Gericht | VG Potsdam 3. Kammer | Entscheidungsdatum | 02.03.2023 | |
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Aktenzeichen | 3 L 10/23 | ECLI | ECLI:DE:VGPOTSD:2023:0302.3L10.23.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 80 Abs 5 VwGO, § 4 Abs 1 WaffG, § 41 Abs 1 WaffG, § 41 Abs 2 WaffG, § 45 Abs 2 WaffG, § 5 Abs 1 Nr 3 WaffG |
1. Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Streitwert wird auf 5.750 Euro festgesetzt.
1. Der sinngemäße Antrag des Antragstellers,
die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 5. Januar 2023 gegen Ziffer 1 des Bescheids des Antragsgegners vom 22. Dezember 2023 anzuordnen und hinsichtlich Ziffer 2 bis 4 wiederherzustellen,
hat keinen Erfolg. Er ist überwiegend zulässig, aber unbegründet.
Der auf § 80 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) gestützte Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung des erhobenen Widerspruchs ist hinsichtlich der Ziffern 1 bis 3 zulässig, insbesondere statthaft. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Widerruf der Waffenbesitzkarten in Ziffer 1 des Bescheids entfällt gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 45 Abs. 5 Waffengesetz (WaffG) kraft Gesetzes, bezüglich der Regelungen in Ziffer 2 und 3 hat der Antragsgegner die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 VwGO angeordnet. Hinsichtlich Ziffer 4 ist der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz indes unstatthaft und demnach unzulässig, weil bereits der erhobene Widerspruch den vom Antragsteller begehrten Suspensiveffekt entfaltet (vgl. § 80 Abs. 1 VwGO).
Soweit der Antrag zulässig ist, ist er unbegründet.
a) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung hinsichtlich der Regelungen in Ziffer 2 und 3 genügt dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Sie lässt nachvollziehbar die Erwägungen erkennen, die den Antragsgegner zur Anordnung der sofortigen Vollziehung bewogen haben. Er kann sich auf die den Verwaltungsakt selbst tragenden Erwägungen stützen und darauf Bezug nehmen, wenn – wie es im Waffenrecht unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr der Fall sein kann – die den Erlass des Verwaltungsaktes rechtfertigenden Gründe zugleich die Dringlichkeit der Vollziehung ergeben (OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. März 2002 – 11 MB 102/02 – juris Rn. 17 f.; Schoch, in: ders./Schneider, VwGO, Stand: August 2022, § 80 Rn. 209 f.; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Juni 2008 – OVG 2 S 34.08 –, juris Rn. 4).
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs im Falle der gesetzlich angeordneten Vollziehung anordnen und im Falle der behördlich angeordneten sofortigen Vollziehung wiederherstellen. Bei der Abwägung aufgrund summarischer Erfolgsprüfung kommt dabei der Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts besondere Bedeutung zu (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Oktober 2014 – 7 VR 4.13 –, juris Rn. 10).
Der Widerspruch des Antragstellers wird aller Voraussicht nach ohne Erfolg bleiben, weil sich der angefochtene Bescheid des Antragsgegners nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes notwendigen aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als rechtmäßig darstellt.
b) Rechtsgrundlage für den Widerruf der Waffenbesitzkarten in Ziffer 1 ist § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Danach ist eine waffenrechtliche Erlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. So liegt der Fall hier.
aa) Eine Erlaubnis setzt nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 WaffG unter anderem voraus, dass der Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit im Sinne des § 5 WaffG besitzt. Daran fehlt es vorliegend.
