Gericht | VG Cottbus 6. Kammer | Entscheidungsdatum | 19.01.2023 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | 6 K 322/20 | ECLI | ECLI:DE:VGCOTTB:2023:0119.6K322.20.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 12 Abs 1 Nr 4b AO, § 12 Abs 1 Nr 5b AO, § 10 KAG BB, § 169f AO, § 228 AO, § 229 AO |
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid über einen Kostenersatz für die Herstellung eines Schmutzwasser-Grundstücksanschlusses durch den Beklagten.
Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks W....
Der beklagte Verband stellte im Jahr 2009 auf dem klägerischen Grundstück den Grundstücksanschluss an seine öffentliche Schmutzwasseranlage her.
Mit Bescheid vom 16. Oktober 2012 zog der Beklagte die Klägerin zum Kostenersatz für die Herstellung des Schmutzwasser-Grundstücksanschlusses für das bezeichnete Grundstück i.H.v. 439,60 € heran. Hiervon fielen 410,92 € für die Baukosten und 28,68 € für anteilige Kosten für Ingenieurleistungen an. Zur Begründung gab er an, dass Rechtsgrundlage für die Erhebung eines Kostenersatzes die Satzung über den Kostenersatz für Abwassergrundstücksanschlüsse des Wasser- und Abwasserverbandes W... (G...) vom 17. August 2011 sei. Danach habe die Klägerin als Eigentümerin des Grundstücks im Zeitpunkt der betriebsfertigen Herstellung den Aufwand für die Herstellung des Grundstücksanschlusses anhand der tatsächlich entstandenen Kostenhöhe zu erstatten.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 19. Oktober 2012 Widerspruch ein. Sie begründete ihren Widerspruch damit, dass sie bereits am 15. Februar 2009 eine Vorausleistung für die Herstellung der öffentlichen Abwasseranlage in Höhe von 2.553,64 € und eine weitere Zahlung am 15. Oktober 2009 in Höhe von 1.094,42 € geleistet habe. Auch zahle sie regelmäßig Trink- und Schmutzwassergebühren. Es sei für sie nicht nachvollziehbar, nunmehr erneut zu einer Zahlung herangezogen zu werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Januar 2020, zugestellt am 14. Januar 2020, wies der Beklagte den eingelegten Widerspruch zurück. Zur Begründung gab er an, dass Rechtsgrundlage die G...vom 10. April 2019 sei, weil die Bescheide im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung am 1. Mai 2019 noch nicht in Bestandskraft erwachsen seien. Die Klägerin sei vorliegend für die Herstellung des Grundstücksanschlusses herangezogen worden. Hiervon zu trennen sei der Abwasserbeitrag, der der teilweisen Deckung des Aufwandes für die Herstellung und Anschaffung der leitungsgebundenen öffentlichen Entwässerungsanlage diene. Hierzu sei die Klägerin bereits mit Bescheid vom 15. Januar 2009 herangezogen worden. Die Überprüfung des Bescheides habe ergeben, dass die Höhe des Kostenersatzes korrekt ermittelt worden sei. Anhand der Satzung seien dem beklagten Verband die bei wirtschaftlicher Betriebsführung notwendigen Kosten für die Herstellung, Erneuerung, Veränderung oder Beseitigung sowie die Kosten für die Unterhaltung des Grundstücksanschlusses zu erstatten.
Daraufhin hat die Klägerin am 14. Februar 2020 Klage erhoben.
Sie ist der Ansicht, dass die Satzung vom 10. April 2019 vorliegend keine Anwendung finde. Auch sei die Forderung über den Kostenersatz verjährt. Es liege in Anbetracht der Herstellung des Schmutzwasseranschlusses vom 27. September 2009 Zahlungsverjährung vor. Eine Unterbrechung oder Hemmung der Verjährungsfrist sei nicht erfolgt. Die Widerspruchseinlegung und die damit verbundene aufschiebende Wirkung stelle keinen Unterbrechungstatbestand für die Zahlungsverjährung dar. Jedenfalls liege aber Verwirkung vor. Seit Einlegung des Widerspruchs habe sie nichts den Kostenersatz betreffend seitens des Beklagten gehört. Insofern habe sich die Klägerin darauf einrichten können, dass sich ihr Widerspruch erledigt habe und es nicht zu weiteren Forderungen kommen werde. Auch die Höhe des Kostenersatzes sei fehlerhaft. Die Kosten, die sich aus der Prüfung des Prüfingenieurs des beauftragten Ingenieurbüros I... aus T...ergäben, seien nicht erstattungsfähig. Es sei davon auszugehen, dass auf Seiten des Beklagten ausreichend Sachkunde vorliege, eine Rechnung im hiesigen Umfang ohne die Hinzuziehung Dritter zu überprüfen. Anhand der Rechnung selbst sei nicht nachvollziehbar, welches kostenpflichtige Hinweisschild in Höhe von 48,60 € abgerechnet worden sei. Es seien nur notwendige Kosten abzurechnen, wobei die Notwendigkeit in Bezug auf das Hinweisschild nicht erkennbar sei.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 16. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2020 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trägt ergänzend zu seinem Vorbringen aus dem Widerspruchsbescheid vor, dass es zulässig sei die aktuelle Satzung als Rechtsgrundlage anzuwenden, weil der hier streitgegenständliche Bescheid im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung noch nicht in Bestandskraft erwachsen sei. Die Kosten seien nach dem tatsächlichen Aufwand ermittelt worden. Die Kostenabrechnung sei unter Zugrundelegung des gefertigten Aufmaßes und der Mengenermittlung durch die bauausführende Firma E...erstellt worden und sei durch den Prüfingenieur des beauftragten I...aus T...geprüft und für sachlich richtig gezeichnet worden. Bei den Leistungen des Prüfingenieurs handele es sich nicht ausschließlich um eine Rechnungsprüfung. Er sei vielmehr mit dem Gesamtprojekt „Resterschließung SW in R...“ betraut worden und habe in diesem Zusammenhang eine Vielzahl von Aufgaben wahrgenommen, u.a. auch die Prüfung der ausgeführten Arbeiten und die Feststellung der tatsächlich erbrachten Leistungen samt der korrekten Kostenabrechnung. Für die Berechnung des hiesigen Ingenieurkostenanteils seien die anteiligen Baukosten für den klägerischen Grundstücksanschluss in Höhe von 410,92 € ins Verhältnis zu den Gesamtkosten des Gesamtprojekts in Höhe von 756.169,11 € gesetzt und damit ein Quotient errechnet worden. Dieser Wert ergebe multipliziert mit den ermittelten Ingenieurhonoraren für die Gesamtbaumaßnahme in Höhe von 52.775,36 € den hier ermittelten Anteil in Höhe von 28,68 €. Für die Arbeiten sei zur ordnungsgemäßen Sicherung der Baustelle die Aufstellung eines kostenpflichtigen Hinweisschildes notwendig gewesen. Die hierfür tatsächlich angefallenen Kosten seien der Klägerin als Kostenersatzschuldnerin in Rechnung gestellt worden. Der Kostenersatzanspruch sei weder festsetzungs- noch zahlungsverjährt. Die Festsetzungsverjährung betrage vier Jahre. Fristbeginn sei der Ablauf des Jahres, in dem der Kostenersatzanspruch entstanden sei. Dies sei vorliegend das Jahr 2012 gewesen. Durch die Widerspruchseinlegung der Klägerin sei die Festsetzungsfrist allerdings gehemmt worden, so dass die Festsetzungsfrist nicht ablaufen könne, bis der Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids bestandskräftig geworden sei. Auch eine Zahlungsverjährung liege nicht vor. Der Suspensiveffekt von Widerspruch und Anfechtungsklage wirke sich zwar nicht auf die fünfjährige Zahlungsverjährungsfrist aus, es komme durch die Einlegung des Widerspruchs aber zu einer Unterbrechung der