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Entscheidung 6 K 414/21


Metadaten

Gericht VG Cottbus 6. Kammer Entscheidungsdatum 22.02.2023
Aktenzeichen 6 K 414/21 ECLI ECLI:DE:VGCOTTB:2023:0222.6K414.21.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 12 Abs 1 Nr 4 KAG BB, § 12 Abs 1 Nr 5b KAG BB, § 171 Abs 3a AO, § 228 AO, § 229 Abs 1 AO, § 169 AO, § 170 AO

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid über den Kostenersatz für die Herstellung des Schmutzwasser-Grundstücksanschlusses des Beklagten.

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks P....

Im Rahmen der Baumaßname „Schmutzwasserkanalisation P...“ errichtete der Beklagte den Schmutzwassergrundstücksanschluss auf dem klägerischen Grundstück. Beendet wurde die Maßnahme am 19. Juli 2005. Im Rahmen dessen zog der Beklagte den Kläger mit Bescheid vom 15. Januar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Mai 2009 zu einem Kostenersatz für die Herstellung des Grundstücksanschlusses heran. Das Verwaltungsgericht Cottbus hob mit Urteil vom 28. April 2011 (Az. VG 6 K 529/09) den Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides auf, da die dem Kostenersatz zu Grunde liegende Satzung nichtig gewesen sei.

Mit Bescheid vom 5. Dezember 2011 zog der Beklagte den Kläger erneut zum Kostenersatz für die Herstellung des Schmutzwasser-Grundstücksanschlusses für das bezeichnete Grundstück i.H.v. 1.171,49 € heran. Zur Begründung gab er an, dass Rechtsgrundlage für die Erhebung eines Kostenersatzes die Satzung über den Kostenersatz für Abwassergrundstücksanschlüsse des Wasser- und Abwasserverbandes W... (G...) vom 17. August 2011 sei. Danach habe der Kläger als Eigentümer des Grundstücks im Zeitpunkt der betriebsfertigen Herstellung den Aufwand für die Herstellung des Grundstücksanschlusses anhand der tatsächlich entstandenen Kostenhöhe zu erstatten.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 4. Januar 2012 Widerspruch ein ohne diesen weiter zu begründen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. März 2021 – dem Kläger am 22. März 2021 zugestellt – wies der Beklagte den eingelegten Widerspruch zurück. Zur Begründung gab er an, dass Rechtsgrundlage die G...vom 10. April 2019 sei, weil der Bescheid im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung am 1. Mai 2019 noch nicht in Bestandskraft erwachsen sei. Der Kläger sei vorliegend für die Herstellung des Grundstücksanschlusses herangezogen worden. Die Überprüfung des Bescheides habe ergeben, dass die Höhe des Kostenersatzes korrekt ermittelt worden sei. Anhand der Satzung seien dem beklagten Verband die bei wirtschaftlicher Betriebsführung notwendigen Kosten für die Herstellung, Erneuerung, Veränderung oder Beseitigung sowie die Kosten für die Unterhaltung des Grundstücksanschlusses zu erstatten. Die Baumaßname „Schmutzwasserkanalisation P...“ sei mit der Abnahme am 19. Juli 2005 beendet worden. Zu diesem Zeitpunkt sei Herr W... Eigentümer des im Streit befindlichen Grundstücks gewesen. Der Kläger sei als sein testamentarischer Erbe gemäß § 3 G...zu Recht als Kostenersatzpflichtiger herangezogen worden.

Daraufhin hat der Kläger am 19. April 2021 Klage erhoben.

Er ist der Ansicht, dass eine Heranziehung des Klägers zum Kostenersatz nicht mehr möglich sei, da bis zum Erlass des streitgegenständlichen Bescheides 6 Jahre und bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides weitere 10 Jahre vergangen seien. Nach nunmehr 16 Jahren seit Beendigung der Maßnahme könne eine Erstattungspflicht nicht mehr bestehen, zumal die vierjährige Festsetzungsfrist mit Ablauf des 31. Dezember 2009 geendet habe. Insoweit sei Verjährung eingetreten. Dies könne auch nicht der zuvor geführte Rechtsstreit der Beteiligten ändern. Eine Hemmung der Verjährung könne nicht in Betracht kommen, da der streitgegenständliche Bescheid nach Rechtskraft des Urteils erlassen worden sei. Zumindest sei durch das Untätigbleiben des Beklagten Verwirkung eingetreten. Ferner sei nicht ersichtlich, weshalb nunmehr die G...2019 Anwendung fände, da der Ausgangsbescheid auf der Satzung von 2011 beruhe und die Maßnahme bereits im Jahr 2005 beendet worden sei.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 05. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. März 2021 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt ergänzend zu seinem Vorbringen aus dem Widerspruchsbescheid vor, dass es zulässig sei die aktuelle Satzung als Rechtsgrundlage anzuwenden, weil der hier streitgegenständliche Bescheid im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung noch nicht in Bestandskraft erwachsen sei. Die Kosten seien nach dem tatsächlichen Aufwand ermittelt worden. Die Kostenabrechnung sei unter Zugrundelegung des gefertigten Aufmaßes und der Mengenermittlung durch die bauausführende Firma T... erstellt und durch den Prüfingenieur des beauftragten Ingenieurbüros K... geprüft und für sachlich richtig gezeichnet worden. Der Kostenersatzanspruch sei weder festsetzungs- noch zahlungsverjährt. Die Festsetzungsverjährung betrage vier Jahre. Fristbeginn sei der Ablauf des Jahres in dem der Kostenersatzanspruch entstanden sei. Dies sei vorliegend das Jahr 2005 gewesen. Durch die Widerspruchseinlegung der Klägerin sei die Festsetzungsfrist allerdings gehemmt worden, so dass die Festsetzungsfrist nicht ablaufen könne, bis der Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids bestandskräftig geworden sei. Durch die Klageerhebung habe die Hemmung bis zu der Gerichtsentscheidung fortgedauert. Mit Rechtskraft des Urteils vom 3. Juni 2011 habe die Frist sodann wieder zu laufen begonnen. Vor Ablauf der Festsetzungsfrist sei der streitgegenständliche Bescheid sodann erlassen worden. Auch eine Zahlungsverjährung liege nicht vor. Der Suspensiveffekt von Widerspruch und Anfechtungsklage wirke sich zwar nicht auf die fünfjährige Zahlungsverjährungsfrist aus, es komme durch die Einlegung des Widerspruchs aber zu einer Unterbrechung der Zahlungsverjährungsfrist. Es handele sich bei dem Kostenersatzanspruch um eine öffentlich-rechtliche Entgeltleistung besonderer Art. Insofern liege eine Gesetzeslücke in der Abgabenordnung vor, weil sich der Gesetzgeber lediglich mit sofort vollziehbaren Steuern befasst habe. Weil der brandenburgische Landesgesetzgeber für sein Kommunalabgabengesetz ausdrücklich vorgesehen habe, dass die Regelungen der Abgabenordnung auf Ersatzansprüche des Kostenersatzes nach § 10 Kommunalabgabengesetz anzuwenden seien, so dass grundsätzlich alle weiteren für den Beitrag oder die Gebühr anwendbaren Vorschriften auch für den Kostenersatz gälten. Dem Widerspruch komme insoweit aufschiebende Wirkung zu, was zu einer Unterbrechung der Zahlungsverjährung führe. Auch sei keine Zahlungsverjährung eingetreten, weil der Zahlungsanspruch mit Festsetzung des streitgegenständlichen Kostenersatzbescheides konkret geltend gemacht worden sei. Schließlich sei auch keine Verwirkung anzunehmen. Eine Untätigkeit seitens des Beklagten führe in der Regel nicht zum Vorliegen eines Verwirkungstatbestandes. Es fehle bereits an einem für die Verwirkung notwendigen Umstandsmoment, weil er sich zu keinem Zeitpunkt so verhalten habe, dass der Kläger davon habe ausgehen können, es werde zukünftig von der weiteren Bescheidung abgesehen. Das bloße Untätigbleiben reiche hierfür nicht aus. Hiergegen spreche auch der Zusammenhang des § 19 Kommunalabgabengesetz (KAG), wonach Abgabenpflichtige höchstens bis zum Ablauf von 15 Jahren mit einer Festsetzung rechnen müssten. Diese Höchstfrist sei für die Entscheidung des Widerspruchsbescheids gewahrt worden.

Entscheidungsgründe

Der Einzelrichter konnte anstelle der Kammer entscheiden, weil sie ihm den Rechtsstreit gemäß § 6 Abs. 1 VwGO zur Entscheidung übertragen hat und im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 101 Abs. 2 VwGO.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der angefochtene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Rechtsgrundlage für die Kostenerstattung ist § 10 Kommunalabgabengesetz Brandenburg (KAG) i.V.m. der Satzung über den Kostenersatz für Abwassergrundstücksanschlüsse des Wasser- und Abwasserverbandes W...(G...2011) vom 17. August 2011, welche rückwirkend zum 01. Januar 2000 in Kraft getreten ist.

Entgegen der Auffassung des Beklagten findet vorliegend die G...2019 keine Anwendung, da sie im maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens der Kostenersatzpflicht nicht in Kraft getreten ist. Die Entstehung des Kostenersatzanspruchs ist in § 10 Abs. 2 Satz 1 KAG zeitpunktbezogen und stellt auf die endgültige (technische) Herstellung der Anschlussleitung bzw. auf die (technische) Beendigung der jeweiligen Maßnahme ab, so dass in dem Zeitpunkt, in dem das letzte Tatbestandsmerkmal verwirklicht wurde, das Vorhandensein einer gültigen Satzung die unabdingbare Voraussetzung für das Entstehen des Ersatzanspruches und damit der sachlichen Kostenerstattungspflicht ist. Sollte – etwa aufgrund unwirksamen Satzungsrechts – eine Satzung erst nach dem Zeitpunkt der Verwirklichung des letzten Tatbestandsmerkmals erlassen worden sein, so muss sich diese neue und wirksame Satzung jedenfalls Rückwirkung auf den Zeitpunkt beimessen, in dem das letzte gesetzliche Tatbestandsmerkmal verwirklicht worden ist. Notwendig ist dies, weil erst das Vorhandensein einer Satzung den Tatbestand des Ersatzanspruchs normiert, zu dessen Verwirklichung somit eine gültige Satzung im Zeitpunkt der Tatbestandserfüllung vorhanden sein muss (vgl. Kluge in: Becker u.a., KAG Bbg, Komm., § 10 Rn. 53 f. m.w.N.). Die von dem Beklagten für anwendbar erachtete G...2019 trat zum 01. Mai 2019 in Kraft. Unabhängig davon, dass zu diesem Zeitpunkt noch nicht über den klägerischen Widerspruch entschieden wurde, war die Anschlussleitung technisch bereits hergestellt und der maßgebende Zeitpunkt damit überschritten. Insofern kann die G...2019 nach Gesagtem vorliegend keine Anwendung finden.

Gegen die den maßgeblichen Zeitpunkt umfassende G...2011 bestehen weder formellrechtliche noch materielle Bedenken. Dies hat die Kammer bereits mit Urteil vom 17. September 2012 – VG 6 K 87/10 –, juris entschieden. Insbesondere bestehen auch hinsichtlich der Rückwirkungsanordnung zumindest insoweit keine Bedenken, als die Vorgängersatzungen unwirksam sind bzw. sich keinen Geltungsanspruch für den hier maßgeblichen Zeitpunkt im Jahre 2005 beimessen. Dies hat die Kammer bereits mit Urteil vom 28. April 2011 – 6 K 529/09 –, juris, welches den Beteiligten bekannt ist, entschieden. An dieser Auffassung hält die Kammer fest.

Die Tatbestandsvoraussetzungen für den Kostenersatz sind erfüllt. Nach § 10 Abs. 1 KAG können die Gemeinden und Gemeindeverbände bestimmen, dass ihnen der Aufwand für die Herstellung, Erneuerung, Veränderung und Beseitigung sowie die Kosten für die Unterhaltung eines Haus- oder Grundstücksanschlusses an Versorgungsleitungen und Abwasserbeseitigungsanlagen ersetzt werden (Abs. 1 Satz 1). Der Aufwand und die Kosten können in der tatsächlich geleisteten Höhe ermittelt werden (Abs. 1 Satz 2). Zum Kreis der Ersatzpflichtigen zählen die Grundstückseigentümer als Gegenleistung dafür, dass ihnen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Anlage wirtschaftliche Vorteile geboten werden (Abs. 1 Satz 4 i. V. m. § 8 Abs. 2 Satz 2 KAG). Der Ersatzanspruch entsteht mit der endgültigen Herstellung der Anschlussleitung, im Übrigen mit der Beendigung der Maßnahme (Abs. 2).

Dem entsprechend regelt § 1 Abs.1 G...2011, dass dem beklagten Zweckverband die Kosten für die Herstellung, Erneuerung, Veränderung und Beseitigung sowie die Kosten für die Unterhaltung des Grundstücksanschlusses für die Entsorgung von Schmutzwasser oder Niederschlagswasser (Abwasser) zu ersetzen sind. Kostenersatzpflichtig ist gemäß § 3 Abs. 1 der Satzung, wer im Zeitpunkt des Entstehens der Kostenersatzpflicht Eigentümer des Grundstücks ist. Die Kostenersatzpflicht entsteht nach § 4 Abs. 1 der Satzung mit der endgültigen Herstellung des Grundstückanschlusses, im Übrigen mit Beendigung der Maßnahme. Gemäß § 1 Abs. 2 der Satzung besteht der Hausanschluss zwischen dem Abzweig am Kanal bis zur Grundstücksgrenze einschließlich des mit dieser Anschlussleitung verbundenen Revisionsschachtes. Kann der Revisionsschacht wegen der besonderen Umstände des Einzelfalles nicht unter dem öffentlichen Straßenraum vor dem Grundstück hergestellt werden, ist Bestandteil des Grundstücksanschlusses auch die von der Grundstücksgrenze bis zum Revisionsschacht führende Anschlussleitung für Abwasser.

Vorliegend hat der Beklagte Kosten für die Herstellung des Schmutzwassergrundstücksanschlusses in der tatsächlichen entstandenen Höhe geltend gemacht. Fehler an der geltend gemachten Höhe des Kostenersatzes hat der Kläger weder geltend gemacht noch sind solche ersichtlich.

Für die nach diesen Vorschriften angefallenen und erhobenen Kosten liegen weder Festsetzungs- noch Zahlungsverjährung vor. Gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 b KAG gelten für die Festsetzungsverjährungsfrist die § 169 f. AO mit der Maßgabe, dass die Festsetzungsfrist nach Maßgabe des § 169 Abs. 2 Satz 1 AO einheitlich vier Jahre beträgt. Fristbeginn im Sinne des § 170 AO war hier somit der Ablauf des Jahres, in dem die Maßnahme beendet wurde, also der Ablauf des Jahres 2005. Die vierjährige Festsetzungsverjährungsfrist endete an sich somit mit Ablauf des Jahres 2009. Aufgrund des eingelegten Widerspruchs gegen den damaligen Bescheid aus dem Jahre 2009 und des im Anschluss an das Widerspruchsverfahren geführte Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht Cottbus war der Ablauf der Festsetzungsfrist jedoch gehemmt.

Gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 KAG i.V.m. § 171 Abs. 3a AO läuft im Falle des mittels Widerspruchs oder Klage angefochtenen Bescheids die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist; dies gilt auch, wenn der Rechtsbehelf erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist eingelegt wurde. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist hinsichtlich des gesamten Anspruchs gehemmt; dies gilt nicht, soweit der Rechtsbehelf unzulässig ist.

Vorliegend hat die Klägerin fristgemäß Widerspruch gegen den ursprünglichen Kostenerstattungsbescheid eingelegt. Die Festsetzungsfrist war somit ab dem 29. Januar 2009 bis zum Eintritt der Rechtskraft des Urteils des VG Cottbus vom 28. April 2011 frühestens am 26. Februar 2014 nach erfolgter Zurückweisung des Antrags der Zulassung der Berufung durch das OVG Berlin-Brandenburg gehemmt, mit der Folge, dass die Festsetzungsverjährung des Kostenerstattungsanspruchs jedenfalls noch sieben Monate nach Eintritt der Rechtskraft des bezeichneten Urteils lief. Der hier streitgegenständliche Kostenerstattungsbescheid datiert vom 5. Dezember 2011 und wurde der Klägerin am 6 Dezember 2011 mittels PZU insofern in jedem Fall vor Ablauf der gehemmten Festsetzungsfrist rechtzeitig zugestellt, so dass vorliegend keine Festsetzungsverjährung vorliegt.

Des Weiteren liegt eine Zahlungsverjährung nicht vor. Gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 5b KAG i.V.m. §§ 228, 229 Abs. 1 AO beginnt die fünfjährige Zahlungsverjährungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch erstmals fällig geworden ist. Sie beginnt jedoch nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Festsetzung eines Anspruchs aus dem Abgabenschuldverhältnis, ihre Aufhebung, Änderung oder Berichtigung nach § 129 AO wirksam geworden ist, aus der sich der Anspruch ergibt. Vorliegend ist die Verjährungsfrist indes unterbrochen. So hat das OVG Berlin-Brandenburg bereits mit Beschluss vom 13. Februar 2013 (Az:– OVG 9 N 6.10 -, juris) entschieden, dass eine Fristunterbrechung der Zahlungsverjährungsfrist mit Einlegung des Widerspruchs bewirkt wird. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs stehe in entsprechender Anwendung der § 231 Abs. 1 Satz 1 Alt. 4 AO i.V.m. § 12 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe a KAG dem Fall einer Aussetzung der Vollziehung gleich, wie er in § 231 Abs. 1 AO genannt werde. Soweit sich der Gesetzgeber der Abgabenordnung lediglich mit stets sofort vollziehbaren Steuern befasst habe, liege eine „Gesetzeslücke“ in der Abgabenordnung. Insofern passten die Regelungen zur Zahlungsvejährung(sunterbrechung) nicht unmittelbar auf nicht sofort vollziehbare Ansprüche, wie beispielsweise hier die Regelungen über den Kostenersatz. Für den vorliegenden Fall sei indessen maßgeblich, welche Regelung der Landesgesetzgeber für sein kommunales Abgabenrecht getroffen hat. Dieser habe vorgesehen, dass die Regelungen der Abgabenordnung auf Ersatzansprüche nach § 10 Abs. 1 KAG „entsprechend“ anzuwenden seien (§ 12 Abs. 2 KAG). Die gesetzliche Anordnung einer „entsprechenden Anwendung“ bedeuteten indessen nicht, dass der Landesgesetzgeber die Regeln der Abgabenordnung gleichsam eins zu eins angewendet wissen wolle. Vielmehr sei bei der entsprechenden Anwendung einer Vorschrift der Abgabenordnung in einem ersten Schritt zu prüfen, ob die Vorschrift bei einem wörtlichen oder dem sonst in Bezug auf Steuern gebräuchlichen Verständnis überhaupt sinnvoll auf die in Rede stehende kommunale Abgabe - oder hier den Ersatzanspruch - angewandt werden könne; anderenfalls müsse sie „angepasst“ angewendet werden oder - wenn das nicht geht - ihre Anwendung unterbleiben (vgl. Sauthoff in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Loseblatt-Kommentar, Stand: September 2012, § 12 Rn. 3 m.w.N.). Vor diesem Hintergrund sei es folgerichtig, dass die Widerspruchseinlegung gegen den Kostenersatz, die gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufschiebende Wirkung hat, nach § 12 Abs. 1 Nr. 5b KAG entsprechend § 231 AO zur Unterbrechung der Zahlungsverjährung führe. Eine Verjährung solcher Ansprüche sei damit auch nicht ausgehebelt, durch die Widerspruchseinlegung trete insofern lediglich die Unterbrechung ein. Dies auch vor dem Hintergrund, dass der Landesgesetzgeber für Ersatzansprüche nach § 10 KAG ersichtlich nicht nur die entsprechende Anwendung der dem Schuldner günstigen Regeln der Abgabenordnung über eine Zahlungsverjährung habe einführen wollen, sondern als ausgewogenes System (§§ 228 bis 232 AO) auch die dem Gläubiger günstigen Regeln über eine Unterbrechung der Zahlungsverjährungsfrist entsprechend passend zur Anwendung bringen wollte.  Soweit es um nicht kraft Gesetzes sofort vollziehbare Ansprüche gehe, sind die Unterbrechungstatbestände bei rein wörtlichem Verständnis indessen weitgehend untauglich, weil es sich um Maßnahmen handele, die die Behörde wegen der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage entweder überhaupt nicht ergreifen dürfe (Vollstreckungsmaßnahme) oder jedenfalls nicht sinnvoll ergreifen könne (Zahlungsaufschub, Stundung, Aussetzung der Vollziehung, Vollstreckungsaufschub). Möglich bliebe zwar eine Zahlungsaufforderung. Bei Lichte betrachtet erschiene es für den Bürger indessen widersprüchlich, wenn er einerseits durch die aufschiebende Wirkung gerade erreiche, dass die Forderung gegen ihn vorläufig nicht durchgesetzt werden könne, andererseits gleichwohl erneut zur Zahlung aufgefordert werde. Wesentlich nachvollziehbarer sei es, jemandem, der ähnlich wie bei einem Zahlungsaufschub, bei einer Stundung oder bei einer Vollziehungsaussetzung bereits erreicht habe, dass die Forderung gegen ihn vorläufig nicht durchgesetzt werden könne, zuzumuten, sich im Gegenzug auch nicht auf Zahlungsverjährung berufen zu können; dies entspreche einem Grundgedanken des § 231 AO. Dem stehe auch nicht entgegen, dass den Handlungen, die den Lauf der Zahlungsverjährungsfrist nach § 231 AO unterbrechen, „in der Regel gemeinsam“ sei, „dass sie von demjenigen ausgehen müssen, der sich seinen Anspruch erhalten möchte“. Hiervon gebe es Ausnahmen. Ohnehin enthalte auch § 231 AO mit der ‚Sicherheitsleistung‘ durch den Schuldner einen Fall, in dem die Verjährungsunterbrechung ohne ein Handeln der Behörde eintrete. Dies zeige, dass ein Tätigwerden der Behörde schon bei direkter Anwendung der Norm keine stets notwendige Voraussetzung für den Eintritt der Unterbrechung sei (vgl. zum Gesamten OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13. Februar 2013 a.a.O., Rn. 11 ff.). Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer an und gibt ihre bisherige Rechtsprechung im Urteil vom 11. September 2012 (Az.:– 6 K 247/09 –, juris) auf. Somit ist nach Gesagtem vorliegend keine Zahlungsverjährung eingetreten.

Auch eine Verwirkung scheidet vorliegend aus. Für das Vorliegen einer Verwirkung bedarf es eines Zeit- und eines Umstandsmoments. Vorliegend ist beides nicht ersichtlich. Einerseits erfolgte der Bescheiderlass zum Kostenersatz noch innerhalb der Festsetzungsverjährungsfrist, so dass hier bereits nicht von dem Vorliegen eines Zeitmoments ausgegangen werden kann. Aber auch das Vorliegen eines Zeitmoments aufgrund der sehr langen Widerspruchsbearbeitung dürfte nicht anzunehmen sein. Denn für die Frage der Verwirkung hinsichtlich des Zeitmoments dürfte einerseits lediglich auf den Zeitpunkt des Bescheiderlasses abgestellt werden, in dem sich der Beklagte willentlich entäußert, den Kostenersatz einzufordern. Die Rechtsmitteleinlegung und das weiterführende Widerspruchs- bzw. Klageverfahren können sodann nicht weiter zu dem Vorliegen eines Zeitmoments führen. Aber selbst wenn man die Auffassung verträte, ein überlanges Widerspruchsverfahren führe zu dem Vorliegen des Zeitmoments der Verwirkung, so fehlt es vorliegend weiter an dem ebenfalls notwendigen, dem Zeitmoment beitretenden Umstandsmoments. Dabei muss der Beklagte zusätzlich zu dem langen Zuwarten noch anderweitig zum Ausdruck bringen, dass er von der Forderung absieht und die Klägerin hierauf vertrauen darf. Für das Vorliegen eines solchen Umstandsmoments ist nichts ersichtlich, denn der Beklagte hat nicht zum Ausdruck gebracht, das laufende Widerspruchsverfahren einzustellen. Auch eine überlange Verfahrensdauer führt nicht zu der Annahme der Beklagte würde von dem Widerspruchsverfahren Abstand nehmen. Vielmehr hätte im Falle der überlangen Verfahrensdauer für die Klägerin die Möglichkeit bestanden Untätigkeitsklage im Sinne des § 75 VwGO zu erheben und somit eine Verfahrensbeschleunigung zu erreichen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Vollstreckbarkeitsentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.