Gericht | VG Cottbus 1. Kammer | Entscheidungsdatum | 23.03.2023 | |
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Aktenzeichen | 1 K 1913/20 | ECLI | ECLI:DE:VGCOTTB:2023:0323.VG1K1913.20.00 | |
Dokumententyp | Gerichtsbescheid | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 30 Abs 1a aF HSchulG BB, §§ 812ff BGB, § 24 GebG BB, § 195 BGB, § 199 Abs 1 BGB, § 199 Abs 4 BGB |
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Gerichtsbescheids vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erstattung von Rückmeldegebühren.
Am 01. Juli 2000 trat die Neuregelung des Brandenburgischen Hochschulgesetzes (BbgHG) vom 28. Juni 2000 (GVBl. I, S. 90) in Kraft. § 30 Abs. 1a Satz 1 BbgHG lautete: „Bei der Immatrikulation und bei jeder Rückmeldung werden Gebühren von 100 Deutschen Mark pro Semester erhoben; …“. Am 24. März 2004 trat das 1. Gesetz zur Änderung des BbgHG vom 22. März 2004 (GVBl. I, S. 51) in Kraft. Darin wurde der Betrag von „100 Deutsche Mark“ durch „51 Euro“ ersetzt. Am 20. Dezember 2008 trat Art. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Hochschulrechts des Landes Brandenburg vom 18. Dezember 2008 (GVBl. I, S. 318) in Kraft. Darin wurde der bisherige § 30 Abs. 1a BbgHG durch § 13 Abs. 2 BbgHG ersetzt. Diese Norm benennt neben der Immatrikulation und Rückmeldung weitere Verwaltungsleistungen, die von der Gebühr von 51,00 Euro erfasst werden.
Als Studierender zahlte der Kläger an die B..., deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte seit dem 01. Juli 2013 ist (vgl. § 21 Abs. 1 und 2 des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Hochschulregion Lausitz vom 11. Februar 2013, GVBl. I/13, [Nr. 4]), Rückmeldegebühren für den Zeitraum Wintersemester 2000/2001 bis Wintersemester 2003/2004 in Höhe von jeweils 100,00 Deutschen Mark bzw. 51,13 Euro und für den Zeitraum Sommersemester 2004 bis Wintersemester 2008/2009 in Höhe von jeweils 51,00 Euro, mithin insgesamt 867,91 Euro. Die Zahlung für das Wintersemester 2008/2009 leistete er ausdrücklich „unter Vorbehalt“.
Das Bundesverfassungsgericht entschied mit Beschluss vom 17. Januar 2017 (– 2 BvL 2/14 –, juris), dass § 30 Abs. 1a Satz 1 BbgHG mit Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit den Art. 104a ff. des Grundgesetzes (GG) sowie mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar und nichtig sei, soweit danach bei jeder Rückmeldung Gebühren von 100,00 Deutschen Mark bzw. 51,00 Euro pro Semester zu erheben waren (a.a.O. Rn. 60). § 30 Abs. 1a Satz 1 BbgHG lasse mit hinreichender Klarheit lediglich den Gebührenzweck der Deckung der Kosten für die Bearbeitung der Rückmeldung erkennen. Die Höhe der Gebühr von zunächst 100,00 Deutsche Mark und später 51,00 Euro stehe in einem groben Missverhältnis zu diesem Zweck (a.a.O. Rn. 67 ff.).
Mit Rundschreiben vom 26. September 2017 informierte das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg (MWFK) die Präsidentinnen und Präsidenten der Landeshochschulen über die Erstattung von Rückmeldegebühren nach § 30 Abs. 1a Satz 1 BbgHG. In Fällen, in denen keine Klage erhoben worden sei oder in denen die Hochschule nicht von sich aus die Gebührenforderung ausdrücklich unter einen Vorbehalt der Verfassungsmäßigkeit der zugrunde liegenden Regelung gestellt habe, seien Ansprüche auf Erstattung nach altem Recht zu Unrecht erhobener Rückmeldegebühren inzwischen verjährt. Dies ergebe sich aus § 24 des Gebührengesetzes für das Land Brandenburg (GebGBbg).
Der Kläger forderte die Beklagte mit E-Mail vom 04. Dezember 2020 auf, die für den Zeitraum Wintersemester 2000/2001 bis Wintersemester 2007/2008 gezahlten Rückmeldegebühren in Höhe von insgesamt 766,95 Euro (tatsächlich 765,91 Euro) bis zum 14. Dezember 2000 zu erstatten. Seiner Aufforderung kam die Beklagte nicht nach.
Mit seiner am 18. Dezember 2020 bei dem Verwaltungsgericht Cottbus erhoben Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter, nunmehr für den Zeitraum Wintersemester 2000/2001 bis Wintersemester 2008/2009. Er habe einen Anspruch auf Erstattung der verfassungswidrig erlangten Rückmeldegebühren. Die Voraussetzungen eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs seien erfüllt. Insbesondere sei eine rechtsgrundlose Bereicherung der Beklagten auf seine Kosten gegeben. Auch sei Verjährung nicht eingetreten. Die kenntnisunabhängige zehnjährige Verjährungsfrist sei noch nicht verstrichen. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch sei nicht schon im Zeitpunkt der Zahlung entstanden. Voraussetzung für das Entstehen des Anspruchs sei insbesondere der Umstand gewesen, dass die Rechtsgrundlage entfallen sei, aber erst in dem Zeitpunkt, in welcher sie für verfassungswidrig erklärt worden sei. Dies sei im Jahr 2017 erfolgt. Die somit anwendbare regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren sei erst mit Ablauf des Jahres 2020 geendet. Die Rückwirkung der Nichtigkeit sei verjährungsrechtlich unerheblich. Selbst wenn der Anspruch im Zeitpunkt der Zahlung entstanden sei, hätte hiermit trotzdem nicht die Verjährung begonnen. Das Bundesverwaltungsgericht binde den Fristbeginn an die Durchsetzbarkeit eines Anspruchs. Auch sei die grundsätzliche Frage, ob § 199 Abs. 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) im öffentlichen Recht und insbesondere auf öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche überhaupt – analog – anwendbar ist, in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bisher nicht geklärt. Hinsichtlich einer Erhebung der Einrede der Verjährung müsse die Beklagte eine Ermessensentscheidung treffen, die ordnungsgemäß zu begründen wäre.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
die Beklagte zu verurteilen, 867,91 Euro nebst Zinsen in der vom Gesetz vorgesehenen Höhe seit Rechtshängigkeit an ihn zu zahlen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Der Anspruch des Klägers sei seit dem 01. Januar 2013 kraft Gesetzes erloschen. Er könne sich nicht auf den (subsidiären) öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch berufen, weil vorliegend der speziellere § 24 Abs. 1 GebGBbg Anwendung finde. Letztlich komme es auf die Rechtsgrundlage auch gar nicht an, denn auch ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch wäre mittlerweile nach § 199 Abs. 4 BGB verjährt. Der Anspruch des Klägers sei nicht erst mit Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 2017 entstanden, sondern – weil dessen Nichtigkeitsentscheidung rückwirkend wirke – bereits mit der Zahlung. Der Anspruch wäre damit zehn Jahre nach der Zahlung der Rückmeldegebühr, also spätestens 2018, verjährt. Insoweit erhebt die Beklagte ausdrücklich die Einrede der Verjährung.
Der Berichterstatter hat die Beteiligten hinsichtlich der beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid mit Verfügung vom 10. August 2021 angehört. Mit Beschluss vom 04. Oktober 2021 hat die Kammer den Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Der Einzelrichter hat die übereinstimmenden Anträge der Beteiligten vom 11. Juli 2022 bzw. 29. Juli 2022, das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, mit Beschluss vom 13. Februar 2023 abgelehnt. Dieser Beschluss ist zwischenzeitlich rechtskräftig.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte sowie die bei der Beklagten beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Sämtliche Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung des Gerichts.
Das Gericht hat das Rubrum von Amts wegen dahingehend berichtigt, dass die B... und nicht deren Präsidentin beklagt ist, § 78 Abs. 1 Nr. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Ein Fall von § 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 8 Abs. 2 Satz 1 des Brandenburgischen Verwaltungsgerichtsgesetzes (BbgVwGG) liegt nicht vor, da weder eine Anfechtungs- noch eine Verpflichtungsklage erhoben worden ist.
Es hat durch den Berichterstatter als Einzelrichter entschieden, weil ihm die Kammer den Rechtsstreit durch Beschluss gemäß § 6 Abs. 1 VwGO übertragen hat. Auch kann es gemäß § 84 Abs. 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten vorher angehört wurden.
I. Die Klage bleibt ohne Erfolg.
1. Das Begehren des Klägers ist nach den §§ 88, 86 Abs. 3 VwGO dahingehend auszulegen, dass er von der Beklagten die Zahlung eines Betrages in Höhe von 867,91 Euro begehrt. Zwar hat er schriftsätzlich ausdrücklich die Zahlung eines Betrages nur in Höhe von 857,91 Euro beantragt. Dabei handelt es sich jedoch offensichtlich um einen Tipp- bzw. Rechenfehler, der durch Auslegung des Klägervorbringens entsprechend dem erkennbaren Klageziel zu berichtigen ist. Aus der Klagebegründung geht zweifelsfrei hervor, dass der Kläger von der Beklagten die Rückmeldegebühren für den Zeitraum Wintersemester 2000/2001 bis Wintersemester 2003/2004 (7 x 51,13 Euro) und für den Zeitraum Sommersemester 2004 bis Wintersemester 2008/2009 (10 x 51,00 Euro), mithin insgesamt 867,91 Euro erstattet haben möchte.
2. Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage insgesamt zulässig.
Dem steht nicht der Umstand entgegen, dass der Kläger seinen Erstattungsanspruch hinsichtlich der Rückmeldegebühren für das Sommersemester 2008 und das Wintersemester 2008/2009, soweit ersichtlich, nicht vor Klageerhebung durch einen entsprechenden Antrag bei der Beklagten vergeblich geltend gemacht hat. Dabei kann dahinstehen, ob der Auffassung zu folgen ist, wonach die Zulässigkeit der auf Vornahme einer Verwaltungshandlung gerichteten allgemeinen Leistungsklage nach der Verwaltungsgerichtsordnung voraussetzt, dass sich der Kläger zuvor durch einen entsprechenden Antrag bei der zuständigen Behörde vergeblich um die begehrte Handlung bemüht hat (streitig; vgl. hierzu: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 42 Rn. 45 m. w. N.). Auf dieses Erfordernis wäre im vorliegenden Fall jedenfalls zu verzichten. Denn die Beklagte hat sich sachlich auf die Klage eingelassen und deren Abweisung beantragt, ohne das Fehlen eines entsprechenden Antrags des Klägers vor Klageerhebung zu rügen.
3. Die Klage ist jedoch unbegründet.
Der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Erstattung der Rückmeldegebühren in Höhe von 867,91 Euro ist nicht durchsetzbar.
a) Mangels vorrangiger sondergesetzlicher Regelungen ist Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Rückerstattungsanspruch der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch. Bei dem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch handelt es sich um ein aus den Grundsätzen des Verwaltungsrechts, insbesondere der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung abgeleitetes eigenständiges Rechtsinstitut des öffentlichen Rechts, dessen Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen, soweit sie nicht spezialgesetzlich geregelt sind, grundsätzlich denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs (§§ 812 ff. BGB) entsprechen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21. Mai 2021 – OVG 5 B 23.19 –, juris Rn. 36 und 37).
Sowohl das Gebührengesetz für das Land Brandenburg vom 18. Oktober 1991 (GVBl. I, S. 452 – GebGBbg a.F.) als auch das Gebührengesetz für das Land Brandenburg in der Fassung vom 07. Juli 2009 (GVBl. I, S. 246 – GebGBbg n.F.) scheiden als Rechtsgrundlage aus.
Das zum Zeitpunkt der Zahlungen der Rückmeldegebühren (noch) gültige GebGBbg a.F. findet vorliegend keine Anwendung. Denn es bestimmte in § 1 Abs. 2 Nr. 1, dass das Gesetz nicht gilt, soweit Kosten Gegenstand besonderer Regelung durch Gesetz, aufgrund eines Gesetzes oder durch öffentlich-rechtlichen Vertrag sind. Die streitgegenständlichen Rückmeldegebühren waren durch § 30 Abs. 1a Satz 1 BbgHG geregelt.
