Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 1. Senat | Entscheidungsdatum | 21.03.2023 | |
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Aktenzeichen | OVG 1 A 2/21 | ECLI | ECLI:DE:OVGBEBB:2023:0321.OVG1A2.21.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | Art 9 Abs 1 GG, § 3 VereinsG, Art 9 Abs 2 GG |
Zum Verbot eines salafistisch-jihadistischen Vereins
In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat auf die mündliche Verhandlung vom 21. März 2023 für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des aufgrund des Urteils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des jeweiligen Vollstreckungsbetrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Klägerin wendet sich gegen die vereinsrechtliche Verbotsverfügung des Beklagten vom 29. Januar 2021, deren Ausspruch folgenden Inhalt hat:
1. „Der Verein „Jama'atu Berlin" alias „Tauhid Berlin" richtet sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung und gegen den Gedanken der Völkerverständigung.
2. Der Verein „Jama'atu Berlin" alias „Tauhid Berlin" ist verboten. Er wird aufgelöst.
3. Dem Verein „Jama'atu Berlin" alias „Tauhid Berlin" ist jede Tätigkeit untersagt. Es ist verboten, Ersatzorganisationen zu bilden oder bestehende Organisationen als Ersatzorganisationen fortzuführen.
4. Es ist verboten, Kennzeichen des Vereins „Jama'atu Berlin" alias „Tauhid Berlin" für die Dauer der Vollziehbarkeit öffentlich, in einer Versammlung oder in einem Inhalt (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches), der verbreitet wird oder zur Verbreitung bestimmt ist, zu verwenden. Das Verbot betrifft insbesondere folgende Kennzeichen [es folgen drei Abbildungen].
5. Die Internetauftritte (Stand: 9. Dezember 2020)
https://www.youtube.com/channel/UCW8wGK3T3jYVNJ6SIPExclQ/featured
https://www.instagram.com/tauhidberlin/t.me/jamaa3atuberlint.me/Tauhid_Berlin
einschließlich deren Bereitstellung, Hosting und weitere Verwendung sind verboten. Sämtliche E-Mail-Adressen des Vereins „Jama'atu Berlin" alias „Tauhid Berlin", insbesondere „Tauhid_Berlin@outlook.de“, sind abzuschalten.
6. Das Vermögen des Vereins „Jama'atu Berlin" alias „Tauhid Berlin" wird beschlagnahmt und eingezogen.
7. Forderungen Dritter gegen den Verein „Jama'atu Berlin" alias „Tauhid Berlin" werden beschlagnahmt und eingezogen, soweit sie nach Art, Umfang oder Zweck eine vorsätzliche Förderung der verfassungswidrigen Bestrebungen des Vereins darstellen oder soweit sie begründet wurden, um Vermögenswerte des Vereins „Jama'atu Berlin" alias „Tauhid Berlin" dem behördlichen Zugriff zu entziehen oder den Wert des Vermögens des Vereins zu mindern. Hat der Gläubiger eine solche Forderung durch Abtretung erworben, wird sie eingezogen, soweit der Gläubiger die Eigenschaft der Forderung als Kollaborationsforderung oder als Umgehungsforderung im Zeitpunkt ihres Erwerbs kannte.
8. Sachen Dritter werden beschlagnahmt und eingezogen, soweit der Berechtigte durch Überlassung der Sachen an den Verein „Jama'atu Berlin" alias „Tauhid Berlin" dessen verfassungswidrige Bestrebungen vorsätzlich gefördert hat oder soweit die Sachen zur Förderung dieser Bestrebungen bestimmt sind.
9. Die sofortige Vollziehung der Verfügung wird angeordnet. Dies gilt nicht für die Einziehungsanordnungen.“
Der Beklagte begründete die Verbotsverfügung wie folgt:
Die ursprünglich unter der Bezeichnung „Jama'atu Berlin“ und im Verlauf des Jahres 2020 als „Tauhid Berlin“ agierende Vereinigung sei ein Verein im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (Vereinsgesetz – VereinsG). Zumindest die als Mitglieder namentlich benannten Personen hätten sich für längere Zeit zu einem gemeinsamen Zweck freiwillig zusammengeschlossen und einer gemeinsamen Willensbildung unterworfen. Hierzu zählten jedenfalls die in der Verfügung (S. 6 – 14) mit ihren Funktionen für den Verein näher beschriebenen 19 Personen. Der geistige Anführer der Gruppierung sei E... (alias Sheikh D...). Dieser habe Bezüge zur islamistischen Szene in Berlin, u.a. zum verbotenen Moscheeverein „Fussilet 33 e.V.". Dieser Verein befürworte Gewaltanwendung als Mittel zur Durchsetzung religiöser Belange und habe den sog. Islamischen Staat (im Folgenden: IS) unterstützt sowie Kämpfer für den bewaffneten Jihad in Syrien und im Irak rekrutiert.
Der Zusammenschluss der „Jama'atu Berlin“ alias „Tauhid Berlin“ werde u.a. durch das Auftreten der Vereinigung unter einheitlichen Kennzeichen in den verschiedenen Internetkanälen (u.a. „@tauhid.berlin“ und „@Jamaa3atu Berlin“) sowie durch gemeinsame Veranstaltungen und Aktionen belegt. Die „Jama'atu Berlin" sei Ende des Jahres 2018 auf dem Telegramkanal „@Jamaa3atuBerlin“ erstmals öffentlich in Erscheinung getreten. Parallel habe es den Instagram-Kanal „@Jamaa3atuBerlin" gegeben, der mittlerweile gelöscht sei. Auf beiden Kanälen habe die Gruppierung ein kreisförmiges Logo mit weißer Schrift auf schwarzem Grund verwendet, das neben der lateinischen Schreibweise „Jama'atu“ die Worte „Dschamaatu Berlin" in arabischer Schrift enthalten habe. Ferner habe die Gruppierung einen mittlerweile gelöschten YouTube-Kanal und einen zweiten Telegram-Kanal, zunächst unter dem Namen „Ahl al Sunnah wal Jamaah", genutzt. Dieser Kanal sei ca. im Juli 2020 in „Tauhid Berlin" umbenannt und mit dem neuen Logo „Tauhid Berlin" sowie dem Zusatz „Kernbotschaft des Propheten" versehen worden. Das Logo der „Tauhid Berlin" orientiere sich am Logo „Jama'atu Berlin". Es sei ebenfalls kreisförmig mit weißer Schrift auf schwarzem Hintergrund und beinhalte neben der lateinischen Schreibweise die Worte „Tauhid Berlin" in arabischer Schrift. Unter diesem Kennzeichen sei die Gruppierung auch auf dem Instagram-Account „@tauhidberlin" aktiv gewesen. Im Jahr 2020 habe die Gruppierung eine eigene Webseite „www.tauhid-berlin.com" entwickelt. Diese Webseite sei im Dezember 2020 vom Netz genommen worden.
