf die Bedarfsansätze der Kommunen für das Haushaltsjahres 2019 zu, wie vorliegend bereits die Haushaltsplanung des Landkreises selbst angesichts des hohen Investitionsbedarfs ab dem Haushaltsjahr 2019 verdeutlicht. Dass jedenfalls hinsichtlich einzelner Städte und Gemeinden ohne Weiteres aktuelle Haushaltsplanungen verfügbar gewesen wären, ergibt sich aus den Haushaltsplanungen der Klägerin selbst, deren Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2019 vom 27. November 2018 im Amtsblatt für die Gemeinde E ... Nr. 14/2018 vom 07. Dezember 2018 bekannt gemacht wurde. Diese Vorgehensweise ist umso bedenklicher, als der Vorbericht zur Haushaltssatzung (S. 29, oben) selbst darauf verweist, dass „bei 21 Kommunen (…) die Finanzierung des Kapitaldienstes gefährdet (sei), sofern keine ausreichende Liquidität vorhanden (…) (sei)“.
Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass das von Seiten des Landkreises für das Haushaltsjahr 2019 praktizierte Verfahren der Ermittlung des Finanzbedarfs der kreisangehörigen Städte und Gemeinden vom Verwaltungsgericht im Übrigen anhand der – offenbar nach wie vor ungeachtet wiederholter Hinweise des Gerichts lückenhaften – Unterlagen nicht hinreichend überprüft werden kann. So beschränkt sich die Anfrage an die Kommunalaufsicht ohne nachvollziehbaren Grund von vornherein auf die Jahresabschlüsse des Jahres 2016 oder gar älter („Jahresabschluss 2016 bzw. letzter aktueller Jahresabschluss“) und es ist auch den Angaben des Kämmerers des Landkreises in der mündlichen Verhandlung nach offen, welche (aktuelleren) Jahresabschlüsse jedenfalls von größeren Gemeinden und Städten verfügbar waren und möglicherweise auch der Kämmerei vorlagen. Die vorliegenden Unterlagen verhalten sich auch hierzu nicht, insbesondere gibt es, von den Übersichten Bl. 9, 10 der Beiakte I und dem Vorbericht zur Haushaltssatzung abgesehen, kein Datenmaterial zu der Finanzsituation der Kommunen. Die teilweise widersprüchlichen Angaben im Vorbericht zum Haushaltsplan 2019/2020, in dem es auf der einen Seite in allgemeiner Form lediglich heißt, eine „umfassende“ Feststellung des Finanzbedarfes aller Städte und Gemeinden unter Heranziehung von aktuellen Jahresabschlüssen sei „allerdings nicht möglich“ gewesen, da nur „wenige Kommunen“ über einen „nahezu aktuellen Jahresabschluss“ verfügt hätten (S. 28), und in dem auf der anderen Seite (S. 29 des Vorberichts in der Fußnote 5) davon die Rede ist, „wegen der fehlenden aktuellen Jahresabschlüsse“ hätten keine Aussagen zur Liquiditätslage „der Kommunen“ getroffen werden können – womit nahegelegt wird, dass der Kämmerei keinerlei Jahresabschlüsse der Städte und Gemeinden vorlagen – können ebenfalls nach wie vor nicht nachvollzogen werden. Die auf Seite 29 des Vorberichts zur Haushaltssatzung bezeichneten Planansätze der kreisangehörigen Städte und Gemeinden für das Haushaltsjahr 2018 schließlich sind mit den Ansätzen in den Verwaltungsunterlagen (S. 9 BA I) nur teilweise deckungsgleich.
Inwieweit ein „erheblicher personeller und zeitlicher Aufwand“ den Landkreis, die Kämmerei oder die Kommunalaufsicht gehindert haben sollte, sich konkrete Bedarfsansätze zum Finanzbedarf der Städte und Gemeinden zu verschaffen, wird nicht ansatzweise – und zwar weder in den vorgelegten Unterlagen noch zumindest im verwaltungsgerichtlichen Klageverfahren – erläutert. Hiervon abgesehen wäre ein „erheblicher personeller und zeitlicher Aufwand“ für sich genommen ohnehin nicht geeignet, Abstriche an den verfassungsrechtlichen Anforderungen zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Schuldner der Kreisumlage zuzulassen. Auch ansonsten bleibt es der Beklagte schuldig, Hinderungsgründe für das Gericht nachprüfbar darzulegen und durch Vorlage entsprechender Unterlagen nachzuweisen, so dass offen bleiben kann, ob in welcher Weise sich „aktuelle Informationen“ auch aus den Daten vergangener Haushaltsjahre ergeben könnten.