Die Beurteilung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit erfordert von der Behörde regelmäßig eine Prognoseentscheidung, die gerichtlich uneingeschränkt überprüfbar ist. Bei der auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen zu erstellenden Prognose ist der allgemeine ordnungsrechtliche Zweck des Gesetzes zu berücksichtigen, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren (§ 1 Abs. 1 WaffG), nämlich zum Schutz der Allgemeinheit diese vor den schweren Folgen eines nicht ordnungsgemäßen Umgangs mit Waffen zu schützen. Es wird nicht der Nachweis verlangt, dass der Betroffene den waffenrechtlichen Anforderungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht genügen wird. Es reicht eine hinreichende Wahrscheinlichkeit aus, wobei ein Restrisiko nicht hingenommen werden muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2015 – 6 C 1.14 –, juris Rn. 17; Beschluss vom 2. November 1994 – 1 B 215.93 –, juris Rn. 10).
Unter Zugrundelegung dieser gesetzlichen Anforderungen ist die Einschätzung des Antragsgegners, der Antragsteller sei waffenrechtlich unzuverlässig, nach summarischer Prüfung gerechtfertigt.
(1) Zwar liegen keine Tatsachen vor, die die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller Bestrebungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung einzeln verfolgt bzw. in den letzten fünf Jahren verfolgt hat, vgl. § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a) WaffG. Eine Nähe zu „bekannten aktiven Rechtsextremisten“ und das Innehaben einer „nationalsozialistischen und völkischen Ideologie“, auf die der Antragsgegner die Unzuverlässigkeit des Antragstellers unter anderem stützt (vgl. S. 5 d. angefochtenen Bescheids), genügen zur Bejahung verfassungsfeindlicher Bestrebungen (allein) nicht (vgl. hierzu Beschluss der Kammer vom 17. Oktober 2022 – VG 3 L 627/22 –, juris Rn. 19 m.w.N.).
(2) Die verfügbaren Erkenntnisse begründen aber eine Unzuverlässigkeit des Antragstellers nach der vom Antragsgegner gleichfalls herangezogenen Vorschrift des § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c) WaffG. Danach besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie in den letzten fünf Jahren eine Vereinigung unterstützt haben, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet sind.
(a) Bei den Jungen Nationalisten (JN), die der Antragsteller nach Einschätzung des Antragsgegners unterstützt, handelt es sich um eine Vereinigung, deren Bestrebungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet ist. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c) Bundesverfassungsschutzgesetz (BVerfSchG), der zur Bestimmung des wesensgleichen, aber im Waffengesetz nicht definierten Begriffs der verfassungsmäßigen Ordnung herangezogen werden kann, sind Bestrebungen dann verfassungsfeindlich, wenn sie darauf gerichtet sind, Verfassungsgrundsätze im Sinne des § 4 Abs. 2 BVerfSchG zu beseitigen oder außer Gang zu setzen.
Die Bestrebungen der JN sind auf die Beseitigung von Verfassungsgrundsätzen gerichtet. Die JN ist die Jugendorganisation der NPD und laut Satzung der NPD „integraler Bestandteil“ der Gesamtpartei (Verfassungsschutzbericht des Bundes 2020, S. 103). Die NPD wird vom Bundesverfassungsgericht (vgl. Urteil vom 17. Januar 2017 – 2 BvR 1/13 –) und den Verfassungsschutzbehörden als verfassungsfeindliche Partei eingestuft. Laut Verfassungsschutzbericht des Bundes 2021 (S. 92) weist die NPD das ideologische Kernelement der Vorstellung einer ethnisch homogenen „Volksgemeinschaft“ auf. Daraus folge die Ablehnung von Menschen, die die Partei als fremd wahrnehme. Auch antisemitische Positionen seien in der Ideologie der NPD tief verwurzelt und gingen nicht selten mit der positiven Bezugnahme auf den Nationalsozialismus sowie geschichtsrevisionistischen Standpunkten einher. Die NPD agitiere außerdem gegen die bestehende politische Ordnung und strebe offen einen fundamentalen „Systemwechsel“ in Deutschland an. Ähnlich hat das Bundesverfassungsgericht in der oben genannten Entscheidung ausgeführt, die NPD verfolge ein auf die Beseitigung der bestehenden freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtetes politisches Konzept und wolle die bestehende Verfassungsordnung durch einen an der ethnisch definierten ‚Volksgemeinschaft‘ ausgerichteten autoritären Nationalstaat ersetzen (ebd., Rn. 844). Die Einschätzung des Gerichts fußt dabei auch auf Aussagen und sonstigen Betätigungen der JN. Da letztere Bestandteil der NPD ist, gelten die vorstehenden Ausführungen gleichsam für die JN. So heißt es denn auch im Verfassungsschutzbericht des Landes Brandenburg 2021 (vgl. S. 58), dass die JN auf die Beseitigung der freiheitlich demokratischen Grundordnung abziele.
