Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 4. Senat | Entscheidungsdatum | 14.03.2023 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | OVG 4 B 17/22 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2023:0314.OVG4B17.22.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 63 Abs 1 BG BE 2009, § 2 Abs 1 BRKG, § 6 BRKG, Anl 1 Nr 8 BesG BB, § 78 Abs 3 PolAufgG BB |
Die einem Polizeibeamten außerhalb der Dienststätte obliegende Aufgabe kann für den Dienstposten auch dann wesentlich und prägend sein, wenn es sich um eine von mehreren auferlegten Aufgaben handelt. Dann besteht kein Anspruch auf Tagegeld nach Reisekostenrecht.
Die ausdrücklich zur Kompensation eines Verpflegungsmehraufwands gewährte Polizeizulage verdrängt einen etwaigen Anspruch auf Tagegeld.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v.H. des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Kläger begehrt die Zahlung von Tagegeldern nach Reisekostenrecht.
Er ist ein der Verfügungsgruppe der Polizeiinspektion „Flughafen“ angehörender Polizeioberkommissar des Landes Brandenburg. Die amtliche Handreichung mit „Aufgabenbeschreibung und Anforderungen“ für einen Streifenbeamten der Verfügungsgruppe der Polizeiinspektion „Flughafen“ im mittleren und gehobenen Polizeivollzugsdienst schreibt als Fachaufgaben vor:
- Mitwirken bei der Vorbereitung von Einsätzen anlässlich von Staatsbesuchen/Besuchen gemäß PDV 130
- Erfüllen polizeilicher Aufgaben bei Einsätzen anlässlich von Staatsbesuchen/Besuchen gemäß PDV 130
- Mitwirken an Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der polizeilichen Aufgabenerledigung im Zusammenhang mit Reisebewegungen von Personen mit Schutzmaßnahmen gemäß PDV 129
- Erfüllen polizeilicher Aufgaben bei sonstigen Einsätzen aus besonderen Anlässen sowie zur Unterstützung des Wachdienstes.
Nach Auskunft des Beklagten wird die Verfügungsgruppe, soweit es um Staatsbesuche und besondere Besuche geht, nur auf dem Flughafengelände eingesetzt. Die Begleitung der schutzbedürftigen Gäste in die Bundeshauptstadt oder in sonstige Orte wird von anderen Polizeieinheiten vorgenommen. Die Aufgaben des vierten Spiegelstrichs werden außerhalb des Flughafengeländes erledigt. Der Flughafen BER ist im Oktober 2020 eröffnet worden. Das dortige Regierungsterminal nahm erst in jenem Monat den Betrieb auf. Bis dahin wurde der Regierungsflughafen Berlin-Tegel (Nord) für Staatsgäste genutzt.
Dem Kläger oblag in der Zeit vom 23. Oktober 2019 bis zum 1. März 2020 die Bewachung des Moses-Mendelssohn-Zentrums für jüdische Studien in Potsdam. Die arbeitstägliche An- und Abreise wurde vom Beklagten als Arbeitszeit angerechnet. Der Kläger beantragte im elektronischen Reisekostenprogramm P-Travel für 17 Bewachungstage in Potsdam Tagegelder in Höhe von 12 bzw. 14 Euro, insgesamt 222 Euro. Nachdem die Bezahlung auch auf den Widerspruch vom 2. März 2020 hin vom Vorgesetzten als nicht zulässig abgelehnt worden war, erging auf Drängen des Klägers der Widerspruchsbescheid des Polizeipräsidiums des Landes Brandenburg vom 1. März 2021. Es hieß darin, die Unterstützung des Wachdienstes gehöre zu den originären Aufgaben des Klägers. Objektschutzmaßnahmen könnten an anderen Orten als dem Dienstort der Polizeibeamten stattfinden.
Der Kläger hat am 22. März 2021 beim Verwaltungsgericht Cottbus Klage erhoben auf Zahlung von 222 Euro. Das Verwaltungsgericht hat die Klage ohne mündliche Verhandlung mit Urteil vom 7. Februar 2022 als unbegründet abgewiesen. In der Begründung hat es sich auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Juni 2014 – 5 C 28.13 – (juris) bezogen, wonach es sich nicht um eine Dienstreise handele, wenn der Beamte die ihm aufgetragenen Pflichten seines Dienstpostens erfülle. Das Verwaltungsgericht hat sich die dortigen Maßstäbe zu eigen gemacht und entschieden, dass die Fortbewegung des Klägers nach Potsdam außerhalb seiner Dienststätte in Schönefeld zum Objektschutz für das Moses-Mendelssohn-Zentrum zu den originären Fachaufgaben des Klägers gehört habe entsprechend der ihn betreffenden Aufgabenbeschreibung „Unterstützung des Wachdienstes“. Das Verwaltungsgericht hat konzediert, dass der Kläger möglicherweise den überwiegenden Teil seiner Tätigkeit in Schönefeld verrichtet habe. Dem Kläger oblägen jedoch unterschiedliche Tätigkeiten ohne nähere örtliche Spezifizierung oder Einschränkung. Der Objektschutz sei nach der Aufgabenbeschreibung nicht auf den Flughafen Schönefeld oder den örtlichen Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Süd beschränkt. Die Verwendung in Potsdam sei weder zeitlich noch inhaltlich außergewöhnlich, atypisch oder sonst für den Kläger irregulär gewesen. Die Bewertung werde dadurch bestätigt, dass die Reisezeit als Arbeitszeit berechnet worden sei. Demgegenüber regele § 11 Abs. 1 BbgAZVPFJ, von einer Dienstreise sei nur auszugehen, wenn die Reisetätigkeit nicht als Arbeitszeit anzusehen sei. Tagegeld stünde dem Kläger nach Sinn und Zweck der Norm auch deswegen nicht zu, weil weder dargelegt noch ersichtlich sei, wie ihm bei den Einsätzen erhöhte Verpflegungskosten entstanden sein sollten. Bei eintägigen Einsätzen seien Polizeibeamte regelmäßig in der Lage, ihren Verpflegungsaufwand ohne erhöhte Kosten zu befriedigen. Der Schutz des Zentrums diene schließlich auch der Gefahrenabwehr im Sinne von § 78 Abs. 3 BbgPolG.
Der Kläger, dem das Urteil am 10. Februar 2022 zugestellt worden ist, hat die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung am 1. März 2022 eingelegt. Er hat am 16. März 2022 die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen Monat beantragt, dem das Oberverwaltungsgericht mit Einräumung einer Frist bis zum 10. Mai 2022 entsprochen hat. Der Kläger hat am 2. Mai 2022 die Berufung nebst Antragstellung begründet.
Der Kläger führt als Berufungsbegründung an, das Verwaltungsgericht habe die vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Maßstäbe rechtsfehlerhaft zugrunde gelegt. Die Fortbewegung außerhalb der Dienststätte habe in seinem Fall durchaus eigenständige Bedeutung und sei nicht untrennbar mit der wesentlichen und prägenden dienstlichen Tätigkeit verbunden. Es müsse von einer Verlegung zum Zielort die Rede sein, weil keinerlei polizeiliche Aufgaben wahrgenommen würden. Die Reisen ermöglichten erst die Dienstausübung und sei nicht deren Teil. Leitbild des Reisekostenrechts sei der typische Fall, dass sich der Beamte von der Dienststätte oder von seiner Wohnung zu einem außerhalb der Dienststätte gelegenen Ort begebe, an dem er dienstliche Aufgaben wahrzunehmen habe, um danach zur Dienststätte oder zur Wohnung zurückzukehren. Das bilde der Wortlaut von § 2 Abs. 1 Satz 1 BRKG ab, was der Kläger näher darlegt. Im vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall sei es um auswärtige Aufgaben eines Mitglieds einer Fahndungsgruppe bei der Autobahnpolizei gegangen. Demgegenüber gehöre die Reisetätigkeit des Klägers nicht zu seinen eigentlichen Dienstaufgaben, es habe sich um sogenannte Verlegefahrten gehandelt. Während der Fortbewegung zum Einsatzort in Potsdam seien von ihm keine Dienstgeschäfte verrichtet