Gericht | OLG Brandenburg 10. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 07.03.2023 | |
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Aktenzeichen | 10 W 3/23 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2023:0307.10W3.23.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Auf die Beschwerde des Sachverständigen wird der Beschluss des Landgerichts Cottbus vom 28. Juni 2021, Az. 6 OH 13/09, unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde abgeändert:
Die dem Sachverständigen aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung wird auf 2.892,27 € festgesetzt.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
I.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 7. April 2010 die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens angeordnet (Bl. 63 LGA). Mit Beschluss vom 28. Mai 2010 hat es die Beweisfragen ergänzt (Bl. 91 LGA). Mit Beschluss vom 17. Juli 2012 hat es die Beweisfragen nochmal geändert bzw. ergänzt (Bl. 234 LGA).
Mit Beschluss vom 12. April 2013 hat das Landgericht (nachdem es ein Ablehnungsgesuch gegen den früheren Sachverständigen … für begründet erklärt und ihn von seinen Aufgaben entbunden hatte) den Beschwerdeführer zum Sachverständigen bestellt und ihm noch im April 2013 die Akte unter Verweis auf den Beweisbeschluss vom 7. April 2010 übersandt, wobei auch eine Abschrift des Beschlusses vom 17. Juli 2012 beigefügt war.
Mit Schriftsatz vom 30. April 2013 hat der Sachverständige die Zustimmung zu einem höheren Stundensatz beantragt, die die Parteien verweigert haben. Das Landgericht hat dem Sachverständigen mit Schreiben vom 4. August 2014 mitgeteilt, es verbleibe beim Stundensatz nach dem JVEG, weil keine Partei der beantragten Erhöhung zugestimmt habe. Der Sachverständige hat dann mit Schreiben vom 20. August 2014 gerichtliche Festsetzung des Stundensatzes auf 90 € beantragt und eine Fortsetzung der Gutachtenbearbeitung nach Entscheidung hierüber angekündigt.
In der Zwischenzeit hatte die Antragsgegnerin zu 4) in zwei Schreiben vom 22. April 2013 und vom 28. Mai 2013 Bedenken an der Sachkunde des Sachverständigen geäußert. Das Landgericht hatte diese Schreiben auch an den Sachverständigen übersandt und mit Schreiben vom 20. November 2013 (Bl. 346 LGA) der Antragsgegnerin zu 4) mitgeteilt, es halte an dem Sachverständigen fest. Am selben Tag fragte es beim Sachverständigen nach dem Sachstand. Dieser teilte mit Schreiben vom 27. November 2013 mit, dass seine Anträge hinsichtlich des Stundensatzes und der Kostenvorschuss noch nicht bearbeitet seien und deswegen die Gutachtenbearbeitung ruhe. Er beantrage hinsichtlich des Stundensatzes gerichtliche Festsetzung.
Den Stundensatz hat das Landgericht trotz mehrfacher Aufforderung nicht festgesetzt, aber dem Sachverständigen eine Frist zur Gutachtenerstellung bis zum 30. November 2014 gesetzt.
Der Sachverständige hat am 11. Dezember 2014 einen Ortstermin durchgeführt. Er hat mit Schreiben vom 17. Dezember 2014 (Bl. 414 LGA) das Landgericht darüber informiert und neben einzelnen Ausführungen zur beabsichtigten weiteren Vorgehensweise mitgeteilt, dass er die Durchführung eines weiteren Ortstermins in der wärmeren Jahreszeit beabsichtige. Er hat das Landgericht um Anleitung gebeten, ob so weiter verfahren werden solle. Gleichzeitig hat er dem Landgericht Rechnungen vom 17. Dezember 2014 (Bl. 439 LGA) und vom 7. Mai 2015 (Bl. 457 LGA) übersandt.
Mit Beschluss vom 12. Mai 2015 hat das Landgericht dem Sachverständigen eine Nachfrist zur Erstellung des Gutachtens gesetzt und angekündigt, ein Ordnungsgeld zu verhängen (Bl. 453 LGA). Der Sachverständige hat mit Schreiben vom 6. Mai 2015 Beschwerde wegen der Untätigkeit der Kammer hinsichtlich einer Entscheidung über seine Kosten eingelegt und am 19. Mai 2015 mitgeteilt, das Gericht habe ihn nicht angeleitet, wie er weiterarbeiten solle, er könne ein Gutachten nur als Zwischenergebnis erstellen, denn es würden wichtige technische Feststellungen zur Fassade fehlen, die in einem zweiten Ortstermin erhoben werden sollten. Gleichzeitig hat er sich erneut über die Untätigkeit der Kammer und die Fristsetzung beschwert. Mit Schreiben vom 11. Juni 2015 hat er mitgeteilt, er verweise auf sein vorheriges Schreiben und verstehe die Aufforderung des Gerichts so, das Gutachten zum Sachstand vom 11. Dezember 2014 (dem ersten Ortstermin) zu erstellen, andernfalls werde um Mitteilung bis 22. Juni 2015 gebeten. Die Kammer hat darauf hin den Sachverständigen darauf hingewiesen, er solle das Gutachten gemäß der Beschlüsse vom 2. April, 28. Mai 2010 und vom 17. Juli 2012 erstellen.
Mit Schreiben vom 23. Juni 2015 und mit Gutachten vom 26. Juni 2015 hat der Sachverständige mitgeteilt, dass die Beweisfragen aus dem Beschluss vom 17. Juli 2012 nicht in sein Fachgebiet fallen würden, der Beschluss vom 28. Mai 2010 betreffe nicht sein Arbeitsgebiet (Bl. 474 LGA).
Mit Schreiben vom 17. September 2015 hat er erneut gerichtliche Kostenfestsetzung unter Verweis auf weitere Gebührenrechnungen beantragt (Bl. 550 LGA).
Mit Beschluss vom 25. Februar 2016 hat das Landgericht ein Ordnungsgeld in Höhe von 300 € gegen den Sachverständigen verhängt (Bl. 583 LGA). Der Beschluss ist später vom Oberlandesgericht am 31. Januar 2018 (Az.: 11 W 20/17) aufgehoben worden (Bl. 647 LGA).
Mit Schreiben vom 4. Juni 2016 hat der Sachverständige um seine Entlassung gebeten, woraufhin mit Beschluss vom 22. August 2016 das Landgericht den Beschwerdeführer entlassen hat.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 8. Februar 2017 (Bl. 625 LGA) die Entschädigung des Sachverständigen auf Null festgesetzt und dies damit begründet, er habe das Gutachten gem. der Beschlüsse vom 7. April 2010, ergänzt durch Beschlüsse vom 28. Mai 2010 und 17. Juli 2012 trotz mehrfacher Fristsetzung, Androhung von Ordnungsgeldern und teilweiser Festsetzung von diesen nicht erstellt. Er habe lediglich ein Zwischengutachten erstellt, welches vom Gericht nicht gefordert gewesen sei und im Übrigen auch nicht verwertbar gewesen sei. Soweit er nach Erstellung des Zwischengutachtens darauf hingewiesen habe, dass die Fragen aus dem Beschluss nicht in sein Fachgebiet fallen würde, habe er gegen § 407a Abs. 1 ZPO verstoßen. Im Übrigen habe er trotz Aufforderung keine konkreten Gründe genannt oder ein ärztliches Attest zum Beleg dafür nachgereicht, dass sein Gesundheitszustand eine Gutachtenerstellung nicht ermöglichen würde.
Auf die Beschwerde des Sachverständigen hat das Oberlandesgericht den Beschluss mit Entscheidung vom 31. Januar 2018 (Az.: 11 W 22/17) aufgehoben (Bl. 660 LGA) und in der Begründung ausgeführt, dass auf die nicht fristgemäße Erstellung des Gutachtens die Festsetzung der Vergütung auf Null mangels Fristsetzung nicht gestützt werden könne, ebenso nicht auf die Gutachtenauftragsentziehung.
Mit Beschluss vom 28. Juni 2021 hat das Landgericht die Entschädigung in Kammerbesetzung erneut auf Null festgesetzt (Bl. 884 LGA). Eine Rechtsbehelfsbelehrung hat es nicht erteilt. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Sachverständige habe ein Gutachten trotz mehrfacher Fristsetzung, Androhung von Ordnungsgeldern, etc. nicht erstellt. Er habe lediglich ein Zwischengutachten erstellt, welches vom Gericht nicht gefordert und im Übrigen auch nicht verwertbar gewesen sei. Soweit er nach Erstellung des Zwischengutachtens darauf hingewiesen habe, dass die Fragen aus dem Beschluss nicht in sein Fachgebiet fallen würde, habe er gegen § 407a Abs. 1 ZPO verstoßen. Im Übrigen habe er trotz Aufforderung keine konkreten Gründe genannt oder ein ärztliches Attest nachgereicht, dass sein Gesundheitszustand eine Gutachtenerstellung nicht ermöglichen würde. Die mitgeteilten Gründe für eine Verzögerung würden die Nichterstattung des Gutachtens nicht entschuldigen. Der Sachverständige habe seinen Gutachtenauftrag nicht erfüllt, daran ändere auch das vom Gericht nicht verwertbare Zwischengutachten nichts. Dass er selbst darum gebeten habe, vom Gutachtenauftrag entpflichtet zu werden, ändere nichts daran, dass ihm der Auftrag entzogen worden sei unter Hinweis auf die beabsichtigte Festsetzung der Vergütung auf Null. Er sei als ö.b.u.v. Gutachter zur Gutachtenerstellung verpflichtet gewesen. Im Übrigen habe er die Gutachtenerstellung auch nicht von der Zusage einer über den Stundensätzen nach JVEG liegenden Vergütung abhängig machen dürfen.
Der Beschluss ist dem Sachverständigen am 9. Juli 2021 zugestellt worden (Bl. 951 LGA).
Der Sachverständige hat mit Schreiben vom 4. Juli 2022, eingegangen am selben Tag, Beschwerde beim Oberlandesgericht eingelegt (Bl. 1032 LGA). Er hat außerdem dem Landgericht Cottbus am selben Tag mitgeteilt, er habe Beschwerde beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingereicht (Bl. 1028 LGA). Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Die Beschwerde ist gem. § 4 Abs. 3 JVEG statthaft und auch sonst zulässig, insbesondere ist der erforderliche Beschwerdewert von 200 € erreicht. Die Beschwerde ist ohne Einhaltung einer Frist zulässig. Gründe, um ausnahmsweise von einer Verwirkung auszugehen, sind jedenfalls schon deswegen nicht ersichtlich, weil das Landgericht entgegen § 4c JVEG keine Rechtsbehelfsbelehrung erteilt hat und daher, wie etwa die Vorschrift der §§ 234 Abs. 3, 233 Satz 2 ZPO zeigt, der Zeitablauf von weniger als einem Jahr kein Vertrauen darauf begründet, der Beschwerdeführer werde nicht mehr tätig werden.
Die Beschwerde ist auch teilweise begründet.
Die Vergütung des Sachverständigen muss gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 JVEG festgesetzt werden, auch wenn das Landgericht den Antrag des Sachverständigen auf Vorabentscheidung über den Stundensatz nicht beschieden hat. Denn das gesamte Vorabentscheidungsverfahren wird unzulässig, sobald bezüglich des Anspruchs auf Vergütung Abrechnungsreife vorliegt und erst Recht, wenn der Sachverständige tatsächlich abrechnet. Die Abrechnungsreife tritt mit dem Eingang des Gutachtens beim Auftraggeber ein, § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 JVEG. Einer Vorabentscheidung fehlt ab diesem Zeitpunkt das Rechtsschutzbedürfnis, ein noch nicht rechtskräftig abgeschlossenes Vorabentscheidungsverfahren ist erledigt und wird nicht mehr weiterbetrieben (OLG Stuttgart, Beschluss vom 22. Juni 2005 - 4 Ws 115/05; OLG Düsseldorf Beschluss vom 4. Juli 2019 – 10 W 25/19, BeckRS 2019, 21796 Rn. 3, beck-online).
Die Vergütung des Beschwerdeführers ist auf 2.892,27 € festzusetzen.
Eine Festsetzung auf Null kann schon im Ausgangspunkt weder auf die nicht fristgemäße Erstellung des Gutachtens durch den Sachverständigen noch auf die Entziehung des Gutachtenauftrags gestützt werden, weil dies bereits durch den Beschluss des Beschwerdegerichts vom 31. Januar 2018 für das Landgericht bindend festgestellt worden ist. Grundsätzlich gilt auch im sofortigen Beschwerdeverfahren die Bindungswirkung des § 563 Abs. 2 ZPO entsprechend (§ 577 Abs. 4 Satz 4 ZPO), nichts anderes gilt aufgrund der vergleichbaren Interessenlage für das Verfahren der Beschwerde nach § 4 JVEG. Hebt das Beschwerdegericht einen mit der (sofortigen) Beschwerde angefochtenen Beschluss auf und verweist es die Sache zur erneuten Entscheidung an das Ausgangsgericht zurück, ist dieses an die vom Beschwerdegericht vertretene Rechtsansicht, welche der Aufhebung zugrunde lag, gebunden (§ 563 Abs. 2, § 577 Abs. 4 Satz 4 ZPO analog; vgl.: BGH Beschluss vom 22. November 2012 – VII ZB 42/11, BeckRS 2012, 25451 Rn. 18, beck-online). Auch das Beschwerdegericht ist grundsätzlich - außer bei hier nicht ersichtlichen Ausnahmen - bei erneuter Befassung an seine eigene Rechtsauffassung gebunden.
