Gericht | VG Cottbus 3. Kammer | Entscheidungsdatum | 15.09.2022 | |
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Aktenzeichen | 3 K 1573/20 | ECLI | ECLI:DE:VGCOTTB:2022:0915.3K1573.20.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 5 GräbG, § 5 GräbG-AGBbg, § 37 VwVfG, § 49 VwVfG, § 49a VwVfG |
Der Bescheid des Beklagten vom 10. Oktober 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. September 2020 wird aufgehoben, soweit er einen Aufhebungs- und Erstattungsbetrag in Höhe von 44.112,29 € übersteigt und unter Ziffer 3 des Bescheides Zinsen beansprucht werden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Kläger wendet sich gegen den teilweisen Widerruf eines Zuwendungsbescheides für das Jahr 2017 für die Gräberanlage der Kriegsgräberstätte „W...“.
Unter dem 21. Juni 2001 schlossen der Kläger und der V...(nachfolgend: V...) einen zum 1. Januar 2002 beginnenden Vertrag zur Übernahme der Pflege, Instandsetzung und Instandhaltung des W.... Dort finden sich u. a. folgende Regelungen: Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Vertrages verpflichtet sich der V..., auf der Grundlage des Gräbergesetzes und der Verwaltungsvorschrift zum Gräbergesetz (GräbVwV) die erforderlichen Pflege- und Instandsetzungsarbeiten im Auftrag des Amtes durchzuführen sowie die amtliche Gräberliste zu führen und kontinuierlich zu aktualisieren. Gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 des Vertrages hat der V...das Recht, nach vorheriger Zustimmung des Klägers außerordentliche Ergänzungs- und Instandsetzungsarbeiten durchzuführen, die nicht durch die Pflegepauschale abgedeckt sind und zu diesem Zweck in eigenem Namen Leistungen auszuschreiben oder selbstständig zu erbringen. Gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 des Vertrages verpflichtet sich der Kläger, dem V...die vom Land jährlich für den W...zweckgebunden zugewiesenen Erstattungen (Pflegepauschale) nach den Maßgaben der zuweisenden Behörde unverzüglich zur Verfügung zu stellen. Gemäß § 6 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 des Vertrages werden die mit der Pflege und Betreuung befassten Personen entsprechend den Richtlinien des V...und in Anlehnung an den BAT angestellt, wobei Rechtsverpflichtungen aus deren derzeitigen oder früheren Arbeitsverhältnissen nicht vom V...übernommen werden.
Der Beklagte bewilligte unter dem 10. November 2017 dem Kläger für das Jahr 2017 einen Betrag in Höhe von 173.700,00 €. In dem Bewilligungsbescheid heißt es in der Überschrift: „Ausführungen des Gräbergesetzes“ und „Mittelzuweisung nach § 5 Abs. 2 und 3 Nr. 2 GräbG-AGBbg / Pflege- und Instandsetzungspauschale für das Jahr 2015.“ Im Weiteren heißt es, die Zuweisung erfolge auf der Grundlage des Gesetzes über die Erhaltung der Gräber der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft (Gräbergesetz) und der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Gräbergesetz. Die Mittel seien zweckgebunden für die Deckung von Aufwendungen für die Anlegung, Instandsetzung und Pflege nach § 5 Abs. 3 Gräbergesetz und der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Gräbergesetz der auf dem „W...“ befindlichen Gräber der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft zu verwenden.
Der V...beschäftigte im Jahr 2017 auf dem W...vier Vollzeitkräfte, wobei eine Person als Friedhofsverwalterin auch Verwaltungsaufgaben wahrnahm und eine andere Person eine Schwerbehinderung mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 80 aufweist. Für diese ist selbstständiges Arbeiten sehr schwer zu bewerkstelligen. Sie geht ihrer Arbeit nur unter Aufsicht und nach detaillierter Anweisung durch die Friedhofsverwalterin nach.
Im Juli 2018 rechnete der Kläger gegenüber dem Beklagten die Aufwendungen für die sog. Instandsetzungs- und Pflegepauschale für das Jahr 2017 ab. Demnach beliefen sich die Gesamtausgaben auf 162.843,07 €. Im Einzelnen machte der Kläger – soweit hier streitgegenständlich – folgende Positionen geltend:
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Mit Schreiben vom 30. Juli 2018 teilte das Ministerium des Innern und für Kommunales des Landes Brandenburg (nachfolgend: MIK) dem Beklagten mit, dass eine zweckwidrige Mittelverwendung durch den V...festgestellt worden sei. In der Folge wandte sich der Beklagte – teilweise gemeinsam mit dem MIK – wiederholt an den Kläger und erbat detaillierte Darstellungen zur tatsächlichen Verwendung der Mittel aus der Instandsetzungs- und Pflegepauschale unter anderem im Jahr 2017.
Mit Schreiben vom 20. Dezember 2018 nahm der Kläger Stellung und legte als Anlagen Aufstellungen über „Bundeswehraufträge 2015-2017“, Aufwendungen für Reservisten für die Jahre von 2015 bis 2017 sowie einen „Maßnahmeplan 2019 und Folgejahre“ vor.
Mit Schreiben vom 19. März 2019 teilte das MIK dem Beklagten mit, dass entsprechend übersandter Abrechnungsunterlagen des V...eine Vielzahl von geltend gemachter Leistungen nicht erstattungsfähig seien. Dabei handele es sich im Wesentlichen um Aufwendungen für die Gebäudeunterhaltung, bei welchen es sich nicht um Aufwendungen der Pflege und Instandsetzung handele, und zudem um Personalkosten der beim V...beschäftigten Friedhofsverwalterin, soweit diese mit Verwaltungstätigkeiten beauftragt gewesen sei. Zudem übersandte das MIK an den Beklagten mit E-Mail vom 20. März 2019 als Anlage eine tabellarische Übersicht zu den abgerechneten Leistungen des V...sowie ein Votum zur Erstattungsfähigkeit.
Mit Anhörungsschreiben vom 26. August 2019 bezifferte der Beklagte gegenüber dem Kläger die nach damaliger Aktenlage und seiner Auffassung nach für die Jahre von 2015 bis 2017 zu berücksichtigenden Erstattungsbeträge wegen zweckfremder Verwendungen und gab Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 10. September 2019.
Mit Schreiben vom 9. September 2019 führte der Kläger insbesondere aus, dass die Kostenzuordnung, wie sie vom MIK beabsichtigt sei, nicht „ansetzbar“ wäre. Zudem übersandte er in der Anlage eine Aufstellung zu den von der Friedhofsverwalterin zu erbringenden Tätigkeiten.
Mit Bescheid vom 10. Oktober 2019 widerrief der Beklagte den Bescheid vom 10. November 2017 für einen Teilbetrag in Höhe von 44.653,75 € (Ziffer 1) und forderte den Kläger auf, diesen Betrag unverzüglich zu erstatten (Ziffer 2). Gemäß Ziffer 3 des Bescheides ist der Erstattungsbetrag vom Eintritt der teilweisen Unwirksamkeit des genannten Bescheides an mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, dass es sich hinsichtlich des bezeichneten Betrages um Mittel handele, welche zweckwidrig verwendet worden seien. Der Kläger habe die zweckfremde Verwendung nicht bzw. nicht plausibel widerlegen können. Die Höhe des Betrages ergebe sich aus den nicht erstattungsfähigen Aufwendungen. Der Kläger habe auch gewisse Eigenanteile zu leisten, z. B. personelle und sächliche Verwaltungskosten oder für den Grabschmuck. Zur Begründung der Verzinsung führt er aus, es seien nach § 49a Abs. 3 Satz 2 VwVfG keine Gründe gegeben, von der Geltendmachung abzusehen. Damit sei er verpflichtet, diese geltend zu machen. Dem Bescheid lag eine tabellarische Darstellung des MIK bei, welche folgende Abzugspositionen auswies:
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Hiergegen erhob der Kläger unter dem 23. Oktober 2019 Widerspruch. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass die als zweckwidrig Mittelverwendung aufgeführte Pflegekoordination die Planung und Kontrolle der Pflege- und Instandsetzungsmaßnahmen beinhalte und zu den Pflegepersonalkosten gehöre. Die freiwilligen Einsätze des Verbandes der Reservisten trügen zum guten Pflegezustand des W...bei und seien Teil der Friedensarbeit des V.... Diese seien vom Bundesministerium der Verteidigung ausdrücklich erwünscht und würden unterstützt. Die dabei anfallenden Reise- und Übernachtungskosten der Bundeswehrbeauftragten für die Planung der Einsätze der Reservisten seien erforderlich. Das Handgeld in Höhe von 4,50 € pro Tag und die Verpflegung sowie die Geschenkartikel diene als Anerkennung ihres unentgeltlichen Einsatzes. Grabschmuck und Blumengebinde seien der jährlich stattfindenden Gedenkveranstaltungen dienlich. Soweit die durch die Bundeswehr erbrachten Leistungen durch Firmen erbracht werden müssten, würde dies zu erheblich höheren Kosten führen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 7. September 2020 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er ergänzend aus, dass hinsichtlich der Position Pflegekoordination zwar Aufwendungen für die Planung grundsätzlich erstattungsfähig seien. Vorliegend handele es sich aber um Personalkosten für Pflegemaßnahmen, die den persönlichen Verwaltungskosten zuzurechnen seien und nicht zu den erstattungsfähigen Aufwendungen zählten. Für eine Erstattung von Reise- und Übernachtungskosten der Bundeswehrbeauftragten für die Planung von Reservisteneinsätze fehle es an einer Rechtsgrundlage. Ebenso verhalte es sich hinsichtlich des Grabschmucks und der Blumengebinde. Erstattungsfähig seien bei der Anlegung und Verlegung von Gräbern insoweit lediglich Aufwendungen, die zu einer schlichten und würdigen Grabstätte notwendig seien. Selbst an Gedenk- und Feiertagen gehörten die Ausschmückung von Gräbern nicht zu den erstattungsfähigen Pflegemaßnahmen. Soweit die zur Verfügung gestellte Zuweisung der Höhe nach nicht ausreiche, stehe die Möglichkeit offen, andere Mittel für Maßnahmen zu beantragen.
Am 24. September 2020 hat der Kläger Klage erhoben. Er ist der Ansicht, die angegriffenen Bescheide seien bereits formell rechtswidrig, da diese nicht der Landrat unterzeichnet habe. Zudem verstoße der Bescheid gegen den Bestimmtheitsgrundsatz, da sich aus diesem nicht ergebe, hinsichtlich welcher konkreten Aufwendungen der Widerruf erfolgen solle. Die vorgenommene Schätzung bezüglich der Position Löhne und Gehälter sei willkürlich. Bereits im Zuwendungsbescheid fehle es an einer genauen Zweckbestimmung. Der dort benutzte Begriff einer „Pauschale“ lege nahe, dass eine Leistung, die sich aus verschiedenen einzelnen Positionen zusammensetze, ohne nähere Spezifizierung abgegolten sei. Eine Pauschale solle regelmäßig die konkrete Feststellung und Prüfung angefallener Kosten ersparen und diene der Verfahrensvereinfachung. Der Verweis auf verschiedene Rechtsvorschriften genüge nicht für eine konkrete Zweckbestimmung. Der Bescheid sei nicht ordnungsgemäß begründet. Unklar bleibe, welche Aufwendungen aus welchem Grund und in welchem Umfang zweckwidrig verwendet worden seien. Die Begriffe „Zweckwidrigkeit“ und „Erstattungsfähigkeit“ stellten keine Synonyme dar. Der Kläger habe nicht dafür Sorge zu tragen, dass die ihm zugewiesenen Mittel nur für solche Aufwendungen eingesetzt würden, die der Bund den Ländern erstatte. Eine solche Differenzierungsverpflichtung ergebe sich weder aus dem Ausgangsbescheid noch aus der Natur der Sache. Diese Unklarheit gehe zu Lasten des Beklagten. Unabhängig von einer fehlenden Erstattungsfähigkeit sei dem Beklagten nicht untersagt, die Aufwendungen zu tragen. Die Frist für einen Widerruf sei jedenfalls zum Zeitpunkt der Entscheidung überschritten gewesen. Schließlich habe der Beklagte kein eigenes Ermessen ausgeübt.
Die Kläger beantragt,
den Widerrufsbescheid vom 10. Oktober 2019 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 7. September 2020 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er im Wesentlichen auf die angefochtenen Bescheide. Er ist zudem der Ansicht, die Klage sei bereits unzulässig, da der Widerspruch nicht vom Amtsdirektor unterzeichnet sei. Für die Schätzung des Anteils der Gesamtarbeitszeit der Friedhofsverwalterin für Verwaltungsaufgaben auf 50 % spreche schon allein der Umfang, der aus der formalen Aufzählung der Arbeitsaufgaben ersichtlich sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die jeweils zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, Bezug genommen.
Die Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
I. Die Klage ist als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Zulässigkeit der Klage steht insbesondere nicht entgegen, dass der Amtsdirektor nicht persönlich den Widerspruch vom 23. Oktober 2019 unterzeichnete. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Bauamtsleiter nicht zur Vertretung der Behörde befugt war. Wie der Hauptverwaltungsbeamte die Verwaltung und dessen Abläufe regelt, untersteht insoweit seiner Organisationshoheit. Dies folgt aus § 61 Abs. 1 Satz 2 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg (BbgKVerf). Danach regelt der Hauptverwaltungsbeamte die Aufbau- und Ablauforganisation der Gemeindeverwaltung und die Geschäftsverteilung. Selbst für den Fall, dass der Bauamtsleiter im Rahmen der Geschäftsverteilung ursprünglich nicht für die Erhebung des Widerspruchs berechtigt gewesen wäre, müsste sich der Kläger nach den Regeln der Anscheinsvollmacht die Erklärung der Erhebung des Widerspruchs zurechnen lassen, weshalb der Rechtsbehelf beim Beklagten wirksam angebracht worden wäre. Der Widerspruch wurde unter dem Kopfbogen des Klägers erhoben und „im Auftrag“ des Amtsdirektors gezeichnet. Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass der Beklagte den Widerspruch, den er nun als unzulässig erachtet, inhaltlich beschieden hat und sich auch auf die Klage sachlich eingelassen hat.
II. Die Klage ist teilweise begründet. Der angefochtene Bescheid ist hinsichtlich der Ziffern 1 bis 3 teilweise rechtswidrig und verletzt den Kläger insoweit in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Der unter Ziffer 1 des Bescheides verfügte Widerruf ist insoweit rechtswidrig, als dass er einen Betrag in Höhe von 44.112,29 € übersteigt.
a) Rechtsgrundlage für die Regelung unter Ziffer 1 des Bescheids ist § 1 Abs. 1 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Brandenburg (VwVfGBbg) i. V. m. § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes (VwVfG; im Folgenden werden ausschließlich die VwVfG-Normen des Bundes zitiert). Danach kann ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige Geldleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zweckes gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird. |
(e) Schließlich ist auch nichts dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass die diversen Artikel – offenkundig Malerzubehör – aus der Rechnung der Raiffeisen Warengruppe K... vom 30. April 2017 (Bl. 196 des Verwaltungsvorgangs) dem Verwendungszweck der Zuwendung entsprächen, also unmittelbar der Instandhaltung und Pflege der Gräber zugutekommen, weswegen sie als sächliche Verwaltungskosten ebenfalls in Abzug zu bringen waren. Dabei beachtete der Beklagte nicht, dass er mit dem Abzugsbetrag von 29,18 € einen Betrag i. H. v. 0,58 € zu Unrecht in Abzug brachte. Zahlpflichtig war der Kläger wegen eines gewährten Nachlasses von 2 % Skonto lediglich für 28,60 €. Einen höheren Betrag brachte er gegenüber dem Beklagten auch nicht in Ansatz. Auch die für den Kläger entstandenen Kosten i. H. v. 33,12 € für einen bei der Fa. Engelbert Strauss erworbenen Verbandskasten einschließlich der Kosten des Versands sind wegen Zweckwidrigkeit nicht erstattungsfähig. Soweit der Beklagte hierfür zu Gunsten des Klägers lediglich den Nettobetrag des Artikels i. H. v. 21,90 € in Abzug brachte, ist dies unschädlich. |
(f) Entsprechend verhält es auch mit den Aufwendungen für Hygieneartikel. Die auf der Rechnung der H... vom 11. Oktober 2017 bezeichneten Hygieneartikel mit einem Einkaufswert i. H. v. 137,46 € (Bl. 202 des Verwaltungsvorgangs) für Zellstoff, Handspülmittel, WC-Bürste, Allzweckreiniger, Falthandtücher und Allzweck-Handschuh sind nicht berücksichtigungsfähig. Es handelt sich hier ebenfalls um sächliche Verwaltungskosten, namentlich um Verbrauchsmittel, die zum Geschäftsbedarf der Verwaltungsaufgaben gehören. Dafür, dass diese Artikel der Pflege und Instandhaltung der Gräber unmittelbar zugutekommen, ist nichts vorgetragen und dies auch im Übrigen nicht ersichtlich. Indes übersah der Beklagte, dass dem Kläger wegen eines Skonto-Nachlasses von 2 % lediglich 137,46 € in Rechnung gestellt wurden anstatt 140,27 € im Falle eines Zahlungsausgleichs binnen 10 Tagen. Einen Betrag über 137,46 € machte der Kläger nicht geltend. |
Bezeichnung | Rechnung/ Beleg vom | Bl. d. Vw.-vorgangs | Abzugs- |
Löhne/Gehälter Mitarbeiterinnen | 13.03.2018 | 160 | 27.868,71 € |
Pflegekoordination | 06.01.2017 | 161 | 1.894,00 € |
Heizstrom (...400) 01.01.-31.12.2017 | 07.02.2018 | 310 f. | 2.097,39 € |
Strom (...639) 01.01.2015-31.12.2017 | 12.02.2018 | 315 f. | 6.049,45 € |
Kosten für Telefonie (Telekom) | 13.01.-12.12.17 | 162-173 | 527,12 € |
Kosten für Telefonie (Mobilfunk pauschal) | - | 263, 269 | 10,00 € |
F...(Desinfektion) | 17.08.2017 | 174 f. | 2.979,64 € |
Raiffeisen (div. Artikel) | 30.04.2017 | 196 | 28,60 € |
Verbandskasten (Fa. Engelbert Strauss) | 15.05.2017 | 199 | 21,90 € |
H...Hygiene (div. Artikel) | 11.10.2017 | 202 | 137,46 € |
H...Hygiene (Luftneutralisator) | 11.10.2017 | 201 | 48,94 € |
E...(Erneuerg. Deckenbel.) | 02.06.2017 | 206 | 82,50 € |
P...Wasseruntersuchung | 21.09.2017 | 182 f. | 280,84 € |
P...Wasseruntersuchung | 23.08.2017 | 184 f. | 332,24 € |
Post (Erwerb Postwertzeichen) | 08.03.-24.08.17 | 286, 292 | 11,20 € |
Post (Erwerb Postwertzeichen) | 19.07.2017 | 226, 269, 277 | 26,80 € |
C...(Toner) | 13.07.2017s | 207 | 297,99 € |
Gebühren Überwachg. Wasserversorgung | 02.08.2017 | 209 | 70,00 € |
Gebühren Überwachg. Wasserversorgung | 05.12.2017 | 210. | 50,00 € |
Abwassergebühren A... | 22.05.2017 | 297 | 460,00 € |
Bundeswehr Arbeitseinsätze H...I (Vorbereitungsfahrt L...) | 11.04.-19.04.17 | 224 ff., 242 f. | 188,40 € |
Bundeswehr Arbeitseinsätze H...II (Vorbereitungsfahrt O...) | 11.07.2017 | 246 f., 255 ff. | 66,39 € |
Bundeswehr Arbeitseinsätze H...III (Vorbereitungsfahrt B...) | 11.04.-19.04.17 | 263 f., 266 f. 284 | 188,40 € |
Blumengebinde (3 Kränze/Gestecke) | 15.05.-27.07.17 | 240, 254, 277 | 130,00 € |
Spreewälder Präsente | 27.07.2017 | 286, 293 | 49,56 € |
Kosten Verpflegung Mai 2017 | 17.07.2017 | 230 ff. | 144,72 € |
Kosten Verpflegung Juli 2017 | 17.07.2017 | 280 ff. | 38,04 € |
Kosten Verpflegung 11.07.2017 | 11.07.2017 | 286, 293 | 32,00 € |
SUMME: | 44.112,29 € |
(4) Die nach § 49 Abs. 2 Satz 2 VwVfG geltende Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG steht dem Widerruf hier nicht entgegen. Unabhängig davon, dass die Aufhebungsfrist zwischen Verwaltungsträgern keine Anwendung findet (BVerwG, Urteil vom 27. April 2006 – 3 C 23.05 – juris), beginnt diese erst zu laufen, wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die für die Rücknahme außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Soweit es um die Umstände geht, welche den Fristbeginn auslösen, handelt es sich nicht um eine behördliche Bearbeitungsfrist, sondern um eine Entscheidungsfrist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 1984 – GrSen 1/84 – juris, Rn. 17 f.). Danach beginnt die Jahresfrist erst zu laufen, wenn die Behörde ohne weitere Sachaufklärung objektiv in der Lage ist, unter fehlerfreier Ermessensausübung über die Rücknahme des Verwaltungsakts zu entscheiden. Die für die Rücknahme erheblichen Tatsachen sind der Behörde erst dann vollständig bekannt, wenn der Sachverhalt lückenlos und zutreffend ermittelt worden ist (§ 24 VwVfG). Zur Herstellung der Entscheidungsreife gehört in diesem Zusammenhang die Anhörung des Betroffenen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Dezember 2020 – 8 B 45/20 – juris, Rn. 5). Vorliegend unternahm es die Behörde mindestens bis zum 9. September 2019, den Sachverhalt näher aufzuklären. An diesem Tag nahm der Kläger zuletzt Stellung hinsichtlich des Anhörungsschreibens vom 26. August 2019, mit welchem insbesondere hinsichtlich des Umfangs der Tätigkeiten der Friedhofsverwalterin noch Nachfragen bestanden. Den Widerrufsbescheid vom 10. Oktober 2019 erließ der Beklagte nur wenige Wochen später. |