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Entscheidung 7 W 108/22


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 7. Zivilsenat Entscheidungsdatum 10.03.2023
Aktenzeichen 7 W 108/22 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2023:0310.7W108.22.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Beschwerde des Beschwerdeführers zu 1. gegen den Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 28.06.2022 - VR 4189 FF - wird als unzulässig verworfen. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2. als unbegründet.

Die Beteiligten zu 1. und 2. tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens

Der Gegenstandswert wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Am 18.11.2021 hat der Vorstand des Beteiligten zu 3. unter Verzicht auf die Einhaltung von Frist und Form wegen Dringlichkeit einstimmig mit sofortiger Wirkung die Bestellung der C… B… zur Geschäftsführerin und deren Eintragung in das Vereinsregister beschlossen. Die Eintragung im Vereinsregister erfolgte am 07.01.2022 unter Nummer 8 Spalte 2 b).

Die Beteiligten zu 1. und 2. haben beim Amtsgericht mit Schriftsatz vom 25.04.2022 die Löschung der Eintragung der Geschäftsführerin angeregt, weil nach der Satzung des Beteiligten zu 3. vor der Bestellung der Geschäftsführerin die Zustimmung des Beteiligten zu 2. einzuholen war, was nicht erfolgte.

Die Satzung des Beteiligten zu 3. bestimmt in

„§ 7 Kreisvorstand

(1) Der Kreisvorstand (nachfolgend Vorstand genannt) wird vorbehaltlich des Abs. 2 von der Kreiskonferenz für die Zeit bis zur nächsten Kreiskonferenz gewählt.

Der Vorstand besteht aus:

* der/dem Vorsitzenden

* den 2 Stellvertreterinnen/Stellvertretern

* dem/der Geschäftsführer/in

* und höchstens 4 Beisitzer/-innen.

...

(2) ... Der/die Geschäftsführer/in wird abweichend von Abs. 1 vom gewählten Vorstandes auf der Grundlage der Befugnis des Vorstandes zur Selbstergänzung (Kooptation gem. § 27 BGB i.V.m. § 40 BGB) bestellt. ... Vor der Bestellung der Geschäftsführerin/des Geschäftsführers ist die Zustimmung des Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband B… e.V. einzuholen. ... “

Nach Anhörung des Beteiligten zu 3. hat das Amtsgericht Frankfurt (Oder) ein Löschungsverfahren eingeleitet. Mit Beschluss vom 28.06.2022, den Beteiligten zu 1. und 2. am 05.07.2022 zugestellt, hat das Amtsgericht die angeregte Amtslöschung der Eintragung der Geschäftsführerin C…B… abgelehnt.

Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, es handle sich um eine deklaratorische Eintragung. Diese könne nur gelöscht werden, wenn der Eintragung ein materiellrechtlicher Mangel zu Grunde liege. Im Vereinsrecht gelte der Grundsatz, dass der Verstoß gegen zwingende Vorschriften des Gesetzes oder der Satzung zur Nichtigkeit von Beschlüssen führe. Ein Verfahrensfehler führe nur zur Nichtigkeit, wenn der Fehler als relevant für die Ausübung der Mitgliedschafts- bzw. Mitwirkungsrechte durch ein objektiv urteilendes Verbandsmitglied anzusehen sei. Betreffe der Verstoß lediglich Verfahrensvorschriften, die nicht übergeordnete Interessen, sondern nur dem Schutz einzelner Mitglieder dienten, trete eine Nichtigkeit nur dann ein, wenn dass in seinen Rechten verletzte Mitglied dem Beschluss in angemessener Zeit widerspreche. Das Gericht meint, mangels Widerspruch sei die Eintragung nicht unrichtig. Im Übrigen führt das Amtsgericht aus, dass es sich bei der nach der Satzung erforderlichen Zustimmung um eine aufschiebende Bedingung im Sinne der §§ 158 ff. BGB handle. Die Bestellung der Geschäftsführerin sei solange schwebend unwirksam, bis die Zustimmung des Arbeiterwohlfahrt Bezirksverbandes B… e.V. vorliege. Diese sei konkludent erfolgt im Sinne von § 147 BGB, da die Geschäftsführerin des Beteiligten Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband B… e.V. der Geschäftsführerin mit einem Blumenstrauß gratuliert habe und ihr mit Email vom 07.02.2022 für die anstehenden Aufgaben ... Kraft und Erfolg gewünscht habe. Darüber hinaus führe der Bezirksverband auf seiner Homepage C…B… als Geschäftsführerin. Spätestens mit der Veröffentlichung musste davon ausgegangen werden, dass die Zustimmung zur Bestellung erteilt und damit der Mangel bei der Bestellung geheilt worden sei.

Hiergegen wenden sich die Beteiligten zu 1. und 2. mit ihrer Beschwerde vom 05.08.2022, der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat.

