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Entscheidung 11 U 248/22


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 11. Zivilsenat Entscheidungsdatum 05.04.2023
Aktenzeichen 11 U 248/22 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2023:0405.11U248.22.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 24.08.2022 verkündete Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) - 15 O 171/22 - wird als unzulässig verworfen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 13.000,00 €  festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über Auskunfts-, Zahlungs- und Feststellungsansprüche des bei der Beklagten krankenversicherten Klägers im Rahmen des Vertrages zur Versicherungsnummer KV… . Wegen der Einzelheiten der tatsächlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen (LGU 2), § 540 Abs. 1 ZPO. Hinsichtlich der erstinstanzlichen Antragstellung beider Parteien wird auf die im angefochtenen Urteil enthaltenen Anträge Bezug genommen (LGU 2, 3).

Das Landgericht hat die Klage in allen Haupt- und Nebenanträgen abgewiesen. Zu Begründung hat es ausgeführt, dass die Stufenklage bereits nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats unzulässig sei. Auch die Klageanträge zu den Ziffern 2) bis 4) blieben unzulässig. Dem Feststellungsantrag zu 2) und den Anträgen zu 3) und 4) fehle es jeweils an der hinreichenden Bezeichnung eines Rechtsverhältnisses i.S.v. § 256 ZPO und in seiner negativen Komponente an der erforderlichen Bezifferung (LGU 5). Soweit der Klageantrag zu Ziffer 1) als selbständiges Auskunftsbegehren ausgelegt werden könne, sei dieser - was im Einzelnen ausgeführt wird - ebenfalls unbegründet. Mangels eines Hauptsacheanspruchs habe der Kläger auch keinen Anspruch auf Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

Gegen das ihm am 26.08.2022 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 15.09.2022 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese am 28.11.2022 (innerhalb bis zu diesem Zeitpunkt nachgelassener Frist) begründet. Er führt seine Berufung mit neuen Anträgen, die er als eine qualifizierte Klageänderung nach § 264 ZPO bewertet und beantragt wörtlich:

1) Es wird festgestellt, dass folgende Neufestsetzungen der Prämien in der zwischen der Klägerseite und der Beklagten bestehenden Kranken-/ Pflegeversicherung mit der Versicherungsnummer KV.. unwirksam waren:

a)  im Tarif B. die Erhöhung zum 01.04.2015 in Höhe von 34,90 €,

b)  im R. die Erhöhung zum 01.04.2015 in Höhe von 3,49 €,

c)  im Tarif B. die Erhöhung zum 01.04.2016 in Höhe von 129,90 €,

d)  im Tarif T. die Erhöhung zum 01.04.2016 in Höhe von 7,62 €,

e)  im R. die Erhöhung zum 01.04.2016 in Höhe von 12,99 €,

f)  im Tarif B. die Erhöhung zum 01.04.2017 in Höhe von 70,22 €,

g)  im Tarif T. die Erhöhung zum 01.04.2017 in Höhe von 5,65 €,

h)  im G. die Erhöhung zum 01.04.2017 in Höhe von 7,02 €

und die Klägerseite nicht zur Zahlung des jeweiligen Erhöhungsbetrages verpflichtet war.

2) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite 11.521,34 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

3) Es wird festgestellt, dass die Beklagte

a) der Klägerseite zur Herausgabe der Nutzungen verpflichtet ist, die sie aus dem Prämienanteil gezogen hat, den die Klägerseite auf die unter 1) aufgeführten Beitragserhöhungen gezahlt hat,

b) die nach 3a) herauszugebenden Nutzungen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu verzinsen hat.

4) Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerseite Auskunft über die jeweilige Höhe der auslösenden Faktoren für die Neukalkulation der Prämien in sämtlichen ehemaligen und derzeitigen Tarifen des Versicherungsvertrages mit der Versicherungsnummer KV… für die letzten zehn Jahre seit Rechtshängigkeit zu erteilen.

5) Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerseite hinsichtlich der außergerichtlichen anwaltlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.054,10 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält die klägerische Berufung bereits für unzulässig, weil letztlich keine Anfechtung der erstinstanzlichen Feststellungen erfolgt, sondern eine komplett neue Klage erhoben worden sei, die der Kläger bereits erstinstanzlich hätte geltend machen können. Sie widerspricht der Klageerweiterung/Änderung, zumal es sich auch nicht um einen Übergang von einer Auskunftsklage zu einem Zahlungsanspruch handele (BE 3). Jedenfalls hält die Beklagte die hier in Rede stehenden Beitragsanpassungen für wirksam (vgl. Schriftsatz v. 13.03.2023). Sie verteidigt insoweit das angefochtene Urteil und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.

II.

Die Berufung ist - wie mit den Parteien um Senatstermin am 05.04.2023 erörtert und bereits im Hinweis des Senats vom 02.03.2023 zum Ausdruck gebracht wurde - aus mehreren Gründen unzulässig. Der Senat vertritt damit im Ergebnis die Rechtsauffassung, die auch der von Beklagtenseite in der Berufungserwiderung zitierten Entscheidung des OLG Hamm (Beschl. v. 29.11.2022 – 20 U 218/22) in einem – soweit ersichtlich – vergleichbaren Parallelfall zugrunde liegt und der auch jüngst das OLG Nürnberg gefolgt ist (Beschl. v. 15.02.2023 - 8 U 2488/22, NJOZ 2023, 364 - rechtskräftig). Hierzu im Einzelnen:

A. Nach § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; nach § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 ZPO muss sie konkrete Anhaltspunkte bezeichnen, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen in dem angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt. Besondere formale Anforderungen bestehen zwar nicht; auch ist es für die Zulässigkeit der Berufung ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind. Die Berufungsbegründung muss aber auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein. Es reicht nicht aus, die Auffassung des Erstgerichts mit formularmäßigen Sätzen oder allgemeinen Redewendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen (st. Rspr., vgl. statt vielerBGH, Beschl. v. 07.10.2021 – III ZB 50/20, NJOZ 2022, 89 Rn. 11 m.w.N.).

Die Zulässigkeit eines Rechtsmittels setzt zudem eine nicht nur im Kostenpunkt bestehende Beschwer des Rechtsmittelklägers sowie das Bestreben voraus, diese Beschwer mit dem Rechtsmittel zu beseitigen. Im Streitfall fehlt es jedenfalls daran, dass der Kläger eine Beschwer durch das angefochtene Urteil gar nicht erst beseitigt wissen will. Denn das Bestreben, die Beschwer mit dem Rechtsmittel zu beseitigen, fehlt dann, wenn das vorinstanzliche Begehren vollständig aufgegeben und ausschließlich ein neuer Anspruch geltend gemacht wird (st. Rspr., vgl. statt vieler BGH, Beschl. v. 16.09.2008 – IX ZR 172/07, juris Rn. 8 ff.; so auch OLG Hamm, a.a.O.; OLG Nürnberg, a.a.O.). Die Erweiterung oder Änderung der Klage kann daher nicht alleiniges Ziel des Rechtsmittels sein, sondern nur auf der Grundlage eines zulässigen Rechtsmittels verwirklicht werden. Deshalb muss nach einer Klageabweisung das vorinstanzliche Begehren zumindest teilweise weiterverfolgt werden. Eine Berufung, welche die Richtigkeit der vorinstanzlichen Klageabweisung nicht in Frage stellt und ausschließlich einen neuen – bisher noch nicht geltend gemachten – Anspruch zum Gegenstand hat, ist unzulässig (vgl. BGH, Beschl. v. 29.09.2011 − IX ZB 106/11, NJW 2011, 3653Rn. 10 ff.; OLG Hamm, a.a.O.; OLG Nürnberg, a.a.O., Rn. 13).

B. So liegt es jedoch hier:

1. Der Kläger hat in seiner Berufungsbegründung den in erster Instanz gestellten Auskunftsantrag (vgl. Ziffer 1, LGU 2, 3) vollständig fallen gelassen (zu einer offensichtlich gleichgelagerten Antragstellung vgl. auch OLG Nürnberg, a.a.O.). Seine Berufung greift dies nicht an und setzt sich nicht mit der Richtigkeit dieser Entscheidung auseinander. Es wird lediglich behauptet, das Landgericht „Mainz“ (BB 5) habe die Klage zu Unrecht abgewiesen. Abgesehen davon, dass im Streitfall erstinstanzlich das Landgericht Frankfurt (Oder) entschieden hat, lässt sich der Berufungsbegründung nicht entnehmen, aus welchen Gründen die Entscheidung hinsichtlich der vom Landgericht Frankfurt (Oder) zurückgewiesenen Auskunftsansprüche falsch sein soll.

2. Aber auch die in erster Instanz daneben gestellten Feststellungs- und Zahlungsanträge zu 2) und 3) hat der Kläger dergestalt geändert, dass mit den nunmehr in der Berufungsbegründung gestellten Anträgen ein neuer Streitgegenstand verfolgt und eine Beseitigung der erstinstanzlichen Beschwer nicht erstrebt wird. Der Streitgegenstand hat sich in diesem Sinne schon deshalb geändert, weil in der Berufungsinstanz andere – nämlich nunmehr konkretisierte und bezifferte – Leistungs- und Feststellungsanträge gestellt werden. Etwas anderes ergibt sich hier entgegen der Ansicht der Klägerseite auch nicht aus § 254 ZPO.

a) Zwar bleibt ein Rechtsmittelkläger innerhalb der Beschwer, wenn er bei einer Stufenklage vom Auskunfts- zum Zahlungsanspruch übergeht (BGH, Beschl. v. 02.06.1969 – II ZB 5/68, NJW 1969, 1486). In diesem Sinne sind auch die im Schriftsatz vom 09.03.2023 angeführten Entscheidungen des OLG Frankfurt (Urt. v. 13.10.2022 - 3 U 160/22) und des OLG Celle (Beschl. v. 19.01.2023 - 8 U 305/22) zu verstehen. Um eine solche Konstellation, in welcher der Kläger bei einer zulässigen Stufenklage lediglich in eine andere Stufe wechselt, geht es hier aber nicht.

Maßgeblich ist insoweit, dass es sich bei den in erster Instanz gestellten Anträgen bereits nicht um eine zulässige Stufenklage im Sinne von § 254 ZPO gehandelt hat (vgl. zu einer vergleichbaren Antragstellung der klägerischen Prozessbevollmächtigten OLG Hamm, a.a.O.). Es geht der Klägerseite im Streitfall aber, wie auch in den Konstellationen, die das OLG Hamm und das OLG Nürnberg in den vorgenannten Bezugsentscheidungen bei offensichtlich gleichlautendem Vortrag und entsprechender Antragstellung der klägerischen Prozessbevollmächtigten, nicht um die Bezifferung eines sich aus einer Rechnungslegung ohne Weiteres ergebenden Anspruchs. Vielmehr zielen die Anträge im Streitfall auf eine Prüfung ab, ob überhaupt ein Anspruch besteht, denn dies hängt gerade davon ab, was sich nach einer etwaigen Auskunftserteilung hinsichtlich der Ordnungsgemäßheit etwaiger Begründungen ergibt. Eine Stufenklage ist aber - wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat (vgl. Beschl. v. 04.05.2022 - 11 U 239/21; BeckRS 2022, 13737 und v. 13.07.2022 - 11 U 30/22) - unzulässig, wenn die Auskunft nicht dem Zweck einer Bestimmbarkeit des Leistungsanspruchs dienen, sondern dem Kläger sonstige mit der Bestimmbarkeit als solcher nicht in Zusammenhang stehende Informationen über seine Rechtsverfolgung verschaffen soll (BGH, Urt. v. 02.03.2000 – III ZR 65/99, NJW 2000, 1645; ebenso OLG Köln, Urt. v. 26.07.2019 – 20 U 75/18, VersR 2020, 81; OLG Hamm, a.a.O.). Wie der Senat insoweit zudem entschieden hat, handelt es sich in einer solchen Konstellation, anders als der Kläger meint (vgl. BB 7), auch nicht um eine allgemeine Hilfsfunktion eines solchen Auskunftsantrags (vgl. Senatsbeschl. v. 04.05.2022 - 11 U 191/21). Betroffen ist daher auch eine Änderung des Klagegrundes (vgl. hierzu eingehend auch OLG Hamm, a.a.O.).

b) Soweit der Kläger in seiner Berufungsbegründung ausführen lässt, dass das Urteil nicht vollumfänglich zur Überprüfung durch das Berufungsgericht gestellt werde, nämlich soweit die angekündigten Anträge hinter den im erstinstanzlichen Verfahren gestellten Anträgen zurück blieben (BB 5, 6), ist dies für den Senat - wie mit den Parteien im Verhandlungstermin am 05.04.2023 erörtert - schon deshalb nicht nachvollziehbar, weil insoweit andere Anträge, die in erster Instanz nicht streitgegenständlich waren, vom Kläger formuliert wurden. Im Übrigen teilt der Kläger weder in seiner Berufungsbegründung noch mit dem weiteren Schriftsatz vom 09.03.2023 mit, was mit den weiteren ursprünglichen Anträgen prozessual passieren soll.

C. Ungeachtet dessen liegt auch eine zulässige Klageänderung nicht vor.

1. Die Frage der Zulässigkeit der in der Berufungsbegründung erklärten Klageänderung stellt sich nicht, wenn bereits keine zulässige Berufung gegeben ist (so überzeugend OLG Nürnberg, a.a.O., Rn. 17). Entscheidend ist nämlich, dass auch eine sachdienliche Klageänderung in der Berufungsinstanz eine zulässig eingelegte Berufung voraussetzt. Erst und nur dann kommt es auf die Zulässigkeit einer Klageänderung an (OLG Nürnberg, a.a.O.). Aus den vorangegangenen Ausführungen folgt, dass der in erster Instanz gestellte Zahlungsantrag nicht den sich aus § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ergebenden Anforderungen an die Bestimmtheit genügte, wonach ein Leistungsantrag grundsätzlich beziffert sein muss. Für den nicht näher konkretisierten Feststellungsantrag gilt das entsprechend (so auch OLG Hamm, a.a.O.).

2. Es handelt sich hierbei auch nicht - wie der Kläger unter Bezugnahme auf die Entscheidung des OLG Frankfurt v. 13.10.2022 meint - um eine „qualitative Modifikation“ des ursprünglichen Antrags. Stellt der Kläger seine Klage von einem in erster Instanz verfolgten, nicht bezifferten, unbestimmten und damit unzulässigen Zahlungsantrag in zweiter Instanz auf einen bezifferten Zahlungsantrag um, handelt es sich um einen neuen Streitgegenstand (OLG Hamm, a.a.O.). Denn ein solcher liegt grundsätzlich dann vor, wenn ein neuer Klageantrag gestellt wird, unabhängig davon, ob dabei der Klagegrund gleich bleibt oder ebenfalls geändert wird (BGH, Urt. v. 19.03.2004 – V ZR 104/03, BGHZ 158, 295). Ein Ausnahmefall nach § 264 Nr. 2 oder 3 ZPO liegt bei der erstmaligen Bezifferung eines zuvor unbestimmten Zahlungsantrages ersichtlich nicht vor (OLG Hamm, a.a.O.). Hier wurde nämlich – wie bereits dargetan – auch der Klagegrund geändert. Die vorstehenden Grundsätze gelten für den in erster Instanz zu unbestimmten Feststellungsantrag sinngemäß (vgl. auch OLG Hamm, a.a.O.).

D. Unzulässig wäre die Berufung zu den Anträgen zu 1) bis 3) auch für den Fall der Annahme einer nach § 533 ZPO zu behandelnden Klageänderung (vgl. insoweit OLG Nürnberg, a.a.O., Rn. 20 m.w.N.).

1. Soweit der Kläger nämlich nun konkrete Vertragsänderungen in einem speziellen Versicherungstarif zu benannten Zeitpunkten angreift und zur gerichtlichen Überprüfung anträgt, handelt es sich bei diesem Vortrag um neuen Sachvortrag in der Berufungsinstanz (vgl. auch OLG Nürnberg, a.a.O.). Dies macht es aber - wie mit den Parteien im Senatstermin am 05.04.2023 erörtert - erforderlich, in der Berufungsbegründung gem. § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 4 ZPO die Tatsachen vorzutragen, aufgrund derer das neue Vorbringen nach Ansicht des Berufungsführers zuzulassen ist (vgl. OLG Nürnberg, a.a.O., m.w.N.). An einem solchen Vorbringen in der Berufungsbegründung fehlt es hier jedoch.

2. Dass im Berufungsrechtszug nicht (mehr) bestrittene oder unstreitig gestellte Tatsachen nach der Rechtsprechung des BGH nicht als neue Angriffs- oder Verteidigungsmittel i.S.v. § 531 Abs. 2 ZPO behandelt werden und damit der Präklusion entzogen sind, macht es nicht entbehrlich, in der Berufungsbegründung gem. § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 4 ZPO die Tatsachen vorzutragen, aufgrund derer das neue Vorbringen nach Ansicht des Berufungsführers zuzulassen ist. Im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung ist davon auszugehen, dass es sich bei neuem tatsächlichen Vorbringen des Rechtsmittelführers, mit dem das erstinstanzliche Urteil zu Fall gebracht werden soll, um ein neues Angriffsmittel i.S.v. § 531 Abs. 2 ZPO handelt (OLG Nürnberg, a.a.O.; Zöller/Heßler, 34. Aufl., § 520 Rn. 37). Wird die Berufung ausschließlich hierauf gestützt, sind deshalb die in § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 4 ZPO genannten Angaben erforderlich (BGH, Beschl. v. 12.10.2021 – VI ZB 76/19, Rn. 6 juris; OLG Nürnberg, a.a.O.). Fehlen diese, kann die Berufung ohne Weiteres nach § 522 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen werden (OLG Nürnberg, a.a.O.).

E. Unzulässig ist auch der im Berufungsverfahren geltend gemachten Sachantrag zu den außergerichtlichen Anwaltskosten i.H.v. 1.054,10 €. Erstinstanzlich hatte der Kläger zuletzt - ausweislich der im Urteilstatbestand aufgeführten Anträge (LGU 3) - die Freistellung außergerichtlicher Kosten in Höhe von 1.212,61 € nebst Zinsen geltend gemacht. Zwar berechnet der Kläger auf S. 16 seiner Berufungsbegründung die nunmehr gestellten Berufungsanträge. Er erläutert indessen weder die Differenz noch erklärt er auch nur ansatzweise, was denn in prozessualer Hinsicht mit der Differenz aus den erstinstanzlich zuletzt gestellten Anträgen passieren soll. Auch dies ist mit den Parteien im Senatstermin am 05.04.2023 erörtert worden. Hilfsweise weist der Senat diesen Sachantrag und mithin die Berufung insoweit als unbegründet zurück. Es liegt weder ein hinreichender Sachvortrag zu einem Verzugsschadensanspruch noch zu einem Schadensersatzanspruch aus allgemeiner Pflichtverletzung vor.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97, 708 Ziff. 10, 711 ZPO. Die Revision war hinsichtlich der hilfsweisen Zurückweisung des Antrags zu Ziffer 5 nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind.