Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Entscheidung

Entscheidung 6 U 82/22


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 6. Zivilsenat Entscheidungsdatum 11.04.2023
Aktenzeichen 6 U 82/22 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2023:0411.6U82.22.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 5. Zivilkammer – Einzelrichterin – des Landgerichts Neuruppin vom 05.08.2022, Az. 5 O 11/22, teilweise abgeändert.

Die einstweilige Verfügung des Landgerichts vom 22.02.2022 wird wie folgt gefasst:

Dem Verfügungsbeklagten wird im Wege der einstweiligen Verfügung aufgegeben, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, bis zur Entscheidung in der Hauptsache

1. Fax-Schreiben an den Verfügungskläger zu versenden, insbesondere an die Telefax-Nummern …, … und …;

2. gegenüber dem Verfügungskläger und seinen Mitarbeitern per E-Mail – insbesondere unter Verwendung der E-Mail-Adressen …, …, …, …, … – oder auf sonstigem Wege in Bezug auf die vom Verfügungskläger in der F.-straße … in O. betriebene Apotheke einen unzureichenden Brand- oder Arbeitsschutz und / oder hieraus resultierende Gefahren geltend zu machen;

3. die Räumlichkeiten der vom Verfügungskläger betriebenen Apotheken in der M.-straße … in … B., in der S.-straße … in … B. und in der F.-straße … in … O., zu anderen Zwecken als dem Bezug apothekenpflichtiger Arzneimittel und/oder apothekenpflichtiger Medizinprodukte zu betreten.

Im Übrigen wird die einstweilige Verfügung aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren und für das erstinstanzliche Verfahren auf

einen Gebührenwert bis 20.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Verfügungskläger betreibt eine Apotheke in der S.-straße in B. (St.-Z.) mit Filialen in der M.-straße in B. (Mi.) und dem in der F.-straße in O. gelegenen Fachmarktzentrum Or.. Der Verfügungsbeklagte ist Inhaber einer Kfz-Werkstatt in O.

Anfang des Jahres 2021 wandte sich der Verfügungsbeklagte im Wege einer sogenannten Bürgerbeschwerde an das brandenburgische Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (im Folgenden: LAVG) und beanstandete, dass im Kundenbereich der Apotheke des Verfügungsklägers in O. zwei Notausgänge nicht in Fluchtrichtung aufschlügen. Am 07.07.2021 führte das LAVG in den Räumen der Apotheke einen Ortstermin durch, bei welchem festgestellt wurde, dass die Apotheke über einen Ausgang im Personalbereich und drei Ausgänge im Verkaufsraum verfüge, deren Türen nach innen öffneten. In dem über den Termin gefertigten Aktenvermerk vom 08.07.2021 (Anlage ASt 3) heißt es, dass die baulichen Gegebenheiten eine Abweichung von der Arbeitsstättenverordnung zuließen und dem Pächter zur rechtlichen Absicherung ein schriftlicher Antrag auf Abweichung von § 3a Abs. 3 Arbeitsstättenverordnung wegen unverhältnismäßiger Härte empfohlen werde.

In einer vom Verfügungskläger in Auftrag gegebenen und unter dem 25.10.2021 erstatteten Stellungnahme der Sachverständigen für Brandschutzplanung J. B. (Anlage ASt 4) wird ausgeführt, dass von den vier Ausgängen der Apotheke ein Ausgang im Verkaufsraum und ein Ausgang im Personalbereich als Rettungswege gekennzeichnet seien, wobei der Ausgang im Personalbereich nach außen öffne, während die Tür des als Rettungsweg gekennzeichneten Ausgangs im Verkaufsraum, ebenso wie die zwei weiteren Türen des Verkaufsraumes, nach innen aufschlage. Die Stellungnahme gelangt unter anderem zu der Einschätzung, dass die Zulässigkeit der Aufschlagrichtung von sonstigen Türen im Verlauf von Fluchtwegen von dem Ergebnis einer Gefährdungsbeurteilung abhänge, die im Einzelfall unter Berücksichtigung der örtlichen und betrieblichen Verhältnisse, insbesondere der möglichen Gefahrenlagen, der höchstmöglichen Anzahl der Personen, die gleichzeitig einen Fluchtweg benutzen müssten, sowie des Personenkreises, der auf die Benutzbarkeit der Türen angewiesen sei, durchzuführen sei. Nach einer von der Sachverständigen ebenfalls unter dem 25.10.2021 abgefassten Gefährdungsbeurteilung bestünden gegen das Aufschlagen des als Fluchtweg gekennzeichneten Ausgangs im Verkaufsraum wegen des Vorhandenseins mehrerer Ausgänge, der ebenerdigen Nutzung und organisatorischer Maßnahmen keine Bedenken.

Am 22.01.2022 sandte der Verfügungsbeklagte ein Telefax an die Apotheke in O. (Anlage ASt 6). In dem Fax, dem ein die nicht in Fluchtrichtung aufschlagenden Türen beanstandendes Schreiben an das LAVG beigefügt war, wird eine „Lebensgefahr im Kundenbereich“ geltend gemacht, unter anderem die Frage aufgeworfen: „ob und wenn ja wer nimmt da gegebenenfalls den Tod von Menschen billigend in Kauf. Ggf. sogar Ihren eigenen Tod?“ und ausgeführt: „Na ja ich finde meine Weiterungen, wenn es meine Zeit erlaubt, könnte ich auch vor der Apotheke auf öffentlichem Straßenland Infoblätter verteilen. Eine Genehmigung durch die Stadt liegt vor.“ Ein weiteres Telefax-Schreiben des Verfügungsbeklagten an den Verfügungskläger mit ähnlichem Inhalt folgte am 30.01.2022 (Anlage ASt 8).

Der Verfügungskläger antwortete hierauf mit Anwaltsschreiben vom 10.02.2022 (Anlage ASt 9), in dem er auf die Genehmigung der Verkaufsfläche durch die zuständige Behörde hinwies, wegen der „Faxüberflutung“ und der Drohung mit geschäftsschädigenden Verhaltensweisen ein Hausverbot für sämtliche von ihm betriebenen Apotheken aussprach und den Verfügungsbeklagten aufforderte, jegliche Kontaktaufnahme, insbesondere über das Faxgerät, zu unterlassen.

Der Verfügungsbeklagte wies das Hausverbot mit Schreiben vom selben Tag mit der Begründung des Fehlens eines Vollmachtsnachweises zurück. Dem Verfügungskläger sandte er ab dem 10.02.2022 weitere Telefax- und ein E-Mail-Schreiben, mit welchen er mit Bezug auf die Fluchtwege „Mängel“ in der Apotheke und hieraus resultierende Lebensgefahren für Menschen geltend machte (Anlagen ASt 10-ASt 16).

Mit Bescheid vom 18.02.2022 gestattete das LAVG dem Verfügungskläger, die Apotheke in

O. mit Notausgangstüren zu betreiben, die entgegen der Fluchtrichtung aufschlagen (Anlage BK1, Blatt 28 eA).

Am 22.02.2022 hat das Landgericht auf Antrag des Verfügungsklägers eine einstweilige Verfügung erlassen, mit der dem Verfügungsbeklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt worden ist, bis zur Entscheidung in der Hauptsache (Ziffer I.1. des Beschlusstenors:) Fax-Schreiben oder E-Mails an den Verfügungskläger zu versenden, insbesondere an die Fax-Nummern …, …, … sowie an die E-Mail Adressen …, …, …, …, …, (Ziffer I.2. des Beschlusstenors:) den Verfügungskläger, seine Mitarbeiter oder Kunden in Bezug auf vermeintliche Gefahren oder fehlenden Brandschutz auf irgendeine Weise zu kontaktieren (insbesondere durch Telekommunikationsmittel), zu bedrohen, aufzulauern oder sonst eine räumliche Nähe zu suchen, (Ziffer I.3. des Beschlusstenors:) die näher bezeichneten Räumlichkeiten der vom Verfügungskläger betriebenen Apotheken zu betreten sowie (Ziffer I.4. des Beschlusstenors:) gegenüber Dritten (mit Ausnahme von Behörden) zu behaupten, der Verfügungskläger würde in der von ihm betriebenen Apotheke in O. nicht die gesetzlichen Vorschriften über Fluchtmöglichkeiten im Brandfall einhalten. Der Verfügungsbeklagte hat der einstweiligen Verfügung mit Anwaltsschriftsatz vom 02.05.2022 widersprochen.

