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Böswilliges Unterlassen von Zwischenverdiensten


Metadaten

Gericht ArbG Cottbus 1. Kammer Entscheidungsdatum 14.06.2022
Aktenzeichen 1 Ca 726/21 ECLI ECLI:DE:ARBGCOT:2022:0614.1CA726.21.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 615 S 2 BGB, § 611a BGB, § 612 BGB

Leitsatz

1) Ein Arbeitnehmer handelt nicht böswillig, wenn er es unterlässt, für einen Monat ein Zwischenarbeitsverhältnis einzugehen, das er unverzüglich wieder kündigen müsste. Dies gilt umso mehr als das Zwischenarbeitsverhältnis für ein Jahr befristet gewesen wäre und nicht klar war, ob es vorzeitig kündbar war.

2) Bereits entstandene Ansprüche können auch vor Fälligkeit geltend gemacht werden. Die Ausschlussfrist des § 10 MTV Zeitarbeit ist gewahrt.

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger 1.634,80 € brutto nebst Zinsen in Höhe in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.05.2021 zu zahlen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 1.634,80 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Annahmeverzugslohn für den Monat April 2021.

Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 1. April 2019 bis einschließlich 30. April 2021 als Geflügelfiletierer im Rahmen eine 35-Stunden-Woche mit einem Bruttogehalt von 10,10 Euro pro Stunde beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der MTV Zeitarbeit IGZ Anwendung. Zusätzlich erhielt der Kläger einen außertariflichen Zuschlag pro Stunde nach § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrages von 0,22 Euro pro Stunde. Schließlich zahlte die Beklagte jeweils monatlich einen Zuschuss zur Miete in Höhe von 190 Euro brutto. Fälligkeit des Lohnes war jeweils nach § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrages zum 15. des Folgemonats.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 30. April 2021 und stellte den Kläger unbezahlt von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung für den Monat April 2021 frei. Die Beklagte durfte den Kläger nicht mehr beschäftigen, denn nach dem 31. März 2021 durfte sie nach gesetzlichen Bestimmungen Leiharbeitnehmer nicht mehr in der Fleischbranche verleihen. Die Auftraggeberin der Beklagten, die M. ... GmbH, hatte deshalb die Geschäftsbeziehung mit der Beklagten mit Ablauf des 31. März 2021 beendet.

Die M. ... GmbH bot dem Kläger ihrerseits einen Arbeitsvertrag an. Der Kläger hatte die Möglichkeit, nahtlos an seinem bisherigen Arbeitsplatz zu einem Stundenlohn von 10,07 Euro brutto pro Stunde für den Zeitraum 1. April 2021 bis 31. März 2022 befristet zu arbeiten.

Der Kläger nahm das Angebot der M. ... nicht an. Zunächst erhob der Kläger Klage vor dem Arbeitsgericht Cottbus und wehrte sich gegen die Kündigung (3 Ca 352/21). Da der Kläger ein neues Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber ab dem 1. Mai 2021 schloss, nahm er mit Schreiben vom 18. August 2021 die Klage hinsichtlich der Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung gegen die Beklagte zurück.

Mit Schreiben vom 6. April 2021 machte die Einzelgewerkschaft des Klägers den Anspruch für den Kläger gegenüber der Beklagten schriftlich geltend. Eine weitere Geltendmachung erfolgte im Rahmen der Kündigungsschutzklage vom 9. April 2021, die der Kläger sodann zurücknahm.

Mit seiner am 12. August 2021 beim Arbeitsgericht Cottbus erhobenen Klage, die der Beklagten am 18. August 2021 zugestellt wurde, begehrt der Kläger Annahmeverzugslohn für den Monat April 2021 in Höhe von 1.634,80 Euro brutto. Dieser setzt sich zusammen aus dem Grundlohn nach dem Arbeitsvertrag in Höhe von 10,10 Euro pro Stunde, dem außertariflichen Zuschlag von 0,22 Euro brutto pro Stunde und dem Mietkostenzuschuss in Höhe von 190 Euro.

Der Kläger ist der Auffassung, er habe zu Recht das Angebot der M. ... abgelehnt. Das Angebot sei für einen Zeitraum bis zum 31. März 2022 befristet gewesen. Er habe sich zu Recht einen anderen Arbeitgeber suchen dürfen. Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf des 30. April 2021. Das neue Arbeitsverhältnis habe sich nahtlos angeschlossen und sei zu günstigeren Bedingungen für den Kläger ab dem 1. Mai 2021 geschlossen worden. Der Kläger habe nicht die Bedingungen der Befristung bis 31. März 2022 hinnehmen müssen, sondern hatte das Recht, sich im Rahmen seiner Vertragsfreiheit um ein anderes Arbeitsverhältnis zu bemühen.

Der Kläger habe auch die Ausschlussfrist gewahrt. Eine Geltendmachung vor Fälligkeit sei zulässig.

Der Kläger beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger 1.634,80 € brutto nebst Zinsen in Höhe in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 15.05.2021 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte beruft sich auf die Vorschrift des § 615 Satz 2 BGB. Der Kläger habe böswillig unterlassen, Zwischenverdienste zu erzielen. Es sei ihm zumutbar gewesen, das Arbeitsverhältnis zur M. ... GmbH anzunehmen. Jedenfalls habe er sich den möglichen Zwischenverdienst, den er habe erzielen können bei dieser neuen Arbeitgeberin anrechnen zu lassen. Der Zuschuss zur Miete bestehe ebenfalls nicht. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der M. ... GmbH wohnten nunmehr kostenfrei.

Der Kläger habe zudem die Ausschlussfrist des § 10 MTV nicht gewahrt. Der Kläger habe vor Fälligkeit geltend gemacht. Die Ausschlussfrist verlange aber die Geltendmachung nach Fälligkeit. Eine Geltendmachung nach dem 15. Mai 2021 habe es erst mit der Klageerhebung am 12. August 2021 gegeben, diese Klage sei jedoch zu spät zugestellt worden, nicht mehr innerhalb der Ausschlussfrist von drei Monaten.

Die Parteien hatten einen widerruflichen Vergleich in der Güteverhandlung vom 9. September 2021 geschlossen, bei dem sich beide Parteien den Widerruf vorbehalten hatten. Die Klägerseite hatte durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Gericht mit Schreiben vom 28. September 2021 erklärt, den gerichtlichen Vergleichsvorschlag vom 9. September 2021 anzunehmen und weiter. „Wir erklären das Verfahren in der Hauptsache für erledigt.

Die Beklagte hatte den Widerruf des Vergleichs mit Schreiben vom 28. September 2021 erklärt. Mit Schreiben vom 5. Oktober 2021 hat sich die Beklagte der Erledigungserklärung der Klägerseite angeschlossen und einen Kostenantrag gestellt.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A) Die Klage ist noch nicht erledigt. Sie ist zudem begründet.

I. Erledigung

Die Klage ist noch nicht erledigt. Die Erklärung der Klägervertreterin vom 27. September 2021, bei Gericht am 28. September 2021 eingegangen, ist nicht als Erledigungserklärung zu verstehen. Sie ist auszulegen. Die Klägerseite wollte den Vergleich in der Güteverhandlung vom 9. September 2021 nicht widerrufen, ging von dem Bestand des Vergleichs aus und auch davon, dass damit der Rechtsstreit insgesamt erledigt sein würde. Sowohl die Erklärung der Annahme des Vergleichs wie auch die Erledigungserklärung waren überflüssig. Die Klägervertreterin hätte weder den Vergleich förmlich annehmen müssen noch das Verfahren für erledigt erklären müssen. Der Vergleich hätte klägerseitig Bestand gehabt, wenn klägerseitig keine Erklärung bei Gericht eingegangen wäre. Dann wäre auch durch Ziffer 3 des Vergleichs der Rechtsstreit insgesamt erledigt gewesen.

Das Schreiben der Gewerkschaft war sichtlich so gemeint, dass eine Annahme der Klägerseite dazu führen würde, dann auch den Rechtsstreit zu erledigen. Eine unabhängige Erledigungserklärung, unabhängig von dem Bestand des Vergleichs, sollte nicht abgegeben werden.

II. Begründetheit der Klage

Die Klage ist auch insgesamt begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Annahmeverzugslohn in der eingeklagten Höhe. Ihm steht sowohl das Grundgehalt einschließlich arbeitsvertraglichem Zuschlag als auch der Mietkostenzuschuss in Höhe von 190 Euro brutto nebst Zinsen zu.

1. Anspruch aus Annahmeverzug

Der Anspruch auf Vergütung für den Monat April 2021 besteht nach dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs nach §§ 611a, 612 und 615 BGB.

Nach § 615 BGB kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

Der Arbeitnehmer handelt böswillig, wenn ihm ein Vorwurf daraus gemacht werden kann, dass er während des Annahmeverzugs trotz Kenntnis aller objektiven Umstände (Arbeitsmöglichkeit, Zumutbarkeit der Arbeit, nachteilige Folgen für den Arbeitgeber) vorsätzlich untätig bleibt oder die Aufnahme der Arbeit bewusst verhindert (BAG, NJW 1958, 2084 = AP Nr. 1 zu § 615 BGB Böswilligkeit (zu II); BAG, NJW 1963, 1123 = AP Nr. 22 zu § 615 BGB (zu II 4a, b); BAG, AP Nr. 2 zu § 615 BGB Böswilligkeit (zu 1b); Schaub, ArbeitsR-Hdb., 8. Aufl., § 95 II 4, S. 803f., m.w. Nachw.; Erman/Hanau, BGB, 9. Aufl., § 615 Rdnrn. 42f. (45f.); für den Fall des Widerspruchs bei Betriebsübergang vgl. BAG, NJW 1978, 1653 = AP Nr. 10 zu § 613a BGB (zu II)).

Die genannten Voraussetzungen des § 615 S. 2 Alt. 3 BGB liegen im Streitfall nicht vor. Die Kammer war nach der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass der Kläger anderweitigen Zwischenverdienst nicht böswillig unterlassen hat. Der Sachverhalt ist hinreichend geklärt.

Der Kläger wusste nicht, dass er nur für einen Monat arbeiten konnte. Er hatte ein neues Arbeitsverhältnis zum 1. Mai 2021 geschlossen und hatte bei der M. ... GmbH unstreitig einen befristeten Arbeitsvertrag bis zum 31. März 2022. Er hätte – wenn dies überhaupt nach dem Arbeitsvertrag zulässig gewesen wäre, was nicht vorgetragen wurde – nach zwei Wochen kündigen müssen. Der Stundenlohn bei der neuen Arbeitgeberin war geringer. Ob ein zusätzlicher arbeitsvertraglicher Zuschuss gezahlt werden würde, war nicht vorgetragen. Unveränderte Arbeitsbedingungen bestanden demnach nicht, wie es in dem vom BAG entschiedenen Fall BAG, Urteil vom 19.03.1998 – 8 AZR 139/97, NZA 98, S. 750 war.

Dem Kläger war es nicht zuzumuten, Vertragsverhandlungen zu führen, um sich ein Kündigungsrecht auszuhandeln. Ob ein Streit über die zutreffenden Arbeitsbedingungen zu erwarten war, konnte aus Sicht der Kammer nicht geklärt werden. § 615 S. 2 BGB erklärt die Aufnahme der Arbeit bei einem anderen Arbeitgeber nicht für grundsätzlich unzumutbar. Es müssen sich konkrete Umstände, z. B. aus der Person des Arbeitgebers, der Art der Arbeit oder den sonstigen Arbeitsbedingungen, die Unzumutbarkeit der anderweitigen Arbeit ergeben. Das war hier nach Überzeugung der Kammer nach der mündlichen Verhandlung der Fall. Der Kläger hätte ein befristetes Arbeitsverhältnis bis zum 31. März 2022 annehmen müssen. Er hätte in diesem Fall nicht das für ihn günstigere Angebot zum 1. Mai 2021 annehmen können.

2. Höhe der Vergütung

Dem Kläger steht neben dem Grundlohn auch der arbeitsvertragliche Zuschuss in Höhe von 0,22 Euro brutto pro Stunde zu. Die Berechnung des Klägers ist korrekt. Der Kläger hat zudem Anspruch auf einen Mietzuschuss in Höhe von 190 Euro brutto.

Die Beklagte zahlte unstreitig regelmäßig wiederkehrend Mietzuschuss in Höhe von 190 Euro brutto. Der Anspruch besteht nach dem Rechtsinstitut der betrieblichen Übung. Die mietfreie Wohnmöglichkeit bestand nur für die Mitarbeiter der M. ... GmbH.

3. Ausschlussfrist

Der Kläger hat die Ausschlussfrist des § 10 Manteltarifvertrag Zeitarbeit gewahrt, und zwar in beiden Stufen.

Nach dieser Vorschrift verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden. Lehnt die Gegenpartei die Ansprüche schriftlich ab, sind die Ansprüche innerhalb einer weiteren Ausschlussfrist von drei Monaten ab Zugang der schriftlichen Ablehnung gerichtlich geltend zu machen. Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Fristen geltend gemacht werden, sind ausgeschlossen.

Die Geltendmachung eines Anspruchs ist keine Willenserklärung, sondern eine einseitige rechtsgeschäftsähnliche Handlung, auf deren Auslegung die §§ 133, 157 BGB entsprechend anzuwenden sind (BAG 20.02.2001 - 9 AZR 46/00 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Gaststätten Nr. 11 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 139 [II 2a der Gründe]). Ob eine Handlung einer Partei zur Geltendmachung eines Anspruchs ausreicht, ist grundsätzlich von den Tatsacheninstanzen festzustellen.