Die Vorgehensweise des Landkreises im Haushaltsjahr 2019 ist für das Gericht – auf der Grundlage der vorgelegten Unterlagen und des Vortrags des Beklagten im Klageverfahren – umso weniger überzeugend, als der Landkreis auf der einen Seite nach Beginn der Haushaltsplanungen für das Jahr 2019 etwa zwei Monate hat verstreichen lassen, bevor er der Frage des Finanzbedarfs der Schuldner der Kreisumlage überhaupt nachgegangen ist. Darüber hinaus stand dem Landkreis nach § 18 Abs. 3 BbgFAG die Möglichkeit offen, die Kreisumlage (zunächst) nach den Maßgaben des abgelaufenen Haushaltsjahres zu erheben und sich hiermit für die Abwägung des Finanzbedarfs von Landkreis und kreisangehörigen Kommunen im Haushaltsjahr 2019 mehr Zeit zu verschaffen
Nach alledem genügen die Ermittlungen des Landkreises für das Haushaltsjahr 2019 den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht, weil dem Kreistag selbst nicht „zumindest ein bezifferter B e d a r f s ansatz für jede kreisangehörige Gemeinde“ vorgelegen hat. In diesem Zusammenhang unterstellt die Kammer, dass dem Kreistag entsprechend den Ausführungen des Kämmerers in der mündlichen Verhandlung auf Fragen des Gerichts jedenfalls der Vorbericht zur Haushaltssatzung vorlag. Auch diese Frage kann allein auf der Grundlage der vorliegenden Unterlagen nicht beurteilt werden, denn die Einladung zur Sitzung des Kreistages am 27. Februar 2019 verweist auf keinerlei Anlagen und den von Seiten des Beklagten vorgelegten Vorgängen nach gab es jedenfalls in den Ausschüssen des Kreistages Wünsche, über die „Power-Point-Präsentation“ hinaus Unterlagen vorgelegt zu bekommen.
2.3 Die Mängel des von Art. 28 Abs. 2 GG vorgegebenen Ermittlungs- und Beteiligungsverfahrens führen zur Nichtigkeit des § 4 der Haushaltssatzung 2019/2020 des Landkreises D ... .
Zwar hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg – in Rahmen eines Berufszulassungsverfahrens – ausgeführt, die vom Bundesverwaltungsgericht aus Art. 28 Abs. 2 GG abgeleiteten Anforderungen an einen Landkreis, nicht nur den eigenen Finanzbedarf, sondern auch denjenigen der umlagepflichtigen Gemeinden zu ermitteln und seine Entscheidungen in geeigneter Form - etwa im Wege einer Begründung der Ansätze seiner Haushaltssatzung - offenzulegen, um den Gemeinden und gegebenenfalls den Gerichten eine Überprüfung zu ermöglichen (BVerwG, Urt. v. 31. Januar 2013 – BVerwG 8 C 1.12 –, juris Rn. 14) dienten der Ausfüllung des rechtsstaatlichen Willkürverbots und hiermit sei nicht „gesagt, dass die Festlegung der Kreisumlage unabhängig von der Leistungsfähigkeit der Gemeinden immer schon dann rechtswidrig ist, wenn eine vorherige Ermittlung des Finanzbedarfs der umlagepflichtigen Gemeinde und die Offenlegung der Entscheidungen des Kreises nicht oder nicht umfassend erfolgt“ sei. Fehlten von vornherein Anzeichen dafür, dass die konkrete Festlegung der Kreisumlage zu einer strukturellen Unterfinanzierung der klagenden Gemeinde und damit zu einer Verletzung der Selbstverwaltungsgarantie führe, oder könne der Landkreis im Prozess nachweisen, dass er nicht nur den eigenen, sondern auch den gleichrangigen Finanzbedarf der kreisangehörigen Gemeinden in den Blick genommen habe, rechtfertige allein eine fehlerhafte Vorgehensweise im Vorfeld der Festlegung nicht die Aufhebung des Umlagebescheides“ (Beschl. v. 24. April 2017 – OVG 12 N 58.16 – juris Rn. 8; a. A.: BVerwG, Urt. v. 27. September 2021 – BVerwG 8 C 30.20 –, juris Rn. 22; OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Urt. v. 17. März 2020 – 4 L 184/18 –, juris Rn. 58; Bayerischer VGH, Urt. v. 14. Dezember 2018 – 4 BV 17.2488 –, ZKF 2019, 91 ff., 93; Thüringer OVG, Urt. v. 07. Oktober 2016 – 3 KO 94/12 – juris Rn. 52 ff.; Saner: „Zur Ermittlungspflicht des Landkreises bei der Erhebung der Kreisumlage“, LKV 2022, 253, 255).
