Gericht | OLG Brandenburg 4. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 22.02.2023 | |
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Aktenzeichen | 4 U 164/21 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2023:0222.4U164.21.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1.1. Das Versäumnisurteil des Senats vom 15.06.2022 bleibt aufrechterhalten.
Der Kläger hat die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
I.
Der Kläger nimmt die beklagte Fahrzeugherstellerin wegen vermeintlich unzulässiger Abschalteinrichtungen auf Schadensersatz in Anspruch.
Der Kläger erwarb am 24.01.2019 bei der A. GmbH einen gebrauchten Audi A5 Coupe 2.0 TDI mit einem Kilometerstand von 46.900 km zu einem Kaufpreis von 28.000 €. Die Erstzulassung datiert vom 05.10.2016. Das Fahrzeug ist mit einem von der Beklagten entwickelten Motor des Typs EA 288 mit der Abgasnorm Euro 6 ausgerüstet. Der Motor verfügt zur Reduktion von Stickoxid-Emissionen und zur Einhaltung der Grenzwerte über eine geregelte Abgasrückführung (AGR) und einen SCR-Katalysator.
Das Fahrzeug ist von einem amtlichen Rückruf nicht betroffen.
Mit Anwaltsschreiben vom 02.09.2020 forderte der Kläger die Beklagte zur Rückzahlung des Kaufpreises auf Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeuges auf.
Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe unzulässige Abschalteinrichtungen in dem streitgegenständlichen Motor verbaut. So verfüge das Fahrzeug über ein Thermofenster, das bei Temperaturen unter 10° und über 30° Celsius greife. Es sei darüber hinaus - ebenso wie der Motor EA 189 - mit einer Software ausgestattet, die Fahrzyklus des NEFZ erkenne; dadurch würden im Prüfstand die NOx-Emissionen reduziert. Dies werde durch interne Unterlagen der Beklagten, den „Statusbericht Diesel KBA-Termin (Technik) 21.10.2015 Wolfsburg“ vom 19.10.2015, die Entscheidungsvorlage: Applikationsrichtlinien & Freigabevorlagen EA 288“ vom 18.11.2015 und die „Entscheidungsvorlage: Applikationsrichtlinien & Freigabevorlagen EA 189“ vom 18.11.2015, belegt. Nach einem Gutachten der DUH hielten Fahrzeuge der Beklagten mit dem Motor EA 288 den Grenzwert für NOx-Emissionen nicht ein. Seit April 2020 erfolgten für solche Motoren freiwillige Service-Maßnahmen zum Aufspielen eines Software-Updates. Zur Verwendung von illegalen Abschalteinrichtungen habe die Beklagte gegenüber dem KBA sicherlich im Rahmen der Typengenehmigung keine wahrheitsgemäßen Angaben gemacht.
Die Beklagte hat vorgetragen, in dem Fahrzeug komme keine unzulässige Abschalteinrichtung zum Einsatz. Bei dem in dem streitgegenständlichen Fahrzeug zum Einsatz kommenden Thermofenster zwischen – 24 Grad Celsius und + 70 Grad Celsius handele es sich nicht um eine unzulässige Abschalteinrichtung. Die Erkennung des Prüfstands sei nur dann unzulässig, wenn sie genutzt werde, um die Funktion eines Teils des Emissionskontrollsystems so zu verändern, dass die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems im normalen Fahrbetrieb verringert werde. Dies sei bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug nicht der Fall, wie auch schon der Untersuchungsbericht Volkswagen vom April 2016 zu EA 288-Motoren Euro 6 festgestellt habe. Insbesondere komme keine Umschaltlogik dergestalt zum Einsatz, dass das Emissionskontrollsystem im Prüfstand in einen abgasoptimierenden Zustand schalte. Das Emissionskontrollsystem arbeite bei voller Funktionsfähigkeit aller Bauteile sowohl im Prüfstand als auch auf der Straße mit identischer Wirksamkeit. Die Fahrkurvenerkennung werde nicht dazu genutzt, Emissionsgrenzwerte einzuhalten, sie habe bei Fahrzeugen mit NOx-Speicherkatalysator oder SCR-Katalysator - näher erläuterte - andere technische Gründe gehabt. Unabhängig von den Ergebnissen der KBA-Felduntersuchung habe die Beklagte entschieden, die Fahrkurven – bzw. die sog. Akustikfunktion - generell ab dem Modelljahreswechsel der Kalenderwoche 22 des Jahres 2016 bei allen EA 288-Fahrzeugen (SCR- wie NSK-Technologie) nicht mehr zu verwenden.
