Gericht | VG Cottbus 3. Kammer | Entscheidungsdatum | 23.12.2022 | |
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Aktenzeichen | VG 3 K 539/19 | ECLI | ECLI:DE:VGCOTTB:2022:1223.3K539.19.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 34 Abs 2 BauGB, § 4 BauNVO, § 31 Abs 1 BauGB, § 13a BauNVO |
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks in der R ... Südlich der R ... findet Wohnbebauung statt mit Ausnahme der Bebauung auf dem Grundstück R ... 7b. Dort befindet sich ein Gebäude der örtlichen Feuerwehr. Östlich des Grundstücks der Klägerin schließt sich weitere Wohnbebauung an. Auf dem Grundstück R ... 48 befindet sich ein Gebäude, welches für diverse Feierlichkeiten aber auch für Verwaltungsangelegenheiten genutzt wird. Gegenüber dem Grundstück der Klägerin (R ... 36) war vormals ein Friseur ansässig, nunmehr wird das Grundstück privat genutzt. Es sind Pferdeställe vorhanden. An der nördlichen Seite der R ... nördlich des Dorfangers auf dem Grundstück R ... 22 ist ein Gewerbebetrieb gemeldet. Das Grundstück wird für einen Holzhandel genutzt, wobei die Ausfahrt und die Lagerung der Materialien im rückwärtigen (nördlichen) Bereich des Grundstücks erfolgt. An dem Grundstück R ... 21 findet sich ein Hinweis auf eine Trachtenschneiderei, im rückwärtigen Bereich ist eine Ansammlung von Holzscheiten zu erkennen. In Höhe des Grundstücks R ... 19 befindet sich eine langgestreckte baufällige anderthalbgeschossige Bebauung. Rückwärtig sind mehrere Holzstapel zu erkennen.
Am 19. Februar 2018 stellte die Klägerin den Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für das Vorhaben Umnutzung Wohnhaus zu Ferienhaus auf dem Grundstück R ... 2. Nach den eingereichten Bauvorlagen ist eine Zufahrt zwischen den Häusern auf den Grundstücken R ... 1 und 2 und die Anlage von zwei Stellplätzen im rückwärtigen südlichen Bereich des geplanten Ferienhauses vorgesehen. Die Bauvorlagen weisen die Unterbringungsmöglichkeit für 7 Gäste auf.
Mit Bescheid vom 3. Mai 2018 wies der Beklagte den Antrag auf Erteilung der Baugenehmigung ab. Zur Begründung führte er aus, das Vorhaben befinde sich in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil gemäß § 34 Baugesetzbuch (BauGB). Bei der Betrachtung des näheren Umfeldes des Vorhabens sei eindeutig ein faktisches Baugebiet - allgemeines Wohngebiet - erkennbar. Es würden sich dort überwiegend Wohngebäude sowie nicht störende Handwerksbetriebe befinden. Das Vorhaben sei nicht allgemein zulässig. Ein Ferienhaus gehöre zu den nicht störenden Gewerbebetrieben. Gemäß § 34 Abs. 2 BauGB sei bei nur ausnahmsweise zulässigen Vorhaben § 31 BauGB anzuwenden. Die Gemeinde habe dem Vorhaben hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zugestimmt. Damit sei die planungsrechtliche Zulässigkeit nicht gegeben.
Den Widerspruch der Klägerin vom 16. Mai 2018 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 21. Mai 2019 ab. Zur Begründung nahm er Bezug auf den Ausgangsbescheid und führte ergänzend aus, die Nutzung eines Gebäudes zum ständigen Wohnen sei nicht mit einer Nutzung als Ferienwohnung vergleichbar. Die Feriennutzung sei nicht allein auf das straßenbegleitende Wohngebäude beschränkt, sondern umfasse auch die Nutzung des hinteren Bereichs des Grundstücks. Dies sei ein Bereich, der auch den Nachbarn zu Erholungs- und Ruhezwecken diene. Es müsse befürchtet werden, dass die Bewohner der Nachbarschaft durch das Freizeitverhalten der Feriengäste beachtlich in diesem sensiblen Bereich gestört würden. Auch durch den An- und Abfahrtsverkehr der wechselnden Feriengäste sei mit unzumutbarer Lärmbelästigung beziehungsweise Störungen der Anwohner zu rechnen, die dem Gebot der Rücksichtnahme widersprechen würden. Aus diesen Gründen sei die Ferienwohnnutzung an dem geplanten Standort auch nicht ausnahmsweise zulässig.
