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Entscheidung 13 UF 125/22


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 4. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 03.02.2023
Aktenzeichen 13 UF 125/22 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2023:0203.13UF125.22.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Teilbeschluss des Amtsgerichts Zossen vom 22.06.2022 - 6 F 312/21 - wie folgt abgeändert:

Der Antragsteller wird verpflichtet, Auskunft zu erteilen über sein Trennungsvermögen zum 01.11.2018 durch Vorlage eines geordneten und systematischen Vermögensverzeichnisses i.S.d. § 260 BGB bezogen auf alle einzelnen Vermögenspositionen samt deren wertbildender Faktoren, insbesondere zum bebauten Grundstück des Antragstellers in …, Gemarkung …, Flur …, Flurstück …, Grundbuch von … Blatt ….

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Wert des Beschwerdegegenstands wird auf 1.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im Rahmen einer Scheidungsfolgesache über Zugewinnausgleich über den Trennungszeitpunkt, auf den sich die - vom Antragsteller im Übrigen nicht in Abrede gestellte - Pflicht zur Auskunftserteilung nach § 1379 Abs. 1 Nr. 1 BGB bezieht.

Die Antragsgegnerin ist zum 01.11.2018 aus der bislang gemeinsam mit dem Antragsteller bewohnten Ehewohnung ausgezogen. Sie hat am 06.11.2018 bei dem für sie zuständigen Einwohnermeldeamt ihren am 01.11.2018 erfolgten Einzug in eine von der Ehewohnung verschiedene Wohnung unter der Anschrift …, als alleinige Wohnung gemeldet (Bl. 97). Den Mietvertrag für diese, von ihr ab dem 01.11.2018 allein zu bewohnende Wohnung hat sie am 31.08.2018 abgeschlossen (Bl. 98f.). Für das Jahr 2019 sind die Beteiligten aufgrund einer diesbezüglichen Absprache einkommensteuerlich gemeinsam veranlagt worden.

Die Antragsgegnerin hat behauptet, mit dem Auszug aus der Ehewohnung die Trennung vom Antragsteller vollzogen zu haben, weil sie sich habe von ihm trennen wollen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt (Bl. 149, Bl. 1 Sonderheft Zugewinn),

den Antragsteller zu verpflichten, Auskunft zu erteilen über sein Trennungsvermögen zum 01.11.2018 durch Vorlage eines geordneten und systematischen Vermögensverzeichnisses i.S.d. § 260 BGB bezogen auf alle einzelnen Vermögenspositionen samt deren wertbildender Faktoren, insbesondere zum bebauten Grundstück des Antragstellers in …, Gemarkung …, Flur …, Flurstück …, Grundbuch von … Blatt ….

Der Antragsteller hat beantragt (Bl. 149),

den Antrag abzuweisen.

Der Auszug der Antragsgegnerin am 01.11.2018 habe einvernehmlich nur dazu gedient, vorübergehend eine räumliche Abgrenzung voneinander herbeizuführen. Es sei keineswegs beabsichtigt gewesen, sich endgültig voneinander zu trennen und die Ehe zu scheiden. Der Abstand sollte dazu dienen, die Ehe wieder aufleben zu lassen und fortzusetzen. Es sei auch bis zum 02.01.2019 zu gemeinsamen Treffen gekommen, indem er seine Frau besucht habe. Erst am 02.01.2019 hätten sie sich endgültig voneinander getrennt, was sie auch dadurch dokumentiert hätten, dass sie für das Jahr 2019 eine gemeinsame Steuererklärung abgegeben hätten.

Durch die angefochtene Entscheidung vom 22.06.2022 (Bl. 152) hat das Amtsgericht den Antrag abgewiesen und dies auf einen unzureichenden Vortrag der Antragsgegnerin zu dem von ihr behaupteten Trennungszeitpunkt gestützt.

Mit ihrer Beschwerde vom 26.07.2022 (Bl. 161) verfolgt die Antragsgegnerin ihr erstinstanzlich verfolgtes Ziel unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags weiter. Ergänzend trägt sie vor, die gemeinsame einkommenssteuerliche Veranlagung für das Jahr 2019 sei erst nach der Trennung erfolgt und deswegen für ihren am 1.11.2018 bestehenden Trennungswillen unerheblich gewesen.

Sie beantragt (Bl. 5 der elektronischen Akte, im Folgenden elA),

unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung dem diesseitigen Antrag zu Ziffer 1) vom 31.01.2022 zu entsprechen und den Antragsteller zu verpflichten, Auskunft zu erteilen über sein Trennungsvermögen zum 01.11.2018 durch Vorlage eines geordneten und systematischen Vermögensverzeichnisses i.S.d. § 260 BGB bezogen auf alle einzelnen Vermögenspositionen samt deren wertbildender Faktoren, insbesondere zum bebauten Grundstück des Antragstellers in …, Gemarkung …, Flur …, Flurstück …, Grundbuch von … Blatt ….

Der Antragsteller beantragt (Bl. 10 elA),

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die eheliche Gemeinschaft sei zwar seit dem 01.11.2018 aufgehoben gewesen, aber einen Trennungswillen hätten er und die Antragsgegnerin erst ab dem 02.01.2019 gehabt. Die Antragsgegnerin habe auch am 01.11.2018 keinen Trennungswillen nach außen hin dokumentiert. Den Mietvertrag habe sie - wie er auch wusste - bereits am 31.08.2018 unterschrieben, so dass er dem Datum des Auszugs keine besondere Bedeutung beigemessen habe. Durch die gemeinsame steuerliche Veranlagung für 2019 habe auch die Antragsgegnerin nach außen hin dokumentiert, sich erst in 2019 getrennt zu haben, da eine gemeinsame steuerliche Veranlagung nur für das Jahr der Trennung in Betracht komme.

Der Senat entscheidet, wie angekündigt (Bl. 14 elA), über die Beschwerde ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung, §§ 117 Abs. 3, 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG. Ein zusätzlicher Erkenntnisgewinn ist angesichts des umfangreichen Schriftwechsels der Beteiligten im Beschwerderechtszug von einer mündlichen Verhandlung nicht zu erwarten.

II.

Die nach §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist begründet und führt zu der ausgesprochenen Verpflichtung des Antragstellers, über sein Trennungsvermögen zum Stichtag 01.11.2018 Auskunft zu erteilen, § 1379 Abs. 1 Nr. 1 BGB.

Die für die Erteilung der Auskunft zum Trennungszeitpunkt 01.11.2018 darlegungs- und beweisbelastete Antragsgegnerin hat die Voraussetzungen für eine an diesem Tag erfolgte Trennung - erstens die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft der Eheleute, zweitens einen zum behaupteten Trennungszeitpunkt objektiv erkennbaren und nach außen eindeutig manifestierten Trennungswillen, § 1567 Satz 1 BGB - hinreichend dargelegt.

Der zwischen den Beteiligten unstreitig zum 01.11.2018 erfolgte Auszug der Antragsgegnerin aus der Ehewohnung stellt den „Regelfall“ einer Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft dar (vgl. MüKoBGB/Weber, 9. Aufl. 2022, § 1567 BGB Rn. 15); die tatsächliche Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft wird vom Antragsteller auch nicht in Abrede gestellt. Die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft ohne äußere Gründe lässt regelmäßig den Schluss auf einen Trennungswillen zu (BGH NJW 1981, 449; MüKoBGB/Weber § 1567 BGB Rn. 42, 51; BeckOGK/S. Kappler, 11.8.2021, § 1567 BGB Rn. 55).

Der Einwand des Antragstellers, die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft sei am 01.11.2018 zunächst nur erfolgt, um Abstand zu gewinnen, verfängt nicht. Der Trennungswille ist nicht in die Zukunft gerichtet, sondern bezieht sich auf den gegenwärtigen Zustand: Es genügt, dass die häusliche Gemeinschaft nach der Vorstellung eines Ehegatten eine gewisse Zeit lang nicht bestehen soll, auch wenn dies der Gewinnung von Klarheit über die Beziehung dienen soll (BeckOGK/S. Kappler § 1567 BGB Rn. 58; MüKoBGB/Weber § 1567 BGB Rn. 34). Dem Trennungswillen der Antragsgegnerin zum Zeitpunkt ihres Auszugs steht deshalb auch nicht entgegen, dass sie den Mietvertrag für die neue Wohnung bereits am 31.08.2018 abgeschlossen hat; dieser Umstand ist für das Bestehen und die Manifestation des Trennungswillens zum Zeitpunkt des Auszugs irrelevant.

Die Zustimmung der Antragsgegnerin zu einer gemeinsamen steuerlichen Veranlagung für das Kalenderjahr 2019 bietet auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine etwa nach (erster) Trennung am 01.11.2018 erfolgte Versöhnung mit der Folge, dass für das hier in Rede stehende Verfahren nicht auf den Zeitpunkt des (erstmals) manifestierten Trennungswillens, sondern auf (irgendeinen) späteren Termin abzustellen wäre. Eine erfolgreiche Versöhnung setzt voraus, dass die Ehegatten einverständlich von ihrer Trennung Abstand nehmen, also die häusliche Gemeinschaft - bei fortdauernd getrennten Wohnsitzen jedenfalls zumindest zum Teil - wieder aufgenommen und den Willen zur Fortführung der Ehe gefasst haben (OLG Köln FamRZ 2002, 239; BeckOGK/S. Kappler § 1567 BGB Rn. 85). Hierfür ist nichts ersichtlich, insbesondere vom Antragsteller auch nichts vorgetragen. Allein die Möglichkeit, dass sich die Antragsgegnerin gegebenenfalls ansonsten auf eine gemeinsame steuerliche Veranlagung, die nicht den Anforderungen des § 26 Abs. 1 EStG entspricht, eingelassen haben könnte, lässt, anders als das Amtsgericht meint, keinen zwingenden Rückschluss auf eine zwischenzeitliche Versöhnung und einen dieser nachfolgenden späteren als den von der Antragsgegnerin substantiiert dargelegten Trennungszeitpunkt zu.

Schließlich verfängt auch der Einwand des Antragstellers nicht, die Antragsgegnerin habe ihm ihren Trennungswillen nicht kundgetan. Die Manifestation des Trennungswillens setzt nicht voraus, dass der andere Ehegatte die Trennungsabsicht tatsächlich erkennt (MüKoBGB/Weber BGB § 1567 Rn. 41). Die Absicht des Ehegatten, die häusliche Gemeinschaft abzulehnen, muss zwar erkennbar sein, aber nicht die Form einer Willenserklärung haben (MüKoBGB/Weber BGB § 1567 Rn. 40). Es ist auch im Übrigen nicht ersichtlich und vom Antragsteller nicht vorgetragen, weswegen sich in dem Auszug der Antragsgegnerin am 1.11.2018 nicht ihr Trennungswille manifestiert haben könnte. Der Einwand, er habe mit der Antragsgegnerin nach ihrem Auszug weiterhin freundlichen Kontakt gepflegt und sie besucht, genügt hierfür nicht.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 91 Abs. 1 ZPO.

Die Wertfestsetzung folgt aus §§ 55 Abs. 2, 42 Abs. 1 FamGKG. Aufgrund des Umstands, dass vorliegend jedenfalls auch ein bebautes Grundstück in Rede steht, ist mangels anderer Anhaltspunkte vom Doppelten des in § 42 Abs. 3 FamGKG bezeichneten Regelbetrags, mithin von einem zu schätzenden Wert einer mit der Auskunft beabsichtigten Zahlung von 10.000 € auszugehen. Für die mit 1/10 zu bewertende Auskunft (vgl. BeckOK ZPO/Wendtland, 1.10.2022, § 3 ZPO Rn. 15) ergibt sich ein Wert des Beschwerdegegenstands von 1.000 €.

Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht, § 70 Abs. 2 FamFG.