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Entscheidung 13 WF 38/23


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 4. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 05.04.2023
Aktenzeichen 13 WF 38/23 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2023:0405.13WF38.23.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts Strausberg vom 19.12.2022 - 32 FH 74/22 - wird verworfen, soweit sie sich auf die Leistungsunfähigkeit des Antragsgegners bezieht. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

2. Der Antragsgegner hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.935 € € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsgegner wendet sich gegen einen im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger ergangenen Beschluss, der ihn zur Zahlung des Mindestunterhalts für seinen minderjährigen Sohn, den Antragsteller, verpflichtet.

Der Antragsteller hat im September 2022 beantragt, rückständigen und laufenden Unterhalt gegen den Antragsgegner festzusetzen (Bl. 2).

Durch die angefochtene Entscheidung vom 17.11.2022 (Bl. 15) hat das Amtsgericht den Unterhalt antragsgemäß festgesetzt.

Mit seiner Beschwerde vom 19.12.2022 (Bl. 24) wendet der Antragsgegner Leistungsunfähigkeit aufgrund von Arbeitslosigkeit ein und trägt vor, den Antragsteller seit 01.06.2021 im Rahmen der Umgänge insgesamt an 10 Tagen im Monat in seinem Haushalt zu betreuen, nachdem dieser vorher im Wechselmodell betreut worden sei.

Der Senat hat den Antragsteller mit Verfügung vom 15.03.2023 (Bl. 8 OLG-Akte) auf die teilweise Unzulässigkeit der Beschwerde hingewiesen. Er entscheidet, wie angekündigt (Bl. 8 OLG-Akte), ohne mündliche Verhandlung. Das Beschwerdeverfahren im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger ist - wie das erstinstanzliche Verfahren, § 253 Abs. 1 Satz 1 FamFG - allein als schriftliches Verfahren vorgesehen; § 117 FamFG gilt nicht (Senat, FamRZ 2015, 1512; Schmitz in Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 10. Aufl. 2019, § 10 Rn. 681. ; Macco in Münchener Kommentar zum FamFG, 3. Aufl. 2018, § 256 FamFG Rn. ).

II.

1. Die Beschwerde ist gemäß § 256 Satz 2 FamFG unzulässig, soweit der Antragsgegner einwendet, zur Zahlung des titulierten Unterhalts nicht leistungsfähig zu sein, weil er seit September 2022 arbeitslos sei und ALG-II beziehe. Insoweit stützt er sich auf eine Einwendung nach § 252 Abs. 2 bis 4 FamFG, hier den in Absatz 4 der Vorschrift geregelten Einwand fehlender Leistungsfähigkeit. Nach § 256 Satz 2 FamFG ist dieser Einwand im Beschwerderechtszug nur zulässig, wenn er bereits vor Erlass des Festsetzungsbeschlusses erhoben worden war. Da der Antragsgegner auf das ihm am 06.10.2022 zugestellte Schreiben des Amtsgerichts vom 26.09.2022, in dem er auf die Möglichkeit, Einwendungen gegen die Leistungsfähigkeit vor Erlass des Festsetzungsbeschlusses geltend zu machen, sowie die sich aus einem diesbezüglichen Unterlassen ergebenden Rechtsfolgen hingewiesen worden war, nicht reagiert hat, ist ihm die Geltendmachung der Leistungsunfähigkeit im Beschwerderechtszug nach § 256 Satz 2 FamFG verwehrt.

2. Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet, soweit der Antragsgegner einwendet, der Antragsteller befinde sich an 10 Tagen pro Monat im Rahmen der Umgänge in seiner Obhut.

Insoweit liegt eine nach § 256 Satz 1 FamFG zulässige Einwendung gegen die Unzulässigkeit des vereinfachten Verfahrens vor. Dieses ist nach §§ 249 Abs. 1 FamFG nur dann statthaft, wenn das unterhaltsberechtigte Kind mit dem in Anspruch genommenen Elternteil nicht in einem Haushalt lebt. Lebt ein Kind im Haushalt eines Elternteils, so erfüllt dieser seine Unterhaltspflicht in der Regel schon durch Pflege und Erziehung des Kindes und schuldet keinen Barunterhalt (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB). Wenn - wie etwa beim sogenannten paritätischen Wechselmodell - beide Eltern ihre Unterhaltspflicht teilweise durch Pflege und Erziehung des Kindes erfüllen, kann ein daneben geschuldeter Barunterhalt nicht im vereinfachten Verfahren gemäß §§ 249 ff. FamFG festgesetzt werden (OLG Brandenburg, 1. Senat für Familiensachen, FamRZ 2021, 615; OLG Nürnberg, FamRZ 2018, 697; BGH, FamRZ 2017, 816 für den Fall eines Obhutswechsels während des laufenden Verfahrens; Macco in Münchener Kommentar zum FamFG, 3. Aufl. 2018, § 249 FamFG Rn. 19; Borth/Grandel in Musielak/Borth, FamFG, 6. Aufl. 2018, § 249 FamFG Rn. 3).

Da eine Beschwerde gegen die Unterhaltsfestsetzung im vereinfachten Verfahren auf neue Tatsachen gestützt werden kann (§ 65 Abs. 3 FamFG), kann der Antragsgegner die mangelnde Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens im Beschwerdeverfahren erstmals rügen, obwohl er sie bereits im erstinstanzlichen Anhörungsverfahren nach § 252 Abs. 1 FamFG hätte erheben können (vgl. OLG Frankfurt, FamRZ 2021, 531; OLG Nürnberg, a. a. O.; OLG Karlsruhe, FamRZ 2013,1501; Macco, a. a. O. § 256 FamFG Rn. 6).

Der Antragsgegner trägt indes keine Umstände vor, die eine gleichrangige paritätische Betreuung des Antragstellers durch dessen Mutter und ihn selbst nahelegen. Der Aufenthalt während 10 Tagen des Monats im Haushalt des Vaters zum Zweck des Umgangs rechtfertigt diese Annahme nicht. Ein Kind lebt noch nicht im Haushalt des anderen Elternteils, wenn es sich im Einverständnis mit dem hauptsächlich betreuenden Elternteil zum Zweck des Umgangs regelmäßig beim anderen Elternteil aufhält. Ein bloßer Umgangsaufenthalt verlagert den Lebensmittelpunkt eines Kindes nicht. Nur wenn das Kind in etwa gleich langen Zeiträumen abwechselnd in den jeweiligen Haushalten der Eltern lebt, sind die Voraussetzungen des § 249 Satz 1 FamFG nicht erfüllt. Ein ausgeweiteter Umgang ist nicht gleichbedeutend mit einer paritätischen Betreuung des Kindes durch beide Eltern (OLG Frankfurt, FamRZ 2020, 838; Bömelburg in Prütting/Helms, FamFG, 5. Aufl. 2020, § 249 Rn. 13).

Soweit das Kind bis 30.05.2021 im Wechselmodell gelebt haben mag, betrifft dies einen Zeitraum, für den Unterhalt im Verfahren nicht verlangt und auch nicht festgesetzt wurde.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 243 FamFG. Die Wertfestsetzung folgt §§ 55 Abs. 2, 51 Abs. 1, 2 FamGKG.

Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§ 70 Abs. 2 FamFG), besteht nicht.