Zahlungsverjährungsfrist. Es handele sich bei dem Kostenersatzanspruch um eine öffentlich-rechtliche Entgeltleistung besonderer Art. Insofern liege eine Gesetzeslücke in der Abgabenordnung vor, weil sich der Gesetzgeber lediglich mit sofort vollziehbaren Steuern befasst habe. Weil der brandenburgische Landesgesetzgeber für sein Kommunalabgabengesetz (KAG) ausdrücklich vorgesehen habe, dass die Regelungen der Abgabenordnung auf Ersatzansprüche des Kostenersatzes nach § 10 KAG anzuwenden seien, so dass grundsätzlich alle weiteren für den Beitrag oder die Gebühr anwendbaren Vorschriften auch für den Kostenersatz gälten. Dem Widerspruch komme insoweit aufschiebende Wirkung zu, was zu einer Unterbrechung der Zahlungsverjährung führe. Schließlich sei auch keine Verwirkung anzunehmen. Eine Untätigkeit seitens des Beklagten führe in der Regel nicht zum Vorliegen eines Verwirkungstatbestandes. Es fehle bereits an einem für die Verwirkung notwendigen Umstandsmoment, weil er sich zu keinem Zeitpunkt so verhalten habe, dass die Klägerin davon habe ausgehen können, es werde zukünftig von der weiteren Bescheidung abgesehen. Das bloße Untätigbleiben reiche hierfür nicht aus. Hiergegen spreche auch der Zusammenhang des § 19 KAG, wonach Abgabenpflichtige höchstens bis zum Ablauf von 15 Jahren mit einer Festsetzung rechnen müssten. Diese Höchstfrist sei für die Entscheidung des Widerspruchsbescheids gewahrt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang des Beklagten verwiesen.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die Kostenerstattung ist § 10 Kommunalabgabengesetz Brandenburg (KAG) i.V.m. der Satzung über den Kostenersatz für Abwassergrundstücksanschlüsse des Wasser- und Abwasserverbandes W...(G...2011) vom 17. August 2011, welche rückwirkend zum 01. Januar 2000 in Kraft getreten ist.
Entgegen der Auffassung des Beklagten findet vorliegend die G...2019 keine Anwendung, da sie im maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens der Kostenersatzpflicht noch nicht in Kraft getreten war. Die Entstehung des Kostenersatzanspruchs ist in § 10 Abs. 2 Satz 1 KAG zeitpunktbezogen geregelt und stellt auf die endgültige (technische) Herstellung der Anschlussleitung bzw. auf die (technische) Beendigung der jeweiligen Maßnahme ab, so dass in dem Zeitpunkt, in dem das letzte Tatbestandsmerkmal verwirklicht wurde, das Vorhandensein einer gültigen Satzung die unabdingbare Voraussetzung für das Entstehen des Ersatzanspruches und damit der sachlichen Kostenerstattungspflicht ist. Sollte – etwa aufgrund unwirksamen Satzungsrechts – eine Satzung erst nach dem Zeitpunkt der Verwirklichung des letzten Tatbestandsmerkmals erlassen worden sein, so muss sich diese neue und wirksame Satzung jedenfalls Rückwirkung auf den Zeitpunkt beimessen, in dem das letzte gesetzliche Tatbestandsmerkmal verwirklicht worden ist. Notwendig ist dies, weil erst das Vorhandensein einer Satzung den Tatbestand des Ersatzanspruchs normiert, zu dessen Verwirklichung somit eine gültige Satzung im Zeitpunkt der Tatbestandserfüllung vorhanden sein muss (vgl. Kluge in: Becker u.a., KAG Bbg, Komm., § 10 Rn. 53 f. m.w.N.). Die von dem Beklagten für anwendbar erachtete G...2019 trat erst zum 01. Mai 2019 in Kraft. Unabhängig davon, dass zu diesem Zeitpunkt noch nicht über den klägerischen Widerspruch entschieden wurde, war die Anschlussleitung in diesem Zeitpunkt technisch bereits hergestellt, da die Beendigung der Maßnahme nach übereinstimmenden Angaben der Beteiligten jedenfalls im Jahr 2009 erfolgte und der maßgebende Zeitpunkt, nämlich die Beendigung der Maßnahme, damit überschritten ist (vgl. zur Beendigung der Maßnahme noch unten). Insofern kann die G...2019 nach Gesagtem vorliegend keine Anwendung finden. Die Kammer ist auch nicht gehalten, sich ausschließlich an die von dem Beklagten für anwendbar gehaltene Satzung zu halten. Vielmehr ergibt sich die Rechtsgrundlage nicht anhand des Beteiligtenvortrags, sondern anhand des tatsächlich rechtlich zulässigen und vorhandenen Satzungsrechts.
Gegen die den maßgeblichen Zeitpunkt umfassende G...2011 bestehen weder formellrechtliche noch materielle Bedenken. Dies hat die Kammer bereits mit Urteil vom 17. September 2012 (– 6 K 87/10 –, juris) entschieden; hieran wird festgehalten. Insbesondere bestehen auch hinsichtlich der Rückwirkungsanordnung zumindest insoweit keine Bedenken, als die Vorgängersatzung, die G...vom 28. November 2007, ersetzt worden ist, die gemäß ihrem § 6 Abs. 1 zum 1. Januar 2008 in Kraft treten sollte und damit an sich den hier – wie ausgeführt – maßgebenden Herstellungszeitraum im Jahr 2009 abgedeckt hätte. Diese Satzung ist aber unwirksam, so dass es dem beklagten Verband in nicht zu beanstandender Weise sodann zusteht, die unwirksame Satzung durch eine wirksame Satzungsgrundlage, die sich ggfs. Rückwirkung beimisst, zu ersetzen. Im Unterschied zur G...2011 enthielt die Vorgängersatzung 2007 in § 2 Abs. 2 die Regelung, dass für die Berechnung des Kostenersatzes die jeweilige Leitungslänge des Grundstücksanschlusses „in Metern“ herangezogen werden sollte. Diese Regelung ist zu unbestimmt. So ist bereits unklar, ob angefangene oder vollendete Meter an Leitungslänge berechnet werden sollten. Auch stand die Regelung im Widerspruch zu § 2 Abs. 1 G...2007, wonach der Kostenersatz nach den Kosten in der tatsächlich entstandenen Höhe erfolgen sollte. Die Abrechnung der Kosten in der tatsächlich entstandenen Höhe ist aber nicht zwingend und von vornherein auch nicht erkennbar (alleine) abhängig von angefangenen oder vollendeten Metern an Leitungslänge. Die Höhe des Kostenersatzes richtet sich vielmehr nach dem zu ersetzenden Aufwand bzw. den zu ersetzenden Kosten. Diese sind gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 KAG in der tatsächlich geleisteten Höhe oder nach Einheitssätzen zu ermitteln. Andere Arten der Ermittlung der Aufwendungen als die in § 10 Abs. 1 Satz 2 KAG geregelten sind nicht zulässig (vgl. VG Cottbus, Urteil vom 17. Februar 2005 – 6 K 1702/03 -, S. 14 ff. des E.A.; Kluge, a.a.O., § 10 Rn. 97 m.w.N.). Auch eine Mischung aus beiden gesetzlich vorgeschriebenen Varianten ist unzulässig, so bereits der Wortlaut in § 10 KAG. Diese Unbestimmtheit, die den Voraussetzungen des § 10 KAG nicht gerecht wird und zur Nichtigkeit der Satzung führt, ist durch die G...2011 jedenfalls rückwirkend zum 1. Januar 2008 entfallen, indem die Kosten nunmehr eindeutig in der tatsächlich entstandenen Höhe zu erstatten sind. Belastende Auswirkungen der Rückwirkungsanordnung, die das Vertrauen der Kostenschuldner verletzen könnten, sind insoweit nicht ersichtlich. Insbesondere ist die berücksichtigungsfähige Leitungslänge einschließlich des Revisionsschachtes als nunmehr lediglich ein Parameter des Kostenersatzes nach dem tatsächlichen Aufwand nicht verändert worden. Der potentielle Kostenschuldner musste also schon unter Geltung der G...2007 davon ausgehen, dass der Satzungsgeber die tatsächlichen Kosten für eine konkret festgelegte Anschlussanlage erstattet verlangen wollte. Sollte man entgegen der hier vertretenen Auffassung die G...2007 als wirksam erachten, wäre diese im Übrigen die Grundlage für die Heranziehung der Klägerin zum Kostenersatz.
Die Tatbestandsvoraussetzungen für den Kostenersatz sind sodann erfüllt. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 KAG können die Gemeinden und Gemeindeverbände (durch Satzung) bestimmen, dass ihnen der Aufwand für die Herstellung, Erneuerung, Veränderung und Beseitigung sowie die Kosten für die Unterhaltung eines Haus- oder Grundstücksanschlusses an Versorgungsleitungen und Abwasserbeseitigungsanlagen ersetzt werden. Der Aufwand und die Kosten können, wie ausgeführt, in der tatsächlich geleisteten Höhe ermittelt werden (§ 10 Abs. 1 Satz 2). Zum Kreis der Ersatzpflichtigen zählen die Grundstückseigentümer als Gegenleistung dafür, dass ihnen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Anlage wirtschaftliche Vorteile geboten werden (§ 10 Abs. 1 Satz 4 i. V. m. § 8 Abs. 2 Satz 2 KAG). Der Ersatzanspruch entsteht mit der endgültigen Herstellung der Anschlussleitung, im Übrigen mit der Beendigung der Maßnahme (§ 10 Abs. 2 KAG).
Dem entsprechend regelt § 1 Abs.1 G...2011, dass dem beklagten Zweckverband die Kosten für die Herstellung, Erneuerung, Veränderung und Beseitigung sowie die Kosten für die Unterhaltung des Grundstücksanschlusses für die Entsorgung von Schmutzwasser oder Niederschlagswasser (Abwasser) zu ersetzen sind. Kostenersatzpflichtig ist gemäß § 3 Abs. 1 der Satzung, wer im Zeitpunkt des Entstehens der Kostenersatzpflicht Eigentümer des Grundstücks ist. Gemäß § 1 Abs. 2 der Satzung besteht der Hausanschluss zwischen dem Abzweig am Kanal bis zur Grundstücksgrenze einschließlich des mit dieser Anschlussleitung verbundenen Revisionsschachtes. Kann der Revisionsschacht wegen der besonderen Umstände des Einzelfalles nicht unter dem öffentlichen Straßenraum vor dem Grundstück hergestellt werden, ist Bestandteil des Grundstücksanschlusses auch die von der Grundstücksgrenze bis zum Revisionsschacht führende Anschlussleitung für Abwasser.
Unter Zugrundelegung der satzungsmäßigen Vorgaben stellen sich die durchgeführten Maßnahmen als Herstellungstatbestand dar. Hierbei handelt es sich um eine erstmalige Herstellung eines Anschlusses, also um die erstmalige Verbindung des Grundstücks oder des Gebäudes mit der öffentlichen Einrichtung (vgl. Kluge in Becker u.a., Kommunalabgabenrecht § 10, Rn. 59 m.w.N.). Mit der endgültigen Beendigung der Maßnahme im Jahr 2009 wurde der Grundstücksanschluss der Klägerin hergestellt, weil er ab diesem Zeitpunkt seiner Zweckbestimmung entsprechend nutzbar war und die Klägerin somit ihr anfallendes Schmutzwasser zentral entsorgen konnte (vgl. Kluge, a.a.O., § 10, Rn. 64). Auch ist ein solcher Kostenersatz nicht bereits durch Beitrags- oder Gebührenzahlungen der Klägerin abgegolten, weil Beitragszahlungen gemäß § 8 KAG ihrem Wesen nach dem Ersatz des Herstellungsaufwands der öffentlichen Anlage dienen und Benutzungsgebühren zur teilweisen Deckung des Investitionsaufwandes der öffentlichen Einrichtungen erhoben werden. Es handelt sich bei den Grundstücksanschlüssen aber gemäß §§ 1 Abs. 4 Nr. 1,3 Nr. 10 und Nr. 12, 8, 9 Abwasserentsorgungssatzung (AbwES) vom 28. November 2007 gerade nicht um einen Bestandteil der öffentlichen Einrichtung, so dass die hierfür entstandenen Kosten nicht im Wege von Beiträgen oder Gebühren abgegolten werden können. Der Kostenersatz für den Grundstücksanschluss nach § 10 KAG stellt insoweit die Kostenerstattung für den konkreten – sich auf dem jeweiligen Grundstück befindlichen – Anschluss, an die zentrale öffentliche Schmutzwasserbeseitigung dar.
Für die nach diesen Vorschriften angefallenen und erhobenen Kosten liegen auch weder Festsetzungs- noch Zahlungsverjährung vor.
Gemäß §§ 10 Abs. 2 Satz 2, 12 Abs. 1 Nr. 4 b KAG gelten für die Festsetzungsverjährungsfrist die § 169 f. AO mit der Maßgabe, dass die Festsetzungsfrist nach Maßgabe des § 169 Abs. 2 Satz 1 AO einheitlich vier Jahre beträgt. Die Kostenersatzpflicht entsteht nach § 10 Abs. 2 Satz 1 KAG i.V.m. § 4 Abs. 1 G...2011 mit der endgültigen Herstellung des Grundstückanschlusses, im Übrigen mit Beendigung der Maßnahme. Die Tatbestände „endgültige Herstellung“ und „Beendigung der Maßnahme“ lösen inhaltlich dieselbe Rechtsfolge aus. Auf den Zeitpunkt der Herstellung kommt es an, wenn die Maßnahme – wie hier – in der Herstellung des Anschlusses besteht, während für die sonstigen in § 10 Abs. 1 Satz 1 KAG genannten Maßnahmen auf die Beendigung abzustellen ist (vgl. Kluge in Becker u.a. § 10, Rn. 111). Fristbeginn im Sinne des § 170 AO war hier somit der Ablauf des Jahres, in dem der Anschluss hergestellt wurde, also der Ablauf des Jahres 2009. Die vierjährige Festsetzungsverjährungsfrist endete somit mit Ablauf des Jahres 2013. Zu diesem Zeitpunkt war der Kostenerstattungsbescheid vom 16. Oktober 2012 indes bereits erlassen, so dass nicht von einer Festsetzungsverjährung auszugehen ist.
Des Weiteren liegt eine Zahlungsverjährung nicht vor. Gemäß §§ 10 Abs. 2 Satz 2, 12 Abs. 1 Nr. 5b KAG i.V.m. §§ 228, 229 Abs. 1 AO beginnt die fünfjährige Zahlungsverjährungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch erstmals fällig geworden ist. Sie beginnt jedoch nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Festsetzung eines Anspruchs aus dem Abgabenschuldverhältnis, ihre Aufhebung, Änderung oder Berichtigung nach § 129 wirksam geworden ist, aus der sich der Anspruch ergibt. Vorliegend ist die Verjährungsfrist indes unterbrochen.
So hat das OVG Berlin-Brandenburg bereits mit Beschluss vom 19. Februar 2013 (Az:– OVG 9 N 6.10 -, juris) entschieden, dass eine Fristunterbrechung der Zahlungsverjährungsfrist mit Einlegung des Widerspruchs bewirkt wird. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs stehe in entsprechender Anwendung der § 231 Abs. 1 Satz 1 Alt. 4 AO i.V.m. § 12 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe a KAG dem Fall einer Aussetzung der Vollziehung gleich, wie er in § 231 Abs. 1 AO genannt werde. Soweit sich der Gesetzgeber der Abgabenordnung lediglich mit stets sofort vollziehbaren Steuern befasst habe, liege eine „Gesetzeslücke“ in der Abgabenordnung vor. Insofern passten die Regelungen zur Zahlungsvejährung(sunterbrechung) nicht unmittelbar auf nicht sofort vollziehbare Ansprüche, wie beispielsweise hier die Regelungen über den Kostenersatz. Für den Fall des Kostenersatzes sei indessen maßgeblich, welche Regelung der Landesgesetzgeber für sein kommunales Abgabenrecht getroffen habe. Dieser habe vorgesehen, dass die Regelungen der Abgabenordnung auf Ersatzansprüche nach § 10 Abs. 1 KAG „entsprechend“ anzuwenden seien (§ 12 Abs. 2 KAG). Die gesetzliche Anordnung einer „entsprechenden Anwendung“ bedeute indessen nicht, dass der Landesgesetzgeber die Regeln der Abgabenordnung gleichsam eins zu eins angewendet wissen wolle. Vielmehr sei bei der entsprechenden Anwendung einer Vorschrift der Abgabenordnung in einem ersten Schritt zu prüfen, ob die Vorschrift bei einem wörtlichen oder dem sonst in Bezug auf Steuern gebräuchlichen Verständnis überhaupt sinnvoll auf die in Rede stehende kommunale Abgabe - oder hier den Ersatzanspruch - angewandt werden könne; anderenfalls müsse sie „angepasst“ angewendet werden oder - wenn das nicht gehe - ihre Anwendung unterbleiben (vgl. auch Sauthoff in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: September 2012, § 12 Rn. 3 m.w.N.). Vor diesem Hintergrund sei es folgerichtig, dass die Widerspruchseinlegung gegen den Kostenersatz, die gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufschiebende Wirkung habe, nach § 12 Abs. 1 Nr. 5b KAG entsprechend § 231 AO zur Unterbrechung der Zahlungsverjährung führe. Eine Verjährung solcher Ansprüche sei damit auch nicht ausgehebelt, durch die Widerspruchseinlegung trete insofern lediglich die Unterbrechung ein. Dies gelte auch vor dem Hintergrund, dass der Landesgesetzgeber für Ersatzansprüche nach § 10 KAG ersichtlich nicht nur die entsprechende Anwendung der dem Schuldner günstigen Regeln der Abgabenordnung über eine Zahlungsverjährung habe einführen, sondern als ausgewogenes System (§§ 228 bis 232 AO) auch die dem Gläubiger günstigen Regeln über eine Unterbrechung der Zahlungsverjährungsfrist entsprechend passend zur Anwendung bringen wollen. Soweit es um nicht kraft Gesetzes sofort vollziehbare Ansprüche gehe, seien die Unterbrechungstatbestände bei rein wörtlichem Verständnis indessen weitgehend untauglich, weil es sich um Maßnahmen handele, die die Behörden wegen der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage entweder überhaupt nicht ergreifen dürften (Vollstreckungsmaßnahme) oder jedenfalls nicht sinnvoll ergreifen könnten (Zahlungsaufschub, Stundung, Aussetzung der Vollziehung, Vollstreckungsaufschub). Möglich bliebe zwar eine Zahlungsaufforderung. Bei Lichte betrachtet erschiene es für den Bürger indessen widersprüchlich, wenn er einerseits durch die aufschiebende Wirkung gerade erreiche, dass die Forderung gegen ihn vorläufig nicht durchgesetzt werden könne, andererseits gleichwohl erneut zur Zahlung aufgefordert werde. Wesentlich nachvollziehbarer sei es, jemandem, der ähnlich wie bei einem Zahlungsaufschub, bei einer Stundung oder bei einer Vollziehungsaussetzung bereits erreicht habe, dass die Forderung gegen ihn vorläufig nicht durchgesetzt werden könne, zuzumuten, sich im Gegenzug auch nicht auf Zahlungsverjährung berufen zu können; dies entspreche einem Grundgedanken des § 231 AO. Dem stehe auch nicht entgegen, dass den Handlungen, die den Lauf der Zahlungsverjährungsfrist nach § 231 AO unterbrächen, in der Regel gemeinsam sei, dass sie von demjenigen ausgehen müssten, der sich seinen Anspruch erhalten möchte. Hiervon gebe es nämlich Ausnahmen. Ohnehin enthalte auch § 231 AO mit der ‚Sicherheitsleistung‘ durch den Schuldner einen Fall, in dem die Verjährungsunterbrechung ohne ein Handeln der Behörde eintrete. Dies zeige, dass ein Tätigwerden der Behörde schon bei direkter Anwendung der Norm keine stets notwendige Voraussetzung für den Eintritt der Unterbrechung sei (vgl. zum Gesamten OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. Februar 2013 a.a.O., Rn. 11 ff.; Beschluss vom 8 August 2012 -9 A 78/09 –, Seite 2 ff- des Entscheidungsausdrucks; a.A. Kluge in Becker u.a., § 10, Rn. 44 m.w.N.). Dieser Auffassung schließt sich die Kammer aus Gründen der Einheitlichkeit der Rechtsprechung an und gibt ihre abweichende Rechtsprechung im Urteil vom 11. September 2012 (- 6 K 247/09 -, juris, Rn. 23 ff.) auf.
Auch eine Verwirkung scheidet vorliegend aus. Für das Vorliegen einer Verwirkung bedarf es eines Zeit- und eines Umstandsmoments. Es kann bereits dahinstehen, ob erst mit dem Inkrafttreten der ersten wirksamen Kostenerstattungssatzung (hier der G...2011 vom 17. August 2011) das Zeitmoment des Verwirkungstatbestandes zu laufen beginnen kann, weil es zur Erhebung des Kostenersatzes einer rechtmäßigen Satzungsgrundlage bedarf (vgl. zur Verwirkung im Beitragsrecht VG Cottbus, Urteil vom 16. Dezember 2014 – 6 K 794/12 -, juris, Rn. 46 f.), denn vorliegend ist unabhängig davon weder ein Zeit- noch ein Umstandsmoment ersichtlich. Einerseits erfolgte der Bescheiderlass zum Kostenersatz noch innerhalb der Festsetzungsverjährungsfrist, so dass hier bereits nicht von dem Vorliegen eines Zeitmoments ausgegangen werden kann. Aber auch das Vorliegen eines Zeitmoments aufgrund der sehr langen Widerspruchsbearbeitung ist nicht anzunehmen. Denn für die Frage der Verwirkung hinsichtlich des Zeitmoments ist lediglich auf den Zeitpunkt des Bescheiderlasses abzustellen, in dem sich der Beklagte willentlich äußert, den Kostenersatz einzufordern. Die Rechtsmitteleinlegung und das weiterführende Widerspruchsverfahren können sodann nicht weiter zu dem Vorliegen eines Zeitmoments führen, da es der Klägerin unbenommen blieb, insoweit Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO zu erheben. Ungeachtet dessen fehlt es vorliegend weiter an dem ebenfalls notwendigen, Umstandsmoment. Dabei hätte der Beklagte zusätzlich zu dem langen Zuwarten noch anderweitig zum Ausdruck bringen müssen, dass er von der Forderung absieht und die Klägerin hierauf vertrauen darf. Für das Vorliegen eines solchen Umstandsmoments ist vorliegend nichts ersichtlich.
Die Rügen der Klägerin gegen die Höhe der abgerechneten Kosten erfolgten offensichtlich ins Blaue hinein und sind durch das Vorbringen des Beklagten entkräftet. Insbesondere stand es dem Beklagten frei, vorliegend die tatsächlich entstandenen Kosten des Hinweisschildes abzurechnen. Im Falle einer Baustelleneinrichtung erscheint es plausibel und der konkreten Maßnahme zurechenbar, Hinweisschilder zum Schutz der vorbeilaufenden Passanten aufzustellen, die so auf eine Baugrube hingewiesen werden. Im Rahmen der Sorgfaltspflicht erscheint es sogar geboten, dies zu tun. Auch der Höhe nach hat der Beklagte den Posten hinreichend dargelegt, jedenfalls ist die Klägerin der Höhe der Kostenposition nicht substantiiert entgegen getreten und ist auch sonst Gegenteiliges nicht erkennbar. Ebenso plausibilisiert hat der Beklagte die angefallenen Ingenieurkosten. So wurde für die gesamte Resterschließung der Ortschaft ein Bauingenieur engagiert, der die einzelnen Bauabschnitte und erbrachten Leistungen koordiniert und auf ihre Korrektheit überprüft hat. Gerade im Zusammenhang mit der Resterschließung einer Ortschaft ist es nicht zu beanstanden, sich seitens des Verbandes eines Bauingenieurs zu bedienen. Insbesondere ist die Überprüfung von Tätigkeiten in einem solchen Umfang nicht zwingend allein in die Sachkunde des jeweiligen Verbandes zu stellen, weil der Umfang der ausführenden Arbeiten in ihrer Gesamtheit eines hohen Sachverstandes bedarf, der nicht zwingend (alleine) durch den Verband zu erbringen ist bzw. von diesem vorausgesetzt werden kann. Auch hat der Beklagte die Kostenhöhe der Ingenieurleistungen hinreichend plausibel dargelegt. Zur Berechnung des Ingenieurkostenanteils wurden die anteiligen Baukosten für den klägerischen Grundstücksanschluss in Höhe von 410,92 € ins Verhältnis zu den Gesamtkosten i.H.v. 756.169,11 € gesetzt und damit ein Quotient von 0,000543423415 errechnet. Dieser Faktor ergibt multipliziert mit den beanstandungsfrei ermittelten Ingenieurhonoraren für die Gesamtbaumaßnahme i.H.v. 52.775,36 € die anteiligen Ingenieurkosten für den klägerischen Schmutzwassergrundstücksanschluss i.H.v. 28,68 €. Somit sind sowohl die Kosten für das Hinweisschild als auch für die Ingenieurkosten hinreichend belegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Vollstreckbarkeitsentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.