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Entscheidung VG 6 L 211/21


Metadaten

Gericht VG Cottbus 6. Kammer Entscheidungsdatum 26.08.2022
Aktenzeichen VG 6 L 211/21 ECLI ECLI:DE:VGCOTTB:2022:0826.6L211.21.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 123 VwGO, VwVG BB

Tenor

Der Antrag der Antragstellerin wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 217,90 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Entscheidung konnte durch den Berichterstatter anstelle der Kammer getroffen werden, da sich die Beteiligten hiermit mit Schriftsätzen jeweils vom 14. März 2022 einverstanden erklärt haben, § 87a Abs. 2, 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Der sinngemäß gestellte Antrag der Antragstellerin vom 8. Juni 2021,

dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, die Zwangsvollstreckung aus den Beitragsbescheiden des Antragsgegners vom 5. Juli 2013, vom 4. Oktober 2013, vom 1. August 2014, vom 1. August 2016 und vom 3. Juli 2017 sowie von Mahngebühren hinsichtlich der Mahnschreiben vom 4. Juli 2014, 2. Januar 2015, 1. Februar 2017 und 19. Juli 2018 vorläufig einzustellen,

hat keinen Erfolg.

Das Gericht war an die wörtliche Fassung des Antrags der nicht anwaltlich vertretenen Antragstellerin nicht gebunden, sondern hat nach §§ 88, 102 Abs. 1 VwGO diesen in ihrem wohlverstandenen Interesse dahingehend ausgelegt, dass sie im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO die vorläufige Einstellung der durch den Oberbürgermeister der Stadt C ... im Wege der Vollstreckungshilfe für den Antragsgegner mit Schreiben vom 28. Mai 2021 angekündigten Zwangsvollstreckung aus den Beitragsbescheiden des Antragsgegners vom 5. Juli 2013, vom 4. Oktober 2013, vom 1. August 2014, vom 1. August 2016 und vom 3. Juli 2017 sowie von Mahngebühren hinsichtlich der Mahnschreiben vom 4. Juli 2014, 2. Januar 2015, 1. Februar 2017 und 19. Juli 2018 und „sonstigen Kosten“ begehrt. Der so verstandene Antrag ist statthaft. Andere sinnvolle Auslegungen des Antrags der Antragstellerin – wie etwa ein Antrag nach § 80 Abs. 5 i.V.m. Abs. 4 S. 3 VwGO auf Aussetzung der Vollziehung, wie von der Antragstellerin wörtlich formuliert – sind vorliegend mangels nicht bestandskräftiger Verwaltungsakte nicht zielführend. Denn anders als eine Pfändung an sich – die einen Verwaltungsakt darstellt –, mittels derer die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des jeweiligen Vollstreckungsschuldners bewirkt wird und gegen die sich der Betreffende in der Hauptsache im Wege der Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Var. 1 VwGO unabhängig davon zu Wehr setzen kann, ob die Pfändung konkret auf einer Inbesitznahme beweglicher Sachen oder etwa dem Erlass einer Pfändungs- und Überweisungsverfügung hinsichtlich bestimmter Geldforderungen beruht (vgl. BVerwG, Urteile vom 16. September 1977 – VII C 13.76 –, und vom 23. März 1987 – 9 C 10.86 –, jeweils juris) handelt es sich bei der bloßen Ankündigung einer solchen Vollstreckung, wie sie hier mit Schreiben des Oberbürgermeisters der Stadt C ... vom 28. Mai 2021 allein vorliegt, mangels verbindlicher Regelungswirkung nicht um einen (anfechtbaren) Verwaltungsakt (vgl. zur analogen Rechtsalge in Nordrhein-Westfalen: VG Arnsberg, Beschluss vom 7. Mai 2019 – 5 L 327/19 –, Rn. 9 - 11, juris), mit der Folge, dass ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO unstatthaft wäre.

Es ist vorliegend allerdings bereits zweifelhaft, ob der so verstandene Antrag zulässig ist.

Gegen seine Zulässigkeit dürfte hier zunächst nicht sprechen, dass die Antragstellerin laut Aktenlage keinen ausdrücklichen Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung beim Antragsgegner gestellt hat. Dabei mag dahinstehen, ob vor dem Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO stets ein erfolgloser ausdrücklicher Antrag bei der zuständigen Verwaltungsbehörde gestellt worden sein muss (vgl. zum Meinungsstand: Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl. 2021, § 123 Rn. 22). Denn dem Antragserfordernis dürfte hier jedenfalls genüge getan worden sein, da die Antragstellerin dem Mahnschreiben des Antragsgegners vom 2. November 2020 ausdrücklich „widersprochen“ und insoweit hinreichend deutlich gemacht hat, dass sie sich gegen die Beitreibung der festgesetzten Rundfunkbeiträge und Säumniszuschläge wendet, sodass der Antragsgegner zumindest mit der Angelegenheit bereits befasst war.

Zweifel bestehen hingegen an einem für einen solchen Eilantrag notwendigen besonderen Rechtsschutzinteresse bei der Antragstellerin. Maßgeblich für die Frage des Vorliegens des Rechtsschutzinteresses ist, ob der jeweilige Antragsteller ein schützenswertes Interesse gerade an der begehrten Eilentscheidung hat (vgl. Schoch/Schneider/Bier/Schoch, 35. EL September 2018, VwGO § 123 Rn. 121c). Das Rechtsschutzbedürfnis erfordert für die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes nach Art und Umfang ein berechtigtes Interesse, um die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes auf das zur Durchsetzung subjektiver Rechte erforderliche Maß zu beschränken und einem Missbrauch prozessualer Rechte vorzubeugen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2018 – 1 C 18/17 –, Rn. 24, juris). Mit dem Erfordernis des Vorliegens eines allgemeinen Rechtsschutzinteresses soll demzufolge vermieden werden, dass die Gerichte in eine Rechtmäßigkeitsprüfung eintreten müssen, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist (vgl. zum Normkontrollverfahren BVerwG, Urteil vom 23. April 2002 – 4 CN 3/01 –, Rn. 10, juris) oder das auf einfacherem und schnellerem Wege ohne Inanspruchnahme der Gerichte realisiert werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2018 – 1 C 18/17 –, Rn. 24, juris; Schleswig-Holsteinisches VG, Beschluss vom 29. März 2019 – 4 B 5/19 –, Rn. 4, juris).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist Verwaltungsrechtsschutz grundsätzlich nachgängiger Rechtsschutz. Dies folgt aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung, der der Gerichtsbarkeit nur die Kontrolle der Verwaltungstätigkeit aufträgt, ihr aber grundsätzlich nicht gestattet, bereits im Vorhinein gebietend oder verbietend in den Bereich der Verwaltung einzugreifen. Die Verwaltungsgerichtsordnung stellt darum ein System nachgängigen - ggf. einstweiligen - Rechtsschutzes bereit und geht davon aus, dass dieses zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) grundsätzlich ausreicht. Vorbeugende Klagen sowie vorbeugender vorläufiger Rechtsschutz sind daher nur zulässig, wenn ein besonderes schützenswertes Interesse gerade an der Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes besteht, wenn mit anderen Worten der Verweis auf den nachgängigen Rechtsschutz - einschließlich des einstweiligen Rechtsschutzes - mit für den Antragsteller unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre (vgl. BVerwG, Urteile vom 25. September 2008 – 3 C 35/07 –, BVerwGE 132, 64-79, juris, Rn. 26; vom 12. Januar 1967 - BVerwG 3 C 58.65 - BVerwGE 26, 23, vom 8. September 1972 - BVerwG 4 C 17.71 - BVerwGE 40, 323 <326 f.>, vom 29. Juli 1977 - BVerwG 4 C 51.75 - BVerwGE 54, 211 <214 f.> und vom 7. Mai 1987 - BVerwG 3 C 53.85 - BVerwGE 77, 207 <212>). Dieses spezielle, auf die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtete qualifizierte Rechtsschutzinteresse ist nicht gegeben, wenn es an einer begründeten Besorgnis für die Rechtsstellung eines Antragstellers fehlt. Für einen vorbeugenden Rechtsschutz ist somit kein Raum, wenn es dem Betroffenen zuzumuten ist, die befürchteten Maßnahmen der Verwaltung abzuwarten und er auf einen als ausreichend anzusehenden nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Mai 1987 - BVerwG 3 C 53.85 - BVerwGE 77, 207 <212>). Daher sind Anträge, die auf vorbeugenden gerichtlichen Rechtsschutz gegen zukünftige Maßnahmen der Verwaltung gerichtet sind, regelmäßig unzulässig (vgl. VG Cottbus, Beschluss vom 29. November 2011 – 6 L 131/11 –, juris; VG Frankfurt (Oder), Beschluss vom 2. Juli 2019 – 3 L 76/19 –, Rn. 8 - 10, juris), wenn der jeweilige Antragsteller ggf. der Anfechtung und Aussetzung nach § 80 Abs. 5 VwGO zugängliche Verwaltungsakte abwarten kann, um sich sodann gegen diese zur Wehr zu setzen und so ggf. auch den – wenn auch nur vorübergehenden – Verlust von Vermögenswerten hinnehmen kann (vgl. VG Cottbus, Beschluss vom 29. November 2011 – 6 L 131/11 –, juris).

Vorläufiger vorbeugender Rechtsschutz kommt somit nur ausnahmsweise in Betracht, nämlich wenn es dem Rechtsschutzsuchenden unzumutbar ist, die befürchtete Rechtsverletzung abzuwarten und sodann erst die nach der Verwaltungsgerichtsordnung gegebenen (repressiven) Rechtsbehelfe auszuschöpfen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn schon die kurzfristige Hinnahme der befürchteten Handlungsweise geeignet ist, den Betroffenen in seinen Rechten in besonders schwerwiegender Weise zu beeinträchtigen. Insoweit muss eine erhebliche, über bloße Randbereiche hinausgehende Verletzung von Grundrechten drohen, die auch über eine spätere gerichtliche Entscheidung nicht mehr ohne weiteres beseitigt werden kann (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 15. August 2002 – 1 BvR 1790/00 –, juris; BVerwG, Urteil vom 7. Mai 1987 – 3 C 53.85 –, juris; OVG NRW, Beschlüsse vom 2. März 2001 – 5 B 273/01, und vom 17. März 2004 – 13 B 2691/03 –, juris; BayVGH, Beschlüsse vom 16. Dezember 1998 – 7 ZE 98.3115 –, und vom 28. April 1992 – 21 CE 92.949 –, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 24. Mai 1994 – 10 S 451/94 –, juris).

Zwar hat der Oberbürgermeister der Stadt C ... durch sein Schreiben vom 28. Mai 2021 unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass er beabsichtigt gegen die Antragstellerin vollstrecken zu wollen. Allerdings dürfte hier der Antragstellerin zugemutet werden, die drohende Vollstreckung abzuwarten und gegebenenfalls anschließend gegen die erfolgte und dann unter Umständen erfolgreiche Vollstreckungsmaßnahme (Sachpfändung oder Pfändungs- und Einziehungsverfügung) vorzugehen. Das Bestehen eines Rechtsschutzbedürfnisses erscheint nämlich insoweit wegen der über § 22 Abs. 1 Nr. 3 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Brandenburg vom 16. Mai 2013 (VwVGBbg) i. V. m. § 319 der Abgabenordnung (AO) anwendbaren Bestimmung des § 850k ZPO jedenfalls zweifelhaft. Mit Wirkung zum 1. Januar 2012 ist dort der Pfändungsschutz für Kontoguthaben neu geregelt werden. Mit der Einrichtung des Pfändungsschutzkontos nach § 850k ZPO besteht automatischer Pfändungsschutz in Höhe des monatlichen Pfändungsfreibetrages nach § 850c Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Die Berücksichtigung der pfändungsfreien Beträge für gesetzliche Unterhaltspflichten erfolgt nach Maßgabe von § 850k Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Nach Absatz 4 der Bestimmung kann das Vollstreckungsgericht – im öffentlich-rechtlichen Vollstreckungsverfahren die Vollstreckungsbehörde – auf Antrag einen abweichenden, auch höheren Freibetrag festsetzen (vgl. Becker in Musielak, ZPO, 11. Aufl. 2014, Rn. 5). Die §§ 850f und 850i ZPO sind nach Absatz 4 Satz 2 entsprechend anzuwenden. Im Hinblick auf den Willen des Gesetzgebers, nur noch das Pfändungsschutzkonto als alternativlose Form des Kontopfändungsschutzes zuzulassen und die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes entbehrlich zu machen, ist das Rechtsschutzbedürfnis für Vollstreckungsschutz gegen Pfändung von Kontoguthaben in der Regel zu verneinen, wenn der Vollstreckungsschuldner keine Umwandlung in ein Pfändungsschutzkonto vorgenommen hat (vgl. VG Göttingen, Beschluss vom 08. Oktober 2012 – 1 B 240/12 -, zitiert nach juris). Nach § 850k Abs. 7 Satz 2 ZPO kann zudem ein Kunde, der eine natürliche Person ist, jederzeit verlangen, dass das Kreditinstitut sein Girokonto als Pfändungsschutzkonto führt. Ist das Guthaben des Girokontos bereits gepfändet worden, kann der Schuldner die Führung als Pfändungsschutzkonto zum Beginn des vierten auf seine Erklärung folgenden Geschäftstages verlangen, § 850k Abs. 7 Satz 3 ZPO (vgl. VG Frankfurt (Oder), Beschluss vom 18. Februar 2015 – 6 L 694/14 –, Rn. 7, juris).