Der Verfügungskläger hat behauptet, der Verfügungsbeklagte habe sich nicht an das ausgesprochene Hausverbot gehalten, sondern sei in die Räume der Apotheke in O. eingedrungen. Zudem habe er Gewalttaten angedroht, deren Begehung unmittelbar bevorstehe. Insgesamt zeige der Verfügungsbeklagte ein klassisches Stalking-Verhalten, welches nicht selten in körperliche Gewalt münde. Ihm, dem Verfügungskläger, stünden Unterlassungsansprüche unter anderem im Hinblick auf die Straftatbestände der Nachstellung, der Bedrohung und des Hausfriedensbruchs zu. Ferner stellten die Telefax- und E-Mail-Nachrichten des Verfügungsbeklagten einen rechtswidrigen Eingriff in seinen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar, da seine Mitarbeiter angewiesen seien, sämtliche Fax- und E-Mail-Nachrichten auszudrucken und dem Filialleiter vorzulegen, und weil die Nachrichten eine erhebliche Verunsicherung unter den Mitarbeitern zur Folge hätten. Darüber hinaus werde er selbst massiv in seiner Lebensgestaltung gestört. Er werde vom Verfügungsbeklagten, der nicht sichtbar in Erscheinung trete, sondern nur über Telekommunikationsmittel agiere, bedroht und mit Nachrichten belästigt. Hierdurch werde das Gefühl permanenter Unsicherheit erzeugt.

Der Verfügungskläger hat der Sache nach beantragt,

den Widerspruch zurückzuweisen und die einstweilige Verfügung aufrechtzuerhalten.

Der Verfügungsbeklagte hat beantragt,

die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag zurückzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, seine Nachrichten seien durch sein Recht auf freie Meinungsäußerung gerechtfertigt. Überwiegende Interessen des Verfügungsklägers stünden dem nicht entgegen, da die hier in Rede stehende Kritik an der Tragfähigkeit des Brandschutzkonzepts den Verfügungskläger lediglich in seinem beruflichen, nicht aber in seinem privaten Bereich betreffe und die Nachrichten auch nicht an die private Adresse des Verfügungsklägers, sondern an eine Fax-Nummer bzw. eine E-Mail-Adresse der Apotheke gerichtet gewesen seien. Im Übrigen habe es der Verfügungskläger in der Hand, sein Personal dahingehend anzuweisen, ihm keine Nachrichten des Verfügungsbeklagten vorzulegen. Ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb liege davon abgesehen auch mangels empfindlicher Beeinträchtigung des Betriebes nicht vor. Denn die hier in Rede stehenden Nachrichten seien außerhalb der Geschäftszeiten gesendet worden und umfassten lediglich 75 Seiten.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht die einstweilige Verfügung vom 22.02.2022 aufrechterhalten. Es hat gemeint, der mit dem Antrag zu 1) verfolgte Anspruch auf Unterlassung der Kontaktaufnahme begründe sich aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1004 Abs.1 Satz 2 BGB analog. Es sei zwar fraglich, ob der durch die Versendung der Telefax- und E-Mail-Nachrichten erfolgte Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Verfügungsklägers rechtswidrig sei. Der Verfügungskläger werde jedoch jedenfalls in rechtswidriger Weise in seinem Unternehmerpersönlichkeitsrecht betroffen. In den in Rede stehenden Äußerungen des Verfügungsbeklagten vermengten sich tatsächliche und wertende Elemente in einer Weise, dass die Äußerungen insgesamt als Werturteile anzusehen seien. Bei der deshalb gebotenen Abwägung der widerstreitenden Interessen falle ins Gewicht, dass der Verfügungskläger mit dem Brandschutzgutachten, der sachverständigen Gefährdungsbeurteilung und dem Schreiben des LAVG hinreichend dargelegt und bewiesen habe, den Erfordernissen des Brandschutzes zu genügen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Verfügungsbeklagte mit seinen Nachrichten eine Grenze überschritten habe, die es nicht hinzunehmen gelte. Die Nachrichten seien nicht nur auf die Einhaltung des Brandschutzes und die Verantwortung des Verfügungsklägers gerichtet, sondern aufgrund ihrer Art und Häufigkeit in der Gesamtschau geeignet, eine Unsicherheit und Unruhe für den Apothekenbetrieb und deren Mitarbeiter herbeizuführen sowie den Verfügungskläger übermäßig zu belasten. Dies gelte zumal deshalb, weil der Verfügungsbeklagte nur als „Schreibtischtäter“ handle, sodass nicht einzuschätzen sei, ob er seinen Worten Taten folgen lasse und damit von ihm eine reelle Gefahr für Leib und Leben der Mitarbeiter ausgehe.

Die Anträge zu 2) und 4) seien aus demselben Rechtsgrund begründet. Der Verfügungskläger könne aufgrund seines Unternehmerpersönlichkeitsrechts beanspruchen, dass der Verfügungsbeklagte weder ihn noch seine Mitarbeiter und Kunden in Bezug auf vermeintliche Gefahren oder fehlenden Brandschutz auf irgendeine Weise kontaktiere, bedrohe, auflauere oder sonst deren räumliche Nähe suche. Dass der Verfügungsbeklagte über die in Rede stehenden Nachrichten hinaus bislang weder den Verfügungskläger noch dessen Mitarbeiter oder Kunden kontaktiert oder deren Nähe gesucht habe, stehe dem nicht entgegen, da ein solches Verhalten nach dem Inhalt der Nachrichten zu vermuten sei.

Der mit dem Verfügungsantrag zu 3) geltend gemachte Anspruch, es zu unterlassen, die Apotheken zu betreten, rechtfertige sich aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 analog i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB, § 123 StGB. Ungeachtet der Frage, ob sich der Verfügungsbeklagte nach Ausspruch des Hausverbots tatsächlich nicht an dieses gehalten habe, habe er mit dem Fax-Schreiben vom 19.02.2022 jedenfalls den Eindruck erweckt, die Apotheke in O. am Vortag betreten zu haben. Dieser Eindruck sei nochmals mit der in einem späteren Schreiben getätigten Äußerung verstärkt worden: „Na wenn ich Zeit habe, gehe ich gerne in die M.-straße und in die S.-str. um zu schauen was denn da ggf. so nicht io ist!". Darauf, mit dem das Hausverbot aussprechenden Anwaltsschriftsatz nicht zugleich eine Vollmacht übersandt erhalten zu haben, könne sich der Verfügungsbeklagte nicht mit Erfolg berufen, da der Ausspruch des Hausverbots weder ein Rechtsgeschäft noch eine geschäftsähnliche Handlung darstelle und die Vollmacht jedenfalls mit dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung überreicht worden sei.