Die Klägerin hat am 26. April 2019 Klage erhoben. Sie führt aus, es handele sich nach der faktischen Nutzung um ein Dorf-/Mischgebiet im Sinne des § 5 Baunutzungsverordnung (BauNVO). Damit sei die Nutzung als Ferienhaus generell zulässig. Auch verkenne der Beklagte das Vorhandensein von Handwerksbetrieben in der näheren Umgebung. So seien störende Handwerksbetriebe etwa auf dem Grundstück R ... 21 erlaubt, hingegen ihr Vorhaben untersagt worden. Sofern vorgetragen werde, es käme zu Störungen in der Nachbarschaft lägen Erklärungen von Nachbarn vor, wonach dies nicht der Fall sei. Auch sei der Ortsteil schon zu DDR-Zeiten als Nah- und Erholungsgebiet genutzt worden; es befänden sich dort noch Wochenendhäuser und eine Gartenanlage. Schließlich habe auch die Gemeinde im Widerspruchsverfahren ihr Einvernehmen erteilt.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 3. Mai 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. März 2019 zu verpflichten, ihr die am 19. Februar 2018 beantragte Baugenehmigung zur Umnutzung des auf dem Grundstück in Werben, R ... 2 befindlichen Wohnhauses als Ferienhaus zu erteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung nimmt er Bezug auf den Inhalt der angegriffenen Bescheide und führt ergänzend an, die Nachbarin hätte erhebliche Lärm- beziehungsweise Geruchsbelästigungen bei der Nutzung des Gebäudes als Ferienhaus angezeigt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Akte zu dem Verfahren 3 ... sowie den jeweils beigezogenen Verwaltungsvorgängen des Beklagten, Bezug genommen.
Die Entscheidung ergeht gem. § 6 Abs. 1 VwGO durch den Einzelrichter und gem. § 101 Abs. 2 VwGO im schriftlichen Verfahren nachdem die Beteiligten sich mit den Schriftsätzen vom 23. November und 12. Dezember 2022 mit einer solchen Verfahrensweise einverstanden erklärt haben.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Beklagten 3. Mai 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. März 2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten; ihr steht ein Anspruch auf die begehrte Baugenehmigung zur Umnutzung des Wohnhauses in ein Ferienhaus nicht zur Seite. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
Rechtsgrundlage für die Erteilung der begehrten Baugenehmigung ist § 72 Abs. 1 Satz 1 BbgBO. Danach ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen.
1. Das Vorhaben ist unter Beachtung der einschlägigen Vorschriften des Bauplanungsrechts nicht zulässig.
1.1. Nach § 34 Abs. 1 BauGB ist ein Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Ein Vorhaben fügt sich in diesem Sinne ein, wenn es bezogen auf die in der Vorschrift genannten Kriterien den seiner Umgebung ableitbaren Rahmen einhält, indem es dort ein „Vorbild“ oder eine „Entsprechung“ findet (Kammerbeschluss vom 25. September 2015, - 3 K 273/13 -, juris, Rn. 35, 36). Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Vorhaben richtet sich im Bereich des § 34 Abs. 1 BauGB somit nach dem sich aus der vorhandenen Bebauung ergebenden Maßstab. Diese vorhandene Bebauung bildet im Rahmen der Planersatzfunktion des § 34 Abs. 1 BauGB den die Zulässigkeit von weiteren Bauvorhaben bestimmenden Rahmen. Entspricht diese Bebauung einem der Baugebiete, die in der Baunutzungsverordnung geregelt sind, beurteilt sich die Zulässigkeit seiner Art nach indes alleine danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre, § 34 Abs. 2 BauGB.