Auch das GebGBbg n.F., welches in § 24 Abs. 1 bestimmt, dass überzahlte oder zu Unrecht erhobene Gebühren und Auslagen unverzüglich zu erstatten sind, jedoch nur, soweit eine Festsetzungsentscheidung noch nicht unanfechtbar geworden ist, ist nicht anwendbar. Insoweit kann dahinstehen, ob es sich bei der Erhebung von Rückmeldegebühren um Gebühren einer juristischen Person des Öffentlichen Rechts in Angelegenheiten ihrer Selbstverwaltung handelt und die Anwendbarkeit des Gebührengesetzes bereits aus diesem Grunde ausscheidet (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 1 GebGBbg n.F.) oder ob eine entsprechende Anwendung des Gebührengesetzes gemäß § 1 Abs. 3 GebGBbg n.F. in Erwägung zu ziehen ist, da vorliegend die Gebührenerhebung nach § 30 Abs. 1a Satz 1 BbgHG erfolgte und dort nichts Abweichendes bestimmt war. Jedenfalls ist das Gebührengesetz mangels einer Festsetzung der Rückmeldegebühren durch Verwaltungsakt nicht anwendbar. Abgesehen davon würde eine Anwendung des Gebührengesetzes zu einer unzulässigen Rückwirkung führen (vgl. hierzu ausführlich: OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21. Mai 2021 – OVG 5 B 23.19 –, juris Rn. 31 ff.).
Funktion des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs ist es, eine dem materiellen Recht nicht entsprechende Vermögensverschiebung zu korrigieren (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Mai 2008 – 5 C 25/07 –, juris Rn. 13 m. w. N.). Wer unberechtigt einen Vermögenswert erlangt hat, muss ihn an denjenigen herausgeben, dem die Rechtsordnung den Vorteil zuweist (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21. Mai 2021 – OVG 5 B 23.19 –, juris Rn. 37).
Danach steht dem Kläger grundsätzlich ein Erstattungsanspruch hinsichtlich der streitgegenständlichen Rückmeldegebühren zu. Die Beklagte hat diese Gebühren ohne Rechtsgrund erlangt, da das Bundesverfassungsgericht die Rechtsgrundlage des § 30 Abs. 1a Satz 1 BbgHG mit Beschluss vom 17. Januar 2017 (– 2 BvL 2/14 –, juris) nach § 78 Satz 1 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG) rückwirkend vom Zeitpunkt des Inkrafttretens der Norm für nichtig erklärt hat.
b) Dieser Erstattungsanspruch ist allerdings nicht durchsetzbar. Die Beklagte, die die auf den vom Kläger geltend gemachten öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bezogene Einrede der Verjährung mit Schriftsatz vom 09. März 2023 im Rahmen des vorliegenden Klageverfahrens ausdrücklich erhoben hat, ist in entsprechender Anwendung von § 214 Abs. 1 BGB berechtigt, die Leistung zu verweigern. Der Anspruch des Klägers ist hinsichtlich der gezahlten Rückmeldegebühren zwar nicht nach der regelmäßigen dreijährigen kenntnisabhängigen Verjährungsfrist des § 195 BGB, jedoch nach der kenntnisunabhängigen zehnjährigen Verjährungsfrist des § 199 Abs. 4 BGB verjährt. Es ist der Beklagten auch nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verwehrt, sich auf die Verjährung zu berufen.
aa) Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch unterliegt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der das Gericht folgt, der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist des § 195 in Verbindung mit § 199 BGB (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Juni 2006 – 2 C 10/05 –, juris Rn. 19; Urteil vom 15. Mai 2008 –5 C 25/07 –, juris Rn. 27; Urteil vom 15. Juli 2016 – 9 A 16/15 –, juris Rn. 34; Urteil vom 15. März 2017 – 10 C 3/16 –, juris Rn. 19; Urteil vom 27. November 2019 – 9 C 5/18 –, juris Rn. 15). Denn er ist dem zivilrechtlichen Bereicherungsanspruch nachgebildet, für den nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 26. November 2001 (BGBl. I, S. 3138) die kurze dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB gilt. Diese Strukturgleichheit der Anspruchsgrundlagen spricht für eine rechtseinheitliche Anwendung der Verjährungsfrist von drei Jahren. Tragfähige Gründe für eine Privilegierung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs gegenüber seiner zivilrechtlichen Entsprechung sind nicht erkennbar (ebenso: OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21. Mai 2021 – OVG 5 B 23.19 –, juris Rn. 40).
Den Zeitpunkt des Verjährungsbeginns bestimmt § 199 Abs. 1 BGB. Danach beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Der Beginn der Verjährung nach § 199 Abs. 1 BGB setzt allerdings nicht voraus, dass im Hinblick auf den geltend zu machenden Anspruch sämtliche Rechtsfragen durch höchstrichterliche Entscheidungen geklärt sind. Maßgeblich für den Beginn der Verjährung ist die Zumutbarkeit der Erhebung der Klage. Zumutbar ist die Klage, wenn sie erfolgversprechend, wenn auch nicht risikolos möglich ist (vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 16. Juni 2020 – 2 C 20/19 –, juris Rn. 27). Vorliegend hat der Kläger von den Umständen, die seinen Anspruch begründen, nämlich von der Nichtigkeit der Rechtsgrundlage für die entrichteten Zahlungen, jedenfalls durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Januar 2017 bzw. durch deren Veröffentlichung Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müssen. Damit wäre das Ende der regelmäßigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB (erst) mit Ablauf des 31. Dezember 2020 eingetreten, während der Kläger noch am 18. Dezember 2020 Klage erhoben und damit die Verjährung gehemmt hat (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Eine Klageerhebung vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Januar 2017 wäre dem Kläger – als, soweit ersichtlich, juristischem Laien – jedenfalls aufgrund der erforderlichen komplexen Betrachtung der Gebührenzwecke und des Verhältnisses der Gebührenhöhe zu den Gebührenzwecken nicht zumutbar gewesen.
bb) Allerdings ist der Erstattungsanspruch des Klägers nach § 199 Abs. 4 BGB verjährt. Danach verjähren andere als die auf Schadensersatz und auf einem Erbfall beruhenden Ansprüche ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an. Dies gilt auch für Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung.
Die Vorschrift ist vorliegend auch auf den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch analog anwendbar. Das Gesetz zur Anpassung von Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 09. Dezember 2004 (BGBl. I, S. 3214) hat den Bereich des öffentlichen Rechts zwar bewusst ausgespart. Der Gesetzgeber hat dabei aber zu erkennen gegeben, dass auf die zivilrechtlichen Verjährungsvorschriften im öffentlichen Recht weiter hilfsweise zurückgegriffen werden kann (Bundestags-Drucksache 15/3653, S. 10; vgl. dazu näher: BVerwG, Urteil vom 15. Juli 2016 – 9 A 16.15 –, juris Rn. 43). Schließlich ist die analoge Anwendung des § 199 Abs. 4 BGB auf den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch logische Konsequenz daraus, dass – wie oben dargelegt – öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche vergleichbar zivilrechtlichen Bereicherungsansprüchen in drei Jahren ab Kenntnis verjähren. Mehr als zwei Jahrzehnte nach der Schuldrechtsreform ist es auch kaum noch verständlich, weshalb heute noch Analogien zum alten Rechtszustand nach § 195 BGB a.F. gebildet werden sollten.
Ein Anspruch ist dann im Sinne von § 199 Abs. 4 BGB entstanden, wenn er vom Gläubiger erstmalig geltend gemacht und im Wege der Klage durchgesetzt werden kann. Dies setzt grundsätzlich die Fälligkeit des Anspruchs voraus, denn erst von diesem Zeitpunkt an kann der Gläubiger mit Erfolg die Leistung fordern und gegebenenfalls den Ablauf der Verjährungsfrist durch Klageerhebung unterbinden (Budzikiewicz in: Heidel/Hüßtege/Mansel/Noack, BGB Allgemeiner Teil / EGBGB, Band 1, 4. Auflage 2021, § 199 BGB Rn. 15). Wie bereits ausgeführt, hat das Bundesverfassungsgericht die Rechtsgrundlage des § 30 Abs. 1a Satz 1 BbgHG mit Beschluss vom 17. Januar 2017 (– 2 BvL 2/14 –, juris) nach § 78 Satz 1 BVerfGG rückwirkend vom Zeitpunkt des Inkrafttretens der Norm für nichtig erklärt. Die Nichtigkeit wirkt auch in die Vergangenheit und führt rechtlich gesehen zu einem Zustand, als ob das Gesetz niemals erlassen worden wäre. Danach ist der Erstattungsanspruch vorliegend mit der jeweiligen Zahlung der Rückmeldegebühr entstanden, da der Kläger den Anspruch bereits unmittelbar nach Zahlung hätte geltend machen und im Wege der Klage durchsetzen können. Alles andere ist eine Frage der Zumutbarkeit, die im Rahmen der Bestimmung des Beginns der kenntnisabhängigen Verjährung nach § 199 Abs. 1 BGB, nicht aber für die kenntnisunabhängige Verjährung nach § 199 Abs. 4 BGB relevant ist.
Die Maximalfrist beginnt anders als die regelmäßige Verjährungsfrist nicht erst mit dem Schluss des Jahres (Dörner in: Schulze, BGB, 11. Auflage 2021, § 199 Rn. 7). Da die letzte unter der Geltung der für nichtig erklärten Vorschrift des § 30 Abs. 1a Satz 1 BbgHG erfolgte Zahlung des Klägers, die Rückmeldegebühr für das Wintersemester 2008/2009, im Lauf des Jahres 2008 erfolgte, war die zehnjährige Verjährungsfrist bei Erhebung der Klage am 18. Dezember 2020 bereits abgelaufen.
cc) Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung nicht rechtsmissbräuchlich erhoben (§ 242 BGB).
Der Zweck der Verjährungsregelung verlangt, an diesen Einwand strenge Anforderungen zu stellen, so dass dieser einen groben Verstoß gegen Treu und Glauben voraussetzt (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juli 2010 – IX ZR 180/09 –, juris Rn. 19; Urteil vom 01. Oktober 1987 – IX ZR 202/86 –, juris Rn. 16). Nach zivilrechtlichen Grundsätzen kann dies etwa der Fall sein, wenn der Schuldner – sei es auch nur unabsichtlich – den Gläubiger von der rechtzeitigen Einklagung einer Forderung abgehalten hat, etwa indem er den Gläubiger nach objektiven Maßstäben zur Annahme veranlasst hat, der Anspruch werde auch ohne Rechtsstreit erfüllt oder nur mit Einwendungen in der Sache bekämpft (vgl. BGH, Urteil vom 29. Februar 1996 – IX ZR 180/95 –, juris Rn. 17; Urteil vom 15. Juli 2010 – IX ZR 180/09 –, juris Rn. 19). Auch in öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen wird der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung gegenüber dem Eintritt der Verjährung für grundsätzlich zulässig erachtet. Er erfordert ein qualifiziertes Fehlverhalten des Dienstherrn, das nicht notwendig schuldhaft zu sein braucht, das aber angesichts von Umständen des Einzelfalls die Einrede der Verjährung dann als treuwidrig erscheinen lassen kann, wenn der Beamte veranlasst worden ist, verjährungsunterbrechende oder -hemmende Schritte zu unterlassen. Unerheblich ist, ob der Beamte keine Kenntnis von den ihm zustehenden Ansprüchen hatte oder ob er von der rechtzeitigen Geltendmachung bewusst abgesehen hat, weil er nach Treu und Glauben davon ausgehen konnte, der Dienstherr werde sich nicht auf die Verjährung berufen (BVerwG, Urteil vom 15. Juni 2006 – 2 C 14.05 –, juris Rn. 23 m. w. N.; vgl. ferner OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Oktober 2013 – OVG 4 B 51.09 –, juris Rn. 46; Urteil vom 12. Dezember 2018 – OVG 4 B 20.16 –, juris Rn. 19).
Gemessen an diesen Grundsätzen stellt sich die Einrede der (kenntnisunabhängigen) Verjährung nicht als treuwidrig dar. Es sind keine Gründe vorgetragen oder sonst ersichtlich, derentwegen sich der Kläger hätte veranlasst sehen dürfen, seine Ansprüche auf Erstattung von Rückmeldegebühren nicht fristgerecht verjährungshemmend geltend zu machen, zumal er die Zahlung der Rückmeldegebühr für das Wintersemester 2008/09 (und auch für weitere Semester, deren Rückmeldegebühr vorliegend nicht Streitgegenstand ist) ausdrücklich „unter Vorbehalt“ geleistet hatte, was alleine freilich keine verjährungshemmende Wirkung entfaltet. Dementsprechend ist eine Ermessensreduzierung auf Null zulasten des Klägers eingetreten, sodass sich die Erhebung der Verjährungseinrede auch als ermessensfehlerfrei erweist.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Gerichtsbescheids beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO).