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Entscheidung 13 UF 40/22


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 4. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 03.02.2023
Aktenzeichen 13 UF 40/22 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2023:0203.13UF40.22.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Zossen vom 25.01.2022 - 6 F 490/20 - wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Wert des Beschwerdegegenstands wird auf 3.224 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller beanstandet die Versagung der Abänderung eines im Jahr 2012 geschlossenen Vergleichs über Kindesunterhalt.

Durch einen am 19.06.2012 vor dem Kammergericht zum Aktenzeichen 13 UF 335/11 mit den beiden Antragsgegnern, den minderjährigen Kindern des Antragstellers, geschlossenen Vergleich (Bl. 35) hat sich der Antragsteller für den Zeitraum ab 01.06.2013 zur Zahlung eines monatlichen Barunterhalts in Höhe von jeweils 200 € verpflichtet.

Der Antragsteller ist zwei weiteren, am 25.08.2010 und 10.06.2014 geborenen Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Er bewohnt mit diesen Kindern und deren Mutter, seiner Ehefrau, eine 112,38 qm große, kreditfinanzierte, ihm gemeinsam mit seiner Ehefrau je zur Hälfte gehörende Immobilie, für die er Heiz- und sonstige Nebenkosten in Höhe von insgesamt 408,10 € sowie monatliche Darlehensverbindlichkeiten in Höhe von 900,84 € entrichtet. Das Wohnen im Eigentum erspart dem Antragsteller eine Mietzahlung von monatlich 800 € (Bl. 133).

Der Antragsteller hat zunächst den Beruf des Elektronikers erlernt, im Frühjahr 2012 eine Ausbildung als Steuerfachangestellter abgeschlossen und im August 2012 ein Dienstverhältnis als Finanzbeamter des Landes Brandenburg aufgenommen (Bl. 4). Mit Bescheid vom 25.02.2019 des Finanzamts Oranienburg (Bl. 38) ist er aufgrund von Dienstunfähigkeit (§§ 26 Abs. 1 BeamtStG) in den Ruhestand versetzt worden, nachdem er seit dem 21.09.2016 ununterbrochen dienstunfähig erkrankt gewesen war. Er bezieht seit Oktober 2020 ein versorgungsrechtliches Ruhegeld in Höhe von 1.925 €, zuzüglich eines Familienzuschlags von 165 € monatlich, das sich nach Abzug von Lohnsteuer und privater Kranken- und Pflegeversicherung auf 1.628,72 € errechnet. Aufgrund eines Rückforderungsbescheids vom 22.09.2020 (Bl. 43) war während der Monate Oktober und November 2020 das Ruhegeld um 546,28 € mithin jeweils auf 1.328,96 € reduziert.

Der Antragsteller hat geltend gemacht (Bl. 29), dem Vergleich vor dem Kammergericht habe ein fiktives Einkommen von 1.800 € zugrunde gelegen, da damals zu erwarten gewesen sei, dass er mit seiner abgeschlossenen Ausbildung als Steuerfachangestellter ein Einkommen in dieser Höhe werde erzielen können. Die fortschreitende Wirbelsäulenerkrankung, die zu seiner Versetzung in den Ruhestand geführt habe, dauere an. Zu deren Behandlung müsse er monatlich einen Betrag in Höhe von 337,20 € für Fahrtkosten mit dem PKW zu Ärzten, Therapeuten und weiteren Behandlern aufwenden. Er leide außerdem an einer Erkrankung aus dem nervenheilkundlichen Formenkreis (Bl. 131) und sei deswegen erwerbsunfähig. Ab dem Zeitpunkt der Volljährigkeit des Antragsgegners zu 1) schulde er diesem keinen Barunterhalt mehr.

Der Antragsteller hat beantragt (Bl. 214, 135),

in Abänderung der Unterhaltsverpflichtung des Antragstellers aus dem vor dem Kammergericht am 19.06.2012 zum Geschäftszeichen 13 UF 335/11 geschlossenen Vergleich wird der Antragsteller dazu verpflichtet, mit Wirkung ab 01.10.2020 bis einschließlich Dezember 2021 an die Antragsgegner jeweils einen Unterhaltsbetrag in Höhe von monatlich € 76,00 zu Händen der Kindesmutter zu zahlen;

in der Zeit von Januar bis August 2022 beträgt der monatliche Unterhaltsbetrag an die Antragsgegnerin zu 2) € 105,00 und ab September 2022 monatlich € 98,00 €;

ab Januar 2022 schuldet der Antragsteller dem Antragsgegner zu 1) keinen Unterhalt.

Die Antragsgegner haben beantragt (Bl. 214),

die Anträge abzuweisen.

Der Antragsteller habe eine Verschlechterung seiner Einkommensverhältnisse gegenüber dem Zeitpunkt des Vergleichsschlusses nicht erfolgreich dargelegt. Das Andauern einer Erwerbsunfähigkeit und der Kostenaufwand für Arzt- und Therapiebesuche werden bestritten.

Durch die angefochtene Entscheidung vom 25.01.2022 (Bl. 218) hat das Amtsgericht den vor dem Kammergericht geschlossenen Vergleich vom 19.06.2012 dahingehend abgeändert, dass der Antragsteller dem Antragsgegner zu 1) ab Januar 2022 keinen Unterhalt mehr zu zahlen hat. Im Übrigen hat es eine Abänderung des Vergleichs abgelehnt, da der Antragsteller mit Ausnahme des Eintritts der Volljährigkeit des Antragsgegners zu 1) Umstände, die eine Abänderung des geschlossenen Vergleichs auch in Ansehung der Antragsgegnerin zu 2) rechtfertigen könnten, nicht hinreichend nachgewiesen habe.

Mit seiner Beschwerde vom 01.03.2022 (Bl. 224) verfolgt der Antragsteller die erstinstanzlich beantragte Abänderung des Unterhaltsvergleichs im Umfang ihrer Abweisung weiter. Er macht geltend, das Andauern seiner krankheitsbedingten Erwerbsunfähigkeit sowie die erhebliche Reduzierung seiner Leistungsfähigkeit seit dem Zeitpunkt des Vergleichsschlusses bereits hinreichend dargelegt und bewiesen zu haben. Er verfüge außer dem Ruhegeld über keine weiteren Einkommensquellen und habe seine monatlichen Fahrtkosten für Arzt- und Therapeutenbesuche in Höhe von 337 € und deren Notwendigkeit lückenlos belegt. Die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel sei ihm krankheitsbedingt nicht möglich. Ärzte, Therapeuten und Behandler, die über die für seine Behandlung erforderlichen Spezialkenntnisse verfügten, seien in der Nähe seines Wohnorts nicht vorhanden. Außerdem habe er das Recht auf freie Arzt- und Behandlungswahl.

Der Antragsteller beantragt (Bl. 243),

in Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Zossen, Abteilung für Familiensachen, vom 25.01.2022 zum Aktenzeichen 6 F 490/20 wird die Unterhaltsverpflichtung des Beschwerdeführers aus dem vor dem Kammergericht am 19.06.2012 zum Geschäftszeichen 13 UF 335/11 geschlossenen Vergleich dahingehend abgeändert, dass er für die Zeit vom 01. Oktober 2020 bis einschließlich Dezember 2021 an die Beschwerdegegner zu 1) und 2) jeweils einen Unterhaltsbetrag in Höhe von monatlich € 76,00 zu Händen der Kindesmutter zu zahlen verpflichtet ist;

er für die Zeit vom 01. Januar bis einschließlich August 2022 einen monatlichen Unterhaltsbetrag an die Beschwerdegegnerin zu 2) in Höhe von € 105,00;

und er für die Zeit ab 01. September 2022 einen monatlichen Unterhaltsbetrag an die Beschwerdegegnerin zu 2) in Höhe von € 98,00 € zu zahlen verpflichtet ist.

Die Antragsgegner beantragen (Bl. 241),

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verweisen auf ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Der Senat entscheidet, wie angekündigt (Bl. 263), ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung, §§ 117 Abs. 3, 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG. Angesichts des ausführlichen Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht am 25.01.2022 (Bl. 213) und des umfangreichen Schriftwechsels der Beteiligten im zweiten Rechtszug, durch den die Beteiligten ihre Auffassungen und Rechtsansichten dem Senat ausführlich dargelegt haben, ist nicht ersichtlich, welchen zusätzlichen Erkenntnisgewinn eine erneute mündliche Verhandlung erbrächte. Der Antragsteller hat auch im Rahmen seiner mit Schriftsatz vom 26.12.2022 gegen die Versagung der von ihm für den zweiten Rechtszug beantragten Verfahrenskostenhilfe erhobenen Gehörsrüge, mit der er sich zugleich gegen die durch den Senat angekündigte Absicht, ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden, gewendet hat, keine Umstände oder Tatsachen vorgetragen, die nicht bereits schriftsätzlich dargelegt sind oder aus sonstigen Gründen die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich erscheinen lassen könnten.

II.

Die nach §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde des Antragstellers ist in der Sache nicht begründet.

Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine von der zutreffenden Entscheidung des Amtsgerichts abweichende Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Der Vortrag des Antragstellers genügt auch unter Berücksichtigung seines erstinstanzlichen Vorbringens nicht den Anforderungen an die Abänderung eines vor einem Gericht geschlossenen, vollstreckbaren Vergleichs (§§ 239 Abs. 1 S. 1 FamFG, 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) in weitergehendem als durch das Amtsgericht ausgesprochenem Umfang.

Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Antrags auf Abänderung eines vollstreckbaren Vergleichs ist, dass der Antragsteller Tatsachen vorträgt, die eine Abänderung rechtfertigen könnten. Dies kann der Fall sein, wenn sich die Umstände, die dem Vergleichsschluss zugrunde gelegen haben, mittlerweile so geändert haben, dass die Geschäftsgrundlage des Vergleichs insoweit weggefallen ist, § 313 BGB (MüKoFamFG/Pasche, 3. Aufl. 2018, FamFG § 239 Rn. 7). Für die Zulässigkeit eines Abänderungsantrags müssen deswegen die Grundlagen des abzuändernden Vergleichs substantiiert dargelegt werden, mithin die Umstände, die für den Grund, die Höhe und die Dauer der Verpflichtung zur Unterhaltsleistung maßgebend waren, und anschließend Tatsachen vorgetragen werden, die, ihre Richtigkeit unterstellt, den Wegfall der zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleichs bestehenden Geschäftsgrundlage rechtfertigen könnten (Senat, Beschluss v. 18.12.2018, 13 UF 151/18, BeckRS 2018, 37638; Sternal/Weber, FamFG, 21. Aufl. 2023, FamFG § 239 Rn. 18, 20).

Diesen Anforderungen genügt der Antragsteller nicht, soweit er sich zur Begründung der Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit ab Oktober 2020 auf Darlehensverbindlichkeiten in Höhe von 900,84 € und Wohnkosten in Höhe von 408,10 € stützt. Der Antragsteller beziffert das dem Vergleichsschluss zugrunde liegende Einkommen mit 1.800 € und seine Einnahmen im verfahrensgegenständlichen Zeitraum mit 1.925 €. Zur substantiierten Darlegung einer trotz dieser Einkommenssteigerung in Betracht kommenden Reduzierung seiner Leistungsfähigkeit aufgrund eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage durch nach Vergleichsschluss hinzugetretene Umstände - wie etwa eine notwendige Kreditaufnahme oder erhöhte Wohnkosten - müssen die Kreditverpflichtungen, die sonstigen finanziellen Belastungen und die Wohnkosten, die dem Vergleichsschluss zugrunde gelegen haben, substantiiert dargelegt werden. Daran fehlt es vorliegend. Der schlichte Hinweis des Antragstellers darauf, dass die Geburt seines Sohns im Jahr 2014 eine Erhöhung der Wohnkosten seiner Familie unumgänglich gemacht habe, die Lebenshaltungskosten und die Inflation gestiegen seien und Europa sich im Krieg befinde (Bl. 273R), genügt diesen Substantiierungsanforderungen nicht.

Darüber hinaus kommt eine Berücksichtigung von Hauskreditverbindlichkeiten sowie Wohnkosten in einem den Wohnvorteil übersteigenden Umfang auch im Fall eines in zulässiger Weise darauf gestützten Abänderungsbegehrens nicht in Betracht, wenn dadurch die Sicherung des Mindestunterhalts minderjähriger Kinder gefährdet wird. Angesichts der den Antragsteller treffenden erhöhten Erwerbsobliegenheit (§ 1603 Abs. 2 BGB) gegenüber den Antragsgegnern sind Darlehensverbindlichkeiten für den Erwerb einer Immobilie, die in Kenntnis einer Barunterhaltsverpflichtung aufgenommen werden, nur zu berücksichtigen, wenn sie nicht außer Verhältnis zu dem im Übrigen verbleibenden Einkommen stehen; das gilt insbesondere dann, wenn - wie vorliegend - der gesetzliche Mindestunterhalt bereits deutlich unterschritten ist (vgl. BeckOGK/Wendtland, Stand 1.11.2022, BGB § 1610 Rn. 35). Eine Kreditverpflichtung, die, wie vorliegend, den um die Heiz-, sonstigen Neben- und Gebäudekosten bereinigten Wohnvorteil erheblich überschreitet, kann nicht berücksichtigt werden, solange die dringende Notwendigkeit derart hoher, außer Verhältnis zu den erzielten Einnahmen stehenden Hausfinanzierungskosten nicht substantiiert dargelegt wird.

Die Berufung des Antragstellers auf eine nach dem Abschluss des Vergleichs neu hinzugetretene Unterhaltsverpflichtung gegenüber seinem am 10.06.2014 geborenen Kind und eine seit September 2016 andauernde Erwerbsunfähigkeit genügt ebenfalls nicht für einen Wegfall der Geschäftsgrundlage gegenüber dem Zeitpunkt des Vergleichsschlusses, obwohl beide Umstände im Jahr 2012 noch nicht vorgelegen und damit dem Vergleichsschluss offensichtlich nicht zugrunde gelegen haben können. Der Antragsteller legt schon nicht hinreichend schlüssig dar, aufgrund der hinzugetretenen Unterhaltsverpflichtung zur Zahlung des im Vergleich vereinbarten Barunterhalts von je 200 € an beide Antragsgegner bis zum 31.12.2021 und an die Antragsgegnerin zu 2. allein ab dem 01.01.2022 nicht mehr in der Lage zu sein.

Auf eine Leistungsunfähigkeit wegen der Übernahme der Betreuung eines nachgeborenen Kindes kann sich ein Unterhaltsverpflichteter grundsätzlich schon wegen der Gleichrangigkeit (§ 1609 Nr. 1 BGB) unterhaltsberechtigter minderjähriger Kinder nicht berufen (OLG Brandenburg, 3. Senat für Familiensachen, BeckRS 2020, 5018; BeckOKG/Wendtland BGB § 1610 Rn. 48). Der Antragsteller trägt auch nicht vor, wegen der Betreuung des nachgeborenen Kindes Einkünfte in geringerer Höhe zu erzielen als zum Zeitpunkt des Vergleichsschlusses. Aber auch bei Zugrundelegung einer fiktiven Barunterhaltsverpflichtung gegenüber dem nachgeborenen Kind ergibt sich keine Reduzierung der Leistungsfähigkeit des Antragstellers, die eine Zahlung des vergleichsweise vereinbarten Barunterhalts von jeweils 200 € an die Antragsgegner unzumutbar erscheinen lassen könnte.

Ist ein Barunterhaltsverpflichteter einem weiteren Kind gegenüber nur zum Familienunterhalt (§ 1360a Abs. 1 BGB) verpflichtet, gebietet es der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Kinder, diesen Anspruch jenes weiteren Kindes mit dem hypothetischen Barunterhaltsanspruch anzusetzen, den es im Fall einer Trennung vom Unterhaltspflichtigen hätte, um die damit einhergehende Einschränkung der unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit des Verpflichteten bestimmen zu können (BGH BeckRS 2014, 11173; OLG Brandenburg, 3. Senat für Familiensachen, BeckRS 2020, 5018). Eine hiernach zu berücksichtigende Barunterhaltsverpflichtung gegenüber dem nachgeborenen Kind von 322 € im Jahr 2020, 341,50 € im Jahr 2021, 345,50 € im Jahr 2022 und 377 € seit Januar 2023 vermag der Antragsteller zusätzlich zu dem den Antragsgegnern geschuldeten Unterhalt bereits mit seinem im verfahrensgegenständlichen Zeitraum tatsächlich erzielten Monatseinkommen in Höhe von 1.628,72 € nach Abzug von Lohnsteuer und Vorsorgeleistungen zu erfüllen. Bei einem jeweils um 10 % reduzierten Selbstbehalt (Ziff. 21.5 der Leitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, im Folgenden LL) von 864 € in den Jahren 2020, 2021 und 2022 und 1008 € im Jahr 2023 genügt dieses Einkommen, um zusätzlich zu dem im Vergleich vereinbarten Barunterhalt den Unterhalt des im Jahr 2014 geborenen Kindes zu sichern. Eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit ergibt sich auch nicht aus der Reduzierung des Ruhegelds auf 1.328,96 € während der Monate Oktober und November 2020. Eine derart kurzzeitige Einschränkung der Leistungsfähigkeit ist von einem Unterhaltsverpflichteten aus eigener Kraft zu kompensieren, zumal auch ein unter Berücksichtigung der reduzierten Einkünfte errechnetes durchschnittliches Monatseinkommen im Jahr 2020 in Höhe von 1.578,76 € zur Zahlung des Barunterhalts der Antragsgegner und des nachgeborenen Kindes unter geringfügiger Tangierung des Selbstbehalts (7,24 €) genügen würde.

Im Übrigen rechtfertigt die vom Antragsteller behauptete Reduzierung seines unterhaltsrechtlich zu berücksichtigenden Einkommens wegen Fahrtkosten in Höhe von 337 €, die er zum Zweck der Behandlung einer seit dem Jahr 2016 andauernden Erkrankung aufwende, nicht die Abänderung des Vergleichs.

Beruft sich ein Unterhaltsverpflichteter auf krankheitsbedingte Leistungsunfähigkeit, muss er Art und Umfang der behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigung angeben und zusätzlich darlegen, inwieweit sich die gesundheitliche Beeinträchtigung auf die Erwerbsfähigkeit auswirkt (BGH FamRZ 2013, 1558; Senat, Beschluss v. 15.12.2020, 13 UF 180/19, juris). Dabei trifft den Unterhaltsverpflichteten die Obliegenheit, alles zur Wiederherstellung seiner Arbeitskraft Erforderliche zu tun (Senat Beschluss v. 15.12.2020, 13 UF 180/19, juris; Beschluss v. 20.12.2019, 13 UF 193/19, juris; 10.12.2019, 13 UF 52/18, juris). Daraus folgt, dass für finanzielle Aufwendungen zur Wiederherstellung der Arbeitskraft, die, wie die geltend gemachten Fahrtkosten mit dem PKW, von der Kranken- und Pflegeversicherung nicht übernommen werden, eine Berücksichtigung unterhaltsrechtlich überhaupt nur in Betracht kommen kann, wenn derartige Aufwendungen dringend erforderlich sind, weil ihnen ein ärztlich empfohlener Behandlungsplan zugrunde liegt. Den Angaben des Antragstellers lässt sich indes schon nicht entnehmen, ob die Arzt- und Physiotherapiebesuche, für die er monatliche Fahrtkosten von 337 € aufwende, zur Wiederherstellung seiner Arbeitskraft geeignet und erforderlich sind.

Dem erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 12.10.2021 (Bl. 131) zur Sachakte gereichten psychiatrischen Gutachten vom 17.12.2018 (Bl. 138) zufolge leidet der Antragsteller unter einer stark chronifizierten psychischen sowie einer komplexen depressiven Erkrankung, die die außerordentliche und auffällige Operationskaskade mit 7 Bandscheibenoperationen essentiell beeinflusst hat, und einer körper-, schmerz-, physio- und psychotherapeutischen Behandlung bedarf. Die Gutachterin Dr. med. R… hat die Durchführung einer vollwertigen, intensiven und anfangs unbedingt stationären Psychotherapie empfohlen und prognostiziert, dass auch bei Wiederherstellung der psychischen Gesundheit die Wirbelsäule des Antragstellers dauerhaft weniger belastbar sein werde.

Der Antragsteller legt das Andauern der im Jahr 2018 festgestellten körperlichen und psychischen Beschwerden hinreichend substantiiert dar. Nach den Bescheinigungen des Facharzts für Nervenheilkunde Dr. med. A… vom 08.06.2021 (Bl. 141) und 01.10.2021 (Bl. 145) liegt ein mittelgradiges depressives Syndrom und eine Erkrankung aus dem nervenheilkundlichen Formenkreis vor; nach den Bescheinigungen des Arzts für Neurochirurgie Dr. S… vom 05.10.2020 (Bl. 146), der Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie J… und N… vom 05.01.2021 (Bl. 148, 149) und der Physiotherapeutin M… G… vom 01.04.2021 (Bl. 150) bestehen eine Knorpelkrankheit, Gelenkfunktionsstörungen und -blockierungen, Bewegungsstörungen, Kontrakturen, eine Spinalkanalstenose im Zervikalbereich, eine Gonarthrose, Lumboischialgien, Protrusionen der Lendenwirbelsäule und ein LWS-Syndrom, die mit Massage, Fango, Krankengymnastik und manueller Therapie behandelt werden.