Gegen das Urteil, auf das wegen der weiteren Einzelheiten der tatsächlichen Feststellungen und der tragenden Gründe Bezug genommen wird, wendet sich der Verfügungsbeklagte mit seiner Berufung. Er ist der Meinung, das Landgericht habe bei der zur Feststellung der Rechtswidrigkeit der in Rede stehenden Eingriffe gebotenen Abwägung die grundrechtlich geschützten Positionen nicht zutreffend gewichtet. Insbesondere habe es unberücksichtigt gelassen, dass der Verfügungskläger lediglich in der Sozialsphäre betroffen sei, weshalb seinen insoweit berührten Interessen eine geringere Bedeutung zukomme als dem von Verfassungswegen hoch zu gewichtenden Gut der Meinungsäußerungsfreiheit, das der Verfügungsbeklagte für sich in Anspruch nehmen könne. Auch treffe es nicht zu, dass tatsächliche Behauptungen des Verfügungsbeklagten erwiesenermaßen falsch seien. Dass die Verkaufsfläche des Verfügungsklägers den Erfordernissen an den Brandschutz entspreche, sei weder richtig noch vom Verfügungskläger hinreichend dargelegt und bewiesen. Ferner seien die Äußerungen des Verfügungsbeklagten unzutreffend ausgelegt worden. Die aufgeworfenen Fragen zur billigenden Inkaufnahme des Todes von Menschen, zur persönlichen Haftung, zum Risiko des Verlustes der Apotheken und zum Ruf der Apothekerschaft hätten sich auf das kritisierte Brandschutzkonzept bezogen.

Der Verfügungsbeklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils vom 05.08.2022, Az. 5 O 11/22, die einstweilige Verfügung vom 22.02.2022 aufzuheben und den Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen.

Der Verfügungskläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung mit näheren Ausführungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie der überreichten Unterlagen, im Übrigen auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die statthafte Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat der Rechtsbehelf teilweise Erfolg.

1.

In dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang hat das Landgericht die einstweilige Verfügung zu Recht erlassen, wobei der Senat von der durch § 938 Abs. 1 ZPO eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht und die Unterlassungsanordnung an die geltend gemachte Rechtsverletzung angepasst hat.

a)

Der Verfügungskläger hat gegen den Verfügungsbeklagten einen Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, es zu unterlassen, ihn per Telefax zu kontaktieren.

Nach § 1004 Abs. 1 BGB kann der Eigentümer, wenn das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt wird, von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen, und, wenn weitere Beeinträchtigungen zu besorgen sind, auf Unterlassung klagen. Unter einer Beeinträchtigung des Eigentums ist jeder dem Inhalt des Eigentums (§ 903 BGB) widersprechende Zustand zu verstehen (BGH, Urteil vom 04.02.2005 – VZR 142/04, NJW 2005, 1366 m.w.N.), also jede nach Dauer und Intensität nicht ganz unerhebliche Einwirkung auf die tatsächliche oder rechtliche Herrschaftsmacht des Eigentümers über sein Eigentum (OLG Brandenburg, Urteil vom 12.11.2020 – 5 U 40/20, BeckRS 2020, 33152). Da es nach § 903 Satz 1 BGB grundsätzlich im Belieben des Eigentümers steht, andere von jeder Einwirkung auf die Sache auszuschließen, kann daher auch der unbefugte Gebrauch einer Sache eine Eigentumsbeeinträchtigung in diesem Sinne darstellen (allg. hierzu s. etwa Spohnheimer, in: BeckOGK BGB, Stand: 01.11.2022, § 1004 BGB, Rn. 80 m.w.N.; konkret zur Eigentumsverletzung durch unerwünschte Zusendung von Telefax-Werbung wegen des kostenverursachenden Verbrauchs von Papier und Druckerfarbe Förster, in: BeckOK BGB, Stand: 01.11.2022, § 823 BGB, Rn. 124.5 m.w.N.). So liegt es hier im Hinblick auf die Telefaxgeräte des Verfügungsklägers.

Grundsätzlich lässt der Betreiber eines betriebsbereiten Telefaxgerätes damit zwar erkennen, mit der Nutzung des Gerätes durch Dritte zur Nachrichtenübermittlung an ihn einverstanden zu sein (vgl. OLG München, Beschluss vom 08.02.1993 – 29 W 671/93, NJW-RR 1994, 1054). Vorliegend hatte der Verfügungskläger den Verfügungsbeklagten indessen mit Anwaltsschreiben vom 10.02.2022 unter anderem ausdrücklich aufgefordert, „jegliche Kontaktaufnahme, insbesondere über das Faxgerät“ zu unterlassen (Anlage ASt 9, Anlagenheft Kläger, Blatt 56). Eine solche Willensäußerung verlangt als Ausübung des Eigentumsrechts grundsätzlich Beachtung. Dem Verfügungskläger steht deshalb als Eigentümer bzw. Besitzer der Telefaxgeräte das Recht zu, sich der Zuwiderhandlungen des Verfügungsbeklagten gegen seine ausdrückliche Aufforderung, eine weitere Übermittlung von Telefaxsendungen zu unterlassen, zur Wehr zu setzen.

Dieser Unterlassungsanspruch setzt nicht voraus, dass die unerwünschten Telefaxsendungen in Umfang und Häufigkeit ein Ausmaß annehmen, das zur Beeinträchtigung der bestimmungsgemäßen Nutzbarkeit der in seinen Geschäften vorgehaltenen Faxgeräte für die vom Verfügungskläger gewünschte Kommunikation führt, etwa weil durch den Empfang der unerwünschten Nachrichten andere Faxsendungen nicht einlaufen können oder es zu einer vorzeitigen Erschöpfung des Papier- oder Tonervorrates in den Geräten kommt. Der Verfügungskläger kann sich vielmehr bereits gegen vereinzelte unerwünschte Sendungen wehren, schon um der Ausweitung einer derartigen Inanspruchnahme, die er anders nicht steuern kann, zu begegnen (ebenso für den Einwurf von Werbesendungen in einen Briefkasten gegen den kundgetanen Willen des Inhabers BGH, Urteil vom 20.12.1988 – VI ZR 182/88, NJW 1989, 902).

Der Verfügungskläger ist auch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verpflichtet, den Empfang von Faxsendungen des Verfügungsbeklagten zu dulden, § 1004 Abs. 2 BGB. Insbesondere ergibt sich eine Duldungspflicht nicht aus der grundrechtlich geschützten Freiheit des Verfügungsbeklagten, eine Meinung zu verbreiten. Das Grundrecht der Meinungsfreiheit stellt zwar ein objektives Prinzip für die Gesamtrechtsordnung dar (grundlegend BVerfG, Urteil vom 15.01.1958 – 1 BvR 400/51, E 7, 198), beansprucht aber keine unmittelbare Geltung im Verhältnis der Privatrechtssubjekte untereinander (statt vieler Grabenwarter, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Stand: September 2022, Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 GG, Rn. 107). Davon abgesehen begründet Art. 5 Abs. 1 GG auch innerhalb seines Geltungsbereiches keinen Anspruch des Einzelnen auf Zutritt zu ihm sonst nicht zugänglichen Orten zum Zweck der Meinungsäußerung und -verbreitung (BVerfG, Urteil vom 22.02.2011 – 1 BvR 699/06, BeckRS 2011, 47764, Rn. 98). Dementsprechend kann auch der Verfügungsbeklagte aus seinem Grundrecht der Meinungsfreiheit kein Recht herleiten, über die Telefaxgeräte des Verfügungsklägers Nachrichten gegen dessen Willen in dessen räumlichen Herrschaftsbereich gelangen zu lassen.