Zudem habe sie dem KBA als zuständiger Typgenehmigungsbehörde am 22.01.2016 die Entwicklung und die neueste technische Abgasrückführung in ihren Diesel-Modellen EA 189 und EA 288 dargestellt und detailliert die bei den EA 288 EU6 zum Einsatz kommende AGR-Technologie vorgestellt. Das KBA habe demnach Kenntnis von der konkreten Ausgestaltung der AGR einschließlich ihrer Applikationsrichtlinie zum Bauteilschutz, aber keine Beanstandungen gehabt. Deswegen unterliege das Fahrzeug auch keinem Rückruf. Aus den Untersuchungen der DUH und anderer Organisationen ergebe sich schon deswegen nichts, weil die Messung im realen Fahrbetrieb erfolge und die ausgewählte Strecke unklar sei und nicht näher erläutert werde. Maßgeblich zur Ermittlung der Emissionswerte sei jedoch das unter den Laborbedingungen des NEFZ vorgenommene Prüfverfahren. Erst durch die Änderung der Rechtslage ab dem 01.09.2017 seien in Europa neue Regelungen für Real Drive Emssions-Tests (RDE) in Kraft getreten, die sich aber allein auf neue typgeprüfte Fahrzeuge bezögen.
Mit Urteil vom 05.07.2021, auf dessen tatsächliche Feststellungen im Übrigen gemäß § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Ein Anspruch aus § 826 BGB scheide aus, da der Kläger nicht hinreichend dargetan habe, dass die Beklagte eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut habe; in Bezug auf das Thermofenster fehle es jedenfalls an dem für eine deliktische Haftung erforderlichen zurechenbaren Schädigungsvorsatz. Der Kläger habe gegen die Beklagte auch keinen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB, §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein erstinstanzliches Begehren im vollen Umfang weiterverfolgt. Er macht geltend, soweit das Landgericht in Bezug auf das Thermofenster den erforderlichen Schädigungsvorsatz verneint habe, habe es nicht berücksichtigt, dass die Beklagte in den vorgelegten internen Dokumenten selbst den auf die Prüfzykluserkennung aufbauenden Eingriff in die Abgasreinigung bespreche. Die Prüfzykluserkennung erfolge jedoch durch die Erkennung des NEFZ und das Thermofenster. Die Formulierung der Beklagten, das Fahrzeug verhalte sich auf dem Prüfstand wie auf der Straße gleich, sei Augenwischerei. Aus den vorgelegten Dokumenten werde vielmehr deutlich, dass die Beklagte zum Zeitpunkt des Bekanntwerdens des Dieselskandals zum EA 189 genau gewusst habe, dass im Motor EA 288 dieselbe Umschaltstrategie verbaut gewesen sei. Der Kläger behauptet nunmehr, die Abgasreinigung funktioniere nur zwischen 20 und 30° Celsius. Die Beklagte habe auch Kenntnis von der Unzulässigkeit der Abschalteinrichtung gehabt.
Der Senat hat am 15.06.2022 ein die Berufung des Klägers zurückweisendes Versäumnisurteil erlassen. Gegen dieses, ihm am 20.06.2022 zugestellte Versäumnisurteil hat der Kläger am 30.06.2022 Einspruch eingelegt.
Im Hinblick auf den Kilometerstand von 59.413 km am 24.01.2023 erklärt der Kläger den Rechtsstreit i.H.v. 391,62 € für erledigt und beantragt zuletzt,
das Versäumnisurteil des Senats aufzuheben und
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klagepartei Schadensersatz i.H.v. 26.815,40 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.09.2020 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des Fahrzeugs Audi A 5 mit der FIN ...;
2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs Audi A 5 mit der FIN ... seit dem 17.09.2020 in Annahmeverzug befindet;
3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klagepartei die durch die Beauftragung des Prozessbevollmächtigten entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 673,90 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.09.2020 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
das Versäumnisurteil aufrecht zu erhalten.
Sie verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags die angefochtene Entscheidung. Die Beklagte vertritt die Auffassung, die Schlussanträge des Generalanwalts vom 02.06.2022 seien weder bindend noch sei die Auffassung zum drittschützenden Charakter zutreffend, die Rechtsprechung des BGH, wonach in Bezug auf sämtliche europarechtlichen Fragen der Verletzung des wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts i.S. eines acte claire geklärt seien, gelte unverändert fort, selbst wenn man dies anders sehe, habe sie sich in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
Der Einspruch ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt worden, §§ 339, 340 Abs. 1 ZPO; er hat in der Sache indes keinen Erfolg.
