Gericht | VG Frankfurt (Oder) 5. Kammer | Entscheidungsdatum | 10.03.2023 | |
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Aktenzeichen | 5 K 433/20 | ECLI | ECLI:DE:VGFRANK:2023:0310.5K433.20.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in der gleichen Höhe leistet.
Der Kläger, ein eingetragener Verein, wendet sich gegen eine forstrechtliche Ordnungsverfügung.
Er ist Eigentümer von mit Forstpflanzen bestockten Grundstücken in der Gemarkung C... (Flur 4..., F... und 4...). Auf diesen Flächen errichtete der Kläger vor Jahren Wildschutzzäune, zum einen im nördlichen Bereich des Flurstücks 3 und zum anderen im nördlichen Bereich des Flurstücks 4. Unter dem 20. Dezember 2018 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass der auf den oben benannten Waldgrundstücken stehende Wildschutzzaun seine Wirksamkeit verloren habe und daher eine Waldsperrung darstellen könnte. Der Kläger sei angehalten, den Zaun abzubauen oder die Wirksamkeit wiederherzustellen. Nach Anhörung des Klägers (Schreiben vom 21. Mai 2019) zur „Waldsperrung, durch Nicht–Beseitigung eines unwirksamen Forstzaunes“ erließ der Beklagte unter dem 9. Juli 2019 eine Ordnungsverfügung, mit der dem Kläger unter Androhung eines Zwangsgeldes (Tenorpunkt 2) aufgegeben wurde, die Waldsperrung durch vollständiges Abbauen des Forstzaunes (Knotengeflecht) zu beseitigen (Tenorpunkt 1). Ferner setzte der Beklagte eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 660,50 € fest (Tenorpunkt 3). Der Ordnungsverfügung beigefügt war eine Kartendarstellung als „Anlage 1“.
Zur Begründung führte der Beklagte aus, der Kläger habe die Einzäunung veranlasst. Die Waldflächen seien teilweise umzäunt, der Zaun lückig und werde seinem Zweck (Verhinderung des Einwechselns von Wildtieren) nicht gerecht. Die angeordneten Maßnahmen seien zur Abwendung einer gegenwärtig bestehenden Gefahr hinsichtlich der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich und nach Art und Umfang angemessen und verhältnismäßig. Die bestehenden Einzäunungen seien geeignet, das Waldbetretungsrecht zu erschweren und erheblich einzuschränken.
Der Widerspruch des Klägers vom 6. August 2019 blieb erfolglos. In seiner Widerspruchsbegründung machte der Kläger geltend, die seinerzeit erfolgte Einzäunung der Grundstücke sei zur Sicherung landwirtschaftlich angrenzender Flächen und zur Vermeidung von Wildschäden auf der Grünlandfläche und eines geschützten Biotops erfolgt. Hierfür sei eine forstrechtliche Genehmigung erteilt worden.
Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 19. März 2020 mit der Begründung zurück, dass es sich bei den oben genannten Grundstücken teilweise um Wald im Sinne des § 2 Abs. 1 Landeswaldgesetz handle und mit dieser festgestellten Waldeigenschaft eine ungenehmigte Waldsperrung vorliege. Seitens des Klägers sei die von ihm angesprochene Genehmigung nicht vorgelegt worden. Die Waldfläche bedürfe zu ihrem Schutz keiner Umzäunung; die vorliegende teilweise Umzäunung der Waldflächen sei defekt und liege am Boden Auch befinde sich auf den genannten Flurstücken kein gesetzlich geschütztes Biotop. Mithin stelle die Zaunanlage eine Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften stehe.
Der Kläger hat am 15. April 2020 Klage erhoben. Er bringt vor, der Bescheid sei zu unbestimmt, da sich weder der Verfügung noch dem Inhalt zweifelsfrei entnehmen lasse, welcher Forstzaun und wie weit abgebaut werden solle. Zudem habe der Beklagte nicht ausreichend berücksichtigt, dass der streitgegenständliche Zaun im Zeitraum 2002-2003 im Rahmen einer Ortsbegehung mit dem damaligen Forstamt und der Oberförsterei S... genehmigt worden sei. Bereits bei der damaligen Ortsbegehung sei die Umzäunung der Flächen vollständig erfolgt. Der derzeitige Zaunverlauf stelle keine Waldsperrung dar. Da der Zaun gar nicht mehr stehe, sondern auf dem Boden liege, stellten die Zäune keine Einschränkung der Betretbarkeit des Waldes dar. Da der Zaun seit vielen Jahren nicht mehr bestehe, sei die mit der Verfügung aufgegebene Verpflichtung nicht erfüllbar. Nur noch vereinzelt würden Zaunfelder stehen.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
1. die Tenorpunkte 1 bis 3 der Ordnungsverfügung des Beklagten vom 9. Juli 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. März 2020 aufzuheben,
2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 660,50 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen und
3. die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten des Klägers im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verteidigt die angefochtenen Bescheide und erwidert, die in Rede stehenden Flächen seien hinreichend durch die Darstellung in der Anl. 1 zur streitigen Ordnungsverfügung gekennzeichnet. Diese Anl. 1 weise durch die eingezeichnete „Rote Linie“ den Zaunverlauf zweifelsfrei aus. Der Zaunverlauf sei eindeutig dem Randverlauf der mit Forstpflanzen bestockten und damit als Wald im Sinne des Gesetzes zu bewertenden Flächen zuzuordnen. Auch die Formulierung „vollständiges Abbauen des Forstzaunes (Knotengeflecht)“ sei nicht zu unbestimmt. Ein Rückbau der Holzpfähle sei hiermit nicht angeordnet worden. Für die Errichtung der streitgegenständlichen Einzäunungen habe es keine Genehmigung der Forstbehörde gegeben. Eine solche öffentlich–rechtliche Genehmigung habe der Kläger auch nicht vorgelegt. Die vorhandene Zäunung stelle in der gegenwärtigen Situation und in dem anzutreffenden Zustand eine nicht genehmigte Waldsperrung dar. So sei der Knotengeflechtszaun auf weiten Strecken durch Umbruch der Pfähle am Boden liegend oder das Grundmaterial (Knotengeflecht) zu Boden gedrückt oder durch das Wild angehoben oder sonst beschädigt worden. Eine Schutzfunktion des Zaunes etwa zur Vermeidung von Wildschäden bestehe nicht mehr. Mithin stellten die Reste des Zaunes in der hier vorzufindenden Art und Weise eine Waldsperrung dar. Objektiv sei dieses Hindernis geeignet, Waldbesucher vom freien Waldbetretungsrecht einzelner Waldflächen abzuhalten. Weder sei die Einzäunung der Waldflächen mit den Zielen einer ordnungsgemäßen Waldwirtschaft in Einklang zu bringen, noch dürfte hier ein Kulturzaun als Voraussetzung der Genehmigungsfreistellung nach § 18 Abs. 4 Landeswaldgesetz hier anzunehmen sein. Ermessensfehler seien nicht ersichtlich.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, den vom Beklagten eingereichten Verwaltungsvorgang sowie auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
A.
Das Gericht konnte im Termin trotz Ausbleibens des Klägers verhandeln und entscheiden, denn dieser ist in der ihm ordnungsgemäß zugestellten Ladung darauf hingewiesen worden, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, § 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO.
B.
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Die angefochtene Ordnungsverfügung in der Fassung des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
1. Die Ordnungsverfügung genügt dem Bestimmtheitsgebot gemäß § 1 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Brandenburg – VwVfGBbg i. V. mit 37 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG. Das Bestimmtheitsgebot ist materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung, die für alle Verwaltungsakte i. S. d. § 35 VwVfG gilt, und zwar unabhängig von der Form ihres Erlasses (Pautsch in: Pautsch/Hoffmann, VwVfG, 2. Aufl. 2021, § 37 VwVfG Bestimmtheit und Form des Verwaltungsaktes; Rechtsbehelfsbelehrung, Rn. 2). Durch den Begriff hinreichend bestimmt in § 37 Abs. 1 VwVfG wird klargestellt, dass Bestimmbarkeit genügt. Dies ist der Fall, wenn die Adressaten und die diese betreffende Regelung eindeutig erkennbar sind, sodass die Betroffenen ihr Verhalten danach ausrichten können. Es genügt jedoch, dass der Inhalt des Verwaltungsakts durch Auslegung mit den üblichen Methoden ermittelbar ist, wobei auf den Regelungsgehalt sowie das zugrundeliegende materielle Recht abzustellen ist. Welches Maß an Konkretisierung notwendig ist, hängt von der Art des Verwaltungsakts, den Umständen seines Erlasses und seinem Zweck ab. Maßstäbe im Einzelnen können sich aus dem jeweiligen Fachrecht ergeben (Stelkens/Bonk/Sachs/U. Stelkens, 10. Aufl. 2022, VwVfG § 37 Rn. 5). Maßgeblich ist entsprechend den zu §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch entwickelten Kriterien der objektive Erklärungswert, also „wie der Empfänger die Erklärung unter Berücksichtigung der ihm erkennbaren Umstände bei objektiver Würdigung verstehen muss“. Als Hilfsmittel für die Auslegung kann auch die Begründung mit herangezogen werden; der verfügende Teil muss aber grundsätzlich aus sich heraus verständlich sein. Ebenfalls zur Auslegung herangezogen werden dürfen ohne weiteres erkennbare äußere Umstände sowie beigefügte Unterlagen (Schoch/Schneider/Schröder, 3. EL August 2022, VwVfG § 37 Rn. 24).
2. Gemessen daran hat die untere Forstbehörde dem Kläger die „Beseitigung der Waldsperrung durch vollständiges Abbauen des Forstzaunes (Knotengeflecht)“ unmissverständlich eindeutig aufgegeben. Bei verständiger Würdigung ist auch hinreichend klar, dass allein das „Knotengeflecht“, also das eigentliche Zaunmaterial, vom Kläger abgebaut und beseitigt werden soll. In Verbindung mit der der Ordnungsverfügung beigefügten Anlage 1 „Kartendarstellung“ mit dem eingezeichneten und markierten Zaunverlauf ist für den Kläger ebenso eindeutig erkennbar und ohne weiteres ersichtlich, was von ihm wo verlangt wird. Dies umso mehr, als es der Kläger selbst war, der die streitigen Einzäunungen vor Jahren errichtet hat.
3. Die Ordnungsverfügung ist auch nicht nichtig, weil sie aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann, § 1 Abs. 1 VwVfGBbg i. V. mit § 44 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG. Der Kläger bringt zwar vor, der Zaun würde seit vielen Jahren nicht mehr bestehen und die mit der Verfügung aufgegebene Verpflichtung sei nicht erfüllbar. Es trifft auch zu, dass die Einzäunung funktionslos geworden ist und teilweise durch Umbruch der Pfähle am Boden liegend oder das Grundmaterial (Knotengeflecht) zu Boden gedrückt oder durch das Wild angehoben oder sonst beschädigt worden ist, wie der Beklagte dargelegt hat. Indes ist die Beseitigung des vorhandenen Zaunmaterials (Knotengeflecht) objektiv tatsächlich weiterhin möglich und auch nicht mit so hohem Aufwand oder so großen Schwierigkeiten verbunden, dass niemand die Beseitigung des Knotengeflechts vernünftigerweise in Betracht ziehen würde (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG 18. Aufl., § 44 Rn. 39).
C.
Rechtsgrundlage für die angegriffene Verfügung ist § 13 Abs. 1 des Gesetzes über Aufbau und Befugnisse der Ordnungsbehörden (OBG). Danach kann die Ordnungsbehörde die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Falle bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Gefahr) abzuwehren. Die Zuständigkeit des Beklagten als Sonderordnungsbehörde im Sinne des § 11 OBG ergibt sich aus § 34 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 35 Waldgesetz des Landes Brandenburg - LWaldG. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 13 Abs. 1 OBG liegen vor. Durch die Errichtung (und Beibehaltung) der Einzäunung ist eine Störung der öffentlichen Sicherheit eingetreten. Denn das Sperren von Wald bedarf gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 LWaldG der Genehmigung durch die untere Forstbehörde, und eine Waldsperrung ohne vorherige Genehmigung stellt eine Ordnungswidrigkeit dar (§ 37 Abs. 1 Nr. 21 LWaldG).
1. Bei den durch die streitige Einzäunung gesperrten Flächen handelt es sich nach der maßgeblichen tatsächlichen Betrachtungsweise (vgl. OVG für das Land Brandenburg, Urteil vom 26. November 1998 – 4 A 27/97 – NuR 1999, 403) um Wald im Sinne des § 2 Abs. 1 LWaldG, weil sie mit Forstpflanzen bestockt sind. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus der Kartendarstellung (vgl. Bl. 134, 139 VV) i. V. mit aus den im Verwaltungsvorgang befindlichen Fotografien (Bl. 30-32, 60-62, 125-133). Insbesondere aus dem im Verwaltungsvorgang enthaltenen Luftbild (Bl. 114 VV) ist zu ersehen, dass das Flurstück 3 Teil eines sich südlich anschließenden Waldgebietes ist und das nördlich belegene Flurstück 4 vollständig mit Forstpflanzen i. S. des § 2 Abs. 1 LWaldG bestockt ist.
Dass vorliegend von einer anderen Nutzungsart als Wald auszugehen wäre, ist nicht ersichtlich.
2.
a) Die Errichtung der Einzäunungen stellt ein Sperren von Wald im Sinne des § 18 Abs. 1 LWaldG dar, wonach Sperren von Wald jede Einzäunung, Beschilderung oder Errichtung sonstiger Hindernisse ist, die geeignet ist, das allgemeine Waldbetretungsrecht nach § 15 LWaldG einzuschränken oder zu erschweren. Eine Genehmigung gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 LWaldG ist vom Kläger nicht beantragt und auch nicht erteilt worden. Soweit er sich darauf beruft, die streitgegenständliche Einzäunung sei in Absprache mit der Forstbehörde errichtet worden, trifft dies nach Aktenlage nicht zu. Dass dem Kläger zu irgendeinem Zeitpunkt eine „ordnungsgemäße“ Genehmigung zur Errichtung der Einzäunung erteilt wurde, ist nicht ersichtlich. Soweit der Kläger sich auf eine Ortsbegehung mit dem damaligen Forstamt und der Oberförsterei S... im Zeitraum 2002 bis 2003 beruft, würde selbst eine eventuelle Duldung der Einzäunungen in den Folgejahren schon nicht die Annahme rechtfertigen, diese seien (nachträglich) genehmigt worden. Im Übrigen hat der Kläger selbst eine Genehmigung nicht vorgelegt.
b) Soweit sog. Kulturzäune als befristete Einzäunungen im Rahmen der ordnungsgemäßen Waldbewirtschaftung gemäß § 18 Abs. 4 LWaldG keiner Genehmigung bedürfen, hat vorliegend die zuständige Forstbehörde in ihren Stellungnahmen nachvollziehbar dargelegt und in der mündlichen Verhandlung nochmals erläutert, dass die Voraussetzungen für einen Erhalt der Einfriedungen zum Zweck des Schutzes von Forstkulturen, wie sie ursprünglich gegeben waren, nicht mehr vorliegen. Sind Forstkulturzäune nicht mehr zum Schutz von Forstkulturen insbesondere gegen Wildverbiss notwendig, weil die Kulturen eine entsprechende Wuchshöhe erreicht haben, handelt es sich baurechtlich gesehen um eine Nutzungsänderung, wenn eine solche Einfriedung über diesen Zeitpunkt hinaus stehen bleibt, nachdem die ursprüngliche Zweckbestimmung der Anlage entfallen ist (für das bayrische Landesrecht VG Regensburg, Urteil vom 26. Juli 2016 – RN 6 K 14.2028 –, Rn. 20, juris) und forstrechtlich um eine genehmigungsbedürftige Waldsperrung.
c) Dem sinngemäßen Vorbringen des Klägers, der derzeitige Zaunverlauf stelle keine Waldsperrung (mehr) dar, ist entgegenzuhalten, dass eine Waldsperrung nicht erst dann vorliegt, wenn das Betretungsrecht an einer Waldfläche gänzlich ausgeschlossen ist. Vielmehr lässt der Gesetzgeber schon eine Einschränkung oder Erschwerung genügen. Das Betretungsrecht wird schon dann erschwert, wenn dieses zwar noch nicht ausgeschlossen ist, das Waldbetretungsrecht jedoch erst dann ausgeübt werden kann, wenn zuvor ein Hindernis überwunden worden ist. Im Interesse der Sicherung des allgemeinen Betretungsrechts ist an die Erschwerung des Waldbetretungsrechts kein allzu strenger Maßstab anzulegen. Insofern ist jede bei objektiver Betrachtung unter Berücksichtigung des weitgezogenen Nutzerkreises nicht gänzlich unerhebliche Erschwerung des Waldbetretungsrechts tatbestandsmäßig im Sinne des § 18 Abs. 1 LWaldG. Auf eine tatsächliche Überwindbarkeit des Hindernisses kommt es letztlich nicht an. Maßgeblich ist vor allem die psychologische Wirkung des Hindernisses für einen Waldbesucher, das selbst dann als Sperrung angesehen werden kann, wenn es an sich ohne größeren Aufwand überwunden werden könnte. Erweckt ein Hindernis bei einem Waldbesucher die Vorstellung, dass er die betreffenden Flächen nur in dem Bewusstsein betreten kann, gegen ein Verbot zu verstoßen, er mithin eine letztlich psychologisch wirkende Hürde überwinden muss, um das ihm eingeräumte subjektive Recht ausüben zu können, ist eine Sperrung zu bejahen. Hat eine objektiv als Hindernis einzustufende Maßnahme allerdings lediglich zu vernachlässigende Auswirkungen auf die Vorstellung der Waldbesucher, letztlich also nur Bagatellcharakter, liegt keine Waldsperrung vor (vgl. zu allem Koch, Waldgesetz des Landes Brandenburg, § 18 Rn. 4.1.2.1 [Stand Februar 2021]).
Solche zu vernachlässigende Auswirkungen hat die streitgegenständliche Einzäunung nicht. Hiergegen spricht schon der Umfang der Einzäunungen (s. Bl. 139 VV). Die Beklagtenvertreterinnen haben in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass die streitgegenständliche Einzäunung noch vorhanden ist und – soweit nicht auf den Boden gedrückt – ca. 1,60m hoch ist. Im Übrigen vermittelt auch eine schadhafte, tw. am Boden liegende Einzäunung bei objektiver Betrachtung eine Sperrwirkung. Das Gericht verweist auf die Fotodokumentation im Verwaltungsvorgang (s. z.B. Bl. 129 VV). Das noch vorhandene Knotengeflecht stellt somit insgesamt ein physisches und psychologisches Hindernis dar, welches das Waldbetretungsrecht einschränkt (vgl. zu Einzäunungen auch VG Frankfurt (Oder), Urteil vom 30. Januar 2018 – 5 K 202/12 –, juris).
d) Dem Kläger könnte auch nachträglich keine Genehmigung zur Waldsperrung erteilt werden. Denn gemäß § 18 Abs. 3 LWaldG ist das Sperren von Wald nur im öffentlichen Interesse zulässig, wenn wichtige Gründe, insbesondere 1. des Wald- und Forstschutzes einschließlich der Ziele des Naturschutzes, 2. der ordnungsgemäßen Waldbewirtschaftung oder 3. des Schutzes der Waldbesucher vorliegen. Solche Gründe macht der Kläger im Klageverfahren schon nicht mehr geltend, da er sich nur darauf beruft, der Zaun würde gar nicht mehr stehen, sondern auf dem Boden liegen und deswegen in keiner Weise eine Einschränkung der Betretung darstellen (s.o.).
3. Der Beklagte hat auch das ihm eingeräumte Ermessen gemäß § 13 Abs. 1 OBG in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Es ist nicht ersichtlich, dass er die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder davon in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hätte (vgl. § 114 Satz 1 VwGO). Bei einem Einschreiten gegen einen rechtswidrigen Zustand darf die Behörde im Regelfall ihre Ermessenserwägungen und auch die Begründung der Verfügung darauf beschränken, dass sie zum Ausdruck bringt, ihr gehe es um die Beseitigung eines rechtswidrigen Zustandes (BVerwG, Urteil vom 30. August 1985 – 4 C 50/82 – juris, Rn. 22). Dies gilt umso mehr, als nach Art. 40 Abs. 3 der Verfassung des Landes Brandenburg Land, Gemeinden und Gemeindeverbände verpflichtet sind, der Allgemeinheit den Zugang zur Natur, insbesondere zu Wäldern, freizuhalten und gegebenenfalls zu eröffnen (vgl. OVG für das Land Brandenburg, Urteil vom 18. August 1998 – 4 A 176/09 – EA, S. 14 n.v.). Insoweit ist das behördliche Ermessen intendiert, so dass weitere Ermessenserwägungen nur im Ausnahmefall angestellt werden müssen. Diesen Anforderungen genügt die Ermessensausübung des Beklagten. Dieser hat bereits in der Betreffzeile der Ordnungsverfügung vom 09. Juli 2019 zum Ausdruck gebracht, dass es ihm maßgeblich um die „Beseitigung eines rechtswidrigen Zustandes“ gehe. Entsprechend wird auf S. 5 der Ordnungsverfügung formuliert, dass die angeordneten Maßnahmen erforderlich sind, „um besagte Gefahr sowie die Einschränkung der Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion durch die Waldsperrung gegenüber dem Gemeingut Wald abzuwenden.“ Schließlich heißt es auf S. 7 des Widerspruchsbescheides zutreffend:
„Den Interessen der Allgemeinheit an der Erhaltung des Waldes und dem freien Waldbetretungsrecht kommt bei der Abwägung ein besonderes Gewicht zu.“
Diese Erwägungen sind im Lichte der o.g. aus der Landesverfassung resultierenden Verpflichtung nicht zu beanstanden (vgl. zu Ermessenserwägungen im Rahmen einer Ordnungsverfügung betr. eine Waldsperrung auch Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23. Mai 2017 – OVG 11 B 19.16 –, Rn. 22, juris).
4. Zudem hat der Beklagte in seinem Widerspruchsbescheid zu Recht darauf hingewiesen, dass auch eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung i. S. eines Verstoßes gegen § 24 Abs. 1 LWaldG gegeben sein dürfte. Danach ist es verboten, Wälder dadurch zu verschmutzen, dass Abfälle wie z. B. gebrauchte Verpackungen, Sperrmüll, Bauschutt, Altautos und Klärschlamm oder Abwasser oder andere nicht zum Wald gehörende Gegenstände oder Stoffe - wozu auch funktionsloses Zaunmaterial aus Drahtgeflecht gehört - im Wald abgelagert oder sonst zurückgelassen oder in diesen eingeleitet werden. Bei den hier in Rede stehenden Materialien handelt es sich zweifellos um solche, die nicht zum Wald gehören. Auch setzt der Tatbestand des § 24 Abs. 1 LWaldG nicht voraus, dass als Folge der Verschmutzung die Benutzungsmöglichkeiten des Waldes beeinträchtigt werden, sich die physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften, mithin Funktionen des Waldes verschlechtert haben oder sonstige nachteilige Veränderungen eingetreten sind (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. März 2015 – OVG 11 N 25.12 –, Rn. 6, juris). Es genügt, dass Stoffe und Gegenstände in den Wald eingebracht werden, die dort nicht hingehören, wobei deren abstrakte Gefährlichkeit für den Wald vom Landesgesetzgeber unterstellt wird (vgl. Koch, a.a.O., Textziffer 3.1 zu § 24; OVG Berlin-Brandenburg a.a.O.; VG Cottbus, Urteil vom 21. September 2022 – 3 K 473/19 –, Rn. 36, juris). All dies trifft auf das funktionslos gewordene „Knotengeflecht“, das hier verwendete Zaunmaterial, unzweifelhaft zu.
D.
Nach alldem ist auch gegen die Zwangsmittelandrohung, die den Voraussetzungen gemäß §§ 27 Abs. 2 Nr. 1, 28 Abs. 2 Satz 1, 30 Abs. 2 Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Brandenburg genügt, nichts zu erinnern. Hinsichtlich der festgesetzten Verwaltungsgebühr lässt deren Bemessung Fehler nicht erkennen (vgl. § 14 Gebührengesetz für das Land Brandenburg - GebGBbg) weswegen der Klageantrag zu 2) erfolglos bleiben muss. Ihre Höhe liegt mit 660,50 € im unteren Bereich des nach der Tarifstelle 5.2.9 des Anhangs 2 der Verordnung zur Erhebung von Verwaltungsgebühren in den Bereichen Land- und Forstwirtschaft sowie Jagd - GebOLandw für Maßnahmen der Forstaufsicht nach § 34 LWaldG bestehenden Rahmens von 100 bis 10.000 Euro. Im Übrigen folgt das Gericht insoweit der zutreffenden Begründung in den angefochtenen Bescheiden, § 117 Abs. 5 VwGO, und sieht deswegen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
E.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung. Gründe, die Berufung zuzulassen, § 124a Abs. 1 VwGO, sind nicht ersichtlich. Der vom Kläger außerdem gestellte Antrag nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären, setzt im Hinblick auf die in § 162 VwGO geregelte Erstattungsfähigkeit der Kosten denknotwendig eine für den Kläger positive Kostenentscheidung voraus, weswegen ihm unter Verweis auf die vorstehenden Ausführungen von vornherein kein Erfolg beschieden sein kann (vgl. VG Augsburg, Urteil vom 2. Dezember 2019 – Au 7 K 19.1386 –, Rn. 33, juris).