Eine Pflicht des Verfügungsklägers, Faxsendungen des Verfügungsbeklagten zu dulden, begründet sich ferner nicht aus den Besonderheiten des Apothekenbetriebes, insbesondere der Verpflichtung des Verfügungsklägers zur Ausführung von Verschreibungen gemäß § 17 Abs. 4 ApoBetrO. Denn es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Erfüllung dieser Verpflichtung die Nutzung eines Telefaxgerätes durch den Verfügungsbeklagten voraussetzt.

Die für den Anspruch auf Unterlassung der mithin vom Verfügungskläger nicht zu duldenden Eigentumsbeeinträchtigung erforderliche Wiederholungsgefahr wird durch das rechtsverletzende Verhalten des Verfügungsbeklagten indiziert. Dieser hat das Anwaltsschreiben des Verfügungsklägers vom 10.02.2022 ausweislich seines Schreibens an die Prozessbevollmächtigten des, Verfügungsklägers vom selben Tag (Anlage ASt 10, Anlagenheft Kläger, Blatt 61) erhalten, der darin geäußerten Aufforderung jedoch nicht Folge geleistet, sondern unstreitig bereits am selben Tag (Anlage ASt 10, Anlagenheft Kläger, Blatt 58) sowie im Folgenden am 16., 17., 19. und 21.02.2022 (Anlagen ASt 12- ASt 16, Anlagenheft Kläger, Blatt Bl. 67 ff.) weitere Telefaxschreiben an den Verfügungskläger gesandt.

b)

Der Verfügungskläger kann von dem Verfügungsbeklagten des Weiteren beanspruchen, es zu unterlassen, ihn und seine Mitarbeiter auch auf sonstigem Wege in Bezug auf den vermeintlich unzureichenden Brand- oder Arbeitsschutz in der in Rede stehenden Apotheke in O. und auf hieraus nach Ansicht des Verfügungsbeklagten resultierende Gefahren zu kontaktieren.

aa)

Der Anspruch begründet sich aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB (analog), § 823 Abs. 1 BGB.

(1) Durch die in Rede stehenden Telefax- und E-Mail-Schreiben hat der Verfügungsbeklagte in das Recht des Verfügungsklägers am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingegriffen.

Ein Anspruch wegen Verletzung des als sonstiges Recht i.S.v. § 823 Abs. 1 BGB geschützten eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs kommt in Betracht, wenn spezielle Schutzvorschriften zu Gunsten eines Unternehmens nicht durchgreifen. Der Schutz des § 823 Abs. 1 BGB wird gegen jede Beeinträchtigung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gewährt, wenn die Störung einen unmittelbaren Eingriff in den gewerblichen Tätigkeitskreis darstellt. Durch diesen Schutz soll das Unternehmen in seiner wirtschaftlichen Tätigkeit und in seinem Funktionieren vor widerrechtlichen Eingriffen bewahrt bleiben. Die Verletzungshandlung muss sich gerade gegen den Betrieb und seine Organisation oder gegen die unternehmerische Entscheidungsfreiheit richten und über eine bloße Belästigung oder eine sozial übliche Behinderung hinausgehen (BGH, Urteil vom 15.01.2019 – VI ZR 506/17, NJW 2019, 781; Urteil vom 06.02.2014 – I ZR 75/13, GRUR 2014, 904, jeweils m.w.N.). So liegt es hier.

Die in Rede stehenden Kontaktaufnahmen des Verfügungsbeklagten zum Verfügungskläger zielen unmittelbar auf eine Beeinflussung der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit des Verfügungsklägers ab, nämlich in Bezug auf die bauliche Gestaltung seines Ladengeschäfts in O.. Konkret sind die Schreiben darauf gerichtet, den Verfügungskläger zu einer Änderung der Aufschlagsrichtung der Türen des Verkaufsraums, mithin zu einem bestimmten, auf den Betrieb seiner Apotheke bezogenen Verhalten zu veranlassen.

Die diesbezüglichen Kontaktaufnahmen des Verfügungsbeklagten gehen über eine bloße Belästigung oder sozial übliche Behinderung hinaus. Hierfür kommt es nicht darauf an, welchen personellen Aufwand die Bearbeitung der Schreiben des Verfügungsbeklagten im Unternehmen des Verfügungsklägers verursacht. Entscheidend ist vielmehr, dass der Verfügungsbeklagte den Verfügungskläger mit den Schreiben nicht nur zu den fraglichen baulichen Veränderungen zu veranlassen sucht, sondern er dem Verfügungskläger darüber hinaus widrigenfalls negative Konsequenzen in Aussicht stellt. So hat der Verfügungsbeklagte etwa mit der im Schreiben vom 22.01.2022 getätigten Aussage: „wenn es meine Zeit erlaubt, könnte ich auch vor der Apotheke auf öffentlichem Straßenland Infoblätter verteilen… Dann wäre ja die Möglichkeit im Dialog mit der dann informierten Kundschaft die Sache zu erörtern “ (Anlage ASt 6, Anlagenheft Kläger, Blatt 22 f.) offen ein Verhalten in Aussicht gestellt, dass sich ohne weiteres nachteilig auf das Geschäft des Verfügungsklägers auswirken könnte. Die im Schreiben vom 10.02.2022 formulierte Frage: „Und wie wird Ihre Kundschaft es auffassen, wenn Sie einen Kunden [,] der richtige Hinweise auf eine Lebensgefahr gibt, dann mit einem Hausverbot belegen?“ (Anlage ASt 10, Anlagenheft Kläger, Blatt 59), lässt sich ebenfalls dahin verstehen, dass der Verfügungsbeklagte eine diesbezügliche Ansprache der Kunden des Verfügungsklägers erwägt, sollte sich der Verfügungskläger seinem Willen weiterhin nicht beugen. Entsprechendes gilt für die im gleichen Schreiben getätigte Äußerung „vergessen Sie nicht, wie die Belegschaft es sieht?“. Auch diese Aussage lässt sich als Androhung auffassen, bei Nichterfüllung der Forderung des Verfügungsbeklagten die Belegschaft des Verfügungsklägers mit der Behauptung eines unzureichenden Brandschutzes in den Geschäftsräumen zu konfrontieren. Das in Rede stehende Verhalten des Verfügungsbeklagten geht damit deutlich über eine bloße Belästigung hinaus und stellt eine Belastung des Gewerbebetriebs des Verfügungsklägers dar.

(2) Dieser Eingriff in das Recht des Verfügungsklägers am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ist rechtswidrig.

Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb stellt einen offenen Tatbestand dar, dessen Inhalt und Grenzen sich erst aus einer Abwägung mit den im Einzelfall konkret kollidierenden Interessen anderer ergeben. Bei der Abwägung sind die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen. Der Eingriff in den Schutzbereich ist nur dann rechtswidrig, wenn das Interesse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (BGH, Urteil vom 15.01.2019 – VI ZR 506/17, NJW 2019, 781, Rn. 19 m.w.N.). Auch dies ist im Streitfall gegeben.

