Gericht | VG Cottbus 3. Kammer | Entscheidungsdatum | 28.02.2023 | |
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Aktenzeichen | 3 K 580/21 | ECLI | ECLI:DE:VGCOTTB:2023:0228.VG3K580.21.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1, Abs. 3 BauGB hat sich an den jeweiligen städtebaulichen Zielen zu orientieren. In einem Sanierungsgebiet sind diese Ziele je nach dem Stand der Sanierung fortzuschreiben bzw. zu konkretisieren. Bloße Vorteile für die Allgemeinheit, die keinen konkreten Bezug zu Sanierungsmaßnahmen zur Behebung städtebaulicher Missstände ausweisen, vermögen nicht die Ausübung des Vorkaufsrechts zum Wohl der Allgemeinheit zu rechtfertigen.
Der Bescheid des Beklagten vom 24. September 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 2021 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin nur gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Betrages.
Die Berufung wird zugelassen.
Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt V… beschloss am 28. Mai 1998 die Sanierungssatzung. Teil des Satzungsvorgangs ist ein Bericht über die Gründe, die die förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes rechtfertigen, wobei insoweit die städtebaulichen Missstände untergliedert nach Substanzschwächen und Funktionsmängeln beschrieben sowie die Zielstellung zur Behebung der städtebaulichen Missstände formuliert wurden. Dort ist auch vermerkt, dass eine ausführliche Dokumentation zur Bestandsaufnahme und zu den Sanierungszielen für den Stadtkern von V… dem Erläuterungsbericht zu den vorbereitenden Untersuchungen entnommen werden kann.
Im Auftrag der Stadtverwaltung wurde unter dem 23. April 2015 ein integriertes Stadtentwicklungskonzept V… (I…) durch die D… (D…) erarbeitet.
Die D… fertigte mit Arbeitsstand 1. Februar 2018 ein Eckpunktepapier - Stadtumbaustrategie V… 2030.
Mit Stand Juni 2018 wurde durch die D… der Abschlussbericht Sanierungsgebiet „Altstadt“ V… vorgelegt. Dort heißt es in Bezug auf den R… (heute H…), dass das Sanierungsziel bauliche Neuordnung zur Schaffung von Orientierungs- und Identifikationspunkten durch die Umgestaltung der Verkehrs- und Grünanlagen inklusive Herstellung eines Kreisverkehrs erreicht wurden. Die angrenzende Randbebauung des Platzes wurde zum überwiegenden Teil saniert und durch Neubauten ergänzt. Die östliche Platzwand wurde durch eine Pflanzung von Bäumen gefasst. Das stadtbildprägende Gebäude der ehemaligen Feuerwache konnte, trotz Priorität, bisher noch nicht saniert werden. Gegenwärtig wird eine Umnutzung für Einzelhandel, Dienstleistungen und Gastronomie vorbereitet, die aus dem Programm Stadtumbau Aufwertung unterstützt werden soll. Ferner heißt es in diesem Bericht die Sanierung und Aufwertung des Schlosses und seiner Nebengebäude zu einer attraktiven Begegnungs- und Veranstaltungsstätte mit regionaler Bedeutung wurde weitestgehend erreicht. Weiter: Noch nicht realisiert wurden die Sanierung der Treppenhäuser, die dringend erforderliche barrierefreie Erschließung des Gebäudes (Aufzug) und eine barrierefreie WC-Anlage. Diese Maßnahmen sind insbesondere erforderlich, da der historische Rittersaal im 1. Obergeschoss regelmäßig für Trauungen (Hochzeiten) und Konzerte genutzt wird. Darüber hinaus ist die denkmalgerechte Instandsetzung des Rittersaals erforderlich. Die vorgenannten Maßnahmen sind als prioritäre Maßnahmen unter Einsatz von Fördermitteln des Programms Stadtumbau Aufwertung in den nächsten Jahren vorgesehen.
Am 8. Dezember 2021 beschloss die Stadtverordnetenversammlung der Stadt V… die Verlängerung des Durchführungszeitraums für Sanierungsmaßnahmen im Geltungsbereich der Sanierungssatzung Altstadt der Stadt V… . Zur Notwendigkeit der Verlängerung wurde vermerkt: Mit Fortschreibung der Stadtumbaustrategie vom 14. März 2019 sind in der Altstadt insbesondere noch folgende, für die Erreichung der Sanierungsziele wesentliche Maßnahmen durchzuführen: Sanierung B…, A…, Sanierung E… 1, Sanierung H…, A…, Sanierung C… 3 und 5, Sanierung H… . Ferner heißt es dort: Mit der Durchführung der oben genannten Maßnahmen wird primär die Stärkung der Stadtbildqualitäten als auch der Wohnstandortfunktionen bzw. Vitalisierung der V… Innenstadt angestrebt.
Mit Kaufvertrag vom 1. April 2020, Urkundenrolle N… der Notarin A…, veräußerte die Beigeladene das in V…, C…, belegene Grundstück an die Klägerin zu einem Kaufpreis von 650.000 Euro. Nach der Textziffer 16.4 des Vertrages wies der Notar darauf hin, dass der Kaufgegenstand in einem förmlichen Sanierungsgebiet liegt und von daher die rechtsgeschäftliche Veräußerung der schriftlichen Genehmigung der zuständigen Gemeinde bedürfe.
Mit Schreiben vom 2. April 2020 (Eingang bei der Beklagten am 7. April 2020) beantragte die Notarin unter Übersendung einer Abschrift des Grundstückskaufvertrages die Erteilung der sanierungsrechtlichen Genehmigung gemäß § 144 BauGB. Der Beklagte erteilte unter dem 17. Juli 2020 die Genehmigung nach § 144 BauGB nachdem er zuvor unter dem 19. Mai 2020 eine entsprechende Verlängerung der Prüfungsfrist mitteilte. Mit selben Datum wurde auch die Genehmigung nach § 144 BauGB zur Grundschuldbestellung und Zwangsvollstreckungsunterwerfung erteilt.
Am 17. September 2020 beschloss die Stadtverordnetenversammlung der Stadt V… das Vorkaufsrecht nach § 24 BauGB betreffs des in V…, C…, belegenen Grundstücks auszuüben.
Nach Anhörung erließ der Beklagte unter dem 24. September 2020 den Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechts gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 3 sowie § 28 Abs. 2 BauGB. Zur Begründung führte er aus, das Grundstück liege in der Innenstadt von V… im Bereich des förmlich festgelegten Sanierungsgebietes. Die Sanierungssatzung sei am 28. Mai 1998 beschlossen und seit dem 13. Juni 1998 rechtswirksam. Das Grundstück sei bebaut mit einem ehemaligen Bankgebäude, welches seit 2016 leer stehe. Die Stadt V... beabsichtige, das Gebäude in eine Gemeinbedarfseinrichtung (Verwaltungsgebäude) umzustrukturieren. Derartige Einrichtungen seien dem öffentlichen Zwecken dienende bauliche Anlagen. Aufgrund der städtebaulichen Bedeutung und der zentralen Lage des Objektes im Sanierungsgebiet bestehe ein hohes öffentliches Interesse daran, dass die Stadtverwaltung dort untergebracht und barrierefrei erreichbar sei. Auch könnten bei der Umstrukturierung in ein Verwaltungsgebäude arbeitsschutzrechtlich und brandschutzrechtliche Anforderungen besser umgesetzt werden als an dem vorhandenen Standort. Die beabsichtigte Umstrukturierung fördere eine aktive Bürgergesellschaft als wichtigen Baustein der Stadtentwicklung. Der inmitten der Stadt belegene Standort des ehemaligen Bankgebäudes sei prädestiniert für die Umsetzung einer aktiven Bürgergesellschaft. Die Aufwertung städtebaulicher und räumlicher Rahmenbedingungen diene der Ausgestaltung des Leitziels der Altstadtsanierung. Zudem gehöre die beabsichtigte weitere Sanierung und Aufwertung des Stadtschlosses und seiner Nebengebäude zu einer attraktiven Begegnungs- und Veranstaltungsstätte mit regionaler Bedeutung ebenfalls zu den Sanierungszielen, was nur durch einen Umzug der Stadtverwaltung erreicht werden könne. Die dargestellte Umstrukturierung entspreche danach folgenden Sanierungszielen: Förderung einer aktiven Bürgerschaft, Steigerung des Stadtimages, Beteiligung bzw. Mitnahme der Bewohner sowie die Sanierung und Aufwertung des Schlosses und seiner Nebengebäude. Die Erreichung dieser Sanierungsziele mache die Ausübung des Vorkaufsrechts erforderlich. Durch den beabsichtigten Erwerb verbunden mit der geplanten Umstrukturierung würden überwiegend Vorteile für die Allgemeinheit angestrebt, nämlich die Gewährleistung der ordnungsgemäßen, barrierefreien verwaltungsmäßigen Betreuung der Einwohner. Das Wohl der Allgemeinheit rechtfertigte die beabsichtigte Ausübung des Vorkaufsrechts. Soweit die Klägerin vortrage, die Ziele der Sanierungssatzung würden dem Vorkaufsrecht entgegenstehen, sei dem nicht zu folgen. Die Beseitigung eines städtebaulichen Missstandes könne auch darin bestehen, dass ein (hier mindestens 4 Jahre) andauernder Leerstand beseitigt werde, zumal dies mittels einer dauerhaften Nutzung als städtischer Verwaltungssitz erfolgen solle und hiermit eine Belebung der Innenstadt einhergehe. Die von der Käuferseite mit anwaltlichem Schreiben übersandte Abwendungserklärung sei nicht geeignet, dem städtischen Vorkaufsrecht einen Nachrang zu geben. Diese ziele auf eine gewerbliche (inklusive touristische) Nutzung ab, welche aber konzeptionell nicht untersetzt sei. Die alternativ angebotene Vermietung an die Stadt als künftiges Rathaus scheitere allein an den festgeschriebenen Bedingungen, am sich letztlich ergebenden Mietpreis von ca. 10 Euro je Quadratmeter Nutzfläche. Dies sei unter Beachtung des Flächenvolumens von der Stadt V... nicht zu akzeptieren. Die Entscheidung sei im pflichtgemäßen Ermessen der Gemeinde aufgrund der Beschlussfassung der Stadtverordnetenversammlung vom 17. September 2020 getroffen worden. Die öffentlichen seien mit den privaten Belangen abgewogen worden, wobei das Gemeinwohlinteresse überwiege.