Letztlich muss dies jedoch an dieser Stelle nicht entschieden werden und kann insoweit dahinstehen, da ungeachtet der Frage, ob der Antrag der Antragstellerin zulässig sein dürfte, er jedenfalls unbegründet ist.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Form der Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dazu hat der Antragsteller gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2, § 294 der Zivilprozessordnung (ZPO) die besondere Dringlichkeit der Anordnung (Anordnungsgrund) und das Bestehen des zu sichernden materiellen Anspruchs (Anordnungsanspruch) schlüssig darzulegen und glaubhaft zu machen. Maßgeblich für die Beurteilung der beiden Voraussetzungen ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der jeweiligen Instanz. Nur wenn das Vorliegen beider Voraussetzungen dargetan und glaubhaft gemacht worden ist, kann eine einstweilige Anordnung ergehen. Fehlt es an der Darlegung und Glaubhaftmachung nur einer der beiden genannten Voraussetzungen, ist der Antrag zurückzuweisen, und zwar ohne dass Anlass bestünde, der Frage weiter nachzugehen, ob das Vorliegen der anderen Voraussetzung dargelegt und glaubhaft gemacht worden ist. Dabei sind umso höhere Anforderungen an den Vortrag und die Glaubhaftmachung durch den Antragsteller zu stellen, je mehr der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung auf die (endgültige oder vorläufige) Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet ist. Für die hier begehrte Regelungsanordnung ergibt sich dies bereits daraus, dass § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO von der Regelung eines „vorläufigen“ Zustandes spricht. Darüber hinaus ergibt sich aus dem Wesen der einstweiligen Anordnung, die im Unterschied zur Entscheidung des Hauptsacherechtsstreits auf Vorläufigkeit angelegt ist, das grundsätzliche Verbot, die Hauptsache mit der Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz vorwegzunehmen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2004 – 1 WDS–VR 2/04 –, juris Rn. 3; Beschluss vom 13. August 1999 – 2 VR 1/99 -, juris Rn. 24; Beschluss vom 14. Dezember 1989 – 2 ER 301.89, juris Rn. 3; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21. Februar 2006 – 2 M 217/05 –, juris Rn. 17 f.). Eine Vorwegnahme der Hauptsache ist daher nur dann zulässig, wenn ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache spricht und eine vorläufige Regelung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, um unzumutbare Nachteile für den Rechtsschutzsuchenden abzuwenden (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. April 2010 – 9 S 109/09 -, juris Rn. 5; OVG Saarland, Beschluss vom 18. Januar 2006 – 1 W 18/05 –, juris Rn. 6; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 6. September 2005 – 1 M 55/05 –, juris Rn. 8; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. April 2004 – 6 S 17/04 –, juris Rn. 14; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21. März 2003 – 13 B 290/03 –, juris Rn. 3; Beschluss der Kammer vom 16. Januar 2019 - 6 L 570/16 -, juris Rn. 6; weitere Nachweise bei Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Auflage, 2017, Rn. 174 ff., 183 ff., 190 ff.).

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

Es ist bereits zweifelhaft, ob vorliegend auf Seiten der Antragstellerin ein Anordnungsgrund besteht. Die Antragstellerin hat nach Überzeugung des Gerichts einen solchen nicht glaubhaft gemacht. Die Antragstellerin hat zwar für die Zeit vom 1. Juli 2021 bis zum 31. Dezember 2021 durch Vorlage eines Bescheides des Jobcenters C ... vom 28. Mai 2021 den Nachweis dahingehend erbracht, dass sie Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nach dem 2. Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) erhält, einen Bescheid für das 1. Halbjahr des Jahres 2022 allerdings nicht zur Gerichtsakte gereicht. Mit Blick darauf, dass der zur Gerichtsakte gereichte Bescheid lediglich Auskunft über eine vorläufige Bewilligung von Sozialleistungen gibt, ist fraglich ob die Antragstellerin im Jahr 2022 weiterhin Leistungen nach dem SGB II bezieht.

Einer Entscheidung darüber, ob die Antragstellerin einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht hat, bedarf es letztlich nicht, da es jedenfalls an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs fehlt.

Glaubhaft gemacht wäre der Anspruch auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung, wenn das Gericht aufgrund einer vorläufigen, summarischen Prüfung zu dem Ergebnis gelangte, dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafürspricht, dass die Vollstreckung der Säumniszuschläge aus dem Festsetzungsbescheid rechtswidrig ist. Dann stünde dem Antragsteller aus dem allgemeinen öffentlich-rechtlichen Abwehr- und Unterlassungsanspruch ein Abwehrrecht gegen dieses rechtswidrige Handeln zu (vgl. VG Cottbus, Beschluss vom 29. November 2011 – 6 L 131/11 -, juris Rn. 8).

Es ist nach der im Eilverfahren allein gebotenen summarischen Prüfung gegenwärtig nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin einen in einem Hauptsacheverfahren zu verfolgenden materiellen Anspruch darauf hat, von einer künftigen Zwangsvollstreckung wegen ausstehender Rundfunkbeiträge und zugleich festgesetzter Säumniszuschläge verschont zu bleiben. Die von der Antragsgegnerin eingeleitete Vollstreckung erweist sich vielmehr als rechtmäßig.

Nach § 10 Abs. 6 S. 1 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages (RBStV) werden Festsetzungsbescheide im Verwaltungsvollstreckungsverfahren vollstreckt. Das Verwaltungsvollstreckungsverfahren richtet sich für das Land Brandenburg nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Brandenburg (VwVGBbg).

Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen gemäß § 3 VwVGBbg liegen nach dem Erkenntnisstand des Eilverfahrens vor. Danach kann nach § 3 VwVGBbg ein Verwaltungsakt, der zu einer Geldleistung verpflichtet (Leistungsbescheid) vollstreckt werden, wenn er unanfechtbar geworden ist oder ein gegen ihn gerichteter Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung hat und die sonstigen Vollstreckungsvoraussetzungen erfüllt sind. Nach § 19 Abs. 2 VwVGBbg kann ein Leistungsbescheid vollstreckt werden, wenn er dem Vollstreckungsschuldner bekannt gegeben ist (Nr. 1), die beizutreibende Forderung fällig ist (Nr. 2), eine Frist von einer Woche seit Bekanntgabe des Leistungsbescheides oder, wenn die Leistung erst später fällig wird, eine Frist von einer Woche nach Eintritt der Fälligkeit (Schonfrist) abgelaufen ist, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist (Nr. 3), und der Vollstreckungsschuldner vor der Beitreibung schriftlich oder durch Postnachsendeauftrag ergebnislos aufgefordert worden ist, innerhalb einer bestimmten Frist von mindestens einer Woche seit Bekanntgabe zu leisten (Mahnung) (Nr. 4).

Bei allen hier in Rede stehenden Beitragsbescheiden, d.h. bei den Beschieden jeweils vom 5. Juli 2013, vom 4. Oktober 2013, vom 1. August 2014, vom 1. August 2016 und vom 3. Juli 2017 handelt es sich um Leistungsbescheide im Sinne des § 3 VwVGBbg. Sie enthalten jeweils eine abschließende Beitragsfestsetzung und die Aufforderung zur Zahlung – mithin ein Leistungsgebot.

Es bestehen mit Blick auf den Erkenntnisstand des Eilverfahrens Zweifel an der Bekanntgabe der Festsetzungsbescheide und damit deren Wirksamkeit insgesamt nicht. Insoweit verweist das Gericht an dieser Stelle an den, den Beteiligten bekannten Beschluss vom 1. Juli 2020 (VG Cottbus, Beschluss vom 1. Juli 2020 – 6 L 39 / 19, veröffentlicht in juris).

Auch sind die fünf zu vollstreckenden Bescheide bereits unanfechtbar geworden (§ 3 VwVGBbg).

Soweit die Antragstellerin die materielle Rechtmäßigkeit der beizutreibenden Rundfunkbeiträge anzweifelt, ist dies für das Vollstreckungsverfahren ohne Bedeutung. Nach § 15 VwVGBbg sind Einwendungen gegen Entstehung oder Höhe der Verpflichtung, deren Erfüllung erzwungen werden soll, außerhalb des Vollstreckungsverfahrens mit den hierfür zugelassenen Rechtsmitteln zu verfolgen.

Auch waren die festgesetzten Beiträge fällig (§ 19 Abs. 2 Nr. 2 VwVGBbg). Die Fälligkeit bestimmt sich hier nach § 7 Abs. 3 Se. 1, 2 RBStV wonach dieser monatlich geschuldet ist und in der Mitte eines Dreimonatszeitraums für jeweils drei Monate zu leisten ist, sodass hier bei summarischer Prüfung mangels anderer Anhaltspunkte von der Fälligkeit der festgesetzten Rundfunkbeiträge auszugehen war.

Auch ist die Schonfrist im Sinne von § 19 Abs. 2 Nr. 3 VwVGBbg gewahrt, da eine Woche seit Bekanntgabe der Leistungsbescheide jeweils abgelaufen ist.

Nach § 19 Abs. 2 Nr. 4 VwVGBbg ist der Vollstreckungsschuldner vor der Beitreibung schriftlich oder durch Postnachnahmeauftrag ergebnislos aufzufordern, innerhalb einer bestimmten Frist von mindestens einer Woche seit Bekanntgabe zu leisten (Mahnung). Dies ist vorliegend hinsichtlich der in Rede stehenden Festsetzungsbescheide der Fall. Insbesondere hat der Antragsgegner die seinerzeit falsch adressierte Mahnung vom 2. Januar 2015 nunmehr an die korrekte Anschrift der Antragstellerin mit Schreiben vom 2. November 2020 mit Postzustellungsurkunde vom 3. November 2020 der Antragstellerin zugestellt. Die Zurückweisung der Mahnung durch die Antragstellerin mit Schreiben vom 30. November 2020 geht mangels Verwaltungsaktsqualität einer Mahnung ins Leere. Im Übrigen wird hinsichtlich der übrigen erfolgten Mahnungen auf den bereits zitierten Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 1. Juli 2020 verwiesen (vgl. VG Cottbus, Beschluss vom 1. Juli 2020, a.a.O.).

Auch die durch den Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin geltend gemachten Mahngebühren, sind rechtlich – auch mit Blick darauf, dass die Mahnschreiben der Antragstellerin auch zweifelsohne zugegangen sind – nicht zu beanstanden (vgl. VG Cottbus, Beschluss vom 1. Juli 2020, a.a.O.).

Nach § 19 Abs. 2 Nr. 4 VwVfGBbg i.V.m. § 4 Abs. 2 der Kostenordnung zum Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Brandenburg (BbgKostO) war der Antragsgegner sowohl befugt den Antragsteller zu mahnen, als auch Mahngebühren in Höhe von 5,00 € gegenüber der Antragstellerin geltend zu machen. Nach § 4 Abs. 2 S. 1 BbgKostO beträgt die Mahngebühr ein Prozent des Mahnbetrages, mindestens jedoch 5 € und höchstens 100 €. Zur Berechnung der Gebühr wird der Betrag, dessentwegen gemahnt wird, auf den nächsten Betrag, der ohne Rest durch 10 teilbar ist, abgerundet. Die Mahngebühr entsteht, sobald das Mahnschreiben zur Post gegeben ist oder eine Person mit seiner Überbringung beauftragt worden ist (§ 4 Abs. 3 S. 1 BbgKostO).

Der Antragsgegner darf im Falle der Zwangsvollstreckung auch eine Grundgebühr in Höhe von 42,00 € erheben.

Die Grundgebühr für die Zwangsvollstreckung findet ihre Grundlage in § 5 BbgKostO und ist vorliegend rechtlich nicht zu beanstanden. Diese wird nach Abs. 1 der zitierten Vorschrift für die Maßnahmen der Vollstreckungsbehörde zu Beitreibung von Geldforderungen als einmalige Grundgebühr erhoben und entsteht mit der Beauftragung der Vollstreckungsbehörde. Diese richtet sich nach der Höhe der beizutreibenden Geldforderung und beträgt 31 Euro bei einer Geldforderung bis einschließlich 500 Euro und 42 Euro – wie im hiesigen Fall – bei einer Geldforderung von mehr als 500 bis einschließlich 1.000 Euro, § 5 Abs. 2 S. 1 u. 2 BbgKostO.

Sofern die Antragsgegnerin die genaue Auflistung der einzelnen Positionen in der Vollstreckungsankündigung und namentlich die Geltendmachung von unter dem 4. Juli 2014 angeführten „sonstigen Kosten“ in Höhe von 40,78 Euro rügt, dringt dies nicht durch. Zunächst sind die zu vollstreckenden Bescheide und die diesbezüglich beizutreibenden Mahngebühren unter Nennung der jeweiligen Mahnung eindeutig nebst den eingegangenen Zahlungen der Antragstellerin auflistet. Darüber hinaus ist nach dem Erkenntnisstand des Eilverfahrens davon auszugehen, dass sich diese als „sonstige Kosten“ bezeichnete Position aus der Zahlung von 1,22 Euro vom 1. Dezember 2020 durch die Antragstellerin ergibt, die der Antragsgegner vor dem Hintergrund des § 9 Absatz 2 S. 1 Nr. 5 RBStV i.V.m. § 13 Abs. 1 der Satzung des Rundfunk Berlin-Brandenburg über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge (Rundfunkbeitragssatzung) zunächst mit Vollstreckungskosten in Höhe von 42,00 Euro aus dem Vollstreckungsersuchen vom 3. Dezember 2018 in zulässiger Weise verrechnet hat. Nach § 13 Abs. 1 S. 1 Rundfunkbeitragssatzung werden nämlich Zahlungen jeweils mit der ältesten Rundfunkbeitragsschuld verrechnet. Nach Satz 2 der zitierten Vorschrift werden hierbei Ansprüche der Rundfunkanstalt – hier des Antragsgegners – 1. auf Erstattung von Vollstreckungskosten, 2. auf Erstattung von Kosten nach § 10 Abs. 3, 3. auf Erstattung von Kosten nach § 11 Abs. 2, 4. auf Mahngebühren, 5. auf Säumniszuschläge, 6. auf Zinsen jeweils dem Beitragszeitraum nach § 7 Abs. 3 Satz 2 RBStV zugeordnet und in der genannten Reihenfolge jeweils im Rang vor der jeweiligen Rundfunkbeitragsschuldverrechnet. Diese Verrechnungsbestimmungen des Antragsgegners gelten auch dann, wenn der jeweilige Beitragsschuldner eine andere Bestimmung trifft (§ 13 S. 3 Rundfunkbeitragssatzung) und begegnen formell-rechtlich und materiell-rechtlich keinen Bedenken. So ist die Rundfunkbeitragssatzung nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29. November 2017 – 11 A 25/13, beck-online) – an deren Richtigkeit das Gericht keine Zweifel hat (vgl. etwa VG Cottbus, Urteil vom 10. Juli 2020 – 6 K 1829/18 –, Rn. 51, juris) – nicht zu beanstanden.

Nach allem war der Antrag somit umfänglich zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung entspricht der Bedeutung der Sache für den Antragsteller, § 52 Abs. 1 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Sowohl in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in Abgabensachen sowie in Vollstreckungsverfahren beträgt der Streitwert regelmäßig ¼ des Betrages des Streitwertes der jeweiligen Hauptsache (Ziffer 1.5 sowie Ziffer 1.7.1 2. HS des Streitwertkataloges für die Verfassungsgerichtsbarkeit 2013), sodass hier von ¼ des in der Vollstreckungsankündigung vom 28. Mai 2021 angegebenen Gesamtbetrages von 871,58 € auszugehen war. Damit beläuft sich der Streitwert hier gerundet auf 217,90 Euro.