Die organisierte Willensbildung der „Jama'atu Berlin“ alias „Tauhid Berlin“ habe u.a. über gemeinsame Treffen, etwa in der Wohnung des E... und dessen Frau, der Vorbeterin für die weiblichen Mitglieder P..., in Parkanlagen, bei einem Grillfest sowie in Gruppenchats („Unterhaltung Brüder“, „Quraan lesen“, „Info & Dars“, „Dars-Lerngruppe“) stattgefunden. Hierbei und über die genannten Messenger-Kanäle hätten sich die Mitglieder des Vereins ausgetauscht, abgestimmt und vernetzt. Sie hätten auch bei der regelmäßig samstags stattfindenden öffentlichen Verteilung von Flyern arbeitsteilig zusammengewirkt, wobei einheitliche schwarze T-Shirts mit der weißen Aufschrift „Was ist die Kernbotschaft aller Propheten?" getragen worden seien. Es gebe eine finanzielle Infrastruktur, auch wenn regelmäßige finanzielle Beiträge wohl nicht erhoben würden.
Der gemeinsam verfolgte Zweck bestehe in der Verbreitung eines salafistischen (jihadistischen) Islamverständnisses und dem Aufbau einer Gemeinschaft, einer Jama`ah“, in der dieses Verständnis vorbehaltlos geteilt und gelebt werde (Verf. S. 37 ff.). Mit dem Bekenntnis zum „Takfir" habe die „Jama'atu Berlin" alias „Tauhid Berlin" die Schwelle zum jihadistischen Salafismus überschritten (Verf. S. 18). Nach dem „Takfir" würden nicht rechtgläubige Muslime aus der Gemeinschaft der Gläubigen ausgestoßen. Dadurch würden sie im Sinne der salafistischen Ideologie derart wertlos, dass auch ihre Tötung erlaubt sei (Verf. S. 18). Ziel des Vereins sei die Abschaffung des gegenwärtigen gesellschaftlichen und politischen Systems in Deutschland und die Errichtung eines islamistischen Staats- und Gesellschaftssystems, das allein auf dem Koran und der Sunna basiere.
Die Vereinigung richte sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Verf. S. 36 ff.), indem sie den bewaffneten Jihad, insbesondere durch den IS, befürworte, einen Märtyrerkult verherrliche und den gewaltsamen Kampf des IS unterstütze. Sie habe wiederholt zur Tötung von Menschen und zur Vernichtung von Staaten aufgerufen, legitimiere Terroranschläge und verbreite Antisemitismus. Der Bezug zum IS sei insbesondere auf dem Telegram-Kanal „Jama'atu Berlin“ hergestellt worden. Auf dem YouTube-Kanal der „Tauhid Berlin“ habe Herr E... am 2. Juli 2020 ein Video veröffentlicht, das mit einem szenebekannten „Nashid“ der IS-Medienstelle unterlegt worden sei. Damit habe er sich als Anhänger des IS bekannt. Die auf dem Telegram-Kanal „Tauhid Berlin“ veröffentlichte Predigt des E... vom 20. März 2020 und eine weitere, zusätzlich auf dem YouTube-Kanal „Tauhid Berlin“ veröffentliche Predigt vom 24. Mai 2020 enthielten ebenfalls einen bekannten „Nashid“, der gewaltverherrlichend sei und ein Märtyrertum propagiere. Diese Äußerungen und Publikationen seien der Vereinigung zuzurechnen. Das gelte für die Kanäle „Jama'atu Berlin“ und „Tauhid Berlin“ ebenso wie für die Äußerungen in den Gruppenchats und die Inhalte der überwachten Gespräche.
Die Vereinigung richte sich auch gegen die verfassungsmäßige Ordnung (Verf. S. 62 ff.).
Für die Mitglieder des Vereins sei das Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip ein System des Unglaubens, das durch ein von Allah abgeleitetes Rechts- und Gesellschaftssystem ersetzt werden müsse. Anstelle von menschengemachten Gesetzen solle die Scharia gelten. Ein im Gruppenchat geposteter Flyer, der auch regelmäßig in gedruckter Form verteilt werde, sage im Kern aus, dass eine absolute Souveränität nur Gott zukomme und nicht den Parlamenten. Rechtgläubige Muslime müssten daher die Ordnung des Grundgesetzes ablehnen, um nicht zu Ungläubigen zu werden. In der Predigt des Herrn E... vom 20. März 2020 zeige sich eine Ablehnung der Demokratie und ihrer Institutionen sowie von Wahlen. In den Islamunterrichten seiner Frau I... für die Frauen der Gruppierung werde vermittelt, dass man aus dem Islam ausgestoßen werde, wenn man den Rechtsstaat anerkenne. In diesem Unterricht werde die Souveränität des Volkes und das säkulare Recht kategorisch abgelehnt. Stattdessen werde die Scharia als alleiniges politisches und gesellschaftliches Ordnungsprinzip gelehrt und deren konkrete Umsetzung in Deutschland propagiert. In einem im Gruppenchat geteilten Dokument sei die Demokratie als Götzendienst bezeichnet und gefordert worden, alles abzulehnen und zu verabscheuen, womit nicht Allah gedient werde. Dem hätten mehrere Mitglieder zugestimmt. Auch weitere, im Bescheid aufgeführte Äußerungen in den Chat-Gruppen spiegelten diese Ansichten wieder (Verf. S. 71 ff.). In einem auf YouTube veröffentlichten Video lehre Herr E..., dass weder Polizei noch Gerichte kompetent seien, da diese nicht auf der Grundlage der Scharia ermittelten, weshalb man sich nicht an staatliche Institutionen wenden solle. Im Unterricht für die Frauen werde ein aus der Scharia abgeleitetes grausames Strafsystem vermittelt und diejenigen mit Ausstoßung aus dem Islam bedroht, die gegen das Abhacken von Gliedmaßen als Strafe für Diebstahl seien. In den Gruppenchats seien staatliche Institutionen der Bundesrepublik Deutschland verächtlich gemacht, z.B. die (damalige) Bundeskanzlerin beleidigt und die Beleidigung von Polizisten befürwortet worden. Der Verein richte sich auch gegen die Religionsfreiheit. So habe der E... in seiner auf YouTube veröffentlichten Predigt vom 8. Juli 2020 geäußert, dass das Ungläubigsprechen gegenüber Ungläubigen eine Pflicht und Bestandteil des wahrhaften Glaubens sei. Die Vereinigung lehne die Gleichberechtigung von Mann und Frau ab. Dies zeige sich beispielsweise an der Ablehnung des Sorgerechts für Frauen.
Die Vereinigung wolle ihre Ziele in kämpferisch-aggressiver Weise verwirklichen und sei von einem Freund-Feind-Denken geprägt. Dafür sprächen die veröffentlichten Glaubensgrundsätze, das in der Chat-Gruppe geteilte Dokument „10 Angelegenheiten des Tauhid, die jeder Muslim lernen muss“ und weitere gepostete Nachrichten (Verf. S. 83 ff.) sowie die Aussage in der Predigt des Herrn E... vom 20. März 2020, der wahre Islam bestehe darin, den Jihad gegen seine Feinde zu führen.
Das Vereinsverbot sei unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und der durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG garantierten Religionsfreiheit unerlässlich. Die Vereinigung sei von einer verfassungsfeindlichen Grundtendenz beherrscht. Mildere Mittel, wie ein strafrechtliches Vorgehen gegen einzelne Mitglieder, schieden aus, da dies nur punktuell wirken könne und nicht gleich wirksam sei. Deshalb bedürfe es zur effektiven Durchsetzung des Verbots einer vollständigen Beseitigung der Organisationsstruktur des Vereins, einschließlich der Abschaltung der Internetpräsenzen.
Die Verbotsverfügung wurde den dort bezeichneten Vertretern der Klägerin am 25. Februar 2021 zugestellt.
Die Klägerin hat hiergegen am 25. März 2021 Klage erhoben und diese wie folgt begründet:
Die Vereinigung „Tauhid Berlin“ sei nicht identisch mit der Vereinigung „Jama'atu Berlin“. Die weit überwiegende materielle Begründung der Verfügung (S. 36 ff.) beziehe sich jedoch auf Äußerungen der „Jama'atu Berlin“, die ohne nähere Begründung der „Tauhid Berlin“ zugerechnet würden. Beispielsweise solle unter Verweis auf ein TKÜ-Protokoll („Jedes Mal sagen mir Leute: `Ich möchte nach Berlin, es gibt eine Jamaat in Berlin`. Wenn wir es schaffen sollten, eine Jamaat wirklich in Berlin zu gründen, alhamdulillah“) der Eindruck erweckt werden, die „Protagonisten“ der „Tauhid Berlin“ unterhielten sich über die „Jama'atu Berlin“. Die Übertragung aus dem Protokoll sei jedoch fehlerhaft. In dem Protokoll heiße es tatsächlich „Jama’ah“. Damit sei lediglich eine nicht näher spezifizierte Gemeinde gemeint. Der Beklagte versuche indes zu suggerieren, dass über die „Jama'atu Berlin“ gesprochen worden sei. Außerdem habe sich der Beklagte darauf gestützt, dass Herr K... im Gruppenchat darum gebeten habe, den YouTube-Kanal der „Jama'atu Berlin“ alias „Tauhid Berlin“ zu verbreiten und zu abonnieren. Dieser habe jedoch diesen Kanal nicht spezifiziert. Die „Jama’atu Berlin” sei eine Einzelperson, bestehend aus Frau I.... Diese habe ohne Absprache mit Dritten den Telegram-Kanal „@Jamaa3atuBerlin" und den Instagram-Kanal „@Jamaa3atuBerlin" betrieben und weder in Kenntnis noch mit Billigung der Klägerin Inhalte verbreitet.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Senatsverwaltung für Inneres und Sport vom 29. Januar 2021 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er rügt, die vorgelegte Prozessvollmacht sei von den zu den Ziffern 18 und 23 bis 26 des Durchsuchungsbeschlusses des Verwaltungsgerichts Berlin vom 18. Februar 2021 (VG 29 I 1/21) bezeichneten Personen sowie von der im Durchsuchungsbeschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 22. Februar 2021 (VG 29 I 2/21) genannten Frau E... und dem im Durchsuchungsbeschluss des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 23. Februar 2021 (VG 3 L 74/21) genannten Herrn V...nicht unterzeichnet worden, obwohl auch diese Personen Mitglieder der Klägerin seien.
In der Sache verteidigt er die angefochtene Verfügung. Die Behauptung der Klägerin, „Jama'atu Berlin" sei mit der Vereinigung „Tauhid Berlin" nicht identisch, treffe nicht zu. Dagegen spreche unter anderem die Organisation des anlässlich des Opferfestes im August 2019 durchgeführten Treffens in Berlin-Neukölln im Anschluss an das am selben Tag von der Klägerin unter Führung von Herrn E... abgehaltene Eid-Gebet im Schillerpark in Berlin-Wedding, bei der auch die Ehefrau des Herrn E..., Frau D... mitgewirkt habe. Ein Foto des Gebets sei am 11. August 2019 bereits um 10.28 Uhr auf dem Telegram-Kanal „@Jamaa3atuberlin“ und fast zeitgleich auf dem Facebook-Profil von Frau D... gepostet worden.
Auch könne ein direkter Bezug des Telegram-Kanals „@Jamaa3atuBerlin“ zu einem von Herrn E... organisierten PayPal-MoneyPool nachgewiesen werden.
Neben dem Telegram-Kanal „@Jamaa3atuberlin habe die Klägerin seit Ende 2018 zeitgleich auch den Instagram-Account „@Jamaa3atuBerlin“ betrieben. Des Weiteren habe die Klägerin einen YouTube-Kanal und einen Telegram-Kanal unter dem Namen „Ahl al Sunnah wal Jamaah“ eröffnet, welcher im Juli 2020 in „Tauhid Berlin“ umbenannt worden sei, während der (inzwischen gelöschte) Telegram-Kanal „@Jamaa3atuBerlin“ (zunächst) weiterhin abrufbar gewesen, aber nicht mehr gepflegt worden sei. Daneben sei das Instagram-Konto „@tauhid Berlin“ eröffnet worden. Ein am 6. Juli 2020 aufgenommener Screenshot zeige die damalige Profilbeschreibung dieses Kontos. Die Betreiber stellten sich vor als „Jamaa3atu Berlin für die gesamte Ummah“. Auch werde auf dem Instagram-Account „@tauhid.berlin“ auf dasselbe Video von Herrn E... verwiesen wie auf dem Instagram-Acount „@jamaa3atuberlin“.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Beiaktenordner des Beklagten (nebst CD) verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.
Die Klage hat keinen Erfolg.
A. I. Gemäß § 48 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 3 Abs. 2 Nr. 1 VereinsG entscheidet das Oberverwaltungsgericht im ersten Rechtszug über das Vereinsverbot.
II. Die Klägerin ist gemäß § 61 Nr. 2 VwGO beteiligtenfähig. Auch nach Verbot und Auflösung verbleibt dem verbotenen Verein eine auf dessen Rechtsverteidigung beschränkte Rechtsstellung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Juli 2010 – 6 B 20.10 – juris Rn. 13 ff. m.w.N.; Senatsurteil vom 20. November 2013 – OVG 1 A 4.12 – juris Rn. 24 m.w.N.).
III. Die Erhebung einer Klage für einen nicht rechtsfähigen Verein setzt das bevollmächtigte Handeln seiner gesetzlichen Vertreter und Vorstände voraus (§ 62 Abs. 3 VwGO). Dahinstehen kann, ob für die Vertretung eines nichtrechtsfähigen Vereins die Regelungen über die Gesellschaft (§ 54 i.V.m. §§ 705 ff. BGB) oder diejenigen über den rechtsfähigen Verein (§§ 55 ff. BGB) Anwendung finden. Unabhängig von den konkret anzuwendenden Rechtsvorschriften ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass der vereinsinterne Akt der Übertragung der Vertretungsbefugnis an den Vorstand oder sonst zur Vertretung befugter Personen grundsätzlich an nach außen leicht erkennbare Umstände anknüpfen muss, nicht von möglicherweise schwierigen Prüfungen der inneren Ordnung einer Organisation abhängig gemacht werden darf und es beim Fehlen klarer Übertragungsakte bei der Vertretung der Vereinigung durch die Gesamtheit ihrer Mitglieder verbleibt (BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 2013 – 6 B 40.12 – juris Rn. 4; Beschluss vom 7. Juli 2015 – 1 B 18.15 – DÖV 2015, 895 m.w.N., hier zit. n. juris Rn. 6 ff.; Urteil vom 13. Januar 2016 – 1 A 2.15 – juris Rn. 14).
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung eine von 23 Personen unterzeichnete Prozessvollmacht vorgelegt mit der Erklärung, dies seien „alle, die sich der Vereinigung zugehörig fühlen“. Damit dürfte dem Erfordernis des § 62 Abs. 3 VwGO genügt sein. Zwar meint der Beklagte, es sei nicht erkennbar, weshalb es sich bei einzelnen weiteren Personen, gegen die im Zusammenhang mit dem Vereinsverbot Durchsuchungsbeschlüsse ergangen seien, nicht um Mitglieder der Vereinigung handeln solle. Er verkennt jedoch selbst nicht, dass aus der Betroffenheit von einem vereinsrechtlichen Durchsuchungsbeschluss nicht automatisch auf die Mitgliedschaft im Verein geschlossen werden kann. Den verbleibenden Zweifeln des Beklagten an einer ordnungsgemäßen Klageerhebung musste der Senat nicht weiter nachgehen, denn die Klage ist jedenfalls unbegründet.
IV. Die Klägerin ist als Adressatin eines Verwaltungsaktes i.S.v. § 35 Satz 1 VwVfG möglicherweise in ihren Rechten aus Art. 9 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG (vgl. zu letzterem BVerwG, Beschluss vom 19. Juli 2010 – 6 B 20.10 – juris Rn. 2 und 10) verletzt und daher klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO).
Eine Klagebefugnis fehlt ihr auch insoweit nicht, als sie vorbringt, nicht mit der Vereinigung „Jama'atu Berlin“ identisch oder aus dieser hervorgegangen zu sein. Dieses Vorbringen dient ersichtlich dazu, materielle Gründe für die Verbotsverfügung in Zweifel zu ziehen. Der Beklagte geht demgegenüber von einem identischen Verein aus, so dass die Verbotsverfügung nach ihrem objektiv erkennbaren Sinngehalt dieselbe Vereinigung betrifft, wenn auch unter verschiedenen Bezeichnungen. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Vereinigung „Tauhid Berlin“ aus der Vereinigung „Jama’atu Berlin“ hervorgegangen ist und der Klägerin nicht abverlangt werden kann, bereits zur Anerkennung ihrer Klagebefugnis auf ihre Verteidigungsstrategie zu verzichten, geht der Senat zu ihren Gunsten von ihrer Klagebefugnis aus, auch soweit sich die Verbotsverfügung auf die Vereinigung „Jama’atu Berlin“ bezieht (vgl. zur Problemlage bei der Klage eines – vermeintlichen – Vereinsmitglieds: BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2020 – 6 A 1.19 – BVerwGE 167, 293 ff. Rn. 23).
B. Die Anfechtungsklage ist nicht begründet. Das Vereinsverbot des Beklagten vom 29. Januar 2021 ist nach der maßgeblichen Sach- und Rechtlage zum Zeitpunkt seines Erlasses rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass die Klägerin sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung und gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet, daher aufgelöst wird und verboten ist; ferner hat er zu Recht die in der Verbotsverfügung genannten Nebenentscheidungen ausgesprochen (§ 3 Abs. 1 Satz 2, § 8 Abs. 1 i.V.m. §§ 10 ff. VereinsG).
Rechtsgrundlage für das Verbot ist § 3 Abs. 1 Satz 1 VereinsG i. V. m. Art. 9 Abs. 2 GG. Danach sind Vereinigungen verboten, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten. Dies wird gegenüber dem Verein konstitutiv durch Bescheid festgestellt. Mit dieser Feststellung ordnet die Verbotsbehörde die Auflösung des Vereins an.
I. Die Verfügung ist formell rechtmäßig. Der Beklagte war gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VereinsG für den Erlass der Verbotsverfügung zuständig, da sich die Organisation und Tätigkeit der Klägerin im Wesentlichen auf das Gebiet des Landes Berlin beschränkt. Dass sie sich hierbei des über dieses Gebiet hinausreichenden Internets bedient, ändert daran nichts (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Mai 2014 – 6 A 3.13 – Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 62 Rn. 17 ff.).
Eine vorherige Anhörung der Klägerin nach § 28 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 VwVfG war entbehrlich. Denn dies hätte ihr die Möglichkeit eröffnet, Vermögen des Vereins und Beweismittel beiseitezuschaffen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2018 – 1 BvR 1474/12 u.a. – BVerfGE 149, 160, juris Rn. 161; BVerwG, Urteil vom 14. Mai 2014, a. a. O. Rn. 21).
II. Das Vereinsverbot ist auch materiell rechtmäßig. Der Beklagte hat zutreffend festgestellt, dass es sich bei der Klägerin um eine Vereinigung im Sinne des Art. 9 Abs. 1 und 2 GG bzw. des § 2 Abs. 1 VereinsG handelt (im Folgenden zu 1), die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VereinsG i.V.m. Art. 9 Abs. 2 Alt. 2 GG – im Folgenden zu 2) und den Gedanken der Völkerverständigung (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 VereinsG i. V. m. Art. 9 Abs. 2 Alt. 3 GG – im Folgenden zu 3) richtet. Das Verbot ist auch verhältnismäßig (im Folgenden zu 4).
1. Gemäß § 2 Abs. 1 VereinsG ist ein Verein im Sinne dieses Gesetzes ohne Rücksicht auf die Rechtsform jede Vereinigung, zu der sich eine Mehrheit natürlicher oder juristischer Personen für längere Zeit zu einem gemeinsamen Zweck freiwillig zusammengeschlossen und einer organisierten Willensbildung unterworfen hat. Diese Legaldefinition des Vereins steht in Einklang mit dem Begriff des Vereins beziehungsweise der Vereinigung nach Art. 9 Abs. 1 und 2 GG (BVerfG, Beschluss vom 2. Juli 2019 – 1 BvR 1099/16 – juris Rn. 15). Die Begriffsmerkmale des § 2 Abs. 1 VereinsG sind entsprechend der gefahrenabwehrrechtlichen Zwecksetzung des Vereinsgesetzes und im Einklang mit dem Schutz der Vereinigungsfreiheit weit auszulegen (BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2020, a. a. O. Rn. 38 m.w.N.).
Ein Zusammenschluss setzt ein bewusstes und gewolltes Handeln von Personen voraus und kann nur angenommen werden, wenn sich diese durch einen konstitutiven Akt verbunden haben. An die Qualität dieses Aktes dürfen keine hohen Anforderungen gestellt werden; eine stillschweigende Übereinkunft reicht aus. Auch hinsichtlich des gemeinsamen Zwecks genügt eine faktische Übereinstimmung über die wesentlichen Ziele des Zusammenschlusses. Die von dem Willen der einzelnen Mitglieder losgelöste und organisierte Gesamtwillensbildung, der sich die Mitglieder kraft der Verbandsdisziplin prinzipiell unterordnen müssen beziehungsweise die sie kraft eigenen Entschlusses als prinzipiell beachtlich werten, erfordert weder eine Satzung noch spezifische Vereinsorgane. Ausreichend ist eine Organisationsstruktur, die faktisch auf eine organisierte Willensbildung schließen lässt. Für das Bestehen einer organisierten Gesamtwillensbildung spricht insbesondere, wenn die Vereinigung zur Verfolgung des gemeinsamen Zwecks Zuständigkeiten verteilt und ein arbeitsteiliges Zusammenwirken von Personen regelt. Es genügt, dass eine nicht formal geregelte, sondern auf faktischer Unterwerfung beruhende autoritäre Organisationsstruktur für eine vom Willen des einzelnen Mitglieds losgelöste, organisierte Gesamtwillensbildung vorliegt (zu allem BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2020, a. a. O. Rn. 39 m.w.N.).
a) Daran gemessen hat der Beklagte in der angefochtenen Verbotsverfügung zutreffend angenommen, dass es sich bei der Klägerin zum Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung um einen Verein im Sinne des § 2 Abs. 1 VereinsG handelte. Die Klägerin tritt der Annahme des Beklagten, dass zumindest die in der Verfügung aufgeführten Mitglieder des Vereins sich für längere Zeit zu einem gemeinsamen Zweck freiwillig zusammengeschlossen und einer organisierten Willensbildung unterworfen hatten, jedenfalls insoweit nicht entgegen, als es sich um die Vereinigung „Tauhid Berlin“ und diejenigen ihrer Mitglieder handelte, die die von der Klägerin vorgelegte Prozessvollmacht unterzeichnet haben. Daher kann gemäß § 117 Abs. 5 VwGO auf die Begründung der Verbotsverfügung (S. 5 bis 36) verwiesen werden, gegen deren Richtigkeit auch sonst nichts ersichtlich ist.
Die mit ihrem Beweisantrag untermauerte Behauptung der Klägerin, Frau H... sei kein „fester Bestandteil des Tauhid-Vereins gewesen“, kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, denn selbst wenn dies zuträfe, würde es an der Eigenschaft der Vereinigung „Tauhid Berlin“ als Verein i. S. d. Art. 9 GG und des § 2 Abs. 1 VereinsG nichts ändern.
b) Ebenso kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob die Vereinigung „Tauhid Berlin“ aus der Vereinigung „Jama'atu Berlin“ hervorgegangen ist.
Sollte dies entgegen der Annahme des Beklagten nicht der Fall sein, sollte es sich bei der dann einzig klagenden Vereinigung „Tauhid Berlin“ vielmehr um eine von einer – gegebenenfalls nur vermeintlichen – Vereinigung „Jama’atu Berlin“ unabhängige Vereinigung handeln, wäre die Klägerin durch ein Verbot (auch) der Vereinigung „Jama’atu Berlin“ jedenfalls nicht in eigenen Rechten verletzt, wie § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO es für den Erfolg der Anfechtungsklage verlangt, und das Verbot der Vereinigung „Jama'atu Berlin“ mit den entsprechenden Nebenentscheidungen im Übrigen inzwischen in Bestandskraft erwachsen, nachdem sein verfügender Teil am 25. Februar 2021 im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde (BAnzT 25.02.2021B1; vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 10. Januar 2018 – 1 VR 14.17 – juris Rn. 23 ff.).
2. Der Verein richtet sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung i.S.v. § 3 Abs. 1 Alt. 2 VereinsG i.V.m. Art. 9 Abs. 2 Alt. 2 GG.
a) Aus dem in der Verfügung dargestellten Gesamtbildergibt sich zur Überzeugung des Senats, dass die Vereinigung zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses in kämpferisch-aggressiver Weise das Ziel verfolgt hat, die auf Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit, der Gleichheit und der Freiheit aller Menschen und unter Ausschluss jeglicher Gewalt- und Willkürherrschaft bestehende rechtsstaatliche Herrschaftsordnung des Grundgesetzes abzuschaffen (zu diesen Voraussetzungen etwa BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2018, a. a. O. Rn. 107 ff.; BVerwG, Urteil vom 14. Mai 2014, a. a. O. Rn. 34 ff. m.w.N.). Diese Zielsetzung war für die Tätigkeit des Vereins auch prägend.
Der Beklagte stützt die Verbotsverfügung beanstandungsfrei auf die Inhalte der internen Vereinskommunikation (Gruppenchats), die Inhalte der verteilten Flyer und die (auch) unter dem Namen „Tauhid Berlin“ im Internet veröffentlichten Predigten des Herrn E.... Die Klägerin stellt die Bewertung des Beklagten und die zu ihrer Begründung angeführten Tatsachen nicht substantiiert in Frage, weshalb hierauf verwiesen werden kann (§ 117 Abs. 5 VwGO). Ihr – vom Beklagten eingeräumter – Einwand, Herr D... habe im Gruppenchat nicht ausdrücklich den Namen des von ihm beworbenen YouTube-Kanals genannt, ändert ebenso wenig etwas an dem im Übrigen unbestrittenen Gesamtbild wie die ebenfalls in der mündlichen Verhandlung erfolgte Klarstellung des Begriffs „Jama’ah“ durch den Dolmetscher.
b) aa) Die Behauptung der Klägerin, der Beklagte begründe die Verbotsverfügung im Wesentlichen mit Verlautbarungen der „Jama’atu Berlin“, welche der Klägerin nicht zuzurechnen seien, trifft nicht zu. Der Beklagte hat vielmehr seine Bewertung maßgeblich – und das Verbot selbständig tragend – auch auf Erkenntnisse aus den Gruppenchats, den Inhalten der veröffentlichten Predigten und aus den verteilten Flyern der „Tauhid Berlin“ gestützt. Selbst wenn man die Behauptung der Klägerin, der Telegram-Kanal „@Jamaa3atuBerlin“ und der gleichlautende Instagram-Account seien ohne Absprache mit Dritten allein von Frau H...betrieben worden und sie habe hierbei nur den Eindruck erwecken wollen, für eine Vereinigung „Jama’atu Berlin“ zu handeln, als wahr unterstellte, würde dies nichts daran ändern, dass weitgehend dieselben Personen, die unbestritten der Vereinigung „Tauhid Berlin“ angehören (siehe nur die vorgelegte Prozessvollmacht) und für diese gehandelt haben, vor dem Auftreten unter diesem Namen bereits auf weiteren Informationskanälen in kämpferisch-aggressiver Weise gegen die verfassungsmäßige Ordnung agitiert haben. Bis zum Auftreten unter der Bezeichnung „Tauhid Berlin“ nutzte die Vereinigung bis ca. Juli 2020 die YouTube- und Telegram-Kanäle „Ahl al Sunnah wal Jamaah“ (zu Deutsch etwa „Leute der Prophetentradition und der Gemeinschaft“, siehe S. 15 Fn. 5 der Verbotsverfügung sowie die Belege Nr. 3 und 15). Ab etwa Juli 2020 nutzte die Vereinigung unter der Bezeichnung „Tauhid Berlin“ einen Telegram-Kanal und einen Instagram-Kanal („@tauhid.berlin“).
Danach trägt die Verbotsverfügung das Verbot der Klägerin auch unter Außerachtlassen der auf den Telegram- und Instagram-Kanälen „@Jamaa3atuBerlin“ veröffentlichten Verlautbarungen:
Bereits am 21. Februar 2020 ist im WhatsApp-Gruppenchat „Unterhaltung Brüder“ der Flyer des Herrn E... „Was ist die Kernbotschaft aller Propheten?“ gepostet worden, in dem die Organe demokratisch verfasster Staaten als „Taghut (falscher Gott)“ bewertet, ihnen jegliche Legitimation abgesprochen und das Demokratie- und Rechtsstaatsprinzips abgelehnt werden (Verf. S. 64 f.).
Die Freitagspredigt des Herrn E... vom 20. März 2020 (veröffentlicht am 26. März 2020 auf dem Telegram-Kanal „Ahl al Sunnah wal Jamaah“, Verf. S. 66 ff.) sowie ein von bzw. mit ihm veröffentlichtes YouTube-Video vom 28. Juni 2020 waren unterlegt mit einem Nashid, dessen Text zwar kaum zu hören, dessen Melodie jedoch zu erkennen war und der in der jihadistischen Szene bekannt ist. Der Text dieses Nashids propagiert den gewaltsamen Kampf gegen Andersdenkende bzw. „Ungläubige“, namentlich auch gegen Juden (vgl. Beleg Nr. 15).
Ferner stützt der Beklagte sich zu Recht auf die im Islamunterricht der Frauen vermittelten Lehren (siehe etwa Verf. S. 74 f.) und vor allem die weiteren Äußerungen in den Gruppenchats, deren Inhalte und Zuordnung zu den Vereinsmitgliedern nicht ansatzweise bestritten werden.
Am 30. März 2020 postete Herr N... im Gruppenchat „Unterhaltung Brüder“ ein Dokument mit dem Titel „10 Angelegenheiten des Tauhid, die jeder Muslim lernen muss. (…)“ (Verf. S. 70 f. und 75 sowie Beleg Nr. 60 f.). Darin wird die Unterscheidung zwischen „Muslimen und Kuffar“ (Ungläubigen) hervorgehoben, die Befolgung („das Gehorchen“) „menschengemachter“ Gesetze als „Shirk“ (Polytheismus) verurteilt, während der Steinigung das Wort geredet und zum Kampf gegen Repräsentanten von Staaten aufgerufen wird, die sich der Scharia widersetzen.
Auch die von Herrn N... am 29. Mai 2020 im Gruppenchat „Unterhaltung Brüder“ gepostete Audionachricht des Herrn E..., in der dieser die Anwendung anderer Gesetze als der Scharia als „Kufr“ (Unglaube) und den Gesetzesanwender als „Kafir“ (Ungläubiger) verurteilt, ist gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet (Verf. S. 73). Entsprechend äußert sich Herr E... in einem auf YouTube veröffentlichten Video vom 28. Juni 2020 (s. Verf. S. 73 f.).
Für die Begründung des Sich-Richtens gegen die Religionsfreiheit stützt sich die Verfügung beanstandungsfrei wiederum auf Äußerungen im Gruppenchat und in Gesprächen der Mitglieder (Verf. S. 80 ff.) sowie auf das von Herrn E... am 8. Juli 2020 veröffentlichte YouTube-Video (Verf. S. 81) als Erkenntnisquellen.
Die kämpferisch-aggressive Haltung des Vereins wird – neben der auf dem Telegram-Kanal veröffentlichten und hier zugunsten der Klägerin ausklammerbaren „Aqida“ (Verf. S. 83 f.) – belegt durch interne Chats und Gespräche, das von N... am 30. März 2020 gepostete Dokument „10 Angelegenheiten des Tauhid“ (Verf. S. 84 f.), die Freitagspredigt des Herrn E... vom 20. März 2020 (Verf. S. 85) sowie durch Äußerungen und das Verhalten von Vereinsmitgliedern gegenüber der Polizei am 29. Februar 2020 und 2. Dezember 2020. All dies stellt die Klägerin mit ihrer unter Zeugenbeweis gestellten Behauptung nicht ansatzweise in Frage.
bb) Hinzukommt, ohne dass es darauf entscheidungstragend noch ankäme, dass die Klägerin sich zu keiner Zeit gegen die – nunmehr von ihr behauptete – Zuschreibung einer Vereinigung unter der Bezeichnung „Jama’atu Berlin“ auf den gleichnamigen Telegram- und Instagram-Kanälen „@Jamaa3atuBerlin“ gewandt, sich diese vielmehr zu eigen gemacht hat.
Auch Texte und Äußerungen, die nicht für die Vereinstätigkeit erstellt oder verwandt worden sind, sind der Vereinigung zuzurechnen, wenn ihr Inhalt von leitenden Mitgliedern der Vereinigung erkennbar befürwortet wird und sie den ideologischen Hintergrund kennzeichnen, vor dem die Verantwortlichen der Vereinigung handeln (BVerwG, Urteil vom 14. Mai 2014, a. a. O. Rn. 35).
