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Entscheidung 10 U 62/22


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 10. Zivilsenat Entscheidungsdatum 16.03.2023
Aktenzeichen 10 U 62/22 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2023:0316.10U62.22.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 9. März 2022,  Az. 12 O 324/20, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses Urteil sowie die angefochtene Entscheidung sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 41.050 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger macht gegenüber der Beklagten Schadensersatzansprüche anlässlich eines „A-Kaufs“ geltend.

Die Mutter des Klägers, die am … 2020 verstorbene Frau I… H…, deren Alleinerbe der Kläger ist, war unter dem Nutzerkonto „1)“ seit 2013 bei der Beklagten angemeldet. Bis zum 28. November 2017 wurden durch das Nutzerkonto 201 Transaktionen durchgeführt, darunter mehrfach auch Autos mit fünfstelligen Kaufpreisen betreffend.

Am 4. April 2001 wurde das Nutzerkonto „2)“ durch H… P…, … USA bei der Beklagten eröffnet. Am 21. November 2017 wurden die in „A…“ hinterlegten Nutzerdaten dieses Kontos zu P… C…, … United States, geändert. Dazu wurde nicht die sog. „Passwort vergessen“ Funktion genutzt.

Am 28. November 2017 wurde mit dem Nutzerkonto „1)“ von dem Nutzerkonto „2)“ ein Pkw … zu einem Kaufpreis von 36.050 € erworben (Auktion mit Startpreis 35.000 €, Bl. 140 d.A.). Im Zuge der anschließenden Korrespondenz wurde über das Nutzerkonto „1)“ bei „2)“ per Mail angefragt, ob das Geld auch per …-service, einem Treuhandservice, gezahlt werden kann (Bl. 112 d.A.).

Am 30. November 2017 fragte der Kläger bei der Beklagten nach den Daten des Nutzerkontos „2)“:

„[.. .] der Verkäufer behauptet p… c… zu heißen und in … new york … zu wohnen, betrag soll aber auf ein kto mit österreichischer iban nr überwiesen werden: at…, das finden wir merkwürdig, müssten ja Name und Adresse des Verkäufers kennen und auch die hinterlegten kto Daten, bitte um Überprüfung.“ (Bl. 81 d.A.)

Die Beklagte antwortete daraufhin mit E-Mail vom 30. November 2017 und erläuterte, wie der Kläger die Daten des Profils einsehen könne, K21, Bl. 223 f. d.A.

Der Kläger antwortete mit E-Mail vom 30. November 2017:

„ihre automatisierte Antwort nützt mir wenig, ich wollte wissen, ob sich hinter dem Verkäufer p… c… auch der bei A. angemeldete Verkäufer verbirgt, da der Verkäufer ein Abwicklungskonto in Österreich genannt hat […], kommt mir die Abwicklung doch etwas merkwürdig vor. Bitte informieren sie mich umgehend“.(K 29, Bl. 317 d.A.)

Darauf erhielt der Kläger am 1. Dezember 2017 eine weitere E-Mail von der Beklagten, die ihm die  hinterlegten Daten des Profils übermittelte (K 22, Bl. 224 d.A.).

Am 3. Dezember 2017 erhielt der Kläger auf seinen Wunsch von dem Nutzerprofil „2)“ per E-Mail eine Personalausweiskopie (ausgestellt auf Herrn P… C…) sowie eine Kopie von Fahrzeugpapieren (Bl. 111 d.A. unten, nicht als Anlage beigefügt).

Am 5. Dezember 2017 überwies der Kläger 36.050 € auf das vom Nutzerkonto „2)“ benannte österreichische Konto und sah von der Nutzung des …-services ab. Das Fahrzeug erhielten weder der Kläger, noch seine Mutter. Im Rahmen der folgenden staatsanwaltlichen Ermittlungen stellte sich heraus, dass das österreichische Bankkonto auf den Namen R…  R-G… lief. Das Geld wurde abgehoben.

Am 8. Dezember 2017 meldete sich Herr S… P…, der ursprüngliche Inhaber des Kontos „2)“ beim Kundenservice der Beklagten, weil ihm die Abbuchung einer Verkaufprovision für den ihm unbekannten streitgegenständlichen Kauf durch die Beklagte aufgefallen ist. Hierdurch wurde der unbefugte Zugriff auf dessen Profil „2)“ von der Beklagten erkannt. Diese teilte dem Kläger daraufhin mit, dass das Nutzerkonto „2)“ unter Manipulationsverdacht stehe (K14, K15, Bl. 85 f. d.A.).

Der Kläger klagte vor dem LG München I zunächst gegen Herrn P… C… und dann gegen Herrn R-G… auf Schadensersatz. Am 17. März 2021 erging gegen diesen ein Versäumnisurteil zum Az. 5 0 19512/18, eine Vollstreckung daraus blieb bislang erfolglos.

Der Kläger hat behauptet, er habe das Geld von dem Konto seiner Mutter überwiesen und die Überweisung sei nur deshalb erfolgt, weil die Beklagte die Daten und die positiven Bewertungen des Verkäufers bestätigt habe. Er ist der Ansicht, dass die Beklagte bei ordnungsgemäßer Überprüfung des Kontos „2)“ hätte bemerken müssen, dass dieses manipuliert sei. Kein Inhaber eines Nutzerkontos könne den Namen des Inhabers des Nutzerkontos ändern. Da dies aber vorliegend geschehen sei, habe sich der Beklagten ein eindeutiger Fall eines „gehackten“ Kontos geboten. Daher sei die Beklagte spätestens nach seiner zweiten E-Mail vom 30. November 2017 zu einer Einzelfallprüfung des Kontos verpflichtet gewesen.

Die Beklagte hat behauptet, sie hätte nicht vor dem 8. Dezember 2017, nämlich dem Erhalt der Nachricht von S… P…, von der Manipulation des Kontos erfahren können. Insbesondere sei der Wechsel des Klarnamens bei einem A-Konto ohne Weiteres möglich, ein solcher Wechsel biete daher auch keinen Anlass, eine Manipulation an dem Konto zu vermuten. Es liege daher keine Pflichtverletzung vor. Zudem treffe den Kläger zumindest ein Mitverschulden von 100 %.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens und der erstinstanzlichen Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger sei als Alleinerbe aktivlegitimiert. Es liege jedoch keine Pflichtverletzung durch die Beklagte vor. Allein die Tatsache, dass am 21. November 2017 die Nutzerdaten des Profils „2)“ geändert wurden, begründe keine Pflichtverletzung. Für die Beklagte habe aufgrund der Datenänderung nicht die Verpflichtung bestanden, das Konto daraufhin zu überprüfen, ob diese Änderung mit dem Willen des ursprünglichen Inhabers erfolgte und auch nicht die Verpflichtung, das Konto zu sperren. Insbesondere, da vorliegend wohl entweder das Passwort genutzt oder das Profil gehackt worden sei. Es könne viele Gründe geben, weshalb die Daten eines Kontos geändert werden. Jedenfalls sei unstreitig nicht die „Passwort vergessen“ Funktion genutzt worden. Eine solche Pflicht der Beklagten würde, wenn überhaupt, auch nur zum Schutz des richtigen Profilinhabers gelten und nicht zum Schutz anderer Nutzer.

Zudem würde eine derartige Pflicht nicht mit § 7 Abs. 2 TMG vereinbar sein, wonach Diensteanbieter im Sinne der §§ 8 bis 10 TMG nicht verpflichtet sind, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen.

Darüber hinaus liege auch in dem Verhalten der Beklagten nach Erhalt der Nachrichten des Klägers vom 30. November 2017 keine Pflichtverletzung. Zum einen habe der Kläger schon nicht davon ausgehen dürfen, dass die Beklagte aufgrund seiner Nachrichten das Konto auf mögliche Hackerangriffe überprüft oder darauf, dass der angegebene Nutzer mit dem „wirklichen“ Nutzer übereinstimmt. Zum anderen habe der Kläger aus den standardisierten Antworten auch nicht schließen können, dass die Beklagte die Daten überprüft hat.

Zudem fehle es an der erforderlichen Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem Schaden. Die Antworten der Beklagten seien dem Kläger offensichtlich nicht ausreichend gewesen. Er habe sich vielmehr nach den Antworten der Beklagten auf seine Anfragen eine Kopie des Personalausweises sowie der Fahrzeugpapiere von dem vermeintlichen Verkäufer schicken lassen.

Ferner sei eine Ersatzpflicht der Beklagten infolge weit überwiegenden Mitverschuldens des Klägers ausgeschlossen. Unstreitig habe der Kläger Zweifel an dem Profil bzw. den angegebenen Daten gehabt. Dies habe er dem Verkäufer auch geschrieben und mit „…“ eine andere, sicherere Zahlungsmethode vorgeschlagen. Darauf sei dieser jedoch nicht eingegangen. Der Kläger habe das Geld dann trotz Zweifeln auf das österreichische Konto überwiesen.

Hinzu komme, dass durch das Profil „1)“ innerhalb von vier Jahren 201 Transaktionen durchgeführt worden seien. Das entspreche rund einer Transaktion pro Woche. Dies spreche für eine gewisse Erfahrung des Klägers mit Onlineauktionen und deren Abwicklung.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Er habe die Beklagte am 30. November 2017 zwei Mal unter Angabe konkreter Verdachtsmomente zu einer einzelfallbezogenen Überprüfung der Daten des Kontos „2)“ aufgefordert. Es sei jedoch über allgemeine Hinweise hinaus nichts geschehen. Die Mitteilung des Kontoinhabers „P… C…“ durch die Beklagte sei unzutreffend gewesen, das Konto sei von einer international agierenden Verbrechergruppe „gehackt“ worden. Angesichts der vorgebrachten Anhaltspunkte sei die Beklagte zu einer einzelfallbezogenen Prüfung des Kontos „2)“ verpflichtet gewesen. Dann hätte sich ergeben, dass das Konto „gehackt“ worden sei. Hinzu komme, dass zum vorliegend maßgeblichen Zeitpunkt eine Änderung des Klarnamens grundsätzlich nicht möglich gewesen sei.

Ein Mitverschulden liege nicht vor, da der Kläger angesichts der positiven Bewertung des Nutzerkontos und der positiven Mitteilung von A… keine Zweifel an der Seriosität des Angebots hätte haben müssen. Insbesondere habe er die Mitteilung der Beklagten so verstehen dürfen, dass das Konto ohne Auffälligkeiten geprüft worden sei.

Erst recht lasse sich die Kausalität nicht verneinen, da der Kläger bei einer ordnungsgemäßen Benachrichtigung, dass das Konto „gehackt“ sei, keine Überweisung vorgenommen hätte.

Der Kläger beantragt,

1. das Urteil des Landgerichts Potsdam aufzuheben und

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 36.050,— (i.W.: sechsunddreißigtausendundfünfzig) nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30. September 2020 zu bezahlen, und zwar Zug - um - Zug gegen Abtretung sämtlicher Ansprüche des Klägers gegen Herrn R… R-G … aus dem Versäumnisurteil des Landgerichtes München I vom 17. März 2021, Az: 5 O 19512/18, in Höhe von EUR 41.000,— (i.W.: einundvierzigtausend) nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Februar 2021,

3. festzustellen, dass sich die Beklagte in Bezug auf die Annahme der Abtretung sämtlicher Ansprüche des Klägers gegen Herrn R… R-G… aus dem Versäumnisurteil des Landgerichtes München I vom 17. März 2021, Az: 5 O 19512/18, in Höhe von EUR 41.000,— (i.W.: Einundvierzigtausend) nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Februar 2021 in Annahmeverzug befindet sowie