Den Widerspruch vom 19. Oktober 2020 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. April 2021 zurück. Darin führte er aus, das Vorkaufsrecht sei fristgemäß ausgeübt worden. Maßgeblich für den Fristbeginn sei die Mitteilung über das Zustandekommen eines wirksamen Kaufvertrages. Maßgeblich sei mithin die am 27. Juli 2020 eingegangene Mitteilung des beurkundenden Notars. Auch seien die Ausübungsvoraussetzungen für das Vorkaufsrecht erfüllt. Diese sei mit den Erwägungen im Ausgangsbescheid durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt. Auch würde die Regelung des § 26 BauGB nicht greifen. So entspreche etwa die Nutzung nicht den Zielen und Zwecken der städtebaulichen Maßnahmen, hier den Sanierungszielen. Auch sei nicht eine bloße Bodenbevorratung beabsichtigt. So gehöre zu den Zielen und Zwecken der Sanierung die Entwicklung der Altstadt zu einem attraktiven Einzelhandels- und Dienstleistungszentrum. Unter Ziffer 7.2 des Berichtes zu den vorbereitenden Untersuchungen werde im Hinblick auf Substanzschwächen und Funktionsschwächen in dem betroffenen Bereich die Sanierungsziele dahingehend formuliert, dass die zukünftige Nutzungsstruktur des Stadtkerns eine gesunde Durchmischung von Einzelhandels-, Dienstleistungs- und gastronomischen Einrichtungen sowie der Wohnnutzung gewährleisten solle. Nach dem vorgelegten Abschlussbericht Stand Juli 2018 sei die Zielstellung, den Altstadtbereich als das zentrale Handels- und Dienstleistungszentrum der Gesamtstadt mit Ausstrahlung in das Umland zu entwickeln, noch nicht erreicht. Dem diene die Ausübung des Vorkaufsrechts mit dem Ziel, die Stadtverwaltung als Gemeinbedarfseinrichtung in dem ehemaligen Bankgebäude unterzubringen. Damit sei eine Aufwertung des gesamten Bereiches beabsichtigt. Die Stadt V... habe sich auch gegenüber der Klägerin nicht widersprüchlich verhalten und müsse sich auch keinen Vertrauensbruch vorwerfen lassen. So habe es im Vorfeld des Kaufvertrages schon keinen Kontakt zu der Klägerin gegeben. Auch sei das Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt worden. Schließlich sei das Vorkaufsrecht nicht in rechtmäßiger Weise abgewendet worden. § 27 BauGB bestimme, dass der Käufer die Ausübung des Vorkaufsrechts abwenden könne, wenn die Verwendung des Grundstücks nach den baulichen Vorschriften oder den Zielen und Zwecken der städtebaulichen Maßnahme bestimmt oder mit ausreichender Sicherheit bestimmbar ist, der Käufer in der Lage sei, das Grundstück binnen angemessener Frist dementsprechend zu nutzen und er sich hierzu verpflichtet habe. Eine die Maßnahme entsprechende Nutzung sei jedoch nur bei privatnützigen Vorhaben möglich. Gehe es hingegen um die Nutzung für öffentliche Zwecke, sei dies nicht der Fall. Auf eine etwaige Anmietung müsse sich die Gemeinde nicht einlassen. Das Vorkaufsrecht diene gerade dazu, ihr eine eigene Nutzung als Eigentümer zu ermöglichen.
Die Klägerin hat am 17. Mai 2021 Klage erhoben. Sie trägt vor, die Klage sei begründet. Dies gelte schon deshalb, da die Ausübung des Vorkaufsrechts am 25. September 2020 verfristet gewesen sei. Die zweimonatige Ausübungsfrist habe mit der Bekanntgabe der sanierungsrechtlichen Genehmigung am 21. Juli 2020 begonnen und am 21. September 2020 geendet. Dem Beklagten sei eine Abschrift des Kaufvertrages bereits am 7. April 2020 mitgeteilt worden. Der Kaufvertrag sei mit Zustellung der Genehmigungserteilung nach § 144 Abs. 1 BauGB am 21. Juli 2020 wirksam geworden. Einer weiteren Mitteilung des Wirksamwerdens des Vertrages durch die Parteien an den Beklagten habe es nicht bedurft. Dies gelte auch deshalb, da der Beklagte die Wirksamkeit des Kaufvertrages durch die Erteilung der beantragten Genehmigung herbeigeführt habe. Auch sei die Ausübung des Vorkaufsrechtes nicht durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt. Eine konkrete Sanierungsplanung entspreche den Vorgaben des Baugesetzbuches liege nicht vor. Es handele sich vielmehr um eine unzulässige Beschaffung/Bevorratung von Grundstücken. Es fehle an einem einzelfallbezogenen Sanierungsplan mit realistischen und nachvollziehbaren Sanierungszielen. Angesichts der langen Zeitdauer einer Sanierung würden die Sanierungsziele einem fortwährenden Sanierungsprozess unterliegen. Mit fortschreitendem Sanierungsverfahren würden die Anforderungen an die Konkretisierung und qualifizierten Verfestigung der Ziele steigen. Es müssten konkrete Vorstellungen zur Neugestaltung, zur Verbesserung bzw. zur Neuordnung des Sanierungsgebietes entwickelt werden. Allgemeine Aussagen würden dann nicht mehr genügen. Die Stadt V... habe die bestehenden vorbereitenden Untersuchungen oder die Rahmenplanung nicht aktualisiert. Die Ziele seien lediglich allgemein gehalten und würden einen Bezug zum streitgegenständlichen Grundstück nicht aufweisen. Die Sanierung sei bereits im Jahr 2016 abgeschlossen gewesen. Die mangelnde Konkretheit der Sanierungsplanung mit Blick auf das streitgegenständliche Grundstück könne auch nicht mit der im integrierten Entwicklungskonzept beschriebenen Altbauaktivierungsstrategie aufgezeigt werden. Danach sei ein Großteil der Altbausubstanz mit Hilfe von Fördermitteln umfangreich erneuert worden. Auch wenn noch ein neuer Handlungsbedarf beschrieben worden sei, gehöre das Grundstück und die Umsiedlung der Stadtverwaltung nicht zu den dort genannten. Zudem wäre der Zusammenhang zwischen der Verlegung der Stadtverwaltung und der „Förderung einer aktiven Bürgerschaft der Steigerung des Stadtimages“ vom Beklagten nicht dargelegt. Ferner fehle es an einem Zusammenhang mit den Sanierungszielen der Sanierungssatzung aus dem Jahr 1998. Insoweit fehle es an einer nachvollziehbaren Sanierungsplanung. Hinzu komme, dass das V... Schloss und das streitgegenständliche Grundstück in gleicher Distanz zum Marktplatz gelegen seien. Auch von daher sei nicht nachvollziehbar, warum ein anderer Standort eine aktive Bürgerschaft fördern könne. In Bezug auf das Grundstück lägen keine städtebaulichen Missstände vor. Das auf dem Grundstück befindliche Gebäude sei ein Neubau ohne Sanierungsbedarf. Soweit es um die Haustechnik sowie die sanitären Anlagen gehe, handele es sich um laufende Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung, die ihre Ursache nicht in der vorhandenen Bebauung oder sonstigen Beschaffenheit des Plangebiets hätten. Auch sei mit Blick auf die Errichtung des Gebäudes im Jahr 1993 und dem Umstand, dass die Sanierungssatzung 1998 in Kraft getreten sei, sicher nicht beabsichtigt gewesen, das damals erst 5 Jahre alte Gebäude mit aufzunehmen. Schließlich sei auch eine sanierungsbedingte Funktionsstörung nicht gegeben. Soweit von Seiten des Beklagten darauf abgestellt werde, dass der Stadtkern derzeit nicht die Funktion als Zentrum wahrnehmen könne, werde dies bestritten. Im Rahmen der vorbereitenden Untersuchungen würde eine Funktionsschwäche nur im Hinblick auf die schlechte Bausubstanz der Innenstadt, die verstärkten Bauaktivitäten außerhalb der Innenstadt und deren schlechte verkehrliche Anbindung angenommen. Diese Umstände seien aus Sicht des vorläufigen Abschlussberichtes nunmehr beseitigt. Sofern es um die Beseitigung von Leerstand gehe, folge daraus nicht eine sanierungsbedingte Funktionsstörung. Die Beseitigung von Leerstand von Gewerbeimmobilien könne nur dann als Sanierungsziele herangezogen werden, wenn der Leerstand aufgrund der Sanierungsmaßnahme beseitigt werden könne. Mangels Sanierungsbedarfs könne aber auch nicht der derzeitige Leerstand zur Begründung eines Vorkaufsrechts herangezogen werden. Auch sei die Beseitigung des Leerstandes von Gewerbeimmobilien nicht Gegenstand des durchgeführten Sanierungsverfahrens und der definierten Sanierungsziele. Der Leerstand sei der schwierigen sozio-ökonomischen Situation vor Ort geschuldet und lasse sich nur durch eine gezielte Förderung einzelner Betriebe oder durch gesamtwirtschaftliche Maßnahmen beseitigen. Der angesprochene Umzug der Stadtverwaltung in das hier in Rede stehende Gebäude, belege nicht die Beseitigung oder Verringerung von Leerständen. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass seitens der Stadt V... kein konkretes Nachnutzungskonzept für das Schloss vorliege. Vielmehr würde der Umzug der Stadtverwaltung einen Leerstand dort zur Folge haben. Das Vorkaufsrecht könne nicht mit einer Sanierung des V... Schlosses begründet werden. Nach dem vorliegenden Abschlussbericht seien die Sanierungsziele insoweit erreicht. Auch sei er in Bezug auf noch verbleibende Maßnahmen nicht ersichtlich, warum hierfür ein vollständiger und dauerhafter Umzug der Stadtverwaltung notwendig sei. Im Übrigen würden die Anforderungen an eine nachvollziehbare Sanierungsplanung auch nicht durch die im angegriffen Bescheid genannten „neuen Sanierungsziele“ erfüllt. Diese seien in keiner der zahlreichen veröffentlichten Konzepte zur Aufwertung der Stadt fixiert. Es handele sich um allgemeine Aussagen ohne sanierungsrechtliche Relevanz. Danach stelle sich die Ausübung des Vorkaufsrechtes als eine unzulässige Beschaffung und Bevorratung von Grundstücken dar. Die Sanierung der Altstadt sei bereits beendet. Die Sanierungsmaßnahmen seien abgerechnet und die Stadt V... beziehe nunmehr eine Förderung im Rahmen von Programmen des Stadtumbaus. Gemäß § 162 Abs. 1 Satz 1 BauGB sei die Sanierungssatzung aufzuheben. Wenn der Beklagte behaupte, die Sanierung sei noch nicht abgeschlossen, sei ein diesbezüglicher Nachweis nicht erbracht worden. Insbesondere fehle eine Fortschreibung der vorbereitenden Untersuchungen oder eine aktualisierte Sanierungsplanung. Von daher sei die Vorkaufsrechtsausübung unzulässig. Der Stadt V... stünden auch andere rechtliche Instrumente zur Erreichung des Ziels zur Verfügung, etwa die Aufstellung eines Bebauungsplans. Der Beklagte habe zudem das ihm zukommende Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Er habe nicht alle zu berücksichtigenden Belange in die Abwägung eingestellt. Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit der Ausübung des Vorkaufsrechts seien nicht erfolgt. Schließlich habe sich der Beklagte auch widersprüchlich verhalten. Die Verkäuferin sei bereits im Januar 2020 an die Stadt herangetreten. Es habe weitere Kontakte gegeben. Allerdings sei eine Frist zur Entscheidung ergebnislos verlaufen. Erst danach habe die Verkäuferin den Kaufvertrag mit der Klägerin notariell beurkunden lassen. Die Vertragsparteien hätten nach der endgültigen Entscheidung ihre Verkaufsabsicht verwirklichen können und nach Ablauf der Frist auch darauf vertrauen dürfen. Ferner gebe es einen Widerspruch in der Stadtplanung. So sei die Umnutzung von Bestandsgebäuden als Ziel nach § 171 Abs. 3 und 4 BauGB definiert worden, dies sei allerdings etwas anderes als die hier in Rede stehende Ausübung eines sanierungsrechtlichen Vorkaufsrechts. Stadtumbau und Sanierungsrecht würden sich gegenseitig ausschließen. Schließlich habe sie - die Klägerin - durch ihre Erklärung vom 22. September 2020 die Ausübung des Vorkaufsrechts erfolgreich abgewendet. Sie habe sich hinsichtlich etwaiger Substanz- und Funktionsschwächen am Grundstück vollständig den Anforderungen der Sanierungssatzung unterworfen und damit sichergestellt, dass etwaige Schwächen in der Zukunft abgestellt würden. Die angestrebte Nutzung entspreche auch den Zielen der Sanierungssatzung. Sie habe versichert, umfangreiche Vermarktungsaktivitäten in Bezug auf das Grundstück zu betreiben und hierfür erforderliche Erfahrungsexpertise zu haben. Zudem habe die Stadt selbst keinerlei Bemühungen dahingehend entfaltet, das Gebäude einer Nutzung zuzuführen. Dies sei auch im Hinblick auf die gewünschte Nutzung des Grundstücks als Stadtverwaltung zu sehen. Schließlich liege ihrem Mietangebot ein ortsüblicher Mietzins zugrunde. Im Übrigen sei es allgemeine Praxis, etwaige Ausbauten von Gewerbemietflächen anteilig oder vollständig auf den Mieter abzuwälzen, jedoch könne die Stadt V... frei über die notwendigen Mieterausbauten entscheiden und damit die Kosten auch selbst bestimmen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 24. September 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. April 2021 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, das Vorkaufsrecht sei fristgemäß ausgeübt worden. Es bedürfe sowohl der Mitteilung über den Kaufvertrag als auch dessen Wirksamkeit um den Fristlauf beginnen zu lassen. Eine vor Wirksamwerden des Kaufvertrages erfolgte Mitteilung über den Vertrag sei bedeutungslos. Auch seien die Ausübungsvoraussetzungen des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB erfüllt und die Ausübungen des Vorkaufsrechts für das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt. Es genüge insoweit, wenn überwiegende Vorteile für die Allgemeinheit aufgrund einer bestimmten gemeindlichen Aufgabe angestrebt würden. Dies sei mit Blick auf das Ziel, die Stadtverwaltung des Beklagten in dem Gebäude unterzubringen der Fall. Die Ausführungen der Klägerin zu der städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen und den Sanierungszielen gehe an dem zu beurteilenden Sachverhalt vorbei. Sie verkenne, dass im Rahmen der Sanierungsmaßnahmen auch der „R…“ neu gestaltet werden sollte. Hierzu werde in dem Bericht zu den vorbereitenden Untersuchungen als Sanierungsziel auch die zukünftige Nutzungsstruktur des Stadtkerns und einer gesunden Durchmischung von Einzelhandels- Dienstleistungs- und gastronomischen Einrichtungen angeführt. Ergänzend heiße es in den vorbereitenden Untersuchungen auch, dass die historisch gewachsenen Strukturen der Altstadt erlebbarer und spürbarer gemacht werden sollen und die zentrale Funktion des Platzes zu wahren sei. Eine zu starke Betonung als Einkaufsstandort könne zu einer völligen Isolierung des Marktplatzes und damit der Altstadt führen. Um dem Rechnung zu tragen und damit die Sanierungsziele zu erreichen, solle das vom Vorkaufsrecht umfasste Gebäude zur Unterbringung der Stadtverwaltung des Beklagten dienen. Damit solle die Zentralität des Platzes herausgestellt und eine Schwächung der Altstadt im Übrigen vermieden werden. Es liege auch kein Ermessensfehlgebrauch vor. Auf die zutreffenden Erwägungen in den angegriffen Bescheiden werde Bezug genommen. Auch wäre der Auffassung der Klägerin in Bezug auf die Abwendung nicht zu folgen. Die Unterbreitung eines Mietangebotes sei keine Abwendung im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz BauGB. In Bezug auf die Nutzung für öffentliche Zwecke könne die Klägerin eine solche Nutzung nicht sichern. Sie könne allenfalls dem Beklagten das Grundstück zur Anmietung überlassen. Darauf müsse sich die Gemeinde nicht einlassen. Es gehe gerade darum, derartige Grundstücke als Eigentümer nutzen zu können.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgängen des Beklagten, die jeweils zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, Bezug genommen.