Der Antragsteller trägt aber nichts dazu vor, ob die Maßnahmen, für die er Fahrtkosten in Höhe von 337 € monatlich geltend macht, Teil des Behandlungsplans der Gutachterin oder eines davon abweichenden Behandlungsplans sind und der Wiederherstellung seiner Arbeitskraft dienen. Die vorgelegten physiotherapeutischen Verordnungen und Rechnungen (Bl. 146ff.) und die psychiatrischen Bescheinigungen lassen nicht erkennen, ob diese Maßnahmen dem von der Gutachterin empfohlenen Behandlungsplan oder einem davon abweichenden Behandlungsplan entsprechen.

Weiter legt der Antragsteller auch nicht hinreichend substantiiert dar, die von ihm gewählten Ärzte, Therapeuten und Behandler nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen oder keine Ärzte, Therapeuten und Behandler in Wohnortnähe aufsuchen zu können. Angesichts der den Antragsteller treffenden erhöhten Erwerbsobliegenheit (§ 1603 Abs. 2 BGB) und dem in Rede stehenden, den gesetzlichen Mindestunterhalt deutlich unterschreitenden Barunterhalt der Antragsgegner können zusätzliche Verbindlichkeiten eines Unterhaltsverpflichteten nur bei nachgewiesener Unerlässlichkeit berücksichtigt werden. Die Berücksichtigungsfähigkeit sonstiger Verbindlichkeiten eines Unterhaltsverpflichteten ist im Wege einer Interessenabwägung zu beurteilen, bei der der Zweck der Verbindlichkeit, der Zeitpunkt und die Art ihrer Entstehung berücksichtigt werden muss (BGH NJW 2019, 3783). Im Rahmen dieser Interessenabwägung kommt es unter anderem darauf an, ob die eingegangenen Verbindlichkeiten vermeidbar sind, wobei den Interessen minderjähriger Kinder besonders Rechnung zu tragen und ein umso strengerer Maßstab anzulegen ist, je beengter die wirtschaftlichen Verhältnisse sind (BGH NJW 2002, 1269; BeckOGK/Wendtland BGB § 1610 Rn. 35).

Hieran gemessen fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten für die Unerlässlichkeit der geltend gemachten Fahrtkosten. Die pauschale Behauptung des Antragstellers, er sei auf Behandler mit besonderen Spezialkenntnissen angewiesen, die es in der Nähe seines Wohnorts nicht gebe, genügt insoweit nicht. Die vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen und physiotherapeutischen Verordnungen sowie die vom Antragsteller mitgeteilten Krankheitsbilder, unter denen er leidet, bieten keinen Anlass zur Annahme, die dafür erforderlichen Arztbesuche und Behandlungen lägen außerhalb des Diagnose- und Behandlungsspektrum der Fachkräfte, die - wie allgemein bekannt - flächendeckend im Land Brandenburg, insbesondere im Großraum Berlin, zu dem der Wohnort des Antragstellers zählt, verfügbar sind. Die vorgelegten Bescheinigungen weisen weder auf das Vorliegen seltener Krankheiten hin, die die Konsultation ganz besonderer, nicht in jeder Kleinstadt niedergelassener Fachärzte erfordern, noch fallen die dem Antragsteller verschriebenen physiotherapeutischen Maßnahmen - allgemeinbekannterweise - aus dem Rahmen des Behandlungsspektrums einer durchschnittlichen Praxis. Es ist weder ersichtlich noch vom Antragsteller dargelegt, dass nicht in Wohnortnähe und unter kurzer, auch unter Berücksichtigung seiner Erkrankungen zumutbarer Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel Ärzte, Physiotherapeuten und weitere Behandler zur Verfügung stehen, die die erforderlichen Behandlungen in gleicher Qualität vornehmen könnten.

III.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 243 FamFG.

Die Wertfestsetzung folgt aus §§ 55 Abs. 2, 50 Abs. 1, 40 Abs. 2 FamGKG.

Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht, § 70 Abs. 2 FamFG.