Auf die Fälligkeit des Anspruchs kommt es für die ordnungsgemäße Geltendmachung eines Anspruchs nach § 10 des Manteltarifvertrages Zeitarbeit nicht an. Bereits entstandene Ansprüche können auch schon vor ihrer Fälligkeit wirksam geltend gemacht werden.Aus dem Wortlaut der Bestimmung, auf den es für die Tarifauslegung zunächst ankommt (ständige Rechtsprechung, BAG 27.06.2002 - 6 AZR 209/01 - AP BAT § 29 Nr. 18 [A II 2a der Gründe]; 27.06.2002 - 6 AZR 378/01 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Musiker Nr. 18 [A IV 1 der Gründe]), folgt nicht, dass eine Geltendmachung frühestens nach Fälligkeit des Anspruchs erfolgen kann. Der Rechtsbegriff der Fälligkeit bezeichnet den Zeitpunkt, von dem ab der Gläubiger die Leistung fordern kann. Damit legt der Wortlaut der Tarifnorm lediglich den Zeitpunkt fest, zu dem ein Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis zur Wahrung der Ausschlussfrist spätestens geltend gemacht werden muss. Ein Wille der Tarifvertragsparteien, nach dem die Anmeldung eines zwar entstandenen, jedoch noch nicht fälligen Anspruchs zur Wahrung der Ausschlussfrist unzureichend sein soll, hat im Wortlaut der Tarifbestimmung keinen Niederschlag gefunden.Sinn und Zweck der Tarifbestimmung bestätigen dieses Auslegungsergebnis.Die Ausschlussfrist soll die Parteien des Arbeitsverhältnisses zur alsbaldigen Geltendmachung und Klärung ihrer Ansprüche veranlassen (Scheuring/ Lang/Hoffmann BMT-G Stand April 2003 § 63 Erl. 1; vgl. auch Clemens/Scheuring/ Steingen/Wiese BAT Stand Mai 2003 § 70 Erl. 1). Ausschlussfristen dienen der Rechtssicherheit (BAG 19.01.1999 - 9 AZR 405/97 - AP BAT-O § 70 Nr. 1 [VI 2b bb der Gründe]). Eine verspätete Anmeldung oft zweifelhafter oder rückwirkend schwer feststellbarer Ansprüche soll vermieden werden. Ausschlussfristen bezwecken, dass sich der Anspruchsgegner auf die aus Sicht des Anspruchstellers noch offenen Forderungen rechtzeitig einstellt, Beweise sichert oder vorsorglich Rücklagen bilden kann (vgl. BAG 26.02. 2003 - 5 AZR 223/02 - AP BGB § 611 Nettolohn Nr. 13 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 163 [Für die Amtl. Samml. bestimmt], [II 3a der Gründe]).Das Ziel einer zügigen Klärung der wechselseitigen Rechte und Pflichten aus einem Arbeitsverhältnis erfordert es nicht, einen Anspruch erst nach Eintritt der Fälligkeit geltend zu machen. Behauptet der Anspruchsteller schon vor Fälligkeit, dass der von einer Norm zur Entstehung des Anspruchs vorausgesetzte Tatbestand verwirklicht ist, kann sich der Anspruchsgegner ebenso wie bei einem fälligen Anspruch auf die erhobene Forderung einstellen und sich Klarheit über das Bestehen oder Nichtbestehen des Anspruchs verschaffen. In einem solchen Fall handelt es sich nicht um die bloße Ankündigung eines möglichen Anspruchs. Es ist nicht ungewiss, ob und gegebenenfalls wann und in welchem Umfang ein Anspruch überhaupt entsteht; lediglich die Leistung kann erst künftig verlangt werden. Die von der Ausschlussfrist bezweckte rasche Klärung des Anspruchs kann zudem bei einer Geltendmachung vor Fälligkeit idR noch schneller erreicht werden, vgl. BAG vom 11.12.2003 – 6 AZR 539/02, AP BMT-G § 63 Nr. 1, beck-online.Hinge die Wirksamkeit der Geltendmachung nach § 10 des Manteltarifvertrages von der Fälligkeit des Anspruchs ab, könnte der Anspruchsteller zwar nach § 257 ZPO oder § 259 ZPO Klage auf künftige Zahlung erheben, den Anspruch jedoch noch nicht zur Wahrung der Ausschlussfrist ordnungsgemäß außergerichtlich geltend machen. Ein solches Ergebnis kann vernünftigerweise von den Tarifvertragsparteien nicht gewollt sein, vgl. BAG vom 11.12.2003 – 6 AZR 539/02, AP BMT-G II § 63 Nr. 1, beck-online und BAG 20. 6. 2002 - 8 AZR 488/01 - EzA BGB § 611 Arbeitgeberhaftung Nr. 11 zu II 2e dd der Gründe; 13.02.2003 – 8 AZR 236/02 - AP BGB § 613a Nr. 244= EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 162, II 1 der Gründe.Auch die zweite Stufe der gerichtlichen Geltendmachung ist gewahrt. Eine Ablehnung der klägerischen Forderung erfolgte mit Schriftsatz vom 25. Juni 2021 im Kündigungs-schutzverfahren. Fristablauf wäre der 25. September 2021. Die Klage in diesem Verfahren ging bereits am 18. August 2021 zu.5. ZinsanspruchDer Zinsanspruch beruht auf §§ 286, 288 BGB. Fälligkeit war ab dem 15. des Folgemonats gegeben, also dem 15. Mai 2021.B) NebenentscheidungenDie Entscheidung über die Kosten beruht auf § 46 Abs. 2 ArbGG in Verbindung mit § 91 Abs. 1 ZPO. Die Beklagte hat als unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 61 Abs. 1 ArbGG.