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Entscheidung 1 AR 28/22 (SA Z)


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 1. Zivilsenat Entscheidungsdatum 26.01.2023
Aktenzeichen 1 AR 28/22 (SA Z) ECLI ECLI:DE:OLGBB:2023:0126.1AR28.22SA.Z.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Der Antrag auf Bestimmung des gemeinsam zuständigen Gerichts wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Bestimmungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Der Gegenstandswert des Verfahrens wird auf 5.608,05 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt mit seiner am 15. Dezember 2021 bei dem Landgericht Cottbus eingegangenen Klage vor dem Hintergrund des sogenannten Abgasskandals gegenüber der Beklagten zu 1) als Verkäuferin des streitgegenständlichen Fahrzeugs die Lieferung eines mangelfreien Ersatzfahrzeugs Zug um Zug gegen Rückübereignung des von ihm erworbenen Kastenwagens Fiat Ducato sowie Verwendungsersatz. Gegenüber der Beklagten zu 2) als Herstellerin des Motors macht er – ebenfalls Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeugs – die Zahlung von Schadensersatz geltend.

Nachdem die Beklagte zu 1) mit Schriftsatz vom 31. Mai 2022 die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts gerügt hatte, wies das Gericht die Parteien mit Verfügung vom 28. Juli 2022 ebenfalls auf Bedenken gegen seine Zuständigkeit für den gegenüber der Beklagten zu 1) geführten Rechtsstreit hin und führte zur Begründung aus, dass der Erfolgsort der streitgegenständlichen Nacherfüllung im Sinne des § 29 Abs. 1 ZPO deren Sitz sein dürfte. Hierauf hat der Kläger die Verweisung des Rechtsstreits hinsichtlich beider Beklagter an das Landgericht Chemnitz beantragt und hilfsweise einen Antrag auf gerichtliche Bestimmung des zuständigen Gerichts gestellt.

Das Landgericht Cottbus hat die Parteien daraufhin mit Verfügung vom 14. Oktober 2022 darauf hingewiesen, dass eine gerichtliche Gerichtsstandsbestimmung nicht in Betracht kommen dürfte, da für beide Beklagte ein gemeinsamer Gerichtsstand im Bezirk des Landgerichts Chemnitz begründet sei, auch wenn dieser Gerichtsstand für die Beklagte zu 2) durch die Erhebung der Klage vor dem Landgericht Cottbus und die hierin liegende bindende Wahl eines Gerichtsstands weggefallen sei. Nachdem der Kläger seinen Antrag nicht zurückgenommen hat, hat das Landgericht das Verfahren mit Verfügung vom 30. November 2011 dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung über den Antrag auf Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstands vorgelegt.

II.

Für die von dem Kläger begehrte Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ist kein Raum.

1. Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 ZPO über die Bestimmung des gemeinsam zuständigen Gerichts zu entscheiden, weil das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht für die Gerichtsstände der Beklagten der Bundesgerichtshof ist und das zum Bezirk des Brandenburgischen Oberlandesgerichts gehörende Landgericht Cottbus zuerst mit dem Rechtsstreit befasst war.

2. Die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen jedoch nicht vor. Eine Zuständigkeitsbestimmung nach dieser Vorschrift setzt voraus, dass mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichtsständen ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden und kein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand begründet ist. Vorliegend ist bei der insoweit gebotenen weiten Auslegung der Vorschrift zwar davon auszugehen, dass die Beklagten Streitgenossen im Sinne des § 60 ZPO sind, weil die gegen den Verkäufer und den Hersteller gerichteten Ansprüche jeweils darauf gerichtet sind, den Kläger von den Folgen seiner Kaufentscheidung zu befreien; sie werden auf einen im Wesentlichen gleichen Lebenssachverhalt gestützt und beruhen daher auf im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen Gründen (vgl. für den Fahrzeughersteller und den Fahrzeugverkäufer: BGH, NJW 2018, 2200 Rn. 13). Die Beklagten hatten jedoch einen gemeinschaftlichen besonderen Gerichtsstand im Bezirk des Landgerichts Chemnitz. Die Beklagte zu 1) hat hier ihren allgemeinen Gerichtsstand und für die Beklagte zu 2) ergab sich dort nach dem insoweit maßgeblichen Vorbringen des Klägers mit Blick auf den Handlungsort als dem Ort, an dem das schadensbegründende Ereignis veranlasst wurde, ein Gerichtsstand aus § 32 ZPO. Allerdings ergibt sich in Fällen wie dem vorliegenden, in denen der Schadenseintritt zum Tatbestand der Rechtsverletzung gehört, ein Begehungsort im Sinne des § 32 ZPO auch am Erfolgsort, an dem das Schadensereignis eingetreten ist, also hier am Wohnort des Klägers als dem Ort des belegenen Vermögens (vgl. Zöller/Schultzky, ZPO, 34. Auflage, § 32 Rn. 19), so dass dem Kläger mehrere Gerichtsstände zur Wahl standen. Dieses Wahlrecht hat er durch die Klageerhebung bei dem Landgericht Cottbus gemäß § 35 ZPO bindend ausgeübt, so dass sein Wahlrecht erloschen ist. Wie das Landgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, entsteht hierdurch jedoch keine Möglichkeit der gerichtlichen Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstands. Hat ein gemeinschaftlicher Gerichtsstand bestanden, der lediglich durch die bindende Zuständigkeitswahl eines anderen Gerichts verloren gegangen ist, ist eine Gerichtsstandsbestimmung ausgeschlossen (BayObLG, Beschluss vom 21. April 2021, Az.: 102 AR 63/21, juris Rn. 17; OLG Hamm, NJW-RR 2016, 639, Rn. 6; Zöller/Schultzky, ZPO, 34. Auflage, § 36 Rn. 23). Für Erwägungen der Zweckmäßigkeit oder der Prozessökonomie ist bei dieser Sachlage kein Raum (BayObLG, a.a.O.).

Da die Tatbestände des § 36 Abs. 1 ZPO dazu dienen, langwierige Streitigkeiten der Gerichte über ihre Zuständigkeit zu vermeiden, kommt eine Gerichtsstandsbestimmung trotz eines gemeinschaftlichen besonderen Gerichtsstands nur ausnahmsweise in Betracht, wenn das gemeinsam zuständige Gericht bereits erhebliche Zweifel an seiner Zuständigkeit geäußert hat (vgl. Senat, Beschluss vom 9. November 2017, Az.: 1 AR 30/17 (SA Z); OLG Naumburg, NJW-RR 2014, 957; OLG München, NJW-RR 2010, 645, 646). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor; das Landgericht Chemnitz hat sich zu seiner Zuständigkeit nach § 32 ZPO nicht geäußert.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Zwar gilt das Verfahren nach §§ 36, 37 ZPO, das mit der Bestimmung des zuständigen Gerichts endet, als Teil des Hauptsacheverfahrens, so dass die Kosten des Bestimmungsverfahrens als Kosten der Hauptsache der insoweit zu treffenden Kostenentscheidung unterfallen. Dies gilt jedoch nicht im Falle der Ablehnung oder der Zurücknahme des Bestimmungsantrags, weshalb in diesen Fällen eine gesonderte Kostenentscheidung erforderlich ist (vgl. BGH, NJW-RR 1987, 757). Ob und in welchem Umfang Kosten angefallen sind, obliegt dabei nicht der Bestimmung durch den Senat.

4. Der Gegenstandswert des Bestimmungsverfahrens ist gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO entsprechend dem klägerischen Interesse, gegen alle Beklagte gemeinsam bei einem Gericht vorzugehen, mit 10 % des Streitwertes der Klage anzusetzen.