Zu Gunsten des Verfügungsbeklagten kann unterstellt werden, dass die Äußerungen seiner Rechtsauffassung, wonach es unzulässig sei, dass zwei Ausgänge im Kundenbereich der Apotheke nicht in Fluchtrichtung aufschlagen, als vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG erfasste Meinungsäußerung anzusehen sind. Denn die hier in Rede stehenden Verletzungshandlungen, nämlich die unmittelbare oder über die Beschäftigten der Apotheke vermittelte Kontaktierung des Verfügungsklägers per Telefax, E-Mail oder auf sonstigem Wege, betreffen nicht das Recht des Verfügungsbeklagten, mit dieser Meinung an die Öffentlichkeit zu treten, sondern lediglich die Kommunikation der Parteien untereinander. In diesem bilateralen Verhältnis aber kommt dem Anliegen des Verfügungsbeklagten, auf den seiner Meinung nach rechtswidrigen baulichen Zustand hinzuweisen, schon deshalb kein erhebliches Gewicht (mehr) zu, weil er diese Ansicht bereits mehrfach geäußert hat. Demgegenüber hat der Verfügungskläger mit dem Anwaltsschreiben vom 10.02.2022 unzweideutig zu erkennen gegeben, diese Auffassung zur Kenntnis genommen zu haben, aber nicht zu teilen, sondern vom Bestehen eines rechtmäßigen Zustandes auszugehen. Schon vor diesem Hintergrund überwiegt das Interesse des Verfügungsklägers, nicht weiter entgegen seinem ausdrücklich geäußerten Willen mit der von seiner Auffassung abweichenden Rechtsansicht des Verfügungsbeklagten konfrontiert zu werden. Dies gilt zumal deshalb, weil der Verfügungsbeklagte in seinen Schreiben nicht lediglich die kontroverse Auffassung vertritt, sondern er ein Einlenken des Verfügungsklägers fordert und dieser Forderung – wie ausgeführt – Nachdruck verleiht, indem er beispielsweise unbestimmte Drohungen ausgesprochen (s. etwa Telefax vom 17.02.2022, Anlage AST 13, Anlagenheft Kläger, Blatt 69: „Mal die Frage, geht es jetzt Vernunft-richtig weiter oder? Oder soll ich etwas anschieben?“) und in Aussicht gestellt hat, die Kundschaft zu informieren (Telefax vom 22.01.2022, Anlage ASt 6, Anlagen der Kläger, Blatt 22). Selbst angesichts der aus dem Vermerk vom 08.07.2021 und dem Bescheid vom 18.02.2022 ersichtlichen Einschätzungen des LAVG und des Brandschutzgutachtens vom 25.10.2021 ist es dem Verfügungskläger daher nicht zuzumuten, die Schreiben des Verfügungsbeklagten in besonnener Selbstbehauptung zu ignorieren.

(3) Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr ist hinsichtlich der unerwünschten Telefax- und E-Mail-Sendungen wiederum durch das rechtsverletzende Verhalten des Verfügungsbeklagten indiziert.

Anderes gilt zwar hinsichtlich der begehrten Unterlassung der Kontaktaufnahme auf sonstigem Wege. Denn bislang ist der Verfügungsbeklagte lediglich per E-Mail und Telefax an den Verfügungskläger bzw. dessen Mitarbeiter herangetreten. Der Senat hält es aber für hochgradig wahrscheinlich, dass der Verfügungsbeklagte im Falle der Beschränkung der Unterlassungsanordnung auf Kontaktaufnahmen per Telefax und E-Mail sogleich nach Erlass einer entsprechenden Entscheidung unter Nutzung anderer Kommunikationsmittel bzw. -formen wegen des vermeintlich unzureichenden Brand- und Arbeitsschutzes an den Verfügungskläger herantreten würde. Neben dem Verhalten des Verfügungsbeklagten vor Erlass der einstweiligen Verfügung spricht hierfür insbesondere der vom Senat in der mündlichen Verhandlung gewonnene Eindruck vom Verfügungsbeklagten. Dessen Äußerungen und die von ihm im Termin übergebenen Unterlagen haben erkennen lassen, dass er der Frage der Einhaltung des Arbeits- und Brandschutzes im Hinblick auf die Aufschlagsrichtung der Türen in der Apotheke des Verfügungsklägers in O. nach wie vor sehr hohe Bedeutung beimisst, er seine diesbezügliche Einschätzung der Sach- und Rechtslage weiterhin für zutreffend, die abweichenden Auffassungen der vom Verfügungskläger beauftragten Sachverständigen für Brandschutzplanung sowie des LAVG hingegen für falsch erachtet, und dass er sich ungeachtet der Einschätzung der zuständigen Behörden unverändert für berufen hält, an deren Stelle auf den Verfügungskläger einzuwirken, um ihn zu der von ihm, dem Verfügungsbeklagten, für geboten gehaltenen baulichen Änderung der Aufschlagsrichtung der Türen zu veranlassen. Von daher hat der Senat keinen Zweifel, dass der Verfügungsbeklagte sich ihm bietende Möglichkeiten der Kontaktaufnahme zum Verfügungskläger nutzen würde, um dieses Anliegen weiterzuverfolgen.

bb)

Hinsichtlich der darüber hinaus unter Ziffern I.1) und I.2) der mit dem angefochtenen Urteil aufrechterhaltenen einstweiligen Verfügung vom 22.02.2022 getroffenen Unterlassungsanordnungen hat die Berufung hingegen Erfolg. Die insoweit vom Verfügungskläger geltend gemachten negatorischen Ansprüche sind nicht begründet.

(1) Die Forderung des Verfügungsklägers an den Verfügungsbeklagten, jegliche Kontaktaufnahme per E-Mail zu unterlassen, rechtfertigt sich nicht aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Nach dem Vorstehenden setzt eine Eigentumsbeeinträchtigung im Sinne dieser Vorschrift die, körperliche Einwirkung eines Dritten durch sein Handeln auf die Sache des Anspruchstellers voraus (s. auch Thole, in: Staudinger, BGB, Stand: 01.07.2022, § 1004 BGB, Rn. 45). Die Versendung einer E-Mail kann demnach, wenn hierdurch fremde Servereinrichtungen beansprucht werden, eine Beeinträchtigung des Eigentums an dem Mailserver darstellen (vgl. BAG, Urteil vom 20.01.2009 – 1 AZR 515/08, NZA 2009, 615, Rn. 17; Urteil vom 15.10.2013 – 1 ABR 31/12, NZA 2014, 319, 321, Rn. 29 ff.). Hinsichtlich des Postfaches, das von dem Mailserver verwaltet wird und an das die E-Mail gerichtet ist, scheidet eine Eigentumsbeeinträchtigung indes bereits deshalb aus, weil § 1004 BGB in seiner unmittelbaren Anwendung – ebenso wie § 985 BGB – das Eigentum an einer Sache oder einem Tier voraussetzt, §§ 90, 90a BGB; Beeinträchtigungen unkörperlicher Gegenstände werden hiervon nicht erfasst. Dafür, dass die vom Kläger genutzten E-Mail-Postfächer auf in seinem Eigentum stehenden Servern bereitgestellt werden, ist nichts ersichtlich.

Die Annahme einer vom Verfügungskläger nach § 1004 Abs. 1 BGB abwehrbaren Eigentumsbeeinträchtigung rechtfertigt sich ferner nicht im Hinblick auf dessen Vorbringen, in seinem Betrieb würden sämtliche E-Mail-Nachrichten ausgedruckt und dem Filialleiter vorgelegt.

Ansprüche nach § 1004 Abs. 1 BGB können sich allerdings auch gegen denjenigen richten, der eine Beeinträchtigung durch Dritte adäquat verursacht, indem er die Handlung veranlasst oder gestattet (statt vieler Spohnheimer, in: beckOGK, Stand: 01.02.2023, § 1004 BGB, Rn. 143.3 m.w.N.). Voraussetzung hierfür ist, dass die Beeinträchtigung wenigstens mittelbar auf den Willen des Anspruchsgegners zurückgeht, was nicht begrifflich, sondern in wertender Betrachtung von Fall zu Fall festzustellen ist (vgl. BGH, Urteil vom 09.02.2018 – V ZR 311/16, NJW 2018, 1542, Rn. 7 m.w.N.). Hieran fehlt es im Streitfall.

Der Verfügungsbeklagte hat in seiner persönlichen Anhörung durch den Senat angegeben, er wolle mit seinen Nachrichten an den Verfügungskläger auf den seiner Ansicht nach brand- und arbeitsschutzrechtswidrigen Zustand der Türen hinweisen und durch die beharrliche Wiederholung bzw. Vertiefung seiner Beanstandungen den Verfügungskläger letztlich zum Einlenken veranlassen. Dieses Ziel setzt es zwar voraus, dass der Verfügungskläger Kenntnis von den Nachrichten nimmt. Ein Ausdruck von E-Mails ist hierfür aber weder erforderlich noch nach den (mittlerweile) üblichen Gepflogenheiten im Geschäftsverkehr zu erwarten. Jedenfalls in Ermangelung besonderer Umstände, für die im Streitfall nichts ersichtlich ist, hält es der Senat vielmehr für ein nicht notwendiges Verhalten des Verfügungsklägers, die von ihm nicht gewünschten Nachrichten des Verfügungsbeklagten ausdrucken zu lassen.

(2) Der nach dem Vorstehenden bestehende Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB (analog) i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB wegen rechtswidrigen Eingriffs in das Recht des Verfügungsklägers am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb umfasst aus den dargelegten Erwägungen nur Telefax- und E-Mail-Schreiben, die sich – wie bei den in Rede stehenden Nachrichten vom 22. und 30.01. sowie vom 10., 14., 16., 17., 19. und 21.02.2022 – mit der Aufschlagrichtung der fraglichen Türen zum Ladengeschäft des Verfügungsklägers in O. und den hieraus nach Auffassung des Verfügungsbeklagten vermeintlich resultierenden Gefahren befassen. Ein Anspruch gegen den Verfügungsbeklagten darauf, es zu unterlassen, auch in anderen Angelegenheiten Nachrichten an den Verfügungskläger zu senden, steht ihm aus diesem Rechtsgrund hingegen nicht zu. Zum einen ist nicht festzustellen, dass durch jede andere Nachricht des Verfügungsbeklagten an den Verfügungskläger rechtswidrig in dessen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingegriffen würde. Zum anderen fehlt es insofern an einer Wiederholungs- bzw. Erstbegehungsgefahr.

(3) Ein insoweit weitergehender negatorischer Anspruch ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht des Verfügungsklägers.

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt den Bereich privater Lebensgestaltung und gibt dem Betroffenen das Recht, im privaten Bereich in Ruhe gelassen zu werden (vgl. BGH, Urteil vom 19.12.1995 – VI ZR 15/95, GRUR 1996, 923 m.w.N.). Hieraus folgt ein Recht des Einzelnen, seine Privatsphäre freizuhalten von unerwünschter Einflussnahme anderer, und die Möglichkeit des Betroffenen, selbst darüber zu entscheiden, mit welchen Personen und gegebenenfalls in welchem Umfang er mit ihnen Kontakt haben will. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann deshalb vor Belästigungen schützen, die von einer unerwünschten Kontaktaufnahme ausgehen. Dabei kann bereits in der bloßen, als solche nicht ehrverletzenden Kontaktaufnahme eine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts liegen, wenn sie gegen den eindeutig erklärten Willen des Betroffenen erfolgt, weil ansonsten die Freiheit kommunikativen Verhaltens schwerwiegend beeinträchtigt wäre (BGH, Urteil vom 15.12.2015 – VI ZR 134/15, GRUR 2016, 530, Rn. 12). Auch die Verwendung von elektronischer Post kann demnach, wenn sie ohne Einwilligung des Empfängers erfolgt, einen Eingriff in dessen geschützte Privatsphäre und damit in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht darstellen (BGH, Urteil vom 10.07.2018 – VI ZR 225/17, NJW 2018, 3506).

Die im Streit stehenden Nachrichten des Verfügungsbeklagten sind indessen nicht der Privatsphäre, sondern der Sozialsphäre des Verfügungsklägers zuzurechnen. Sowohl die Telefax-Nachrichten als auch die E-Mail waren jeweils an die Apotheke bzw. deren „Leitungsebene“ gerichtet und wurden an eine geschäftlich genutzte Fax-Nummer bzw. E-Mail-Adresse gesandt. Die Nachrichten stellen daher keinen Eingriff in das vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht umfasste Recht des Verfügungsklägers dar, im privaten Bereich in Ruhe gelassen zu werden. Auch sind im Streitfall keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass ein derartiger Eingriff durch den Verfügungsbeklagten mit einiger Wahrscheinlichkeit in zeitlicher Nähe zu erwarten ist.

Weitergehende Ansprüche des Verfügungsklägers ergeben sich ferner nicht im Hinblick auf die ebenfalls vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht umfasste und nicht auf die Privatsphäre beschränkte Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst entscheiden zu können, wie er sich Dritten oder der Öffentlichkeit gegenüber darstellen will (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.06.1980 – 1 BvR 185/77, NJW 1980, 2070). Denn ein Eingriff in dieses Recht durch Versendung der hier in Rede stehenden Telefax- und E-Mail-Schreiben kommt lediglich insofern in Betracht, als die mit der Erledigung der Post des Verfügungsklägers betrauten Mitarbeiter aufgrund dieser Nachrichten den Eindruck gewinnen könnten, der Verfügungskläger missachte gesetzliche Anforderungen des Brand- und des Arbeitsschutzes und gefährde hierdurch Mitarbeiter und Kunden. Ein hieraus begründeter Unterlassungsanspruch umfasste indes wiederum lediglich Nachrichten entsprechenden Inhalts. Ein darüber hinausgehender Anspruch, jegliche Kontaktaufnahme per Telefax, E-Mail und in sonstiger Weise zu unterlassen, begründet sich hieraus nicht.

(4) Ein Anspruch darauf, es zu unterlassen, keinerlei Schreiben an ihn bzw. seine Apotheke zu versenden, steht dem Verfügungskläger gegen den Verfügungsbeklagten auch aus keinem anderen Rechtsgrund, insbesondere nicht nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog, § 823 Abs. 2 BGB, §§ 238, 240 f. StGB, zu.

Dass der Verfügungsbeklagte den Verfügungskläger im Sinne von §§ 240, 241 StGB mit einem empfindlichen Übel bzw. mit der Begehung einer gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten rechtswidrigen Tat bedroht hat, ist nicht festzustellen. Eine Bedrohung in diesem Sinne setzt das Inaussichtstellen eines künftigen Übels voraus, auf dessen Eintritt der Drohende Einfluss hat oder zu haben vorgibt (BGH, Urteil vom 19.12.1961 – 1 StR 288/61, NJW 1962, 596). Hieran fehlt es vorliegend. Der Verfügungsbeklagte äußert in seinen Schreiben zwar wiederholt, es bestehe Lebensgefahr im Kundenbereich und es könne zum Versterben von Menschen, sogar zum Tod des Verfügungsklägers, kommen. Diese im Zusammenhang mit den vermeintlichen Unzulänglichkeiten der Fluchtwege getätigten Äußerungen erscheinen bei der gebotenen Auslegung aber als bloße Warnungen. Anhaltspunkte dafür, dass der Verfügungsbeklagte selbst Einfluss auf die Verwirklichung dieser vermeintlichen Gefahr nehmen könne oder wolle, sind hingegen weder den Schreiben noch dem sonstigen Streitstoff zu entnehmen. Auch der in dem Schreiben vom 13.02.2022 getätigten Aussage, „wer nach einer vermeintlichen Ringelnatter tritt, wird ggf. doch arg erstaunt sein, wenn zu erkennen sein wird, dass es eine Cobra ist!“ (Anlage ASt 11, Anlagenheft Kläger, Blatt 64), lässt sich keine Bedrohung im vorgenannten Sinne entnehmen. Die Äußerung ist in ihrem Kontext vielmehr dahin zu verstehen, dass sich der Verfügungsbeklagte auch nach Einschaltung des klägerischen Rechtsanwalts in der Lage sieht, die Auseinandersetzung um die vermeintlichen Mängel des Brand- und Arbeitsschutzes fortzuführen.

