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Entscheidung 13 UF 56/22


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 4. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 03.03.2023
Aktenzeichen 13 UF 56/22 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2023:0303.13UF56.22.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Dem Antragsgegner wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Beschwerdefrist der am 21.06.2022 erhobenen Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Neuruppin vom 22.03.2022 - 53 F 126/21 - gewährt.

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts Neuruppin vom 22.03.2022 - 53 F 126/21 - der Antragsumstellung der Antragstellerin entsprechend - um folgende Absätze ergänzt:

5. Der Antragsgegner wird verpflichtet, an das Land Brandenburg, vertreten durch  den Landkreis ..., Amt für Familien und Soziales,  Unterhaltsvorschuss-Stelle, wegen der für den Zeitraum vom 1.11.2021 bis zum  31.03.2022 auf die Unterhaltsvorschusskasse übergegangenen Unterhaltsansprüche  des Kindes 1), geboren am...2006, einen Betrag in Höhe von 1.536 €  und wegen der für den Zeitraum vom 1.11.2021 bis zum 31.03.2022 auf die  Unterhaltsvorschusskasse übergegangenen Unterhaltsansprüche des Kindes 2), geboren am...2008, einen Betrag in  Höhe von 1.509 € zu zahlen.

6. Im Übrigen werden die Anträge abgewiesen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen und der Beschluss des Amtsgerichts Neuruppin vom 22.03.2022 in seinem Ausspruch zu 3. und 4. aufgrund der Antragsumstellung der Antragstellerin wie folgt neu gefasst:

3. Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin für das Kind 1),  geboren am...2006, für den Zeitraum vom 1.12.2021 bis zum  31.03.2022 bereits  fällig gewordenen Barunterhalt in Höhe von 438 € zu zahlen.

4. Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin für das Kind 2), geboren am...2008, für den Zeitraum vom 1.12.2021 bis zum  31.03.2023 bereits fällig gewordenen Barunterhalt in Höhe von 450 € zu zahlen.

Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen hat der Antragsgegner zu tragen.

Der Wert des erstinstanzlichen Verfahrens wird auf 15.030 € bis zum 03.11.2021 und auf 10.935 € ab dem 04.11.2021 festgesetzt. Der Wert des Beschwerdegegenstands wird auf 6.726 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsgegner wendet sich gegen seine Verpflichtung zur Zahlung von Barunterhalt für seine beiden minderjährigen Kinder 1), geboren am...2006, und 2), geboren am...2008, die einkommens- und vermögenslos im Haushalt ihrer antragstellenden Mutter leben, der vom Antragsgegner getrennten Ehefrau.

Der Antragsgegner hat im verfahrensgegenständlichen Zeitraum in seinem erlernten Beruf des Malers und Lackierers, in dem er seit 2019 als Angestellter einer Einzelfirma in Vollzeit tätig ist, ein monatliches Einkommen in Höhe von durchschnittlich 1.811,78 € nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen erzielt, mit Ausnahme des Zeitraums vom 01.10.2022 bis zum 31.12.2022, in dem er wegen eines Sportunfalls Krankengeld in Höhe von monatlich 1.333,20 € bezog. Im März und April 2021 hat er Corona-Prämien in Höhe von je 300 € vereinnahmt. Der Antragsgegner zahlt auf ein vor der Trennung von der Antragstellerin im Februar 2020 aufgenommenes Darlehen bei der D...-Bank monatliche Raten in Höhe von 281,83 €. Für den Monat November 2021 hat er die für die ehemalige Ehewohnung anfallende Mietzahlung in Höhe von 719 € aufgebracht.

Die Antragsbeteiligten sind sich darüber einig, dass der Antragsgegner seinem am 01.11.2003 geborenen Sohn 3) im Zeitraum vom 01.10.2021 bis zum 31.12.2021 Barunterhalt in Höhe von monatlich 225 € schuldet. Durch Vergleich vom 31.01.2023 im einstweiligen Anordnungsverfahren des Amtsgerichts Neuruppin (53 F 10/22) hat sich der Antragsgegner gegenüber 3) zur Zahlung von 350 € monatlich für den Zeitraum vom 01.01.2022 bis zum 31.08.2022 verpflichtet.

Die Unterhaltsvorschusskasse des Landkreises ... hat vom 01.10.2021 bis 31.12.2021 einen monatlichen Unterhalt für das Kind 1) in Höhe von je 309 € und für 2) in Höhe von je 303 €, und vom 01.01.2022 bis zum 31.07.2022 in Höhe von je 314 € für 1) und in Höhe von je 308 € für 2) an die Antragstellerin gezahlt.

Die Antragstellerin hat vorgetragen, der Antragsgegner sei zur Zahlung des Mindestunterhalts zugunsten seiner minderjährigen Kinder verpflichtet und dazu auch hinreichend leistungsfähig. Sie wisse, dass er auch am Wochenende arbeite. Kreditverbindlichkeiten seien von seinem Einkommen nicht abzusetzen.

Sie hat beantragt (Bl. 104, 1),

den Antragsgegner zu verpflichten, an den mdj. Sohn 1), geb. ...2006, zu Händen der Kindesmutter, ab Oktober 2021 monatlich im Voraus Kindesunterhalt in Höhe von 100 % des jeweiligen Mindestunterhalts in der dritten Altersstufe, abzüglich des nach § 1612 b BGB anrechenbaren Kindergeldes für ein zweites Kind zu zahlen;

den Antragsgegner zu verpflichten, an die mdj. Tochter 2), geb. ...2008, zu Händen der Kindesmutter, ab Oktober 2021 monatlich im Voraus Kindesunterhalt in Höhe von 100 % des jeweiligen Mindestunterhalts in der dritten Altersstufe, abzüglich des nach § 1612 b BGB anrechenbaren Kindergeldes für ein zweites Kind zu zahlen.

Der Antragsgegner hat beantragt (Bl. 104)

die Anträge abzuweisen.

Es sei ihm nicht möglich, ein höheres als das aktuell erzielte Einkommen zu erwirtschaften, insbesondere sei er wegen auswärtiger Arbeitseinsätze außerstande, eine Nebentätigkeit aufzunehmen. Die Kreditverbindlichkeit bei der D...-Bank habe er vor der Trennung begründet.

Durch die angefochtene Entscheidung vom 22.03.2022 (Bl. 112) hat das Amtsgericht den Antragsgegner zur Zahlung von 80 % des Mindestunterhalts für beide Kinder für Oktober und November 2021 und 100 % ab Dezember 2021 verpflichtet. Die Leistungen der Unterhaltsvorschusskasse sind erstinstanzlich nicht berücksichtigt worden.

Mit seiner Beschwerde vom 21.06.2022 (Bl. 189), die er erhoben hat, nachdem ihm der Senat mit Beschluss vom 30.05.2022 (Bl. 162) antragsgemäß Verfahrenskostenhilfe für die beabsichtigte Einlegung einer Beschwerde bewilligt hat, hat der Antragsgegner zunächst nur die Unterhaltsverpflichtung für den Zeitraum vom 01.10.2021 bis einschließlich 31.03.2022 angegriffen. Er beanstandet insoweit die erstinstanzlich unberücksichtigt gelassenen Leistungen der Unterhaltsvorschusskasse und eine unzutreffende Ermittlung des von ihm im Oktober und November 2021 geschuldeten Barunterhalts.

Der Antragsgegner beantragt sinngemäß (Bl. 189, 220),

den Beschluss des Amtsgerichts Neuruppin vom 22.03.2022 dahingehend abzuändern, dass die Anträge der Antragstellerin abgewiesen werden, soweit er verpflichtet wird, für den Zeitraum vom 01.10.2021 bis zum 31.03.2022 zugunsten des Kindes 1) mehr als insgesamt einen Betrag in Höhe von 390 € und zugunsten des Kindes 2) mehr als insgesamt einen Betrag in Höhe von 408 € zu zahlen.

Unter dem 09.10.2022 macht er weiter geltend, wegen des krankheitsbedingten Bezugs von Krankengeld in Höhe von 1.333,20 € ab 01.10.2022 nur zur Zahlung von jeweils monatlich 186,60 € pro Kind in der Lage zu sein.

Der Antragsgegner beantragt beschwerdeerweiternd sinngemäß (Bl. 220),

die Anträge der Antragstellerin abzuweisen, soweit er verpflichtet wird, für den Zeitraum ab Oktober 2022 für jedes Kind mehr als einen Betrag in Höhe von 186,60 € monatlich zu zahlen.

Die Antragstellerin beantragt (Bl. 198),

die Beschwerde insgesamt zurückzuweisen.

Sie bestreitet eine krankheitsbedingte Einschränkung der Erwerbsfähigkeit des Antragsgegners.

Sie beantragt, nachdem sie ihre erstinstanzlichen Anträge betreffend des Unterhalts für den Monat Oktober 2021 für beide Kinder zurückgenommen hat (Bl. 217) - sinngemäß - weiter (Bl. 198),

den Antragsgegner unter Aufrechterhaltung der erstinstanzlichen Anträge im Übrigen zu verpflichten, an die Unterhaltsvorschusskasse des Landkreises ... auf den im Zeitraum vom 01.11.2021 bis zum 31.03.2022 jeweils geschuldeten Unterhalt für 1) und 2) je einen Betrag in Höhe von je 309 € für November und Dezember 2021 und in Höhe von je 314 € für die Monate Januar bis März 2022 zu zahlen.

Der Antragsgegner hatte Gelegenheit zur Stellungnahme (Bl. 215).