Die Klage hat Erfolg.
Der Bescheid des Beklagten vom 24. September 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. April 2021 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
1. Allerdings dringt sie mit ihrem Begehren nicht schon deshalb durch, da der Beklagte – nach ihrer Auffassung – die sich aus § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB a.F. ergebende Zwei-Monats-Frist versäumt hätte.
Zwar wurde dem Beklagten am 7. April 2020 eine Abschrift des Grundstückskaufvertrages zwischen der Beigeladenen und der Klägerin vom 1. April 2020, Ur-Nr. der Notarin Arnold A…, zur Kenntnis gegeben. Auch hat der Beklagte erst mit Bescheid vom 24. September 2020 das Vorkaufsrecht ausgeübt.
Jedoch genügt die bloße Mitteilung des Kaufvertragsabschlusses für das Ingangsetzen der Zwei-Monats-Frist nicht. Auch wenn § 28 Abs. 2 S. 1 BauGB a.F. die Frist nur an die Mitteilung des Kaufvertrages knüpft, entspricht es gängiger Rechtsprechung und ist herrschende Meinung, dass es nicht nur darauf ankommt, dass überhaupt ein Kaufvertrag geschlossen wurde, sondern maßgeblich das Wirksamwerden dieses Kaufvertrages ist.
Der Gemeinde ist nicht nur der Inhalt des Vertrags unter Hinweis auf das Vorkaufsrecht und den Zweck der Vorlage mitzuteilen. Mitzuteilen sind vielmehr auch alle Wirksamkeitsvoraussetzungen, insbesondere die Erteilung der nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 und 3 BauGB erforderlichen sanierungsrechtlichen Genehmigung. Wird ein noch genehmigungsbedürftiger Kaufvertrag übersandt, muss zu gegebener Zeit die Erteilung der Genehmigung oder der Eintritt der Genehmigungsfiktion nach § 145 Abs. 1 Satz 1 BauGB i.V.m. § 22 Abs. 5 Satz 4 BauGB mitgeteilt werden; erst dann beginnt die Frist zu laufen. Dies gilt entgegen der Auffassung der Klägerin auch dann, wenn die für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde eine Dienststelle der vorkaufsberechtigten Gemeinde ist, da diese insoweit keine eigenen Ermittlungen anzustellen braucht (vgl. zum Ganzen: VGH Baden-Württemberg, Urt. vom 30. September 2021 – 3 S 2595/20; OVG Niedersachsen, Beschl. v. 27.05.2008 – 1 ME 77/08 –, juris Rn. 5).
Der Umstand, dass der Beklagte mit der Übersendung des notariellen Vertrags – möglicherweise – über alle Umstände informiert war, die für die Erteilung der sanierungsrechtlichen Genehmigung und für die Ausübung des Vorkaufsrechts von Belang waren, macht eine Mitteilung der Genehmigung bzw. der Genehmigungsfiktion nicht entbehrlich. Da durch die Mitteilung des Inhalts des Kaufvertrags eine Ausschlussfrist in Gang gesetzt wird, sind insoweit aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit strenge Anforderungen zu stellen. Damit wäre es aber nicht vereinbar, wenn von der für die Bearbeitung der Vorkaufsrechtsfälle zuständigen Stelle verlangt würde, dass sie den Vorgang aktenmäßig unter Kontrolle hält und von sich aus Erhebungen darüber anstellt, ob die – ggf. von anderen Dienststellen zu erteilenden – Genehmigungen ausgesprochen oder fingiert worden sind. Vielmehr hat das Gesetz dem Verkäufer bzw. Käufer die Verantwortung für die Mitteilung der für die Ausübung des Vorkaufsrechts erforderlichen Voraussetzungen auferlegt, wozu auch die Mitteilung der zur Wirksamkeit des Vertrags erforderlichen Genehmigungen gehört. Solange der Kaufvertrag noch schwebend unwirksam ist, beginnt die Frist mithin nicht zu laufen (VGH Baden-Württemberg, a.a.O. Rn. 28; Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Mai 2021, § 28 Rn. 27 m.w.N.).
Soweit die Klägerin auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Juni 2020 – 4 B 3/20 – juris, verweist, kann sie damit im Ergebnis nicht durchdringen. Zwar heißt es dort, dass die Zwei-Monats-Frist des § 469 Abs. 2 S. 1 BGB erst mit der Wirksamkeit des Kaufvertrages zu laufen beginnt und für die Ausübung des Vorkaufsrechts nach §§ 24 ff. BauGB Abweichendes nicht gelten könne und, dass die Zwei-Monats-Frist des § 28 Abs. 2 S. 1 BauGB erst mit dem Eintritt des Vorkaufsfalls also mit Rechtswirksamkeit des Kaufvertrages beginnen würde.
Der Auffassung, daraus ließe sich entnehmen, dass die Zweimonatsfrist mit dem Tag beginne, an dem die sanierungsrechtliche Genehmigung (21 Juli 2020) bekannt gegeben worden sei, kann nicht gefolgt werden. Maßgeblich ist nicht nur das Wirksamwerden des Kaufvertrages, sondern eben auch die Mitteilung darüber. So verweist das Bundesverwaltungsgericht zwar in Rn. 5 seiner Entscheidung vom 28. August 2020 darauf, dass die oben aufgeführte Auffassung allgemeiner Meinung sei, jedoch ist dies so nicht zutreffend. Vielmehr folgen auch die vom Bundesverwaltungsgericht angeführten Kommentarstellen der Auffassung des VGH Baden-Württemberg. So heißt es etwa in Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, Kommentar, Stand September 2019, Rn. 27, dass die Frist mit der ordnungsgemäßen Mitteilung des rechtswirksamen Kaufvertrages beginnt. Auch im Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch wird vermerkt, dass mit der Mitteilung des Kaufvertrages die Zwei-Monats-Frist Lauf gesetzt wird, allerdings bei zunächst fehlender Genehmigung die Frist erst dann beginnt, wenn eine der Kaufvertragsparteien dem Vorkaufsberechtigten mitgeteilt hat, dass die Genehmigung erteilt wurde (Paetow in Berliner Kommentar, Rn 10 zu § 28, m.w.N.). Von daher wurde die allgemeine Meinung in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts verkürzt dargestellt, wobei es in dieser auch nicht auf die hier in Rede stehende Frage ankam. Dort wäre die Frist auch dann gewahrt, wenn es allein auf das Wirksamwerden des Kaufvertrages angekommen wäre.
Es überzeugt mehr, den Fristablauf von der Mitteilung des (wirksamen) Kaufvertrags abhängig zu machen, als davon, dass überhaupt eine Mitteilung über den Kaufvertrag vorliegt und dieser, je nachdem welche Genehmigung noch erforderlich ist, zu einem nicht genau vorher bestimmbaren Zeitpunkt wirksam wird. Bei der Frist handelt es sich um eine Ausschlussfrist. Derjenige, dem das Vorkaufsrecht nur für eine gewisse Zeitspanne zur Verfügung steht, muss genau wissen, wann die Frist beginnt bzw. abläuft. Gerade aus Gründen der Rechtssicherheit ist es nicht sachgerecht, die Frist von einem Tag abhängig zu machen, den der Begünstigte nicht sicher kennen kann. Dies gilt selbst dann, wenn nur noch eine Genehmigung erforderlich und die Gemeinde, die das Vorkaufsrecht ausüben möchte, diejenige ist, die die (einzige) Genehmigung noch zu erteilen hat, von der die Wirksamkeit des Kaufvertrages abhängt. Nicht nur kann dieses zweifelhaft sein, auch ist nicht sicher, wann der Verkäufer oder Käufer diese Genehmigung rechtswirksam zugeht.
