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Versorgungswerk; monatlicher Regelpflichtbeitrag; Beitragszeitraum; Beitragsberechnung; Arbeitseinkommen; Einkommen des vorletzten Kalenderjahres; Arbeitsentgelt


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 12. Senat Entscheidungsdatum 20.01.2023
Aktenzeichen OVG 12 B 23/22 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2023:0120.OVG12B23.22.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 9 Abs 1 RAVersorgG BB, § 33 Abs 1 RAVersorgSa BE, § 33 Abs 2 RAVersorgSa BE, § 33 Abs 4 Nr 1 RAVersorgSa BE, § 9 Abs 2 S 1 RAVersorG BB

Leitsatz

Die in der Satzung des beklagten Versorgungswerks geregelte Beitragsfestsetzung anhand des Arbeitseinkommens des vorletzten Kalenderjahres setzt voraus, dass im maßgeblichen Beitragszeitraum überhaupt eine auf die Erzielung von Arbeitseinkommen gerichtete selbständige Tätigkeit ausgeübt wird. Für eine Zusammenrechnung von Arbeitseinkommen und Arbeitsentgelt ist kein Raum, wenn im Beitragszeitraum ausschließlich Arbeitsentgelt als angestellter Rechtsanwalt erzielt wird.

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des jeweiligen Vollstreckungsbetrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger ist als zugelassener Rechtsanwalt Pflichtmitglied des beklagten Versorgungswerks. Er wendet sich gegen die Beitragsfestsetzung des Beklagten für den Zeitraum vom 1. September bis 31. Dezember 2016, soweit diese einen Monatsbeitrag von 374 Euro übersteigt.

Der Beklagte erhebt nach Maßgabe seiner Satzung von seinen Mitgliedern einkommensbezogene monatliche Beiträge. Nach § 33 Abs. 1 der Satzung ist der monatliche Regelpflichtbeitrag der Beitragssatz der im Land Brandenburg geltenden Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung. Für Mitglieder, bei denen die Summe von Arbeitseinkommen aus selbständiger Tätigkeit und Arbeitsentgelt die Beitragsbemessungsgrenze nicht erreicht, tritt gemäß § 33 Abs. 2 der Satzung anstelle der Beitragsbemessungsgrenze die Summe des jeweils nachgewiesenen Arbeitseinkommens und Arbeitsentgelts. Maßgebend für die Beitragsberechnung ist beim Arbeitseinkommen das Einkommen des vorletzten Kalenderjahres, nachgewiesen durch den Einkommensteuerbescheid für das vorletzte Kalenderjahr; das Arbeitsentgelt wird durch Vorlage einer vom Arbeitgeber ausgestellten Bescheinigung für den jeweils maßgeblichen Beitragszeitraum nachgewiesen.

Mit Bescheid vom 11. Januar 2016 setzte der Beklagte den monatlichen Beitrag des Klägers für das Jahr 2016 vorläufig auf 190,83 Euro fest und forderte ihn zur Vorlage des satzungsrechtlich vorgesehenen Einkommensnachweises auf. Mit Schreiben vom 25. September 2016 teilte der Kläger mit, dass er zum 31. August 2016 seine selbständige Tätigkeit aufgegeben und ab 1. September 2016 eine versicherungspflichtige unselbständige Tätigkeit als angestellter Rechtsanwalt aufge-nommen habe. Zum Nachweis übersandte er eine Abrechnung seines Arbeitgebers für den Monat September 2016 über ein Bruttoentgelt in Höhe von 2.000 Euro. Unter Zugrundelegung des erzielten Arbeitsentgelts setzte der Beklagte den vom Kläger ab 1. September 2016 zu entrichtenden monatlichen Beitrag mit Änderungsbescheid vom 20. Oktober 2016 auf 374 Euro fest; die Festsetzung erfolgte gleichfalls vorläufig verbunden mit der Aufforderung zur Vorlage des maßgeblichen Einkommensteuerbescheids.

Da der Kläger keinen weiteren Nachweis vorlegte, hob der Beklagte mit Bescheid vom 3. Mai 2017 den vorgenannten Änderungsbescheid auf und setzte den Beitrag für das gesamte Jahr 2016 - ausgehend von einer monatlichen Beitragsbemessungsgrenze von 5.400 Euro und einem Beitragssatz von 18,7 % - auf 1.009,80 Euro monatlich fest. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 13. Mai 2017 Widerspruch ein, fügte den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2014 bei und verwies zur Begründung auf seine ab 1. September 2016 aufgenommene unselbständige Tätigkeit. Da sein Arbeitgeber regelmäßig die sich aus dem Bruttoeinkommen ergebenden Beiträge abführe, sei nicht ganz klar, auf welcher Grundlage noch der Einkommensteuerbescheid für 2014 benötigt werde.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 2017 änderte der Beklagte die Beitragshöhe erneut. Für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. August 2016 setzte er den Monatsbeitrag unter Berücksichtigung der vom Kläger ausweislich des vorgelegten Steuerbescheids erzielten Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit von 1.000 Euro monatlich und des Beitragssatzes von 18,7 % auf 187 Euro fest. Für die Zeit vom 1. September bis 31. Dezember 2016 legte er das zusammengerechnete monatliche Einkommen des Klägers aus freiberuflicher und angestellter Tätigkeit von insgesamt 3.000 Euro zugrunde und setzte den Beitrag auf monatlich (3.000 x 18,7 % =) 561 Euro fest.

Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben, soweit für den Zeitraum vom 1. September bis 31. Dezember 2016 ein höherer Monatsbeitrag als 374 Euro festgesetzt worden ist. Für die Beitragsberechnung komme es ab 1. September 2016 allein auf das nachgewiesene Arbeitsentgelt aus der von ihm ausgeübten unselbständigen Tätigkeit an. Da er seine selbständige Tätigkeit aufgegeben habe, sei das ausweislich des Einkommensteuerbescheids im vorletzten Kalenderjahr erzielte Einkom-men nicht mehr relevant. Für eine Zusammenrechnung von Einkünften aus selbständiger und unselbständiger Tätigkeit, die in unterschiedlichen Zeitabschnitten erzielt worden seien, sei kein Raum.

Mit Urteil vom 13. Dezember 2021 hat das Verwaltungsgericht Cottbus der Klage stattgegeben. In dem verfahrensgegenständlichen Zeitraum vom 1. September bis 31. Dezember 2016 habe der Kläger unstreitig Einkünfte bezogen, die die Beitragsbemessungsgrenze im Sinne von § 33 Abs. 1 der Satzung nicht erreichten. Der Beitrag sei danach gemäß Absatz 2 der Regelung aus der Summe des jeweils nachgewiesenen Arbeitseinkommens (aus selbständiger Tätigkeit) und Arbeitsentgelts (aus nicht selbständiger Tätigkeit) zu bestimmen. Da der Kläger in dem genannten Zeitraum ausschließlich als angestellter Rechtsanwalt tätig gewesen sei, komme es für die Berechnung des Beitrags allein auf das von ihm nachweislich erzielte Arbeitsentgelt an. Die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Beitragsfestsetzung, die auch das Einkommen einbeziehe, das der Kläger im Jahr 2014 aus seiner damaligen Tätigkeit als selbständiger Rechtsanwalt erzielt habe, entbehre einer rechtlichen Grundlage. Der Ansatz des Beklagten, das im Jahr 2014 erzielte Einkommen müsse im Jahr 2016 „verbeitragt“ werden, verkenne, dass der Beitragszeitraum für selbständige wie angestellte Mitglieder der jeweilige Zeitraum sei, für den der Beitrag erhoben werde. Die Regelung des § 33 Abs. 4 Nr. 1 der Satzung, nach der für die Berechnung des Beitrags nach Absatz 2 beim Arbeitseinkommen das Einkommen des vorletzten Kalenderjahres maßgebend sei, bezeichne keinen abweichenden Beitragszeitraum. Sie eröffne lediglich die Möglichkeit, zur Feststellung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit selbständig tätiger Mitglieder auf die Einkommensverhältnisse des vorletzten Kalenderjahres zurückzugreifen. Dem liege zu Grunde, dass eine - an sich gebotene - Anknüpfung an das im Jahr der Beitragserhebung erzielte Einkommen eine aufwändige eigenständige Einkommensermittlung durch den Beklagten erfordern würde, weil für selbständig Tätige zu diesem Zeitpunkt in der Regel noch kein Einkommensteuerbescheid als verlässlicher Einkommensnachweis vorliege. Die darin liegende Verwaltungsvereinfachung beruhe auf der typisierenden Annahme, dass das im vorletzten Kalenderjahr erzielte Einkommen in der Regel den wirtschaftlichen Verhältnissen im Zeitpunkt der Beitragserhebung entspreche. Der Rückgriff auf das Einkommen des vorletzten Jahres zur Berechnung des Beitrags setze aber gleichwohl voraus, dass im Beitragszeitraum eine auf die Erzielung von Arbeitseinkommen gerichtete selbständige Tätigkeit ausgeübt werde. An dieser Voraussetzung fehle es vorliegend; für den Zeitraum vom 1. September bis 31. Dezember 2016 habe danach von vornherein kein Anlass bestanden, auf das Einkommen des vorletzten Kalenderjahres zurückzugreifen.

Hiergegen richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Beklagten, mit der er geltend macht, dass die erstinstanzliche Auslegung des § 33 Abs. 4 Nr. 1 der Satzung grundlegend rechtsfehlerhaft sei. Die Vorschrift eröffne nicht lediglich die Möglichkeit, bei selbständig tätigen Mitgliedern auf das Einkommen des vorletzten Kalenderjahres zurückzugreifen, sondern sei zwingend. Die Ermittlung des im Beitragsjahr zu zahlenden Beitrags anhand des Einkommens des jeweils vorletzten Kalenderjahres sei rechtmäßig und in der Rechtsprechung seit langem anerkannt. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass allein die wirtschaftlichen Verhältnisse des Mitglieds im Zeitpunkt der Erhebung des Beitrags maßgeblich seien und es des Weiteren darauf ankomme, dass im Beitragszeitraum eine auf die Erzielung von Arbeitseinkommen gerichtete selbständige Tätigkeit ausgeübt werde, sei falsch und finde in der Satzung keine rechtliche Grundlage. Sie führe im Ergebnis dazu, dass tatsächlich - hier: im Jahr 2014 - erzieltes Arbeitseinkommen vollständig „unverbeitragt“ bliebe. Dies stelle eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von Mitgliedern dar, die ausschließlich selbständig tätig seien, gegenüber den Mitgliedern, die im Laufe des Beitragsjahres in eine abhängige Beschäftigung wechselten. Inwieweit der Kläger im Jahr 2016 noch Arbeitseinkommen aus selbständiger Tätigkeit erzielt habe, sei völlig unerheblich. Nach § 33 Abs. 4 Nr. 1 der Satzung komme es auf das Arbeitseinkommen des vorletzten Kalenderjahres an. Bei der Beitragsfestsetzung für die Zeit von Januar bis August 2016 akzeptiere der Kläger dies auch; es sei widersinnig, dass dies für den streitigen Zeitraum von September bis Dezember 2016 nicht gelten solle, weil er in diesem Zeitraum ausschließlich abhängig beschäftigt gewesen sei.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 13. Dezember 2021 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt im Wesentlichen die erstinstanzliche Entscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Streitakte und den Verwaltungsvorgang des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der Beitragsbescheid des Beklagten vom 3. Mai 2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14. Juli 2017 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, soweit für den angegriffenen Zeitraum vom 1. September bis 31. Dezember 2016 ein höherer Monatsbeitrag als 374 Euro festgesetzt worden ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung ist § 9 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1, § 18 des Gesetzes über das Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Land Brandenburg (Brandenburgisches Rechtsanwaltsversorgungsgesetz - BbgRAVG) vom 4. Dezember 1995 (GVBl. I/95 Nr. 21) in der Fassung des Gesetzes vom 13. März 2012 (GVBl. I/12 Nr. 16) in Verbindung mit § 33 der Satzung des Versorgungswerks vom 7. November 2003 (ABl. 2004 S. 838) in der Fassung vom 11. September 2015 (ABl. 2016 S. 34, 252). § 9 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BbgRAVG ermächtigt das Versorgungswerk, nach näherer Maßgabe der nach § 18 BbgRAVG erlassenen Satzung einkommensbezogen den monatlichen Regelpflichtbeitrag unter Berücksichtigung des Beitragssatzes und der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung der Angestellten zu erheben und durch Bescheid festzusetzen. In Umsetzung dieser Ermächtigung bestimmt § 33 Abs. 1 der Satzung, dass der monatliche Regelpflichtbeitrag, soweit ihn die Vertreterversammlung nicht anders festsetzt, ein bestimmter Teil der im Land Brandenburg geltenden Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 159 SGB VI ist. Für Mitglieder, bei denen die Summe von Arbeitseinkommen und Arbeitsentgelt die Beitragsbemessungsgrenze nicht erreicht, tritt nach § 33 Abs. 2 Satz 1 der Satzung für die Bestimmung des Beitrags anstelle der Beitragsbemessungsgrenze die Summe des jeweils nachgewiesenen Arbeitseinkommens und Arbeitsentgelts; hinsichtlich der Definition von Arbeitseinkommen und Arbeitsentgelt wird in Satz 2 auf die entsprechend geltenden Vorschriften der §§ 14 und 15 SGB IV verwiesen. § 33  Abs. 4 der Satzung enthält nähere Regelungen für die Berechnung des Beitrags und für den Nachweis des Einkommens. Gemäß § 33 Abs. 4 Nr. 1 der Satzung ist für die Berechnung des Beitrags nach Absatz 2 Satz 1 beim Arbeitseinkommen (aus selbständiger Tätigkeit) das Einkommen des vorletzten Kalenderjahres und beim Arbeitsentgelt (aus unselbständiger Tätigkeit) der jeweilige Beitragszeitraum maßgebend. Der Einkommensnachweis wird nach § 33 Abs. 4 Nr. 4 der Satzung für Arbeitseinkommen durch Vorlage des Einkommensteuerbescheids für das vorletzte Kalenderjahr (a) und für Arbeitsentgelt durch Vorlage einer vom Arbeitgeber ausgestellten Bescheinigung über das Arbeitsentgelt für den Beitragszeitraum (b) erbracht.

Die angefochtene Beitragsfestsetzung des Beklagten für den Zeitraum vom 1. September bis 31. Dezember 2016 wird diesen Regelungen nicht gerecht. Der Beklagte hat der Berechnung des persönlichen Pflichtbeitrags des Klägers sowohl das im vorgenannten Zeitraum als angestellter Rechtsanwalt erzielte Arbeitsentgelt als auch das Einkommen zugrunde gelegt, das der Kläger im Jahr 2014 aus seiner damaligen Tätigkeit als selbständiger Rechtsanwalt erzielt hat. Für diese Art der Zusammenrechnung entbehrt es nach der zutreffenden Auffassung des Verwaltungsgerichts an einer (satzungs-)rechtlichen Grundlage.

Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass ein einkommensbezogener Beitrag, der - wie hier - für einen bestimmten Zeitraum erhoben wird, vom Grundsatz her an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Betroffenen in diesem Zeitraum anknüpfen muss. Maßgeblich für die Beitragsermittlung ist danach regelmäßig die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des beitragspflichtigen Mitglieds im jeweiligen Beitragszeitraum, die sich nach seinen Einkommensverhältnissen bemisst. Dies liegt ersichtlich auch der Regelung des § 33 Abs. 2 der Satzung zugrunde, die im Falle des Klägers mangels Erreichens der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung für die Bestimmung des Beitrags einschlägig ist. Soweit danach auf die Summe des jeweils nachgewiesenen Arbeitseinkommens (aus selbständiger Tätigkeit) und Arbeitsentgelts (aus unselbständiger Tätigkeit) abzustellen ist, soll sichergestellt werden, dass sämtliche Einkünfte des Betroffenen im Zeitraum der Beitragserhebung erfasst werden. Der Kläger hat im verfahrensgegenständlichen Zeitraum von September bis Dezember 2016 unstrei-tig allein Arbeitsentgelt aus seiner Tätigkeit als angestellter Rechtsanwalt erworben. Eine auf die Erzielung von Arbeitseinkommen gerichtete selbständige Tätigkeit hat er im Beitragszeitraum nicht (mehr) ausgeübt. Dementsprechend bemisst sich der von ihm zu entrichtende Beitrag allein nach dem nachweislich erzielten Arbeitsentgelt; für eine Zusammenrechnung von Arbeitseinkommen und Arbeitsentgelt ist kein Raum. Dies gilt auch in Ansehung der Regelung des § 33 Abs. 4 Nr. 1 der Satzung.

§ 33 Abs. 4 Nr. 1 der Satzung sieht vor, dass für die Berechnung des Beitrags nach Absatz 2 Satz 1 beim Arbeitseinkommen - anders als beim Arbeitsentgelt, bei dem auf den jeweiligen Beitragszeitraum abgestellt wird - das Einkommen des vorletzten Kalenderjahres maßgebend ist; der Einkommensnachweis wird durch Vorlage des Einkommensteuerbescheids für das vorletzte Kalenderjahr erbracht (§ 33 Abs. 4 Nr. 4 der Satzung). Entgegen der Auffassung des Beklagten lässt es die Vorschrift nicht zu, den Beitrag auf der Grundlage von Arbeitseinkommen des vorletzten Jahres festzusetzen, unabhängig davon, ob im maßgeblichen Beitragszeitraum - wie im Falle des Klägers - überhaupt eine auf die Erzielung von Arbeitseinkommen gerichtete selbständige Tätigkeit ausgeübt wird.

Zutreffend hat bereits das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass § 33  Abs. 4 Nr. 1 der Satzung weder einen (abweichenden) Beitragszeitraum bezeichnet noch die grundsätzliche Anknüpfung an die wirtschaftlichen Verhältnisse des beitragspflichtigen Mitglieds im Zeitpunkt der Beitragserhebung in Frage stellt. Die gegenteilige Argumentation des Beklagten geht an dem bereits erstinstanzlich dargelegten Sinn und Zweck der Regelung vorbei. Die Beitragsberechnung anhand des Arbeitseinkommens des vorletzten Kalenderjahres trägt dem Umstand Rechnung, dass eine - an sich gebotene - Anknüpfung an das im Jahr der Beitragserhebung erzielte Einkommen regelmäßig eine aufwändige eigene Einkommensermittlung durch den Beklagten erfordern würde, weil für selbständig Tätige zu diesem Zeitpunkt in der Regel noch kein Einkommensteuerbescheid als verlässlicher Einkommensnachweis vorliegt. Aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität soll die Veranlagung und Berechnung des Beitrags im Interesse der Mitglieder und des Versorgungswerks durch den Rückgriff auf das Einkommen des vorletzten Kalenderjahres vereinfacht werden. Die darin liegende Typisierung beruht auf der Annahme, dass sich die Einkommensverhältnisse der beitragspflichtigen selbständigen Rechtsan-wälte in der Regel über die Jahre hinweg nicht wesentlich verändern und daher regelmäßig den wirtschaftlichen Verhältnissen im Beitragszeitraum entsprechen. Zwar trifft es zu, dass eine derartige Beitragsermittlung, die an das Einkommen des vorletzten Kalenderjahres anknüpft, in der Rechtsprechung mit den vorstehenden Erwägungen grundsätzlich für rechtmäßig erachtet wird (vgl. zur Rechtsanwaltsversorgung in Berlin: Beschluss des Senats vom 25. August 2010 - OVG 12 N 41.10 - juris Rn. 9 f.; zu den jeweiligen landesrechtlichen Regelungen: VGH München, Urteil vom 16. August 1999 - 9 B 96.2276 - juris Rn. 39; OVG Münster, Urteil vom  15. Februar 2013 - 17 A 986/11 - juris Rn. 34; OVG Bautzen, Urteil vom 4. Mai 2022 - 6 A 804/19 - juris Rn. 32). Dies ändert aber nichts daran, dass § 33 Abs. 4 Nr. 1 der Satzung nur „für die Berechnung“ des Beitrags auf das Arbeitseinkommen des vorletzten Kalenderjahres abstellt. Der Beitragszeitraum, für den der Beitrag erhoben wird, bleibt unberührt. Ein Rückgriff auf das Einkommen des vorletzten Jahres - als „Berechnungsmethode“ - kommt daher nur dann in Betracht, wenn und soweit im maßgeblichen Beitragszeitraum tatsächlich Arbeitseinkommen als selbständiger Rechtsanwalt erzielt wird. Ist dies nicht der Fall, ist für eine Beitragsberechnung anhand des Einkommens des vorletzten Kalenderjahres nach den überzeugenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts von vornherein kein Raum.

Die erstinstanzliche Auslegung des § 33 Abs. 4 Nr. 1 der Satzung erweist sich danach entgegen der Auffassung des Beklagten weder als „falsch“ (Bl. 121 d.A.) noch ist es „völlig widersinnig“ (Bl. 84), dass der Kläger die Beitragsfestsetzung für die Monate Januar bis August 2016, in denen er noch selbständig tätig war, akzeptiert hat und sich allein gegen die Beitragsfestsetzung für September bis Dezember 2016 wendet, in denen er ausschließlich als angestellter Rechtsanwalt gearbeitet hat. Ebenso wenig kann sich der Beklagte mit Erfolg darauf berufen, dass nach dem Verständnis des Verwaltungsgerichts tatsächlich - hier: im Jahr 2014 - erzieltes Arbeitseinkommen „unverbeitragt“ bleibe. Inwieweit dies zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung von Mitgliedern führen soll, die ausschließlich selbständig tätig sind, und Mitgliedern, die im Laufe des Beitragsjahres in eine abhängige Beschäftigung wechseln, ist weder dargetan noch ersichtlich. In beiden Fällen kommt es, dem Charakter eines monatlichen einkommensbezogenen Beitrags entsprechend, für die Beitragserhebung auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds im jeweiligen Beitragszeitraum an, die sich nach den Einkommensverhältnissen bemisst. Im Übrigen ist eine fehlende (vollständige) „Verbeitragung“ von Arbeitseinkommen der Satzung des Beklagten nicht fremd. Auch erhebliche Einkommensschwankungen, bei denen die mit der Anknüpfung an das Arbeitseinkommen des vorletzten Kalenderjahres verbundene Typisierung im Wesentlichen unveränderter Einkommensverhältnisse nicht trägt, können dazu führen, dass ein Teil des Arbeitseinkommens aus selbständiger Tätigkeit im Zeitraum der Beitragserhebung „unverbeitragt“ bleibt, wie die Sonderregelung in § 33 Abs. 4 Nr. 3 der Satzung zeigt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.