(b) Der Antragsgegner knüpft seine Annahme, der Antragsteller unterstütze die JN, an die unwidersprochene Erkenntnis, dass dieser am 18. Juli 2020 und 30. Juli 2022 an Fußballturnieren der JN teilnahm und (zumindest bei letzterem Turnier) ein Trikot der Vereinigung trug. Hierbei handelt es sich um Tatsachen innerhalb des Bezugszeitraums der letzten fünf Jahre, die den Schluss zulassen, der Antragsteller habe eine Vereinigung, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet ist, im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c) WaffG unterstützt.
Ob das in Rede stehende Verhalten als ein Unterstützen im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c) WaffG oder nur als eine unterhalb dieser Schwelle liegende Betätigung einzustufen ist, ist danach zu beurteilen, inwieweit die Vereinigung durch die konkrete Betätigung in ihrer Existenz gesichert wird (so zu § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG a.F. OVG Bautzen, Urteil vom 16. März 2018 – 3 A 556/17 –, juris Rn. 51). Existenzsichernd für die Vereinigung wirken regelmäßig alle Aktivitäten, die Außenwirkung entfalten, bei denen der Betroffene also in der Öffentlichkeit zu erkennen gibt, dass er sich mit den verfassungsfeindlichen Bestrebungen der Vereinigung identifiziert. Auch bei niederschwelligen Aktivitäten kommt es darauf an, ob der Betroffene nach außen hin zum Ausdruck bringt, dass er hinter den Zielen der Vereinigung steht (OVG Bautzen, Urteil vom 16. März 2018 – 3 A 556/17 – juris Rn. 52; dort auch zu den verschiedenen Fallgruppen einer Unterstützung; bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 19. Juni 2019 – 6 C 9.18 –, juris Rn. 29). Dies kann beispielsweise bei einer Person der Fall sein, die wiederholt an Veranstaltungen der Vereinigung teilnimmt (OVG Bautzen, a.a.O.). Soweit die Veranstaltungen der Öffentlichkeit zugänglich sind, sind sie dazu geeignet, öffentliche Aufmerksamkeit zu generieren, den Geltungsanspruch der Gruppierung zu unterstreichen und dadurch auch ihr Aktions- und Rekrutierungspotenzial zu stärken. Dies gilt auch dann, wenn Veranstaltungen zur Festigung der inneren Strukturen beitragen bzw. dem persönlichen Zusammenhalt von Mitgliedern und Sympathisanten dienen (vgl. VG Schwerin, Urteil vom 5. Mai 2022 – 3 A 209/18 SN –, juris Rn. 35 m.w.N.).
Hiervon ausgehend ist der Tatbestand des Unterstützens im Fall des Antragstellers nach Aktenlage verwirklicht.
Nach dem im Verwaltungsvorgang enthaltenen Schreiben der Polizeidirektion West vom 4. Mai 2021 liegen Erkenntnisse des kriminalpolizeilichen Staatsschutzes dahingehend vor, dass der Antragsteller zu einer Gruppe von 40 bis 50 Personen gehöre, die am 18. Juli 2020 konspirativ ein nicht angemeldetes rechtsextremistisches Fußballturnier mit fünf bis sechs Mannschaften durchgeführt habe. In dem Bescheid heißt es hierzu auf Seite 3, es habe sich um ein Fußballturnier der JN gehandelt, wobei der Antragsteller als Mannschaftsmitglied der JN Teltow Fläming angetreten sei.
Ferner soll der Antragsteller ausweislich eines internen Schreibens („Ergänzung zur Erkenntnismitteilung vom 22.7.2022“) des Polizeipräsidiums vom 4. August 2022 als einer von ca. 60 Personen aus der rechten Szene auch an dem Fußballturnier der JN am 30. Juli 2022 teilgenommen haben. Der Antragsteller sei für die Mannschaft der JN Brandenburg angetreten und hierbei mit einem weinroten T-Shirt mit dem Aufdruck „Freiheit und Zukunft“ und dem Organisationslogo der JN bekleidet gewesen.
Der Antragsteller hat die Teilnahme an den Fußballturnieren und das Tragen des Trikots der JN nicht in Abrede gestellt.
(c) Durch die Teilnahme an den Turnieren der JN hat der Antragsteller diese im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c) WaffG unterstützt. Er hat hierdurch nach außen zu erkennen gegeben, dass er sich mit den gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichteten Bestrebungen der JN identifiziert und dafür einsetzen möchte. Zwar soll es sich bei den Fußballturnieren ausweislich der Angaben des Antragsgegners um konspirative, nicht angemeldete Treffen gehandelt haben, wobei die Teilnehmenden am 18. Juli 2020 hierzu sogar auf das Gelände eines Tennisvereins eingebrochen seien. Allerdings verweist der Antragsgegner zugleich drauf, dass derartige Veranstaltungen der Vernetzung der rechten Szene dienen und die anschließende Veröffentlichung in sozialen Netzwerken oder sonstigen Szenepublikationen auch der Rekrutierung neuer Mitglieder diene (vgl. das Schreiben vom 4. Mai 2021).
Dies deckt sich mit den zur JN vorliegenden Erkenntnissen der Verfassungsschutzbehörde des Landes Brandenburg. Ausweislich der Verfassungsschutzberichte 2020 (S. 59) und 2021 (S. 56 f.) befindet sich die JN auf Bundesebene und im Land Brandenburg in einer Krise und hat sich zum Ziel gesetzt, an Schlagkraft zu gewinnen. So seien die JN in Brandenburg um Wahrnehmung bemüht und setzten hierfür primär auf sportliche Events (Verfassungsschutzbericht 2021, S. 57). Die Vereinigung versuche mittels Sport als szenestärkendes und -bindendes Element eine Vielzahl überregional angereister Rechtsextremisten für die gemeinsamen Ziele zu begeistern (ebd.).
Im Jahr 2020 sei einziger Höhepunkt der brandenburgischen JN ein im Juli ausgerichtetes „nationales Fußballturnier“ gewesen (Verfassungsschutzbericht 2020, S. 60), wobei die Kammer annimmt, dass es sich um das hier in Rede stehende Fußballturnier handelt.
Beiträge in sozialen Medien (z.B. auf Twitter) und auf der Homepage der Vereinigung belegen, dass die JN das jährliche Fußballturnier selbst als ein Ereignis einstuft, das zur Festigung der inneren Strukturen beiträgt und dem persönlichen Zusammenhalt von Mitgliedern und anderen Szeneanhängern dient. So werden in einem auf ihrer Homepage veröffentlichten Bericht vom 2. August 2022 „die langen Stunden des Beisammenseins sowie des Auf- und Abbaus und der Gespräche“ anlässlich des Fußballturniers am 30. Juli 2022 als „Grundsteine für ein Fundament“ beschrieben, „auf dem unsere Gemeinschaft wächst und konstant größer wird.“ Zugleich habe das Turnier „die Möglichkeit geboten, neue Kontakte zwischen jungen Aktivisten aus dem Brandenburger Umland zu knüpfen“ (https://aktion-widerstand.de/deutschland/jn-fussballturnier-in-suedbrandenburg/, abgerufen am 27. Februar 2023). Die Berichterstattung ist geeignet, öffentliche Aufmerksamkeit zu generieren und den Geltungsanspruch der Vereinigung zu unterstreichen.
Die vorstehenden Erkenntnisse verdeutlichen, dass die von der JN organisierten sportlichen Veranstaltungen, insbesondere das jährliche Fußballturnier, den Zusammenhalt der Vereinigung stärken sollen und ihr Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit maßgeblich bestimmt. Einer Vereinigung kommt umso mehr Gewicht in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit zu, desto mehr Personen an der Veranstaltung teilnehmen. Nach alledem diente die Teilnahme des Antragstellers an den – so jedenfalls für 2022 als Höhepunkt bezeichneten – Fußballturnieren der JN in den Jahren 2020 und 2022 der Existenzsicherung der Vereinigung. Der Antragsteller hat hierdurch nach außen hin zu erkennen gegeben, dass er hinter den Zielen der JN steht. Indem er zumindest bei dem 2022 durchgeführten Fußballturnier das Trikot der JN trug, hat er ein besonderes Näheverhältnis zu ihr zum Ausdruck gebracht.
Die Einstufung seiner Betätigung als Unterstützungshandlung steht auch im Lichte dessen, dass nach dem Willen des Gesetzgebers mit Inkrafttreten der zum 20. Februar 2020 gültigen Fassung des Waffengesetzes nunmehr die bloße Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen, nicht verbotenen Vereinigung die Annahme der Unzuverlässigkeit trägt (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Inneres zu dem Gesetzentwurf zur Änderung des Waffengesetzes, BT-Drs. 19/15875, S. 36), und damit möglicherweise sogar passives Engagement als Unterstützung gewertet werden kann (so VG Cottbus, Beschluss vom 28. Oktober 2021 – 3 L 306/21 –, juris Rn. 19).
Soweit der Antragsteller behauptet, es sei ihm allein auf das sportliche Element angekommen und nicht um Politik gegangen, das Tragen des Trikots der JN sei auf die einheitliche Bekleidung als Mannschaft zurückzuführen, erachtet die Kammer den Einwand als bloße Schutzbehauptung. In Anbetracht dessen, dass der Antragsteller zumindest in der Vergangenheit in der rechtsextremen Szene verwurzelt war – so soll er Mitglied der 2011 verbotenen rechtsextremistischen Vereinigung „Freie Kräfte Teltow-Fläming“ gewesen sein (vgl. das Schreiben des Antragsgegners vom 4. Mai 2021) und wohl auch der NPD angehört haben (vgl. https://www.maz-online.de/lokales/teltow-flaeming/baruther-stadtrat-cdu-nimmt-ex-npd-mann-nicht-auf-PXS3TWUYQYQTV6NG7GB7OVBY7I.html: „Ex-NPD-Mann“) –, erachtet die Kammer die Einlassungen des Antragsstellers als wenig glaubhaft. Der Umstand, dass er zu konspirativen Fußballturnieren der JN eingeladen wurde bzw. von diesen vorab Kenntnis hatte, lässt auch derzeit einen aktiven Kontakt in die Szene vermuten. Es ist anzunehmen, dass die Teilnahme zu den Turnieren der JN nur solchen Personen offenstehen dürfte, die mit den politischen Zielen der Gruppierung zumindest sympathisieren bzw. diesen aufgeschlossen gegenüberstehen.
bb) Es sind keine atypischen Umstände ersichtlich, die geeignet sind, die Regelvermutung des § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c) WaffG zu widerlegen. Insbesondere genügt waffenrechtlich beanstandungsfreies Verhalten in der Vergangenheit zur Widerlegung der Vermutung der Unzuverlässigkeit nicht (BVerwG, Urteil vom 19. Juni 2019 – 6 C 9/18 – juris Rn. 34). Es liegen keine durchgreifenden Anhalte dafür vor, dass der vom Gesetzgeber typisierend vorausgesetzte Zusammenhang zwischen dem von § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG erfassten Verhalten und dem Schutzzweck des Waffengesetzes im Fall des Antragstellers fehlt. Soweit er behauptet, sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung zu bekennen, und dies damit untermauert, seit 2019 als Vertreter im kommunalen Parlament zu sein, lässt dies die Regelvermutung nicht entfallen. Dies wäre nur bei einer unmissverständlichen Distanzierung des Antragstellers vom rechtsextremistischen Gedankengut der Fall (vgl. ebd., Rn. 36). Eine solche Distanzierung hat der Antragsteller angesichts der angenommenen und nach wie vor bestehenden Verbindungen in die rechtsextremistische Szene nicht vollbracht.
cc) Da der Antragsteller als unzuverlässig anzusehen ist, sind die waffenrechtlichen Erlaubnisse gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG zu widerrufen, ohne das ein behördliches Ermessen besteht.
c) Gegen die in Ziffer 2 des Bescheids des Antragsgegners angeordneten und auf § 46 Abs. 2 Satz 2 WaffG beruhenden Pflichten, die erlaubnispflichtigen Waffen und Munition unbrauchbar zu machen oder einem Berechtigten zu überlassen und dies durch Vorlage von Nachweisen zu belegen, bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Insbesondere sind die Maßnahmen verhältnismäßig. Es besteht auch ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung, weil die an den Widerruf anknüpfenden Folgeentscheidungen sicherstellen, dass der kraft Gesetzes sofort vollziehbare Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis tatsächlich umgesetzt wird.
d) Das in Ziffer 3 des Bescheids ausgesprochene Verbot des Besitzes und Erwerbs von Waffen ist sowohl in Bezug auf erlaubnisfreie, als auch in Bezug auf erlaubnispflichtige Waffen und Munition rechtmäßig.
aa) Rechtsgrundlage für das Verbot des Besitzes und Erwerbs erlaubnisfreier Waffen und Munition ist § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG. Danach kann der Erwerb und Besitz dann untersagt werden, wenn Tatsachen bekannt werden, welche die Annahme rechtfertigen, dass dem Betroffenen die für den Erwerb oder Besitz dieser Gegenstände erforderliche Zuverlässigkeit fehlt. Insoweit darf, auch soweit erlaubnisfreie Waffen oder Munition betroffen sind, auf die allgemeine Vorschrift des § 5 WaffG zurückgegriffen werden, denn sie konkretisiert den Begriff der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit für den gesamten Geltungsbereich des Waffengesetzes (statt vieler: VGH München, Beschluss vom 24. Januar 2019 – 21 CS 18.1579 –, juris Rn. 10; Beschluss vom 8. Januar 2019 – 21 CS 18.657 –, juris Rn. 15). Der Antragsteller verfügt nicht über die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c) WaffG.
bb) Das Verbot des Besitzes und Erwerbs erlaubnispflichtiger Waffen und Munition ist auf § 41 Abs. 2 WaffG gestützt. Danach kann die zuständige Behörde jemandem den Besitz von Waffen oder Munition, deren Erwerb der Erlaubnis bedarf, untersagen, soweit es zur Verhütung von Gefahren für die Sicherheit oder Kontrolle des Umgangs mit diesen Gegenständen geboten ist. Der Erwerb ist zwar nicht ausdrücklich in § 41 Abs. 2 WaffG genannt. Das Waffenbesitzverbot schließt aber das Verbot ein, die dort genannten Waffen und Munition zu erwerben (vgl. VGH Kassel, Urteil vom 12. Oktober 2017 – 4 A 626/17 –, juris Rn. 59).
Die Voraussetzungen von § 41 Abs. 2 WaffG liegen im Fall des Antragstellers vor. Anknüpfungspunkt für die Regelung in § 41 Abs. 2 WaffG ist eine Gefährlichkeit des Waffenbesitzers, wobei im Rahmen der auf Tatsachen gestützten Gefahrenprognose derselbe Maßstab anzulegen ist, der auch im Zuge eines Erwerbs- und Besitzverbotes nach § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WaffG zur Anwendung kommt. Das Verbot für erlaubnispflichtige Waffen und Munition nach § 41 Abs. 2 WaffG ist daher auch (schon dann) geboten, wenn der Betroffene mangels waffenrechtlicher Zuverlässigkeit im Sinne des § 5 WaffG bereits nicht die Voraussetzungen für die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis erfüllt (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. August 2012 – 6 C 30/11 –, juris Rn. 33 ff.; VGH München, Beschluss vom 8. Januar 2019 – 21 CS 18.657 –, juris Rn. 15; VGH Kassel, Urteil vom 12. Oktober 2017 – 4 A 626/17 –, juris Rn. 60). Das ist hier der Fall.
cc) Ermessensfehler sind nicht ersichtlich, § 114 Satz 1 VwGO. Der Antragsgegner hat erkannt, dass ihm gesetzlich ein Ermessen eingeräumt war. Er hat dieses Ermessen ausgeübt und mit zutreffenden Erwägungen dargelegt, dass das Waffenverbot sowohl für erlaubnisfreie als auch erlaubnispflichtige Waffen und Munition erforderlich und angemessen ist. Insbesondere hat er ausgeführt, dass zur Beseitigung der Gefahr, die von Waffen im (zukünftigen) Besitz des nicht zuverlässigen Antragstellers ausgehen, kein milderes Mittel zur Verfügung steht. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Waffenverbot mit dem sich aus der fehlenden waffenrechtlichen Zuverlässigkeit ergebenden Sicherheitsrisiko begründet worden ist. Der Geeignetheit und Erforderlichkeit eines Waffenverbots für erlaubnispflichtige Waffen und Munition steht nicht entgegen, dass für diese Waffen die Erteilung einer Erlaubnis grundsätzlich notwendig und dem Antragsteller zugleich die Erlaubnis widerrufen worden ist (zur Anwendbarkeit von § 41 Abs. 2 WaffG vgl. BVerwG, Urteil vom 22. August 2012 - 6 C 30.11 -, juris Rn. 20 und 28; OVG Koblenz, Beschluss vom 3. Dezember 2018 – 7 B 11152/18 –, juris Rn. 67 f.; strenger: OVG Bautzen, Beschluss vom 20. März 2015 – 3 A 268/14 –, juris Rn. 7). Denn das Waffenverbot umfasst auch die Ausnahmetatbestände von der Erlaubnispflicht wie die im Bescheid genannte Vorschrift des § 12 Abs. 1 Nr. 5 WaffG (vgl. Gade, a.a.O., § 41 Rn. 9, 9a) und geht damit über den Widerruf der Waffenbesitzkarten hinaus.
dd) Es liegt auch ein besonderes Vollzugsinteresse im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO hinsichtlich des auf Grundlage von § 41 WaffG verfügten Waffenverbots vor. Es besteht ein überwiegendes Interesse daran, Inhaber von waffenrechtlichen Erlaubnissen, die sich als unzuverlässig erwiesen haben, mit sofortiger Wirkung vom weiteren Umgang mit Waffen und Munition auszuschließen.
e) Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
2. Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 52 Abs. 1 GKG. In Anlehnung an Ziffer 50.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit sind für den Widerruf der Waffenbesitzkarten bei insgesamt drei in die Waffenbesitzkarten eingetragenen Waffen 6.500 Euro anzusetzen. Das Interesse des Antragstellers, vom Waffenverbot verschont zu bleiben, bewertet die Kammer in Höhe des gesetzlichen Auffangstreitwerts. Die Regelungen in Ziffer 2 und 4 des Bescheids wirken sich nicht streitwerterhöhend aus. Die Summe von 11.500 Euro ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren.