Gericht | OVG Berlin-Brandenburg Fachsenat für Bundespersonalvertretungssachen | Entscheidungsdatum | 01.02.2023 | |
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Aktenzeichen | OVG 62 PV 6/22 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2023:0201.OVG62PV6.22.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 80 Abs 1 Nr 21 BPersVG, § 84 Abs 1 Nr 1 BPersVG, § 5 Abs 2 AZV |
Schreibt das Ministerium der nachgeordneten Behörde vor, wie als Dienstzeit eingeplante Ruhepausen bei Abwesenheit wegen Krankheit usw. nach dem Gesetz zu verrechnen sind, handelt es sich nicht um eine mitwirkungsbedürftige Verwaltungsanordnung.
In der Personalvertretungssache hat der 62. Senat - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Bundes - aufgrund der mündlichen Anhörung vom 1. Februar beschlossen:
Die Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
I.
Im Streit ist sind Beteiligungsrechte aufgrund des Erlasses vom 8. Juli 2019, der sich mit der Anrechnung von Ruhepausen auf die Dienstzeit bei diensttätigen wie auch bei dienstabwesenden Bundespolizisten befasst.
Dem war der Erlass der Beteiligten vom 9. Mai 2017 zur Anrechnung von Ruhepausen und Ruhezeit nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AZV vorausgegangen. Mit Erlass vom 25. Juni 2018 wurde dieser Erlass für die Bundespolizei ergänzt. Beide Erlasse waren auf Antrag des hiesigen Antragstellers Gegenstand des Senatsbeschlusses vom 9. Juli 2020 – OVG 62 PV 5.19 – (juris) und des Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Dezember 2020 – 5 PB 7.20 – (juris). Das Oberverwaltungsgericht beschloss, dass die Erlasse kein Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung berührten. Ein Mitwirkungsrecht stand damals außer Frage, weil die Dienststellenleitung die Mitwirkung ermöglicht hatte (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 9. Juli 2020 – OVG 62 PV 5.19 – juris Rn. 20, 27).
Die Beteiligte erklärte im Erlass vom 8. Juli 2019 adressiert an das Bundespolizeipräsidium, eine rechtmäßige Arbeitszeitabrechnung in der Bundespolizei könne nicht festgestellt werden, und beanstandete:
a) Es erfolge die Ruhepausenanrechnung bei Abwesenheit vom Dienst, z.B wegen Sonderurlaubs, Krankheit oder Erholungsurlaubs, obwohl eine auszugleichende Erschwernis in keinem Fall vorliege;
b) bei der Einsatzplanung werde in den Einsatzbefehlen bereits (planerisch) auf die Gewährung einer Ruhepause verzichtet, ohne dass dafür eine Rechtsgrundlage vorhanden wäre;
c) es werde Mehrarbeit angerechnet, die wegen Krankheit nicht geleistet worden sei;
d) auf die Anrechnung der Ruhepause werde verzichtet, obwohl beim Betroffenen ein Anspruch nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AZV (Erschwernisausgleich für Dienst zu wechselnden Zeiten) bestehe;
e) es erfolge eine Ruhepausenanrechnung im Regeldienst bei den Mobilen Kontroll- und Überwachungseinheiten, den Mobilen Fahndungseinheiten und den Einsatzhundertschaften, obwohl dies nach den Festlegungen des Grunderlasses vom 9. Mai 2017 ausgeschlossen sei.
Die Beteiligte verlangte sicherzustellen, dass unzulässige Anrechnungen unverzüglich abgestellt bzw. korrigiert würden. Sie sei damit einverstanden, wenn die Dienstbehörden ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine rückwirkende Korrektur der vorschriftswidrig erfolgten Zeitgutschriften erst ab Juli 2019 vornähmen.
Der Antragsteller wies mit Email vom 22. November 2019 die Beteiligte auf seine Ansicht hin, die Anordnung bewirke, dass betroffene Beamtinnen und Beamte mit „Minus-Stunden“ aus einer Erkrankung in den Dienst zurückkehrten und „Nacharbeit“ leisten müssten, weil ihnen als Ausfall nicht der dienstplanmäßige Dienst, sondern weniger Dienst angerechnet würde. Die Rechte des Antragstellers seien verletzt, da ohne dessen Beteiligung in die persönlichen und sozialen Angelegenheiten der Beamten und in Arbeitszeitfragen eingegriffen werde. Mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2019 erwiderte die Beteiligte, Beamte hätten bei Abwesenheit vom Dienst keine Ruhepausen, so dass diese auch nicht auf die Arbeitszeit angerechnet werden könnten. Der Erlass vom 8. Juli 2019 beschränke sich zudem auf fachaufsichtliche Hinweise über gesetzliche Regelungen bzw. zu Rechtsauffassungen und stelle keine Maßnahme im Sinne des Personalvertretungsrechts dar.
Der Antragsteller hat den Verfahrensbevollmächtigten am 11. März 2020 bevollmächtigt, in dieser Angelegenheit wegen Verletzung seiner „Beteiligungsrechte“ um gerichtliche Klärung nachzusuchen. Der Verfahrensbevollmächtigte hat am 16. Juni 2020 das gerichtliche Beschlussverfahren anhängig gemacht und die Ansicht geäußert, es handele sich bei dem Erlass vom 8. Juli 2019 um eine innerdienstliche Verwaltungsanordnung mit eigenständiger Gestaltungswirkung, die einen unbestimmten Personenkreis betreffe. Es werde die Ruhepausenanrechnung bei Abwesenheit vom Dienst moniert und damit festgelegt, dass diese zu unterlassen sei. Diese Konkretisierung sei auf der Grundlage der bisherigen Erlasslage nicht vorgesehen und sei im Übrigen rechtswidrig. Der Antragsteller hat erstinstanzlich beantragt festzustellen, dass die Inkraftsetzung des Erlasses des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 8. Juli 2019 sein Mitwirkungsrecht nach § 84 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG (§ 78 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG a.F.) verletze.
Die Beteiligte hat die Antragszurückweisung beantragt und zur Begründung vorgetragen, der streitgegenständliche Erlass sei keine Maßnahme im personalvertretungsrechtlichen Sinne. Der Erlass habe keine unmittelbar gestaltende Wirkung, weil er sich norminterpretierend auf die Feststellung des ohnehin geltenden Rechts beschränke. Der Erlass treffe Vorgaben zur Anwendung geltenden Rechts. Der Erlass beschränke sich im Grunde auf die Feststellung des normativen Gehalts des geltenden Beamtenrechts. Beschäftigungsverhältnisse oder Arbeitsbedingungen würden nicht durch den Erlass, sondern bereits durch die mit dem Erlass angewendeten gesetzlichen Bestimmungen vorgegeben. Es gehe nicht um die Frage der generellen Pausenanrechnung im Sinne der Bereichsfestlegung nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AZV, sondern um eine Fachaufsicht gegenüber einer Geschäftsbereichsbehörde. Von daher scheide eine Mitwirkung aus.
Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 21. Juni 2022 den Antrag zurückgewiesen. Es hat zur Begründung angeführt, der Erlass vom 8. Juli 2019 stelle keine mitwirkungsbedürftige Verwaltungsanordnung dar. Der Umstand, dass es sich um eine allgemeine Regelung handele, die das Innenverhältnis der Dienststelle als „Arbeitgeber“ und die Beschäftigten als „Arbeitnehmer“ betreffe und verbindlich sei, sei noch nicht ausreichend, um den streitgegenständlichen Erlass als Verwaltungsanordnung im Sinne von § 84 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG zu qualifizieren, weil es an einer Gestaltungswirkung fehle. Es handele sich nämlich um eine norminterpretierende Anweisung. Darin unterscheide sich der streitgegenständliche Erlass vom 8. Juli 2019 vom Erlass vom 9. Mai 2017 (in Verbindung mit dem Erlass vom 25. Juni 2018). Letzterer enthalte einen Gestaltungsspielraum, weil er die Zulassung von Einsatzbereichen betreffe, in denen die ständige Einsatzfähigkeit gewährleistet werden müsse. Buchstabe a) des umstrittenen Erlasses sei Ausdruck der Rechtsansicht des Bundesministeriums, wonach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AZV keine Rechtsgrundlage für die Anrechnung von Ruhepausen auf die Arbeitszeit an dienstfreien Tagen darstellen könne. Geltungsgrund der Beanstandung sei das Gesetz. Sollte die von der Beteiligten vorgenommene Anwendung der Norm fehlerhaft sein, werde sie dadurch nicht zu einer die Rechtsposition der Beschäftigten verändernden Maßnahme. Buchstabe b) des Erlasses treffe nur Feststellungen, die nicht unmittelbar erheblich für die Frage der Anrechnung von Ruhepausen seien. Entsprechendes gelte für Buchstabe c). Buchstabe d) sei ebenfalls lediglich Ausdruck einer Rechtsansicht, hier zu § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AZV. In Buchstabe e) gebe die Beteiligte schließlich ebenfalls lediglich ihr Rechtsverständnis von Arbeits- und Ruhezeit und § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AZV wieder. Eine Gestaltungswirkung ergebe sich schließlich nicht aus der Möglichkeit des Bundespolizeipräsidiums, eine rückwirkende Korrektur der vorschriftswidrig erfolgten Zeitgutschriften erst ab Juli 2019 vorzunehmen.
Der Antragsteller hat gegen den ihm am 14. Juli 2022 zugestellten Beschluss am 12. August 2022 Beschwerde eingelegt und diese nebst Antragstellung am 14. September 2022 begründet. Nach diesem Schreiben zielt dessen Hauptantrag auf eine Feststellung der Verletzung des Mitwirkungsrechts nach § 84 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG bzw. § 78 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG a.F. Der mit diesem Schreiben erstmals gestellte Hilfsantrag betrifft erklärtermaßen die Feststellung einer Verletzung des „Mitwirkungsrechts“ gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 21 BPersVG bzw. § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG „n.F.“.
Der Antragsteller führt zur Begründung seiner Beschwerde an, von einer lediglich norminterpretierenden Anweisung könne keine Rede sein. Die Beteiligte beanstande die bisherige Verwaltungspraxis und verlange deren Änderung. Die Beteiligte habe bei ihrer Prüfung der Dienstbuchblätter (Einzelstundennachweise) nicht den vom Verwaltungsgericht angeführten § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AZV, sondern § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AZV zugrunde gelegt. Es sei stets um die Frage der Zeitgutschrift von Fehlzeiten nach dem Ausfallprinzip in dem Arbeitszeitnachweissystem ePlan Bund für einen von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AZV erfassten Personenkreis begangen. Das System werde im gesamten Geschäftsbereich verwendet mit Ausnahme der Direktion F..., die ein anderes elektronisches System verwende, und der GSG 9. Das System ePlan Bund betreffe etwa 99 % des Personals. Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, der Erlass befasse sich mit der Anrechnung von Ruhepausen. Die Gewährung von Ruhepausen und deren Anrechnung auf die Arbeitszeit setze denklogisch voraus, dass tatsächlich Dienst geleistet werde. An dienstfreien Tagen sei der Beamte nicht zur Dienstleistung verpflichtet. Krankentage und Urlaubstage seien keine dienstfreien Tage, sondern Fälle von Arbeitszeitversäumnis. Urlaub und Krankheit könnten sowohl dienstfreie Tage als auch Tage mit dienstplanmäßiger Dienstleistungspflicht mit Arbeitszeitversäumnis umfassen. In der Sache gehe es vielmehr um die Art und Weise der Erfassung von Fehlzeiten im elektronischen Arbeitszeiterfassungssystem ePlan Bund, um die Kontierung der Fehlzeiten. Die auf Weisung der Beteiligten zu ändernde Art und Weise der Fehlzeitenerfassung bezwecke, wie die Einführung der elektronischen Zeiterfassung selbst, der Dienststelle eine wirksame Kontrolle der Einhaltung der Arbeitszeit zu ermöglichen. Die Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die nach ihrer Konstruktion oder konkreten Verwendungsweise eine Überwachung von Verhalten oder Leistung der Beschäftigten ermöglichten, unterlägen der Mitbestimmung. Die gegenwärtig erfassten Daten in ePlan Bund zum 1.) geplanten und angeordneten Dienst – der Dienstplan werde typischerweise am 20. des Vormonats angeordnet –, 2.) geleisteten Dienst und 3.) abgerechneten Dienst erlaubten den Vorgesetzten Rückschlüsse. Über einen bloßen Normvollzug hinaus ergebe sich auch, wie die Urlaubs- und Mehrarbeitsausgleichsansprüche der Beschäftigten konzipiert werden sollten; ein auch zeitlicher Gestaltungsspielraum sei eingeräumt worden („Korrektur“ erst ab Juli 2019). Der Antragsteller sei schließlich in seinen Beteiligungsrechten wegen Missachtung einer fortgeltenden Dienstvereinbarung aus dem Jahr 2012 verletzt, in der das „Ausfallprinzip“ verankert worden sei.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 21. Juni 2022 zu ändern und
festzustellen, dass die Beteiligte mit der Inkraftsetzung des Erlasses vom 8. Juli 2019 das Mitwirkungsrecht bei der Vorbereitung von Verwaltungsanordnungen der Dienststelle für die innerdienstlichen, sozialen und persönlichen Angelegenheiten der Beschäftigten verletzt,
hilfsweise festzustellen, dass die Beteiligte mit der Inkraftsetzung des Erlasses vom 8. Juli 2019 das Mitbestimmungsrecht bei der Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Beschäftigten zu überwachen, verletzt.
Die Beteiligte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Beteiligte lässt es dahinstehen, ob das Verwaltungsgericht mit § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AZV einen sachlich und rechtlich unzutreffenden Anknüpfungspunkt gewählt habe. Streitgegenständlich sei allein die Verletzung von Beteiligungsrechten. Der Erlass vom 8. Juli 2019 sei im Zusammenhang mit der vorherigen Erlasslage und den Berichten des Bundespolizeipräsidiums zu sehen. Grundlage einer korrekten Arbeitszeitabrechnung sei nicht der Erlass selbst, sondern die AZV. Unterschiedliche Auslegungsergebnisse bei Antragsteller und Beteiligter bewirkten noch keine Verletzung des personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsrechts. Der Antragsteller berühme sich erstmals im Beschwerdeverfahren – im Hilfsantrag – eines Mitbestimmungsrechts statt eines Mitwirkungsrechts. Das sei unzulässig, weil mit dem Hilfsantrag ein Mehr gegenüber dem mit dem Hauptantrag geltend gemachten Recht eingefordert werde. Der Hilfsantrag ändere letztlich nichts an der Rechtmäßigkeit des erstinstanzlichen Beschlusses. Es treffe nicht zu, dass die Änderung der Erfassung der Fehlzeiten so wie schon die Einführung der elektronischen Zeiterfassung mitbestimmungspflichtig sei. Das möge für die Einführung dahinstehen, mit der Arbeitszeitkontierung werde hingegen die bestehende technische Einrichtung nicht verändert. Schließlich unterliege die Sicherstellung einer gesetzmäßigen Arbeitszeiterfassung aufgrund der in § 80 Abs. 1 BPersVG eingangs angeordneten Sperrwirkung des Gesetzes von vornherein nicht der Mitbestimmung.
II.
A. Die Beschwerde ist zulässig. Der Antragsteller hat eine Beschwerde in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und rechtzeitig unter Beifügung eines Antrags mit Gründen versehen, wie es § 89 Abs. 2 ArbGG verlangt. Auf diese Bestimmung für das gerichtliche Verfahren verweist das Bundespersonalvertretungsgesetz.
B. 1.) Der Hauptantrag ist als konkreter Feststellungsantrag zulässig. Es fehlt dazu nicht das Rechtsschutzinteresse. Die Beteiligte hat ihren Erlass vom 8. Juli 2019 nicht fallengelassen, wie sie in der mündlichen Anhörung vor dem Senat bekräftigt hat.
Der Hauptantrag ist unbegründet.
Maßgeblich für die Beurteilung des Hauptantrags ist im Ausgangspunkt das Bundespersonalvertretungsgesetz in der zum Zeitpunkt des Erlasses vom 8. Juli 2019 geltenden alten Fassung. Die Frage nach dem maßgeblichen Zeitpunkt zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage bestimmt sich grundsätzlich nach dem materiellen Recht. In einer Fallkonstellation, in der es zunächst darum geht, ob eine Maßnahme überhaupt ein Mitwirkungsrecht der Personalvertretung ausgelöst hat, ist auf das seinerzeit geltende Recht abzustellen. Denn diese Frage ist auf die Vergangenheit bezogen und daher nach dem damals geltenden Recht zu beurteilen (entsprechend BVerwG, Beschluss vom 3. Mai 2022 – 5 P 1.22 – juris Rn. 15 zum Mitbestimmungsverfahren).
Der Antragsteller ist in Anwendung der maßgeblichen Bestimmungen immerhin befugt, in Bezug auf den an das Bundespolizeipräsidium gerichteten Erlass der Beteiligten ein eigenes Beteiligungsrecht überprüfen zu lassen (Aktivlegitimation). Denn der antragstellende Bundespolizeihauptpersonalrat und nicht etwa der Hauptpersonalrat im Bundesministerium oder der beim Adressaten des Erlasses gebildete Bundespersonalbezirkspersonalrat wäre nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz zu beteiligen (vgl. ausführlich OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 9. Juli 2020 – OVG 62 PV 5.19 – juris Rn. 18).
Gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG a.F. (gleichlautend § 84 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG n.F.) wirkt der Personalrat mit bei der Vorbereitung von Verwaltungsanordnungen einer Dienststelle für die innerdienstlichen, sozialen und persönlichen Angelegenheiten der Beschäftigten ihres Geschäftsbereiches, wenn nicht nach § 118 BBG die Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften bei der Vorbereitung zu beteiligen sind. Eine Verwaltungsanordnung nach dieser Regelung muss auf Veränderung des bestehenden Zustands in Bezug auf Beschäftigungsverhältnisse oder Arbeitsbedingungen gerichtet sein. Dies kommt im Gesetzeswortlaut in der Formulierung "für die" innerdienstlichen, sozialen und persönlichen Angelegenheiten der Beschäftigten zum Ausdruck. Dadurch wird die Mitwirkung auf Anordnungen beschränkt, deren vorrangiger Zweck es ist, Angelegenheiten aus den genannten Bereichen zu regeln. In der so zu verstehenden Gestaltungswirkung einer Verwaltungsanordnung ist das in früheren Entscheidungen angesprochene Erfordernis einer unmittelbaren Regelung der Belange der Beschäftigten der Sache nach aufgegangen (BVerwG, Beschluss vom 27. Februar 2020 – 5 P 1.19 – juris Rn. 13). Eine lediglich norminterpretierende Verwaltungsvorschrift ist, wie das Bundesverwaltungsgericht beschlossen hat, keine mitwirkungsbedürftige Verwaltungsanordnung (Beschlüsse vom 7. Februar 2012 – 6 P 26.10 – juris Rn. 19 und vom 11. Dezember 2012 – 6 P 2.12 – juris Rn. 13). Diese Beschlüsse betreffen auch den Fall, dass eine bisherige Verwaltungspraxis als gesetzes- oder tarifrechtswidrig beanstandet wird (vgl. Benecke, in: Richardi/Dörner/Weber, Personalvertretungsrecht, 5. Aufl. 2020, § 78 Rn. 4 unter Hinweis auf die davon abweichende frühere Rechtsprechung).
Nach diesen Maßstäben ist in dem Erlass vom 8. Juli 2019 keine mitwirkungsbedürftige Verwaltungsanordnung zu erkennen, sondern eine norminterpretierende Verwaltungsvorschrift. Denn die Beteiligte will keine Rechtslage gestaltend verändern, sondern die nach ihrer Ansicht geltende Rechtslage in der Verwaltungspraxis des Bundespolizeipräsidiums durchsetzen. Das zeigt bereits der einleitende Satz des Erlasses, wonach „eine rechtmäßige Arbeitszeitabrechnung in der Bundespolizei nicht festgestellt werden“ könne. Die Beanstandungen beruhen erklärtermaßen auf einer Überprüfung von Dienstbuchblättern und listen als rechtsfehlerhaft angesehene Praktiken der nachgeordneten Behörden auf. Wenn die Beteiligte die Beachtung ihrer Norminterpretation durch die nachgeordneten Behörden verlangt, trägt das dem hierarchischen Aufbau der öffentlichen Verwaltung Rechnung. Die diesen Stellen befohlene Norminterpretation bleibt Norminterpretation. Das Verhältnis zwischen der Leitung der obersten Dienststelle und Leitungen unterer Dienststellen geht den Antragsteller nichts an.
Für die Einordnung als norminterpretierende Verwaltungsvorschrift ist es unerheblich, ob die Beteiligte die Rechtslage richtig oder – worauf die Ausführungen des Antragstellers hinauslaufen – rechtsirrig bewertet (vgl. zur Rechtslage das jüngst auf der Homepage des Bundesverwaltungsgerichts veröffentlichte Urteil vom 13. Oktober 2022 – 2 C 7.21 –). Denn der Ausschluss norminterpretierender Verwaltungsvorschriften bedeutet zugleich, dass § 78 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG a.F. keine Mitwirkung in der Frage des zutreffenden Normvollzugs einräumte (im Unterschied beispielsweise zur Mitbestimmung bei der Eingruppierung; vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Oktober 2021 – 5 P 3.20 – juris Rn. 13). Anderenfalls wäre die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, die Personalvertretung aus der Mitwirkung an norminterpretierenden Verwaltungsvorschriften zu nehmen, unverständlich. Denn über die richtige Auslegung von Gesetzen lässt sich regelmäßig streiten. Die fehlende Mitwirkung hat zur Folge, dass die Personalvertretung allenfalls unter einem anderen Gesetzestatbestand zur Beteiligung berufen sein könnte, es ansonsten nur den betroffenen Beamten möglich ist, die Rechtmäßigkeit der Normanwendung im Einzelfall verwaltungsgerichtlich klären zu lassen.
Für die Einordnung als norminterpretierende Verwaltungsvorschrift wäre auch eine anderslautende Dienstvereinbarung unerheblich. Auf eine solche hat sich der Antragsteller in der mündlichen Anhörung durch den Senat bezogen. Zwingende Gesetzesbestimmungen setzen sich nach dem Grundsatz des Vorrangs des Gesetzes gegenüber einer Dienstvereinbarung durch (Berg, in: Altvater/Baden/Baunack u.a., BPersVG, 10. Aufl. 2019, § 73 Rn. 5a zum alten Recht und jetzt § 63 Abs. 1 BPersVG n.F.).
Für die Einordnung als norminterpretierende Verwaltungsvorschrift ist es des Weiteren unerheblich, ob die maßgebliche Rechtsnorm in § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AZV oder in der dortigen Nr. 2 zu sehen ist oder eine weitere geschriebene oder ungeschriebene Rechtsnorm in Rede steht. Der Erlass selbst zitiert Nr. 1 und Nr. 2 der genannten Vorschrift. Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht sich auf beide Nummern dieser Norm bezogen. Der Antragsteller lässt mit seiner Ansicht, das Verwaltungsgericht habe in Bezug auf Nr. 2 der Norm „etwas bewertet, was gar nicht Gegenstand des Verfahrens war“, außer Acht, dass der verwaltungsgerichtliche Beschluss von einer norminterpretierenden Verwaltungsvorschrift der Beteiligten ausgeht und insoweit ausdrücklich offenlässt, ob deren Rechtsverständnis zutrifft oder nicht.
Schließlich wird die Verwaltungsvorschrift vom 8. Juli 2019 nicht zur mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsanordnung durch das darin enthaltene Einverständnis, „wenn die Dienstbehörden ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine rückwirkende Korrektur der vorschriftswidrig erfolgten Zeitgutschriften erst ab Juli 2019 vornehmen.“ Die Beteiligte erklärt damit nicht den Verzicht auf nach ihrer Ansicht bestehende Rechte des Dienstherrn zugunsten der betroffenen Beamten, sondern ermöglicht es den Dienstbehörden, selbst über einen Verzicht zu entscheiden. Die Veränderung des bestehenden Zustands in Bezug auf Beschäftigungsverhältnisse tritt folglich nicht mit dem Erlass vom 8. Juli 2019 ein, sondern mit einer etwaigen Entscheidung der nachgeordneten Behörden. Die Beteiligte räumt ihnen eine Option ein. Sie trifft nicht etwa eine rahmenrechtliche Teilregelung (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 11. Dezember 2012 – 6 P 2.12 – juris Rn. 14), die von den Dienstbehörden nur noch unter bestimmten Aspekten auszufüllen wäre. Vielmehr lässt die Beteiligte es mit der Fassung des Erlasses zu, dass die Dienstbehörden aufgrund eigenen Ermessens ohne jeglichen Verzicht eine Rückabwicklung vornehmen, soweit das Gesetz dem nicht entgegensteht.
2.) Hat der Antragsteller keinen Erfolg mit seinem Hauptantrag, ist auf den Hilfsantrag einzugehen. Der erstmals in der Beschwerdeinstanz gestellte Hilfsantrag ist als konkreter Feststellungsantrag zulässig. Es handelt sich um einen Fall der Antragsänderung (vgl. Gronimus, Das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren, 2017, § 87 ArbGG Rn. 58). Dieser Antrag wird von der inhaltlich weitgefassten Bevollmächtigung durch den Antragsteller abgedeckt, der nicht lediglich die Überprüfung seines Mitwirkungsrechts bei einer Verwaltungsanordnung beschloss, sondern uneingeschränkt seine „Beteiligungsrechte“ in Bezug auf den Erlass vom 8. Juli 2019 auf den Prüfstand gestellt wissen wollte. „Beteiligungsrechte“ sind Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte. Die Antragsänderung ist statthaft, wenn die übrigen Beteiligten ihr zustimmen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält (§§ 81 Abs. 3 Satz 1, 87 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 ArbGG). Die Beteiligte hat die Zulässigkeit des Hilfsantrags ausdrücklich bestritten, mithin der Antragsänderung nicht zugestimmt. Die Antragsänderung ist jedoch nach Ansicht des Senats sachdienlich. Der Begriff der Sachdienlichkeit wird weitgehend von Erwägungen der Prozessökonomie beherrscht. Deshalb ist eine Antragsänderung in der Regel sachdienlich, wenn sie der endgültigen Beilegung des sachlichen Streits zwischen den Beteiligten im laufenden Verfahren dient und der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. August 2022 – 6 A 9.20 – juris Rn. 29). Das ist hier der Fall; es ist zudem unschwer und ohne zeitliche Verzögerung möglich, auch in der zu demselben Erlass neu gestellten Frage eine Meinungsverschiedenheit zwischen dem Antragsteller und der Beteiligten zu klären.
Der Antragsteller hatte über den Erlass vom 8. Juli 2019 gemäß dem maßgeblichen § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG a.F. (gleichlautend § 80 Abs. 1 Nr. 21 BPersVG n.F.) nicht mitzubestimmen. Nach dieser Vorschrift bestimmt der Personalrat mit, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, über die Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Beschäftigten zu überwachen. Maßgeblich ist eine objektiv-finale Betrachtungsweise: Diejenigen technischen Einrichtungen unterliegen der Mitbestimmung des Personalrats, die nach ihrer Konstruktion oder konkreten Verwendungsweise eine Überwachung von Verhalten oder Leistung der Beschäftigten ermöglichen. Der Mitbestimmungstatbestand erstreckt sich auf solche technischen Einrichtungen, die zur Überwachung objektiv geeignet sind, ohne dass die Dienststellenleitung bei ihrer Einführung und Anwendung die Absicht hat, sie zu diesem Zweck einzusetzen (BVerwG, Beschluss vom 26. September 2006 – 6 PB 10.06 – juris Rn. 4; siehe auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 4. August 2021 – 62 PV 5/20 – juris Rn. 23 ff.).
Die Beteiligte berührte mit ihrem Erlass nicht diesen Mitbestimmungstatbestand. Sie traf keine Regelung zu Nutzung technischer Einrichtungen. Sie verlangte weder die Einführung einer technischen Einrichtung noch deren geänderte Anwendung. Das Arbeitszeitnachweissystem ePlan Bund wird im Erlass überhaupt nicht erwähnt, auch nicht die weiteren im Bereich der Bundespolizei verwendeten Nachweisverfahren. Der Erlass trifft gegenüber dem Bundespolizeipräsidium keine Anordnung, wie die Beachtung des Gesetzes zu erfolgen habe, ob das jeweils verwendete technische System des Arbeitszeitnachweises verändert werden müsse oder eine händische Korrektur ausreiche und wer eine Änderung auf welcher Ebene vorzunehmen habe. Wird es den nachgeordneten Dienststellenleitungen überlassen, wie sie die Einhaltung des Gesetzes in der Auslegung der Beteiligten sicherstellen, dann wäre deren Entscheidung zur Änderung einer technischen Einrichtung, die dazu bestimmt ist, das Verhalten oder die Leistung der Beschäftigten zu überwachen, ggf. dem Bundespolizeibezirkspersonalrat oder dem örtlichen Personalrat zwecks Mitbestimmung vorzulegen. Der Antragsteller wäre nicht aktivlegitimiert.
Unabhängig davon erkennt der Senat nicht die Mitbestimmungsrelevanz der von der Beteiligten verlangten vorgegebenen inhaltlichen Deutung des Gesetzes. Der Antragsteller hat in der mündlichen Anhörung geäußert, die Einführung von ePlan Bund sei nach § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG a.F. mitbestimmt. Ist die Einführung einer technischen Einrichtung in der Mitbestimmung gewesen, kann die Personalvertretung nicht ohne Weiteres und jederzeit erneut die Mitbestimmung wegen der fortlaufenden Anwendung der Einrichtung verlangen. Aus der Aufzählung im Gesetz, wonach sowohl die Einführung als auch die Anwendung der näher bestimmten technischen Einrichtungen mitbestimmungspflichtig sind, ergibt sich stattdessen, dass nur eine wesentliche Änderung einer vorhandenen und mitbestimmten technischen Einrichtung unter dem Tatbestandsmerkmal der „Anwendung“ erneut die Mitbestimmung auslöst, etwa der Austausch eines Software-Programms durch ein anderes (vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschluss vom 14. Juni 2011 – 6 P 10.10 – juris Rn. 17, 18, 20). Werden lediglich einzelne Parameter geändert, beispielsweise eine neue regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 AZV) in ein vorhandenes Programm eingepflegt, handelt es sich um eine unwesentliche Änderung. Der Senat hält auch die Berechnungsmodalitäten „bei Abwesenheit vom Dienst“, hier die Frage, ob in diesem Fall die Ruhepausen einbezogen oder abgezogen werden, für unwesentlich. Die Verrechnung von Ruhepausen ist im Hinblick auf die ratio legis, eine Überwachung des Verhaltens oder der Leistung der Beschäftigten mittels technischer Einrichtungen überprüfen zu lassen, neutral. Rechenregeln sagen nichts über eine Person aus. Die Beteiligte hat in der mündlichen Anhörung dargelegt, dass sie die Berechnungsmodalitäten bei Abwesenheit vom Dienst anhand der in den Dienstbuchblättern bereits vor dem Erlass vom 8. Juli 2019 notierten Daten geprüft und als fehlerhaft erkannt habe. Die Dienstbuchblätter gehören zum Verfahren ePlan Bund. Wurde demnach die Abwesenheit vom Dienst schon früher im System erfasst, so ändert sich in der Trias aus 1.) geplantem und angeordneten Dienst, 2.) tatsächlich geleistetem Dienst und 3.) abgerechnetem Dienst lediglich die Zahl zu 3.
Unabhängig davon fehlt die Mitbestimmungsrelevanz, weil die „Abwesenheit vom Dienst“ angesichts der Mannigfaltigkeit von Abwesenheitsgründen (Erholungsurlaub, Sonderurlaub sowie Krankheit, Erkrankung des Kindes, Zeugenaussage vor Gericht, kurzfristige Abordnung bzw. Sonderaufgaben usw.) keine Rückschlüsse auf Verhalten oder Leistung der Beschäftigten erlaubt. Die Beteiligte hält es in dem Erlass vom 8. Juli 2019 nicht für geboten, die jeweiligen Gründe der Abwesenheit zu vermerken, sondern knüpft allein an die Abwesenheit die Notwendigkeit, Ruhepausen und Mehrarbeit herauszurechnen.
In den Buchstaben b), d) und e) des Erlasses vom 8. Juli 2019 haben personenbezogene Besonderheiten der einzelnen Beschäftigten überhaupt keine Bedeutung.
Unabhängig davon ist der Beteiligten darin zuzustimmen, dass die richtige Anwendung einer gesetzlichen Arbeitszeitbestimmung in einem vorhandenen elektronischen Arbeitszeiterfassungssystem nach dem Vorbehalt in § 75 Abs. 3 BPersVG a.F. der Mitbestimmung entzogen war.
C. Die Rechtsbeschwerde ist mangels eines Grunds (§ 108 Abs. 2 BPersVG mit § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG) nicht zuzulassen.