Ebenso wenig ist festzustellen, dass der Verfügungsbeklagte dem Verfügungskläger im Sinne von § 238 StGB nachgestellt hat. Der Tatbestand erfasst Handlungen, die durch unmittelbare oder mittelbare Annäherung an das Opfer darauf gerichtet sind, in dessen persönlichen Lebensbereich einzugreifen und dadurch seine Handlungs- und Entschließungsfreiheit zu beeinträchtigen (s. BT-Drs. 16/575, Seite 7). Das hier in Rede stehende Verhalten des Verfügungsbeklagten ist nicht durch eine Annäherung an die Person des Verfügungsklägers gekennzeichnet und lässt auch keinen Eingriff in dessen persönlichen Lebensbereich erkennen, sondern beschränkt sich auf Nachrichten an vom Verfügungskläger geschäftlich genutzte Telefax-Nummern und E-Mail-Adressen.

c)

Dem Verfügungskläger steht nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. § 858 ff., 903 BGB aufgrund des mit dem Anwaltsschreiben vom 10.02.2022 ausgesprochenen Hausverbots ein Anspruch gegen den Verfügungsbeklagten zu, es zu unterlassen, die Räumlichkeiten der vom Verfügungskläger betriebenen Apotheken zu anderen Zwecken als dem Bezug apothekenpflichtiger Arzneimittel und apothekenpflichtiger Medizinprodukte zu betreten.

aa)

Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass das auf dem Grundstückseigentum oder -besitz beruhende Hausrecht es seinem Inhaber ermöglicht, in der Regel frei darüber zu entscheiden, wem er Zutritt gestattet und wem er ihn verwehrt. In ihm kommt die aus der grundrechtlichen Eigentumsgarantie (Art. 14 GG) fließende Befugnis des Eigentümers zum Ausdruck, mit der Sache grundsätzlich nach Belieben zu verfahren und andere von der Einwirkung auszuschließen (§ 903 Satz 1 BGB). Darüber hinaus ist das Hausrecht Ausdruck der durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten Privatautonomie, die die Selbstbestimmung des Einzelnen im Rechtsleben schützt. Dazu gehört, dass rechtlich erhebliche Willenserklärungen in der Regel keiner Rechtfertigung bedürfen; gleiches gilt für die Entscheidung, ob und in welchem Umfang einem Dritten der Zugang zu einer bestimmten Örtlichkeit gestattet wird (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 09.03.2012 − V ZR 115/11, NJW 2012, 1725 m.w.N.).

Eine andere Würdigung ergibt sich auch nicht aus den mittelbar in das Zivilrecht einwirkenden Grundrechten, namentlich nicht aus dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG. Aus der Vorschrift ist kein objektives Verfassungsprinzip des Inhalts abzuleiten, dass Rechtsbeziehungen zwischen Privaten von diesen prinzipiell gleichheitsgerecht zu gestalten wären. Dahingehende Anforderungen ergeben sich auch nicht aus den Grundsätzen der mittelbaren Drittwirkung (BVerfG, Beschluss vom 11.04.2018 – 1 BvR 3080/09, NJW 2018, 1667). Grundsätzlich gehört es zur Freiheit jeder Person, nach eigenen Präferenzen darüber zu bestimmen, mit wem sie unter welchen Bedingungen Verträge abschließen will (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 27.08.2019 – 1 BvR 879/12, NJW 2019, 3769, Rn. 6).

Gleichheitsrechtliche Anforderungen für das Verhältnis zwischen Privaten können sich aus Art. 3 Abs. 1 GG jedoch für spezifische Konstellationen ergeben, etwa wenn der Ausschluss von Veranstaltungen, die aufgrund eigener Entscheidung der Veranstalter einem großen Publikum ohne Ansehen der Person geöffnet werden, für die Betroffenen in erheblichem Umfang über die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben entscheidet. Indem ein Privater eine solche Veranstaltung ins Werk setzt, erwächst ihm von Verfassungswegen auch eine besondere rechtliche Verantwortung. Er darf seine aus dem Hausrecht – so wie in anderen Fällen möglicherweise aus einem Monopol oder aus struktureller Überlegenheit – resultierende Entscheidungsmacht nicht dazu nutzen, bestimmte Personen ohne sachlichen Grund von einem solchen Ereignis auszuschließen (vgl. BVerfGE, Beschluss vom 11.04.2018 – 1 BvR 3080/09, a.a.O., Rn. 41).

Entsprechendes gilt vorliegend im Hinblick auf den Gegenstand des Geschäftsbetriebes des Verfügungsklägers. Denn nach § 1 Abs. 1 Satz 1 ApoG obliegt den Apotheken die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln. Diese Obliegenheit zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung (vgl. BVerfG, Urteil vom 13.02.1964 – 1 BvL 17/61 u.a., NJW 1964, 1067, 1069) findet ihre gesetzliche Ausprägung etwa in der Verpflichtung zur Dienstbereitschaft nach § 23 Abs. 1 Satz 1 ApoBetrO und der Pflicht zur Ausführung von Verschreibungen gemäß § 17 Abs. 4 ApoBetrO, die einen Kontrahierungszwang des Apothekers begründet (s. etwa Lietz, in: Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, Arzneimittelrecht, 3. Auflage 2020, § 21, Rn. 42; Hadamitzky, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, 243. EL August 2022, § 17 ApBetrO, Rn. 10).

Bei einer Apotheke handelt es sich demnach um eine Einrichtung, die zwar aufgrund eigener Entscheidung des Betreibers der Allgemeinheit geöffnet wird; gleichwohl kann sich der Betreiber nicht im Einzelfall eine individuelle Entscheidung über den Abschluss von Verträgen über apothekenpflichtige Arzneimittel im Sinne des § 43 Abs. 1 AMG und nach §§ 1, 2 MPAV apothekenpflichtige Medizinprodukte vorbehalten, sondern ist er von Gesetzeswegen grundsätzlich zum Abschluss derartiger Verträge mit jedermann verpflichtet. Der Ausspruch eines uneingeschränkten Hausverbotes für eine Apotheke kann vor diesem Hintergrund nur gerechtfertigt sein, soweit sachliche Gründe vorliegen, die es – insbesondere auch im Lichte des grundgesetzlich geschützten Rechtes des Adressaten des Hausverbotes auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) – rechtfertigen, ihn vom Betreten der Apothekenräume und damit von der Nutzung der Apotheke zum Bezug von apothekenpflichtigen Arzneimitteln und/oder Medizinprodukten auszuschließen.

bb)

Nach diesen Maßstäben ist der Verfügungskläger ohne weiteres berechtigt, dem Verfügungsbeklagten das Betreten der Apothekenräume zu anderen Zwecken als dem Bezug apothekenpflichtiger Arzneimittel/Medizinprodukte zu untersagen. Denn soweit das Hausverbot nicht zu einer Einschränkung der Möglichkeiten des Verfügungsbeklagten zum Bezug von dem Apothekenvorbehalt unterliegenden Arzneimitteln führt, steht es nach den dargelegten Grundsätzen im Belieben des Verfügungsklägers, von seinem Hausrecht Gebrauch zu machen.

Ein umfassendes Hausverbot, das auch die Nutzung der Apotheken zum Bezug apothekenpflichtiger Arzneimittel/Medizinprodukte erfasst, ist im Streitfall hingegen nicht gerechtfertigt. Den diesbezüglichen Erwägungen des Landgerichts, wonach die Nachrichten des Verfügungsbeklagten aufgrund ihrer Art und Häufigkeit in der Gesamtschau geeignet seien, eine Unsicherheit bei den Mitarbeitern der Apotheke herbeizuführen, zumal sich der Verfügungsbeklagte nie zu erkennen gegeben habe und daher eine reelle Gefahr für Leib und Leben der Mitarbeiter nicht eingeschätzt werden könne, vermag der Senat nicht beizutreten. Der Verfügungsbeklagte lässt sich in seinen Schreiben zwar verschiedentlich über die Möglichkeit aus, dass Personen in der Apotheke des Verfügungsklägers gefährdet seien sowie verletzt werden und zu Tode kommen könnten. Die betreffenden Äußerungen stehen jedoch im Kontext mit den vermeintlichen Unzulänglichkeiten des Brand- und Arbeitsschutzes. Dass der Verfügungsbeklagte dem Verfügungskläger – wie es in der Antragsschrift heißt – „mit Gefahr für Leib oder Leben droht“, kann jedenfalls den zur Akte gereichten Nachrichten nicht entnommen werden. Auch im Übrigen bietet der bei Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz erreichte Sach- und Streitstand keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass der Verfügungsbeklagte gegen den Verfügungskläger, dessen Mitarbeiter oder Kunden der Apotheke gewalttätig werden könnte.

Sonstige Umstände, die es dem Verfügungskläger unzumutbar machten, zugunsten des Verfügungsbeklagten im Sinne von § 17 Abs. 4 ApoBetrO Verschreibungen auszuführen, sind ebenfalls nicht ersichtlich.

cc)

Der Verfügungskläger hat sein Hausrecht vorliegend wirksam ausgeübt. Das im Anwaltsschriftsatz vom 10.02.2022 (Anlage ASt 9, Anlagenheft Kläger, Blatt 55 f.) ausgesprochene und im vorliegenden Rechtsstreit verfolgte uneingeschränkte Hausverbot ist nach dem Vorstehenden in dieser Weite zwar sachlich nicht gerechtfertigt und deshalb insoweit unwirksam. Es umfasst aber das Betreten zu anderen Zwecken als dem Bezug apothekenpflichtige Arzneimittel.

Auch kann sich der Verfügungsbeklagte nicht mit Erfolg darauf berufen, das Hausverbot mangels Vorlage einer Vollmachtsurkunde mit Schreiben vom 10.02.2022 (Anlage ASt 10, Anlagenheft Kläger, Blatt 61) zurückgewiesen zu haben. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Ausspruch eines Hausverbotes als rechtsgeschäftsähnliche Handlung der analogen Anwendung des § 174 BGB unterliegt. Denn mit der Geltendmachung des (auch) auf das ausgesprochene Hausverbot gestützten Unterlassungsanspruchs in Ziffer 3 des Verfügungsantrags hat der Verfügungskläger hinreichend deutlich gemacht, es weiterhin nicht zu wünschen, dass der Verfügungsbeklagte seine Geschäftsräume betritt.

dd)

Die für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungs- bzw. Erstbegehungsgefahr besteht.

Zwar lässt das Telefax-Schreiben vom 19.02.2022 nicht zwingend darauf schließen, dass der Verfügungsbeklagte die Apotheke noch nach dem Anwaltsschreiben vom 10.02.2022 betreten hat. Die hierin getätigte Aussage (Anlage ASt 15, Anlagenheft Kläger, Blatt 72): „Und wirklich, gestern kurz vor zehn, gab es die Mängel die ich beschrieb in der D. Apotheke in O. immer noch“, bezog sich bei gebotener Auslegung auf die Aufschlagsrichtung der Türen und möglicherweise auch auf das mit dem Schreiben vom 16.02.2022 monierte Fehlen einer von außen sichtbaren Namhaftmachung des Inhabers. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass diese Umstände jeweils auch von öffentlichen Verkehrsflächen aus wahrnehmbar sind. Aus den vorstehend dargelegten Erwägungen hält es der Senat aber für überwiegend wahrscheinlich, dass der Verfügungsbeklagte im Falle der Beschränkung der Unterlassungsanordnung auf Kontaktaufnahmen per Telefax und andere Fernkommunikationsmittel zur Verfolgung seines Ziels, den Verfügungskläger zu den fraglichen baulichen Änderungen zu veranlassen, auch den Versuch unternehmen würde, sein Anliegen in den Geschäftsräumen des Verfügungsklägers – sei es dem Verfügungskläger selbst, seinen Mitarbeitern oder Dritten gegenüber – geltend zu machen.

d)

Soweit dem Verfügungskläger die hier verfolgten Verfügungsansprüche zustehen, ist auch ein Verfügungsgrund im Sinne von § 935 ZPO gegeben. Dieser begründet sich zwar nicht, wie wohl das Landgericht gemeint hat, aus dem Vorliegen der für den Unterlassungsanspruch erforderlichen Wiederholungsgefahr (vgl. OLG Rostock, Beschluss vom 26.04.2021 – 2 W 12/21, BeckRS 2021, 9611). Dringlichkeit besteht aber deshalb, weil das bisherige Verhalten des Verfügungsbeklagten besorgen lässt, dass er die bestehenden Unterlassungsansprüche des Verfügungsklägers ohne Inanspruchnahme des einstweiligen Rechtsschutzes missachten würde, sodass der Verfügungskläger für die Zeit bis zu einem Hauptsacheverfahren den rechtswidrigen Zustand hinzunehmen gezwungen und insofern allenfalls auf Sekundäransprüche verwiesen wäre.

e)

Erfolg hat die Berufung schließlich hinsichtlich des mit dem Verfügungsantrag zu 4) verfolgten negatorischen Anspruchs, gegenüber Dritten (mit Ausnahme von Behörden) zu behaupten, der Verfügungskläger würde in der von ihm betriebenen Apotheke in O. nicht die gesetzlichen Vorschriften über Fluchtmöglichkeiten im Brandfall einhalten.

Dem Unterlassungsanspruch steht das Fehlen der Wiederholungs- bzw. Erstbegehungsgefahr entgegen. Die fragliche Behauptung hat der Verfügungsbeklagte, soweit ersichtlich, bislang nicht aufgestellt. Auch fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten für die Annahme, dass er eine solche Behauptung zukünftig aufstellen werde. Der Verfügungsbeklagte hat vielmehr – etwa in den Schreiben an LAVG vom 13.02.2020 (Anlage ASt 6, Anlagenheft Kläger, Blatt 24) und vom 30.01.2022 (Anlage AST 8, Anlagenheft Kläger, Blatt 39) – geäußert, dass es in den fraglichen Apothekenräumen zwei ausgewiesene Notausgänge gebe, die beide nicht in Fluchtrichtung öffneten und gemeint, dass hierin eine abhilfebedürftige Gefahr liege (Schreiben vom 30.01.2022, Anlage AST 8, Anlagenheft Kläger, Blatt 39) bzw. Lebensgefahr für Personal, Kunden und den Verfügungskläger selbst bestehe (bspw. Schreiben vom 16.02.2022, Anlage ASt 12, Anlagenheft Kläger, Blatt 67). Diese Aussagen genießen nach den vorstehend dargelegten Erwägungen dem Grunde nach den Schutz der verfassungsrechtlich verbürgten Meinungsfreiheit, sodass der Verfügungskläger deren Unterlassung nur bei Vorliegen weiterer Umstände beanspruchen kann. Solche Umstände sind weder für die Vergangenheit festzustellen noch in absehbarer Zukunft konkret zu erwarten.

2.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO. Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nicht angezeigt, § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 48 Abs. 2 GKG.