Der Senat hat den Antragsgegner mit Verfügung vom 21.11.2022 (Bl. 238) auf die Erfolglosigkeit seiner mit Schriftsatz vom 09.10.2022 beantragten Erweiterung der Beschwerde hingewiesen und der Unterhaltsvorschusskasse des Landkreises ... mit Verfügung vom 23.12.2022 (Bl. 258) rechtliches Gehör gewährt, soweit die Antragstellerin auf die Unterhaltsvorschusskasse übergegangene Unterhaltsansprüche geltend macht.

Der Senat entscheidet über die Beschwerde, wie angekündigt (Bl. 238), ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung, §§ 117 Abs. 3, 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG. Angesichts des umfangreichen Schriftwechsels der Beteiligten im zweiten Rechtszug und den Vergleichsvorschlägen, die der Senat den Beteiligten unter Darlegung seiner Rechtsauffassung unterbreitet hat, ist von einer mündlichen Verhandlung kein zusätzlicher Erkenntnisgewinn zu erwarten.

II.

1. Die Beschwerde ist nach §§ 58ff. FamFG zulässig, soweit sie die mit Schriftsatz vom 21.06.2022 beantragte Abänderung der angefochtenen Entscheidung über den Unterhalt für den Zeitraum vom 01.10.2021 bis 31.03.2022 betrifft. Wegen der Versäumung der Beschwerdefrist ist dem Antragsgegner auf seinen Antrag vom 20.06.2022 (Bl. 177) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, §§ 113 Abs. 1 FamFG, 233 ZPO, nachdem der Senat über die mit Schriftsatz vom 25.04.2022 (Bl. 157) innerhalb der Beschwerdefrist beantragte Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde durch Beschluss vom 30.05.2022 (Bl. 162), mithin nach Ablauf der Beschwerdefrist, entschieden hat.

2. a) Die hiernach in zulässiger Weise erhobene Beschwerde betreffend den Unterhalt von 01.10.2021 bis 31.03.2022 ist, nachdem die Antragstellerin den Antrag betreffend den Unterhalt für Oktober 2021 zurückgenommen hat, begründet, soweit es den Ausspruch über den Unterhalt für November 2021 betrifft. Für diesen Zeitraum wendet der Antragsgegner gegenüber der Verpflichtung, je 100 % des Mindestunterhalts für seine beiden minderjährigen Kinder zu zahlen, erfolgreich Leistungsunfähigkeit ein, soweit für 1) ein höherer Unterhalt als 285 € und für 2) von mehr als 282 € in Rede steht. Anders als im Zeitraum vom 01.12.2021 bis zum 31.03.2022 ist das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen des Antragsgegners im November 2021 um die Mietzahlung in Höhe von 719 € für die ehemalige Ehewohnung reduziert, was ihm die Zahlung von 100 % des Mindestunterhalts verunmöglicht.

b) Eine darüber hinaus gehende Leistungsunfähigkeit des Antragsgegners in Ansehung des Mindestunterhalts hat das Amtsgericht im Ergebnis zutreffend verneint. Auch der Beschwerdevortrag rechtfertigt nicht, die Kreditverbindlichkeit des Antragsgegners bei der D...-Bank vom Einkommen des Antragsgegners abzusetzen und von der Zurechnung des erstinstanzlich zutreffend ermittelten fiktiven Einkommens abzusehen.

Ausgehend von dem Nettoerwerbseinkommen des Antragsgegners in Höhe von 1.851 € - unter Einschluss des auf das gesamte Jahr umzulegenden Corona-Zuschusses von 50 € monatlich - ergibt sich nach Abzug der Pauschale von 5 % des Nettoerwerbseinkommens für berufsbedingte Aufwendungen (Ziffer 10.2.1 Leitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, im Folgenden LL) ein unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen in Höhe von 1.758,45 €. Bei dem wegen des Zusammenlebens des Antragsgegners in einer Lebensgemeinschaft um 10 % zu kürzenden Selbstbehalt von 1.044 € (Ziffer 21.5 LL 2021, 2022) genügt das tatsächlich erzielte Einkommen des Antragsgegners allerdings nicht zur Zahlung des Mindestunterhalts seiner minderjährigen Kinder.

Die Berücksichtigung der Kreditverbindlichkeit in Höhe von 281,83 € kommt nicht in Betracht. Der Umstand, dass diese Verbindlichkeit vor der Trennung des Antragsgegners von der Antragstellerin zum Zweck der gemeinsamen Ablösung eines Kreditvertrags für ein Familienfahrzeug aufgenommen und später zum Zweck der Finanzierung eines Fahrzeugs für den gemeinsamen Sohn 3) umgeschuldet wurde, entbindet den Antragsgegner nicht von seiner unterhaltsrechtlichen Obliegenheit (§ 1603 Abs. 2 BGB), sich um eine erneute Umschuldung der Verbindlichkeit zu bemühen, um seinen minderjährigen Kindern den Mindestunterhalt zu gewährleisten. Ob Kreditverbindlichkeiten bei der Ermittlung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens des Unterhaltsverpflichteten berücksichtigungsfähig sind, ist unter umfassender Interessenabwägung zu beurteilen, wobei es insbesondere auf den Zweck der Verbindlichkeit, den Zeitpunkt und die Art ihrer Entstehung ankommt. Wenn allerdings die Sicherung des Mindestunterhalts in Rede steht, müssen sich minderjährige Kinder selbst die Kreditverbindlichkeiten, die ihre Eltern während der Zeit des Zusammenlebens für Zwecke der gemeinsamen Lebensführung aufgenommen haben, in der Regel nicht entgegen halten lassen (BeckOGK/Wendtland, 1.2.2023, § 1610 BGB Rn. 34). Da der Antragsgegner entsprechende Umschuldungsbemühungen nicht darlegt, kommt eine Berücksichtigung dieser Verbindlichkeit nicht in Betracht.

c) Dem Antragsgegner ist, da sein tatsächlich erzieltes Erwerbseinkommen zur Zahlung des Mindestunterhalts für beide Kinder nicht ausreicht, ein fiktives Erwerbseinkommen auf der Grundlage des Bundesecklohns (Ost) für Maler und Lackierer des Jahres 2021 in Höhe von 16,88 € (https://www.deutsche-handwerks-zeitung.de/maler-und-lackierer-ecklohn-und-mindestlohn) und einer zumutbaren wöchentlichen Arbeitszeit von 48 Stunden zuzurechnen. Nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben ergibt das für das Jahr 2021 mit der vom Amtsgericht in nicht zu beanstandender Weise zugrunde gelegten Lohnsteuerklasse 3 und 3 Kinderfreibeträgen ein Nettoeinkommen von 2.561 € und für das Jahr 2022 auf der Grundlage der Lohnsteuerklasse 1 und 1,5 Kinderfreibeträgen ein Nettoeinkommen von 2.293 € (www.brutto-netto-rechner.info).

Der Antragsgegner trägt keine hinreichenden Umstände dafür vor, eine mit dem Bundesecklohn (Ost) vergütete Tätigkeit in seinem erlernten Beruf nicht zu finden. Wie allgemein bekannt, besteht auf dem gesamten deutschen Arbeitsmarkt, insbesondere auch im Land Brandenburg, ein ganz erheblicher Fachkräftemangel, der die erfolgreiche Aufnahme einer Tätigkeit als Maler mit einer Vergütung, die dem Bundesecklohn (Ost) entspricht, als ohne weiteres möglich erscheinen lässt. Angesichts der nach § 1603 Abs. 2 BGB erhöhten Erwerbsobliegenheit des Antragsgegners gegenüber seinen minderjährigen Kindern trägt er die Darlegungs- und Beweislast für seine mangelnde Leistungsfähigkeit. Den Unterhaltspflichtigen trifft zur Sicherung des Mindestunterhalts eine Obliegenheit zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit im Umfang von 48 Wochenstunden entsprechend §§ 3, 9 ArbZG (Senat, B. v. 01.12.2021 13 UF 166/20; B. v. 12.10.2021, 13 UF 64/18; B. v. 08.01.2021, 13 UF 92/18, juris; BeckOGK/Wendtland § 1610 BGB Rn. 43.1).

Die Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit im Umfang von insgesamt 48 Wochenstunden wird auch durch den Beschwerdevortrag nicht nachvollziehbar erschüttert. Zur Vermeidung eines Zeitaufwands von derzeit 35 Minuten für die einfache Strecke der An- und Abfahrt zur Betriebsstätte des Arbeitgebers in ... ist dem Antragsgegner der Wechsel seiner derzeitigen zugunsten einer näher an seinem Wohnort gelegenen Arbeitsstätte zuzumuten, zumal er – wie oben ausgeführt – nicht hinreichend darlegt, keine besser vergütete - und entsprechend näher an seinem Wohnort gelegene - Anstellung in seinem Beruf finden zu können. Darüber hinaus ist eine wöchentliche Erwerbstätigkeit von 48 Stunden selbst bei einer täglichen Fahrzeit von insgesamt 70 Minuten zur Bewältigung der Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht unzumutbar. Mit der bloßen Behauptung, eine Arbeitszeit von 48 Stunden zuzüglich der Fahrtzeiten ruiniere seine Gesundheit, kann der Antragsgegner nicht erfolgreich begründen, weswegen er seinen minderjährigen Kindern den Mindestunterhalt nicht zu leisten imstande sei.

d) Das dem Antragsgegner zuzurechnende fiktive Einkommen ist, unter Einschluss des Coronabonus, der auf den Monat umgerechnet 50 € beträgt, um berufsbedingte Aufwendungen in Höhe von 5 % des Nettoerwerbseinkommens zu bereinigen, so dass im Jahr 2021 ein fiktives Einkommen in Höhe von 2.480 € und im Jahr 2022 in Höhe von 2.226 € zugrundezulegen ist. Da dem Unterhaltspflichtigen, dem ein fiktives Einkommen zugerechnet wird, ein konkreter Vortrag zu seinen – fiktiven – berufsbedingten Aufwendungen nicht zuzumuten ist, ist in diesen Fällen selbst dann, wenn die Gewährleistung des Mindestunterhalts in Rede steht, die Pauschale von 5 % des Nettoerwerbseinkommens wegen berufsbedingter Aufwendungen vom fiktiven Nettoerwerbseinkommen abzusetzen (BeckOGK/Wendtland § 1610 BGB Rn. 32, 51).

Für den Monat November 2021 errechnet sich daher nach Abzug der vom Antragsgegner gezahlten Miete ein fiktives unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen von 1.761 €, so dass für den Unterhalt der drei Kinder des Antragsgegners ein Betrag von 720 € verbleibt, das zur Zahlung des für alle drei Kinder des Antragsgegners geschuldeten Unterhalts in Höhe von 1.059 € (225 € 3), 418,50 € 1), 415,50 € 2)) nicht genügt. Im Wege der Mangelfallberechnung (Ziffer 24 LL) ergibt sich unter Berücksichtigung der Einsatzbeträge der drei Kinder ein gekürzter Unterhaltsbetrag von 285 € für 1) und 282 € für 2).

Für Dezember 2021 verbleibt ein fiktives unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen von 2.480 €, das zur Zahlung des insgesamt geschuldeten Unterhalts von 1.059 € genügt.

Für den Zeitraum ab Januar 2022 verbleibt bei einem unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen des Antragsgegners in Höhe von 2.226 € und dem Selbstbehalt von 1.044 € ein Betrag in Höhe von 1.182 €, der jedenfalls zur Zahlung von 100 % des Mindestunterhalts der Kinder 1) und 2) (423,50 € + 420,50 € = 844 €) genügt, nicht aber zur Zahlung des durch Vergleich vor dem Amtsgericht Neuruppin vereinbarten Unterhalts in Höhe von 350 € zugunsten des erwachsenen Kindes 3). Da sich der Antragsgegner allerdings freiwillig und in Kenntnis seiner im Übrigen bestehenden, im hiesigen Verfahren streitgegenständlichen Unterhaltsverpflichtung zur Zahlung von monatlich 350 € zugunsten von 3) verpflichtet hat, kann er sich insoweit nicht auf eine Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit in Ansehung des zugunsten 1) und 2) zu zahlenden Unterhalts berufen.

3. Die Beschwerde ist nach §§ 58, 117 Abs. 1 Satz 3 FamFG bereits unzulässig, soweit der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 09.10.2022, und damit nach Ablauf der seit dem 24.03.2022 laufenden Beschwerdebegründungsfrist, eine Abänderung seiner Unterhaltsverpflichtung ab Oktober 2022 geltend macht.

Da der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 21.06.2022 den erstinstanzlichen Ausspruch nur betreffend der vom 01.10.2021 bis 31.03.2022 ausgesprochenen Unterhaltsverpflichtung angreift, stellt die mit Schriftsatz vom 09.10.2022 beantragte Abänderung eine Erweiterung der Beschwerde dar. Eine Beschwerdeerweiterung ist, soweit sie - wie vorliegend - nicht auf den innerhalb der Frist des § 117 Abs. 1 Satz 3 FamFG eingereichten Vortrag gestützt ist, nur dann zulässig, wenn seit Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist neue Umstände eingetreten sind, die gemessen an den Anforderungen, die für die Zulässigkeit einer Abänderung einer Unterhaltsentscheidung nach § 238 FamFG erfüllt sein müssen, die Erweiterung der Beschwerde rechtfertigen (BGH NJW 1985, 2029; OLG Karlsruhe NJW-RR 2020, 949, 951; Prütting/Helms/Feskorn, 9/22, § 117 FamFG Rn. 28).

Diesen Anforderungen genügt der Beschwerdevortrag zur beantragten Abänderung des Unterhalts ab Oktober 2022 nicht. Eine erstmals nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist aufgetretene Einschränkung der Leistungsfähigkeit eines Unterhaltsverpflichteten infolge einer Erkrankung kann zwar grundsätzlich eine zulässige Beschwerdeerweiterung rechtfertigen. Der für die Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit nach § 1603 Abs. 2 BGB darlegungs- und beweisbelastete Antragsgegner trägt indes schon nicht hinreichend substantiiert vor, dass ihm wegen der am 28.08.2022 infolge eines Sportunfalls erlittenen Luxation der rechten Schulter, die zur Arbeitsunfähigkeit bis zum 31.12.2022 führte, die Zahlung des Mindestunterhalts für die beiden Kinder wegen des ab 01.10.2022 auf Krankentagegeld in Höhe von 1.333, 20 € reduzierten Erwerbseinkommens nicht möglich oder nicht zuzumuten sein könnte.

Insbesondere aber rechtfertigt die vom Antragsgegner vorgetragene krankheitsbedingte Einschränkung der Leistungsfähigkeit auch in der Sache nicht eine Verkürzung des Unterhalts der beiden Kinder auf den mit der Beschwerde geltend gemachten Betrag.

Zusätzlich zu der vom Antragsgegner nachgewiesenen Schulterluxation aufgrund des Sportunfalls, die eine Operation mit stationärem Krankenhausaufenthalt und Physiotherapie für die Dauer von vier Monaten erforderte (Bl. 253f.) - hätte der Antragsgegner konkrete Angaben machen müssen zu dem Ausmaß der Einschränkung seiner Erwerbsfähigkeit und zu den Anstrengungen, die er zur schnellstmöglichen Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit unternommen hat (Senat BeckRS 2019, 34698; BeckRS 2018, 26468; BeKOGK/Wendtland § 1610 BGB Rn. 47). Dem Beschwerdevortrag, den Arztbriefen der ... Kliniken vom 30.09.2022 (Bl. 251ff.) und den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (Bl. 255ff.) lässt sich nicht entnehmen, dass der Antragsgegner ab Oktober 2022 zu jeglicher Erwerbstätigkeit außerstande gewesen sein könnte.

Es ist nicht ersichtlich und wird vom Antragsgegner auch nicht substantiiert vorgetragen, dass er durch die Schulterverletzung außerstande gewesen sein könnte, vorübergehend eine körperlich nicht beanspruchende Tätigkeit, etwa eine Schreibtischarbeit, auszuüben. Bereits durch eine halbschichtige Tätigkeit im Mindestlohnbereich von 12 € pro Stunde (www.dgb.de/schwerpunkt/mindestlohn) kann der Antragsgegner einen monatlichen Bruttoverdienst von 960 € erwirtschaften (20 Wochenstunden x 4 Wochen x 12 €), woraus sich bei Lohnsteuerklasse 1 und 1,5 Kinderfreibeträgen ein Nettolohn von 767,27 € ergibt (www.brutto-netto-rechner.info). Zuzüglich des Krankentagegelds von 1.333,20 € monatlich genügt das so erzielbare Einkommen von insgesamt 2.100, 47 € auch nach Abzug von 38,36 € für berufsbedingte Aufwendungen, Ziff. 10.2.1 LL (5 % von 767,27 €), zur Zahlung des Mindestunterhalts von insgesamt 844 € für die beiden minderjährigen Kinder, ohne dass der Selbstbehalt des Antragsgegners tangiert wird.

5. a) Die Antragstellerin hat ihre erstinstanzlich erhobenen Anträge im Beschwerderechtszug in zulässiger Weise auf Leistung an die Unterhaltsvorschusskasse als Rechtsnachfolger umgestellt, indem sie - für den nach ihrer Rücknahme verbleibenden, beim Beschwerdegericht angefallenen Unterhaltszeitraum von November 2021 bis März 2022 - nunmehr beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, den geschuldeten Unterhalt in dem Umfang, in dem die Ansprüche auf die Unterhaltsvorschusskasse übergegangen sind, an diese zu zahlen.

Die Umstellung eines Antrags auf Leistung an den Rechtsnachfolger stellt keine Klageänderung, sondern eine bloße Modifizierung der ursprünglichen Rechtsverfolgung dar, die nicht den Anforderungen nach § 263 ZPO unterfällt und ohne - die hier nicht erteilte - Zustimmung des Antragsgegners zulässig ist (vgl. BGH NJW-RR 2004, 2152; NJW-RR 1990, 505; MüKoZPO/Becker-Eberhard, 6. Aufl. 2020, § 265 ZPO Rn. 87; BeckOK ZPO/Bacher, 47. Ed. 1.12.2022, § 265 ZPO Rn. 17.1; § 264 ZPO Rn. 5f.). Die Umstellung kann erstmals auch im Beschwerderechtszug in zulässiger Weise beantragt werden (vgl. OLG Brandenburg, 1. Senat für Familiensachen, BeckRS 2021, 3898; MüKoZPO/Becker-Eberhard § 265 ZPO Rn. 87; BeckOK ZPO/Bacher, § 264 Rn. 11), zumal der Antragsgegner das Nichtvorliegen der Aktivlegitimation der Antragstellerin trotz deren entsprechenden Sachvortrags im erstsintanzlichen Verfahren erstmals mit der Beschwerde geltend gemacht und die Antragstellerin die Umstellung innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist beantragt hat.

Die Antragstellerin ist berechtigt, im Wege der Prozessstandschaft nach § 265 Abs. 2 ZPO die nach Rechtshängigkeit des von ihr eingeleiteten Verfahrens auf einen Rechtsnachfolger übergegangenen Ansprüche gegen den Antragsgegner geltend zu machen. Zusätzlich zu ihrer auf § 1629 Abs. 3 BGB beruhenden Prozessführungsbefugnis, kraft der sie als Obhutselternteil die Unterhaltsansprüche der gemeinsamen minderjährigen Kinder 1) und 2) trotz gemeinsamer elterlicher Sorge gegen den anderen Elternteil allein (§ 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB) im eigenen Namen geltend machen kann, ist sie berechtigt, aufgrund gesetzlicher Prozessstandschaft die nach Eintritt der Rechtshängigkeit (§ 265 Abs. 1, 2 ZPO) auf die Unterhaltsvorschusskasse übergegangenen ehemaligen Unterhaltsansprüche der Kinder im eigenen Namen zugunsten des Rechtsnachfolgers geltend zu machen (vgl. BGH NJW-RR 2001, 1081; OLG Brandenburg, 1. Senat für Familiensachen, BeckRS 2021, 3898; BeckOK ZPO/Becker-Eberhard § 265 ZPO Rn. 17). Da der Antragstellerin die auf die Unterhaltsvorschusskasse nach § 7 UVG übergegangenen Ansprüche nicht mehr zustehen, kann sie mangels entsprechender Sachlegitimation erfolgreich nur verlangen, den Antragsgegner zur Zahlung an die Unterhaltsvorschusskasse zu verpflichten (BGH BeckRS 2013, 9620; BeckRS 2012, 20047; OLG Brandenburg, 1. Senat für Familiensachen, BeckRS 2021, 2898; BeckOK ZPO/Becker-Eberhard § 265 Rn. 17).

b) Der Umstellung der Anträge entsprechend ist der Antragsgegner verpflichtet, den von ihm jeweils geschuldeten Unterhalt in dem auf die Unterhaltsvorschusskasse nach § 7 UVG übergegangenen Umfang an diese zu zahlen, im Übrigen an die Antragstellerin. Dem gesetzlichen Anspruchsübergang nach § 7 Abs. 1 Satz 1 UVG auf die Unterhaltsvorschusskasse steht nicht entgegen, dass der Unterhaltsanspruch auf einer fiktiven Leistungsfähigkeit des Antragsgegners beruht (vgl. BGH NJW-RR 2001, 1081; OLG Brandenburg, 1. Senat für Familiensachen, BeckRS 2021, 3989). Da der Antragsgegner für den Monat November 2021 zugunsten 1) nur einen Unterhalt von 285 € und zugunsten 2) nur 282 € schuldet, ist er auch nur in diesem Umfang zur Zahlung an die Unterhaltsvorschusskasse verpflichtet; eine darüber hinaus gehende Unterhaltsschuld besteht nicht. Da er im Übrigen jeweils 100 % des Mindestunterhalts schuldet, ist er im Umfang der von der Unterhaltsvorschusskasse zugunsten der Kinder nachfolgend aufgeführten, vom Antragsgegner zutreffend bezifferten Leistungen verpflichtet.

Der Unterhaltsvorschusskasse war wegen der Bindungswirkung (§§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 265 Abs. 2, 325 ZPO) der ihre Ansprüche betreffenden Entscheidung (vgl. Musielak/Voit/Foerste, 19. Aufl. 2022, § 265 ZPO Rn. 12) rechtliches Gehör zu gewähren (vgl. BVerfG NJW 1982, 1635). Ihr Einwand vom 11.01.2023 (Bl. 260), eine Rückübertragung der auf sie übergegangenen Ansprüche auf die Antragstellerin sei nicht erfolgt und komme mangels Zustimmung des Antragsgegners auch nicht in Betracht, so dass sie Inhaberin der übergegangenen Ansprüche geblieben sei, ist unbeachtlich, soweit es um die hier allein beantragte prozessstandschaftliche Geltendmachung ihrer Ansprüche durch die Antragstellerin geht.

Für den Zeitraum von November 2021 bis einschließlich März 2022 ergeben sich somit die folgenden Zahlungsverpflichtungen des Antragsgegners:

Für 1):

November 2021: 285 € Unterhaltsvorschusskasse;                                                                            Dezember 2021: 309 € Unterhaltsvorschusskasse; 109,50 € Antragstellerin                                     Januar bis März 2022: je 314 € Unterhaltsvorschusskasse; 109,50 € Antragstellerin

Für 2):

November 2021: 282 € Unterhaltsvorschusskasse                                                            Dezember 2021: 303 € Unterhaltsvorschusskasse; 112,50 € Antragstellerin                                     Januar bis März 2022: je 308 € Unterhaltsvorschusskasse; 112,50 € Antragstellerin

Hieraus errechnet sich insgesamt ein vom Antragsgegner im verfahrensgegenständlichen Zeitraum für 1) an die Unterhaltsvorschusskasse zu zahlender Betrag in Höhe von 1.536 € (285+309+(314x3)) und für 2) in Höhe von 1.509 € (282+303+(308x3)). An die Antragstellerin hat der Antragsgegner wegen des aufgelaufenen Unterhalts für 1) einen Betrag in Höhe von 438 € (4x109,50) und für 2) in Höhe von 450 € (112,50x4) zu zahlen.

III.

Die Kostenentscheidungen beruhen jeweils auf § 243 FamFG und entsprechen dem jeweiligen Maß des Unterliegens der Beteiligten.

Erstinstanzlich unterliegt die Antragstellerin mit ihren Anträgen nur in Ansehung der im Beschwerderechtszug erfolgten Antragsrücknahme, mithin des für Oktober 2021 ursprünglich geforderten Unterhalts von 100 % des Mindestunterhalts für beide Kinder (418,50 € + 415,50 € = 834 €), sowie des für November 2021 geforderten Unterhalts in derselben Höhe, den der Antragsgegner nur in Höhe von 285 € + 282 € = 567 €, mithin um 267 € (834 minus 567), insgesamt mithin 1.101 € weniger schuldet als beantragt.

Da das Unterliegen der Antragstellerin insgesamt, auch unter Berücksichtigung ihrer erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 02.11.2021 (Bl. 11) erklärten Rücknahme des Antrags betreffend Barunterhalt für 3) nach dem Eintritt von dessen Volljährigkeit, die Geringfügigkeitsgrenze von 10 % (vgl. MüKo ZPO/Schulz, 6. Aufl. 2020, § 92 ZPO Rn. 19) nicht überschreitet, entspricht es billigem Ermessen, dem Antragsgegner die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens allein aufzuerlegen.

Mit seiner Beschwerde obsiegt der Antragsgegner, soweit die Antragstellerin die Anträge betreffend den ihr in Höhe von insgesamt 667,20 € zugesprochenen Unterhalt für Oktober 2021 zurückgenommen hat. Weiter obsiegt der Antragsgegner, soweit die für November 2021 in Höhe von 667,20 € ausgesprochene Unterhaltsverpflichtung auf 567 € (285+282), mithin um 100,20 € reduziert wird; dies entspricht bei einem Wertinteresse der Beschwerde von 3.902 € einem Maß des Obsiegens von 17 %. Angesichts des vollumfänglichen Unterliegens des Antragsgegners in Ansehung der sein Beschwerdeinteresse auf 6.727 € erhöhenden Beschwerdeerweiterung entspricht es billigem Ermessen, dem Antragsgegner auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens allein aufzuerlegen.

Die Korrektur der erstinstanzlichen Wertfestsetzung beruht auf §§ 55 Abs. 3 Nr. 2, 34 Satz 1 FamGKG. Da die Rücknahme vom 02.11.2021 (Bl. 11) am 03.11.2021 beim Amtsgericht eingegangen ist, kann es für die Anwaltsgebühren (§§ 23 Abs. 1, 32 Abs. 1 RVG) auf diesen Zeitpunkt ankommen, was eine differenzierende Wertfestsetzung rechtfertigt (vgl. BeckOK KostR/Schindler, 40. Ed. 1.1.2023, § 34 FamGKG Rn. 11).

Die Festsetzung des Werts des Beschwerdeverfahrens beruht auf §§ 55 Abs. 2, 51 Abs. 1 FamGKG. Das mit Schriftsatz vom 21.06.2022 verfolgte Wertinteresse beträgt 3.902 €, entsprechend der Differenz der ausgesprochenen Unterhaltsverpflichtung für den Zeitraum von Oktober 2021 bis März 2022 (4.700 €) und dem Betrag, auf den sich die Beschwerde nicht erstreckt (798 €). Die Erweiterung der Beschwerde des Antragsgegners erhöht zwar den Wert des Beschwerdegegenstands (§ 34 Satz 1 FamGKG), jedoch - entgegen § 51 Abs. 1 Satz 1 FamGKG - nicht um den zwölffachen, sondern vorliegend nur um den sechsfachen Betrag der geltend gemachten Reduzierung des geschuldeten Unterhalts, da mit der zunächst erhobenen Beschwerde bereits eine Abänderung des laufenden Unterhalts für sechs Monate geltend gemacht wird. Da der Verfahrenswert bei laufendem Unterhalt insgesamt nach § 51 Abs. 1 FamGKG nach dem 12-fachen Monatsbetrag zu ermitteln ist, erhöht sich vorliegend das Wertinteresse nur um den Unterhalt für weitere sechs Monate (vgl. BeckOK KostR/Neumann 40. Ed. 1.1.2023 § 51 FamGKG Rn. 33).

Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht, § 70 Abs. 2 FamFG.