Gericht | VG Cottbus 5. Kammer | Entscheidungsdatum | 07.02.2023 | |
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Aktenzeichen | 5 k 447/22.a | ECLI | ECLI:DE:VGCOTTB:2023:0207.5K447.22.A.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die kenianische Klägerin beantragte am 1. März 2022 in Deutschland Asyl. Den Antrag begründet sie damit, von ihren Onkeln bedroht zu sein. Diese hielten sie für eine Verräterin, weil sie bei Gericht und Polizei gegen ihren Vater ausgesagt habe.
Gemäß § 77 Abs. 2 AsylG sieht das Gericht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes ab und verweist auf die Feststellungen in dem Bescheid vom 6. Mai 2020, mit dem die Beklagte den Antrag als offensichtlich unbegründet ablehnte.
Dagegen hat die Klägerin Klage erhoben.
Sie beantragt
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 6. Mai 2020 zu verpflichten, ihr den Asylstatus, hilfsweise Flüchtlingsschutz, weiter hilfsweise subsidiären Schutz zu gewähren sowie
weiter hilfsweise festzustellen, dass ihre Abschiebung nach Kenia gem. § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz verboten ist
Die Beklagte bittet um Klageabweisung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen. Sämtliche Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Die Klage ist unbegründet.
Insbesondere kann die Klägerin aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Bescheides, auf die das Gericht Bezug nimmt, auf internen Schutz bzw. – soweit es um nationale Abschiebungsverbote geht - das Fehlen einer landesweit bestehenden Gefahrenlage verwiesen werden.
Die Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, dass ihr jüngerer Bruder umgebracht worden sei, Polizei und Militär, die in Kontakt mit ihren Onkeln stünden, nach ihr suchten, Fotos von ihr aufgehängt worden seien, sie hierzu Anrufe von Bekannten erhalten habe, die Polizei korrupt sei, rechtfertigen keine andere Beurteilung. Die Angaben lassen – gerade auch in ihrer Vagheit – schon keinen überregionalen Bezug erkennen, der eine reale Gefahr für die Klägerin auch in dem weit von ihrem Heimatort entfernten und von Deutschland aus auf dem Luftweg zu erreichenden Mombasa, wo niemand Anlass hat, sie zu vermuten, als beachtlich wahrscheinlich erscheinen lässt. Insbesondere bietet das Vorbringen keinen tragfähigen Anhalt dafür, dass die staatlichen Sicherheitsbehörden offiziell und landesweit nach der Klägerin fahnden. Solches liegt angesichts des inzwischen eingetreten Zeitablaufs von mehreren Jahren sowie der rein privaten Verfolgungsmotivation auch fern. Zentrale Register, auch Polizeiregister, die die Verfolger leiten könnten, existieren in Kenia ohnehin nicht. Gerade auch deshalb, weil die Klägerin nach ihren Angaben beim Bundesamt Kenia legal auf dem Luftweg verlassen konnte und nahezu die letzten 1,5 Jahre vor ihrer Ausreise unbehelligt am Herkunftsort gelebt hat, erscheint ihre nunmehrige Behauptung zu den forcierten Verfolgungsaktivitäten der Onkeln sowie der Involvierung korrumpierter staatlicher Sicherheitskräfte, von denen beim Bundesamt noch nicht die Rede war, als gesteigertes und unglaubhaftes Schutzvorbringen, zumal auch kein plausibler Grund für eine zwischenzeitliche Verfolgungsforcierung ersichtlich ist.
Zu Recht hat die Beklagte das OU-Verdikt auf § 31 Abs. 3 Nr. 5 i.V.m. § 13 Abs. 3 Satz 2 AsylG gestützt. Die am 21. Dezember 2021 unerlaubt nach Deutschland eingereiste Klägerin hat erst am 15. Februar des Folgejahres um Asyl nachgesucht und damit ihre Obliegenheit zur unverzüglichen Asylantragstellung bzw. Meldung verletzt. Angesichts der nicht lediglich unnamhaften zeitlichen Verzögerung, die dadurch im Hinblick auf den Gesetzeszweck einer zügigen Durchführung des Asylverfahrens eingetreten ist, muss die Obliegenheitsverletzung als gröblich angesehen werden; das verzögerte Asylgesuch legt insbesondere den Schluss nahe, dass der Einreise nach Deutschland maßgeblich asylfremde Motive zu Grunde lagen. Entschuldigungsgründe sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Dass asylrechtlicher Schutz auch mit einer Befassung staatlicher Behörden des Schutzstaates verbunden ist, ist ein so profundes Phänomen, dass es die (immerhin einen kenianischen weiterführenden Schulabschluss besitzende) Klägerin auch bei ihr zuzubilligender Unkenntnis deutscher Verhältnisse und Rechtslage zumindest laienhaft in Erwägung hätte ziehen und durch Nachfrage bzw. Erkundigungen erhärten können und müssen. Nichts wäre für die Klägerin einfacher gewesen, als sich schlicht an die Bundespolizei am Berliner Hauptbahnhof zu wenden, in dessen Nähe sie sich eigenen Angaben zufolge nach der Einreise wochenlang aufgehalten hat. Sogar den ausdrücklichen Rat einer Hilfsperson, doch Schutz zu suchen, hat die Klägerin mit Verweis darauf, dass sie nicht reden wolle, lange Zeit abgetan. Dass die Klägerin „Angst“ und „Stress“ gehabt, „auf der Straße gelebt“ und „niemanden gekannt“ haben mag – wie sie geltend macht -, lässt – auch in dieser Vagheit – keine über eine bloß allgemein schwierige Lebenssituation hinausgehende Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit eines unverzüglichen Nachsuchens um Asyl erkennen.
Im Übrigen nimmt das Gericht wegen der Begründung Bezug auf die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid.
Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 154 Abs. 1 VwGO sowie § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.