Die Beschwerdeführer beanstanden die Rechtsauffassung des Amtsgerichts. Das Zustimmungserfordernis sei keine Verfahrens- oder Ordnungsvorschrift. Es handle sich vielmehr um ein materielles Zustimmungserfordernis; ohne die Zustimmung gebe es keine Bestellung der Geschäftsführerin. Das Zustimmungserfordernis diene der Sicherung der Kontrollmechanismen in allen AWO-Gliederungen sowie der Qualität und Integrität der Geschäftsführung. Nach dem AWO-Governance-Kodex 2.0 sollen über das Zustimmungserfordernis der übergeordneten Gliederung Vetternwirtschaft sowie Verwandtschafts- und Nähebeziehungen, die hier vorlägen, frühzeitig erkannt und unterbunden werden. Eine ohne vorherige Zustimmung erfolgte Bestellung der Geschäftsführerin sei nichtig. Die Beteiligten zu 2. und zu 3. hätten der Bestellung der Geschäftsführerin in angemessener Zeit widersprochen. Es läge keine konkludent erklärte Zustimmung zur Bestellung der Geschäftsführerin vor. Rein vorsorglich erklären sie die Anfechtung und den Widerruf einer etwaig erteilten Zustimmung. Der Beteiligte zu 3. hält an seinem Vortrag, wonach eine Zustimmung nachträglich erteilt wurde fest. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen. Das Amtsgericht hat den Beschwerden nicht abgeholfen und sie dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

1.

Die Beschwerden sind statthaft. Die Entscheidung des Amtsgerichts, die Eintragung der C… B…als Geschäftsführerin des Beteiligten zu 3. nicht zu löschen, stellt eine beschwerdefähige Entscheidung im Sinne von § 58 Abs. 1, 38 Abs. 1 Satz 1 FamFG dar. Das Gericht hat nämlich nicht bereits die Einleitung eines Löschungsverfahrens abgelehnt, sondern auf Anregung der Beteiligten zu 1. und 2. ein Löschungsverfahren nach § 395 FamFG eingeleitet und eine den Verfahrensgegenstand erledigende ablehnende Sachentscheidung getroffen. Hiergegen wenden sich die Beteiligten zu 1. und 2. mit ihren fristgemäß binnen Monatsfrist (§ 63 Abs. 1 FamFG) am 06.08.2022 erhobenen Beschwerden.

Von mehreren Beteiligten an einem Verfahren - wie vorliegend - ist grundsätzlich jeder zur Einlegung einer Beschwerde berechtigt (vgl. Roßmann in Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, Kommentar, 7. Auflage 2022, § 59 Rn. 28). Die Beschwerdeberechtigung ist indes für jeden Beteiligten gesondert zu prüfen.

1.1.

Der Beteiligte zu 1. ist nicht beschwerdeberechtigt. Nach § 59 Abs. 1 FamFG steht demjenigen die Beschwerde zu, der durch einen gerichtlichen Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Hierbei muss es sich um die unmittelbare Beeinträchtigung eines eigenen materiellen Rechts handeln (vgl. nur BGH, Beschluss vom 19.01.2011, XII ZB 326/17, - juris). Eine für die Beschwerdeberechtigung ausreichende Beeinträchtigung in seinen Rechten liegt vor, wenn in seine Rechtsstellung unmittelbar nachteilig eingegriffen wird. Dies in der Weise, dass Rechte aufgehoben, beschränkt oder gemindert werden oder dem Rechtsmittelführer eine Verbesserung seiner Rechtsposition vorenthalten wird (vgl. nur (vgl. Roßmann aaO, § 59 Rn. 15).

Der Beteiligte zu 1. trägt vor, dass die Zustimmung zur Bestellung der Geschäftsführerin entgegen § 7 Abs. 2 Satz 5 der Satzung des Beschwerdegegners zuvor nicht eingeholt wurde. Dem Beteiligten zu 1. obliegt die Zustimmung zur Bestellung der Geschäftsführerin indes nach der Vereinssatzung der Beteiligten zu 3. nicht. Diese Zustimmung ist nach der Vereinssatzung nur von dem Beteiligten zu 2. einzuholen. Auch ist der Beteiligte zu 1. weder Mitglied des Beteiligten zu 3. noch beinhaltet dessen Satzung Regelungen, die ihm materielle Rechte verleihen. In der Satzung des Beteiligten zu 3. findet sich der Beteiligte zu 1. nur in § 1 mit der Feststellung, dass der Beteiligte zu 3. Mitglied beim Beteiligten zu 1. ist. Es ist auch nicht ersichtlich, welche Rechtsbeeinträchtigung bei dem Beteiligten zu 1. eingetreten sein soll infolge der nicht erteilten Zustimmung zur Bestellung der Geschäftsführerin.

1.2.

Der Beteiligte zu 2. Ist beschwerdeberechtigt. Er hat schlüssig vorgetragen, das ihm sein Recht aus § 7 Abs. 2 Satz 5 der Satzung des Beteiligten zu 3., wonach vor der Bestellung der Geschäftsführerin seine Zustimmung einzuholen ist, entzogen worden sei. Seine Zustimmung zu der Bestellung der neuen Geschäftsführerin erfolgte nicht. Damit trägt er tatsächliche Grundlagen der Rechtsbeeinträchtigung vor. Die Beschwerde ist auch zulässig, insbesondere fristgemäß erhoben.

2.

Die Beschwerde ist unbegründet, da die Voraussetzungen für eine Amtslöschung - hier die Löschung der Eintragung der Geschäftsführerin - nicht vorliegen. Entgegen der Rechtsauffassung des Amtsgerichts ist die Beschwerde unbegründet, weil keine rechtlich und tatsächlich völlig eindeutige Löschungslage vorliegt, so dass eine Löschung der Eintragung von Amts wegen nicht zulässig ist. Auf die inhaltliche Begründung des Amtsgerichts kommt es deshalb nicht an.

Eine Eintragung im Vereinsregister kann nach § 395 Abs. 1 Satz 1 FamFG gelöscht werden, wenn sie wegen Fehlens einer wesentlichen Voraussetzung unzulässig ist. Voraussetzung für das Vorliegen einer Unzulässigkeit nach § 395 FamFG sind Tatsachen, die ohne vernünftigen Zweifel zu der Überzeugung führen, dass die erfolgte Eintragung zum Zeitpunkt der Beurteilung unzutreffend ist (vgl. BGH, Beschluss vom 13.05.2020, 22 W 73/14, - juris Rn. 14). Zutreffend legt der Beteiligte zu 2. dar, dass eine wesentliche Voraussetzung für die Bestellung der Geschäftsführerin zur Zeit der Eintragung fehlte, nämlich seine in § 7 Abs. 2 der Satzung des Beteiligten zu 3. für die Bestellung erforderliche Zustimmung. Diese ist von ihm vor der Bestellung nicht erteilt worden. Darum streiten die Beteiligten auch nicht. Sie streiten über die Frage, ob nachträglich eine Zustimmung erteilt wurde und in welcher Art und Weise diese erfolgt sein soll. Da es für die Beantwortung der Frage, ob die erfolgte Eintragung unzulässig ist, auf den Zeitpunkt der Löschung ankommt, wären die von den Beteiligten unterschiedlichen Vorträge zum Sachverhalt als auch ihre divergierenden Rechtsauffassungen, ob die Zustimmung nachträglich erteilt, als erteilt anzusehen oder - wie das Amtsgericht es auch ausführte - nunmehr als konkludent erteilt anzusehen sei, zu ermitteln und zu bewerten.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, dem sich der Senat aus eigener Überzeugung anschließt, ist das Gericht im Rahmen des registerrechtlichen Amtsermittlungsgrundsatzes aber nicht verpflichtet, von sich aus verwickelte Rechtsverhältnisse oder zweifelhafte Rechtsfragen zu klären (BGH, Beschluss vom 24.04.2012 - II ZB 8/10 -, beck-online Rn. 18). Außerhalb einer rechtlich und tatsächlich völlig eindeutigen Löschungslage kann es den Beteiligten überlassen werden, eine von ihnen gleichwohl für möglich gehaltene Klärung auf dem Prozessweg, etwa durch eine Feststellungsklage herbeizuführen (vgl. Kammergericht, Beschluss vom 24.09.2021, 22 W 50/21, m.w.N, - juris).

So stellt sich die Sach- und Rechtslage hier dar. Eine rechtlich und tatsächlich völlig eindeutige Löschungslage liegt nicht vor. Die Beteiligten streiten darüber, ob die ursprünglich nicht erfolgte Zustimmung des Beteiligten zu 2. zu der Bestellung der Geschäftsführerin geheilt ist. Sie tragen hierzu unterschiedliche Sachverhalte als auch Rechtsauffassungen vor. So geht der Beteiligte zu 3. vom Vorliegen einer nachträglich erteilten Zustimmung aus - der Beteiligte zu 3. habe der Bestellung nicht widersprochen - und hat hierzu weiter vorgetragen, während der Beteiligte zu 2. dem entgegenhält, dass eine nachträgliche oder eine konkludent erklärte Zustimmung gerade nicht erklärt worden sei. Ferner erklärte der Beteiligte zu 2. - falls das Gericht von einer Zustimmungserklärung ausgehe - deren Anfechtung und Widerruf. Ob der ursprüngliche Mangel - die nicht erklärte Zustimmung zur Bestellung - in der Folgezeit geheilt wurde oder nicht, wirksam angefochten oder widerrufen wurde und welcher der unterschiedlichen Vorträge der Beteiligen zutreffend ist, muss das Amtsgericht im Rahmen des Löschungsverfahren nach § 395 FamFG nicht entscheiden; dies ist der Klärung der Beteiligten vorbehalten, ggf. durch den Klageweg.

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG; der Geschäftswert folgt aus §§ 36 Abs. 3, 79 GNotKG. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 70 FamFG nicht vorliegen.