Gericht | VG Potsdam 3. Kammer | Entscheidungsdatum | 27.01.2023 | |
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Aktenzeichen | 3 K 2005/22 | ECLI | ECLI:DE:VGPOTSD:2023:0127.3K2005.22.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 114 Abs 2 ZPO, § 161 Abs 2 VwGO |
Mutwillig ist die Rechtsverfolgung, wenn die Klage möglicherweise hätte vermieden werden können, indem der Kläger erstmals mit der Klage übermittelte Nachweise bereits zuvor im verwaltungsbehördlichen Verfahren vorgelegt und so die Behörde in die Lage versetzt hätte, den geltend gemachten Anspruch umfassend zu prüfen.
Das Verfahren wird eingestellt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
1. Das Verfahren ist in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben.
Über die Kosten des Verfahrens ist nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden (§ 161 Abs. 2 VwGO).
Regelmäßig entspricht es der Billigkeit, ausgehend von dem Grundsatz des § 154 Abs. 1 VwGO, dem Beteiligten die Kosten aufzuerlegen, der ohne die Erledigung des Rechtsstreits voraussichtlich unterlegen wäre (BVerwG, Urteil vom 6. April 1989 – 1 C 70.86 –, juris Rn. 32; Clausing, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand August 2022, § 161 Rn. 23). Insoweit kommt es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses an (BVerwG, Beschluss vom 16. Oktober 2012 – 2 B 7.12 –, juris Rn. 2; OVG Lüneburg, Beschluss vom 8. Oktober 2014 – 7 MS 52/14 –, juris Rn. 65; Günther, DVBl. 1988, 612, 614). Gleichwohl kann es der Billigkeit entsprechen, die Kostenentscheidung ergänzend oder sogar ausschließlich an sonstigen Gesichtspunkten zu orientieren. Eine Rolle kann hierbei spielen, inwieweit die Erledigung durch einen Beteiligten herbeigeführt worden ist. Stets ist jedoch zu prüfen, ob das „Nachgeben“ nicht letztlich auf einem außerhalb des Einflussbereichs der Beteiligten liegenden Ereignis beruht oder durch eine Handlung des Gegners veranlasst wurde. In beiden Fällen rechtfertigt allein das Nachgeben die Kostenbelastung nicht (Clausing, a.a.O., § 161 Rn. 24 m.w.N.).
Hiervon ausgehend hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Aufenthaltsgewährung nach § 25a Abs. 1 AufenthG, die die Klägerin mit der Klage begehrte, setzt voraus, dass der jugendliche oder junge Ausländer den erfolgreichen Schulbesuch durch Vorlage von Zeugnissen oder Bescheinigungen der Schule nachweist (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 8. Februar 2018 – 13 LB 43/17 –, juris Rn. 48, 50). Nach den Angaben des Beklagten mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2022, die die Klägerin nicht bestritten hat, hat diese ihre Halbjahreszeugnisse erst mit Klageerhebung vorgelegt. Der Beklagte wurde daher erst nach Klageerhebung in die Lage versetzt, den Anspruch prüfen zu können und der Klägerin die begehrte Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Er hat durch sein Verhalten keine Veranlassung zur Erhebung der Klage gegeben und den Anspruch sofort anerkannt. Entsprechend des Rechtsgedankens von § 156 VwGO entspricht es daher der Billigkeit, der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
2. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG.
3. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat keinen Erfolg.
Gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Auch wenn eine hinreichende Erfolgsaussicht der Klage bestanden hätte, erscheint die Rechtsverfolgung der Klägerin durch eine Klageerhebung, ohne dem Beklagten zuvor die die zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis erforderlichen Nachweise vollständig zu erbringen, im vorliegenden Fall mutwillig, sodass eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe ausscheidet.
Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht, § 114 Abs. 2 ZPO. Damit ist darauf abzustellen, ob eine verständige Partei, die den Rechtsstreit auf eigene Kosten finanzieren muss, von der Prozessführung absehen oder sie nicht in gleicher Weise vornehmen würde. Dies wird etwa dann angenommen, wenn eine Klage möglicherweise hätte vermieden werden können, indem der Kläger ihm schon früher bekannte, erstmals mit der Klage vorgetragene Umstände spätestens im Widerspruchsverfahren vorgebracht und so die Widerspruchsbehörde in die Lage versetzt hätte, den angefochtenen Verwaltungsakt unter allen maßgeblichen Gesichtspunkten zu überprüfen (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. Oktober 2011 – OVG 6 M 23.09 –, juris Rn. 4; vgl. auch Wysk, in: ders., VwGO, 3. Aufl. 2020, § 166 Rn. 39: Mutwilligkeit bejaht, wenn Rechtsstreit durch eigenes Handeln vermeidbar). Nichts anderes kann gelten, wenn der Kläger erstmals mit der Klage übermittelte Nachweise bereits zuvor im verwaltungsbehördlichen Verfahren vorgelegt und so die Behörde in die Lage versetzt hätte, den geltend gemachten Anspruch umfassend zu prüfen. Dies hat die Klägerin, wie ausgeführt, nach den unbestrittenen Ausführungen des Beklagten nicht getan.