Ungeachtet der Frage, ob der Senat an diesen Ausführungen, die zudem in Zusammenhang mit dem Berufszulassungsgrund der Divergenz nach § 124 Abs. 1 Nr. 4 VwGO stehen, in Ansehung der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts festhalten würde, ist ihnen in der Sache vorliegend nicht zu folgen. Zwar rechnet die Klägerin innerhalb der Gruppe der Gemeinden des Landkreises, die den gesetzlichen Haushaltsausgleich im Haushaltsjahr 2018 haben vornehmen können, zu den finanzstärksten Kommunen und sie hat sich im bisherigen Verfahren selbst nicht darauf berufen, dass ihr Recht auf eine finanzielle Mindestausstattung berührt sei. Es lässt sich jedoch nicht feststellen, dass der Landkreis D ... dem Finanzbedarf aller Gemeinden – und damit auch dem Finanzbedarf der Klägerin – ein den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügendes Gewicht beigemessen hat. Der Landkreis hat bei seiner Haushaltsplanung des Jahres 2019 auf seine mittelfristige Finanzplanung der Jahre 2019 bis 2023 abgestellt und die Kreisumlage ihrer Höhe nach zwar von 38 v. H. im Haushaltsjahr 2018 (§ 4 Abs. 1 der Zweiten Nachtragshaushaltssatzung des Landkreises D ... für die Haushaltsjahre 2017 und 2018 vom 22. März 2018, Amtsblatt für den Landkreis D ... Nr. 08 vom 23. März 2018) auf 36 v. H. im Haushaltsjahr 2019 reduziert, von einer weitergehenden Reduzierung jedoch angesichts seines hohen Investitionsbedarfs abgesehen. Dieses Abstellen auf die mittelfristige Finanzplanung und den anstehenden Investitionsbedarf ist zwar – wie oben ausgeführt – im Grundsatz zulässig, es erweist sich jedoch gegenüber den gleichgerichteten Finanzinteressen der kreisangehörigen Gemeinden als einseitig und rücksichtslos, wenn der Landkreis insoweit – wie jedoch vorliegend – nicht auf aktuelles, sondern veraltetes Datenmaterial der vergangenen Haushaltsjahre abstellt. Vor diesem Hintergrund legt die Kammer zugrunde, dass die Beachtung der aus Art. 28 Abs. 2 GG folgenden Ermittlungs- und Offenlegungspflicht des Kreises eine verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeitsvoraussetzung der Festsetzung des Kreisumlagesatzes darstellt, deren Verletzung von Verfassungs wegen zur Unwirksamkeit der Satzungsnorm führt (BVerwG, Urt. v. 27. September 2021 – BVerwG 8 C 30.20 –, juris Rn. 22).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 709 S. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Die Berufung gegen das Urteil ist nicht zulassen, weil die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO nicht vorliegen, § 124a Abs. 1 S. 1 VwGO. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hätte. Das wäre nur dann der Fall, wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwerfen würde, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Berufungsverfahren geklärt werden müsste (OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 31. August 2021 – OVG 10 N 66.18 –, juris Rn. 15). Das ist hier weder ersichtlich noch hinreichend dargelegt, insbesondere sind die vorliegend maßgeblichen Fragen zwischenzeitlich höchstrichterlich geklärt.