Die Berufung ist unbegründet.
Dem Kläger stehen gegen die Beklagte die geltend gemachten Schadensersatzansprüche unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Mangels eines Vertragsverhältnisses oder einer vertragsähnlichen Beziehung zwischen den Parteien kommen vertragliche Ansprüche von vornherein nicht in Betracht. Doch auch die Voraussetzungen für eine deliktische Haftung der Beklagten gemäß § 826 BGB, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 6, 27 EG-FGV oder Art. 5 VO (EG) 715/2007, §§ 831, 31 BGB sind nicht erfüllt. Aus diesem Grund ist für die Feststellung einer teilweisen Erledigung der Hauptsache i.H.v. 391,52 € kein Raum und die Nebenansprüche sind ebenfalls unbegründet.
1.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Schadenersatz aus § 826 BGB. Nach dieser Vorschrift ist zum Schadensersatz verpflichtet, wer einem anderen in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zufügt. Die erforderliche Sittenwidrigkeit liegt vor, wenn die schädigende Handlung nach ihrem Inhalt bzw. ihrem Gesamtcharakter im Widerspruch zum Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden steht und daher mit den grundsätzlichen Wertungen der Rechts- und Sittenordnung unvereinbar ist.
Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (st. Rspr., BGH, Beschl v. 29.09.2021 – VII ZR 126/21 – Rn. 10; Urteil v. 16.09.2021 – VII ZR 322/20 – Rn. 13; Urteil v. 13.07.2021 - VI ZR 128/20 - Rn. 11; Urteil v. 30.07.2020 - VI ZR 5/20 - Rn. 29; Urteil v. 25.05.2020 - VI ZR 252/19 - Rn. 15, jeweils m.w.N.). Schon zur Feststellung der objektiven Sittenwidrigkeit kann es daher auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Die Verwerflichkeit kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben. Insbesondere bei mittelbaren Schädigungen kommt es ferner darauf an, dass den Schädiger das Unwerturteil, sittenwidrig gehandelt zu haben, gerade auch in Bezug auf die Schäden desjenigen trifft, der Ansprüche aus § 826 BGB geltend macht (BGH, Urteil v. 16.09.2021 – VII ZR 322/20 – Rn. 13; Beschl. v. 09.03.2021 - VI ZR 889/20 - Rn. 12; Beschl. v. 19.01.2021 - VI ZR 433/19 - Rn. 14; Urteil v. 30.07.2020 - VI ZR 5/20 - Rn. 29).
Dies vorangestellt hat der Kläger - wie das Landgericht zutreffend erkannt hat - weder hinreichend dazu vorgetragen, dass die behaupteten Abschalteinrichtungen überhaupt in seinem Fahrzeug eingebaut sind (dazu a), noch dazu, dass ihre Installation verwerflich wäre (dazu b), und schließlich auch nicht zu dem erforderlichen Vorsatz einer Schädigung des Klägers (dazu c).
a) Der Kläger hat nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, dass das streitgegenständliche Fahrzeug mit einer (unzulässigen) Abschalteinrichtung ausgestattet ist. Es kann deshalb offenbleiben, ob der Auffassung zu folgen ist, wonach die Frage der Unzulässigkeit einer Abschalteinrichtung als Voraussetzung einer Haftung der Beklagten gemäß § 826 BGB bereits infolge der Tatbestandswirkung einer bestandskräftig erteilten Typengenehmigung der Prüfung durch Zivilgerichte entzogen sei, es sei denn es lasse sich feststellen, dass die Typengenehmigung erschlichen wurde (insoweit ablehnend: BGH, Urteil vom 08.12.2021 – VIII ZR 190/19 – Rn. 79 ff., juris; Beschluss vom 14.12.2021 – VIII ZR 386/20 – Rn. 34, juris; offengelassen: BGH, Beschluss vom 23.05.2022 – VIa ZR 433/21 – juris).
aa) Eine (moderate) Überschreitung der zulässigen Grenzwerte für Stickoxide im Realbetrieb bei Einhaltung der Grenzwerte im Prüfstandsbetrieb ist als solche grundsätzlich nicht geeignet, den Rückschluss auf eine unzulässige Abschalteinrichtung zu ziehen (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 29.06.2021, I- 13 U 434/20). Vielmehr ist die Überschreitung der Prüfstandswerte im Realbetrieb ein normaler Umstand, der deshalb allein nicht als Indiz für das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung dienen kann (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 19.01.2021 - 16a U 196/19 -, Rn. 59 ff., juris). Denn der Realbetrieb ist gegenüber dem Prüfstandsbetrieb - neben anderen Parametern - durch einen deutlich höheren Leistungsabruf gekennzeichnet, so dass der (zwangsläufig) höhere Kraftstoffverbrauch zwingend mit höheren Emissionen einhergeht.
Konkrete Ergebnisse von Untersuchungen etwa der Deutschen Umwelthilfe zu Fahrzeugen mit dem Motor EA 288 EU 6, geschweige denn Fahrzeugen des streitgegenständlichen Fahrzeugtyps oder gar des konkreten streitgegenständlichen Fahrzeugs, bei denen tatsächlich der Grenzwert für NOx-Emissionen nur auf dem Prüfstand, nicht jedoch im Realverkehr eingehalten wurde, werden vom Kläger nicht einmal benannt. Die Untersuchungskommission Volkswagen hat demgegenüber neun Fahrzeuge mit dem Motortyp EA 288 und der Abgasnorm Euro 6 geprüft, davon fünf Fahrzeuge, die mit einem SCR-Katalysator ausgestattet waren; in keinem Fall ergaben sich Hinweise auf unzulässige Abschalteinrichtungen.
bb) Soweit der Kläger das Vorhandensein einer Fahrkurvenerkennung geltend macht, ist diese als solche regulatorisch nicht zu beanstanden. Unzulässig ist eine Fahrkurvenerkennung vielmehr nur dann, wenn sie dazu genutzt wird, eine Funktion eines Teils des Emissionskontrollsystems zu beeinflussen, die bewirkt, dass die NOx-Emissionen im NEFZ eingehalten werden, während die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert wird. Eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 i.V.m Art. 3 Nr. 10 VO EG 715/2007 liegt nämlich nur dann vor, wenn ein Fahrzeug mit einem Konstruktionsteil ausgerüstet ist, das die Temperatur, die Fahrzeuggeschwindigkeit, die Motordrehzahl (UpM), den eingelegten Getriebegang, den Unterdruck im Einlasskrümmer oder sonstige Parameter ermittelt, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu aktivieren, zu verändern, zu verzögern oder zu deaktivieren, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die beim normalen Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert wird.
Jedenfalls fehlt es an greifbaren Anhaltspunkten dafür, dass diese Funktion, die zumindest auch dazu diente, in der zeitlich letzten Phase des NEFZ trotz Erreichens der Betriebstemperatur des SCR-Katalysators von 200 Grad Celsius die Abgasrückführung mit voller Wirkung aufrecht zu erhalten, während diese im Realbetrieb nach Erreichen der Betriebstemperatur des SCR-Katalysators reduziert wurde, Einfluss auf die Einhaltung des Grenzwertes für die NOx-Emissionen von 80 mg/km hatte. Dagegen spricht nicht nur das ausdrückliche Bestreiten der Beklagten, sondern auch Untersuchungen des KBA, das in zahlreichen von der Beklagten vorgelegten Auskünften bestätigt hat, dass die NOx-Grenzwerte bei Fahrzeugen der Beklagten mit dem Motor EA 288 und SCR-Katalysator auch nach Entfernung der Fahrkurvenerkennung eingehalten werden. Ist danach davon auszugehen, dass die mittels der Fahrkurvenerkennung im NEFZ herbeigeführte Parallelität der vollen Wirksamkeit der Abgasrückführung und der Abgasnachbehandlung allenfalls dazu geführt hat, dass im NEFZ geringere Durchschnittswerte der NOx-Emissionen erzielt worden sind, nicht jedoch dazu, dass der zulässige Grenzwert von 80 mg/km nicht eingehalten wurde, sprechen – entgegen der Sichtweise des Klägers – gute Gründe dafür, dass bereits tatbestandlich keine Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 3 Nr. 10 VO EG 715/2007 vorliegt, da die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die beim normalen Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, dadurch nicht beeinträchtigt wird (a.A. OLG Köln, Urteil vom 10.03.2022 – 24 U 112/21 – Rn. 28; offengelassen OLG Frankfurt – 16 U 53/21 – Rn. 53). Unabhängig davon würde es – was unter b) und c) noch näher erläutert wird - jedenfalls an der für die Sittenwidrigkeit erforderlichen Verwerflichkeit des Handelns der Beklagten und an einem Schädigungsvorsatz fehlen.
cc) Der Kläger hat auch keinen hinreichenden Anhaltspunkt dafür dargetan, dass die Abgasrückführungsrate bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug abhängig von der Außentemperatur außerhalb eines Temperaturfensters von 10° bis 30° Celsius bzw. 20° bis 30° Celsius - ungeachtet des Umstandes, dass diese Behauptung als neuer und bestrittener Vortrag im Berufungsrechtszug ohnehin gemäß § 522 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen ist - bis hin zur Abschaltung des Abgasrückführungssystems reduziert wird.
Die Beklagte hat diese Behauptung substantiiert bestritten, indem sie ihrerseits behauptet, in dem streitgegenständlichen Fahrzeug werde ein Thermofenster lediglich jenseits -24° Celsius und +70° Celsius zum Einsatz gebracht. Allein der Umstand, dass die Beklagte für andere Fahrzeuge geringer dimensionierte Thermofenster sowie ein sog. Abrampen zugestanden hat, lässt keinen Schluss darauf zu, dass dies auch in dem vorliegenden Fahrzeug der Fall war. Einen Rückruf von Fahrzeugen mit dem Motor EA 288 wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters gibt es trotz der dem KBA ohne Zweifel bekannten Entscheidungen des EuGH vom 17.12.2020 (C–693/18) und 14.07.2022 (C- 128/20) nicht.
Die Behauptung des Klägers, die Beklagte hätte die Existenz des Thermofensters im Typgenehmigungsverfahren verschleiert, führt nicht zu einer anderen Bewertung. Schon in tatsächlicher Hinsicht hat der Kläger lediglich pauschal behauptet, das KBA sei von der Beklagten getäuscht worden.
Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass nicht schon jede Steuerung der Abgasbehandlung anhand physikalischer Parameter, die zu einer Veränderung einzelner Emissionswerte (etwa bei NOx) führt, eine Abschalteinrichtung im Sinne der VO (EG) 715/2007 darstellt. Denn gemäß Art. 3 Nr. 10 der VO setzt eine Abschalteinrichtung voraus, dass damit unter Normalbedingungen die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems (insgesamt) verringert wird. Emissionen sind – wie sich aus Art. 3 Nr. 4-6 der VO ergibt – nicht nur Stickoxide, sondern auch Kohlenmonoxid, Kohlenwasserstoffe und (Ruß)partikel. Unstreitig kann es bei der Motorsteuerung im Hinblick auf die Reduktion der einzelnen Arten der Emissionen zu Zielkonflikten kommen, da keine Bedingungen existieren, für die sämtliche Emissionsarten zeitgleich minimal werden. Es muss daher im Rahmen der Motorsteuerung ein Ausgleich der Reduktionsziele vorgenommen werden, die notwendig nur über physikalische Parameter erfolgen kann. Die VO (EG) 715/2007 geht auch ersichtlich davon aus, etwa in Art. 5 Abs. 1, dass eine derartige Motorsteuerung stets existiert. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass allein die Steuerung des Motors anhand physikalischer Parameter für sich genommen unproblematisch ist und insbesondere kein Indiz für das Vorliegen einer Abschalteinrichtung darstellt.
dd) Auch die weiteren vom Kläger behaupteten Umstände reichen nicht für die schlüssige Behauptung, in seinem Fahrzeug sei eine unzulässige Abschalteinrichtung eingebaut. In Bezug auf das OBD-System ist ein Einwirken auf die abgasbeeinflussenden Systeme weder ersichtlich noch dargetan.
Einen Rückrufbescheid des KBA betreffend ein Fahrzeug mit dem Motor EA 288 gibt es - mit Ausnahme eines solchen für bestimmte Fahrzeuge des hier nicht streitgegenständlichen Typs VW T6 - unstreitig nicht; dies schließt, ebensowenig wie die erteilten Auskünfte des KBA, dass unzulässige Abschalteinrichtungen nicht vorhanden seien, die Möglichkeit des Vorliegens einer unzulässigen Abschalteinrichtung zwar nicht aus, begründet aber auch kein Indiz dafür (BGH, Beschluss vom 15.09.2021 - VII ZR 2/21 - Rn. 30, juris). Die Behauptungen des Klägers sind daher als ins Blaue hinein zu qualifizieren und damit unbeachtlich; die von ihm beantragte Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens ist nicht veranlasst.
b) Es fehlt auch an Vortrag zu den subjektiven Aspekten einer Haftung gemäß § 826 BGB.
Soweit es das vermeintlich vorhandene Thermofenster in den vom Kläger behaupteten Dimensionierungen betrifft, führte allein die Existenz eines solchen nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung nicht zu der Annahme eines vorsätzlich sittenwidrigen Verhaltens des Motorenherstellers, und zwar selbst dann nicht, wenn das Thermofenster nach dem Maßstab der Auslegung durch den EuGH (Urteil vom 14.07.2022 - C-134/20 -) unzulässig ist. Die Annahme von Sittenwidrigkeit setzt jedenfalls voraus, dass die für die Beklagte handelnden Personen bei der Entwicklung oder Verwendung der temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen. Für ein solches Vorstellungsbild hat der Kläger keine hinreichenden Anknüpfungstatsachen vorgetragen.
Ein größeres als ein exakt auf die normierten Temperaturbedingungen des NEFZ zugeschnittenes Thermofenster wäre nicht prüfstandsbezogen und könnte deshalb auch kein Indiz dafür begründen, dass die für die Beklagte handelnden Personen die Typengenehmigungsbehörde mit der Installation eines Thermofensters über die Einhaltung Grenzwerte für NOx-Emissionen täuschen wollten. Ein greifbarer Anhaltspunkt dafür, dass – unterstellt, es wäre überhaupt installiert – das Thermofenster tatsächlich genau auf die Temperaturbedingungen des NEFZ zugeschnitten ist, wird vom Kläger nicht vorgetragen; es handelt sich - wie bereits ausgeführt - vielmehr um eine Behauptung ins Blaue hinein.
Auch für die Behauptung, die Beklagte habe im Typengenehmigungsverfahren keine hinreichenden, den Anforderungen des Art. 3 Abs. 9 der VO (EG) Nr. 692/2008 genügenden Angaben gemacht, fehlt jeder konkrete Anhaltspunkt. Letztlich kann dies – wie der BGH inzwischen in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat – jedoch auch dahin stehen, weil die Beklagte bei nicht hinreichenden Angaben hätte erwarten dürfen, dass die Genehmigungsbehörde – insoweit gilt für die für die Prüfung des streitgegenständlichen Motors und dessen Steuerung zuständige irische Genehmigungsbehörde NSAI nichts anderes als für das KBA, da diese ebenfalls von Amts wegen alle Möglichkeiten zur Ermittlung der Umstände auszuschöpfen hat, von denen die Anwendung der gemeinschaftlichen Bestimmungen – hier der VO (EG) 715/2007 - im Einzelfall abhängt (vgl. EuGH, Urteil vom 21.09.1983 – C 205/82 - Rn. 35 „Deutsche Milchkontor“; Schneider in: Schoch/Schneider, VwVfG, Stand: Juli 2020, § 24 VwVfG, Rn. 21; Senat, Urteil vom 22.12.2021 – 4 U 19/21 – Rn. 47; Urteil vom 16.03.2022 – 4 U 82/21 – Rn. 53) – entsprechende Angaben nachforderte.
Das erforderliche Bewusstsein der für die Beklagten handelnden Personen davon, mit einem Thermofenster eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, kann deshalb nicht festgestellt werden, weil die Frage, ob es sich bei dieser Einrichtung um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelte, zum Zeitpunkt der Erteilung der Typengenehmigung für den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp, die spätestens im Oktober 2016 erfolgt sein muss, unklar und streitig war (vgl. Bericht der Untersuchungskommission „Volkswagen“, S. 123; Führ, NVwZ 2017, 265; OLG Koblenz, Urteil vom 18.01.2021 - 12 U 569/20 - Rn. 32). Nicht umsonst ist im Hinblick auf die Auslegung der Ausnahmevorschrift des Art. 5 Abs. 2 a VO (EG) 715/2007 der EuGH angerufen worden der erst am 17.12.2020 entschieden hat, und war selbst danach die Zulässigkeit eines Thermofensters bis zur Entscheidung des EuGH vom 14.07.2022 noch weiterhin streitig.
Soweit die - hier unstreitig vorhandene - Fahrkurvenerkennung und ihre Auswirkung auf eine nur in der Prüfungssituation über das Erreichen der Betriebstemperatur des SCR-Katalysators hinaus parallel erfolgende Abgasrückführung in gleichbleibendem Umfang in Rede steht, gilt nichts anderes. Unabhängig davon, ob die – unter a) bb) dargestellte - Auffassung des Senats zutrifft, wonach die mittels Fahrkurvenerkennung herbeigeführte Parallelität der Wirksamkeit von Abgasrückführung und Abgasnachbehandlung im NEFZ mangels Grenzwertkausalität bereits keine Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 3 Nr. 10 VO EG 715/2007 darstellt, wäre eine dementsprechende Auslegung durch die für die Beklagte handelnden Personen jedenfalls nicht unvertretbar. Dies gilt umso mehr, wenn man berücksichtigt, dass das KBA, obwohl die Beklagte ihm gegenüber jedenfalls Ende 2015 das Vorhandensein einer Fahrkurvenerkennung in den Fahrzeugen mit dem Motor EA 288 einschließlich deren Wirkung unter den Bedingungen des NEFZ offengelegt hat, keine Rückrufe entsprechend ausgestatteter Fahrzeuge ausgesprochen, sondern im Gegenteil in zahlreichen amtlichen Auskünften bescheinigt hat, unzulässige Abschalteinrichtungen seien nicht festzustellen.
Aus den vom Kläger in Bezug genommenen Applikationsrichtlinien vom 18.11.2015, insbesondere dem Umstand, dass darin festgelegt wird, die Fahrkurvenerkennung durch Ausbedatung oder Software-Änderung zu entfernen, ergibt sich nichts anderes. Diese in der Folge der Aufdeckung der Umschaltlogik beim EA 189 entwickelten Maßnahmen der Beklagten lassen keinen Schluss darauf zu, dass ihre verantwortlichen Mitarbeiter bewusst gegen das Verbot der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen verstoßen haben, indem sie mittels Fahrkurvenerkennung Vorkehrungen getroffen haben, um den NOx-Ausstoß unabhängig von der Kausalität für die Einhaltung der Grenzwerte unter den (nicht dem normalen Fahrbetrieb entsprechenden) Bedingungen des NEFZ zu optimieren.
c) Auch ein Vorsatz der Beklagten zur Schädigung des Klägers kann auf Grundlage seines Sachvortrags nicht festgestellt werden.
Der Handelnde muss die Schädigung des Anspruchstellers gekannt beziehungsweise vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen, jedenfalls aber für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen haben. Es genügt nicht, wenn die relevanten Tatumstände lediglich objektiv erkennbar waren und der Handelnde sie hätte kennen können oder kennen müssen oder sie sich ihm sogar hätten aufdrängen müssen; in einer solchen Situation ist lediglich ein Fahrlässigkeitsvorwurf gerechtfertigt (BGH, Urteil vom 28.06.2016 - VI ZR 536/15 Rn. 25). Selbst wenn die Beklagte – sei es in Form eines Thermofensters oder der Fahrkurvenerkennung - objektiv unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut hätte, folgt allein daraus kein Vorsatz hinsichtlich der Schädigung der Fahrzeugkäufer. Angesichts der – unter a) und b) dargestellten - bestehenden Unsicherheiten in Bezug auf die Auslegung der Regelungen der Artt. 3 Nr. 10 und 5 VO EG 715/2007 kann auf der Grundlage des Vortrages des Klägers nicht festgestellt werden, dass sich den für die Beklagte tätigen Personen die Gefahr einer Schädigung des Klägers hätte aufdrängen müssen.
Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV oder Art. 5 VO (EG) 715/2007.
Wie der Bundesgerichtshof wiederholt entschieden hat, liegt das – von der Klägerin auch im vorliegenden Verfahren verfolgte - Interesse, nicht zur Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst zu werden, weder im Aufgabenbereich der §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV noch im Aufgabenbereich des Art. 5 VO 715/2007/EG (BGH, Urteil vom 30.07.2020 - VI ZR 5/20 - Rn. 11 ff., juris) – auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Gebots einer möglichst wirksamen Anwendung des Gemeinschaftsrechts (effet utile; BGH a.a.O. Rn. 14). Daran hat der Bundesgerichtshof auch angesichts des Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof (C-100/21) ausdrücklich festgehalten (BGH, Beschluss vom 04.05.2022 - VII ZR 656/21 -).