Vorliegend ist die Mitteilung der Notarin über den wirksamen Kaufvertrag bei dem Beklagten erst am 27. Juli 2020 eingegangen, so dass die Ausübung des Vorkaufsrechts mit Bescheid vom 24. September 2020, zugestellt am 25. September 2020, noch rechtzeitig erfolgte.
2. Der angegriffene Bescheid des Beklagten ist materiell rechtswidrig.
Zwar liegen die Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts insoweit vor, dass das veräußerte Grundstück im Geltungsbereich der Sanierungssatzung der Stadt V... belegen ist. Allerdings fehlt es an der erforderlichen Rechtfertigung durch das Wohl der Allgemeinheit nach § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB.
2.1. Der Begriff des Wohls der Allgemeinheit ist ähnlich wie im Bereich des verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes (Art. 14 Abs. 2 und 3 GG) und den speziellen Enteignungsvorschriften (§ 87 Abs. 1 BauGB) nicht mit dem Begriff des öffentlichen Interesses gleichzusetzen. Erst ein qualifiziertes, sachlich objektiv öffentliches Interesse als Ergebnis einer Abwägung der im Einzelfall miteinander in Widerstreit stehenden privaten und öffentlichen Interessen kann mit dem Wohl der Allgemeinheit identifiziert werden. An die Ausübung des Vorkaufsrechts werden jedoch gegenüber einer Enteignung, die nur zulässig ist, wenn das Wohl der Allgemeinheit diese erfordert, qualitativ geringere Anforderungen gestellt. Es genügt, wenn der Erwerb des Grundstücks im Rahmen der tatbestandlichen Voraussetzungen zu den vom Gesetzgeber gebilligten bodenpolitischen, eigentumspolitischen und städtebaulichen Zwecken erfolgt und dabei überwiegende Vorteile für die Allgemeinheit angestrebt werden (VGH Baden-Württemberg, a.a.O., Rn. 32). Das Vorliegen dieser Voraussetzung unterliegt im vollen Umfang der gerichtlichen Nachprüfung und richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.
In förmlich festgesetzten Sanierungsgebieten muss sich die Ausübung des Vorkaufsrechts grundsätzlich an den konkreten Erfordernissen der Sanierung orientieren. Die Sanierungsziele müssen dabei nicht in der Sanierungssatzung selbst festgelegt sein. Sie können sich auch aus ihrer Begründung, aber auch aus den Ergebnissen der vorbereitenden Untersuchungen ergeben. An die Konkretisierung dieser Ziele dürfen dabei bei Erlass der Sanierungssatzung nur relativ geringe Anforderungen gestellt werden. Doch werden die Anforderungen mit fortschreitendem Sanierungsverfahren höher. Die erforderliche Konkretisierung kann insbesondere in einem Sanierungsbebauungsplan, einem sonstigen Bebauungsplan oder sogar durch eine informelle städtebauliche Planung erfolgen. Ist dies geschehen, können die Sanierungsziele auch nach einem längeren Zeitraum die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtfertigen (vgl. VGH Baden-Württemberg, a.a.O., Rn 33 m.w.N.; BVerwG, Beschl. v. 15. Februar 1990 – 4 B 245/89 –, NJW 1990, 2703; BVerwG, Beschl. v. 15. März 1995 – 4 B 33.95 –, NVwZ 1995, 897; BVerwG, Urt. v. 04. März 1999 – 4 C 8/98 –, NVwZ 1999, 1336; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 24. Oktober 1986 – 8 S 1881/86 –, juris; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 24. September 2019 – 5 S 1733/17 –, juris; Bayerischer VGH, Urt. v. 02. Oktober 2013 – 1 BV 11.1944 –, juris; Bayerischer VGH, Urt. v. 06. Februar 2014 – 2 B 13.2570 –, juris Rn. 16 f.; jeweils m.w.N.).
Den breiten Einsatzmöglichkeiten des Sanierungsrechts entspricht ein umfassend anwendbares Vorkaufsrecht; es reicht aus, wenn die sanierungsrechtlichen Ziele zumindest befördert werden; die Maßnahmen unterstützt werden können, die der Beseitigung der Missstände dienen. Sein Einsatz muss sich aber im Einzelfall an den konkreten Erfordernissen der Sanierung orientieren (BayVGH, U.v. 6. Februar 2014 – 2 B 13.2570 – juris Rn. 17; SächsOVG, B.v. 14. April 2020 – 1 A 1041/19 – juris Rn. 20 m.w.N.; Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 24 Rn. 8, 22).
Aber auch insoweit ist zu beachten, dass es bei Fortschreiten des Sanierungsverfahrens einer zunehmenden Konkretisierung und qualifizierter Verfestigung des Sanierungsziels, d.h. der Entwicklung konkreter Vorstellungen zur Neugestaltung, zur Verbesserung bzw. Neuordnung des Sanierungsgebiets bedarf (vgl. Bay.VGH, Beschluss vom 14. Januar 2021 – 9 ZB 19.2064 – juris, Rn. 7). Dies gilt insbesondere dann, wenn – wie hier – bereits ein Abschlussbericht zum Sanierungsgebiet durch den Sanierungsträger (D…) vorliegt.
2.2. In diesem Zusammenhang ist auch beachtlich, dass zwischen der Regelung des § 24 Abs. 3 S. 1 BauGB, wonach das Vorkaufsrecht nur ausgeübt werden darf, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt, und den in § 26 BauGB genannten Ausschlussgründen ein enger sachlicher Zusammenhang besteht. Der Katalog der in § 26 BauGB ausdrücklich aufgeführten Ausschlusstatbestände konkretisiert Beispielsfälle, in denen das Allgemeinwohl die Ausübung des Vorkaufsrechts typischerweise nicht rechtfertigt. Er bietet für die Anwendung des § 24 Abs. 3 S. 1 BauGB ebenfalls einen gewichtigen Orientierungspunkt (VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 01. März 1996 – 3 S 13/94 –, juris Rn. 43 f., m.w.N.). Hier liegt allerdings der alleinig zu prüfende Ausschlusstatbestand des § 26 Nr. 4 2. Alt. BauGB nicht vor. Dies gilt schon deshalb, weil das Gebäude gegenwärtig nicht genutzt wird. Von daher stellt sich nicht die Frage, ob die Nutzung auch mit den Zielen der Sanierung (dazu sogleich) übereinstimmt.
3. Bezogen auf das hier in Rede stehende Grundstück, C… in V... , wurden konkreten Sanierungsziele nicht benannt (3.1). Zudem wurde die definierten Sanierungsziele weitgehend erfüllt (3.2.). Eine das Verkaufsobjekt betreffende Fortschreibung der Sanierungsziele erfolgte nicht (3.3.). Eine allgemeine Umschreibung der Sanierungsziele rechtfertigt jedenfalls in diesem Stadium der Sanierung die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht (3.4.).
3.1. Ausgangspunkt der Betrachtung ist die Sanierungssatzung der Stadt V... , die von der Stadtvertreterversammlung am 28. Mai 1998 beschlossen wurde. In dem dem Satzungsbeschluss zugrundeliegenden Bericht wird auf den Erläuterungsbericht zu den vorbereitenden Untersuchungen verwiesen. In diesem werden Substanzschwächen wie auch Funktionsmängel näher bezeichnet. Unter Substanzschwächen wird etwa vermerkt, dass sich die mangelnde Attraktivität des Stadtkerns sich auch in einer nur mäßigen Konzentration an Handels- und Dienstleistungseinrichtungen wiederspiegelt, der Stadtkern nur begrenzt in der Lage ist, seine Funktion als Stadtzentrum zu erfüllen. Typische innenstadtrelevante Einrichtungen sind nur in geringem Umfang vorhanden. Bei den Funktionsmängeln wird darauf verwiesen, dass mögliche Zufahrten zum Stadtkern die städtebauliche Entwicklung um den Marktplatz herum erheblich eingeschränkt haben. Aufgrund der günstigeren Lage (vor allem in Bezug auf die Erschließung) besteht die Gefahr, dass sich das Stadtzentrum vom Marktplatz auf den R… (jetzt H…) – an dem das streitgegenständliche Grundstück liegt – verlagert. In der Zielstellung heißt es, oberstes Ziel sei die Entwicklung des Stadtkerns von V... zu einem gut durchmischten Wohn- und Arbeitsstandort mit aktiven Dienstleitungen und Handelseinrichtungen sowie mit öffentlichen und kulturellen Einrichtungen. Die Altstadt von V... sollte ihre Funktion als Stadtkern wieder gerecht werden. Von Bedeutung sei die Schaffung verkehrstechnisch günstiger und sicherer Anbindungen an den Stadtkern von V... . Hierzu gehöre in erster Linie die Verknüpfung des Stadtkerns mit den östlich des R... liegenden Stadtquartieren. Dem R... (H... ) komme damit eine Schlüsselposition bei der Erschließung des Stadtkerns zu. Ferner wird auf die Sanierungsziele im Erläuterungsbericht zu den vorbereitenden Untersuchungen verwiesen.