4. festzustellen, dass die Beklagte dem Kläger über den mit dem Berufungsantrag Ziffer 2 geltend gemachten Schadenersatzanspruch hinaus jedweden Schaden zu ersetzen hat, der dem Kläger dadurch entstanden ist und in Zukunft noch entsteht, dass der Kläger über die Beklagte, nämlich über die von der Beklagten betriebene Verkaufsplattform A… Deutschland, am 28. November 2017, von Herrn R-G…, geb. … 1984, der unter dem Namen der tatsächlich existierenden Person P… C…, geb. … 1982 auftrat, einen PKW Modell … für 36.050 € gekauft hat und am 5. Dezember 2017 diesen Kaufpreis auf das Bankkonto AT… überwiesen hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil, insbesondere liege keine Pflichtverletzung vor. Die Änderung des Klarnamens eines A-Kontos sei insbesondere bei US-Konten ohne Schwierigkeiten möglich und daher kein Indiz für ein „Hacken“ des Kontos. Auch hätte eine einzelfallbezogene Prüfung nicht ergeben, dass das Konto „gehackt“ sei.  Zudem habe der Kläger die unsichere Banküberweisung gewählt, obwohl der Nutzer des „2)“-Kontos zuvor eine sichere Abwicklung über „…“ abgelehnt habe.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Dem Kläger, der jedenfalls als Alleinerbe seiner Mutter gemäß § 1922 BGB aktivlegitmiert ist, steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch gegen die Beklagte zu. Daher kann der Senat auch offenlassen, ob und unter welchen Voraussetzungen die Beklagte für vermeintlich „gehackte“ US-Kontos passivlegitimiert ist. Denn der Kläger macht eine Pflichtverletzung der Beklagten dadurch geltend, dass ihr Kundenservice das Nutzerkonto „2)“ auf seine Nachrichten hin nicht zutreffend überprüft habe.

1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte gemäß § 280 Abs. 1 BGB iVm mit dem zwischen ihm und der Beklagten bestehenden Schuldverhältnis kein Schadensersatzanspruch zu. Ungeachtet der Regeln des TMG hat die Beklagte gemäß § 280 Abs. 1 BGB keine Pflicht aus dem zwischen ihr und der Mutter des Klägers bestehenden Schuldverhältnis verletzt, das im Wesentlichen durch dienstvertragliche Elemente bestimmt ist (vgl. mwN Paschke in: Heckmann/Paschke, jurisPK-Internetrecht, 7. Aufl., Kap. 4.4 (Stand: 06. September 2022), Rn. 349).

Dieses dienstvertraglich geprägte Rechtsverhältnis wird ausgestaltet durch die AGB. Dabei ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die von der Beklagten vorgelegten AGB (Bl. 157 ff. d.A.) eben die sind, die auch für das vorliegende Rechtsverhältnis maßgebend sind. Aus den AGB ergibt sich nicht, dass der Kläger davon ausgehen durfte, dass hinter dem Klarnamen des Nutzers P… C… auch tatsächlich eine Person namens P… C… steht. Die streitgegenständlichen AGB weisen vielmehr in § 1 Nr. 5 AGB auf folgendes hin: „Trotz verschiedenartiger Sicherheitsvorkehrungen ist es nicht auszuschließen, dass für ein A-Konto falsche Kontodaten hinterlegt wurden bzw. diese sich zwischenzeitlich geändert haben.“ Das war im Übrigen auch dem Kläger bekannt. Denn er hat ein auf den Namen seiner Mutter geführtes A-Konto für die vorliegende Transaktion genutzt. Allein der Umstand, dass das A-Konto „2)“ nicht von P… C… genutzt worden ist, begründet daher keine Pflichtverletzung der Beklagten.

a) Soweit der Kläger meint, dass die Beklagte ihre Pflichten dadurch verletzt hat, dass sie auf seine beiden E-Mails vom 30. November 2017 keine Überprüfung des A-Kontos „2)“ vorgenommen hat, folgt daraus ebenfalls keine Pflichtverletzung. Dabei kann der Senat offenlassen, unter welchen Voraussetzungen Überprüfungspflichten der Beklagten bestehen. Denn jedenfalls im vorliegenden Fall bestand eine solche Pflicht nicht, weil der Kläger mit seinen E-Mails keinen Anlass für eine Überprüfung aufgezeigt hat.

Im Kern hat der Kläger in seinen beiden E-Mails nur angeführt, dass er sich nicht sicher sei, ob hinter dem Namen P… C… auch tatsächlich eine Person namens P… C… stehe. Hierzu hat er im vorliegenden Rechtsstreit ergänzend ausgeführt, dass sich im Nachhinein herausgestellt habe, dass die Daten des Kontos kurz vor dem gegenständlichen Kauf geändert worden seien und dies ein Anlass für eine Überprüfung durch die Beklagte gewesen sein müsse.

Die Beklagte hat unbestritten vorgebracht, dass der vorliegend erfolgte Wechsel des Klarnamens zumindest bei einem US-Konto nur die Eingabe des Passworts erfordert hat und damit auch der vorliegend erfolgte Wechsel des Klarnamens ohne Weiteres möglich ist (vgl. hierzu auch § 1 Nr. 4 der AGB). Damit haben allein die Vorgänge um das Konto „2)“ mit dem Namenswechsel von S… P… hin zu P… C… schon deshalb keine Überwachungspflicht ausgelöst, weil sie keine ungewöhnlichen Vorgänge dargestellt haben und insbesondere der Klarnamen-Wechsel keine Manipulation nahelegt.

Da der Wechsel des Klarnamens des 2)-Kontos von S… P… zu P… C… unstreitig auch nicht von einem möglicherweise manipulationsanfälligen „Passwort vergessen“ Vorgang begleitet war, lagen auch insoweit keine Anhaltspunkte für eine Manipulation vor. Soweit darüber hinaus beim vorliegend erfolgten Kauf für ein A-US-Konto ein österreichisches Konto als Überweisungskonto angegeben worden ist, folgt auch daraus im Hinblick auf die vielfältigen internationalen Berührungspunkte vieler Menschen ebenfalls nichts Ungewöhnliches. Damit waren schon keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, die eine genauere Prüfung des Kontos „2)“ durch die Beklagte erfordert hätten.

b) Der Kläger führt darüber hinaus auch an, dass er sich angesichts der zweiten E-Mail der Beklagten (K 22, Bl. 224 d.A.) darauf verlassen habe, dass die Beklagte das Nutzerkonto „2)“ überprüft habe. Hierfür lässt sich dieser E-Mail aber schon kein Anhaltspunkt entnehmen. Dort teilt die Beklagte lediglich automatisiert mit, welche Kontaktinformationen bei ihr für die Konten „2)“ und „1)“ hinterlegt sind. Ein irgend gearteter Anhaltspunkt dafür, dass die Beklagte dabei eine Prüfung durchgeführt hat, lässt sich dieser – automatisierten Antwort – nicht entnehmen. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte vorgetragen oder ersichtlich, die eine solche Annahme stützen könnten.

c) Darüber hinaus läge selbst dann keine Pflichtverletzung der Beklagten vor, wenn der Wechsel des Klarnamens bei dem Konto „2)“ nur durch gesonderten Antrag bei der Beklagten möglich wäre. Denn auch in diesem Fall hat der Kläger mit seinen E-Mails vom 30. November 2017 keinen Umstand aufgezeigt, der Anlass für eine Überprüfung durch die Beklagte hätte sein müssen. In der ersten E-Mail vom 30. November 2017 hat der Kläger lediglich ausgeführt, dass der Verkäufer behaupte, p… c… zu heißen und in Amerika zu wohnen, aber ein österreichisches Konto angegeben habe. Mit seiner zweiten E-Mail vom 30. November 2017 hat der Kläger ausgeführt, er wolle wissen, „ob sich hinter dem Verkäufer p… c… auch der bei A angemeldete Verkäufer verbirgt, da der Verkäufer ein Abwicklungskonto in Österreich genannt hat […],“. Damit bestand schon kein Anlass für die Beklagte, eine Überprüfung des Kontos vorzunehmen. Denn der einzige vom Kläger genannte Umstand, der ihm auffällig erschien, war der Umstand, das für ein US-Konto bei A ein österreichisches Bankkonto angegeben war. Dieser Umstand hat die Beklagte  jedoch - wie vorstehend unter 1. A) aufgezeigt -, nicht zur Überprüfung des Kontos „2)“ verpflichtet.

2. Schadensersatzansprüche gemäß § 280 Abs. 1 BGB iVm mit den Bestimmungen des TMG stehen dem Kläger ebenfalls nicht zu und werden von diesem auch nicht geltend gemacht. Denn die Beklagte hat gegen keine Pflicht aus dem TMG verstoßen. Sie ist gemäß § 7 Abs. 2 TMG nicht verpflichtet, die von ihr übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen.

Zwar erfasst § 7 Abs. 2 TMG  nur allgemeine Überwachungspflichten. Daher schließt § 7 Abs. 2 TMG nicht aus, dass im Einzelfall bei Vorliegen konkreter Informationen für die Beklagtedennoch eine Überwachungs- und Prüfungspflicht bestehen kann (Spindler/Schuster/Hoffmann/Volkmann, 4. Aufl. 2019, TMG § 7 Rn. 41). Die Bestimmung der im Falle eines Internetgeschäfts anwendbaren spezifischen Überwachungspflicht richtet sich danach, ob und inwieweit dem Betreiber nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (BGH, Urteil vom 19. März 2015 – I ZR 94/13 –, Rn. 36, juris; GRUR 2015, 1129 Rn. 36, beck-online). Dabei ist eine Überwachung regelmäßig dann veranlasst, wenn der Betreiber klare Hinweise auf eine Rechtsverletzung durch ein Angebot erhalt (BGH, Urteil vom 30. April 2008 – I ZR 73/05 –, Rn. 50, juris).

Dies zu Grunde gelegt, bestand vorliegend keine Überwachungs- oder Prüfungspflicht für die Beklagte. Insoweit gilt nichts anderes als zu den Pflichten der Beklagten gemäß § 241 Abs. 2 BGB. Es bestand schon kein Anlass für die Beklagte zur Überprüfung des Kontos „2)“.

3. Schließlich kommen auch unter dem Gesichtspunkt eines Vertrags mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter keine Schadensersatzansprüche des Klägers in Betracht. Dann müsste die Beklagte durch die fehlende Überprüfung des „2)“-Kontos Pflichten gegenüber dem Inhaber des Kontos „2)“ verletzt haben, die auch den Kläger schützen sollten. Hierfür ist jedoch nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich, es fehlt insoweit – wie aufgezeigt - schon an einer Pflichtverletzung.

4. Da nach den vorstehenden Ausführungen schon dem Grunde nach keine Schadensersatzpflicht der Beklagten besteht, kann offenbleiben, ob ein Anspruch nicht auch an einem weit überwiegenden Mitverschulden des Klägers scheitern würde.  Es spricht allerdings viel dafür, dass der Kläger nicht auf die Richtigkeit von A-Kontoinformationen dergestalt vertrauen durfte, dass er für das gegenständliche Geschäft mit einem Überweisungsbetrag von 36.050 € ohne jede Sicherheit allein die Banküberweisung wählt, zumal ihm der sicherere „…“-Service unter Einschaltung eines Treuhänders bekannt war. Das spricht tatsächlich für ein einen etwaigen Anspruch ausschließendes Mitverschulden nach § 254 BGB.

5. Da die Klage keinen Erfolg hat, kann schließlich offenbleiben, ob das Landgericht auch zu Recht die Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden verneint hat.

6. Da der Anspruch nach dem Vorstehenden nicht besteht, hat die Klage auch im Übrigen keinen Erfolg. Daher kann auch offenbleiben, ob die Verjährungseinrede der Beklagten Erfolg hat (Bl. 234 d.A.).

7. Mangels Erfolgs in der Hauptsache hat die Klage auch im Hinblick auf die beantragte Feststellung des Annahmeverzugs und die Feststellung weiterer Schadensersatzpflicht keinen Erfolg.

8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO (Herget in: Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Aufl. 2022, § 708 ZPO, Rn. 12).

9.  Anlass für die Zulassung der Revision besteht nicht, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht erfordern, § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Entscheidung beruht auf der Anwendung bereits höchstrichterlich geklärter Rechtsfragen im Einzelfall.

9. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG.