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Entscheidung 13 WF 33/23


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 4. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 28.02.2023
Aktenzeichen 13 WF 33/23 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2023:0228.13WF33.23.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts Zossen vom 20.10.2022 aufgehoben.

Die Sache wird an das Amtsgericht Zossen zurückverwiesen.

2. Von der Erhebung von Gerichtskosten wird im Beschwerdeverfahren abgesehen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 8.604 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller nimmt den Antragsgegner als Vater des Kindes F… B…, für das der Antragsteller Unterhaltsvorschuss zahlt, aus übergegangenem Recht im vereinfachten Verfahren auf die Zahlung von Mindestunterhalt ab dem 20.7.2021 in Anspruch.

Der Antragsgegner hat unter Vorlage des ausgefüllten und unterzeichneten "Datenblatt(s) für Einwendungen gegen den Antrag auf Festsetzung von Unterhalt" (Bl. 19) und des aktuellen Bescheides über die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Leistungen nach dem SGB II) (Bl. 20) geltend gemacht, er sei zur Zahlung von Kindesunterhalt nicht leistungsfähig. Auf Aufforderung des Gerichts (Bl. 23) hat er erklärt, zur Zahlung eines monatlichen Betrages nicht in der Lage zu sein (Bl. 24) und zugleich einen weiteren Bescheid über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum Januar bis Dezember 2022 (Bl. 25 ff.) vorgelegt sowie eine Kündigungserklärung eines Arbeitgebers (Bl. 28), eine Lohnsteuerbescheinigung für 2021 (Bl. 29).

Mit - formlos übersandter - Verfügung vom 5.9.2022 (Bl. 36) hat das Amtsgericht den Antragsgegner unter Setzung einer Zweiwochenfrist aufgefordert, Einkommensnachweise für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2021 sowie "Kontennachweise" für den Zeitraum eines Jahres vom 10.6.2021 bis 9.6.2022 einzureichen. Hierauf hat der Antragsgegner nicht reagiert.

Mit dem angefochtenen Beschluss (Bl. 46 ff.) hat das Amtsgericht den Antragsteller antragsgemäß verpflichtet und die erhobenen Einwendungen mit der Begründung unberücksichtigt gelassen, dass der Antragsgegner seine Einwendungen nicht in der geforderten Form erhoben und keine Angaben über eine mögliche Zahlungsbereitschaft gemacht habe.

Mit seiner Beschwerde (Bl. 54) erstrebt der Antragsteller die Abänderung der angefochtenen Entscheidung und die Abweisung der Anträge der Antragsteller, weil er zur Zahlung von Kindesunterhalt nicht leistungsfähig sei.

Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung. Auch das Beschwerdeverfahren nach einer Festsetzung im vereinfachten Verfahren ist grundsätzlich ein rein schriftliches Verfahren. Der Voraussetzungen des § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG bedarf es nicht (vgl. Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Aufl., § 10 Rn. 681).

II.

1. Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig, §§ 58 ff. FamFG. Die im vereinfachten Verfahren zu beachtenden besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 256 FamFG sind erfüllt.

Gemäß § 256 S. 1 FamFG können mit der Beschwerde gegen den Unterhaltsfestsetzungsbeschluss Einwendungen nach § 252 Abs. 2 FamFG nur geltend gemacht werden, wenn der Beschwerdeführer sie ordnungsgemäß in der ersten Instanz vor Verfügung des Festsetzungsbeschlusses erhoben hat. Wird das Rechtsmittel auf solche Anfechtungsgründe gestützt, ist es zulässig (vgl. OLG Karlsruhe, FamRZ 2013, 562; Zöller/Lorenz, ZPO, 33. Aufl., § 256 FamFG, Rn. 16; Johannsen/Henrich/Maier, Familienrecht, 6. Aufl., § 256 FamFG Rn. 5 f.).

Dementsprechend ist der Einwand fehlender Leistungsfähigkeit zulässig. Der Antragsgegner hat diesen Einwand nach §§ 252 Abs. 2 und 3 FamFG rechtzeitig und in zulässiger Weise vorgebracht.

Dem steht nicht entgegen, dass er keinen konkreten Betrag benannt hat, zu dessen Leistung er bereit sei und sich insoweit zur Erfüllung verpflichte. Der Antragsgegner kann auch die Erklärung abgeben, keinen Unterhalt zahlen zu wollen, etwa weil er insgesamt leistungsunfähig sei (MüKoFamFG/Macco, 3. A., 2018, FamFG, § 252 Rn. 14). Die Erklärung kann ausdrücklich, aber auch konkludent erfolgen und nach §§ 133, 157 BGB entsprechend ausgelegt werden, wenn sich aus dem Gesamtinhalt der Erklärung mit hinreichender Deutlichkeit ergibt, in welchem Umfang der Antragsgegner die Unterhaltsforderung gegen sich gelten lassen will. (MüKoFamFG/Macco, a. a. O.).

Der Antragsgegner hat in seinem Schreiben vom 20.8.2022 (Bl. 24) ausdrücklich erklärt, in seiner aktuellen Situation "keinen monatlichen Betrag zahlen" zu können; es sei ihm "nicht möglich jegliche Unterhaltsbeträge zu zahlen". Diese Erklärung ist im Hinblick auf seine lückenlos belegten Einkommensverhältnisse eindeutig. Sie bedeutet, dass der Antragsgegner keinen Unterhalt zahlen kann. Ihm die Erklärung abzuverlangen, dass er null Euro zu zahlen bereit sei und sich hierzu verpflichte, um seinen Einwand berücksichtigungsfähig zu machen, wäre bedenkliche, leere Förmelei.

Die Berücksichtigungsfähigkeit seines Einwands fehlender Leistungsfähigkeit scheitert auch nicht daran, dass der Antragsgegner keine "Kontennachweise" vorgelegt hat. Für die Anordnung der Vorlage von Kontoauszügen fehlt eine gesetzliche Grundlage. Nach dem Gesetzeswortlaut besteht eine Belegpflicht nur hinsichtlich des Einkommens, nicht auch hinsichtlich des Vermögens oder berücksichtigungsfähiger Abzugsposten o. ä., weil insoweit auch keine Auskunftspflicht besteht (vgl. MüKoFamFG/Macco, 3. Aufl., 2018, § 252 FamFG Rn. 22).

Das Einkommen hat der Antragsgegner aber mittels der Bescheide über die Gewährung von Leistungen zum Lebensunterhalt vollständig belegt. Die Vorlage weiterer Belege kann der Antragsteller nur im streitigen Verfahren erwirken (BeckOK FamFG/Weber, 45. Ed., 1.1.2023, § 252 FamFG Rn. 17).

2. Die Beschwerde ist auch begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung des Verfahrens an das Amtsgericht zur Durchführung des Verfahrens nach § 254 FamFG.

Werden nach § 252 Abs. 2 FamFG zulässige Einwendungen im Beschwerdeverfahren geltend gemacht, prüft das Beschwerdegericht nur, ob diese Einwendungen bei Erlass des Festsetzungsbeschlusses berücksichtigt bzw. zu Recht als unzulässig angesehen wurden. Ist – wie vorliegend – eine in erster Instanz erhobene Einwendung bei Erlass des Festsetzungsbeschlusses zu Unrecht unberücksichtigt geblieben, ist in der gemäß § 69 Abs. 1 S. 1 FamFG vom Beschwerdegericht zu treffenden eigenen Sachentscheidung der Festsetzungsbeschluss aufzuheben. Eine darüber hinaus gehende Entscheidung in der Sache kann durch das Beschwerdegericht nicht getroffen werden. Dies beruht auf den Besonderheiten des vereinfachten Verfahrens, in dem eine materiellrechtliche Prüfung von zulässigen Einwendungen im Sinne von § 252 Abs. 2 FamFG nicht vorgesehen ist.

Erhebt der Antragsgegner in erster Instanz zulässige Einwendungen im Sinne von § 252 Abs. 2 FamFG, löst dies lediglich die Mitteilungspflicht des Gerichts nach § 254 FamFG, verbunden mit dem in § 255 Abs. 1 S. 2 FamFG vorgeschriebenen Hinweis auf die Möglichkeit der Durchführung des streitigen Verfahrens aus. Eine Entscheidung darüber, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe Unterhalt zu zahlen ist, bleibt ausschließlich dem streitigen Verfahren vorbehalten, sofern dessen Durchführung innerhalb der 6-Monatsfrist des § 255 Abs. 6 FamFG beantragt wird. Einen anerkannten Teil des Unterhalts setzt der Rechtspfleger erst fest, wenn der Antragsteller dies beantragt, § 254 S. 2 FamFG (Zöller/Lorenz, a. a. O., § 254 FamFG Rn. 9).

Nichts anderes gilt, wenn zulässige Einwendungen gegen die Unterhaltsfestsetzung in erster Instanz unberücksichtigt geblieben sind und gegen den gleichwohl ergangenen Festsetzungsbeschluss rechtzeitig Beschwerde eingelegt wird. Die im Beschwerdeverfahren aufgrund der Falschbehandlung der Einwendungen erforderliche Aufhebung des zu Unrecht ergangenen Festsetzungsbeschlusses eröffnet nicht die Möglichkeit, die Einwendungen gegen den geltend gemachten Unterhalt inhaltlich zu prüfen, denn die Begründetheit der Einwendungen ist weder Gegenstand des Festsetzungsverfahrens noch des Beschwerdeverfahrens (MüKo/Macco, a. a. O., § 256 FamFG, Rn. 19; Johannsen/Henrich, a.a.O., § 256 Rn. 16). Auch in diesem Fall bleibt daher die Überprüfung der materiellen Rechtslage einem vom Antragsteller einzuleitenden streitigen Verfahren vorbehalten.

Damit beschränkt sich die vorliegend zu treffende Sachentscheidung auf die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung des Verfahrens. Das Verfahren wird in den Stand zurückversetzt, in dem es sich bei erstinstanzlich zutreffender Berücksichtigung der zulässigen Einwendungen des Antragsgegners befunden hätte. Nach Eingang der Akten beim Familiengericht werden dort folglich die nach §§ 254, 255 Abs. 1 S. 2 FamFG vorgeschriebenen Hinweise zu erteilen sein (OLG Karlsruhe, FamRZ 2013, 562).

III.

Über die Kosten dieses Beschwerdeverfahrens ist nicht zu entscheiden. Die Entscheidung ist, ebenso wie die Entscheidung über die Kosten des Festsetzungsverfahrens erster Instanz, der Schlussentscheidung, gegebenenfalls im streitigen Verfahren (§ 255 Abs. 5 FamFG), oder einer isolierten Kostenschlussentscheidung vorbehalten (vgl. Zöller/Lorenz, a. a. O., § 254 FamFG, Rn. 9). Allein über die Gerichtskosten dieses Beschwerdeverfahrens hat der Senat nach § 20 Abs. 1 S. 1 FamGKG vorab entscheiden können.

Die Festsetzung des Verfahrenswertes beruht auf § 51 Abs. 1 S. 1 FamGKG.

Anlass zur Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 70 Abs. 2 FamFG) besteht nicht.