Dort wurde zum R... vermerkt: "Die Verlagerung der Verkehrsströme auf den R... brachte auch eine gewisse Konzentration kommerzieller Einrichtungen mit sich. Bedingt durch die attraktive Lage an einem Verkehrsknotenpunkt in der Stadt besteht zugleich die Gefahr, dass am R... eine Konkurrenz zu dem ohnehin abgeschnittenen Marktplatz entsteht falls sich weiterhin Handels- und Dienstleistungseinrichtungen hier konzentriert etablieren. Eine zu starke Betonung des Plates als Einkaufsstandort kann zu einer völligen Isolierung des Marktplatzes und damit der Altstadt von V... führen.“
Unter Textziffer 4.1. der vorbereitenden Untersuchungen wurden Sanierungsziele benannt. Als oberstes Ziel der Stadtsanierung ist die Entwicklung der Altstadt zu einem attraktiven Einzelhandel- und Dienstleistungszentrum, welches sowohl die Versorgung der in ihm lebenden Menschen als auch die der angrenzenden Stadtgebiete übernimmt, genannt. Hierzu zählt neben der Ansiedlung von Einzelhandelseinrichtungen und gastronomischer Einrichtungen, Dienstleistungen und ähnliches im Altstadtkern, die Aufwertung und Neugestaltung der Eingangsbereiche zur Altstadt sowie die Neugestaltung der verkehrstechnischen Erreichbarkeit. Ferner heißt es dort: Die Struktur der historischen Altstadt ist zu erhalten und zu ergänzen. Der Marktplatz als der zentrale Platz innerhalb des historischen Ortskerns ist zu einem Platz mit hohen Aufenthaltsqualitäten zu entwickeln und aufzuwerten.
Die Sanierungsziele wurden sodann unter drei Schwerpunkten zusammengefasst: „I. Bauliche Struktur, II. Verkehrsstruktur, III. Grünordnerische Struktur und Freiraumentwicklung.“. Diese wurden mit einzelnen Maßnahmen untersetzt: z.B. unter der Textziffer I. Bauliche Struktur 1. Erhaltung und Schutz der bestehenden historischen Struktur des Altstadtgrundrisses und der stadtbildtypischen Gebäude und Anlagen, 2. Sanierung und Aufwertung des Schlosses und seiner Nebengebäude zu einer attraktiven Begegnung- und Veranstaltungsstätte mit regionaler Bedeutung…. Wiederbelebung der Marktplatz-Nordseite zur Wiederherstellung des Platzcharakters und 5. bauliche Neuordnung des R... zur Schaffung von Orientierungs- und Identifikationspunkten. Darüber hinaus wurde zur Begründung des ausgewählten Sanierungsverfahrens in der Textziffer 7.3. ausgeführt, dass die dargestellten Ziele überwiegend durch Modernisierung und Erhaltung der Bausubstanz sowie durch die Verbesserung öffentlicher Straßen, Wege und Plätze umzusetzen seien. Die vorgefundene Situation mache eine auf die Bestandssicherung und Erhaltung orientierte Sanierung erforderlich. Das Hauptaugenmerk der Sanierung liege im Bereich der Erneuerung und Aufwertung der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze. Die Umsetzung der Sanierung solle im vereinfachten Verfahren erfolgen.
Die von den Beteiligten eingereichten Unterlagen zur Stadtentwicklung z.B.: "Eckpunkte Papier Stadt Umbau Strategie V... 2030, Arbeitsstand 1. Februar 2018“, ferner "integriertes Stadtentwicklungskonzept V... vom 23. April 2005“, enthalten in Bezug zu dem hier in Rede stehenden Grundstück keine weitergehenden detaillierten Aussagen.
3.2. Die in der Textziffer 3.1. umschriebenen Sanierungsziele, die schon – wie ausgeführt – das hier in Rede stehenden Grundstück nicht unmittelbar erfassen, – wurden weitestgehend erfüllt.
In dem Abschlussbericht Sanierungsgebiet Altstadt V... . der D... Stand Juli 2018 wurde eine Einschätzung zu der Sanierungszielerreichung und -bewertung vorgenommen. Dort heißt es in der Textziffer 2.4.1 Bauliche Struktur: Das Sanierungsziel Erhaltung und Schutz der bestehenden historischen Struktur des Altstadtgrundrisses und der stadtbildtypischen Gebäude und Anlagen wurde überwiegend erfüllt. Dies wird durch entsprechendes Bildmaterial ausführlich untersetzt; ferner, die Sanierung und Aufwertung des Schlosses und seiner Nebengebäude zu einer attraktiven Begegnungs- und Veranstaltungsstätte mit regionaler Bedeutung wurde weitestgehend erreicht (S. 22). Auf die unterschiedliche Nutzung sei es für öffentliche Zwecke wie auch für kulturelle Zwecke wird eingegangen. Das Sanierungsziel Wiederbelebung der Marktplatz-Nordseite habe bisher allerdings nicht realisiert werden können. Hinsichtlich des Sanierungsziels bauliche Neuordnung des R... (heute H... ) zur Schaffung von Orientierungs- und Identifikationspunkten wurde vermerkt, dies sei durch die Umgestaltung der Verkehrs- und Grünanlagen erreicht. Gegenwärtig wird eine Umnutzung für Einzelhandel, Dienstleistungen und Gastronomie vorbereitet, die aus dem Programm Stadtumbau Aufwertung unterstützt werden soll. Nach den Ausführungen in der Textziffer 5. Fazit und Ausblick konnten die Sanierungsziele im Wesentlichen erreicht werden, insbesondere die gestalterische und funktionale Aufwertung der öffentlichen Räume im Sanierungsgebiet wurde vollständig abgeschlossen. Hierbei sind insbesondere die zwei wichtigen Plätze der Altstadt, der Markt und der H... zu nennen. Weiter heißt es dort, der S... als Sitz der Stadtverwaltung und gleichzeitig kulturelles Zentrum der Gesamtstadt mit überregionaler Ausstrahlung sei durch die schrittweise Sanierung der einzelnen Gebäude erhalten worden und habe an heutige Anforderungen angepasst und funktional erweitert werden können. Dies habe zur deutlichen Stärkung der Zentrumsfunktion des Altstadtbereiches geführt. Freilich wurde auch dargestellt, dass am Schloss selbst noch weitere Sanierungsmaßnahmen erforderlich sind; auch, dass die Zielstellung, den Altstadtbereich als das zentrale Handels- und Dienstleistungszentrum der Gesamtstadt mit Ausstrahlung des Umfelds zu entwickeln, bisher noch nicht erreicht worden sei. Zurzeit sei der Bereich um den Markt durch einen hohen Leerstand an Gewerbeflächen gekennzeichnet. Zur Sanierung des Altstadtbereiches seien weiterhin Fördermittel aus dem Programm Stadtumbau erforderlich. Schwerpunkt müsse dabei der Abschluss der Sanierung der hochbaulichen Substanz und die Funktionsstärkung des Marktbereiches sein.
Dies eingestellt ist herauszuheben, dass die in der vorbereitenden Untersuchung aufgeführten Sanierungsziele in Bezug auf die bauliche Substanz nahezu vollständig erfüllt wurden (für das hier in Rede stehende Gebäude wurden solche damals und auch jetzt nicht explizit erwähnt). Auch sind die Ziele zur Beseitigung der Funktionsschwächen, die etwa in Bezug auf die Ausgestaltung der Straßen, Wege und Plätze genannt wurden, weitestgehend erreicht worden. Auch insoweit ist schon jetzt anzumerken, dass das hier in Rede stehende Grundstück hierfür einen Beitrag nicht zu leisten hatte.
3.3. Ein hier beachtliche Fortschreibung der Sanierungsziele ist nicht erfolgt.
3.3.1. Eine Fortschreibung der Sanierungsziele kann auch im Rahmen der Beschlussfassung der Stadtverordnetenversammlung über die Ausübung des Vorkaufsrechts erfolgen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30. September 2021, a.a.O., Rn. 42). Es muss infolge der kurzen Ausübungsfrist zulässig sein, die Sanierungsziele noch im Zeitpunkt des Ausübungsbeschlusses zu konkretisieren. Allerdings ist geklärt, dass der Kern der Sanierungsziele von der Gemeindevertretung beschlossen werden muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 15. Januar 1982 – 4 C 94.72 – juris Rn. 35; Bayerischer VGH, Beschl. v. 17. Dezember 1979 – 14 N 838/79 – BayVBl 1980, 339/340 f.) und die Bestimmung der Ziele und Zwecke der Sanierung nach § 136 Abs. 4 Satz 3 BauGB von einer sachgerechten Abwägung getragen sein muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.5.2006 – 4 C 9.04 –, juris Rn. 25). Damit genügt die bloße Vorstellung geplanter oder möglicher Maßnahmen oder die bloße Information des Gemeinderats nicht für eine Festlegung, Änderung oder hinreichende Konkretisierung der Sanierungsziele (Bayerischer VGH, Beschl. v. 30. Juli 2018 – 9 ZB 16.1068 –, juris Rn. 11, 20).
Die im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen in Bezug auf den Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 17. September 2020 vermögen die – hier erforderliche – Fortschreibung bzw. Präzisierung der Sanierungsziele nicht hinreichend zu untersetzen. Dort wurde zwar vermerkt, dass aufgrund der städtebaulichen Bedeutung der zentralen Lage des Objektes im Sanierungsgebiet „Altstadt“ ein hohes öffentliches Interesse bestehe, welches die Ausübung des Vorkaufsrechts erforderlich mache. Es gehe um die Aufwertung städtebaulicher und räumlicher Rahmenbedingen. Dies genügt aber schon mangels der – wie dargestellt – in diesem Stadium der Sanierung erforderlichen Konkretisierung der Sanierungsziele nicht. Es finden sich lediglich allgemeine Beschreibungen, ohne dass auch nur ansatzweise städtebauliche Missstände im Sinne des § 136 BauGB bezeichnet oder aber auch nur angesprochen wären. Sofern weiter in der Beschlussbegründung angeführt wurde, die Stadt verfolge die Förderung einer aktiven Bürgerschaft, die Stärkung von Stadtimage und die Beteiligung und Mitnahme der Bewohner ist ein Bezug zum Besonderen Städtebaurecht und hier den Bereich der städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen nicht auszumachen. Es werden vielmehr allgemeine kommunale Interessen benannt, ohne, dass Maßnahmen zur Verbesserung oder aber Umgestaltung des betroffenen Gebiets aufgeführt worden wären.
3.3.2. Eine Fortschreibung der Sanierungsziele kann auch aus den in den angegriffenen Bescheiden genannten Gründen nicht hergeleitet werden.
Hierbei ist bereits beachtlich, dass – wie ausgeführt – der Kern der Sanierungsziele von der Gemeindevertretung beschlossen werden muss. Die bloße Benennung von Sanierungszielen in einem Bescheid zur Ausübung des Vorkaufsrechts ohne entsprechende demokratischer Legitimation genügt erkennbar nicht, um das nach § 24 Abs. 3 BauGB erforderlich Wohl der Allgemeinheit hinreichend zu untersetzen.
Die in den Bescheiden dargelegten Gründe überzeugen aber auch in der Sache nicht. Soweit in diesen die Argumente zur Beschlussfassung der Stadtverordnetenversammlung wiedergegeben wurden (Förderung einer aktiven Bürgerschaft, Stärkung des Stadtimages oder aber die Beteiligung beziehungsweise Mitnahme der Bewohner) ist auf die obigen Erwägungen zu verwiesen. Sofern weiter die Sanierung und Aufwertung des Schlosses und seiner Nebenanlagen zu einer attraktiven Begegnungs- und Veranstaltungsstätte mit regionaler Bedeutung benannt wird, greift auch dies nicht. Es ist offensichtlich, dass der Erwerb des Gebäudes nicht genau diesem Ziel dienen kann, sondern allenfalls eine Voraussetzung dafür bedeuten könnte angesichts des geplanten Umzug der Stadtverwaltung aus dem Schloss in das vom Vorkaufsrecht erfassten Gebäude. Allerdings wurde in dem Abschlussbericht der D... (Bl. 22) ausgeführt, dass die Sanierung und Aufwertung des Schlosses und seiner Nebengebäude zu einer attraktiven Begegnungs- und Veranstaltungsstätte mit regionaler Bedeutung weitestgehend erreicht wurde. Dort wurde erwähnt, dass (lediglich) die dringend erforderliche barrierefreie Erschließung des Gebäudes (Aufzug) und eine barrierefreie WC-Anlage noch ausstehe, wobei hier auch die Nutzung des Rittersaals für Trauungen und Konzerte sowie die Nutzung weiterer Räume für kulturelle Ereignisse (Ausstellungen) betont wurde. Es erschließt sich mithin nicht, warum der Auszug der Stadtverwaltung für die Umsetzung der Maßnahmen erforderlich oder auch nur nützlich wäre.
Auch der im Widerspruchsbescheid benannte Aspekt, nämlich die zentrale Funktion des Platzes – hier des H... – zu wahren, greift nicht. Damit wird das in den vorbereitenden Untersuchungen herausgestellte Ziel nicht zutreffend wiedergegeben. Intention der vorbereitenden Untersuchungen mit den definierten Sanierungszielen ist nämlich die Stärkung des Zentrums um den Marktplatz. Dabei ist noch einmal zu betonen, dass nach dem ursprünglichen Konzept zwischen dem R... (H... ) und der Altstadt differenziert wurde, beide Bereiche mithin nicht gleichgesetzt wurden. In den vorbereitenden Untersuchungen heißt es nämlich, dass eine zu starke Betonung des Platzes (hier ist der R... gemeint) zu einer völligen Isolierung des Marktplatzes und damit der Altstadt (!) von V... führen kann.
Hinsichtlich des R... wurde folgerichtig in erster Linie auf dessen Verteilungs- und Orientierungsfunktion Bezug genommen. Zwar wurde dort ausgeführt, dass die historisch gewachsenen Strukturen der Altstadt erlebbar und spürbar gemacht werden, wobei dann darauf abgehoben wurde, dass die heute auf einen zügigen Durchgangsverkehr ausgerichtete Gestaltung durch eine für alle Verkehrsteilnehmer annehmbare Lösung ersetzt werden soll, die dem zentralen Charakter des Platzes entspricht. Gerade dieses Sanierungsziel wurde – wie der Abschlussbericht belegt - durch die Umgestaltung der Verkehrs- und Grünanlagen inklusive der Herstellung eines Kreisverkehrs umgesetzt.
3.3.3. Gegen eine von Sanierungsgründen getragenes überwiegendes Allgemeinwohlinteresse spricht schließlich auch, dass die Stadtverordnetenversammlung zwar unter dem 05. Oktober 2021 die Laufzeit der Sanierungssatzung bis zum 31. Dezember 2025 verlängert hat, aber als Sanierungsziele gerade nicht das Objekt C… oder gar den Ausbau des Schlosses als Sanierungsziel aufgeführt hat. In der Beschlussvorlage wurde auf die Sanierung der Objekte B…, A…, E…, H... , A…, C… sowie Sanierung H... aufgenommen. Weiter heißt es, mit der Durchführung der o.g. Maßnahme wird primär die Stärkung der Stadtbildqualitäten als auch der Wohnstandortfunktionen bzw. die Vitalisierung der V... Innenstadt angestrebt. Ein Verweis auf das hier in Rede stehende Grundstück fehlt.
3.4. Vorliegend verbleiben nach den obigen Erwägungen nur noch allgemeine Ziele und Zwecke der Sanierung, wie sie auch in der Sanierungssatzung und den dazu vorliegenden Untersuchungen ihren Ausdruck gefunden haben.
