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Entscheidung 6 U 154/19


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 6. Zivilsenat Entscheidungsdatum 27.12.2022
Aktenzeichen 6 U 154/19 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2022:1227.6U154.19.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 11. September 2019, Az. 52 O 73/18, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Das klageabweisende Versäumnisurteil des Landgerichts Potsdam vom 20. Februar 2019 wird teilweise aufgehoben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 53.228,42 € zu zahlen. Im Übrigen wird das klageabweisende Versäumnisurteil aufrechterhalten. Die Widerklage wird abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 1/5 und die Beklagte 4/5 zu tragen. Davon ausgenommen sind die durch die erstinstanzliche Säumnis der Klägerin entstandenen Kosten, die diese allein zu tragen hat.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die jeweilige Vollstreckungsschuldnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung ihrerseits Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über wechselseitig mit Klage und Widerklage geltend gemachte Zahlungsansprüche im Zusammenhang mit einem Unternehmenskaufvertrag.

Zur Klage:

Die Klägerin war bis zum Abschluss des streitgegenständlichen Unternehmenskaufvertrages alleinige Gesellschafterin der Beklagten. Mit Vertrag vom 18. Juli 2016 veräußerte und übertrug die Klägerin ihre Gesellschaftsanteile an der Beklagten an die (X) (Anlagen K5/B1/B15, Bl. 40 ff., 104 ff. und 220 ff. d.A.). In Ziffer 7.1 („Steuern“) des „Vertrages über den Verkauf und die Abtretung aller Geschäftsanteile“ heißt es auszugsweise:

„Mit der Veräußerung der Geschäftsanteile endet die zwischen dem Verkäufer und (Y) Protect und (Y) Verwaltung bestehende steuerliche Organschaft mit der Folge, dass [diese] in 2017 für das gesamte Geschäftsjahr 2016 steuerlich veranlagt werden. (…) In der Closing Bilanz ist in Höhe des bis zum Closing anfälligen Steueranteils der Gesellschaften eine Rückstellung zu bilden. Im Gegenzug stellt der Erwerber den Verkäufer von etwaigen Verpflichtungen aus dem Gewinn- und Beherrschungsvertrag ab dem 1. August 2016 frei. Das Gewinnbezugsrecht hinsichtlich der Gewinne des Geschäftsjahres steht dem Erwerber zu.“

In Ziffer 19 („Offene Forderungen“) vereinbarten die Kaufvertragsparteien zu offenen Forderungen der Beklagten in Absatz 1 bis 3:

„Die in der Closing Bilanz ausgewiesenen offenen Forderungen können fristgerecht zum jeweiligen Fälligkeitsdatum - soweit sie nicht in der Closing Bilanz zurückgestellt wurden - in voller Höhe eingezogen werden.

Die Parteien vereinbaren ausdrücklich, das Einziehungsrisiko der Restforderung gegenüber dem Kunden … am 30. Juni 2016 in Höhe von 318.930,82 € in der Closing Bilanz nicht zurückzustellen, da der Verkäufer die vollständige Einziehung der Forderung gegenüber dem Erwerber garantiert. Soweit die Forderung nicht vollständig zum 31. Dezember 2016 eingetrieben ist, verpflichtet sich der Verkäufer die Schuld des Kunden … zu übernehmen und den Gesellschaften die Forderungen gegenüber … zum Nennwert abzukaufen.

Im Falle des Nichteinzugs der Forderungen verpflichtet sich der Verkäufer, auf erste Anfrage des Erwerbers die betroffene Forderung zu ihrem Nennwert oder soweit eine Rückstellung erfolgte, in Höhe des nichtrückgestellten Betrages abzukaufen.''

Vor Abschluss des Unternehmenskaufvertrages schloss die Beklagte mit der … GmbH (im Folgenden: …) Verträge zur Bewachung von Objekten, woraus die Beklagte gegen die … einen Anspruch in Höhe von 318.927,85 € herleitete. Die Beklagte erhob vor dem Landgericht Potsdam in entsprechender Höhe am 29. April 2016 Zahlungsklage gegen die …. Die Beklagte legte durch ihren Geschäftsführer M… G… am 10. April 2017 gegenüber der Klägerin unter Verweis auf den Unternehmenskaufvertrag als Kaufpreis für die gegen die … gerichtete Gesamtforderung eine Rechnung über 180.659,24 € („Forderungen …“), ausgehend vom ursprünglichen Forderungsbetrag von 318.930,82 € und abzüglich einer Einzelwertberichtigung „per 30. Juni 2017“ in Höhe von 138.271,58 € (Anlagen K6/B3, Bl. 79 und 124 d.A.). Zu dieser Zeit war der Geschäftsführer der Beklagten M… G… zugleich Geschäftsführer der Klägerin und jeweils von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Ob die Beklagte per 30. Juni 2016 eine wirtschaftlich-bilanziell gerechtfertigte Einzelwertberichtigung hinsichtlich der Forderung in Höhe von 138.271,58 € vornahm, ist zwischen den Parteien streitig. Den Rechnungsbetrag von 180.659,24 € überwies die Klägerin an die Beklagte am 13. April 2017 (vgl. Kontoauszug; Anlage B4, Bl. 124 RS d.A.). Die Beklagte berief in der Folgezeit Herrn M… G… als Geschäftsführer ab.

Der von der Beklagten nach Abschluss des Unternehmenskaufvertrages gegen die … weitergeführte Rechtsstreit endete mit einem gerichtlich festgestellten Vergleich, in dem sich die … zur Zahlung von 191.500 € verpflichtete (Anlagen K7/K8, Bl. 80 ff. d.A.). Diesen Betrag zahlte die … in der Folgezeit an die Beklagte. Die Klägerin forderte die Beklagte mit Schreiben vom 23. April 2018 auf, den von der … erhaltenen Betrag an sie auszukehren oder die betreffende Vergleichsforderung an sie abzutreten (Anlage K9, Bl. 84 ff. d.A.). Die Beklagte wies dies mit Schreiben vom 7. Mai 2018 zurück, woraufhin die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 10. August 2018 nochmals erfolglos aufforderte, die Forderung an sie abzutreten oder gegebenenfalls den vereinnahmten Betrag von 191.500 € auszukehren (Anlage K10, Bl. 87 f. d.A.).

Zur Widerklage:

Zwischen den Parteien bestand ein am 27. Juli 2004 abgeschlossener und im Jahr 2014 neu gefasster „Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag“ (Anlagen B14, Bl. 218 ff. d.A.). Für die Dauer des Vertrages war die Beklagte finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in die Klägerin eingegliedert. Auf Weisung der Klägerin zahlte die Beklagte am 8. Februar 2016 einen Betrag in Höhe von 467.414 € zur Abdeckung einer umsatzsteuerlichen Sondervorauszahlung für das Jahr 2016 an das Finanzamt …. Der Betrag diente als Leistung einer Sicherheit für die Klägerin, um eine Dauerfristverlängerung für abzuführende Vorsteuern zu erlangen. Die Dauerfristverlängerung berechtigte die Klägerin, ihre monatlich zu erstellende umsatzsteuerliche Voranmeldung - den Saldo aus abzuführender eingenommener Umsatzsteuer und aus ihrerseits geleisteten Vorsteuern - nicht wie üblich schon zum 10. des Folgemonats, sondern erst zum darauf folgenden Monat abgeben und ausgleichen zu können. Ob der Betrag der Sondervorauszahlung vom Finanzamt an die Klägerin zurückgezahlt oder ganz oder teilweise mit Umsatzsteuerschulden verrechnet worden ist, ist zwischen den Parteien streitig. Wie im Unternehmenskaufvertrag zwischen der Klägerin und der Erwerberin zu Ziffer 7.1 vorgesehen wurde der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit Wirkung zum 31. Juli 2016 gekündigt (vgl. Anlage K17, Bl. 377 d.A.).

Die Klägerin hat erstinstanzlich Zahlung des von der Beklagten nach dem Rechtsstreit mit der … vereinnahmten Vergleichsbetrages verlangt und den Anspruch unter Verweis auf den in Ziffer 19 Abs. 2 des Unternehmenskaufvertrages vorgesehenen Forderungskaufvertrag auf einen Schadensersatzersatzanspruch wegen pflichtwidriger Nichtabtretung der gegen die … gerichteten Forderung seitens der Beklagten in Höhe von 191.500 € gestützt. Die Klägerin hat dazu vorgetragen, sie habe vertreten durch ihren Geschäftsführer M… G… mit Stellung der Rechnung vom 10. April 2017 der Beklagten den Umständen nach zumindest konkludent gegen Abtretung der Ansprüche gegen die … angeboten, die Forderung gegen die … für 180.659,24 € und mithin zu dem Preis, zu dem sie am 31. Dezember 2016 in der Bilanz gestanden habe, zu erwerben. Die zugrundeliegende Wertberichtigung der Forderung gegen die … sei betriebswirtschaftlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte, die Erwerberin (X) und deren Wirtschaftsprüfer hätten den Gewinn und das EBITDA („Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization“) der Beklagten für 2017 selbst so berechnet, als habe ein Kauf über die wertberichtigten Forderungen gegen … zwischen den Parteien stattgefunden. Die Beklagte habe dieses Vertragsangebot zum Forderungskauf durch ihren damaligen Geschäftsführer M… G… auch jedenfalls konkludent durch Entgegennahme der klägerischen Zahlung angenommen und sei daher aufgrund des Kaufvertrages verpflichtet gewesen, ihren Anspruch gegen die … an sie abzutreten. Soweit diese Forderung nachfolgend bereits eingetrieben worden sei, sei die Beklagte nunmehr zum Schadensersatz wegen Unmöglichkeit der Abtretung in Höhe des vereinnahmten Vergleichsbetrages gemäß § 280 Abs. 1 und 3, § 283 BGB verpflichtet. Die Klägerin hat ferner die Auffassung vertreten, sofern der Anspruch auf Zahlung von 191.500 € nicht begründet sei, stehe ihr zumindest ein Bereicherungsanspruch in Höhe der Kaufpreiszahlung von 180.659,24 € zu, die sie auf die Rechnung vom 10. April 2017 an die Beklagte für den - etwaig unwirksamen - Forderungskauf geleistet habe.

Das Landgericht hat wegen Säumnis der Klägerin im Termin am 20. Februar 2019 ein klageabweisendes Versäumnisurteil verkündet, gegen das die Klägerin fristgerecht Einspruch eingelegt hat.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

das Versäumnisurteil des Landgerichts Potsdam vom 20. Februar 2019 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 191.500 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. August 2018 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

den Einspruch der Klägerin gegen das Versäumnisurteil vom 20. Februar 2019 zu verwerfen und das Versäumnisurteil aufrecht zu erhalten.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, eine Forderungsabtretung sei zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits nicht wirksam vereinbart worden. Eine solche Abtretung ergebe sich zum einen nicht aus dem Unternehmenskaufvertrag, an dem sie als Partei nicht beteiligt gewesen sei. Eine Abtretungsverpflichtung könne aber auch nicht aus dem Bezahlvorgang hinsichtlich des von der Klägerin geleisteten Teilbetrages von 180.659,24 € hergeleitet werden, weil ein betreffender Kaufvertrag mit der Klägerin über die Forderung gegen die … mit der Folge eines erheblichen Forderungsverzichts jedenfalls nichtig gewesen sei. Ihr damaliger Geschäftsführer habe dabei in Personalunion zugleich als Geschäftsführer der Klägerin rechtsmissbräuchlich zu ihrem Nachteil und zum einseitigen Vorteil der Klägerin gehandelt. Die Klägerin habe insofern durch ihren Geschäftsführer unmittelbar selbst erkannt, dass sie - die Beklagte - sich nicht wirksam durch ihren damals personenidentischen Geschäftsführer auf einen solchen Kaufvertrag mit Forderungsabtretung habe einigen können. Die Wertberichtigung der Forderung gegen die … sei mit Blick auf die in Ziffer 19 des Unternehmenskaufvertrages getroffene Regelung vielmehr wirtschaftlich grundlos erfolgt und stelle ihr gegenüber eine Untreuehandlung dar.

Die Beklagte hat hilfsweise mit einem Anspruch auf Rückzahlung der Umsatzsteuersondervorauszahlung in Höhe von 467.414 € die Aufrechnung erklärt und Widerklage in überschießender Höhe erhoben; ferner hilfsweise hat sie erstinstanzlich die Aufrechnung mit Beitreibungskosten für die Forderung in Höhe von 10.000 €, die ihr durch den Rechtsstreit gegen die … als Kosten entstanden seien (vgl. Anlage B12, BI. 213 ff. d.A.), sowie mit einer Schadensersatzforderung in Höhe von 127.430,82 € erklärt, mithin in Höhe der Differenz zwischen dem Nominalwert der Forderung gegen die … und der von dieser erhaltenen Vergleichszahlung (318.930,82 € - 191.500 €). Sie hat dazu die Auffassung vertreten, ihr sei in dieser Höhe ein Schaden entstanden, weil sie die Forderung gegen die … wegen des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Klägerin und ihres früheren Geschäftsführers nicht wie im Unternehmenskaufvertrag vorgesehen in Höhe des Nominalwertes habe realisieren können.

Die Klägerin sei zudem auf die Widerklage zu verurteilen, die zu ihren Gunsten geleistete umsatzsteuerliche Sondervorauszahlung auszukehren. Es handele sich um einen ihr - der Beklagten - zustehenden Vermögenswert, in den die Klägerin aufgrund ihrer Anteilsmehrheit an der Beklagten und deren Eingliederung eingegriffen habe. Die Parteien seien nach § 44 AO umsatzsteuerrechtlich zwar grundsätzlich Gesamtschuldner. Im Innenverhältnis der Parteien sei die Klägerin aber innerhalb des Organkreises nach dem Verursacherprinzip zum Ausgleich entsprechend § 426 Abs. 1 Satz 1, § 430 BGB verpflichtet, weil die Parteien dieses Rechtsstreits keine andere Ausgleichsregelung getroffen hätten.

Widerklagend hat die Beklagte beantragt,

die Klägerin zur Zahlung von € 413.344,82 an sie nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu verurteilen;

für den Fall, dass im Klageverfahren die Klage abgewiesen wird, ohne dass eine Entscheidung über die hilfsweise erklärte Aufrechnung zur Rückzahlung der Umsatzsteuervorauszahlung erfolgt, die Klägerin zur Zahlung weiterer 54.069,18 € an sie nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu verurteilen.

Die Klägerin hat dazu beantragt,

die Widerklage und Hilfswiderklage abzuweisen.

Hinsichtlich der Widerklage hat die Klägerin die Ansicht vertreten, die von der Beklagten zurückverlangte Umsatzsteuersondervorauszahlung stünde ihr und nicht der Beklagten wegen des zwischen ihnen zum Zeitpunkt der Zahlung bestehenden Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages zu. Jedenfalls müsse sich die Beklagte den „dolo-agit-Einwand“ entgegenhalten lassen, da sie für die fragliche Zeit ohnehin eine Gewinnabführung in Höhe des Umsatzsteuerguthabens schulde. Das Umsatzsteuerguthaben sei zudem nicht nur aufgrund der umsatzsteuerlich relevanten Leistungen der Beklagten berechnet worden, sondern auch unter Berücksichtigung der weiteren an dem Organkreis beteiligten Gesellschaften. Die Beklagte könne daher allenfalls ein auf sie entfallendes Guthaben beanspruchen, das sie nicht schlüssig dargelegt habe. Unabhängig davon habe das Finanzamt ihr - der Klägerin - nicht die von der Beklagten geleistete Sondervorauszahlung in voller Höhe von 467.414 € erstattet, sondern nur ein unter Berücksichtigung der geleisteten Vorauszahlungen verbleibendes Guthaben in Höhe von 444.099,40 €, wie sich aus dem betreffenden Kontoauszug ergebe (Anlage K16, Bl. 375 d.A.). Auch vor diesem Hintergrund sei die Forderung der Beklagten hinsichtlich eines ihr etwaig zustehenden Erstattungsanteils unschlüssig.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil das klageabweisende Versäumnisurteil vom 20. Februar 2019 aufrechterhalten und zur Abweisung der Klage und Stattgabe der Widerklage im Wesentlichen ausgeführt:

Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Auszahlung des von der Beklagten im Wege der Vergleichszahlung durch die … erhaltenen Betrages in Höhe von 191.500 €, denn der Kaufvertrag der Parteien vom 10. April 2017 über die Forderungen gegen die … in Höhe von 318.930,82 € zu dem wertberichtigten Betrag in Höhe von 180.659,24 € sei gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Die Klägerin habe sich im Vertrag mit der Erwerberin der Beklagten zur Übertragung der Geschäftsanteile gemäß Ziffer 19 Abs. 2 verpflichtet, die nicht wertberichtigte Forderung gegen die … in die sogenannte Closing Bilanz einzustellen. Für den Fall, das die Gesamtsumme, von 318.930,82 € nicht einzutreiben sei, sei die Klägerin danach verpflichtet gewesen, der Beklagten die Forderung gegen die … gerade zum vollen Nennwert und nicht nur in Höhe eines „nichtrückgestellten“' Betrages abzukaufen. Eine solche Möglichkeit habe gemäß Ziffer 19 Abs. 3 des Unternehmenskaufvertrages zwischen der Klägerin und der (X) ausdrücklich nur für andere Forderungen bestanden, die entsprechend in der Closing Bilanz eingestellt gewesen seien. Es komme daher nicht darauf an, ob die Gesamtforderung gegen die … zum Zeitpunkt des Verkaufs der Geschäftsanteile der Beklagten an die (X) in den Büchern der Beklagten zutreffend wertberichtigt waren oder nicht, denn in die entscheidende Closing Bilanz sei jedenfalls diese Forderung mit ihrem Nennwert einzustellen gewesen. Der damalige Geschäftsführer der Beklagten, der zugleich Geschäftsführer der Klägerin gewesen sei, habe vor diesem Hintergrund zum Vorteil der Klägerin gegen seine Verpflichtung aus dem Vertrag über die Übertragung der Geschäftsanteile der Beklagten verstoßen, indem er als deren Geschäftsführer eine Rechnung über eine wertberichtigte Forderung ausstellen und als Geschäftsführer der Klägerin diese auf die Rechnung habe zahlen lassen. Dieses in sich „kollusive“ Vorgehen in der Person des Geschäftsführers beider Gesellschaften seit sittenwidrig und führe nach § 138 Abs. 1 BGB zur Nichtigkeit des Vertrages. Eine Vereinbarung, die ein Vertreter einer Partei im Einverständnis mit dem Vertragsgegner zum eigenen Vorteil treuwidrig zum Schaden des Vertretenen treffe, verstoße gegen die guten Sitten. Der damals personengleiche Geschäftsführer der Beklagten und der Klägerin habe über die Höhe der abzukaufenden Forderung auch nicht im Unklaren sein können, denn die Klägerin habe als Verkäuferin der Beklagten gerade selbst die vollständige Einziehung der Forderungen gegen die … gegenüber der (X) im Unternehmenskaufvertrag garantiert.

Der Klägerin stehe auch kein Anspruch auf Rückzahlung der auf den Kaufvertrag über die Forderung gegen die … gezahlten 180.659,24 € aus Bereicherungsrecht gemäß § 812 BGB in dieser Höhe zu, sondern lediglich in Höhe von 53.228,42 €. Die Klägerin wäre, da die Beklagte aus dem Vertrag der Klägerin mit der (X) einen Anspruch auf vollen Ausgleich der Forderung gegen die … gehabt und ihr deshalb in dem Vertrag ein Anspruch auf Ankauf der Forderung gegen die … in voller Höhe zugestanden hätte, verpflichtet gewesen, einen Kaufvertrag mit der Beklagten über die Forderung gegen die … zum Nennwertpreis von 318.930,82 € abzuschließen. Sie könne daher gemäß § 242 BGB nicht den ausgezahlten Kaufpreis von der Beklagten vollständig zurückverlangen, sondern ihr stehe nur ein Bereicherungsanspruch in Höhe von im Ergebnis tatsächlich überzahlten 53.228,42 € zu (191.500 € + 180.659,24 € - 318.930,82 €).

Dieser Betrag sei jedoch erloschen durch die hilfsweise Aufrechnung der Beklagten mit der Umsatzsteuervorauszahlung, die die Dauerfristverlängerung sichern sollte. Soweit die Beklagte vorrangig mit einem Betrag in Höhe von 10.000 € als den behaupteten Kosten für die Beitreibung der Forderungen gegen die … hilfsweise aufgerechnet habe, gehe diese Aufrechnung mangels Anspruchsgrundlage gegenüber der Klägerin, die sich im Unternehmenskaufvertrag vom 18. Juli 2016 nur zum Kauf von ausfälligen Forderungen gegen die … und nicht zum Ersatz von Rechtsverfolgungskosten der Beklagten verpflichtet habe, hingegen ins Leere. Die Beklagte habe mit Blick auf den zu dieser Zeit bereits laufenden Rechtsstreit gegen die … insoweit ein eigenes und kein fremdes Geschäft im Sinne von § 677 BGB mit Aufwendungsersatzanspruch geführt. Soweit die Beklagte gegen die noch offene Forderung der Klägerin ferner hilfsweise mit einer Schadensersatzforderung in Höhe von 127.430,82 € aufgerechnet habe, erschließe sich ebenfalls keine Anspruchsgrundlage der Beklagten, zumal sie von der Klägerin zum einen eine Zahlung für die Forderung gegen die … in Höhe von 180.659,24 € vereinnahmt habe und zum anderen im Wege des Vergleichs von der … selbst einen weiteren Betrag in Höhe von 191.500 €.

Die Beklagte könne aber mit der von ihr für die Klägerin geleisteten Umsatzsteuervorauszahlung in Höhe von 467.414 € gegen die noch bestehende klägerische Forderung in Höhe von 53.228,42 € aufrechnen. Unstreitig habe die Beklagte im Februar 2016 als Sicherung für die Dauerfristverlängerung bei Umsatzsteuerzahlungen einen Betrag in Höhe von 467.414 € wegen des zu diesem Zeitpunkt noch bestehenden Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages zwischen den Parteien gezahlt. Soweit die Klägerin behaupte, die Beklagte habe diesen Betrag auch zur Sicherung von Dauerfristverlängerungen der weiteren an der Organschaft beteiligten Gesellschaften gezahlt, könne dies dahingestellt bleiben. Der Beklagten stehe jedenfalls gemäß §§ 426, 430 BGB im Innenverhältnis der Parteien ein Anspruch auf Rückzahlung des Betrages zu. Formal sei die Klägerin als Organträgerin zur Abwicklung der Steuerschulden verpflichtet gewesen, materiell habe die Beklagte die Sicherung der Dauerfristverlängerung geschuldet. Umfang und Grenzen eines Ausgleichsanspruchs richteten sich nach dem Innenverhältnis der am Organkreis Beteiligten. Fehle eine Ausgleichsregelung, folge nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung die Umsatzsteuerlast grundsätzlich dem Verursacherprinzip. Im Innenverhältnis der Organschaft werde der Beklagten diese Position zugewiesen. Da die Parteien den Ausgleich nicht geregelt hätten, wie sich aus dem vorgelegten Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag der Parteien ergebe, könne auch dahinstehen, ob die Klägerin vom Finanzamt die vollständige Rückzahlung des zur Sicherung der Dauerfristverlängerung gezahlten Betrages erhalten habe, wie die Beklagte behaupte, oder ob der Betrag mit tatsächlichen Umsatzsteuerschulden verrechnet worden sei. Selbst in diesem Fall wäre er nicht der Beklagten, sondern der Klägerin zugutegekommen, nachdem zum Ende Juni 2016 die Organschaft der Parteien beendet worden sei. Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass und wie sie die Schuld gegenüber der Beklagten erfüllt habe. Die Klägerin könne den Betrag von 467.414 € auch nicht deshalb verlangen, weil sich der Gewinn der Beklagten bei Rückzahlung um diesen Betrag unmittelbar erhöhen würde und ihr - der Klägerin - der Gewinn der Beklagten noch bis zum Ende der Organschaft zustünde. Im Kaufvertrag zwischen der Klägerin und der (X) sei unter Ziffer 7.1 zwar geregelt, dass die (X) die Klägerin von etwaigen Verpflichtungen aus dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag ab dem 1. August 2016 freistelle. Das Gewinnbezugsrecht hinsichtlich der Gewinne des Geschäftsjahres 2016 habe aber gerade der (X) als Erwerberin und nicht der Klägerin zustehen sollen.

Hinsichtlich des verbleibenden Betrages der Vorsteuersondervorauszahlung sei die Widerklage mit Blick auf die Ausführungen zur Hilfsaufrechnung entsprechend und jedenfalls in der (nur) beantragten Höhe von 413.344,82 € begründet.

Wegen der weiteren erstinstanzlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf das landgerichtliche Urteil verwiesen.

Gegen das ihr am 16. September 2019 zugestellte Urteil des Landgerichts richtet sich die am 16. Oktober 2019 eingelegte und innerhalb verlängerter Frist mit am 17. Dezember 2019 eingegangenem Schriftsatz begründete Berufung der Klägerin. Sie rügt insbesondere die vom Landgericht angenommene Nichtigkeit des streitgegenständlichen Forderungskaufvertrages und die infolgedessen Verneinung eines Schadensersatzanspruchs aus §§ 280 Abs. 1 und 3, 283 BGB. Ein bewusst kollusives Handeln des Herrn M… G… zur Begründung der Sittenwidrigkeit liege nicht vor, die Einzelwertberichtigung der betreffenden Forderung sei wirtschaftlich gerechtfertigt gewesen. Jedenfalls stehe ihr ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Rückzahlung der an die Beklagte als Kaufpreis geleisteten 180.659,24 € nebst Zinsen zu, weil das Landgericht insoweit zu Unrecht eine Anspruchskürzung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben angenommen habe. Eine aufrechenbare und überschießend mit der Widerklage geltend gemachte Gegenforderung der Beklagten auf Erstattung der Umsatzsteuersondervorauszahlung bestehe - wie bereits erstinstanzlich ausgeführt - insbesondere mit Rücksicht auf den zwischen den Parteien geschlossenen und insoweit fortwirkenden Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag nicht.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und wie folgt neu zu fassen:

1. Das Versäumnisurteil des Landgerichts Potsdam vom 20. Februar 2019 wird aufgehoben und die Beklagte wird verurteilt, an sie einen Betrag von 191.500 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11. August 2019 zu zahlen.

2. Die Widerklage wird abgewiesen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, hinsichtlich der Widerklage sei die Berufung schon nicht wirksam eingelegt respektive unzulässig, weil die Berufungsschrift die Parteieigenschaften der Widerklägerin und Widerbeklagten nicht aufgegriffen und damit die Widerklage nicht erkennbar zum Gegenstand des Rechtsmittels gemacht habe. Im Übrigen verteidigt die Beklagte das landgerichtliche Urteil unter teilweiser Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags. Mit zu den im Senatstermin erteilten Hinweisen nachgelassenem Schriftsatz vom 7. Juni 2022 hält die Beklagte insbesondere weiteren Vortrag zu Grund und Höhe ihrer Widerklageforderung; hierauf wird Bezug genommen (Bl. 534 ff. d.A.).

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsrechtszug wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften vom 26. April 2022 und vom 22. November 2022 ergänzend Bezug genommen.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO) hat überwiegend Erfolg. Der Klägerin ist ein Teilbetrag der Klageforderung in Höhe von 53.228,42 € wegen des in der Berufung zu beachtenden Verbots der reformatio in peius zuzusprechen. Die Widerklage ist hingegen insgesamt abzuweisen, denn die von der Beklagten zur Hilfsaufrechnung gestellte und im Übrigen im Wege der Widerklage geltend gemachte Gegenforderung ist unbegründet.

A) Zulässigkeit

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Berufung der Klägerin in Bezug auf die Widerklage nicht - teilweise - nach Ablauf der einmonatigen Berufungsfrist (§ 517 ZPO) und daher insoweit unzulässig oder lediglich beschränkt eingelegt worden.

1. Die Berufungsschrift vom 15. Oktober 2019 nennt die zur Widerklage gehörenden Parteibezeichnungen zwar nicht ausdrücklich, richtet sich aber ohne Einschränkungen „gegen das am 16. September 2019 zugestellte Urteil des Landgerichts Potsdam vom 11.09.2019 (Az.: 52 O 73/18)“ (Bl. 440 d.A.) und damit gegen das sich zu Klage und Widerklage verhaltende Urteil insgesamt. Vor diesem Hintergrund sind die für die Berufungsschrift gemäß §§ 517, 519 ZPO fristwahrend zu bezeichnenden Parteien des Rechtsmittelverfahrens, namentlich die in ihrem Rubrum als „Berufungsklägerin und Klägerin“ sowie „Berufungsbeklagte und Beklagte“ bezeichneten juristischen Personen, aus ihr selbst mit allen hierfür erforderlichen Angaben zu den Vertretungsverhältnissen und Ladungsanschriften ersichtlich (Bl. 439 d.A.). Indem vorliegend die Widerklägerin mit der Berufungsbeklagten identisch und jene nicht lediglich Drittbeteiligte ist, bestehen daher keine Zweifel daran, gegen wen die Berufung persönlich gerichtet ist (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 34. Auflage, § 519 Rn. 30a f. mwN).

2. Soweit die Beklagte ferner moniert, der Berufungsschrift lasse sich mangels Parteirollenbezeichnungen zur Widerklage in ihrem Rubrum zudem in der Sache nicht entnehmen, ob sie die erstinstanzlich erfolgreiche Widerklage umfasse, führt dies auch nicht zu einer lediglich auf die Klage beschränkt eingelegten Berufung. Der Umfang des gegen den Berufungsbeklagten geführten Rechtsmittels ist gemäß § 520 Abs. 3 Nr. 1 ZPO erst mit der Berufungsbegründung anzugeben (vgl. Zöller/Heßler, aaO, § 520 Rn. 28 ff.). Nach der Berufungsbegründung vom 17. Dezember 2019 bestehen keine Zweifel daran, dass das Rechtsmittel auch einen den vollen Streitgegenstand der Widerklage umfassenden Angriff gegen das landgerichtliche Urteil enthält. Zum einen weist die Berufungsbegründung im Rubrum ergänzende Parteibezeichnungen zur Widerklage auf, zum anderen enthält sie unter Ziffer II. 3. auch gesonderte Rügen zur erstinstanzlich erfolgreichen Widerklage respektive zu der damit korrespondierenden (Hilfs-)Aufrechnungsforderung der Beklagten (vgl. Bl. 469 ff. d.A.).

B) Begründetheit

Die Berufung ist hinsichtlich der Klageforderung teilweise und hinsichtlich der Widerklage insgesamt erfolgreich. Zutreffend hat das Landgericht erkannt, dass die seitens der Klägerin von der Beklagten verlangte Zahlung eines Betrages von 195.000 €, den die Beklagte auf Grundlage eines gerichtlichen Vergleichs von der … erhalten hat, zwar nicht aus dem Gesichtspunkt einer vertraglichen Pflichtverletzung gemäß § 280 Abs. 1, Abs. 3, § 283 BGB begründet ist, weil ein zwischen den Parteien des Rechtsstreits vereinbarter Forderungskaufvertrag jedenfalls gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist. Der von der Klägerin hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung des von ihr für den vermeintlichen Forderungskauf geleisteten Kaufpreises in Höhe von 180.659,24 € ist deshalb, wie auch das Landgericht gesehen hat, prinzipiell aus dem Gesichtspunkt ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB begründet, Dem Rückzahlungsanspruch der Klägerin steht allerdings die von Amts wegen zu beachtende Einwendung des § 817 Satz 2 BGB insgesamt entgegen. Im rechtlichen Ergebnis ist der Klägerin gleichwohl wegen des in der Berufung zu beachtenden prozessualen Verböserungsverbotes der Teilbetrag von 53.228,42 €, den das Landgericht der Klägerin in den Gründen des angefochtenen Urteils als begründeten Teil der Klageforderung zugesprochen und aufgrund der - zu Unrecht als begründet erachteten - Hilfsaufrechnung der Beklagten als erloschen angesehen hat, zusprechen. Denn die von der Beklagten mit der Hilfsaufrechnung und mit der Widerklage in überschießender Höhe von 413.344,82 € verlangte Zahlung und für den Fall, das die Klage abgewiesen wird, ohne dass eine Entscheidung über ihre hilfsweise erklärte Aufrechnung ergeht, verlangte Zahlung weiterer 54.069,18 € steht ihr entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht zu. Die Beklagte hat wegen der von ihr zugunsten der Klägerin in Höhe von 467.414 € geleisteten umsatzsteuerlichen Sondervorauszahlung keinen Rückzahlungsanspruch aus dem Gesichtspunkt eines Gesamtschuldnerausgleichs nach § 426 Abs. 2, § 430 BGB oder aus einer anderen Anspruchsgrundlage.

Zur Klage:

Die in Höhe von 195.000 € geltend gemachte Klageforderung ist der Klägerin nur in anteiliger Höhe von 53.228,42 € zuzusprechen.

1. Das Landgericht ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass der von der Klägerin für ihr Hauptvorbringen herangezogene Forderungskaufvertrag mit vermeintlich zu ihren Gunsten erfolgter Abtretung der gegen die … gerichteten Forderung nichtig war und ihr deshalb nicht aus dem Gesichtspunkt einer diesbezüglichen Pflichtverletzung der von der … an die Beklagte in Höhe von 195.000 € ausgekehrte Betrag gemäß § 280 Abs. 1 und Abs. 3 i.V.m. §§ 275, 283 BGB als Schadensersatz zustehen kann.

a) Mit dem Landgericht ist davon auszugehen, dass die Parteien durch ihren seinerzeit personenidentischen Geschäftsführer - Herrn M… G… - im Zusammenhang mit der von der Beklagten gelegten Rechnung vom 10. April 2017 (vgl. Anlagen K6/B3, Bl. 79 und 124 d.A.) zwei inhaltlich übereinstimmende Willenserklärungen zum Abschluss eines Forderungskaufvertrages abgegeben haben. Dagegen spricht zwar, dass die Beklagte dadurch ihre Forderungsberechtigung in dem gegen die … vor dem Landgericht geführten Prozess grundsätzlich verloren hätte und infolgedessen eine Prozessstandschaft zu ihren Gunsten hätte vereinbart werden müssen. Für eine solche Vereinbarung bestehen keine Anhaltspunkte. Vor dem Hintergrund der Kaufpreiszahlung seitens der Klägerin an die Beklagte ist gleichwohl nicht zweifelhaft, dass der von der Klägerin behauptete Forderungskauf zumindest durch konkludent übereinstimmende Willenserklärungen für beide Seiten geschlossen wurde. Den Rechnungsbetrag von 180.659,24 € überwies die Klägerin an die Beklagte unstreitig am 13. April 2017. Dass die Klägerin als weiteren objektiven Anhaltspunkt neben der Kaufpreiszahlung selbst nur die Rechnung vom 10. April 2017 anzuführen vermag, die Herr M… G… für die Beklagte gegenüber der Klägerin in Personalunion gelegt hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Angesichts der Umstände kommen hier von vornherein nur Absprachen des jeweiligen Geschäftsführers mit sich selbst in Betracht, die sich als solche kaum weiter objektivierbar in der Außenwelt manifestiert haben können.