Die Klägerin stellt nicht in Abrede, dass es bereits vor der Namensgebung „Tauhid Berlin“ – nach Geschlechtern getrennte – Gruppenaktivitäten der Mitglieder der Vereinigung gegeben hat. Insbesondere fanden bereits zuvor wiederholt religiöse „Unterrichtstreffen“ vor allem unter der Führung der (nach islamischem Ritus angetrauten) Ehefrau des Herrn E... Frau D...statt, an denen jedenfalls „gelegentlich“ (so die Klägerin) auch Frau H... teilnahm (vgl. Beleg 11 S. 7). Der Beklagte geht selbst davon aus, dass der Instagram-Kanal „@Jamaa3atuberlin“ von Frau H... gepflegt wurde (siehe Schriftsatz des Beklagten vom 2. März 2023 und Beleg 11). Es kann mit der Klägerin unterstellt werden, dass Frau H... daneben auch den Telegram-Kanal „@Jamaa3atuBerlin" ohne Absprache mit Dritten selbständig betrieben hat.
Denn jedenfalls ist Frau H... nicht als Urheberin der Veröffentlichungen auf diesen Informationskanälen in Erscheinung getreten, sondern hat gezielt den Eindruck vermittelt, die Kanäle würden von der Vereinigung „Jama’atu Berlin“ betrieben. Ebenso hat sie gezielt den Eindruck vermittelt, dass hinter dieser Vereinigung die Gruppierung um die geistige Führungsfigur E... alias D... stehe, etwa indem ein Video von dessen Gebet im Schillerpark und die Einladung zum gemeinsamen Eid-Fest im August 2019 veröffentlicht wurde. Auch das von diesem im Folgejahr geleitete „Eid Gebet – Abu Umar“ wurde auf dem Instagram-Kanal „@Jamaa3atuBerlin“ beworben (vgl. Belege 11 S. 5 und 15 S. 4 f.). Auf dem Telegram-Kanal „@Jamaa3atuBerlin“ wurde ferner unter Bezugnahme auf einen sog. PayPal-MoneyPool des Herrn BSAISO um Spenden „für Geschwister“ geworben (vgl. hierzu den Schriftsatz des Beklagten vom 2. März 2023, GA Blatt 247 ff.). In der Profilbeschreibung des Instagram-Kanals „@tauhid.berlin“ wurde ausdrücklich auf die „Jamaa3atu Berlin für die gesamte Ummah“ Bezug genommen und nicht etwa nur auf eine unbestimmte „Jama’ah“; auf beiden Kanälen wurde ferner das Bild des von Herrn E... geleiteten Gebets anlässlich des Opferfests 2019 gezeigt, worauf die „Jama3a“ bzw. „die Jamā'ah“ betend zu sehen ist (vgl. Anlage 4 des Beklagten, Belege1 und 3.). Dieses Bild wurde ferner am 11. August 2019 um 10.27 Uhr auf der Facebook-Seite der Frau D... veröffentlicht und – nahezu identisch – nur eine Minute später auf dem Telegram-Kanal „@Jamaa3atuBerlin“ (vgl. Beleg 11 S. 4).
Dass zumindest den führenden Mitgliedern der Klägerin die ideologischen Aussagen der Frau H... in den genannten Informationskanälen nicht bekannt waren, behauptet selbst die Klägerin nicht. Obwohl ihr bewusst sein musste, dass jedenfalls in der mit salafistischen Gruppierungen und Bestrebungen vertrauten „Szene“ zumindest ihre führenden Mitglieder als Verantwortliche der Veröffentlichungen unter der Bezeichnung „Jama’atu Berlin‘ wahrgenommen werden, zeigt sie nicht im Ansatz auf, sich von den von Frau H... verbreiteten Inhalten und der Zuschreibung zu den Mitgliedern – insbesondere den geistigen Führungsmitgliedern – der Klägerin distanziert zu haben. Diese Inhalte entsprachen auch ihrem ideologischen Verständnis. Sie sind ihr nach allem zuzurechnen.
3. Zu Recht hat der Beklagte ebenfalls den Verbotsgrund des Sich-Richtens gegen den Gedanken der Völkerverständigung (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 VereinsG) als erfüllt angesehen. Seine diesbezüglichen Ausführungen in der angefochtenen Verbotsverfügung rechtfertigen das Verbot der Klägerin – selbständig tragend – auch dann, wenn man ihre Behauptung, die Telegram- und Instagram-Kanäle „@Jamaa3atuBerlin“ seien allein von Frau H...ohne Absprache Dritter betrieben worden, als gegeben unterstellt.
a) Die objektiven Voraussetzungen des Verbotsgrunds der Völkerverständigungswidrigkeit sind erfüllt, wenn die ihren Charakter prägende Tätigkeit oder der Zweck einer Vereinigung geeignet ist, den Gedanken der Völkerverständigung schwerwiegend, ernst und nachhaltig zu beeinträchtigen. Das ist der Fall, wenn der Zweck oder die Tätigkeit darauf gerichtet ist, das friedliche Zusammenleben der Völker im Sinne von Art. 26 Abs. 1 Satz 1 GG zu stören, aber auch dann, wenn sein Zweck oder seine Tätigkeit der friedlichen Überwindung der Interessengegensätze von Völkern zuwiderläuft. Dies ist vor allem dann gegeben, wenn Gewalt oder vergleichbar schwerwiegende völkerrechtswidrige Handlungen aktiv propagiert, gefördert und in das Verhältnis von Völkern hineingetragen werden, insbesondere zur Tötung von Menschen aufgefordert wird. In einem solchen Fall ist es für die Erfüllung des objektiven Verbotstatbestandes nicht erforderlich, dass der Verein selbst Gewalt ausübt. Der Verbotsgrund bezieht sich nicht nur auf die friedlichen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu fremden Völkern, sondern gleichermaßen auf den Frieden zwischen diesen. Wenn das objektiv gegen den Gedanken der Völkerverständigung gerichtete Verhalten von einem entsprechenden Willen der Vereinigung getragen wird, ist der Verbotsgrund auch in subjektiver Hinsicht verwirklicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Mai 2014, a. a. O. Rn. 54 m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2018, a. a. O. Rn. 112 m.w.N.).
b) Daran gemessen war zum Zeitpunkt des Erlasses der Verbotsverfügung der Verbotsgrund der Völkerverständigungswidrigkeit erfüllt.
aa) Wie der Beklagte in der angefochtenen Verfügung (S. 36 bis 62) im Einzelnen dargelegt hat, wurden namens der Vereinigung „Jama’atu Berlin“ Äußerungen getätigt oder Äußerungen Dritter verbreitet, in denen der bewaffnete Jihad befürwortet, ein Märtyrerkult propagiert, der IS unterstützt, der Antisemitismus befürwortet, Terroranschläge legitimiert und zur Tötung von Menschen und zur Vernichtung von Staaten aufgerufen wurde.
Belegt wird dies etwa durch das Bittgebet vom 5. März 2019, in dem zum bewaffneten Kampf gegen Ungläubige aufgerufen und der Märtyrerkult propagiert wird (Verf. S. 38 f.). Gleiches gilt für die Verherrlichung von Selbstmordattentaten des IS am 20. März 2019 durch die mit einer glorifizierenden Bemerkung versehene Abbildung eines Fahrzeugs zur Verübung eines Selbstmordattentats (sog. SVBIED; Verf. S. 40) und die Glorifizierung des Kampfes des IS vom 21. März 2019 (Verf. S. 41 ff.) sowie die Veröffentlichung einer (deutsch-sprachigen) Audio-Botschaft eines IS-Kämpfers vom 24. März 2019 (Verf. S. 43). Weiterer Beleg ist der den Jihad verherrlichende Post „UNS OBLIEGT DOCH NUR JENEN ZU FOLGEN; DIE VOR UNS WAREN“ (Verf. S. 46) sowie die am 5. Mai 2019 veröffentlichte „Ramadan-Botschaft“ von Anwar Al-Alaki, in der der Kämpfer gedacht werden soll, die den bewaffneten Jihad führen (Verf. S. 47). Auch die Veröffentlichung des Gedichts von Abu Mus’ab Az-Zarqawi, dem früheren Führer von Al-Qaida im Irak, in dem der Jihad propagiert wird (Verf. S. 48), sowie der Post vom 31. Oktober 2019, in dem der frühere Anführer des IS Abu Bakr al Baghdadi geehrt wird (Verf. S. 51), stützen die Annahme der Völkerverständigungswidrigkeit.
Zutreffend hat der Beklagte die aus diesen Verlautbarungen resultierende Beeinträchtigung des Gedankens der Völkerverständigung als schwerwiegend, ernst und nachhaltig bewertet (siehe hierzu S. 61 f. der Verbotsverfügung).
Diese Veröffentlichungen im Namen der „Jama’atu Berlin“ auf den von Frau H... betriebenen Instagram- und Telegram-Kanälen sind der Klägerin ebenfalls zurechenbar. Die obigen Ausführungen zum Verbotsgrund des § 2 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VereinsG (siehe zu B. II. 2 b) bb)) gelten für den Verbotsgrund der Alternative 3 der Regelung in gleicher Weise, weshalb darauf Bezug genommen werden kann.
bb) Der Verbotsgrund der Völkerverständigungswidrigkeit ist darüber hinaus bereits ungeachtet der Veröffentlichungen unter der Bezeichnung „Jama’atu Berlin“ auf den Instagram- und Telegram-Kanälen gleichen Namens erfüllt, weshalb es auf die von der Klägerin beantragte Beweiserhebung für die Feststellung auch dieses Verbotsgrundes nicht ankam.
Am 2. Juli 2020 veröffentlichte Herr E... auf youtube ein Video mit dem Titel „Das Folgen, der falschen Gelehrten, ist keine Entschuldigung\Abu Umar“. Dieses Video ist mit einem szenebekannten Nashid der IS-Medienstelle Ajnaad unterlegt, in der es u. a. um die Gefangennahme und Tötung von Apostaten geht (vgl. im Einzelnen Verf. S. 45 f.).
Bei der auf dem Telegram-Kanal „Ahl al Sunnah wal Jamaah“ veröffentlichten Freitagspredigt des Herrn E... vom 20. März 2020 wurde, wie oben bereits erwähnt, im Hintergrund ein Nashid abgespielt, dessen Text zwar nur schwer verständlich, dessen Melodie aber klar zu erkennen war. Sein in der salafistischen bzw. jihadistischen Szene bekannter und in der Verfügung wiedergegebener Text spricht sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung aus, indem er den Märtyrerkult propagiert und zur Gewaltausübung und Tötung von „Tyrannen“ und Juden aufruft (s. im Einzelnen Verf. S. 54 f. und 56 und 60).
Mit demselben Nashid ist die Predigt von Herrn E... vom 24. Mai 2020 unterlegt, die gleichfalls auf dem Telegram-Kanal „Ahl al Sunnah wal Jamaah“ und zudem auf YouTube veröffentlicht wurde (Verf. S. 55 und 57 und 60).
X... postet am 2. Februar 2020 in Gruppenchat „Unterhaltung Brüder“ der Männer des Unterrichtskreises, dass die „dreckige, undankbare Menschheit“, die sich gegenüber Allah auflehne, vernichtet werden solle. Er legitimiert damit Terroranschläge und die Gewaltanwendung zwischen den Völkern (Verf. S. 60).
Am 24. Mai 2020 postet N... im selben Chat ein Video, in dem offenbar hinterbliebene Frauen und Kinder von IS-Kämpfern im Al-Hawl-Camp in Syrien zu sehen sind. In der dazu verfassten Sprachnachricht bittet Herr N... um Spenden für die gefangenen Geschwister im Al-Hawl-Camp. Er ruft Allah dazu auf, diese zu befreien und „die dreckigen Kuffar“, die sie eingesperrt haben, im Diesseits und im Jenseits zu vernichten (Verf. S. 61).
Diese der Vereinigung zurechenbaren Äußerungen beschränken sich nicht auf eine bloße Meinungskundgabe, sondern sind geeignet, den Gedanken der Völkerverständigung schwerwiegend, ernst und nachhaltig zu beeinträchtigen. Sie sind vom Willen der Mitglieder getragen und erfüllen daher den subjektiven Tatbestand des Verbotsgrundes. Einer kämpferisch-aggressiven Haltung bedarf es für die Erfüllung des Verbotsgrundes der Völkerverständigungswidrigkeit nicht.
4. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip, dem im Rahmen eines Vereinsverbots bereits auf Tatbestandsebene Rechnung zu tragen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Mai 2014 – 6 A 3.13 – Rn. 70 m.w.N.), ist unter Berücksichtigung der Religionsfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG), insbesondere der religiösen Vereinigungsfreiheit, gewahrt. Der Beklagte hat insoweit unbeanstandet ausgeführt, dass ein milderes Mittel als das Vereinsverbot, namentlich Maßnahmen gegen einzelne Vereinsmitglieder, nicht ausgereicht hätten, der von der Vereinigung ausgehenden Gefahr zu begegnen (Verf. S. 93 ff.). Hierauf kann Bezug genommen werden.
III. Da das Verbot der Klägerin keinen materiell-rechtlichen Bedenken begegnet, erweisen sich die weiteren in der angefochtenen Verfügung getroffenen Regelungen (Auflösung der Klägerin, Verbot der Bildung von Ersatzorganisationen, Kennzeichenverbot, Beschlagnahme und Einziehung des Vereinsvermögens), die ihre Rechtsgrundlagen in § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 und Satz 2 Nr. 1, § 8 Abs. 1 und § 9 Abs. 1 Satz 1 VereinsG finden, als rechtmäßig. Dies gilt gleichermaßen für das konkretisierte Betätigungsverbot und das Gebot, den Betrieb der in Ziff. 5 der Verbotsverfügung genannten Internetseiten unverzüglich abzuschalten. Soweit sich die Klägerin von der Vereinigung „Jama’atu Berlin“ distanziert, fehlt es im Übrigen wiederum an einer Verletzung in eigenen Rechten, soweit ein Handeln unter dieser Bezeichnung untersagt worden ist.
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.