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baulicher Schallschutz - Wintergarten zu Wohnzwecken - von der Baugenehmigung abweichende Errichtung - Nachtrags-/Änderungsgenehmigung - harte Bedachung im Sinne der bauordnungsrechtlichen Brandschutzvorschriften - Kunststoffdach aus Plexiglas


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 6. Senat Entscheidungsdatum 29.03.2023
Aktenzeichen OVG 6 A 5/22 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2023:0329.OVG6A5.22.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 28 BauO BB, § 32 BauO BB 2018

Leitsatz

1. Zum Anspruch auf Schallschutzvorkehrungen für einen abweichend von der Baugenehmigung errichteten, zu Wohnzwecken genutzten Wintergarten, der nicht über eine harte Bedachung verfügt (Bedachung aus dem lichtdurchlässigen Kunststoff Plexiglas).
2. Da die Baugenehmigung auf Antrag erteilt wird, handelt es sich um einen mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakt. Der Antragsteller bestimmt selbst, was Gegenstand des Baugenehmigungsverfahrens ist. Es ist seine Sache, durch seinen Bauantrag den Verfahrensgegenstand festzulegen sowie alle für die Genehmigung notwendigen Angaben zu machen, von denen die Bauaufsichtsbehörde auszugehen hat (OVG Münster, Urteil vom 26. September 1991 - 11 A 1604/89 -, UPR 1992, 385 ff., juris Rn. 48).

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks J... in 6..., das in dem für den Flughafen Berlin-Brandenburg festgesetzten Tag- und Nachtschutzgebiet liegt. Das Grundstück ist mit einer 1938 errichteten Doppelhaushälfte bebaut, an das die Klägerin im Jahr 2006 einen unterkellerten Wintergarten angebaut hat, den sie zu Wohnzwecken nutzt. Auf ihren auf Erstattung der Aufwendungen für Schallschutz gerichteten Antrag hat die Beklagte Schallschutzmaßnahmen für zwei Wohnräume und einen Schlafraum anerkannt. Der Wintergarten wurde nicht berücksichtigt. Nach entsprechenden Einwendungen der Klägerin erkannte die Beklagte mit Schreiben vom 22. November 2019 den Wintergarten dem Grunde nach als schützenswerten Aufenthaltsraum im Sinne der Schallschutzauflagen des Planfeststellungsbeschlusses des BER - PFB - an und kündigte zugleich eine ergänzende Bestandsaufnahme und eine anschließende Überarbeitung der Anspruchsermittlung an. Im Anschluss an diese Bestandsaufnahme teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 15. April 2020 mit, der Wintergarten könne als Wohnraum bauordnungsrechtlich nicht zulässigerweise genutzt werden, weil die Bedachung aus Kunststoffplatten bestehe, die keine für Wohnräume erforderliche harte Bedachung im Sinne der bauordnungsrechtlichen Brandschutzvorschriften darstelle. Die Nutzung als Wohnraum sei deshalb auch nicht genehmigungsfähig, weshalb eine Berücksichtigung des Wintergartens als Aufenthaltsraum nicht erfolgen könne. Der Wintergarten sei daher nicht als anspruchsberechtigt im Sinne der Schallschutzauflagen des PFB anzusehen.

Mit ihrer am 30. Juni 2022 erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, sie habe Anspruch auf Schallschutz für den Wintergarten, weil dieser dauerhaft zum Wohnen genutzt werde und diese Nutzung zulässig sei. Hierfür sei ihr am 17. Mai 2006 eine entsprechende Baugenehmigung erteilt worden. Der Wintergarten sei zwar nicht in der darin vorgesehenen Massivbauweise mit einer Dachkonstruktion aus Holz und Bitumendachbahnen, sondern in einer Glas-/Stahlkonstruktion errichtet worden. Für diese Änderungen sei von der Baubehörde allerdings am 20. Februar 2007 eine entsprechende Änderungsgenehmigung erteilt worden. Zudem habe die zuständige Bauaufsichtsbehörde mit Schreiben vom 6. März 2007 bestätigt, dass alle Erklärungen und Bescheinigungen nach Fertigstellungsanzeige des Bauvorhabens mängelfrei vorlägen und die Klägerin den errichteten Wintergarten aus bauordnungsrechtlicher Sicht nutzen dürfe.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, bei der schalltechnischen Objektbeurteilung und der Umsetzung des Schallschutzkonzepts nach den planfestgestellten Lärmschutzauflagen in A II Ziffer 5.1.2 und Ziffer 5.1.3 des Planfeststellungsbeschlusses zum Ausbau des Flughafens Berlin Schönefeld vom 13. August 2004 in der Gestalt des Planergänzungsbeschlusses vom 20. Oktober 2009 in der derzeitigen gültigen Fassung baulichen Schallschutz auch für den Wintergarten im Wohngebäude J..., vorzusehen und der Klägerin die Höhe der erstattungsfähigen Aufwendungen mitzuteilen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 282,15 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie tritt der Klage entgegen. Die Nutzung des Wintergartens zu Wohnzwecken werde bauordnungsrechtlich nicht durch die Änderungsgenehmigung vom 20. Februar 2007 legitimiert. Genehmigt worden sei damit ein Wintergarten aus einer Glas-/Stahlkonstruktion, nicht ein Wintergarten mit einer Bedachung aus Plexiglas. Daran ändere auch die Erklärung des Bauaufsichtsamtes vom 6. März 2007 nichts. Das Vorhaben sei in der bestehenden Ausführung für Wohnzwecke auch nicht genehmigungsfähig, weil Plexiglas die entsprechenden brandschutzrechtlichen Anforderungen nicht erfülle.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Streitakte sowie des Schallschutzvorgangs der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die Sache konnte durch den Berichterstatter als Einzelrichter verhandelt und entschieden werden, weil die Beteiligten ihr schriftliches Einverständnis hierzu erklärt haben (§ 87a Abs. 2, Abs. 3 VwGO).

Die Klage hat insgesamt keinen Erfolg.

I. Der mit dem Antrag zu 1. geltend gemachte Anspruch steht der Klägerin nicht zu. Sie kann nicht verlangen, dass eine überarbeitete schalltechnische Objektbeurteilung erstellt wird, die Maßnahmen des Schallschutzes bezogen auf den Wintergarten ihres Wohnhauses vorsieht.

Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist der Planfeststellungsbeschluss „Ausbau Verkehrsflughafen Berlin-Schönefeld“ vom 13. August 2004 in Verbindung mit dem Planergänzungsbeschluss „Lärmschutzkonzept BBI“ zum Vorhaben „Ausbau Verkehrsflughafen Berlin-Schönefeld“ vom 20. Oktober 2009 (im Folgenden: PFB).

1. Gemäß der Lärmschutzauflage in Teil A II Ziffer 5.1.2 PFB (S. 105 f.) sind für Wohnräume, Büroräume, Praxisräume und sonstige nicht nur vorübergehend betrieblich genutzte Räume in der Umgebung des Flughafens geeignete Schallschutzvorrichtungen nach näher bezeichneten Maßgaben vorzusehen. Innerhalb des Tagschutzgebietes haben die Träger des Vorhabens auf Antrag des Eigentümers eines Grundstücks, das am 15.05.2000 bebaut oder bebaubar war, für geeignete Schallschutzvorrichtungen an den Räumen Sorge zu tragen. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Bei dem Wintergarten handelt es sich nicht um einen schützenswerten Wohnraum im Sinne dieser Schallschutzauflage.

Zwar dient er nach seiner tatsächlichen Nutzung unstreitig dem nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen und ist im Jahr 2006 als Anbau zu dem bereits 1938 erbauten Wohnhaus und damit auf einem am Stichtag 15.05.2000 bebaubaren Grundstück errichtet worden. Allerdings entfällt die Verpflichtung zur Erfüllung der Lärmschutzauflagen, wenn das Grundstück zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs nicht mehr bebaubar und nicht mit einem rechtmäßig errichteten Gebäude bebaut ist (Teil A II Ziffer 5.1.7 Nr. 7 PFB, S. 109).

2. Ob ein Gebäude rechtmäßig errichtet ist, richtet sich zunächst nach dem Inhalt der Baugenehmigung. Dem entspricht die Begründung des Planfeststellungsbeschlusses zum Tagschutz, wonach bei Gebäuden, die ohne die erforderliche Baugenehmigung und auch materiell baurechtswidrig errichtet wurden oder genutzt werden, kein Anspruch auf Durchführung von Schallschutzmaßnahmen oder Kostenerstattung besteht (Teil C Ziffer 10.1.8.3.1 PFB S. 656). Soweit die Schutzauflagen ihrem jeweiligen Schutzzweck entsprechend auf einzelne Räume bezogen sind, die in der Nebenbestimmung des Teils A II 5.1.7 Nr. 7 PFB enthaltene Regelung jedoch auf das gesamte Gebäude abstellt, dürfte dies dem Umstand geschuldet sein, dass eine Baugenehmigung in der Regel für das gesamte Gebäude erteilt wird. Die Regelung in Ziffer 5.1.7 Nr. 7 PFB nimmt damit nicht nur Schwarzbauten insgesamt, sondern auch im Widerspruch zu bauordnungsrechtlichen Vorgaben errichtete und nicht genehmigte bzw. nicht genehmigungsfähige Räume aus der Verpflichtung der Vorhabenträgerin zur schalltechnischen Ertüchtigung aus (Senatsurteile vom 3. Juli 2018 - OVG 6 A 3.17 -, juris Rn. 24 und vom 9. April 2019 - OVG 6 A 12.16 -, juris Rn. 29). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe wurde der Wintergarten weder rechtmäßig errichtet noch wäre er zur Nutzung als Wohnraum genehmigungsfähig.

a) Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass der Wintergarten ihres Wohnhauses in der bestehenden Bauweise für eine Nutzung als Aufenthaltsraum genehmigt worden ist.

aa) Die für die Errichtung des Wintergartens erteilte Baugenehmigung vom 17. Mai 2006 legitimiert die Nutzung des vorhandenen Wintergartens zu Wohnzwecken nicht. Denn der Wintergarten wurde abweichend von den Genehmigungsunterlagen errichtet. Nach den Bauvorlagen, die Bestandteil der Baugenehmigung vom 17. Mai 2006 geworden sind, war als Dachaufbau eine Konstruktion aus Holz und Bitumendachbahnen vorgesehen (Bitumendeckung nach DIN 18338, Vollschalung 24mm Rauhspund, Sparren 6/20, 20 cm Mineraldämmung WLG 035 zwischen den Sparren, Dampfbremse, Unterkonstruktion 1,5 cm Gipskarton). Außerdem sollte der Wintergarten aus massivem Mauerwerk errichtet werden. Stattdessen wurde ein Wintergarten aus einer Glas-/Stahlkonstruktion mit einem Dach aus Kunststoff (Plexiglas) gebaut.

Dass diese Ausführung nicht der erteilten Baugenehmigung vom 17. Mai 2006 entspricht, ist auch zwischen den Beteiligten unstreitig und ergibt sich zudem aus der entsprechenden Feststellung des Bauaufsichtsamtes im Schreiben vom 31. Januar 2007, in dem die Klägerin mit Blick auf die von den Bauvorlagen abweichende Ausführung des Vorhabens aufgefordert wurde, einen Antrag auf Erteilung einer Änderungs-/Ergänzungsgenehmigung zu stellen.

bb) Die erteilte Änderungsgenehmigung vom 20. Februar 2007 legitimiert die Nutzung des vorhandenen Wintergartens zu Wohnzwecken ebenfalls nicht. Denn sie erfasst ihrem Wortlaut nach lediglich die Ausführung als Glas-/Stahlkonstruktion, nicht aber das Kunststoffdach.

Da die Baugenehmigung auf Antrag erteilt wird, handelt es sich um einen mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakt. Der Antragsteller bestimmt selbst, was Gegenstand des Baugenehmigungsverfahrens ist. Es ist seine Sache, durch seinen Bauantrag den Verfahrensgegenstand festzulegen sowie alle für die Genehmigung notwendigen Angaben zu machen, von denen die Bauaufsichtsbehörde auszugehen hat (OVG Münster, Urteil vom 26. September 1991 - 11 A 1604/89 -, UPR 1992, 385 ff., juris Rn. 48).

Die Ausführung des Daches des Wintergartens aus dem Kunststoff Plexiglas war aus den Antragsunterlagen der Klägerin zur Änderungsgenehmigung nicht ersichtlich. Die Baubeschreibung zum Antrag auf Änderungsgenehmigung vom 6. Februar 2007 enthält keine Angaben zur Ausführung der Decke des Wintergartens. In dem Feld „Decken“ des Formulars heißt es zwar „KG-Decke Stegzementdielen in Stahlträgern“, dies bezieht sich jedoch auf die Kellergeschossdecke, die zugleich den Boden des Wintergartens bildet. Im Feld „Tragwerk des Daches“ ist „Wintergarten als Stahl/Glas-Konstruktion“ angegeben. Das Feld „Dachhaut“ ist nicht ausgefüllt. Auch an anderer Stelle der Baubeschreibung werden keine Angaben zur Ausführung des Wintergartendaches gemacht.

Das Schreiben der Baubehörde vom 6. März 2007, mit dem erklärt wird, das Vorhaben könne aus ordnungsrechtlicher Sicht genutzt werden, alle erforderlichen Erklärungen und Bescheinigungen lägen mängelfrei vor, ist insoweit unergiebig. Denn daraus ist nicht ersichtlich, dass die Behörde einen Wintergarten zu Wohnzwecken mit Plexiglasdach genehmigen wollte oder genehmigt hat.

3. Der Wintergarten wird auch materiell baurechtswidrig genutzt, denn in der bestehenden Ausführung war er bauordnungsrechtlich weder im Zeitpunkt seiner Errichtung noch nach aktuellem Bauordnungsrecht für eine Wohnnutzung genehmigungsfähig. Das Plexiglasdach erfüllt nicht die bauordnungsrechtlich geltenden Brandschutzanforderungen.

a) Nach § 28 Abs. 2 der im Zeitpunkt der Errichtung des Wintergartens geltenden Brandenburgischen Bauordnung - BbgBO - vom 16. Juli 2003 (GVBl I S. 210) muss die Dachhaut gegen Flugfeuer und strahlende Wärme widerstandsfähig sein (harte Bedachung).

aa) Die Bedachung des hier in Rede stehenden Wintergartens besteht aus dem lichtdurchlässigen Baustoff Plexiglas, der mangels Widerstandsfähigkeit gegen Flugfeuer und strahlende Wärme keine harte Bedachung im Sinne des Bauordnungsrechts darstellt und daher für eine Wohnraumnutzung grundsätzlich nicht geeignet ist. Bedachungen aus diesem Baustoff zählen nach der DIN 4102 Teil 4 nicht zu den ohne Nachweis gegen Flugfeuer und strahlende Wärme widerstandsfähigen harten Bedachungen (vgl. im Einzelnen Böhme in Jäde/Dirnberger/Förster/Bauer/Böhme/Michel/Radeisen, Bauordnung Brandenburg, 71. AL Mai 2018, § 32 Rn. 9 ff. sowie zu dem hinsichtlich des Brandverhaltens vergleichbaren Kunststoff „Makrolon“ Senatsurteil vom 17. Mai 2021 - OVG 6 A 4/20 -, juris Rn. 27). Dieser von der Beklagten schriftsätzlich ausdrücklich angeführten Einschätzung ist die Klägerin nicht entgegengetreten. Der gerichtlichen Aufforderung, Nachweise vorzulegen, wonach das Dach des Wintergartens die bauordnungsrechtlichen Anforderungen an die Brandbeanspruchung von Dächern erfüllt, ist die Klägerin nicht nachgekommen. Die von ihr vorgelegten technischen Informationen zum Brandverhalten von Plexiglas bestätigen vielmehr die vorstehende Einschätzung. Daraus geht hervor, dass Lichtflächen aus Plexiglas im Dach „im Brandfall aufschmelzen und als Rauch- und Wärmeabzug wirken“ können. Es handelt sich auch danach gerade nicht um eine harte Bedachung im Sinne der bauordnungsrechtlichen Vorgaben.

b) Auch die weiteren von der Klägerin vorgelegten Unterlagen führen nicht auf eine insoweit abweichende Einschätzung.

Auf die Angaben in dem Prüfbericht-Nr. 1 des Dr.-Ing. U... vom 24. Mai 2006 kommt es vorliegend schon deshalb nicht an, weil er sich auf das am 17. Mai 2006 genehmigte, letztlich nicht realisierte Vorhaben bezieht. Der Prüfbericht-Nr. 2 vom 30. August 2006 ist unergiebig, weil er zur Frage des Brandschutzes des Wintergartendaches keine Aussagen enthält. Die Überprüfung der Bauausführung war danach hinsichtlich des Brandschutzes auf die tragenden und aussteifenden Bauteile beschränkt. Die Fachunternehmererklärung des G... GmbH vom 28. Juni 2006 enthält keine Angaben zum Brandschutz. Die darin enthaltene Erklärung, die Leistungen seien „entsprechend den Vorgaben der Baugenehmigung erbracht“, ist inhaltlich offenkundig unrichtig, weil sie sich auf die Baugenehmigung vom 17. Mai 2006 bezieht, deren Vorgaben gerade nicht beachtet wurden. Die Bescheinigung der Y... GmbH bezieht sich auf die Fundamente und die Stahlbetonplatte des Wintergartens, nicht aber auf dessen Dach. Die undatierte Fachunternehmererklärung der U... GmbH, wonach die Fertigung und Montage des Wintergartens nach „den geltenden Vorschriften, Normen und Verordnungen“ durchgeführt worden sei, ist hinsichtlich der Frage des durch das Wintergartendach gewährleitesteten Brandschutzes unergiebig. Dasselbe gilt für die Bescheinigung des Prüfingenieurs zur Fertigstellung des Wintergartens vom 30. August 2006, die sich auf die nicht realisierte Baugenehmigung vom 17. Mai 2006 bezieht. Unergiebig ist auch die Anzeige über die abschließende Fertigstellung vom 16. Januar 2007, die keinerlei Angaben über Brandschutzvorgaben und deren Beachtung enthält und sich im Übrigen dem zeitlichen Ablauf nach ebenfalls auf das ursprünglich genehmigte Vorhaben bezieht. Die Erklärung des Objektplanes vom 16. Januar 2007, wonach die Bauausführung „entsprechend den genehmigten Bauvorlagen“ erfolgt sei, bezieht sich auf die Baugenehmigung vom 17. Mai 2006 und ist inhaltlich unzutreffend.

b) Die vorhandene Bedachung ist auch nicht ausnahmsweise als sog. weiche Bedachung nach § 28 Abs. 3 BbgBO 2003 zulässig gewesen. Dies setzt voraus, dass das Gebäude einen Abstand von mindestens 5 m zu Nebengebäuden ohne Feuerstätten (Nr. 1), 10 m zur Grundstücksgrenze (Nr. 2), 15 m zu Gebäuden mit harter Bedachung (Nr. 3) oder 20 m zu Gebäuden ohne harte Bedachung (Nr. 4) aufweist. Diese Voraussetzungen liegen jedenfalls deshalb nicht vor, weil der Wintergarten unmittelbar an das Wohngebäude der Klägerin angrenzt und im Übrigen die erforderlichen Abstände zur benachbarten Doppelhaushälfte nicht einhält.

c) Die vorhandene Bedachung des Wintergartens ist auch nicht nach § 32 BbgBO in der aktuell geltenden Fassung vom 15. November 2018 (GVBl. I/18 Nr. 39, zuletzt geändert durch Gesetz vom 9. Februar 2021, GVBl. I/21 Nr. 5) genehmigungsfähig.

Die aus dem Baustoff Plexiglas bestehende Bedachung stellt aus den genannten Gründen keine harte Bedachung im Sinne von § 32 Abs. 1 BbgBO dar. Die Bedachung ist auch nicht nach § 32 Abs. 2 BbgBO genehmigungsfähig, weil die dort geregelten Anforderungen denen nach § 28 Abs. 3 BbgBO 2003 vergleichbar sind bzw. verschärft wurden. Das gilt unabhängig von der Frage, ob man den Wintergarten als selbstständiges Gebäude im Sinne des § 2 Abs. 2 BbgBO oder als Teil des übrigen Wohnhauses ansieht.

II. Das mit dem Antrag zu 2. verfolgte Klageziel hat keinen Erfolg. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 282,15 Euro gemäß § 280 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB, weil solche Kosten nach der Rechtsprechung des Senats in Verfahren, in denen über die Anspruchsberechtigung für baulichen Schallschutz nach dem PFB BER gestritten wird, nicht auf §§ 280 ff. BGB gestützt und als Verzugsschaden geltend gemacht werden können (Urteil vom 13. Dezember 2021 OVG 6 A 8/20, juris Rn. 165 ff.).

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 709 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO nicht vorliegen.