Bei der Ermittlung der maßgeblichen Bebauungsstruktur ist nach dem Wortlaut des § 34 BauGB auf die "nähere Umgebung" abzustellen. Diese reicht so weit, wie sich die Ausführung des zur Genehmigung gestellten Vorhabens auswirken kann und wie die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt; es darf also nicht nur diejenige Bebauung als erheblich angesehen werden, die gerade in der unmittelbaren Nachbarschaft des Baugrundstücks überwiegt, sondern es muss auch die Bebauung der weiteren Umgebung des Grundstücks insoweit berücksichtigt werden, als auch sie noch "prägend" auf dasselbe einwirkt (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 19. September 1986 BVerwG 4 C 15.84 -, BVerwGE 75, 34, juris Rn. 28; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5. Juni 2015 - OVG 10 S 11.15 -, juris Rn. 4). Bei der Ermittlung des für das Einfügen relevanten Maßstabs ist grundsätzlich alles an Bebauung in den Blick zu nehmen, was in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist. Eine Beschränkung auf das, was von der vorhandenen Bebauung städtebaulich wünschenswert oder auch nur vertretbar ist, darf insoweit nicht vorgenommen werden. Nicht jegliche vorhandene Bebauung in der näheren Umgebung bestimmt jedoch ihren Charakter. Vielmehr muss alles außer Acht gelassen werden, was die vorhandene Bebauung nicht prägt - weil sie von ihrem quantitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft hat, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt - oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint (BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1990 - BVerwG 4 C 23.86 -, BVerwGE 84, 322, juris Rn. 12 ff.; BVerwG, Beschluss vom 16. Juni 2009 - BVerwG 4 B 50.08 -, BRS 74 Nr. 95, juris Rn. 6; BVerwG, Beschluss vom 13. Mai 2014 - BVerwG 4 B 38.13 -, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 217, juris Rn. 16). Für die Beurteilung der Frage, ob nicht genehmigte und nicht genehmigungsfähige bauliche Anlagen zu berücksichtigen sind, ist wesentlich, ob sie von den zuständigen Behörden in einer Weise geduldet werden, die keinen Zweifel daran lässt, dass sie sich mit dem Vorhandensein der Gebäude abgefunden haben (BVerwG, Urteil vom 06. November 1968 – IV C 31.66 –, juris Rn. 22). Auszuscheiden sind danach nicht genehmigte und auch nicht genehmigungsfähige Gebäude, deren Beseitigung jederzeit verlangt werden kann und dies nach Lage der Dinge auch zu erwarten ist (Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 122. EL 2016, § 34 Rn. 35). Die nähere Umgebung ist für die in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien jeweils gesondert abzugrenzen, weil diese jeweils eine Prägung mit ganz unterschiedlicher Reichweite und Gewichtung entfalten können (BVerwG, Beschluss vom 13. Mai 2014 - BVerwG 4 B 38.13 -, Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 217, juris Rn. 7; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 9. September 2010 - 2 A 508/09 -, juris Rn. 37; vgl. zu allem auch: Urteil der Kammer vom 06. April 2018 – 3 K 1753/15 – juris).
Für das Kriterium der Art der baulichen Nutzung ist das Gebiet grundsätzlich weiter zu fassen, als die nähere, prägende Umgebung betreffend das Maß der baulichen Nutzung. Dies ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass die nach außen tretende, spürbare Wirkung der Nutzungsart mit den von ihr ausgehenden Emissionen grundsätzlich weiter reicht als die Wirkung, die von dem Maß der baulichen Nutzung ausgeht.
1.2. Dies zugrunde gelegt, ist die nähere Umgebung des Vorhabengrundstücks für die Art der baulichen Nutzung derart abzugrenzen, dass sie die Bebauung entlang der R ... in einem Umkreis von ca. 200 m erfasst.
1.2.1. Das derart umgrenzte Gebiet ist entgegen der Auffassung der Klägerin kein Mischgebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 6 BauNVO. Dies würde eine gleichgewichtige Durchmischung von Wohnen und Gewerbe voraussetzen (vgl. Roeser in König/Roeser/Stock, BauNVO, Kommentar, 4. Auflage, Rn. 4 zu § 6), die hier nicht vorliegt. Vielmehr ist eine Wohnbebauung vorherrschend. Eine solche findet sich durchgehend an der südlichen Seite der R ... ausgehend von dem Grundstück mit der Bezeichnung R ... 10 bis hin zu dem Grundstück R ... 54 a (16 Anwesen). Der ehemalige Dorfkonsum ist dabei außer Betracht zu lassen, da dessen Nutzung vor ca. 20 Jahren eingestellt wurde. Es findet sich lediglich auf dem Grundstück R ... 7a zurückgesetzt ein kleines Gebäude der örtlichen Feuerwehr. Auch im Übrigen ist die Wohnbebauung vorherrschend. Östlich des Vorhabengrundstücks ist mit Ausnahme des Gebäudes auf dem Grundstück mit der Bezeichnung R ... 48 eine Wohnbebauung (ca. 20 Anwesen) gegeben. Auch nördlich des Vorhabengrundstücks überwiegt die Wohnnutzung. Dabei ist nicht zu verkennen, dass auch gewerbliche Nutzungen vorhanden sind. Festzuhalten ist freilich, dass im Rahmen der Ortsbesichtigung allenfalls für das Grundstück R ... 22 ein aktives Gewerbe (Holzhandel) festgestellt werden konnte und selbst dort ein entsprechendes Schild oder aber ein anderweitiger Hinweis auf den Gewerbestandort nicht aufzufinden war. Hingegen können die von der Klägerin aufgeführten Gewerbe - Elektromeister/Zimmerei –, unabhängig von der Frage, ob Baugenehmigungen vorliegen, nicht als die Umgebung prägend eingestellt werden. An dem Grundstück mit der Bezeichnung R ... 21 findet sich lediglich der Hinweis auf eine Trachtenschneiderei. Bei dem Grundstück mit der Bezeichnung D ... 20 ist gar kein Hinweis auf ein ansässiges Gewerbe zu finden. Beachtlich ist aber auch, dass etwa auf dem erstgenannten Grundstück zwar auch eine größere Ansammlung von geschnittenem Holz zu erkennen war, aber weder bei dem Ortstermin der Kammer noch bei dem vom Beklagten realisierten Besichtigungen störintensive Gewerbe festgestellt werden konnten. Nach dem Inhalt der angegriffenen Bescheide sind nur nicht störende Handwerksbetriebe vorhanden.
Angesichts der gerade dargestellten Art der baulichen Nutzung in der näheren Umgebung des Vorhabengrundstücks kann ferner der Annahme der Klägerin, die nähere Umgebung sei als Dorfgebiet nach § 5 BauNVO anzusehen, gleichermaßen nicht gefolgt werden. Es fehlt auch hier an dem erforderlichen Nebeneinander von Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe sowie Wohnnutzung.
1.2.2. Danach entspricht die Bebauung in der hier maßgeblichen Umgebung des Vorhabengrundstücks dem Gebietstyp „Allgemeines Wohngebiet“, § 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 4 BauNVO. Gem. § 4 BauNVO dienen allgemeine Wohngebiete vorwiegend dem Wohnen. Wohngebäude müssen demnach im Gebiet zahlenmäßig überwiegen und der Wohncharakter des Gebietes muss auch unter Berücksichtigung der Auswirkungen der anderen zulässigen Anlagen klar erkennbar sein (Stock, in: König/Roeser/Stock, a.a.O., § 4 Rn. 6). Dies ist mit Blick auf das Verhältnis von Wohnhäusern und sonstigen Nutzungsarten hier der Fall. Im allgemeinen Wohngebiet sind gem. § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO Handwerksbetriebe zulässig, die der Versorgung des Gebietes dienen und gem. § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise auch sonstige nicht störende Gewerbebetriebe und nach Nr. 3 Anlagen für die Verwaltung.
Vorliegend finden sich die oben dargestellten Nutzungen, wobei südlich der R ... und östlich des Vorhabenstandorts neben der Wohnbebauung nur Anlagen für die Verwaltung (Feuerwehr/Versammlungsstätte) und nördlich des Dorfangers nicht störende Gewerbebetriebe vorhanden sind. Soweit dies für den Holzhandel zu verneinen wäre, wäre dieser als Fremdkörper für die Bestimmung der Gebietsart auszublenden.
Mit Blick auf Bebauungsstruktur, insbesondere der gewerblichen Anlage auf dem Grundstück R ... 22 und den Anlagen für die Verwaltung ist trotz der weit überwiegenden Wohnnutzung die Annahme eines reinen Wohngebietes nach § 3 BauNVO, mit der Folge der Unzulässigkeit des Vorhabens schon kraft gesetzlicher Regelungen, nicht gerechtfertigt.
