Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 6. Senat | Entscheidungsdatum | 30.03.2023 | |
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Aktenzeichen | OVG 6 B 12/22 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2023:0330.OVG6B12.22.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 66 AufenthG, § 67 AufenthG, § 57 Abs 2 AufenthG, § 18 Abs 3 AsylVfG 1992, EGV 343/2003 |
1. Im Rahmen einer Anfechtungsklage gegen einen auf der Grundlage von §§ 66, 67 AufenthG erlassenen Kostenbescheid findet eine Inzidentprüfung der Rechtmäßigkeit von nicht in Bestandskraft erwachsenen Zurückschiebungsverfügungen statt. Einen Kostenerhebung scheidet aus, wenn die ergangene Zurückschiebungsverfügung rechtswidrig war.
2. Die Überstellung eines Asylbewerbers an den zuständigen Mitgliedstaat darf nur dann im Wege einer Zurückschiebung nach nationalem Recht verfügt und vollzogen werden, wenn sämtliche Anforderungen der Dublin II-Verordnung an eine Überstellung erfüllt sind.
Die Berufung der Beklagten gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21. März 2022 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid, mit dem die Beklagte ihr die Kosten einer im Jahr 2012 gescheiterten Zurückschiebung nach Polen auferlegt hat.
Die Klägerin wurde am 25. Dezember 2011 von der Bundespolizei zusammen mit ihren vier Kindern in der Nähe von Frankfurt (Oder) in einem von Herrn M. gesteuerten Personenkraftwagen mit polnischen Kennzeichen aufgegriffen. Die Klägerin konnte hierbei lediglich einen russischen Inlandspass vorlegen. Auf der polizeilichen Dienststelle in Frankfurt (Oder) wurde festgestellt, dass die Klägerin und ihre Kinder am 18. Dezember 2011 in Polen einen Asylantrag gestellt hatten. Die Bundespolizeidirektion Berlin ordnete daraufhin mit Bescheid vom 25. Dezember 2011 auf der Grundlage von § 57 AufenthG die Zurückschiebung der Klägerin nach Polen an. Zur Begründung hieß es, die Klägerin sei gemäß § 14 Abs. 1 AufenthG unerlaubt in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und von der Grenzbehörde im grenznahen Raum in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der unerlaubten Einreise angetroffen worden. Am Nachmittag des 25. Dezember 2011 verbrachten zwei Beamte der Bundespolizeidirektion Berlin die Klägerin und ihre Kinder in eine Unterkunft der Zentralen Ausländerbehörde des Landes Brandenburg (ZABH) in Eisenhüttenstadt.
Am 27. Dezember 2011 übermittelte die Bundespolizei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) eine Aufgriffsmitteilung. Dem unter dem 30. Dezember 2011 vom Bundesamt auf der Grundlage von Art. 16 Abs. 1 Buchst. c der Dublin II-Verordnung gestellten Wiederaufnahmeersuchen stimmte Polen mit Schreiben vom 3. Januar 2012 zu. Mit Schreiben vom 5. Januar 2012 stellte die Klägerin, vertreten durch die sie auch im hiesigen Verfahren vertretende Rechtsanwältin, für sich und ihre minderjährigen Kinder einen Asylantrag, der per Fax am 5. Januar 2012 bei der Außenstelle Eisenhüttenstadt des Bundesamts einging.
Ebenfalls am 5. Januar 2012 legte die anwaltlich vertretene Klägerin Widerspruch gegen die Zurückschiebungsverfügung vom 25. Dezember 2011 ein. Sie stellte am 12. Januar 2012 beim Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) einen Antrag auf Gewährung von Eilrechtsschutz gegen die Zurückschiebung (VG 4 L 38/12) sowie einen asylrechtlichen Eilantrag gerichtet auf Bescheidung der in der Bundesrepublik Deutschland gestellten Asylanträge durch das Bundesamt (VG 1 L 11/12.A).
Eine am 12. Januar 2012 geplante Zurückschiebung nach Polen scheiterte, weil sich die Klägerin seit diesem Tag in stationärer Behandlung im Städtischen Krankenhaus Eisenhüttenstadt befand. Nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus am 7. Februar 2012 holte die Klägerin ihre drei minderjährigen Kinder, die vom Jugendamt des Landkreises Oder-Spree in Obhut genommen worden waren, aus einem Kinderheim ab und begab sich sodann in eine Kirchengemeinde in Frankfurt (Oder). Dort wurde der Familie Kirchenasyl gewährt.
Mit Bescheid vom 9. Februar 2012 verfügte die Bundespolizeidirektion Berlin die Zurückschiebung der Klägerin und ihrer minderjährigen Kinder nach Polen mit der Begründung, nach der Dublin II-Verordnung sei nicht Deutschland, sondern Polen für die Prüfung der gegenüber der deutschen Grenzbehörde gestellten Asylanträge zuständig. Als Rechtsgrundlage nannte der Bescheid § 18 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 AsylVfG und § 57 Abs. 2 AufenthG. Der Bescheid wurde der Klägerin am 10. Februar 2012 in den Räumlichkeiten der evangelischen Kirchengemeinde in Anwesenheit einer Dolmetscherin eröffnet. Gegen ihn ließ die Klägerin durch ihre Rechtsanwältin am 23. Februar 2023 Klage beim Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) erheben.
Den Termin für eine beabsichtigte Überstellung der Klägerin und ihrer Kinder am 14. Februar 2012 stornierte das Bundesamt, weil sich die Betroffenen in Kirchenasyl befänden und eine Petition beim Deutschen Bundestag eingelegt worden sei.
Mit Beschlüssen vom 14. Juni 2012 (VG 4 L 38/12) und 15. Juni 2012 (VG 1 L 11/12.A) lehnte das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) die Anträge der Klägerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes jeweils ab. Am 15. Juni 2012 wurde die Klägerin zur stationären Behandlung in die Psychiatrie der Klinik Frankfurt (Oder) eingewiesen. Daraufhin wurde auch der für den 18. Juni 2012 vorgesehene Überstellungstermin storniert. Am 3. Juli 2012 endete die Frist für eine Überstellung nach der Dublin II-Verordnung.
Das Amtsgericht Offenburg verurteilte Herrn M. mit am selben Tag rechtskräftig gewordenem Urteil vom 14. Mai 2012 wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Herr M. wurde am 14. Mai 2012 nach Polen zurückgeschoben. Nachdem sich die Bundespolizeidirektion Berlin am 23. Mai 2014 bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) über den Ausgang des strafrechtlichen Ermittlungsverfahren erkundigt hatte, übersandte das Amtsgericht Offenburg unter dem 10. Juni 2014 eine Abschrift des Urteils.
Mit Bescheid vom 25. August 2014 zog die Bundespolizeidirektion Berlin Herrn M., wohnhaft in Polen, zur Erstattung der durch die gescheiterte Zurückschiebung entstandenen Kosten heran. Auch nach einer Mahnung und einem Amtshilfeersuchen der Bundespolizei zur Grenzausschreibung konnten die Kosten von Herrn M. nicht beigetrieben werden.
Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Berlin vom 9. Oktober 2020 setzte die Beklagte auf der Grundlage von § 67 Abs. 1 und 3 AufenthG die anteilig für die Klägerin und die drei minderjährigen Kinder berechneten Kosten der gescheiterten Zurückschiebung auf 8.786,86 Euro fest und forderte die Klägerin zur Zahlung auf. Dem Bescheid war eine Kostenaufstellung beigefügt, die die jeweilige Kostenart („Fahrt- und Personalkosten“, „Dolmetscherkosten“, „Arztkosten“, „Unterbringungskosten der Zentralen Ausländerbehörde Eisenhüttenstadt“ und „Portokosten“) sowie den jeweils zugehörigen Betrag auswies. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klägerin habe – auch wenn die Zurückschiebung gescheitert sei – die bis zum Scheitern der Zurückschiebung durch Fristablauf am 3. Juni 2012 [richtig: 3. Juli 2012] entstandenen Kosten nach § 66 Abs. 1 AufenthG zu tragen.
Auf den Widerspruch der Klägerin ermäßigte die Bundespolizeidirektion Berlin die Forderung mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 2021 auf 8.334,41 Euro. Dabei reduzierte die Behörde die Fahrt- und Personalkosten um 220,10 Euro, brachte die vom Schleuser nach § 66 Abs. 5 AufenthG einbehaltene Sicherheitsleistung anteilig in Höhe von 56,41 % (282,05 Euro) in Abzug und setzte die Portokosten (5,30 Euro) für die Zustellung des Leistungsbescheides nicht mehr an. Im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Das Verwaltungsgericht Berlin hat den Leistungsbescheid vom 9. Oktober 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2021 mit aufgrund mündlicher Verhandlung vom 21. März 2022 ergangenem Urteil aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass eine Heranziehung der Klägerin bereits daran scheitere, dass die Beklagte ihrer Darlegungs- und Beweislast, die Kosten der Zurückschiebung gegenüber dem nach § 96 AufenthG verurteilten Schleuser M. hinreichend beigetrieben zu haben, nicht nachgekommen sei. Zwar sei es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte den Ausgang des gegen M. geführten Strafverfahrens abgewartet habe. Jedoch seien die anschließend gegenüber M. unternommenen Vollstreckungsbemühungen nicht ausreichend gewesen. Unabhängig hiervon scheitere eine Heranziehung der Klägerin auch daran, dass der Anspruch verwirkt sei. Aus dem Fehlen einer Vorschrift zur Festsetzungsverjährung könne nicht geschlossen werden, dass die Fälligstellung einer im Raum stehenden Forderung ohne Vorliegen sachlicher Gründe beliebig lange verzögert werden dürfe. Die Klägerin sei durch die Geltendmachung der Forderung erst mit Bescheid vom 9. Oktober 2020 länger als erforderlich darüber im Ungewissen gelassen worden, ob noch eine Erstattungsforderung auf sie zukomme. Zwischen den gescheiterten Zurückschiebungen und der Kostenfestsetzung durch die Beklagte mit Bescheid vom 9. Oktober 2020 hätten über acht Jahre gelegen. Es träten ferner besondere Umstände hinzu, die die verspätete Geltendmachung als treuwidrig erscheinen ließen. Bei dieser Wertung sei unter anderem zu berücksichtigen, dass im Zeitpunkt der Heranziehung der Klägerin die – bei einer Zurückschiebung im Jahr 2012 noch nicht anwendbare – Dublin III-Verordnung bereits seit mehreren Jahren in Kraft gewesen sei und nach deren Art. 30 eine Kostentragungspflicht ausscheide.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, die der Senat mit Beschluss vom 18. August 2022 zugelassen hat. Sie trägt vor, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts habe sie hinreichende Bemühungen unternommen, um den staatlichen Kostenerstattungsanspruch gegenüber dem vorrangig haftenden „Schleuser“ zu vollstrecken. Auch seien die Voraussetzungen der Verwirkung nach den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Maßstäben nicht erfüllt. Weder liege ein hinreichendes Zeitmoment für eine Verwirkung vor noch sei das sog. Umstandsmoment erfüllt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 21. März 2022 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Streitakte, der Verwaltungsvorgänge der Beklagten, der vom Senat beigezogenen Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) (Az.: VG 4 L 38/12 und VG 1 L 11/12.A) und des Verwaltungsvorgangs des Bundesamts (Az.: 5525982-160) verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Der Leistungsbescheid der Beklagten vom 9. Oktober 2020 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 19. Juli 2021 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des angefochtenen Leistungsbescheides ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (19. Juli 2021), mithin das Aufenthaltsgesetz in der Fassung des Gesetzes vom 15. August 2019 (BGBl. I S. 1307). Die im Rahmen der Prüfung des Leistungsbescheides zu beurteilende Rechtmäßigkeit der beabsichtigten Zurückschiebung und der damit im Zusammenhang stehenden Amtshandlungen bestimmt sich hingegen nach der in diesem Zeitraum (Dezember 2011 bis Juni 2012) geltenden Rechtslage, also nach dem Aufenthaltsgesetz und dem Asylverfahrensgesetz, jeweils in der Fassung des Gesetzes vom 22. November 2011 (BGBl. I S. 2258) (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Mai 2014 – 1 C 3/13 – juris Rn. 8).
Rechtsgrundlage für den Leistungsbescheid ist § 66 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 AufenthG. Nach diesen Vorschriften hat der Ausländer bzw. die Ausländerin die Kosten, die durch die Zurückschiebung entstehen, zu tragen, soweit diese von den anderen in § 66 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bis 4 genannten Kostenschuldnern nicht beigetrieben werden können. Bei den von der Beklagten geltend gemachten Fahrt- und Personalkosten, Dolmetscherkosten, Arztkosten und Unterbringungskosten handelt es sich der Art nach um Kosten, die im Sinne des § 66 Abs. 1 AufenthG „durch die Zurückschiebung“, insbesondere bei der Vorbereitung dieser Maßnahme und durch eine Begleitung der Klägerin zur Zentralen Ausländerbehörde in Eisenhüttenstadt entstanden sind (vgl. § 67 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 AufenthG). Sie dienten dem Ziel, die Zurückschiebung der Klägerin und ihrer drei minderjährigen Kinder nach Polen zu ermöglichen bzw. ihre Vereitelung zu verhindern (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Mai 2014 a.a.O. Rn. 18). Dass es vorliegend zu keiner Zurückschiebung gekommen ist, steht der Erhebung von Kosten nach § 66 Abs. 1 AufenthG nicht entgegen (vgl. BVerwG, a.a.O.; Funke-Kaiser in: GK-AufenthG, Stand: Oktober 2022, § 66 AufenthG Rn. 18). Nach § 67 Abs. 3 Satz 1 AufenthG werden die in den Absätzen 1 und 2 des § 67 AufenthG genannten Kosten von der nach § 71 AufenthG zuständigen Behörde durch Leistungsbescheid in Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten erhoben.
1. Der Umstand, dass es sich bei der gescheiterten Zurückschiebung um eine Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat in Anwendung der insoweit geltenden Vorschriften der Europäischen Union handelt, schließt eine Kostenerhebung gegenüber der Klägerin nicht von vornherein aus. Zwar sind nach Art. 30 der Verordnung Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO) die Kosten für die Überstellung eines Asylbewerbers in den zuständigen Mitgliedstaat von dem überstellenden Mitgliedstaat zu tragen (Abs. 1) und dürfen die Überstellungskosten nicht den nach dieser Verordnung zu überstellenden Personen auferlegt werden (Abs. 3), weshalb aufgrund des Vorrangs des Unionsrechts die Geltendmachung von Kosten nach §§ 66, 67 AufenthG für Rücküberstellungen im Geltungsbereich der Dublin III-Verordnung ausscheidet (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 26. August 2019 – 12 S 430/19 – juris Rn. 39 ff.). Die Dublin III-Verordnung ist vorliegend jedoch nicht anwendbar. Die am 19. Juli 2013 in Kraft getretene Dublin III-Verordnung findet nach ihrem Art. 49 nur Anwendung, wenn entweder der Antrag auf internationalen Schutz oder das Gesuch um Aufnahme oder Wiederaufnahme ab dem 1. Januar 2014 gestellt worden ist (vgl. Art. 49 Abs. 2 Dublin III-VO), was vorliegend nicht der Fall ist. Bis zum In-Kraft-Treten der Dublin III-Verordnung enthielten die Dublin-Vorschriften kein Verbot, die Kosten einer Dublin-Überstellung an den Asylantragsteller weiterzureichen (vgl. VGH Mannheim, a.a.O. Rn. 43; VG Berlin, Urteil vom 14. April 2015 – 29 K 46/14 – juris Rn. 17 f.; VG Potsdam, Urteil vom 21. Januar 2015 – 8 K 2368/13 – juris Rn. 30). Dass der Kostenbescheid erst nach dem In-Kraft-Treten der Dublin III-Verordnung ergangen ist, ändert hieran nichts.
2. Als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal der Kostenhaftung gilt, dass die Kosten auslösenden Amtshandlungen, die selbständig in Rechte des Ausländers bzw. der Ausländerin eingreifen, rechtmäßig gewesen sein müssen (vgl. BVerwG, Urteile vom 16. Oktober 2012 – 10 C 6/12 – juris Rn. 20 f.; Geyer in: Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 66 AufenthG Rn. 2). Eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der beabsichtigten Zurückschiebung im nachfolgenden Kostenerstattungsverfahren ist nur dann ausgeschlossen, wenn ein entsprechender Bescheid in Bestandskraft erwachsen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2014 – 1 C 11/14 – juris Rn. 12). Dies ist hier nicht der Fall. Die Klägerin hat gegen die Zurückschiebungsverfügung vom 25. Dezember 2011 fristgerecht Widerspruch eingelegt. Gegen die Zurückschiebungsverfügung vom 9. Februar 2012 hat sie am 23. Februar 2012 fristgerecht Klage vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) erhoben. Beide Verfügungen sind daher nicht in Bestandskraft erwachsen, sondern haben sich (erst) durch den Ablauf der Überstellungsfrist am 3. Juli 2012 erledigt. In einem solchen Fall findet eine Inzidentprüfung der Rechtmäßigkeit der beabsichtigten Zurückschiebung im Rahmen der Durchsetzung einer Kostenerstattungsforderung statt (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Mai 2014 – 1 C 3/13 – juris Rn. 19) und die Klägerin haftet für die Kosten der (gescheiterten) Zurückschiebung nur dann, wenn die Kosten auslösenden Amtshandlungen (hier: die Zurückschiebungsverfügungen) sie nicht in ihren Rechten verletzen (vgl. vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 2012 – 10 C 6/12 – juris Rn. 21 f.). Insoweit ist die gerichtliche Überprüfung nicht auf die Prüfung von rechtlichen Mängeln der Zurückschiebung beschränkt, die „offenkundig“ sind (vgl. OVG Saarlouis, Urteil vom 1. August 2013 – 2 A 402/11 – juris Rn. 39).
Ausgehend von diesem Prüfungsmaßstab scheidet eine Kostenhaftung der Klägerin bereits deshalb aus, weil die von der Beklagten erlassenen Zurückschiebungsverfügungen rechtswidrig waren. Die Voraussetzungen für eine Zurückschiebung der Klägerin nach Polen waren weder am 25. Dezember 2011 noch am 9. Februar 2012 erfüllt.
Da die Klägerin und ihre minderjährigen Kinder, bevor sie am 25. Dezember 2011 von der Bundespolizei im grenznahen Raum aufgegriffen wurden, einen Asylantrag in Polen gestellt hatten, unterfällt die von der Beklagten beabsichtigte Rücküberstellung nach Polen den Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (Dublin II-VO). Diese Verordnung beschränkt sich nicht nur auf die Bestimmung der Zuständigkeit für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat aktuell gestellten Asylantrags und die (Wieder-)Aufnahme durch den zuständigen Mitgliedstaat infolge früherer dortiger Asylantragstellung. Sie erstreckt sich auch auf die sog. Aufgriffsfälle, bei denen ein Antragsteller nach vorangehender Asylantragstellung in einem Mitgliedstaat später unerlaubt in einen anderen Mitgliedstaat einreist, ohne dort einen Asylantrag zu stellen (vgl. Art. 16 Abs. 1 Buchst. c Dublin II-VO). Ein solcher Aufgriffsfall lag hier am 25. Dezember 2011 vor.
Die Dublin II-Verordnung bestimmt, dass die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat, sobald dies nach den Vorgaben der Dublin II-Verordnung „materiell möglich ist“, nach den Vorschriften des nationalen Rechts erfolgt (vgl. Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Satz 2 Dublin II-VO). Das nationale Recht sieht vor, dass eine Überstellung an den zuständigen Mitgliedstaat im Wege einer Zurückschiebung auf der Grundlage von § 57 Abs. 2 Halbsatz 2 AufenthG oder § 18 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 AsylVfG zwangsweise durchgesetzt werden kann, sofern eine freiwillige Überstellung in den zuständigen Staat nicht erfolgen kann (vgl. Winkelmann in: Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, § 57 AufenthG Rn. 6 und § 18 AsylVfG Rn. 28). Wegen des Vorrangs des Unionsrechts darf eine Zurückschiebungsentscheidung allerdings erst dann verfügt und vollzogen werden, wenn sämtliche Anforderungen, die die Dublin II-Verordnung an eine Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat aufstellt, erfüllt sind (vgl. zur entsprechenden Rechtslage unter Geltung der Dublin III-Verordnung: Funke-Kaiser, GK-AufenthG, Stand: Oktober 2022, § 57 AufenthG Rn. 50 und § 18 AsylG, Rn. 68). Das Unionsrecht verlangt, dass vor dem Erlass einer Zurückschiebungsverfügung das (Wieder-)Aufnahmeverfahren nach der Dublin II-Verordnung durchgeführt worden ist und dabei außerdem die Informationspflichten und Rechtsschutzgewährleistungen der Dublin II-Verordnung eingehalten worden sind (vgl. Vogt/Nestler in: Huber/Mantel, Aufenthaltsgesetz/Asylgesetz, 3. Aufl. 2021, § 18 AsylG Rn. 16 und 22; VG München, Urteil vom 28. April 2021 – M 25 K 18.3432 – juris Rn. 29).
a) Im Zeitpunkt des Erlasses der Zurückschiebungsverfügung vom 25. Dezember 2011 waren die Voraussetzungen für die Durchführung einer (zwangsweisen) Rücküberstellung im Wege der Zurückschiebung bereits deshalb nicht erfüllt, weil das Wiederaufnahmeverfahren nach der Dublin II-Verordnung gegenüber Polen noch nicht durchgeführt worden war. Das Bundesamt stellte erst 30. Dezember 2011 das Wiederaufnahmeersuchen nach Art. 20 Dublin II-VO und die Zustimmung Polens erfolgte am 3. Januar 2012. Die Zurückschiebung nach § 57 Abs. 2 Halbsatz 2 AufenthG, wonach ein unerlaubt eingereister und von der Grenzbehörde im grenznahen Raum in unmittelbarem Zusammenhang mit dieser Einreise angetroffener Ausländer zurückgeschoben werden soll, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ein anderer Staat u.a. aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist, darf aber erst verfügt und vollzogen werden, wenn das Wiederaufnahmeverfahren nach der Dublin II-Verordnung zu einem positiven Abschluss gekommen ist. Dies war am 25. Dezember 2011 nicht der Fall.
b) Auch im Zeitpunkt des Erlasses der Zurückschiebungsverfügung vom 9. Februar 2012 waren nicht alle Voraussetzungen der Dublin II-Verordnung für eine (zwangsweise) Überstellung der Klägerin und ihrer minderjährigen Kinder nach Polen erfüllt. Zwar hatte Polen mittlerweile – mit Schreiben vom 3. Januar 2012 – seine Bereitschaft zur Wiederaufnahme erklärt. Polen war damit nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. c i.V.m. Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Satz 1 Dublin II-VO verpflichtet, die Klägerin und ihre minderjährigen Kinder in seinem Hoheitsgebiet wieder aufzunehmen. Eine Überstellung darf nach den Vorgaben der Dublin II-Verordnung aber erst dann erfolgen, wenn auch die in Art. 20 Abs. 1 Buchst. e Unterabsatz 1 Satz 1 Dublin II-VO vorgesehene Mitteilungspflicht, wonach der ersuchende Mitgliedstaat (hier: die Bundesrepublik Deutschland) dem Asylbewerber die Entscheidung des zuständigen Mitgliedstaats (hier: Polen) über seine Wiederaufnahme mitzuteilen hat, erfüllt wurde (vgl. VG München, Urteil vom 28. April 2021 – M 25 K 18.3432 – juris Rn. 29; OVG Münster, Beschluss vom 26. Februar 2013 – 18 B 572/12 – juris Rn. 44 ff; Geyer in: Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 66 AufenthG Rn. 2).
Den Verwaltungsvorgängen des Bundesamts lässt sich lediglich entnehmen, dass das Bundesamt unter dem 4. Januar 2012 ein Schreiben mit der Überschrift „Mitteilung gemäß Art. 20 Abs. 1 e der Dublin-Verordnung“ verfasst hatte, das sich an die Klägerin und ihre Kinder richtet, wobei im Adressfeld der Hinweis „Schreiben wird durch zuständige Behörde ausgehändigt“ angebracht ist. Das Schreiben enthielt u.a. die Mitteilung, dass Polen dem Wiederaufnahmeersuchen am 3. Januar 2012 zugestimmt habe und die Überstellung der Klägerin und ihrer Kinder nach Polen in Kürze veranlasst werde. Es kann hier dahinstehen, ob das Schreiben inhaltlich den Anforderungen genügt, die sich aus Art. 20 Abs. 1 Buchst. e Unterabsatz 1 Dublin II-VO ergeben. Denn die Beklagte konnte bereits den erforderlichen Nachweis, dass das Schreiben des Bundesamts vom 4. Januar 2012 der Klägerin zugegangen ist, nicht führen.
Die Beklagte räumt ein, dass sich in den Verwaltungsvorgängen der Bundespolizei kein förmlicher Zustellungsnachweis oder ein Aktenvermerk über die Aushändigung der Mitteilung des Bundesamts vom 4. Januar 2012 an die Klägerin befindet. Einer weiteren Aufklärung durch eine Vernehmung der Bediensteten der Bundespolizei O_____ als Zeugin bzw. der Klägerin als Beteiligter bedurfte es nicht. Der Senat hat daher die in der mündlichen Verhandlung vom Vertreter der Beklagten gestellten unbedingten Beweisanträge als unzulässige Ausforschungsbeweisanträge abgelehnt. Ein unzulässiger Ausforschungs- und Beweisermittlungsantrag liegt in Bezug auf Tatsachenbehauptungen vor, wenn für deren Wahrheitsgehalt nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, die mit anderen Worten ohne greifbare Anhaltspunkte willkürlich „aus der Luft gegriffen“, „ins Blaue hinein“, also „erkennbar ohne jede tatsächliche Grundlage“ erhoben worden sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Januar 2020 - 1 B 65/19 – juris Rn. 18). Welche Anforderungen an die Substanziierung gestellt werden dürfen, bestimmt sich unter anderem danach, ob die zu beweisende Tatsache in den eigenen Erkenntnisbereich des Beteiligten fällt (BVerwG, Beschluss vom 30. Mai 2014 - 10 B 34/14 - juris Rn. 9).
Zur Begründung des Beweisantrags hat der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgebracht, dass der zuständige Sachbearbeiter bei dem Bundesamt die Mitteilung nach Art. 20 Abs. 1 Buchst. e Dublin II-VO am 4. Januar 2012 gefertigt und am 5. Januar zwecks Aushändigung an die Klägerin direkt an die für die Aushändigung örtlich zuständige Stelle der Bundespolizei in Eisenhüttenstadt übersandt habe. Die als Zeugin benannte zuständige Beamtin der Bundespolizei habe den Empfang der vom Bundesamt übersandten Überstellungsunterlagen mit Empfangsbekenntnis vom am 5. Januar 2012 bestätigt. Aus dem Umstand, dass sich die Rechtsanwältin der Klägerin am 5. Januar 2012 erstmalig beim Bundesamt als Verfahrensbevollmächtigte der Klägerin angezeigt habe, könne geschlossen werden, dass der Klägerin zuvor die vom Bundesamt übersandten Dokumente ausgehändigt worden seien.
Damit zeigt die Beklagte, in deren eigenen Erkenntnisbereich die behauptete Tatsache fällt, nicht auf, dass wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass Frau Polizeiobermeisterin O_____ am 5. Januar 2012 der Klägerin das Schreiben des Bundesamt vom 4. Januar 2012 in Eisenhüttenstadt ausgehändigt hat. Weder den Verwaltungsvorgängen der Bundespolizei, deren ordnungsgemäße Führung unterstellt werden kann, noch demjenigen des Bundesamts lassen sich hierfür Anhaltspunkte entnehmen. Die Verwaltungsvorgänge der Bundespolizei enthalten nicht einmal einen Hinweis darauf, dass die als Zeugin benannte Bedienstete der Bundespolizei am 5. Januar 2012 das Wohnheim der ZABH in Eisenhüttenstadt aufgesucht hat, insbesondere enthält der unter dem 21. August 2012 gefertigte Abschlussbericht hierzu nichts. Auch finden sich im Verwaltungsvorgang „Kostenaufstellung“ keine Hinweise darauf, dass die Dolmetscherin, die von der Bundespolizei am 10. Februar 2012 und am 7. Juni 2012 im Zusammenhang mit der beabsichtigten Zurückschiebung der Klägerin hinzugezogen wurde, auch am 5. Januar 2012 zum Einsatz gekommen wäre, um das in deutscher Sprache verfasste Schreiben des Bundesamt vom 4. Januar 2012 zu übersetzen. Der Senat vermag auch in dem Umstand, dass sich die Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 5. Januar 2012 erstmalig für die Klägerin bestellt an das Bundesamt gewandt hat, kein Indiz dafür erkennen, dass ihr zuvor die Mitteilung nach Art. 20 Abs. 1 Buchst. e Unterabsatz 1 Satz 1 Dublin II-VO ausgehändigt worden sein müsse. Das an das Bundesamt gerichtete Fax-Schreiben der Rechtsanwältin vom 5. Januar 2012, dort eingegangen am 5. Januar 2012 um 13:14 Uhr, beinhaltet einen Asylantrag im Sinne von § 14 AsylVfG und reagiert auf die unter dem 25. Dezember 2011 verfügte Zurückschiebung, gegen die die Rechtsanwältin ebenfalls am 5. Januar 2012 gegenüber der Bundespolizeidirektion Berlin Widerspruch eingelegt hat.
c) Unabhängig hiervon spricht Vieles dafür, dass die auf § 18 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 AsylVfG gestützte Zurückschiebungsverfügung vom 9. Februar 2012 auch deshalb rechtswidrig war, weil die Voraussetzungen, die das nationale Recht an die Zurückschiebung stellt, nicht erfüllt waren. § 18 Abs. 3 AsylVfG lässt eine Zurückschiebung durch die Grenzbehörde auch dann zu, wenn der Ausländer ihr gegenüber erklärt, in Deutschland einen Asylantrag stellen zu wollen, sofern die Person im grenznahen Raum „in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit einer unerlaubten Einreise“ angetroffen wird und die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Eine Zurückschiebung auf dieser Grundlage dürfte nur in Betracht kommen, wenn der Aufenthalt im Grenzgebiet noch im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Grenzübertritt steht, was bei einem über 48 Stunden zurückliegenden Grenzübertritt nicht mehr der Fall sein dürfte (vgl. Winkelmann in: Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, § 18 AsylVfG Rn. 27). Am 9. Februar 2012 lag der illegale Grenzübertritt der Klägerin bereits über sechs Wochen zurück.
Außerdem dürfte eine Zurückschiebung durch die Grenzbehörde auf der Grundlage von § 18 Abs. 3 AsylVfG nicht mehr zulässig gewesen sein, nachdem die Klägerin - nach [gelungener] Einreise in die Bundesrepublik Deutschland - am 5. Januar 2012 für sich und ihre minderjährigen Kinder einen Asylantrag bei der Außenstelle Eisenhüttenstadt des Bundesamts gestellt hatte. Anders als die Beklagte meint, lag nicht lediglich ein „gegenüber der Grenzbehörde“ gestelltes Asylgesuch vor, durch das eine Aufenthaltsgestattung nach § 55 Abs. 1 AsylVfG noch nicht erworben wird (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Februar 2010 – V ZB 172/09 – juris Rn. 17 f., Rn. 20), sondern ein förmlicher Asylantrag gegenüber dem Bundesamt. Auch nach unerlaubter Einreise aus einem der Dublin II-Verordnung unterliegenden Staat dürfte durch den förmlichen Asylantrag eine Aufenthaltsgestattung nach § 55 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG entstanden sein, die nicht bereits mit der Bekanntgabe der Zurückschiebungsverfügung nach § 18 Abs. 3 AsylVfG, sondern erst mit der Entscheidung des Bundesamt über den Asylantrag unter den weiteren Voraussetzungen des § 67 Abs. 1 Nr. 5 oder Nr. 6 AsylVfG erlischt (vgl. Bergmann in: Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, § 67 AsylVfG Rn. 3 und § 55 AsylVfG Rn. 8 unter Hinweis auf BGH, Beschluss vom 1. März 2012 – V ZB 183/11 – juris Rn. 12 f.; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Januar 2023, § 55 AsylG Rn. 26). Diese Rechtsfragen bedürfen hier jedoch keiner abschließenden Klärung, weil es bereits – wie oben unter Buchstabe a) ausgeführt – an den unionsrechtlichen Voraussetzungen für eine zwangsweise Überstellung der Klägerin und ihrer minderjährigen Kinder nach Polen im Wege der Zurückschiebung fehlt.
3. Ebenfalls dahinstehen kann, ob die Auffassung des Verwaltungsgerichts zutrifft, dass eine Kostenhaftung der Klägerin (auch) daran scheitert, dass die Beklagte die Kosten gegenüber dem vorrangig haftenden Schleuser M. nicht hinreichend beigetrieben hat. Entsprechendes gilt für die Annahme des Verwaltungsgerichts, es sei Verwirkung eingetreten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.