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Entscheidung 1 Ca 116/14


Metadaten

Gericht ArbG Potsdam 1. Kammer Entscheidungsdatum 14.08.2014
Aktenzeichen 1 Ca 116/14 ECLI ECLI:DE:ARBGPOT:2014:0814.1CA116.14.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 8304,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Prozessparteien streiten noch um die Frage, mit welchen Arbeitsaufgaben der Kläger durch die Beklagte zu beschäftigen ist.

Die Prozessparteien schlossen am 04.08.2006 einen Arbeitsvertrag, darin wurde u.a. folgendes geregelt:

„§ 1

Herr A. wird ab 01.08.2006 als Beschäftigter auf unbestimmte Zeit mit einer durchschnittlichen wöchentlichen regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Stunden eingestellt

§ 2

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung sowie nach der für Arbeitnehmer des Arbeitgebers im Gebiet nach Artikel 3 des Einigungsvertrages jeweils geltenden sonstigen Regelungen. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung

§ 3

Herr A. erhält die Entgeltgruppe 4 Stufe 2. …“

Wegen des weiteren Inhalts dieses Arbeitsvertrages wird auf die Anlage K 1 zur Klage vom 17.01.2014 Bezug genommen.

Der Kläger erhält Vergütung gemäß Entgeltgruppe 4.

Zwischen den Parteien ist strittig, in welchem Umfang der Kläger Aufgaben des Bauhofleiters ausgeübt hat.

Der Kläger trägt diesbezüglich vor, dass er in der Zeit von August 2006 bis Anfang September 2013 als stellvertretender Bauhofleiter und Bauhofmitarbeiter gearbeitet habe. In seiner Funktion als stellvertretender Bauhofleiter seien ihm 22 Arbeitnehmer unterstellt gewesen.

Die Beklagte trägt diesbezüglich vor, dass der Kläger als stellvertretender Bauhofleiter lediglich bei Abwesenheit des Bauhofleiters tätig gewesen sei. Es handele sich um eine reine Abwesenheitsvertretung. Der frühere Bauhofleiter Herr M. und der seit dem 01.07.2012 tätige Bauhofleiter Herr Dirk L. seien aber nicht häufig abwesend gewesen. Der Kläger sei als ganz normaler Bauhofmitarbeiter beschäftigt und so auch eingestellt worden.

Ab Anfang August 2013 bis Anfang Oktober 2013 wurde der Kläger von der Beklagten in einer Schule in F. als Hausmeister eingesetzt. Danach wurde er von der Beklagten auf dem Bauhof F. beschäftigt.

Der Kläger vertritt die Auffassung, dass er mit der Beklagten eine Tätigkeit als stellvertretender Bauhofleiter vereinbart hat. Die ab August 2013 zugewiesenen Tätigkeiten entsprächen nicht der zwischen den Parteien vereinbarten Arbeitsaufgabe.

Der Kläger stellt folgende Anträge:

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger als stellvertretender Bauhofleiter in Beelitz zu beschäftigen,

hilfsweise,

die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger eine Tätigkeit zuzuweisen, die der Entgeltgruppe 5 TVöD entspricht,

hilfsweise, für den Fall, dass den vorgenannten Anträgen nicht stattgegeben wird:

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger eine Tätigkeit zuzuweisen, die der Entgeltgruppe 4 des TVöD entspricht.

Die Beklagte beantragt Klageabweisung.

Sie trägt vor, dass der Kläger als Beschäftigter in der Entgeltgruppe 4 eingestellt wurde und er diese Tätigkeit nach wie vor ausübe.

Wegen des weiteren Inhalts des Vorbringens der Prozessparteien wird auf die Klage vom 17.01.2014, die Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 24.03.2014, 14.05.2014, 26.06.2014 und 11.08.2014, die Schriftsätze des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 24.04.2014, 21.05.2014 und 05.08.2014 sowie die Protokolle vom 22.05.2014 und 14.08.2014 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Der vom Kläger gestellte Hauptantrag und die von ihm gestellten Hilfsanträge sind zulässig aber nicht begründet.

Die Prozessparteien haben im zwischen ihnen geschlossenen schriftlichen Arbeitsvertrag keine konkrete Angabe zur Frage der vom Kläger auszuführenden Arbeitsaufgaben gemacht.

Da die Vereinbarung einer Arbeitsaufgabe wesentlicher Bestandteile eines Arbeitsvertrages ist, besteht hinsichtlich dieser Frage im vorliegenden Fall eine Auslegungsnotwendigkeit.

Der zwischen den Prozessparteien geschlossene Arbeitsvertrag ist diesbezüglich auch auslegungsfähig.

Die in diesem Vertrag genannte Entgeltgruppe ist zwar für die Frage welche Vergütung der Kläger für die von ihm tatsächlich geleistete Arbeit beanspruchen kann nicht bindend, sie gibt jedoch einen Hinweis darauf, welcher Art die Arbeit ist, die der Kläger nach diesem Arbeitsvertrag für die Beklagte verrichten sollte.

Gemäß der Anlage 1 („Zuordnung der Vergütungs- und Lohngruppen zu den Entgeltgruppen für am 30. September/1. Oktober 2005 vorhandene Beschäftigte für die Überleitung (VKA)“) zum „Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) vom 13. September 2005“ entspricht die Entgeltgruppe ausschließlich Lohngruppen und zwar den Lohngruppen 3, 4 und 4a. Die Regelungen zu diesen Lohngruppen finden sich im „Tarifvertrag zu § 20 Abs. 1 BMT-GO (Lohngruppenverzeichnis) vom 14.05.1991 in der Fassung des Änderungstarifvertrages Nr. 8 vom 30.06.2000“. Aus der Anlage 1 zum vorgenannten Tarifvertrag ergibt sich, dass Arbeiter in den Lohngruppen 3, 4 und 4a eine abgeschlossene berufliche Ausbildung haben müssen und praktische Tätigkeiten auszuführen haben. Leitungsfunktionen sind bezüglich dieser Lohngruppen nicht geregelt.

Zwischen den Parteien war unstrittig, dass der Kläger auch „normale“ Bauhoftätigkeiten ausgeübt hat. Offenbar können diese Arbeiten den vorgenannten Lohngruppen zugeordnet werden.

Es ist deshalb davon auszugehen, dass die vom Kläger bei der Beklagten bis Anfang August 2013 ausgeübten Tätigkeiten den in den Lohngruppen 3, 4 und 4a geschilderten Arbeitsaufgaben zumindest nicht diametral entgegenliefen.

Eine Gesamtschau der vorgenannten Umstände ergibt, dass davon auszugehen ist, dass die Prozessparteien beim Abschluss des Arbeitsvertrages eine Tätigkeit des Klägers gemäß der Lohngruppen 3, 4 oder 4a des BMT-GO vereinbart haben. Sie haben beim Abschluss des Arbeitsvertrages nicht vereinbart, dass der Kläger Leitungsfunktionen ausüben soll.

Eine solche Vereinbarung kann im öffentlichen Dienst nicht einfach durch längjährige Übung konkretisiert oder geändert werden. Dies gilt auch dann, wenn diese Übung mit Beginn des Arbeitsverhältnisses einsetzte und über einen langen Zeitraum fortbestand.

Im öffentlichen Dienst kann die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nur dann zu einer „konkludenten Beförderung“ führen, wenn analog § 315 BGB das billige Ermessen in Bezug auf die Übertragung „an sich“ oder in Bezug auf die „Nicht – Dauerhaftigkeit“ nicht gewährt worden ist (vgl. Reichold, Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht 3. Auflage 2009, § 36 Arbeitspflicht und Arbeitszeit, Rz. 16 sowie BAG, Urteil vom 17.04.2002 – 4 AZR 174/01).

Der Kläger hat nichts vorgetragen, aus dem sich eine willkürliche Übertragung oder eine auf Willkür beruhende Entziehung höherwertiger Tätigkeit seitens der Beklagten ergibt.

Es ist deshalb davon auszugehen, dass die mit dem Abschluss des Arbeitsvertrages getroffenen Vereinbarung einer Tätigkeit gemäß Entgeltgruppe 4 im Verlauf des Arbeitsverhältnisses der Prozessparteien nicht wirksam geändert wurde. Die Entscheidung der Beklagten, den Kläger ab August 2013 als Hausmeister bzw. Arbeiter auf dem Bauhof einzusetzen, widersprach deshalb nicht den zwischen den Prozessparteien geltenden arbeitsvertraglichen Vereinbarungen.

Der Kläger hat deshalb weder einen Anspruch auf dauerhafte Beschäftigung als stellvertretender Bauhofleiter noch auf eine dauerhafte Zuweisung einer Tätigkeit die der Entgeltgruppe 5 entspricht.

Die diesbezüglichen Anträge des Klägers sind deshalb unbegründet.

Der Kläger wurde gemäß Entgeltgruppe 4 vergütet. Aus seinem Vorbringen ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass er ab August 2013 regelmäßig Tätigkeiten auszuüben hatte, die unter den Anforderungen der Lohngruppen 3, 4 und 4a des BMT-GO liegen. Eine solche Situation wäre Voraussetzung für die Begründetheit des zweiten Hilfsantrages. Auch dieser Hilfsantrag war deshalb als unbegründet abzuweisen.

Der Kläger geht offenbar davon aus, dass die Vereinbarung der von ihm für die Beklagte auszuführenden Arbeitsaufgaben nicht durch den Arbeitsvertrag, sondern dadurch erfolgte, dass der Kläger im Einvernehmen mit der Beklagten ab Beginn seines Arbeitsverhältnisses bestimmte Arbeitsaufgaben ausführte. Auch wenn man dieser Argumentation folgt, führt dies im vorliegenden Fall zu keinem als dem vorgenannten Ergebnis.

Der Kläger hätte in diesem Fall die Arbeitaufgaben, die ihm von der Beklagten weiter übertragen worden sein sollen, von ihrem zeitlichen und inhaltlichen Umfang so genau charakterisieren müssen, wie es notwendig wäre, wenn er in einem Eingruppierungsstreit die Vergütung gemäß einer bestimmten Entgeltgruppe für von ihm ausgeführte Arbeiten erfolgreich gerichtlich geltend machen will.

Er hatte darüber hinaus darlegen müssen, dass diese Arbeitsaufgaben die Stelle eines stellvertretenden Bauhofleiters bei der Beklagten zutreffend charakterisieren.

Der Kläger hat sich in seinem Vortrag auf Prozentangaben für einzelne von ihm behauptete Arbeitsaufgaben beschränkt. Auf welchen Tatsachen (tatsächliche Erledigung von Arbeitsaufgaben in konkreten Zeiträumen an konkreten Tagen) diese Angaben beruhen, ist aus dem Vortrag des Klägers nicht ersichtlich.

Das diesbezügliche Vorbringen des Klägers genügt deshalb den vorgenannten Anforderungen nicht. Der Umstand, dass der Kläger diesbezüglichen Vortrag gegenwärtig nur mit größten Schwierigkeiten, wenn überhaupt, erbringen kann, führt zu keiner Umkehr der Beweislast. Die Beklagte könnte allenfalls verpflichtet sein, bei ihr bereits vorhandene Informationen zu dieser Frage offenzulegen. Aus dem Vorbringen des Klägers ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass eine solche Situation gegeben ist.

Auch wenn man annimmt, dass erst während des Arbeitsverhältnisses der Prozessparteien eine wirksame Vereinbarung über die vom Kläger auszuübenden Arbeitsaufgaben zustande gekommen ist, wäre festzustellen, dass der Kläger keinen hinreichenden Vortrag dafür geleistet hat, dass er überwiegend Arbeiten auszuführen hatte, die der Tätigkeit eines stellvertretenden Bauhofleiters entsprechen.

Sowohl der Hauptantrag wie auch der erste Hilfsantrag des Klägers müssten in diesem Fall als unbegründet abgewiesen werden.

Der zweite Hilfsantrag des Klägers müsste in diesem Fall, ebenfalls, und zwar aus den gleichen Gründen wie oben dargestellt, abgewiesen werden.

Aus den genannten Gründen war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Streitwert war für den Hauptantrag in Höhe eines Bruttomonatseinkommens der Entgeltgruppe 5 Stufe 2 (2.262,00 Euro), für den zweiten Hilfsantrag in Höhe eines Bruttomonatseinkommens gemäß Entgeltgruppe 4 Stufe 2 (2.154,00 Euro) und für den ersten Hilfsantrag in entsprechender Anwendung von § 42 Abs. 3 Satz 2 GKG in Höhe des dreijährigen Unterschiedbetrags zwischen den Entgeltgruppen 4 und 5 (108,00 Euro pro Monat) festzusetzen.