Dabei ist nicht zu verkennen, dass die weitere Steigerung der Attraktivität der Altstadt ein hervorgehobenes Ziel der Stadtsanierung ist und insbesondere mit Blick auf den hier in Rede stehenden H... es darum ging, diesen weiter aufzuwerten, dessen Wechselwirkung mit dem Marktplatz in die Betrachtung mit aufzunehmen und – so wurde ausdrücklich formuliert – eine zu starke Betonung des Platzes als Einzelhandelsstandort zu einer völligen Isolierung des Marktplatzes und damit der Altstadt von V... führen könne. Auch wenn mit dem Erwerb der Immobilie bestimmte positive Aspekte in Bezug auf die Vitalisierung der Altstadt verbunden sein können - in dem Abschlussbericht wurde vermerkt, dass gegenwärtig eine Umnutzung für Einzelhandel, Dienstleistung und Gastronomie angestrebt werde - fehlt es doch an der Benennung oder Zuordnung von solchen städtebaulichen Missständen, die ursächlich für eine Sanierung im Sinne des Städtebaurechts sind und deren Beseitigung mit dem Erwerb des Grundstücks gefördert werden könnten. Auch im Fazit wird nur allgemein vermerkt, dass es bisher noch nicht die Zielstellung erreicht worden sei, den Altstadtbereich als zentrale Handels- und Dienstleistungszentrum der Gesamtstadt mit Ausstrahlung in das Umland zu entwickeln. Auch dort wird auf den Zustand am Markt (!) abgehoben (Bl. 47 des Abschlussberichtes).
Dies letztlich nicht weiter konkretisierten Aufgaben der weiteren Stadtentwicklung vermögen das in § 24 Abs. 3 BauGB benannte Allgemeinwohlinteresse nicht hinreichend zu untersetzen. Es besteht ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen den Anforderungen, die sich aus dem Tatbestandsmerkmal des Wohls der Allgemeinheit ergeben, und dem Stand der Konkretisierung der Sanierungsziele sowie dem Fortschritt bei der Verwirklichung der Sanierung (Stock a.a.O., § 24 BauGB Rn. 70). Dabei mag die angestrebte Beseitigung des Leerstandes, wie auch die Entwicklung dieses Teils des H... für die weitere Stadtentwicklung förderlich sein. Allerdings können die vorhin genannten, sehr allgemein formulierten Sanierungsziele durch eine Vielzahl von Nutzungszwecken verwirklicht werden, insbesondere auch durch die von der Klägerin selbst beabsichtigte Vermarkung des Kaufgrundstücks. Der mit der Vorkaufsrechtsausübung verbundene Eingriff in die Privatautonomie erfordert es daher, zu diesem Zeitpunkt höhere Anforderungen an die Präzisierung der Sanierungsziele zu stellen als bei Erlass der Sanierungssatzung. Denn durch die Ausübung des Vorkaufsrechts wird das Kaufgrundstück dem Käufer gegen seinen Willen entzogen und einem abweichenden Verwendungszweck zugeführt. Das Erfordernis einer fortschreitenden Konkretisierung der Sanierungsziele besteht daher gerade im Hinblick auf die in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet erforderlichen grundstücksbezogenen Einzelentscheidungen (vgl. BVerwG, Urt. v. 04.03.1999 - 4 C 8/98 -, juris Rn. 13 zur sanierungsrechtlichen Genehmigung; VGH Baden-Württemberg, a.a.O.), die hier gerade nicht vorliegt.
4. Der Auffassung des Beklagten, es müsse zwischen den Regelungen in § 144 und § 24 BauGB differenziert werden und es sei für die Begründung des Wohls der Allgemeinheit ausreichend, wenn im Hinblick auf eine bestimmte gemeindliche Aufgabe überwiegende Vorteile für die Allgemeinheit angestrebt werden, ist nicht zu folgen. Sofern er zur Begründung auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 12. Dezember 2013 – 11 B 18.12 – juris, Rn. 55 verweist, greift dies hier nicht. Nicht nur geht es in dieser Entscheidung – anderes als hier – um die Ausübung des Vorkaufsrechts nach naturschutzrechtlichen Vorschriften. Auch hat das Oberverwaltungsgericht in seiner Entscheidung betont, dass das Grundstück durch seine Lage in einem Naturschutzgebiet und der regelmäßig schon in der Schutzgebietsverordnung erfolgten Konkretisierung (!) der in diesem Gebiet verfolgten Naturschutzziele eine Prüfung der Gemeinwohldienlichkeit – hier in Bezug auf die vorgesehene Verwendung – auch ohne einen weiteren Plan möglich sei.
Genau darum geht es hier, dass nämlich die Ziele – vorliegend hinsichtlich der Sanierung – jedenfalls im späteren Verfahrensstadium zu konkretisieren sind. Andernfalls fehlte es an dem erforderlichen Bezug zu den sanierungsrechtlichen Vorschriften und könnte das Vorkaufsrecht ohne rechtliche Bindung letztlich mit einer gewissen Beliebigkeit ausgeübt werden. Dies ist aber nicht zulässig. Der Begriff des Wohls der Allgemeinheit in § 24 Abs. 3 BauGB hat sich konkret an den jeweiligen städtebaulichen Zielen zu orientieren und die Ausübung des Vorkaufsrechts ist nicht durch einen hiervon losgelösten („beliebigen“) Gemeinwohlbelang zu rechtfertigen (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 26. September 2022 – 1 K 2548/21 – juris Rn. 58).
Es besteht eine enge Verknüpfung des Vorkaufsrechts an das jeweilige städtebauliche Ziel. Dies wird auch durch die Regelungen in § 26 Nr. 4 und § 27 BauGB bestätigt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 2010 – 4 B 53/09 – juris, Rn. 7).
Die Auffassung, das Vorkaufsrecht könne auch allgemein zur Förderung der jeweiligen Maßnahme (Sanierung) ausgeübt werden mit der Folge, dass dann die Verwendung des Grundstücks nicht bestimmt oder auch nicht einmal bestimmbar sei mit der Folge, dass das Abwendungsrecht nicht greifen könne (vgl. Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, Kommentar, 15. auf. Rn. 2 zu § 27), entwertet das dem Käufer zustehende subjektiv öffentliche Recht auf Abwendung. Gerade die durch das Gesetz dem Käufer eingeräumte Abwendungsmöglichkeit begründet auf der anderen Seite - nämlich der der Gemeinde - die Verpflichtung, die Ziele und Zwecke – soweit möglich – rechtzeitig zu benennen und gegebenenfalls weiter zu konkretisieren.
5. Es kann nach alledem offen bleiben, ob – wie die Klägerin meint – die Ermessenserwägungen des Beklagten in seinen Bescheiden einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalten würden und ob die Klägerin mit der vorliegenden Erklärung die Voraussetzungen des § 27 BauGB erfüllt hat oder aber das Argument des Beklagten greift, wonach sich die Gemeinde auf die Möglichkeit einer Anmietung nicht verweisen lassen müsse; es darum gehe, ihr die eigene Nutzung als Eigentümer zu ermöglichen (vgl. Reidt, a.a.O., Rn. 3 zu § 27).
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Von einer Überbürdung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen auf die Klägerin ist abzusehen, da die Beigeladene einen Antrag nicht gestellt und sich somit auch einem Kostenrisiko nicht ausgesetzt hat.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 ff ZPO.
Die Berufung ist nach § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, da der Rechtssache grundsätzlich Bedeutung zukommt. Unabhängig von der Frage, welches Ereignis maßgeblich für die Auslösung der Frist in § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB ist, kommt der Sache deshalb eine grundsätzliche Bedeutung zu, weil noch nicht abschließend ober- bzw. höchstrichterlich geklärt ist, inwieweit für die Ausübung des Vorkaufsrechts und der in § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB dafür genannten Voraussetzung, nämlich, dass das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigen muss, eine Orientierung an die Ziele der Sanierung vorliegen muss. Dabei stellt sich die Frage, ob für die Ausübung des Vorkaufsrechts zu verlangen ist, dass die Ziele innerhalb der Sanierung weiter zu konkretisieren sind und nur dann wenn die Ausübung des Vorkaufsrechts mit diesen weiter konkretisierten Zielen in einem klaren Bezug steht, das Vorkaufsrecht in rechtmäßiger Weise ausgeübt werden kann, oder aber unabhängig davon die Rechtfertigung für das Wohl der Allgemeinheit schon dann zu bejahen ist, wenn das Grundstück im Sanierungsgebiet belegen ist und der Erwerb des Grundstücks für die Gemeinde in irgendeiner Weise nützlich oder aber von Vorteil ist, weil mit diesem bzw. der vorgesehen Nutzung gemeindliche Angelegenheiten – aus kommunaler Sicht - besser bewältigt werden können.