2.2. Auf die beantragte Umnutzung des Wohnhauses zu einem Ferienhaus hat die Klägerin keinen Anspruch. Hierbei ist beachtlich, dass nach § 13 a BauNVO Ferienwohnungen in der Regel zu den nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zulässigen nicht störenden Gewerbebetrieben zählen. Ferienwohnungen werden dabei als Räume oder Gebäude definiert, die einem ständig wechselnden Kreis von Gästen gegen Entgelt vorübergehend zur Unterkunft zur Verfügung gestellt werden und die zur Begründung einer eigenen Häuslichkeit geeignet und bestimmt sind. Der Begriff Ferienwohnung impliziert auch, dass eine Anmietung regelmäßig für Zwecke der Freizeit- und Urlaubsgestaltung erfolgt. Diese Nutzungsart unterscheidet sich vom Wohnen im Sinne der Baunutzungsverordnung. Der Begriff des Wohnens im Sinne von § 4 Abs. 1 BauNVO ist durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie Freiwilligkeit des Aufenthalts gekennzeichnet. Bei Fremdbeherbergung fehlt es indessen an einer Häuslichkeit, die auf Dauer angelegt ist, denn die Gäste halten sich nach dem Nutzungskonzept und seiner typischen Verwirklichung jeweils allenfalls wenige Wochen in diesen Räumlichkeiten auf (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Oktober 2017 – 4 CN 6/17 -, juris Rn. 14; Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. Mai 2016 – OVG 10 S 34.15 –, juris).
2.1. Eine Abweichung vom Regelfall ist nicht ersichtlich. Dies bedeutet im vorliegenden Fall aber auch, dass das Vorhaben nicht kraft Gesetzes zulässig ist, sondern nach § 34 Abs. 2 i.V.m. § 31 Abs. 1 BauGB nur im Wege einer Ausnahme zugelassen werden kann. Hierbei ist einzustellen, dass die Entscheidung Planungscharakter hat und sowohl die Gebietsverträglichkeit als auch das Regel-Ausnahme-Verhältnis gewahrt bleiben muss (vgl. Reidt in BauGB, Kommentar, 14. Auflage, Rn. 13, 14 und 16 zu § 31). Schließlich steht die Entscheidung im Ermessen der Baugenehmigungsbehörde.
2.2. Vorliegend spricht schon viel dafür, dass die beantragte Zulassung des Vorhabens mit dem zu beachtenden Grundsatz von Regel und Ausnahme nicht vereinbar ist. Gerade in Ansehung der auch von der Klägerin schon angesprochenen gewerblichen Nutzungen im unmittelbaren Nahbereich und den weiter vorhandenen Anlagen für die Verwaltung wäre in dem Bereich der Dorfmitte eine vielfältige sich vom Wohnen unterscheidende Nutzung zu finden und auch eine Reihe gewerblichen Nutzungen zu verzeichnen. Zudem ist die Vorbildfunktion zu beachten mit der Folge, dass die Behörde – hier der Beklagte – ähnliche Anträge bei der vorzunehmenden Ermessensbetätigung und dem dabei zu wahrenden Grundsatz der Gleichbehandlung nicht mehr zulässigerweise ablehnen könnte (vgl. Reidt, a.a.O., Rn. 19).
2.3. Unabhängig davon hat der Beklagte das ihm zukommende Ermessen mit den sich auch im Bescheid wiederfindenden Erwägungen zum Störpotential der beantragten Nutzung zutreffend betätigt. Das Rücksichtnahmegebot ist nämlich auch bei der Erteilung einer Ausnahme zu beachten (vgl. Reidt, a.a.O., Rn. 8; Schiller in Bracher/Reidt/Schiller, Bauplanungsrecht, 9.Aufl., Rn. 18.638).
Hierbei ist insbesondere die Nähe zur schutzbedürftigen Nachbarbebauung beachtlich. Die Zufahrt zu den im rückwärtigen Grundstücksbereich belegenen Stellplätzen führt unmittelbar an dem Gebäude des Nachbarn vorbei, wobei dort an der Grundstücksgrenze besonders schutzbedürftige (Schlaf-)Räume vorhanden sind. Zudem sind die Stellplätze nur 3,75 m vom Nachbargebäude angeordnet. Es liegt auf der Hand, dass es bei dem letztlich nicht steuerbaren Zugang von Feriengästen etwa zu den geschützten Zeiten, z.B. an Sonn- und Feiertagen oder aber in den Nachstunden, bei den üblichen Aus- und Einsteigevorgängen bzw. beim Gepäckein- und ausladen zu unzumutbaren Störungen kommt bzw. kommen kann. So liegen die Maximalpegel in 7,5 m Entfernung für ein Türenschlagen oder aber das Schließen der Heckklappe bei über 70 dB (A) (vgl. Bayerisches Landesamt für Umwelt, Parkplatzlärmstudie, 6. Aufl., S.55), während z.B. die Maximalwerte nach der Textziffer 6.1. e) der TA Lärm bei einem allgemeinen Wohngebiet für die Nacht bei 60 dB (A) liegen.
Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Immissionen nicht nur aus dem Ferienwohnen im Haus, sondern auch und insbesondere aus dem Freizeitverhalten auf dem Grundstück der Klägerin herrühren (können). Hierzu können die Erfahrungen aus Zeit der nicht genehmigten Nutzung mit eingebracht werden. Teil der Nutzung des Ferienhauses ist auch die Nutzung der Freiflächen. Der Gartenbereich des Hauses der Klägerin liegt auf der Höhe der Terrasse der Nachbarin und zieht sich bis tief nach Süden in den unbebauten Bereich. Gerade die Nutzung des Objektes als Ferienhaus mit mehreren Gästen bei nur einer Küche führt zu einer Nutzung von einer größeren Anzahl von Personen auf engem Raum, die - in aller Regel – auch in einem persönlichen Kontakt stehen. Damit einher geht die berechtigte Erwartung, dass insbesondere in den wärmeren Jahreszeiten das Objekt bei wechselnder Belegung regelmäßig zum geselligen Beisammensein, Grillen und Sporttreiben und anderen Freizeitaktivitäten auch unter Nutzung von Musikanlagen bis in die Nacht hinein genutzt wird. Von der Nachbarin der Klägerin wird in ihren Stellungnahmen vom 24. April und 09. Dezember 2018 nachvollziehbar berichtet, dass sie - gerade weil es weder einen Mindestabstand, noch eine bauliche Abschottung gibt – den auch besonders infomationshaltigen Geräusche unmittelbar ausgesetzt ist und dadurch ihr eigener, im rückwärtigen Grundstücksbereich belegener Ruhebereich nahezu gänzlich entwertet wird.
Soweit die Klägerin in dem Verfahren 3 ... vorträgt, es sei falsch, dass das rückwärtige Gartenhaus etwa dergestalt genutzt würde, dass sich Menschen unter dem Vordach aufhalten würden und der Begriff „Gartenhäuschen“ irreführend sei, bedeutet dies - wie auch der Umstand, dass der im vorliegenden Verfahren eingereichte Lageplan (Bl. 39 VV) nur den vorderen Grundstücksteil erfasst - nicht, dass die wertende Betrachtung auf diesen Bereich beschränkt werden müsste und auch nur könnte. Weder ist eine bauliche Trennung zwischen den einzelnen Grundstücksteilen ersichtlich, noch kann eine eingeschränkte Nutzung effektiv überwacht werden, da das Ferienhaus vollständig für Feriengäste zur Verfügung gestellt werden soll und von diesen - soweit ersichtlich – auch genutzt werden kann.
Schließlich wurde dem Bauantrag keine nach § 3 Abs. 2 i.V.m. § 9 BbgBauVorlV (vgl. hierzu auch: VG Schwerin, Urteil vom 16. Januar 2020 – 2 A 1308/18 SN – juris, Rn. 53, 54) an sich erforderliche Betriebsbeschreibung beigefügt, mithin sind auch keine die skizzierte Nutzung aufnehmende und diese etwa beschränkenden Regelungen vorhanden. Dies kann auch nicht durch der Baugenehmigung beigefügten Auflagen aufgefangen werden, da dies nur dann sinnvoll ist, wenn derartige Nebenbestimmungen effektiv umgesetzt werden können. Dies ist hier mangels eines vom Baubewerber selbst vorgegebenen Regimes nicht möglich. Auch kann die Um- bzw. Durchsetzung derartiger Regelungen letztlich nicht auf den Nachbarn oder gar die Baubehörde verlagert werden.
Nach alledem ist das Vorhaben mit dem sich aus § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ergebenden Rücksichtnahmegebot nicht vereinbar und die von dem Beklagten getroffenen Entscheidung dazu, eine Ausnahme nicht zu erteilen, nicht zu beanstanden. Von daher besteht seitens der Klägerin nicht nur kein Anspruch auf die begehrte Genehmigung, sondern auch kein Anspruch auf eine Neubescheidung des bei dem Beklagten eingereichten Antrags.
Unter Beachtung der obigen Erwägungen sind ferner die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB nicht erfüllt. Dem stehen die angesprochenen nachbarlichen Interessen erkennbar entgegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1,162 Abs. 3 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.