b) Soweit der Forderungskaufvertrag deshalb schwebend unwirksam sein könnte, weil nach Ziffer 19 Abs. 3 des zwischen der Klägerin und der (X) geschlossenen Unternehmenskaufvertrages allein der Erwerberin das Recht zustand, die Klägerin zum Ankauf der betreffenden Forderung aufzufordern, kommt es darauf im Ergebnis nicht an. Dass dem zwischen der Klägerin und der Beklagten vereinbarten Forderungskaufvertrag, der ausweislich der dazu erstellten Rechnung ausdrücklich zur Erfüllung der in Ziffer 19 des Unternehmenskaufvertrages begründeten Verpflichtung geschlossen wurde, eine vorherige Ankaufaufforderung der Erwerberin gegenüber der Klägerin oder ein gegenüber dem damaligen Geschäftsführer der Beklagten erteilter Auftrag zur Rechnungslegung und Geltendmachung eines Ankaufbegehrens zugrunde lag, ist zwar nicht ersichtlich. Auch dass der damalige Geschäftsführer der Beklagten die Kaufpreisforderung entgegen der Regelung in Ziffer 19 Abs. 2 des Unternehmenskaufvertrages eigenmächtig reduzieren durfte, ist nicht anzunehmen. Es ist daher fraglich, ob der Forderungskaufvertrag ohne Beteiligung der Erwerberin schwebend unwirksam war, weil diese das Verhalten des Geschäftsführers des Beklagten noch hätte genehmigen müssen, um Erfüllung der in Ziffer 19 Abs. 2 des Unternehmenskaufvertrages statuierten Ankaufpflicht gegen sich eintreten zu lassen (§ 177 Abs. 1 BGB). Für eine solche Genehmigung bestehen keine Anhaltspunkte, zumal nicht ersichtlich ist, dass die Erwerberin ein Interesse daran hatte, dem Forderungskauf zu einem um 138.271,58 € reduzierten Kaufpreis zuzustimmen.

c) Letztlich kann die Frage einer schwebenden Unwirksamkeit des Forderungskaufvertrages allerdings dahinstehen, weil dieser wegen des entgegen Ziffer 19 Abs. 2 des Unternehmenskaufvertrages vereinbarten teilweisen Kaufpreisverzichts von vornherein sittenwidrig und damit nach § 138 Abs. 1 BGB insgesamt nichtig war.

aa) Wenn der Vertreter einer Vertragspartei kollusiv mit dem Vertragsgegner zum Nachteil des Vertretenen ein Geschäft abschließt, verstößt das Geschäft wegen einer sittenwidrigen Kollusion gegen die guten Sitten und ist gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Aus diesem Grund ist insbesondere auch ein Vertrag nichtig, wenn ein - wie der damalige Geschäftsführer der Beklagten - von den Voraussetzungen des § 181 BGB befreiter Bevollmächtigter seine Vollmacht missbraucht, um mit sich als Geschäftsgegner - diesbezüglich als Geschäftsführer der Klägerin - ein Geschäft zum einseitigen Vorteil einer der vertretenen Gesellschaften abzuschließen (vgl. BGH, Urteile vom 25. Februar 2002 - II ZR 374/00, ZIP 2002, 753; vom 13. September 2011 - VI ZR 229/09, juris Rn. 9 und vom 28. Januar 2014 - II ZR 371/12, juris Rn. 10; ebenso OLG Düsseldorf, FamRZ 2018, 1865, 1867). Voraussetzung dafür ist, dass der Vertreter, der zur Wahrung der Interessen seines Geschäftsherrn verpflichtet ist, sich diesem gegenüber treuwidrig verhält und der Vertragspartner dies weiß (BGH, Urteil vom 17. Mai 1988 - VI ZR 233/87, NJW 1989, 26, 27). Das sittenwidrige Zusammenwirken erfasst dabei regelmäßig das gesamte Rechtsgeschäft, weil davon auszugehen ist, dass der benachteiligte Geschäftsherr bei Kenntnis des kollusiven Zusammenwirkens zwischen seinem Angestellten und dem bevorteilten Vertragspartner den Vertrag insgesamt nicht geschlossen und vollzogen hätte (vgl. BGH, Urteil vom 18. Februar 2003 - X ZR 245/00, juris Rn. 39). Eine solche Interessenkollision des M… G… als früherer Geschäftsführer beider Parteien lag bei Abschluss des Forderungskaufvertrages vor.

(1) Entgegen der Auffassung der Klägerin hätte ein Forderungskaufvertrag für den auf beiden Seiten als Geschäftsführer handelnden M… G… nur über den vollen Nennwert von 318.927,85 € erfolgen dürfen und nicht in wertberichtigter Höhe. Der Wortlaut in Ziffer 19 Abs. 2 des Unternehmenskaufvertrages ist entgegen der Lesart der Klägerin, die die Regelungen in Absatz 2 und 3 ohne einleuchtende Begründung derart zusammenziehen will, dass der Inhalt des Absatzes 2 praktisch negiert wird, eindeutig.

In Absatz 2 der Regelung ist die Gesamtforderung von 318.927,85 € gegenüber der …, die in eben dieser Höhe zuvor Gegenstand der Klageschrift vom 29. April 2016 in dem von der hiesigen Beklagten gegen die … geführten Rechtsstreit vor dem Landgericht Potsdam war (vgl. Anlage K3, Bl. 32 ff. d.A.), klar identifizierbar. Für diese Gesamtforderung ist vereinbart worden, dass der Verkäufer „die vollständige Einziehung der Forderung dem Erwerber gegenüber garantiert“ und sich im Falle der Nichtbeitreibbarkeit bis zum 31. Dezember 2016 verpflichtet, „die Schuld des Kunden … zu übernehmen und den Gesellschaften die Forderungen gegenüber … zum Nennwert abzukaufen“. Die Forderung sollte daher entgegen der Auffassung der Klägerin gerade nicht in der sogenannten Closing Bilanz zum 31. Dezember 2016 wertberichtigt werden. Vielmehr heißt es klarstellend in Satz 1 der Regelung: „Die Parteien vereinbaren ausdrücklich, das Einziehungsrisiko der Restforderung gegenüber dem Kunden … am 30. Juni 2016 in Höhe von 318.930,82 € in der Closing Bilanz nicht zurückzustellen.“ Dass die Parteien des Unternehmenskaufvertrages unter „Zurückstellung“ jedenfalls auch eine Einzelwertberichtigung verstanden haben, ist unstreitig (vgl. Klageschrift, S. 3; Bl. 3 d.A.).

Zu dieser Regelung verhält sich widerspruchsfrei diejenige in Absatz 3, welche die Klägerin für die Zulässigkeit einer Einzelwertberichtigung auch der gegen die … gerichteten Forderung heranziehen will. Dort heißt es, dass im Falle des Nichteinzugs der Verkäufer verpflichtet ist, „die betroffene Forderung zu ihrem Nennwert oder soweit eine Rückstellung erfolgte, in Höhe des nichtrückgestellten Betrages abzukaufen.“ Die Formulierung „die betroffene Forderung“ ist erkennbar offen gehalten, um damit auch für alle anderen Forderungen, außer der gegen die … gerichteten und in Absatz 2 gesondert abgehandelten, eine gemeinsame Regelung zu treffen, seien sie zwischenzeitlich wertberichtigt oder nicht. Die Regelung in Absatz 3 verhält sich daher nicht inhaltlich modifizierend hinsichtlich der gegen die … gerichteten Forderung, deren Ankauf die Klägerin nach Absatz 2 im Falle des Nichteinzugs bis zum 31. Dezember 2016 in voller Höhe „gegenüber dem Erwerber garantiert“ hat. Das wäre auch sinnwidrig, weil sich eine Verdoppelung zu den Ankaufmodalitäten der in Absatz 2 getroffenen Sonderregelung ergäbe. Diese trifft die spezielle Regelung, dass die Forderung gegen die … von der Möglichkeit einer wertberichtigten Einstellung in der Abschlussbilanz von vornherein ausgenommen wird. Bei dieser Forderung handelt es sich mithin zwingend um eine solche, welche die Klägerin ab dem vereinbarten Stichtag gemäß Absatz 3 „auf erste Anfrage des Erwerbers (…) zu ihrem Nennwert“ ankaufen sollte. Aus dem Zusatz, dass der Forderungsankauf „auf erste Anfrage“ seitens der Erwerberin erfolgen soll, ergibt sich ebenfalls nichts anderes. Daran wird nur noch deutlicher, dass der Erwerberin und nicht der Beklagten das Recht zugestanden hat, den Ankauf der streitgegenständlichen Forderung ohne zulässige Einwendungen der Klägerin - und hier also in Höhe des vollen Nennwertes - zu verlangen. Soweit die Klägerin gegenüber diesem im Ergebnis auch vom Landgericht geteilten Regelungsverständnis meint, die Vereinbarung in Ziffer 19 Abs. 3 sei trotz der Eindeutigkeit der die …-Forderung betreffenden Sonderregelung in Ziffer 19 Abs. 2 „hineinzulesen“, überzeugt das nach allem nicht.

(2) Auch der weitere Berufungsvortrag der Klägerin, die Regelung in Absatz 3 müsse deshalb den Wortlaut in Absatz 2 modifizierend verstanden werden, weil andernfalls die weitere Regelung in Ziffer 3.2 des Unternehmenskaufvertrages zur Zahlung eines zusätzlichen Kaufpreises zu einem für die Erwerberin unbilligen Ergebnis führe, vermag den Inhalt der für sich genommen klaren Regelungen in Ziffer 19 nicht abzuändern.

Schon nach ihrer eigenen Begründungsprämisse verfängt die Argumentation der Klägerin nicht. Die Parteien des Unternehmenskaufvertrages hatten in Ziffer 3.3.2.1. die Zahlung eines zusätzlichen Kaufpreises für den Fall vereinbart, dass die Beklagte ein bestimmtes EBITDA-Ziel (Gewinn ohne Berücksichtigung von Zinsen, Steuern, Abschreibungen und sonstigen Finanzierungsaufwendungen) erreicht. Sollte das EBITDA-Ziel verfehlt werden, minderte sich der zusätzliche Kaufpreisanteil, der im Falle des tatsächlichen Erreichens des Ziels für 2016 quasi als Prämie 1.000.000 € betragen sollte, um die dreifache Differenz zwischen der tatsächlichen EBITDA und dem EBITDA-Ziel. Die daraus gezogene Schlussfolgerung der Klägerin, hätte sie an die Beklagte nicht den berichtigten Buchwert, sondern den höheren Nominalwert der streitgegenständlichen Forderung gezahlt, wäre es in Höhe der Differenz zu einem „außerordentlichen Ertrag bei der Beklagten gekommen“, leuchtet schon deshalb nicht ein, weil die Beklagte den vollen Betrag grundsätzlich auch von der … bis zum Ankaufsstichtag des 31. Dezember 2016 hätte vereinnahmen und somit im Geschäftsjahr 2016 denselben Ertrag hätte erzielen können. In Ziffer 19 Abs. 3 des Unternehmenskaufvertrages heißt es konsequent, dass der Forderungsankauf nur „im Falle des Nichteinzugs“ für die Klägerin stichtagsbezogen verpflichtend wird; die Durchsetzbarkeit der insoweit „betroffenen Forderung“ war zur Zeit des Abschlusses des Unternehmenskaufvertrages offen.

Soweit die Klägerin ferner darauf abstellt, dass die Beklagte den Forderungskauf im Jahr 2017 buchhalterisch selbst als wirksamen Aktivtausch (Kaufpreiszahlung gegen Ausbuchung der Forderung) angesehen hat (vgl. Anlage K12, Bl. 164 ff. d.A.), kommt es mit Rücksicht auf den allein maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses auch darauf nicht an, zumal für das Verständnis der vertraglichen Regelungen ohne Belang ist, wie die an dem Unternehmenskaufvertrag nicht beteiligte Beklagte die Zahlung der Klägerin im Jahr 2017 ihrerseits verbucht hat. Zutreffend hat bereits das Landgericht ausgeführt, dass dem Einwand der Klägerin, der Beklagten sei wegen der fraglichen Durchsetzbarkeit der Forderung und der von der Beklagten insofern wirtschaftlich vertretbar und auch intern buchhalterisch umgesetzten Einzelwertberichtigung kein geldwerter Nachteil entstanden, keine Bedeutung zukommt, weil sich die Klägerin gerade unabhängig von der objektiven Werthaltigkeit der Forderung gemäß Ziffer 19 Abs. 2 des Unternehmenskaufvertrages gegenüber der Erwerberin zu deren Ankauf zum Nennwert verpflichtet hat.

(3) Dass ihre „Auslegung zutreffend, jedenfalls aber gut vertretbar“ ist, wie die Klägerin meint, so dass ein kollusives Handeln des Doppelgeschäftsführers ausscheide, überzeugt nach allem nicht. Richtig ist zwar, dass sich die gegen die … gerichtete Forderung tatsächlich nicht bis zum 31. Dezember 2016 realisieren ließ. Das berechtigte den Geschäftsführer der Beklagten aber nicht, die zwischen den Parteien des Unternehmenskaufvertrages vereinbarte Zusatzkaufpreisoption, die einer Wette anhand einer Gewinnerzielungsprognose ähnelt, im Nachhinein eigenmächtig dadurch zu entwerten, dass er die betreffende Forderung gegen die … nach Ablauf des 31. Dezember 2016 zu einem geringeren Kaufpreis an die Klägerin veräußert hat. Daran kann es nichts ändern, wenn die Erwerberin den von der Klägerin gezahlten Kaufpreis in das EBITDA-Ergebnis der Beklagten für das Jahr 2017 selbst einberechnet hat, wie die Klägerin vorgetragen hat. Zum einen sind maßgebend für die Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts allein die Verhältnisse im Zeitpunkt seiner Vornahme (BGH, Urteil vom 12. April 2016 - XI ZR 305/14, juris Rn. 46). Zum anderen ergibt sich aus einem späteren Verhalten der Erwerberin auch kein hinreichender Anhaltspunkt für die Auslegung von Ziffer 19 des Unternehmenskaufvertrages noch gar ein bewusstes Anerkenntnis der Erwerberin, dass der vollzogene Forderungskauf vertragsgemäß war. Als Geschäftsführer der Beklagten musste vielmehr Herrn M… G… bei Abschluss des vorhergehenden Forderungskaufvertrages klar sein, dass er in dieser Eigenschaft als am Unternehmenskaufvertrag nicht beteiligter Dritter den Regelungsinhalt von Ziffer 19 des Unternehmenskaufvertrages einer eigenmächtigen „Korrektur“ zugeführt hat.

bb) Vor diesem Hintergrund erweist sich der zwischen den Parteien zu den von der Klägerin selbst dargelegten Bedingungen geschlossene Forderungskaufvertrag als nicht wirksam geschlossen. Vereinbarungen, welche Angestellte, Bevollmächtigte oder sonstige Vertreter einer Partei im Einverständnis mit dem Vertragsgegner zum eigenen Vorteil hinter dem Rücken des Geschäftsherrn und zu dessen Schaden treffen, verstoßen gegen die guten Sitten und sind wegen sittenwidriger Kollusion nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Diese Voraussetzungen liegen auf Grundlage der dazu bereits vom Landgericht getroffenen Feststellungen vor.

(1) Als Geschäftsführer der Beklagten traf Herrn M… G… bei der Erledigung der für diese zu tätigenden Geschäfte die Verpflichtung zur Wahrung der Gesellschaftsinteressen (vgl. § 43 Abs. 1 GmbHG). Diese Verpflichtung ist Ausdruck der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht (vgl. BGH, Urteil vom 17. Mai 1988 - VI ZR 233/87, juris Rn. 9). Als in dieser Weise gegen die guten Sitten im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB verstoßend erweist sich das vom Landgericht zutreffend aus den unstreitigen Tatsachenumständen gefolgerte gleichsam „kollusive“ Zusammenwirken des für beide am Forderungskauf beteiligte Parteien in Personalunion handelnden Geschäftsführers. Entgegen der Auffassung der Klägerin muss sich die Sittenwidrigkeit hier auch nicht unmittelbar in einem wirtschaftlichen Nachteil der Beklagten abbilden, sondern der Vorwurf der Sittenwidrigkeit ist bereits deshalb gerechtfertigt, weil vorliegend die Erwerberin der Beklagten als Dritte zugunsten der Klägerin ungerechtfertigt geschädigt worden ist. Die Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts kann sich auch daraus ergeben, dass der Sittenverstoß Dritte betrifft. Sittenwidrigkeit setzt dann nur zusätzlich voraus, dass alle an dem Geschäft Beteiligten sittenwidrig handeln, also alle die Tatsachen, die die Sittenwidrigkeit begründen, kennen oder sich zumindest ihrer Kenntnis grob fahrlässig verschließen (vgl. BGH, Urteile vom 28. Oktober 2011 - V ZR 212/10, juris Rn. 10 und vom 23. Februar 2005 - VIII ZR 129/04, juris Rn. 7). Diese Voraussetzungen liegen sämtlich vor. Wie ausgeführt gab es vor dem Hintergrund der im Unternehmenskaufvertrag eingegangenen Verpflichtung der Klägerin, die Forderung zum Nennwert abzugelten, keinen rechtfertigenden Grund, diese Forderung zum Nachteil der Erwerberin im Wert zu berichtigen. Auch wenn eine solche Wertberichtigung bei der Beklagten zuvor intern erfolgt sein sollte, wie die Klägerin behauptet, hat die Erwerberin es durch die mit der Klägerin zu Ziffer 19 Abs. 2 und Abs. 3 des Unternehmenskaufvertrages vereinbarte Forderungsrisikoübernahme jedenfalls vermocht, von der Klägerin wirtschaftlich so gestellt zu werden, als ob das nicht geschehen wäre. Diesen Verhandlungserfolg hat der damalige Geschäftsführer der Beklagten zum unmittelbaren Nachteil der Erwerberin und unmittelbaren Vorteil der Klägerin, die sich zum Nennwertausgleich verpflichtet hatte, durch den Forderungskaufvertrag und insofern durch personenidentisches Geschäftsführerhandeln („kollusiv“) für beide Seiten vereitelt, was den Vorwurf der Sittenwidrigkeit eines drittschädigenden Rechtsgeschäfts objektiv begründet.

(2) Es bestehen auch keine vernünftigen Zweifel daran, dass Herrn M… G… den Umständen nach bekannt war, dass für die Beklagte kein Grund bestand, freiwillig gegenüber der Klägerin auf einen erheblichen Teil der Forderung gegen die … zu verzichten. Insbesondere waren ihm als Geschäftsführer der Klägerin die in dem Unternehmenskaufvertrag von der Klägerin mit der Erwerberin getroffenen Regelungen bekannt, die hinsichtlich der von der Klägerin geschuldeten Forderungshöhe unmissverständlich sind. Es kommt hinzu, dass die für den Forderungskaufvertrag erstellte Rechnung vom 10. März 2017 ausdrücklich Bezug nimmt auf den „Kaufvertrag (Y); SPA Art. 19 Titel 2)“. Die bereits vom Landgericht aus den Umständen gefolgerte Feststellung zur Kenntnis der die Sittenwidrigkeit begründenden Tatsachen seitens ihres Geschäftsführers hat die Klägerin in der Berufung auch nicht in Abrede gestellt, sondern stattdessen unbehelflich auf eine vermeintlich angemessenere und insofern aber den Inhalt der in Ziffer 19 des Unternehmenskaufvertrages vereinbarten Forderungsankaufmodalitäten bewusst „korrigierende“ Auslegung ihres Geschäftsführers verwiesen.

2. Ausgehend davon, dass der von der Klägerin behauptete Forderungskaufvertrag wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 Abs. 1 BGB in allen Teilen nichtig ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. April 2016 - XI ZR 305/14, juris Rn. 46; Grüneberg/Ellenberger, BGB, 81. Auflage, § 138 Rn. 20), steht der Klägerin der von ihr hilfsweise geltend gemachte Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung hinsichtlich der an die Beklagte rechtsgrundlos als Kaufpreis gezahlten 180.659,24 € grundsätzlich aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB zu. Der Forderungskaufvertrag war anfänglich nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, so dass die Leistung des Kaufpreises zugunsten der Beklagten ohne rechtlichen Grund erfolgt ist. Soweit das Landgericht der Klägerin einen solchen Bereicherungsanspruch zugesprochen und diesen nach § 242 BGB auf 53.228,42 € - wegen eines Anspruchs der Beklagten auf einen Forderungsankauf zum vollen Nennwert einerseits und wegen des von der … erhaltenen Vergleichsbetrags (191.500 € + 180.659,24 € - 318.930,82 €) andererseits - gekürzt hat, ist das landgerichtliche Urteil allerdings rechtsfehlerhaft. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist die Bereicherungsforderung nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) auf den Differenzbetrag zwischen dem Wert der dem nichtigen Kaufvertrag zugrunde liegenden Forderung und dem von der Beklagten von der … erhaltenen Vergleichsbetrag zu reduzieren. Denn der Rückforderung des Kaufpreises steht wegen des (auch) für die Klägerin seinerzeit sittenwidrig handelnden Geschäftsführers insgesamt die Norm des § 817 Satz 2 BGB entgegen. Wegen des in der Berufung zu beachtenden Verbots der reformatio in peius verbleibt es indes insoweit bei dem rechtlichen Ergebnis des Landgerichts, so dass der Klägerin ein Zahlbetrag in Höhe von 53.228,42 € zuzusprechen ist.

a) Das Landgericht hat für die von ihm vorgenommene Anspruchskürzung auf die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwiesen und dabei nicht eindeutig offengelegt, welche darunter fassbare Rechtsfigur es für anwendbar erachtet hat.

aa) Soweit das Landgericht wohl eine dolo-agit-Einrede der Beklagten gegen die Rückzahlung des Kaufpreises in Betracht gezogen hat, scheitert dies jedenfalls daran, dass der Beklagten eine gegenläufige Forderung gegenüber der Klägerin auf Zahlung des vollen Kaufpreises nicht selbst aus Ziffer 19 des Unternehmenskaufvertrages zusteht. Zwar kann nach den Grundsätzen von Treu und Glauben niemand erfolgreich eine Leistung einklagen, die er sogleich nach Erhalt an den Schuldner zurückgeben müsste, weil diesem ein entsprechender Gegenanspruch zusteht (Grüneberg/Grüneberg, aaO, § 242 Rn. 52). Zu einem eigenen Forderungsrecht der Beklagten, insbesondere als Begünstigte eines Vertrages zugunsten Dritter im Sinne des § 328 BGB, verhalten sich die Regelungen in Ziffer 19 des Unternehmenskaufvertrages aber nicht. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Parteien des Unternehmenskaufvertrages der Beklagten eine solche Rechtsposition konkludent zuweisen wollten. Insbesondere haben sie auch keinen unechten Vertrag zugunsten Dritter geschlossen, bei dem der Dritte kein eigenes Forderungsrecht erwirbt und der Schuldner lediglich ermächtigt wird, in Erfüllung eines mit dem Gläubiger geschlossenen Vertrages, mit befreiender Wirkung an den Dritten zu leisten. Denn nach dem eindeutigen Wortlaut in Ziffer 19 Abs. 2 hat sich die Klägerin allein gegenüber der Erwerberin verpflichtet, das dort genannte „Einziehungsrisiko“ für die noch offene Forderung der Beklagten gegenüber der … zu übernehmen. Deutlich wird dies auch an der Formulierung, dass „der Verkäufer die vollständige Einziehung der Forderung gegenüber dem Erwerber garantiert“ - und nicht etwa gegenüber der Beklagten als der eigentlichen Forderungsgläubigerin der …. Zudem soll nach Ziffer 19 Abs. 3 ein entsprechender Forderungskauf ausdrücklich nur „auf erste Anfrage des Erwerbers“ erfolgen und nicht auf ein Verlangen der Beklagten. Das spricht insgesamt eindeutig dagegen, dass die Parteien des Unternehmenskaufvertrages der Beklagten ein Forderungsrecht gegen die Klägerin einräumen wollten. Die Beklagte hatte daher keinen eigenen Anspruch gegen die Klägerin, ihr die Forderung gegen die … zum Nennwert abzukaufen. Die Klägerin wäre andernfalls sogar der Gefahr ausgesetzt gewesen, „auf erste Anfrage“ der Erwerberin zusätzlich zu einem etwa schon auf Verlangen der Beklagten gezahlten Betrag nochmals den vollen Nennwert der …-Forderung als Kaufpreis leisten zu müssen.

bb) Weshalb der Beklagten ein den Bereicherungsanspruch der Klägerin schmälernder Einwand aus § 242 BGB zustehen sollte, ist auch sonst nicht ersichtlich. Zwischen der Beklagten und der Klägerin besteht insgesamt kein auf die streitgegenständliche Forderung bezogenes Rechtverhältnis, nach der Ausgliederung der Beklagten aus der Unternehmensgruppe der Klägerin auch kein sonstiges mehr. Eine Regelung zur Verpflichtung der Klägerin, der Beklagten den vollen Nennwert der gegen die … gerichteten Forderung zu erstatten, findet sich nur in dem von der Klägerin mit der Erwerberin geschlossenen Unternehmenskaufvertrag, aus dem der Beklagten keine eigene Rechtsposition erwächst.

b) Die vom Landgericht dem Grunde nach zutreffend bejahte Kaufpreisrückforderung der Klägerin ist entgegen seiner Auffassung jedoch deshalb ausgeschlossen, weil für den Streitfall aus § 817 Satz 2 BGB eine Kondiktionssperre abzuleiten ist. Die für die Anwendbarkeit des rechtshindernden Einwandes aus § 817 Satz 2 BGB zu prüfenden Voraussetzungen liegen im Streitfall auf Grundlage des unstreitigen Sachverhaltes vor.

aa) Nach § 817 Satz 2 BGB bleibt dem Leistenden ein Bereicherungsanspruch versagt, wenn ihm seinerseits gerade durch den Leistungsvollzug ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten zur Last zu legen ist. Entgegen seinem Wortlaut ist § 817 Satz 2 BGB nicht ausschließlich auf die Kondiktion aus § 817 Satz 1 BGB anzuwenden, sondern auf alle Leistungskondiktionen (BGH, Urteil vom 14. Juli 1993 - XII ZR 262/91, juris Rn. 13; OLG Saarbrücken, Urteil vom 17. August 2016 - 1 U 159/14, juris Rn. 127). Zudem ist der Anwendungsbereich von § 817 Satz 2 BGB nicht auf Verstöße gegen Verbotsgesetze beschränkt, es können auch Sittenverstöße zugrunde liegen, denn Zweck des § 817 Satz 2 BGB ist auch diesbezüglich, die Interessen streitender Vertragsparteien, die sich beide außerhalb der Rechtsordnung bewegen, nicht durch die Rechtsordnung zu schützen (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 2005 - VIII ZR 129/04, juris Rn. 13; OLG Brandenburg, Urteil vom 16. Dezember 2015 - 4 U 77/14, juris Rn. 59 mwN). Eine Einschränkung erfährt dieser Grundsatz grundsätzlich nur im Schutzzweck der nichtigkeitsbegründenden Norm, der nicht konterkariert werden darf, insbesondere wenn diese Norm gerade dem Schutz des Leistenden dient (BGH, Urteil vom 13. März 2008 - III ZR 282/07, juris Rn. 10).

bb) Diese Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 817 Satz 2 BGB sind gegeben.

(1) Insbesondere hat die Klägerin, wie ausgeführt vertreten durch ihren Geschäftsführer bei Abschluss des Forderungskaufvertrages, objektiv sittenwidrig gehandelt. Soweit bei einem ausschließlich drittschädigenden Geschäft für beide Seiten ein sittenwidriges Verhalten verlangt wird, um die Kondiktionssperre des § 817 Satz 2 BGB zu begründen (BGH, Urteil vom 23. Februar 2005 - VIII ZR 129/04, juris Rn. 13), liegt auch diese Voraussetzung, wie zu den Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB ausgeführt, vor.

(2) Es ist zudem ein vorwerfbar sittenwidriges Handeln des Geschäftsführers der Klägerin zu bejahen. Zwar schließt § 817 Satz 2 BGB die Rückforderung grundsätzlich nur bei einem bewussten Sittenverstoß aus; jedoch steht es vorsätzlichem Handeln gleich, wenn der Leistende sich der Einsicht in die Sittenwidrigkeit seines Handelns leichtfertig verschließt (BGH, Urteil vom 23. Februar 2005 - VIII ZR 129/04, juris Rn. 14). Daher genügt es hier für ein auch subjektiv sittenwidriges Handeln, dass der Geschäftsführer der Klägerin die für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit maßgeblichen Unternehmenskaufvertragsregelungen kannte und sich hinsichtlich der vertragswidrig mit der Beklagten vereinbarten Forderungsreduzierung daher jedenfalls nicht anders als leichtfertig der Einsicht in die objektive Sittenwidrigkeit seines Handelns verschließen konnte. Das Argument der Klägerin, ein solches Sichverschließen ihres Geschäftsführers sei deshalb nicht anzunehmen, weil die Forderung zum fraglichen Zeitpunkt bereits einzelwertberichtigt gewesen sei, verfängt selbst dann nicht, wenn eine solche Berichtigung zur Zeit des Forderungskaufvertrages erfolgt und aus Sicht der Beklagten wegen Zweifeln an der Durchsetzbarkeit der Forderung bilanziell vertretbar war, denn die Klägerin hatte sich im Unternehmenskaufvertrag gerade verpflichtet ungeachtet dessen, den vollen Nennbetrag der Forderung zu entrichten. Insofern hat ihr Geschäftsführer diesen Vorteil der Erwerberin sehenden Auges vereitelt. Es musste ihm angesichts der eindeutigen Kaufpreisregelung in Ziffer 19 Abs. 2 des Unternehmenskaufvertrages klar sein, dass er diese nicht eigenmächtig abändern konnte. Für die von der Klägerin als Hintergrund dieses Handelns angeführte Auslegung des Vertrages ist - wie ausgeführt - angesichts der klaren Regelungen im Vertrag, wonach die betreffende Forderung nach Ablauf eines Stichtages zum vollen Nennwert angekauft werden sollte, kein Raum. Die Formulierungen in Ziffer 19 Abs. 2 und Abs. 3 des Unternehmenskaufvertrages sollten eine für die Erwerberin rechtssichere Absicherung zur Werthaltigkeit der in der Bilanz der Beklagten stehenden Forderung gegen die … treffen (kein „Einziehungsrisiko“, „garantierte“ vollständige Einziehung, Forderungsankauf „auf erste Anfrage“). Eine eigenmächtige „Korrektur“ dieser Regelungen, wie sie die Klägerin unter Verweis auf einen von der Erwerberin nach Ziffer 3.2 ff. des Unternehmenskaufvertrages nach dem Geschäftsergebnis zu zahlenden „Earn-Out“ anführt, stand dem Geschäftsführer der Klägerin demnach offensichtlich nicht zu. Er war zu einer solchen Korrektur nur scheinbar faktisch in der Lage, insofern er zugleich als Geschäftsführer der Beklagten handeln konnte. Unabhängig davon hing die Frage, ob die Reduzierung des Forderungskaufpreises im Zusammenhang mit dem etwaig zu zahlenden „Earn-Out“ für die Erwerberin vorteilhaft war, gemäß Ziffer 3.2.1. des Unternehmenskaufvertrages vom Bestand der sonstigen Forderungen zum Stand 30. Juni 2017 ab. Der Kaufvertrag über die streitgegenständliche Forderung ist vor diesem Stichtag im April 2017 abgeschlossen und vollzogen worden, mithin zu einem Zeitpunkt, zu dem noch nicht klar war, ob die Earn-Out-Klausel greifen wird. Für den Geschäftsführer der Klägerin kann unter diesen Umständen von vornherein nicht entlastend angeführt werden, dass gerade die im Forderungskaufvertrag preislich umgesetzte Wertberichtigung zu einem für die Erwerberin zwingend günstigeren Ergebnis führen konnte.

cc) Soweit sich die Klägerin auf Einzelfälle beruft, in denen die Rechtsprechung die Anwendbarkeit des § 817 Satz 2 BGB mit Rücksicht auf den Schutzzweck der zur Nichtigkeit des zugrunde liegenden Geschäfts führenden Normen verneint hat, sind diese für den vorliegenden Sachverhalt nicht einschlägig. Es liegt hier kein Fall vor, in dem sich die Sittenwidrigkeit ausnahmsweise aus einer Normverletzung ergibt, die gerade den Leistenden schützen soll (vgl. Grüneberg/Sprau, aaO, § 817 Rn. 18). Die Nichtigkeitsrechtsfolge aus § 138 Abs. 1 BGB dient nach dessen Schutzzweck nicht vor allem dem Schutz des Leistenden (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 16. Dezember 2015 - 4 U 77/14, juris Rn. 60). Auch eine Korrektur der Rechtsfolge des § 817 Satz 2 BGB nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) ist nicht geboten, insbesondere sind keine für die Klägerin objektiv anerkennenswerten schutzwürdigen Interessen ersichtlich. Soweit die Beklagte - zumindest vorübergehend - einen Vorteil dadurch erlangt hat, dass sie wegen der aus dem Vergleich mit der … erzielten Zahlung im Ergebnis einen über den Nennwert der betreffenden Forderung reichenden Überschuss in der Bilanz hat, ändert das nichts. Anders als die Klägerin meint, kommt es im Streitfall nicht zwingend darauf an, ob auch der Beklagten ein objektiv wirtschaftlicher Nachteil entstanden ist, sondern genügt es, dass jedenfalls der Erwerberin ein Schaden in Höhe der Kaufpreisdifferenz zu dem im Unternehmenskaufvertrag in voller Höhe vereinbarten Forderungswert entstehen musste. Die gegenläufige Argumentation der Klägerin ist vielmehr widersprüchlich, wenn sie selbst darauf verweist, dass die Beklagte aus dem Unternehmenskaufvertrag keine eigenen Rechte herleiten und deshalb keinen eigenen Schaden erleiden konnte. Zumindest ersteres trifft zu, begründet aber gerade die durch den Forderungskaufvertrag realisierte sittenwidrige Schädigung für die nach den Regelungen in Ziffer 19 Abs. 2 und Abs. 3 des Vertrages begünstigte Erwerberin. Auf eine zum Nachteil der Beklagten erfolgte Schädigung, die sich nur außerhalb des Vertragsregimes bilanziell ergeben könnte, was weiterer Feststellungen zum objektiven wirtschaftlichen Wert der Forderung verlangte, kommt es daher nicht an.

dd) Weil die Beklagte selbst keine Berufung oder Anschlussberufung eingelegt hat, kommt es gleichwohl nicht in Betracht, dass die Klägerin im Berufungsverfahren im Ergebnis wirtschaftlich schlechter dasteht als nach dem landgerichtlichen Urteil. Der vom Landgericht nicht zugesprochene Teil der geltend gemachten Bereicherungsforderung ist zwar aus anderen als vom Landgericht angenommenen Gründen materiell-rechtlich insgesamt unbegründet. Es ist aber der Klägerin der ihr erstinstanzlich in den Entscheidungsgründen in Höhe von 53.228,42 € als Bereicherungsforderung zuerkannte Betrag wegen des Verbots der reformatio in peius in der Berufungsinstanz aus verfahrensrechtlichen Gründen weiterhin zuzusprechen (§ 528 Satz 2 ZPO).

(1) Dagegen spricht entgegen der Auffassung der Beklagten nicht, dass das Landgericht den mit dem Hilfsvorbringen der Klägerin geltend gemachten Bereicherungsanspruch in Höhe des Teilbetrages von 53.228,42 € nicht als Zahlbetrag tenoriert, sondern nur in den Entscheidungsgründen für begründet erachtet und auf die Hilfsaufrechnung der Beklagten hin als erloschen angesehen hat (§ 389 BGB). Es kommt für das verfahrensrechtliche Verböserungsverbot nicht darauf an, dass in den Entscheidungsgründen getroffene Ausführungen grundsätzlich nicht als solche in Rechtskraft erwachsen, sondern nur zur Auslegung des rechtskraftfähigen Entscheidungssatzes herangezogen werden können, wie die Beklagte grundsätzlich zutreffend ausführt (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 34. Auflage, Vor § 322 Rn. 31 mwN). Ebenso wenig ist entscheidend, ob das Landgericht über die zur Aufrechnung gestellten Forderungen eine zutreffende und im Sinne des § 322 Abs. 2 ZPO der Rechtskraft fähige Entscheidung getroffen hat. Denn allein der Umstand, dass das Landgericht einen Teil der Bereicherungsforderung als begründet angesehen und nur die Klägerin gegen das landgerichtliche Urteil ein Rechtsmittel eingelegt hat, führt dazu, dass der die Klageforderung in Höhe von 53.228,42 € betreffende Teil des Streitstoffes nicht in die Berufungsinstanz gelangt ist. Wenn eine beklagte Partei im Wege der Aufrechnung eine Gegenforderung geltend macht, sind zwei selbständige Ansprüche anhängig, nämlich der Klageanspruch einerseits und wegen der erweiterten Rechtskraftwirkung des § 322 Abs. 2 ZPO der zur Aufrechnung gestellte Gegenanspruch andererseits. Entscheidet ein Urteil - wie hier das erstinstanzliche - rechtskraftfähig über beide, enthält es daher zwei prozessual selbständige Elemente des Streitstoffes. Die Überwälzung des Streitstoffes in die Rechtsmittelinstanz kann daher auf jedes dieser beiden Elemente und innerhalb dieser - bei Teilbarkeit - auf einen Teil beschränkt werden (vgl. BGH, Urteile vom 26. Oktober 1994 - VIII ZR 150/93, juris Rn. 23 und vom 3. November 1989 - V ZR 143/87, juris Rn 38 ff.).

(2) Das ist hier geschehen, indem lediglich die Klägerin das Rechtsmittel der Berufung eingelegt hat und die Beklagte keine Anschlussberufung. Damit fiel in der Berufungsinstanz nur der vom Landgericht als nicht begründet behandelte Teil der Klageforderung, der über 53.228,42 € hinausging, sowie die vom Landgericht bezüglich Hilfsaufrechnung und Widerklage als begründet angesehene Gegenforderung insgesamt an. Vor diesem Hintergrund steht die Klageforderung in der Berufungsinstanz bis zum Betrag von 53.228,42 € nicht zur Entscheidung an und muss sie der Senat wegen des Verbots der reformatio in peius als bestehend behandeln.

3. Die von der Klägerin auf den ihr in Höhe von 53.228,42 € zuzusprechenden Zahlbetrag begehrten Verzugszinsen sind jedoch unbegründet. Ihr steht auch kein Anspruch auf Rechtshängigkeitszinsen zu.

a) Ein Anspruch auf die beantragten Verzugszinsen steht der Klägerin schon deshalb nicht zu, weil der nur wegen des in der Berufungsinstanz zu beachtenden Verböserungsverbots teilweise zuzusprechenden Forderung die von Amts wegen zu beachtende Einwendung des § 817 Satz 2 BGB entgegensteht. Eine mit einer Einwendung oder Einrede behaftete Forderung ist eine objektiv nicht durchsetzbare Forderung. Sie vermag daher weder einen Verzug im Sinne von § 286 Abs. 1 BGB auszulösen noch eine Zinspflicht gemäß § 291 zu begründen (MünchKommBGB/Ernst, 9. Auflage, § 291 Rn. 10; Grüneberg/Grüneberg, aaO, § 291 Rn. 5; differenzierend Dornis in BeckOGK/BGB, Stand: 1. Oktober 2022, § 291 Rn. 15). Es kommt hinzu, dass die Klägerin die Beklagte vorgerichtlich zur Zahlung eines über 53.228,42 € weit hinausgehenden Zahlbetrages aufgefordert hat, so dass die Beklagte - auch bereits deshalb - einen objektiv von ihr geschuldeten Betrag nicht zutreffend ermitteln konnte (vgl. Grüneberg/Grüneberg, aaO, § 286 Rn. 20).

b) Einem Anspruch auf Prozesszinsen aus § 291 BGB steht im Streitfall ebenfalls der Umstand entgegen, dass der zugesprochene Teil der Klageforderung lediglich aus dem Gesichtspunkt des Verböserungsverbots zu tenorieren, nicht aber materiell-rechtlich begründet ist. Dieser Fall wird von der Bestimmung des § 291 BGB grundsätzlich nicht gedeckt. Nach § 291 BGB hat ein Schuldner eine Geldschuld von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Im Streitfall lässt sich eine Zinspflicht schon mangels materiell-rechtlicher Fälligkeit der Forderung nicht ab Rechtshängigkeit und jedenfalls nicht vor der richterlichen Entscheidung über die Berufung begründen, in der das Verbot der reformatio in peius greift, sondern allenfalls für die Zeit nach Eintritt der Rechtskraft. Der vorliegende Fall steht insoweit einer Entscheidung gleich, in dem eine Leistung gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB für den Schuldner durch ein (Gestaltungs-)Urteil bestimmt wird, denn auch in diesen Fällen wird die geschuldete Leistung erst mit dem Urteil fällig und Prozesszinsen können daher frühestens mit Verkündung des Urteils verlangt werden (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 2006 - X ZR 122/05, juris Rn. 23; OLG Braunschweig, OLGZ 1966, 15, 19; LAG Bremen, NJW 1978, 126; MünchKommBGB/Ernst, aaO Rn. 9; Dornis in BeckOGK/BGB, aaO Rn. 14). Der Tenorierung von Prozesszinsen ab Rechtskraft des Urteils steht jedoch vorliegend der weitere Umstand entgegen, dass hier ungeachtet der mit Rechtskraft eintretenden Vollstreckbarkeit der Entgeltforderung dieser weiterhin eine rechtshindernde Einwendung (§ 817 Satz 2 BGB) entgegensteht, die - wie ausgeführt - einen Zinsanspruch jedweder Art ausschließt.

Zur Widerklage:

Die vom Landgericht von den zur (Hilfs-)Aufrechnung gestellten - allein - als begründet angesehene Gegenforderung der Beklagten auf Rückzahlung der von ihr im Februar 2016 für die Klägerin geleistete Umsatzsteuersondervorauszahlung steht dieser mangels Forderungsberechtigung nicht zu. Die Beklagte hat gegen die Klägerin keinen Zahlungsanspruch aus dem Gesichtspunkt eines Gesamtschuldnerausgleichs nach § 426 Abs. 2, § 430 BGB oder aus einer anderen Anspruchsgrundlage. Insbesondere kann die Beklagte auch nicht aus dem Umstand, dass die Erwerberin mit der Klägerin im Unternehmenskaufvertrag vereinbart hat, dass der Klägerin für das gesamte (Verkaufs-)Jahr 2016 keine Gewinnabführung der Beklagten mehr verbleiben sollte, einen eigenen Anspruch herleiten.

1. Streitgegenständlich ist insoweit die Vorsteuervorauszahlung der Beklagten in Höhe von 467.414 €, welche die Beklagte auf Weisung der Klägerin am 8. Februar 2016 an das Finanzamt für die Gewährung einer „Dauerfristverlängerung“ überwiesen hat (Anlage B16, Bl. 240 f. d.A.). Die Begründung des Landgerichts, wonach die diesbezüglich zur Hilfsaufrechnung und Widerklage gestellte Rückzahlungsforderung der Beklagten begründet ist, folgt der im angefochtenen Urteil zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 29. Januar 2013 - II ZR 91/11, juris Rn. 10 ff.), übergeht dabei jedoch, dass deren Sachverhaltsgrundlage im Streitfall nicht gegeben ist.

a) In der Entscheidung des Bundesgerichtshofs war aufgrund umsatzsteuerlicher Organschaft die dortige Beklagte als Organträgerin (im Streitfall entspricht dem im Verhältnis der Parteien für die Vergangenheit die Klägerin) nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG Steuerschuldnerin der auf die Umsätze der Organschaft entfallenden Umsatzsteuer (vgl. BFH, Urteil vom 23. September 2009 - VII R 43/08, BFHE 226, 391, 395). Die Vorschrift behandelt den Organkreis als einheitliches Ganzes und erfasst infolgedessen auch diejenigen Steuern, die im Unternehmen des Organträgers angefallen sind (BGH, Urteil vom 22. Oktober 1992 - IX ZR 244/91, BGHZ 120, 50, 53 f.). Neben dem Organträger als Steuerschuldner haftet bei einer umsatzsteuerlichen Organschaft zusätzlich auch die Organgesellschaft nach § 73 Satz 1 AO für solche Steuern des Organträgers, für welche die Organschaft zwischen ihnen steuerlich von Bedeutung ist (im Streitfall entspricht dem im Verhältnis der Parteien für die Vergangenheit die Beklagte). Der Organträger als Steuerschuldner und die nach § 219 Satz 1 AO nur nachrangig haftende Organgesellschaft werden vor diesem Hintergrund - obwohl es an der Gleichstufigkeit der Schuld fehlt - wegen § 44 Abs. 1 AO gegenüber dem Fiskus als Gesamtschuldner behandelt. Ein eventueller Innenausgleich wird nach bürgerlichem Recht entsprechend § 426 BGB vorgenommen (vgl. BGH, Urteile vom 22. Oktober 1992 - IX ZR 244/91, BGHZ 120, 50, 55 f.; vom 1. Dezember 2003 - II ZR 202/01, ZIP 2004, 164, 165; vom 19. Januar 2012 - IX ZR 2/11, BGHZ 192, 221 Rn. 19 und vom 29. Januar 2013 - II ZR 91/11, juris Rn. 10). Deshalb ist im Innenverhältnis der Organträger grundsätzlich verpflichtet, der Organgesellschaft einen finanziellen Ausgleich in entsprechender Heranziehung des § 426 BGB zu leisten, das heißt im Grundsatz hat derjenige Beteiligte eines Organkreises, aus dessen Umsätzen die gezahlten Umsatzsteuerbeträge herrühren, auch im Innenverhältnis die Steuerlast zu tragen, denn die Zurechnung der Steuerschuldnerschaft nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG zu Lasten des Organträgers dient nur der Vereinfachung der Steuererhebung. Es handelt sich dabei nicht um eine „andere Bestimmung“ im Sinne des § 426 Abs. 1 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 2013, aaO Rn. 12). Das gleiche Prinzip ist nach dieser Rechtsprechung für den Ausgleich von Vorsteuerbeträgen zwischen den jeweiligen Parteien heranzuziehen (aaO Rn. 13). Denn im Innenverhältnis liegt eine mit Gesamtgläubigern vergleichbare Konstellation vor und entsprechend § 430 BGB hat ein zivilrechtlicher Ausgleich zur Wahrung der Belastungsneutralität zu erfolgen. Die Verlagerung des Vorsteuerabzugsrechts zum Organträger ist insoweit nur formeller Natur. Es hat deshalb die Verteilung von Umsatzsteuerlast und Vorsteuerabzugsrecht grundsätzlich nach dem Verursacherprinzip zu erfolgen, falls nicht die Parteien eine abweichende Regelung getroffen haben. Dabei ist es für einen Ausgleichsanspruch der Organgesellschaft auch nicht relevant, ob die Vorsteuerbeträge durch das Finanzamt an den Organträger tatsächlich in Geld erstattet oder mit eigenen Umsatzsteuerschulden verrechnet wurden.

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Landgericht einen Ausgleichsanspruch der Beklagten nur im Ausgangspunkt zu Recht bejaht und übersehen, dass zwischen den Parteien des Rechtsstreits zur Zeit des streitgegenständlichen Zahlungsflusses ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag bestand, aufgrund dessen die Leistung der Beklagten mit Rechtsgrund und in gegenüber der Beklagten nicht nach § 426 Abs. 2 BGB ganz oder teilweise ausgleichspflichtiger Weise in das Vermögen der Klägerin gelangt ist.

aa) Entgegen der Annahme des Landgerichts ist anders als von der zitierten Rechtsprechung vorausgesetzt im Innenverhältnis der Parteien dieses Rechtsstreits eine andere unternehmensvertragliche Regelung im Sinne des § 426 Abs. 1 BGB vereinbart worden, namentlich der zwischen ihnen unstreitig bis zum 31. Juli 2016 bestehende Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag vom 4. Dezember 2014 (Anlage B14, Bl. 218 ff. d.A.).

(1) Die Beklagte war danach für die Dauer des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages steuerrechtlich als Organgesellschaft in die Klägerin als Organträgerin eingegliedert und nach § 2 Abs. 1 zur Abführung ihres Gewinns für jedes Geschäftsjahr an die (Y) Holding (Klägerin) verpflichtet. Mit der Veräußerung der Beklagten sollte gemäß Ziffer 7.1 des Unternehmenskaufvertrages die steuerliche Organschaft der Beklagten zwar enden und diese in 2017 für das gesamte Geschäftsjahr 2016 steuerlich eigenständig veranlagt werden (Anlagen K5/B1/B15, S. 9; Bl. 58 d.A.). Bereits zugunsten der Beklagten im Jahr 2016 von der Klägerin verauslagte Steuervorauszahlungen sollte die Klägerin von den Steuerbehörden - gegebenenfalls mit Unterstützung der Erwerberin, wie in Ziffer 7.1 Abs. 4 des Unternehmenskaufvertrages geregelt ist - zurückerhalten. Weil aber zur Zeit ihrer Vornahme die streitgegenständliche Sondersteuervorauszahlung aus Sicht der Klägerin bei wirtschaftlicher Betrachtung und mit entsprechender Auswirkung auf die Bilanzierung eine Vorweg-Gewinnabführung war, hat ihr der betreffende Betrag im Februar 2016 mit Rechtsgrund zugestanden. Indem die Beklagte aufgrund des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages mit ihrer Muttergesellschaft (Klägerin) ohnehin ihren gesamten Jahresüberschuss an ihre Muttergesellschaft abzuführen hatte, spielte es im wirtschaftlichen Ergebnis keine Rolle, ob sie eine Steuerumlage oder anstelle derer einen entsprechenden Gewinn abführte (vgl. BGH, Urteile vom 29. Januar 2013, aaO Rn. 20 und vom 1. Dezember 2003 - II ZR 202/01, juris Rn. 4). Mit Rücksicht darauf, dass der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zwischen den Parteien zur Zeit der Weisung der Klägerin, die Sondervorauszahlung zu ihren Gunsten an das Finanzamt zu leisten, in Kraft war und erst zum 31. Juli 2016 gekündigt wurde (vgl. Anlage K17, Bl. 377 d.A.), ist daher davon auszugehen, dass diese Art der Steuerumlagepraxis aufgrund und im Rahmen des Ergebnisabführungsvertrages erfolgt ist, so dass ein Rückforderungsanspruch der Beklagten im Innenverhältnis wegen einer insoweit anderen Bestimmung im Sinne des § 426 Abs. 1 BGB von vornherein entfällt. Diese Verpflichtung gegenüber der Klägerin hat die Beklagte auch nicht bestritten, sondern selbst unstreitig gestellt, dass die betreffende Steuervorauszahlung im Februar 2016 nach Weisung der Klägerin auf Grundlage des zu dieser Zeit noch bestehenden Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages erfolgt ist (Schriftsatz vom 31. Januar 2019, S. 6; Bl. 199 d.A.). Vor diesem Hintergrund besteht für die streitgegenständliche Leistung im Verhältnis der Parteien keine Ausgleichsverpflichtung, so dass der Beklagten ein Anspruch aus § 426 Abs. 2 BGB nicht zusteht.

(2) Ihr steht auch kein Schadensersatzanspruch zu. Zwar kann eine Vorweg-Gewinnabführung dazu führen, dass sie zu einem Nachteil der abhängigen Gesellschaft führt, insbesondere wenn dadurch ein bilanzieller Verlust entsteht, so dass für die abhängige Gesellschaft ein Schadensersatzanspruch gegenüber der herrschenden Gesellschaft bestehen kann (vgl. § 317 Abs. 1 AktG und § 311 AktG). Auch für einen solchen Anspruch ist indes nichts ersichtlich. Sofern die Beklagte im Jahr 2016 keinen ausreichenden Gewinn für die Vorwegentnahme erwirtschaftet haben sollte, ist dies nicht nach Grund und Höhe geltend gemacht. Dass etwa Voraussetzungen für den Umfang der Gewinnabführung beschränkende Regelungen vorlagen (vgl. § 17 Satz 2 Nr. 1 UStG i.V.m. § 301 AktG), ist ebenfalls nicht vorgetragen.

bb) Gegen diese Beurteilung lässt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht erfolgreich einwenden, dass zum Zeitpunkt des Erstattungsbegehrens der Unternehmensvertrag durch Kündigung zum 31. Juli 2016 aufgehoben war (vgl. Anlage K17, Bl. 377 d.A.), wie in Ziffer 2 Abs. 1 des Unternehmenskaufvertrages vorgesehen. Dies ändert nichts am rechtlichen Ergebnis, denn zur Zeit der Leistung war die Klägerin zur Geltendmachung einer Vorweg-Gewinnabführung berechtigt. Entgegen der Auffassung der Beklagten lässt auch der Zeitpunkt der vom Finanzamt geleisteten Erstattung keinen Rückschluss darauf zu, ob die Klägerin die Sondervorauszahlung der Beklagten zulässig als sogenannte Vorweg-Gewinnabführung eingefordert hat, denn mit weisungsgemäßer Zahlung ist der Betrag wirtschaftlich bereits in das Vermögen der - gegenüber dem Finanzamt eigentlich zur Zahlung verpflichteten - Klägerin geflossen.

cc) Ebenso wenig steht dieser Beurteilung entgegen, dass die Klägerin in dem Unternehmenskaufvertrag gegenüber der Erwerberin in Ziffer 7.1 erklärt hat, dass die Beklagte wegen der mit ihrer Veräußerung endenden steuerlichen Organschaft für das gesamte Jahr 2016 steuerlich selbständig veranlagt werden soll und dass die Erwerberin „den Verkäufer von etwaigen Verpflichtungen aus dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag ab dem 1. August 2016 [freistellt]“ (Anlage K5/B1/B15, S. 9; Bl. 58 d.A.).

(1) Es trifft zwar zu, wie auch das Landgericht angenommen und im Ergebnis aber falsch beurteilt hat, dass das Gewinnbezugsrecht für das Jahr 2016 nach dem Unternehmenskaufvertrag gemäß Ziffer 7.1 des Unternehmenskaufvertrages letztlich nur der Erwerberin zustehen sollte. Diese Argumentation übersieht aber, dass die Beklagte aus dem Unternehmenskaufvertrag als Nichtbeteiligte - respektive als Objekt und nicht Subjekt des Vertrages - keine Rechte herleiten kann und auch eine gewillkürte Prozessstandschaft für die Erwerberin weder erst- noch zweitinstanzlich dargelegt ist. Die Beklagte ist nicht selbst Inhaberin einer Rückforderung für von der Klägerin vorab vereinnahmte Gewinne, sondern müsste zur Geltendmachung einer solchen Forderung von ihrer Erwerberin ermächtigt werden (vgl. BGH, Urteil vom 1. Dezember 2003, aaO Rn. 8); denn es stehen letztlich dieser alle Gewinne der Beklagten auf Grundlage der Regelung im Unternehmenskaufvertrag für das Jahr 2016 zu. Darauf hat die Klägerin in der Berufungsbegründung zu Recht hingewiesen. Richtig ist daher nur, dass der Gewinnabführungsvertrag wie im Unternehmenskaufvertrag vorgesehen für die Zeit nach dem 31. Juli 2016 gekündigt worden ist. Das lässt aber zum einen nicht den Rechtsgrund für die früheren Zahlungen der Beklagten als „Vorweg-Gewinnabführungen“ entfallen. Zum anderen sind Vereinbarungen zu Gunsten der Beklagten, die dieser in Bezug auf den vorher bestehenden Gewinnabführungsvertrag selbst eine Rechtsposition gegenüber der Klägerin vermitteln würden und nicht nur ihrer Erwerberin, nicht getroffen. Ob der Erwerberin ein Erstattungsanspruch - und von dieser gegebenenfalls auszukehren an die Beklagte - aus dem Unternehmenskaufvertrag gegen die Klägerin zusteht, kann vor diesem Hintergrund offen bleiben.

(2) Das dagegen in ihrem letzten Schriftsatz noch angeführte Argument der Beklagten, ihr stehe selbst ein Anspruch gegen die Klägerin aus ihrer Closing Bilanz zu, in der sie die Umsatzsteuersondervorauszahlung als Belastung verbucht habe, verfängt demgegenüber nicht. Allein aus einer bilanziellen Buchposition folgt kein Anspruch der Beklagten.

2. Darauf, ob die Beklagte nach Hinweis des Senats im ersten Berufungstermin in ihren nachfolgenden Schriftsätzen die Höhe der von ihr geltend gemachten Ausgleichsforderung nunmehr erstmals schlüssig dargelegt hat, kommt es vor diesem Hintergrund nicht mehr an.

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 Satz 1 Fall 2, 344 ZPO. Die Klägerin unterliegt mit ihrer Klageforderung in Höhe von 138.271,58 € (191.500 € - 53.228,42 €). Dem entspricht im Rechtsstreit in erster und zweiter Instanz ein Unterliegensanteil am Gesamtstreitwert (658.073,24 €) in Höhe von rund 1/5. Die Kosten ihrer erstinstanzlichen Säumnis hat die Klägerin gesondert zu tragen, weil das Versäumnisurteil in gesetzlicher Weise ergangen ist, § 344 ZPO.

2. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10 Satz 1, 711 Satz 1 und 2 ZPO.

3. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die vorliegende Einzelfallentscheidung keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

 Streitwert in II. Instanz:

 658.073,24 € (191.500 € für die Klage + 53.228,42 € für die Hilfsaufrechnung + 413.344,82 € für die übersteigende Widerklage); vgl. §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 39 Abs. 1, 45 Abs. 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, 3 ff. ZPO