Die Schlussanträge des Generalanwalts vom 02.06.2022 bieten keine Veranlassung, von der gefestigten Rechtsprechung zum Vorliegen eines „acte clair“ in Bezug auf das Nichtvorliegen eines auf Rückabwicklung des Kaufvertrags gerichteten Schadenersatzanspruchs abzuweichen oder nunmehr eine Vorlage an den EuGH bzw. eine Aussetzung gemäß § 148 ZPO in Erwägung zu ziehen. Der Verordnung (EG) Nr. 715/2007, die unmittelbar anwendbar ist, misst der Generalanwalt selbst keine Schutzwirkung zugunsten von Vermögensinteressen von Fahrzeugerwerbern zu (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 28.06.2022 - 24 U 115/22 -, BeckRS 2022, 16112, Rn. 78). Lediglich die – nicht unmittelbar anwendbare – Richtlinie 2007/46/EG schützt nach Ansicht des Generalanwalts (auch) das Interesse des individuellen Erwerbers eines Kraftfahrzeugs, kein Fahrzeug zu erwerben, das mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet ist. Dies gilt jedoch nicht bezogen auf die §§ 6, 27 EG-FGV (vgl. OLG Stuttgart a.a.O. Rn. 80 ff). Einer Einordnung der §§ 6, 27 EG-FGV als Schutzgesetze des § 823 Abs. 2 BGB bedarf es im Hinblick auf das Gebot des effet utile nicht, weil bereits das bestehende nationale Recht zahlreiche - abgestufte und z.T. verschuldensunabhängige - Instrumente bereit hält, die das Interesse des Erwerbers schützen, z.B. das Gewährleistungsrecht mit der Möglichkeit des Rückgriffs auf den Hersteller gemäß § 445a BGB, deliktische Ansprüche aus § 826 BGB sowie die Schutz- und Bußgeldvorschriften in §§ 25, 37 EG-FGV (vgl. OLG Stuttgart a.a.O, Rn. 86 ff.); soweit in den Schlussanträgen des Generalanwalts vom 02.06.2022 (dort Rn. 58 und 59) zum Ausdruck kommt, die dem Erwerber eines Fahrzeugs mit unzulässiger Abschalteinrichtung derzeit nach deutschem Recht zustehenden Ansprüche seien unzureichend, handelt es sich nicht um eine eigene Bewertung des Generalanwalts, sondern um eine Wiedergabe der "Auffassung des vorlegenden Gerichts", die ihrerseits - aus den dargestellten Gründen - auf falschen Annahmen beruht.
Selbst nach den Schlussanträgen des Generalanwalts ist, abgesehen von einem Entschädigungsanspruch, der unmittelbar im Unionsrecht begründet ist, im Rahmen des nationalen Haftungsrechts zu bestimmen, wie der entstandene Schaden zu ersetzen ist, und es stünde den Mitgliedsstaaten weiterhin frei, einen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages wegen der Verletzung des wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts zu verneinen (vgl. OLG München, Beschluss vom 01.07.2022 - 8 U 1671/22 - Rn 31; zum Ganzen ebenso: OLG Hamm, Urteil vom 15.11.2022 - 34 U 172/21 - Rn 52 ff; OLG Frankfurt, Urteil vom 10.11.2022 - 16 U 53/21 - Rn 93ff; OLG Koblenz, Urteil vom 03.11.2022 - 6 U 568/22 - Rn 24ff; zit. nach juris).
Hiervon abgesehen ist nicht ersichtlich, dass in dem streitgegenständlichen Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut sein könnte. Wie bereits dargelegt, gibt es keine konkreten Anhaltspunkte dafür. Die verschiedenen Behauptungen der Klägerin sind als ins Blaue hinein zu qualifizieren und daher unbeachtlich.
3.
Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB scheidet aus den oben dargelegten Erwägungen mangels hinreichender Anknüpfungspunkte für den Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung, zumal mit der Absicht, sich (oder einem Dritten) einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, aus. Im Übrigen fehlt es bei dem vorliegenden Erwerb eines Gebrauchtfahrzeuges an der erforderlichen Stoffgleichheit der etwaigen Vermögenseinbuße des Klägers durch den Abschluss des Kaufvertrages mit den denkbaren Vermögensvorteilen, die ein verfassungsmäßiger Vertreter der Beklagten (§ 31 BGB) für sich oder einen Dritten erstrebt haben könnte (BGH, Urteil vom 30.07.2020 - VI ZR 5/20 - Rn. 24).
4.
Liegen danach die Voraussetzungen für keinen der vorgenannten deliktischen Ansprüche vor, lässt sich eine Haftung der Beklagten auch nicht aus § 831 BGB herleiten.
5.
Einen Anspruch auf Feststellung, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs im Annahmeverzug befand, und auf Freistellung von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten hat der Kläger mangels Bestehens eines Hauptanspruchs nicht.
III.
Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Eine Revisionszulassung ist nicht veranlasst, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), noch die Revision zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen ist (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die Entscheidung orientiert sich an den gefestigten Grundsätzen der obergerichtlichen Rechtsprechung.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO auf 27.207,02 € festgesetzt.