Ohne dass es wegen der Bindungswirkung darauf entscheidend ankommt, darf aber ohnehin selbst einem Sachverständigen, der infolge der Verweigerung eines Gutachtens entpflichtet wird, sein Vergütungsanspruch grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen des § 8a Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 JVEG - also nach erfolgloser Festsetzung von Ordnungsgeld – verweigert werden (OLG Stuttgart Beschluss vom 2. Mai 2019 – 8 W 103/19, BeckRS 2019, 8609 Rn. 10, beck-online). Ein Ordnungsgeld ist aber gerade nicht gegen den Sachverständigen verhängt worden, das Landgericht übersieht insoweit schon, dass sein dahingehender Beschluss vom Beschwerdegericht aufgehoben worden ist. Hinzu kommt, dass der Sachverständige zunächst die Erstattung des Gutachtens auch weder verweigert noch von einer besonderen Vergütung abhängig gemacht hatte, sondern lediglich die Zuordnung seiner Tätigkeit in eine Honorargruppe verlangt hat, worauf er nach § 9 Abs. 1 Satz 5 und 6 JVEG (in der bis zum 31. Dezember 2020 geltenden Fassung) einen Anspruch hatte.
Die Vergütung kann auch nicht mit der Begründung versagt werden, dass der Beschwerdeführer nicht rechtzeitig darauf hingewiesen hat, dass die Fragen aus dem Beschluss vom 17. Juli 2012 nicht sein Fachgebiet betreffen würden. Es liegt insoweit jedenfalls nicht das erforderliche Vertretenmüssen vor (vgl. insoweit den seit dem 1. August 2013 geltenden § 8a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JVEG).
Zunächst müsste für einen Wegfall des Vergütungsanspruchs dem Sachverständigen nachgewiesen werden, dass er bei Übernahme hätte erkennen müssen, dass seine Fachkenntnisse zur Erfüllung des Auftrags nicht ausreichen würden (BeckOK KostR/Bleutge, 40. Ed. 1. Januar 2023, JVEG § 8a Rn. 4). Schon daran fehlt es, weil das Landgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, dass es dem Sachverständigen an der notwendigen Fachkenntnis fehlte. Die bloße Mitteilung des Sachverständigen, die Fragen aus dem Beschluss vom 17. Juli 2012 würden nicht in sein Fachgebiet fallen, reicht für die Feststellung eines Verstoßes gegen § 407a Abs. 1 ZPO nicht aus. Es ist inhaltlich schon nicht nachvollziehbar ist, wieso die Fragen aus dem Beschluss vom 17. Juli 2012, die nur die schon vorher gestellten Fragen hinsichtlich des genauen Orts des zu untersuchenden Schadens präzisierten, nicht in das Fachgebiet des Sachverständigen fallen sollen, die Fragen aus den vorangegangenen Beschlüssen dagegen schon. Es kann nicht richtig sein, dass dem Sachverständigen die Sachkunde für die Beantwortung der Fragen aus dem Beschluss vom 17. Juli 2012 fehlte, für die vorangegangenen Beschlüsse dagegen nicht. Hinzu kommt der Hintergrund des Schreibens des Sachverständigen. Dessen Anträge auf Vorabentscheidung des Stundensatzes hatte das Landgericht nicht beschieden und auf seine wiederholten Eingaben, Beschwerden und Rückfragen zum weiteren Vorgehen inhaltlich nicht reagiert, sondern stattdessen ein Ordnungsgeld angedroht. Dem Hinweis des Sachverständigen, dass ein weiterer Ortstermin erforderlich sei, er die Fristsetzung der Kammer nunmehr so interpretiere, dass er das Gutachten stattdessen zum Zwischenstand des ersten Ortstermins erstellen solle, hat das Landgericht inhaltlich nicht widersprochen, sondern nur darauf hingewiesen, der Sachverständige solle das Gutachten gem. der Beweisbeschlüsse vom 7. April 2020, 28. Mai 2010 und vom 17. Juli 2012 erstellen. Dass der Sachverständige anschließend mit Schreiben vom 23. Juni 2015 dem Landgericht mitgeteilt hat, der Beschluss vom 17. Juli 2012 sei bisher nicht Gegenstand seiner Arbeit gewesen, er betreffe nicht sein Arbeitsgebiet und drei Tage später ein Gutachten abgab, diente offensichtlich dem Zweck, die Verhängung eines Ordnungsgeldes durch irgendeine Art von Tätigkeit zu vermeiden. Daraus folgt aber nicht, dass dem Sachverständigen tatsächlich die Sachkunde für den Auftrag fehlte.
Darauf kommt es aber auch nicht entscheidend an.
