Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 10. Senat | Entscheidungsdatum | 06.03.2023 | |
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Aktenzeichen | OVG 10 N 33/22 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2023:0306.OVG10N33.22.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 124 Abs 2 Nr 1 VwGO, § 124 Abs 2 Nr 4 VwGO, § 27 Abs 1 BGleiG, § 11 Abs 1 BBG, § 29 Abs 1 BLV |
Die Anträge des Klägers und der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 18. Mai 2022 werden abgelehnt.
Die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
I.
Der Kläger, ein Regierungssekretär im Beamtenverhältnis auf Probe (Besoldungsgruppe A 6) im Dienst des Auswärtigen Amtes, begehrt die Festsetzung einer kürzeren Probezeit. Mit Bescheid vom 24. April 2020 setzte das Auswärtige Amt die Probezeit des Klägers unter Ablehnung der Anrechnung seiner Vortätigkeit im mittleren Dienst der Steuerverwaltung des Landes S... auf drei Jahre fest. Seinen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 2020 unter Verweis auf die besonders gelagerten Anforderungen des Auswärtigen Dienstes und ihre ständige Verwaltungspraxis zurück.
Auf die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht die Beklagte mit Urteil vom 18. Mai 2022 unter Aufhebung der genannten Bescheide dazu verpflichtet, über die Festsetzung der Probezeit des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Dabei hat es angenommen, dass die Festsetzung der Probezeit zwar formell rechtswidrig sei, weil die Gleichstellungsbeauftragte nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 BGleiG hätte beteiligt werden müssen, materiell jedoch keine Rechtsfehler, insbesondere keine Ermessensfehler aufweise.
Beide Beteiligte haben die Zulassung der Berufung beantragt.
II.
1. Der zulässige Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Die innerhalb der Begründungsfrist dargelegten Gründe, die den Prüfungsumfang für das Oberverwaltungsgericht bestimmen (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO), rechtfertigen nicht die Zulassung der Berufung. Die geltend gemachten Zulassungsgründe ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) sind nicht dargelegt.
a. Die Berufung ist nicht wegen Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) zuzulassen. Eine Divergenz ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn der Zulassungsantrag einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 12. April 2019 – OVG 10 N 54.17 – juris Rn. 27 m.w.N.).
Die Beklagte nimmt insoweit Bezug auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, dass die in § 27 Absatz 1 Nummer 1 BGleiG enthaltene Aufzählung personeller Angelegenheiten, bei denen die Dienststelle die Gleichstellungsbeauftragte zu beteiligen hat, nicht abschließend sei und meint, dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. September 2021 – BVerwG 2 A 3.20 – den divergenzfähigen Rechtssatz entnehmen zu können, dass die Aufzählung der personellen Maßnahmen in § 27 Abs. 1 Nr. 1 a) bis e) BGleiG nach ihrem Wortlaut als abschließend zu verstehen sei (juris Rn. 26). Unabhängig davon, ob dieses Vorbringen den formellen Anforderungen der Darlegung genügt, greift es in der Sache nicht durch.
In dem benannten Urteil, das die Beklagte nur selektiv zitiert, hat das Bundesverwaltungsgericht Folgendes ausgeführt (juris Rn. 25-28):
„c) Die Nichtbeteiligung der Gleichstellungsbeauftragten bei der Erstellung der Beurteilung über die Klägerin ist nicht zu beanstanden. … Gleichstellungsbeauftragte sind nach § 27 Abs. 1 BGleiG … nicht an der Erstellung einzelner Beurteilungen zu beteiligen.
Die Dienststelle beteiligt die Gleichstellungsbeauftragten frühzeitig, insbesondere bei bestimmten in § 27 Abs. 1 BGleiG aufgezählten personellen Angelegenheiten. Wegen der Verwendung des Wortes "insbesondere" ist die Aufzählung der Beteiligungsangelegenheiten in § 27 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 BGleiG zwar nicht abschließend (Kugele, BGleiG, Onlinekommentar Stand April 2021, § 27 Rn. 4; Hoffmann, in: Schütz/Maiwald, LBG NRW, Band 2, Stand Mai 2021, § 14 Rn. 4). Die Aufzählung der personellen Maßnahmen in § 27 Abs. 1 Nr. 1 a) bis e) BGleiG ist indes nach ihrem Wortlaut als abschließend zu verstehen. Unabhängig davon spricht das Gewicht einer solchen Beteiligung gegen die Annahme eines unbenannten Beteiligungsrechts. Die Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten an einzelnen Beurteilungen hätte ein so großes Gewicht, dass eine Nennung selbst in einer nicht abschließenden Auflistung zu erwarten gewesen wäre (vgl. so bereits OVG Saarlouis, Beschluss vom 9. Februar 1999 - 1 W 2-99 - NVwZ-RR 1999, 457; OVG Münster, Beschluss vom 22. August 2018 - 1 B 1024/18 - juris Rn. 23; vgl. ebenso zur Beteiligung nach dem SGleiG in Disziplinarverfahren: BVerwG, Urteil vom 4. März 2021 - 2 WD 11.20 - NVwZ-RR 2021, 807 Rn. 32).
Auch entstehungsgeschichtlich ist für die Annahme, dass der Bundesgesetzgeber die Gleichstellungsbeauftragte bei der Erstellung einzelner Beurteilungen hätte beteiligen wollen, nichts erkennbar. Das Gleichstellungsgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 4. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3234) führte § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BGleiG 2001 ein, der dem heutigen § 27 Abs. 1 Nr. 3 BGleiG 2015 entspricht. Die Vorschrift soll eine Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten bei der Abfassung von Beurteilungsrichtlinien sowie bei Besprechungen gewährleisten, die die einheitliche Anwendung dieser Richtlinien in der Dienststelle sicherstellen sollen. Anlässlich der Einführung dieses Beteiligungsrechts erweiterte der Gesetzgeber aber nicht die Auflistung von personellen Angelegenheiten in § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGleiG 2001 um die Erstellung von Beurteilungen, sondern hielt ausdrücklich fest, die Gleichstellungsbeauftragte sei allein bei der Abfassung von Beurteilungsrichtlinien sowie an Besprechungen, die deren einheitliche Anwendung sicherstellen sollen, zu beteiligen. Dabei darf die Gleichstellungsbeauftragte aber keinen Einfluss auf die den Beurteilerinnen und Beurteilern obliegende fachliche Bewertung der konkret zu Beurteilenden nehmen (BT-Drs. 14/5679, S. 30). § 27 Abs. 1 Nr. 3 BGleiG ist deshalb hinsichtlich der Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten bei Beurteilungen als abschließend zu verstehen (vgl. so bereits OVG Münster, Beschluss vom 22. August 2018 - 1 B 1024/18 - juris Rn. 23).
Sinn und Zweck der Gleichstellung werden dadurch weder vereitelt noch beeinträchtigt. Denn die Gleichstellungsbeauftragte ist nicht nur nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BGleiG 2001 und § 27 Abs. 1 Nr. 3 BGleiG 2015 an der Bildung und Durchsetzung der Beurteilungsrichtlinien beteiligt und hat diesbezüglich nach § 20 Abs. 2 Satz 2 BGleiG 2001 und § 32 Abs. 1 Satz 2 BGleiG 2015 ein Initiativrecht. Darüber hinaus ist sie nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 c) BGleiG 2015 bei der Vorbereitung und Entscheidung über den beruflichen Aufstieg von Beschäftigten zu beteiligen, sodass sie dann, wenn die Beurteilungen relevant werden, ohnehin beteiligt wird (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 9. Mai 2019 - 2 C 1.18 - BVerwGE 165, 305 Rn. 73 f.; OVG Münster, Beschluss vom 12. Juni 2015 - 6 B 287/15 - juris Rn. 6).“
Dieser Zusammenhang lässt erkennen, dass der abstrakte Rechtssatz, den das Bundesverwaltungsgericht aufgestellt hat, lediglich lautet, dass Gleichstellungsbeauftragte auf der Grundlage von § 27 Abs. 1 BGleiG nicht an der Erstellung von Einzelbeurteilungen zu beteiligen sind. Zu diesem Ergebnis kommt das Bundesverwaltungsgericht erst in der Gesamtschau mehrerer Umstände, nämlich des abschließenden Wortlauts der Aufzählung in § 27 Abs. 1 Nr. 1 a) bis e) BGleiG, der (negativen) historischen Regelungsintention des Gesetzgebers, die es aus dem Gewicht des potentiell unbenannten Beteiligungstatbestandes und der Spezialität des Beteiligungstatbestandes in § 27 Abs. 1 Nr. 3 BGleiG ableitet, sowie des Schutzzwecks des Beteiligungserfordernisses, den es anderweitig, durch § 27 Abs. 1 Nr. 1 c) BGleiG 2015, gewahrt erachtet. Angesichts dessen erweisen sich die einzelnen Umstände für sich genommen nicht als entscheidungstragend und lässt sich dem Urteil nicht der abstrakte Rechtssatz entnehmen, dass bereits der abschließende Wortlaut der Aufzählung in § 27 Abs. 1 Nr. 1 a) bis e) BGleiG eine Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragte nach § 27 Abs. 1 BGleiG in allen nicht aufgezählten personeller Angelegenheiten ausschließt.
Betrifft der abstrakte Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts mithin lediglich Fälle der Einzelbeurteilungserstellung, so weicht das auf eine Probezeitfestsetzung bezogene Urteil des Verwaltungsgerichts von diesem nicht ab.
b. Auch ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind mit den von der Beklagten angeführten und hier allein zu prüfenden Gründen nicht aufgezeigt. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung der angegriffenen Entscheidung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. Dezember 2010 - 1 BvR 2011/10 -, juris Rn. 17 m.w.N.) und nicht nur die Begründung, sondern auch die Richtigkeit des Ergebnisses der Entscheidung derartigen Zweifeln unterliegt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, juris Rn. 9). Das ist hier nicht der Fall, denn die Beklagte dringt mit ihrem allein erhobenen Einwand, dass eine Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten im Rahmen der Probezeitfestsetzung im Einzelfall ausscheide, weil der Katalog in § 27 Abs. 1 Nr. 1 a) bis e) BGleiG entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts abschließend zu verstehen sei, nicht durch.
Insoweit setzt sich die Beklagte schon nicht – wie es für die Darlegung ernstlicher Zweifel geboten wäre – mit der Begründung des Verwaltungsgerichts auseinander, dass der einleitende Wortlaut des § 27 Abs. 1 BGleiG nicht gegenständlich begrenzt sei („insbesondere“) und die Gesetzesbegründung von einer frühzeitigen Beteiligungspflicht nach § 27 BGleiG bei allen Angelegenheiten der Dienststelle ausgehe (BT-Drs. 18/3784 v. 20.1.2015, S. 104), mit welcher der Gesetzgeber eine möglichst weitreichende Unterstützung der Gleichstellungsbeauftragten bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach § 25 BGleiG intendiert habe. Insbesondere stellt die Beklagte die Argumentation des Verwaltungsgericht nicht bereits dadurch schlüssig in Frage, dass sie auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. September 2021 – BVerwG 2 A 3.20 – verweist. Denn – wie vorstehend ausgeführt – war der abschließende Wortlaut des Kataloges in § 27 Abs. 1 Nr. 1 a) bis e) BGleiG für sich genommen nicht der Grund, aus dem das Bundesverwaltungsgericht eine Beteiligungspflicht für die dort streitgegenständliche Einzelpersonalmaßnahme verneint hat.
Aber auch in der Sache dürfte der Einwand fehlgehen und nach dem Maßstab der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts viel für eine Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten im Rahmen der individuellen Probezeitfestsetzung sprechen. Einer Probezeitfestsetzung kommt im Vergleich zu einer Beurteilung ein wesentlich geringeres Gewicht für das Fortkommen des Beamten zu, so dass es sich für den Gesetzgeber nicht ebenso stark aufdrängen musste, diese im Katalog der Einzelpersonalmaßnahmen des § 27 Abs. 1 Nr. 1 BGleiG gesondert zu erwähnen, wenn er sie von der Beteiligungspflicht erfasst wissen wollte. Auch existiert insoweit, anders als im Verhältnis von Einzelbeurteilung und Beurteilungsrichtlinien, kein speziellerer Beteiligungstatbestand, der auf eine nur beschränkte Regelungsintention des Gesetzgebers schließen lassen könnte. Vor allem jedoch wird dem Schutzzweck des Beteiligungserfordernisses vorliegend nicht in anderer Form Genüge getan. Wie die Beklagte zutreffend ausführt, ist die Probezeitfestsetzung nicht Teil der das Probebeamtenverhältnis begründenden „Einstellung“ i.S.d. § 27 Abs. 1 Nr. 1 b) BGleiG. Anders als eine Einzelbeurteilung kann eine Probezeitfestsetzung zudem nicht inzident im Rahmen einer von dieser abhängenden ihrerseits beteiligungspflichtigen Maßnahme überprüft werden. Denn sowohl die Entlassung innerhalb der Probezeit (§ 34 Abs. 1 BBG, Fall des § 27 Abs. 1 Nr. 1 e) BGleiG) als auch die Lebenszeiternennung nach Ablauf der Probezeit (§ 11 Abs. 1 BBG, Fall der Einstellung i.S.d. § 27 Abs. 1 Nr. 1 b), vgl. v. Roetteken, BGleiG, Stand Juli 2022, § 27 Rn. 120) knüpfen allein an die formelle Wirksamkeit und nicht an die materielle Rechtmäßigkeit der Probezeitfestsetzung an. Diese stellt einen das beamtenrechtliche Grundverhältnis betreffenden Verwaltungsakt dar, der in einem gesonderten Rechtsmittelverfahren überprüft werden muss und andernfalls in Bestandskraft erwächst. Angesichts dessen spricht viel dafür, dass der gesetzgeberischen Intention des § 27 Abs. 1 BGleiG, die Gleichstellungsbeauftragte frühzeitig in alle Angelegenheiten der Dienststelle einzubinden, im vorliegenden Fall durch deren Beteiligung bei der individuellen Probezeitfestsetzung Rechnung zu tragen ist.
2. Auch der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
Der fristgemäß erhobene und begründete Antrag ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist der Kläger unbeachtet des stattgebenden Tenors der erstinstanzlichen Entscheidung beschwert, da die Neubescheidung, zu der die Beklagte verpflichtet worden ist, unter Beachtung der Rechtauffassung des Verwaltungsgerichts zu erfolgen hat, der zufolge die Probezeitfestsetzung lediglich formell rechtswidrig und nicht, wie vom Kläger beanstandet, ermessensfehlerhaft ist.
Der allein auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Zulassungsantrag ist jedoch unbegründet. Die innerhalb der Begründungsfrist dargelegten Gründe, die den Prüfungsumfang für das Oberverwaltungsgericht bestimmen (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO), rechtfertigen nicht die Zulassung der Berufung. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Festsetzung der Probezeit keine weiteren Rechtsfehler, insbesondere keine Ermessensfehler erkennen lasse. Die hiergegen erhobenen Einwendungen greifen nicht durch.
Soweit der Kläger eingangs sein erstinstanzliches Vorbringen aus den Schriftsätzen vom 5. Mai 2021 („Die Beklagte hat … nicht mehr bedarf“) und vom 17. November 2021 („Sicherlich mag … des eingeräumten Ermessens“) im Wortlaut wiederholt, genügt dies bereits in formeller Hinsicht nicht der Darlegungsanforderung, der tatsächlichen oder rechtlichen Würdigung des Verwaltungsgerichts Gegenargumente gegenüberzustellen.
Das Verwaltungsgericht hat einen Ermessensausfall unter Verweis auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid mit der Begründung verneint, soweit die Beklagte dort Tätigkeiten in anderen Behörden grundsätzlich für nicht vergleichbar mit der Sonderlaufbahn des Auswärtigen Dienstes erachtet habe, stelle dies lediglich einen tatsächlichen Befund dar, der einzelfallbezogen begründet worden sei. Dagegen wendet sich der Zulassungsantrag des Klägers nicht.
Das Verwaltungsgericht hat weiter ausgeführt, in Übereinstimmung mit § 11 Abs. 1 Satz 4 BBG eröffne § 29 Abs. 1 BLV der Dienststelle im Fall einer nach Art und Schwierigkeit der dem Amt der betreffenden Laufbahn entsprechenden Vortätigkeit kein intendiertes und deshalb nur in atypischen Fällen mit besonderer Begründung zu verneinendes, sondern ein freies Anrechnungsermessen. Zweck der Anrechnungsregelung sei es, dem Dienstherrn eine den Umständen des Einzelfalls flexibel Rechnung tragende Entscheidung zu ermöglichen, die ihrerseits dem Zweck der Probezeit Rechnung tragen müsse, die Bewährung des Beamten für alle Ämter seiner Laufbahn zu ermitteln. Der prognostische Charakter dieser Bewährungsentscheidung schlage auf die vorgelagerte Probezeitfestsetzung durch und stehe einer uneingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle derselben entgegen. Vor diesem Hintergrund erscheine es angemessen, dass die Beklagte die besonderen Anforderungen des Auswärtigen Dienstes und ihre diesbezügliche Verwaltungspraxis in die Ermessensentscheidung einfließen lasse. Unter Verweis auf die normativ festgelegten besonderen Pflichten von Beamten im Auswärtigen Dienst (§ 14 des Gesetzes über den Auswärtigen Dienst – GAD) und unter Berücksichtigung von Art und Inhalt der bisherigen Tätigkeit des Klägers als Landesfinanzbeamter sei die Beklagte zu dem nicht zu beanstandenden Ergebnis gelangt, die Vortätigkeiten nicht anzurechnen, da eine kürzere Probezeit keine ausreichende Gewähr für die Bewährungsentscheidung biete. Dass der Kläger steuer- und sozialversicherungsrechtliche Kompetenzen besitze, die ausweislich der Beurteilung für den Zeitraum 1. Juli 2020 – 1. Juli 2021 für den konkreten Einsatz nützlich gewesen seien, habe die Beklagte weder unberücksichtigt gelassen noch fehlerhaft gewichtet, vielmehr habe sie im Widerspruchsbescheid ermessensfehlerfrei darauf abgestellt, das eine partielle Nützlichkeit keine vorzeitige Entscheidung über seine Bewährung erlaube, weil hierfür weitere Faktoren zu berücksichtigen seien.
Die dem entgegengestellte Annahme des Klägers, ein intendiertes Ermessen müsse grundsätzlich zu einer Vollanrechnung nach Art und Schwierigkeit entsprechender Vortätigkeiten führen, sodass auch ein freies Ermessen nicht zu deren vollständiger Nichtanrechnung führen könne, geht fehl. Wortlaut und Systematik des § 29 Abs. 1 BLV lassen erkennen, dass es sich bei der nach Art und Schwierigkeit mindestens dem Laufbahnamt entsprechenden Tätigkeit um eine bloße Tatbestandsvoraussetzung handelt, die den Weg für eine Ermessenausübung des Dienstherrn überhaupt erst eröffnet, sich darin aber auch erschöpft. Sie hindert daher auch nicht eine vollständige Nichtanrechnung in Fällen, in denen der Dienstherr mit sachgerechten Erwägungen prognostiziert, dass sich eine Bewährung erst nach vollständiger Probezeit feststellen lässt.
Einen Beleg für seine Annahme, der Gesetzgeber habe es nicht nur für möglich erachtet, sondern sei davon ausgegangen, dass es bei einer vergleichbaren Vortätigkeit der vollen Probezeit nicht bedürfe, bleibt der Kläger schuldig. Die von ihm vermisste Begründung dafür, warum eine Nichtanrechnung ungeachtet der von § 29 Abs. 1 BLV vorausgesetzten Entsprechung beider Tätigkeiten sachgerecht sein kann, liegt darin, dass für dieses Tatbestandsmerkmal lediglich auf eine grobe und partielle Ähnlichkeit, nicht aber auf eine detaillierte und umfassende Vergleichbarkeit abzustellen ist. Andernfalls würde für die Anrechnungsregelung kaum ein Anwendungsbereich verbleiben. Dementsprechend ist es denkbar, dass einem Probebeamten trotz „entsprechender“ Vortätigkeit noch wesentliche Kompetenzen der neuen Laufbahn fehlen, deren Erwerb bzw. Feststellbarkeit nach sachgerechter Prognose des Dienstherrn die volle Probezeit in Anspruch nimmt.
Soweit der Kläger sich gegen die Annahme wendet, der mittlere Auswärtige Dienst weise ein grundsätzlich höheres Anforderungsprofil auf, verkennt er, dass das Verwaltungsgericht nicht auf den erhöhten Schwierigkeitsgrad, sondern vielmehr auf die inhaltliche Besonderheit der Anforderungen dieses Dienstes abgestellt hat, die sich beispielsweise im Rotationsprinzip, Auslandseinsätzen, unregelmäßigen Arbeitszeiten und der Repräsentationsfunktion manifestiere. Der Kläger stellt zu Recht nicht in Abrede, dass sich diese Anforderungen von denen seiner vorausgehenden Tätigkeit in einem s... Finanzamt unterscheiden.
Schließlich dringt der Kläger nicht damit durch, dass dem Dienstherrn im Fall vollständiger Nichtanrechnung seiner Vortätigkeit eine sachwidrige zusätzliche Erkenntnismöglichkeit im Vergleich zu Probebeamten ohne Vortätigkeit erwachse, welcher dieser angesichts der bereits aus der Vortätigkeit resultierenden Erkenntnisse über seine Befähigung nicht bedürfe. Dieser Einwand verkennt, dass die Feststellung der Bewährung eines Probebeamten sich auf verschiedene Kompetenzen erstreckt, die nicht zwangsläufig innerhalb derselben Zeitspanne zu erwerben bzw. festzustellen sind. Angesichts dessen ist es unvermeidbar, dass der Dienstherr, indem er in sachgerechter Weise abwartet, bis sich eine erst nach gewisser Zeit erkennbare Fähigkeit manifestiert, bezüglich anderer, schneller zu erwerbender oder bereits mit der Vortätigkeit unter Beweis gestellter Fähigkeiten eine Beurteilungsgrundlage erlangt, die über das insoweit zur Bewährungsfeststellung Erforderliche hinausgeht. Beispielsweise liegt es im vorliegenden Fall nahe, dass die aus der Vortätigkeit des Klägers resultierende Rechtskenntnis und Vertrautheit mit Verwaltungsabläufen verhältnismäßig schnell zu Tage tritt und sich in Bezug auf die neu hinzugekommenen Repräsentationsaufgaben ein stetiger Fähigkeitenzuwachs feststellen lässt, wohingegen die Anforderung, sich regelmäßig aufs Neue auf die Lebenswirklichkeit anderer Länder einzulassen, sich in unterschiedliche Arbeitsumfelder einzufügen und bisherige soziale Bindungen aufzugeben, erst im Nachgang wiederholter Rotationen beurteilt werden kann.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG, sie folgt der erstinstanzlichen Festsetzung.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).