worden. § 11 Abs. 1 „Bbg AZV“ (gemeint ist offenbar: BbgAZVPFJ) regele lediglich die Arbeitszeit und kein Reisekostenrecht, insbesondere nicht die Voraussetzung für eine Reisekostenentschädigung. Der Umstand, dass die Reisezeit zugleich Arbeitszeit nach dieser Vorschrift gewesen sei, stehe der reisekostenrechtlichen Anerkennung von Mehraufwendungen für die Dienstreisen nicht entgegen. Dem Kläger stünde auch nach Sinn und Zweck das Tagegeld zu. Das ergebe sich aus dem Vergleich der Lebenshaltungskosten in Schönefeld einerseits und in der Landeshauptstadt Potsdam andererseits. Dazu bedürfe es keiner Belege. Im Flughafen sei ständig eine preisgünstige Frühstücks- und Mittagsversorgung möglich gewesen, nicht jedoch beim Objektschutz in Potsdam. Aus § 78 Abs. 3 BbgPolG folge, dass Polizeivollzugsbedienstete generell sachlich ortsbezogen tätig seien. Außerhalb des Bezirks ihrer Dienststelle dürften sie Tätigkeiten nur vornehmen, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr und zu den weiteren dort genannten Gründen erforderlich sei, was hier nicht zutreffe. Im Objektschutz sei die Gefahr noch nicht gegenwärtig, Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten seien nicht auf frischer Tat zu verfolgen. Die Revision sei wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 7. Februar 2022 zu ändern, die Ablehnung der beantragten Reisekosten in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Polizeipräsidiums des Landes Brandenburg vom 1. März 2021 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm 222 Euro zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Eine Dienstreise liege nicht vor, wenn die Fortbewegung außerhalb der Dienststätte zu den wesentlichen und prägenden Aufgaben des dem Beamten übertragenen Dienstpostens zähle und damit zur Dienstausübung im eigentlichen Sinne gehöre. Kennzeichnend für das Reisekostenrecht sei es, dass der Hauptzweck der Reise darin bestehe, die Entfernung zu einem Ziel zu überbrücken. Eine Dienstreise sei deswegen zu verneinen, wenn dem Reiseelement keine eigenständige Bedeutung mehr beigemessen werden könne. Zu den Fachaufgaben eines Streifenbeamten der Verfügungsgruppe der Polizeiinspektion „Flughafen“ gehöre das Erfüllen polizeilicher Aufgaben bei sonstigen Einsätzen aus besonderen Anlässen sowie zur Unterstützung des Wachdienstes. In diesem Rahmen hätten Beamte die Aufgabe, gefährdete Objekte zu schützen und zu sichern. Die Umsetzung dieser Aufgaben erfordere zum Teil eine hohe Mobilität. Mit Blick auf § 11 Abs. 1 BbgAZVPFJ sei zu beachten, dass dem Kläger die Zeiten der An- und Abfahrt zu Einsätzen im Rahmen der Unterstützung des Wachdienstes bei eintägigen Einsätzen als Arbeitszeit angerechnet würden. Die An- und Abreise sei damit Teil des Geschäfts selbst. Bei der Reisekostenvergütung handele es sich um eine Aufwandsentschädigung nach dem Gedanken der „Unkostenerstattung“. Es gehe um Erschwernisse oder Belastungen, die dem Beamten gerade dadurch entstünden, dass er sich an einen außerhalb der Dienststätte gelegenen Ort begebe, um dort ein Dienstgeschäft zu erledigen. Dagegen unterfielen Aufwendungen, die durch die Wahrnehmung der wesentlichen und prägenden Aufgaben verursacht würden, nicht dem Reisekostenrecht. Mehraufwendungen im Zusammenhang mit den gewöhnlichen Dienstgeschäften seien sowohl mit der Besoldung als auch mit der Polizeizulage ausgeglichen. Es sei auch nicht ersichtlich, inwieweit dem Kläger durch eintägige Einsätze regelmäßig erhöhte Verpflegungskosten entstünden. Der Schutz des Zentrums in Potsdam falle unter die Gefahrenabwehr im Sinne des § 78 Abs. 3 BbgPolG. Der Beklagte trägt in der mündlichen Verhandlung zudem – vom Kläger unwidersprochen – vor, dass die Verfügungsgruppe bis zur Inbetriebnahme des Regierungsterminals zeitlich ganz überwiegend mit Tätigkeiten des vierten Spiegelstrichs betraut worden sei.
Der Verwaltungsvorgang des Beklagten und die über den Kläger geführte Personalakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht kein Tagegeld zu.
Als Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers kommt allein § 6 Abs. 1 Satz 1 BRKG in Betracht. Danach erhalten Dienstreisende als Ersatz von Mehraufwendungen für Verpflegung ein Tagegeld. Dienstreisender ist ein Beamter auf einer Dienstreise. Diese für Bundesbeamte geltende Bestimmung findet für Beamte des Landes Brandenburg Anwendung wegen der Verweisung in § 63 Abs. 1 Satz 1 LBG. Aufgrund dieser Norm wird die Reise- und Umzugskostenvergütung bei „Reisen aus besonderem Anlass“ in entsprechender Anwendung der für Bundesbeamte jeweils geltenden Rechtsvorschriften gewährt. Das verweist unter anderem auf das Bundesreisekostengesetz und mithin auf dessen § 6.
1.) Es fehlt bei den im Streit befindlichen Tätigkeiten des Klägers der vom Landesbeamtengesetz vorausgesetzte besondere Anlass. § 63 Abs. 1 Satz 1 LBG verweist zur Ausfüllung des besonderen Anlasses auf die bundesrechtliche Definition der Dienstreise, die in § 2 BRKG zu finden ist und in § 6 BRKG vorausgesetzt wird. Der Brandenburger Verordnungsgeber hat dieser bundesrechtlichen Definition der Dienstreise keine spezielle Definition hinzugefügt. Der insoweit von den Beteiligten diskutierte § 11 Abs. 1 BbgAZVPFJ regelt nicht, was eine Dienstreise ist, sondern was „Bei Dienstreisen gilt“. Ob eine Dienstreise vorliegt, muss demnach anhand anderer Vorschriften entschieden werden.
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BRKG sind Dienstreisen die Reisen zur Erledigung von Dienstgeschäften außerhalb der Dienststätte. Die Definition entspricht dem § 2 Abs. 1 Nr. 1 des hessischen Reisekostengesetzes. Das Bundesverwaltungsgericht hat zu dieser Bestimmung entschieden, dass eine Dienstreise im reisekostenrechtlichen Sinn nicht vorliege, wenn die Fortbewegung außerhalb der Dienststätte zu den wesentlichen und prägenden Aufgaben des dem Beamten übertragenen Dienstpostens zähle und damit zur Dienstausübung im eigentlichen Sinne gehöre (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 2014 – 5 C 28.13 – juris Leitsatz und Rn. 9; siehe dazu Martini, ZBR 2015, 7 ff.). Dem schließt sich der Senat für das brandenburgische Beamtenrecht an (so schon in dessen Urteil vom 18. Januar 2023 – OVG 4 B 24/21 – juris – Rn. 14). Die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts entspricht der Intention des Brandenburger Gesetzgebers, der einen besonderen Anlass für die Reisetätigkeit verlangt, um zu einer besonderen Abrechnung zu kommen.
Das in der gesetzlichen Definition in § 2 Abs. 1 Satz 1 BRKG enthaltene Tatbestandsmerkmal „außerhalb der Dienststätte“ bildet die für viele Beamte charakteristische Situation ab, dass die Diensttätigkeit typischerweise in einem einzigen Dienstgebäude erbracht wird und nur ausnahmsweise außerhalb dieses Gebäudes. Die Formulierung verfehlt die Situation derjenigen Beamten, die einen namhaften Teil ihrer Fachaufgaben außerhalb des angestammten Dienstgebäudes, also in anderen, wechselnden Gebäuden oder im Freien zu erbringen haben. In dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall versah ein hessischer Polizeivollzugsbeamter seinen Dienst in einer Fahndungsgruppe der Autobahnpolizei und war dort hauptsächlich mit der Durchführung von Fahndungsfahrten auf den Autobahnen und Bundesstraßen seines Dienstbezirks betraut (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 2014 – 5 C 28.13 – juris Rn. 2). Werden Beamte – womöglich zeitlich ganz überwiegend – außerhalb der Dienststätte verwendet, schließt das allerdings nicht von vornherein die Anerkennung einer Dienstreise aus. Es kommt vielmehr auch dann darauf an, ob die jeweils zu erbringende Tätigkeit zu den wesentlichen und prägenden Aufgaben des Dienstpostens zählt.
Das Erfordernis einer wesentlichen und prägenden Aufgabe wird nicht nur durch diejenige „Agenda“ erfüllt, die einem Beamten als einzige oder vorrangige Aufgabe auferlegt ist. So lassen sich immerhin die Aufgaben des Mitglieds einer Fahndungsgruppe der Autobahnpolizei (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 2014 – 5 C 28.13 – juris), eines polizeilichen Personenschützers (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18. Januar 2023 – OVG 4 B 24/21 – juris) und eines Zielfahnders der Polizei (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18. Januar 2023 – OVG 4 B 23/21 –) charakterisieren. Wesentlich und prägend können demgegenüber auch Aufgaben sein, die zu einem Aufgabenbündel gehören. Eine Bandbreite, wenn nicht gar Aufgabenfülle ist für zahlreiche Dienstposten typisch; eine ausschließlich spezialisierte Verwendung von Beamten dürfte eher die Ausnahme sein. Ob eine bestimmte unter mehreren Aufgabenstellungen noch als wesentlich und prägend für einen Dienstposten anzusehen ist, wird im Einzelfall zu entscheiden sein.
Der Beklagte beruft sich im vorliegenden Fall zu Recht auf die Fachaufgabe der Unterstützung des Wachdienstes als einer wesentlichen und prägenden Aufgabe und weiter darauf, dass nach der Aufgabenbeschreibung die dem Kläger obliegenden Tätigkeiten weder innerhalb eines Dienstgebäudes (Dienststätte) noch in einem definierten Dienstbezirk der Polizeiinspektion „Flughafen“ zu erbringen seien. Dem vierten Spiegelstrich der Aufgabenbeschreibung ist eine Ergänzungsfunktion eigen, mit welcher der Dienstherr auf sich stellende Herausforderungen der Gefahrenabwehr reagieren und eine angemessene Auslastung des Personals bewirken kann, wenn die Tätigkeit im Flughafen nicht notwendig ist oder verzichtbar erscheint. Nach Überzeugung des Senats ist der Aufgabe, den Wachdienst zu unterstützen, eine hinreichende Bedeutung beizumessen, um sie als wesentlich und prägend zu verstehen, auch wenn sie bei Mitgliedern der Verfügungsgruppe neben die Aufgaben im Flughafenbetrieb tritt. Insofern verleiht das zu schützende Objekt, das Moses-Mendelssohn-Zentrum, der Tätigkeit keinen besonderen Charakter. Die polizeilichen Wachdienstaufgaben außerhalb polizeibehördlicher Areale dienen staatlichen, gesellschaftlichen Einrichtungen, Infrastrukturbauten und weiteren Objekten, die nach polizeilicher Erfahrung eines besonderen Schutzes bedürfen.
Wo das polizeiliche Personal im Land Brandenburg den Wachdienst zu unterstützen hat, ist eine Frage polizeilichen Einsatzermessens, nicht behördlicher Zuständigkeit. § 78 Abs. 3 BbgPolG, wonach bei einer gegenwärtigen Gefahr eine Handlungskompetenz im gesamten Bundesland besteht, bestätigt nicht etwa, wie der Kläger meint, eine auf ein kleineres Gebiet beschränkte Zuständigkeit im Normalfall. Denn der Kläger ist Beamter des Polizeipräsidiums, der nach § 72 Abs. 1 BbgPolG einzigen Polizeibehörde im Land Brandenburg. Der Dienstbezirk des Polizeipräsidiums erstreckt sich mithin auf das gesamte Land. Wenn der Kläger zur Unterstützung des Wachdienstes in Potsdam eingeteilt wird, verlässt er nicht den Dienstbezirk seiner Behörde.
2.) Ist die Unterstützung des Wachdienstes für Angehörige der Verfügungsgruppe der Polizeiinspektion „Flughafen“ selbst bei einem in Betrieb genommenen Regierungsterminal eine der wesentlichen und prägenden Aufgaben, so gilt dies erst recht für die Zeit vor dessen Inbetriebnahme. Im hier relevanten Zeitraum von Oktober 2019 bis März 2020 war der Kläger – im Einklang mit dem vierten Spiegelstrich der Aufgabenbeschreibung – ausschließlich mit der Unterstützung des Wachdienstes außerhalb der Dienststätte befasst.
3.) Es kommt hinzu, dass dem Kläger das im Wege der Reisekostenabrechnung erstrebte Tagegeld auch aus einem weiteren Grund nicht zusteht.
Der Besoldungsgesetzgeber kann etwaigen kostenträchtigen Besonderheiten des konkret-funktionellen Amtes (Dienstposten) mit einer Zulage Rechnung tragen (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 2014 – 5 C 28.13 – juris Rn. 14). Das ist hier geschehen. Wie der Beklagte zutreffend betont hat, erhält der Kläger die Zulage für Beamte mit vollzugspolizeilichen oder steuerfahndungsdienstlichen Aufgaben aufgrund Nr. 8 der Vorbemerkungen zu den Besoldungsordnungen A und B (BbgBesG Anlage 1). Durch diese Zulage werden gemäß Nr. 8.3 der Vorbemerkungen die Besonderheiten des jeweiligen Dienstes, insbesondere der mit Wach- und Streifendienst sowie dem Nachtdienst verbundene Aufwand sowie der Aufwand für Verzehr mit abgegolten (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 26. Juni 2014 – 5 C 28.13 – juris Rn. 14 zur Vorgängerregelung; OVG Lüneburg, Urteil vom 29. Oktober 2019 – 5 LB 87/18 – juris Rn. 53 ff.). Wird der Verpflegungsmehraufwand mit einer Zulage abgegolten, ist ein Tagegeld nach Reisekostenrecht aus systematischen Gründen ausgeschlossen (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18. Januar 2023 – OVG 4 B 24/21 – juris Rn. 17 im Anschluss an OVG Lüneburg, Urteil vom 29. Oktober 2019 – 5 LB 87/18 – juris Rn. 57; Martini, ZBR 2015, 7 <12 f.>). Denn der Dienstherr hat für eine Verpflegung seiner Polizeivollzugsbeamten nicht doppelt aufzukommen.
Die Behauptung des Klägers, seine Auslagen für Verpflegung seien in der Landeshauptstadt wesentlich höher als im Einzugsgebiet des Flughafens, ist tatsächlich nicht erwiesen und rechtlich unerheblich. Die genannte Zulage wird vom Gesetzgeber pauschal gewährt. Sie ist nicht speziell für Beamte im Wach- und Streifendienst sowie Nachtdienst ausgebracht worden, was hier bei der Verwendung in Potsdam sogar explizit auf den Kläger zutrifft, sondern wird allen tätigen Polizeivollzugsbeamten zuteil. Das zeigt sich an der Gesetzesformulierung „des jeweiligen Dienstes, insbesondere“. Damit werden einerseits Personen mit vollzugspolizeilichen oder steuerfahndungsdienstlichen Aufgaben begünstigt, die regelmäßig in einer Dienststätte arbeiten und dort eine Personalküche und womöglich eine Kantine vorfinden. Es ist andererseits nicht ausgeschlossen, dass auf speziellen Dienstposten deutlich höherer Aufwand als im Durchschnitt entsteht. Das würde die pauschale Regelung nicht ohne Weiteres als ungenügend ausweisen. Der Dienstherr wäre erst dann aus Fürsorge zum Ausgleich von Aufwendungen verpflichtet, wenn die einem Beamten in der Diensterfüllung typischerweise entstehenden Aufwendungen eine unerträgliche Belastung der amtsangemessenen Lebensführung nach sich zögen (BVerwG, Urteil vom 24. Januar 2013 – 5 C 12.12 – juris Rn. 26). Das wird vom Kläger nicht ansatzweise aufgezeigt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO, § 127 Nr. 1 BRRG genannten Gründe vorliegt.