Sofern dem Sachverständigen die Sachkunde auch für die vorangegangenen Beweisfragen gefehlt haben sollte, fehlt es am Vertretenmüssen, weil das Gericht trotz geäußerter Zweifel an der Sachkunde den Sachverständigen beauftragt hat. Wenn sich aber aus dem Inhalt des Beweisbeschlusses auch für die Parteien ergibt, dass dem beauftragten Sachverständigen für einen Teil des Auftrags die erforderliche Sachkunde fehlt und ihn Gericht und Parteien dennoch weiterarbeiten lassen, liegt keine schuldhafte Verletzung der Hinweispflicht vor; vielmehr müssen sich die Beteiligten so behandeln lassen, als ob sie mit den Kenntnissen, den Fähigkeiten und der Arbeitsweise des Sachverständigen einverstanden gewesen wären (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 5. April 2018 – 8 W 97/18, BeckRS 2018, 5761 Rn. 28, beck-online; BeckOK KostR/Bleutge, 39. Ed. 1. Oktober 2022, JVEG § 8a Rn. 4). Vorliegend hatte der Antragsgegner zu 4) ausdrücklich wegen des Bestellungsgebiets des Beschwerdeführers Bedenken an der Sachkunde geäußert (Schreiben vom 22. April 2013, Bl. 313 LGA, Schreiben vom 28. Mai 2013, Bl. 344 LGA), über die sich das Landgericht aber hinweggesetzt hat. Jedenfalls die Staatskasse muss sich daher so behandeln lassen, als ob das Landgericht mit den Kenntnissen, den Fähigkeiten und der Arbeitsweise des Sachverständigen einverstanden war.
Die zu erfolgende Festsetzung beruht auf § 4 Abs. 1 Satz 1 JVEG.
Sie kann allerdings nicht in der vom Beschwerdeführer beantragten Höhe erfolgen, weil der von ihm verlangte Stundensatz nicht gerechtfertigt ist.
Für den Stundensatz maßgeblich ist wegen der im April 2013 erfolgten Beauftragung des Sachverständigen das damals geltende JVEG (§ 24 Satz 1 JVEG n.F.). Die Leistung des Sachverständigen fällt danach in das damalige Sachgebiet 6 (Schäden an Gebäuden), der Stundensatz beträgt somit 75 €.
Dem Beschwerdeführer steht daher folgende Vergütung zu (sämtliche nachstehend zitierten Vorschriften betreffen das JVEG in der vom 31.12.2006 bis 31.7.2013 anwendbaren Fassung):
Rechnung vom 17. Dezember 2014 (Bl. 439 LGA): 1.569,96 €
15 Stunden à 75 € gem. § 9 JVEG:
1.125 €
Fahrkosten mit der Bahn gem. § 5 Abs. 1 JVEG:
86,56 €
Fahrtkosten Taxi gem. § 5 Abs. 2 Satz 3 JVEG:
102,80 €
Auslagen Porto gem. § 12 Abs. 1 Nr. 5 JVEG:
18,20 €
Umsatzsteuer: 7% auf 102,80 €:
7,20 €
Umsatzsteuer 19% auf 1.211,56 €:
230,20 €
Rechnung vom 7. Mai 2015 (Bl. 457 LGA): 13,08 €
Auslagen Porto gem. § 12 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 1 JVEG und Umsatzsteuer: 1
3,08 €
Rechnung vom 1. Juni 2015 (Bl. 553 LGA): 1.285,49 €
10 Stunden à 75 € gem. § 9 JVEG:
750 €
17.060 Anschläge à 0,75 € gem. § 12 JVEG :
12,75 €
Kopiekosten gem. § 7 Abs. 2 JVEG: 4
7,50 €
Fotokosten gem. § 12 Abs. 1 Satz 1 N. 2 JVEG (31 Fotos und 310 Doppel):
217,00 €
Fotokosten 94 Fotos gem. § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 JVEG (unveröffentlicht, als Gedächtnisstütze notwendig): 4
7,00 €
Portokosten:
5,99 €
Umsatzsteuer:
205,25 €
Soweit in der Rechnung 10,99 € Portokosten geltend gemacht werden, betreffen diese eine bereits mit der Rechnung vom 7. Mai 2015 in Rechnung gestellte Position.
Rechnung vom 15. Juli 2015 (Bl. 555 LGA): 23,74 €
Auslagen Porto gem. § 12 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 1 JVEG und Umsatzsteuer:
23,74 €
Der Senat hat den Sachverständigen und die Staatskasse zu den obigen Positionen angehört, die keine Einwände gegen die Berechnung des Senats erhoben haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 4 Abs. 8 JVEG.