Gericht | FG Berlin-Brandenburg 4. Senat | Entscheidungsdatum | 20.03.2023 | |
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Aktenzeichen | 4 K 4006/22 | ECLI | ECLI:DE:FGBEBB:2023:0320.4K4006.22.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden Klägern auferlegt.
Zwischen den Beteiligten besteht Streit darüber, ob Unterhaltsleistungen, die bei in elektronischer Form abgegebenen Einkommensteuererklärungen (ELSTER) aufgrund eines Rechtsirrtums als Einnahmen bei den sonstigen Einkünften erklärt und in bereits bestandskräftigen Einkommensteuerfestsetzungen für 2016 bis 2019 (Streitjahre) zu Unrecht berücksichtigt wurden, noch außer Ansatz zu lassen sind.
Die seit dem 28.05.2016 miteinander verheirateten Kläger wurden in den Streitjahren zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Beide Kläger erzielten in den Streitjahren jeweils Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit; der Kläger als Logistiker und die Klägerin als Medizinisch-technische Assistentin (MTA).
Die Klägerin ist die leibliche Mutter des am 29.03.2008 geborenen Kindes C…. Kindesvater ist D…. Für C… erhielt die Klägerin vom Kindsvater Barunterhalt aufgrund eines Unterhaltstitels des Jugendamtes E… vom 08.12.2008 (vgl. Bl. 40 Einkommensteuer-[ESt] Heftung –ESt-H-).
In den Streitjahren leistete der Kindsvater den Barunterhalt für C… auf das Konto der Klägerin. Nach Abzug anzurechnendes Kindergeldes betrug der Barunterhalt monatlich 328 € für 2016, 337 € für 2017, 362 € für 2019 und 370 € für 2019 (Bl. 42 ff. ESt-H).
In den für die Streitjahre nicht in Papierform, sondern mit den elektronischen Elster-Formularen abgegebenen gemeinsamen Einkommensteuererklärungen hatten die fachkundig nicht vertretenen Kläger jeweils in dem für „Renten und Leistungen Stpfl. B > Sonstige Leistungen SB 55“ zu Ziffer 147 bestimmten Eingabebereich für die Klägerin „Unterhaltsleistungen (soweit sie vom Geber als Sonderausgaben abgezogen werden können)“ i. H. eines Betrages von jeweils 3.924 € eingetragen. Bei den Beträgen handelt es sich allerdings nicht um Unterhaltsleistungen des geschiedenen oder getrenntlebenden Ehegatten gemäß § 22 Nr. 1a i. V. m. § 10 Abs. 1a Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG), sondern um den für die Tochter der Klägerin geleisteten Barunterhalt.
Mit insoweit endgültigen nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheiden für 2016 vom 13.04.2017 (Bl. 11 ff. ESt-H), für 2017 vom 14.05.2018 (Bl. 14 ff. ESt-H), für 2018 vom 29.03.2019 (Bl. 17 ff. ESt-H) und für 2019 vom 01.04.2020 (Bl. 20 ff. ESt-H) folgte der Beklagte den Erklärungsangaben und setzte die vermeintlichen dem begrenzten Realsplitting unterfallenden Unterhaltsleistungen für C… unter Abzug eines Werbungskosten-Pauschbetrages (§ 9a Satz 1 Nr. 3 EStG) i.H.v.102 € mit jeweils 3.824 € steuererhöhend an. Die Einkommensteuerfestsetzungen blieben in der Folge unangefochten und erwuchsen jeweils in formelle Bestandskraft.
Im Laufe des Jahres 2021 erlangten die Kläger erstmals Kenntnis davon, dass die Unterhaltsleistungen für C… nicht dem begrenzten Realsplitting für geschiedene oder getrenntlebende Ehegatten unterliegen und eine Besteuerungspflicht insoweit nicht bestand.
Mit Schreiben vom 17.03.2021 (Bl. 22 ESt-H) beantragten die Kläger, die bestandskräftigen Bescheide für 2016 bis 2019 zu korrigieren.
Mit zusammengefasstem Verwaltungsakt vom 30.03.2021 lehnte der Beklagte eine Berichtigung der Einkommensteuerfestsetzungen für 2016 bis 2019 nach § 129 Abgabenordnung (AO) ab und führte zur Begründung aus, dass die fälschlich als Ehegattenunterhalt versteuerten Kindesunterhaltsleistungen nicht auf einem Versehen des Finanzamtes beruhten und die Voraussetzungen für Bescheidberichtigungen nicht gegeben seien.
Mit den dagegen gerichteten Einsprüchen ihres hiesigen Prozessbevollmächtigten vom 17.05.2021 (Bl. 25 ff. ESt-H) hielt die Kläger ihr Korrekturbegehren aufrecht und führten aus, dass neben einer Berichtigung nach § 129 AO auch die Voraussetzungen für eine Bescheidkorrektur wegen neuer Tatsachen zu ihren Gunsten nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO vorlägen. Für die Annahme der Voraussetzungen einer offenbaren Unrichtigkeit spreche der Umstand, dass dem Beklagten der Unterhaltstitel für den fraglichen Kindesunterhalt vorgelegen hätte. Im Hinblick auf die Korrekturvorschrift des § 173 AO könne ihnen auch keine grobe Fahrlässigkeit angelastet werden. Für sie als steuerlich nicht vorgebildete Laien sei es verwirrend und nicht überschaubar, inwieweit Unterhaltsleistungen steuerliche Relevanz haben. Zur Vermeidung einer steuerlichen Verfehlung hielten sie sich bei Fertigung ihrer Einkommensteuererklärungen für verpflichtet, die Kindesunterhaltsleistungen für die Tochter der Klägerin bei den sonstigen Einkünften als Einnahmen zu erklären. Davon abgesehen sei dem Beklagten anzulasten, dass er die ihm obliegende Verpflichtung zur Aufklärung des steuerlich bedeutsamen Sachverhalts vernachlässigt habe, denn spätestens mit dem Eingang der Einkommensteuererklärung für 2016 im Jahr 2017 hätte ihm offenbar werden müssen, dass aufgrund der Heirat der Kläger im Jahr 2016 die Unterhaltspflicht des vorherigen Ehegatten geendet habe. Bei sachgerechter Bearbeitung der Einkommensteuererklärung 2016 hätte der Beklagte bei den Klägern nachfragen müssen, um welche Art Unterhaltsansprüche es sich handele. Wäre der Beklagte seiner Sachverhaltsaufklärungsverpflichtung korrekt nachgekommen, wäre der fehlerhafte Ansatz der Unterhaltsleistungen bereits in der 2017 abgegebenen Einkommensteuererklärung aufgefallen und hätte eine unzutreffende Besteuerung in allen Streitjahren vermieden werden können.
Mit einer alle Streitjahre betreffenden zusammengefassten Einspruchsentscheidung vom 15.12.2021 (Bl. 87 ff. ESt-H) wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen für eine Korrektur der bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide für 2016 bis 2019 wegen neuer Tatsachen nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO seien nicht erfüllt. Die Kläger treffe hinsichtlich der nachträglich bekanntgewordenen Tatsache, dass es sich bei den in den bestandskräftigen Bescheiden zu Unrecht als Einnahmen berücksichtigten Unterhaltsleistungen nicht um Ehegatten-, sondern Kindesunterhalt handele, grobe Fahrlässigkeit. Grobe Fahrlässigkeit sei anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige die ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Verhältnissen zumutbare Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße und nicht entschuldbarer Weise verletzt habe. Einen solchen Sorgfaltspflichtenverstoß sei den Klägern nach Lage der Dinge aber anzulasten. Hätten die Kläger nämlich die (elektronischen) Erklärungsformulare gewissenhaft durchgelesen und wären sie den sich ihnen aufdrängenden Zweifelsfragen nachgegangen, wäre den Klägern ihr Irrtum aufgefallen und hätte eine unzutreffende Besteuerung von Anfang an vermieden werden können. Im Erklärungsformular werde explizit nur nach Unterhaltsleistungen gefragt, soweit sie vom Geber als Sonderausgaben abgezogen werden können. Die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug beim Geber seien der Anlage U, dem Hauptvordruck sowie den dazugehörigen Ausfüllhilfen unmissverständlich zu entnehmen. Hätten die Kläger diese Unterlagen bei Fertigung ihrer Einkommensteuererklärungen in gebotenem Maße beachtet, hätten sie gewusst, dass Unterhaltsleistungen von ihnen nur zu erklären seien, wenn und soweit die Klägerin einem Abzug als Sonderausgaben beim Leistenden zustimmt. Da die Klägerin eine solche Zustimmung nicht gegeben habe, habe es auf der Hand gelegen, dass die fraglichen Unterhaltsleistungen von ihr nicht als sonstige Leistungen zu erklären seien. Davon abgesehen gehe aus der Anlage U und der dazugehörigen Ausfüllhilfe unmissverständlich hervor, dass das Realsplitting nicht für Kindesunterhalt gelte. Sollten die Kläger die Erläuterungen und Hinweise nicht verstanden haben, beruhe ihr Rechtsirrtum gleichermaßen auf vermeidbaren Rechtsirrtum. Denn in diesem Fall hätte sich ihnen die Frage aufdrängen müssen, inwieweit die Unterhaltsleistungen vom Leistenden als Sonderausgaben abgezogen werden können, weil nur nach diesen im Erklärungsvordruck gefragt werde. Die grob fahrlässige Verletzung von Sorgfaltspflichten werde im Streitfall ebenso nicht durch eine etwaige Verletzung der Aufklärungs- oder Fürsorgepflicht des Finanzamtes verletzt. Abgesehen davon, dass er – der Beklagte – aufgrund der unmissverständlichen Fragestellungen im Vordruck und den zur Verfügung gestellten Unterlagen habe annehmen müssen, dass die Kläger den Vordruck korrekt ausgefüllt haben, ist auch bedeutsam, dass angesichts des steuerlichen Massenverfahrens eine Rückfrage bei der Klägerin nicht mehr vom Pflichtenumfang gedeckt wäre. Darüber hinaus sei es dem Finanzamt keinesfalls offenbar gewesen, dass die in den Einkommensteuererklärungen deklarierten Unterhaltsleistungen tatsächlich keine Ehegattenunterhaltsansprüche sein könnten, weil die Kläger seit 2016 verheiratet seien. Das Finanzamt müsse sich steuerrechtliche Kenntnisse zuschreiben lassen, aber keinesfalls Sonderwissen zum Unterhaltsrecht. Selbst wenn dem Finanzamt ein Sachverhaltsermittlungsfehler unterlaufen sein sollte, könnten die Kläger hierauf ihre Änderungsbegehren nicht mit Erfolg stützen, weil ihr grob fahrlässiger Pflichtenverstoß hiervon unberührt bleiben würde.
Mit ihrer Klage wiederholen und vertiefen die Kläger ihr vorinstanzliches Vorbringen. Der Beklagte könne sich zur Bejahung des Verschuldens mit Erfolg nicht darauf berufen, die Kläger hätten die Ausfüllanleitungen und Hinweise in den Elster-Formularen nicht studiert. Die Regelungen zum begrenzten Realsplitting seien in steuer- und familienrechtlicher Hinsicht so komplex und kompliziert, dass sie von den Klägern nicht überprüft werden könnten. Weitläufig sei juristisch nicht bewanderten Steuerpflichtigen nicht einmal bekannt, dass Ehegatten einander auch zum Unterhalt verpflichtet sein könnten. Ein grob fahrlässiger Verstoß der Kläger liege keinesfalls vor. Die Kläger bestreiten, die Ausfüllanleitungen und Hinweise nicht gewissenhaft durchgelesen zu haben. Demgegenüber läge ein gravierender Pflichtenverstoß des Beklagten vor, weil dieser zu keinem Zeitpunkt Nachweise zur Zahlung der Unterhaltsleistungen erfordert habe.
Die Kläger beantragen,
den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 15.04.2021 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.12.2021 zu verpflichten, die Einkommensteuerbescheide für 2016 vom 13.04.2017, für 2017 vom 14.05.2018, für 2018 vom 29.03.2019 und für 2019 vom 01.04.2020 dergestalt zu ändern, dass die bei den sonstigen Einkünften als Einnahmen erfasste Unterhaltsleistungen in Höhe von jeweils 3.924 € außer Ansatz gelassen werden;
die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte verweist auf die Gründe seiner Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus, dass die Kläger sehr wohl ihren Rechtsirrtum hätten verhindern können, wenn sie die Erläuterungen und Hinweis aufmerksam zur Kenntnis genommen hätten.
Mit Senatsbeschluss vom 20.02.2023 ist die Entscheidung dem Einzelrichter übertragen worden (§ 6 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung [FGO]).
In der mündlichen Verhandlung am 20.03.2023 sind die Kläger vom Gericht angehört worden. Wegen des Inhalts wird auf das Verhandlungsprotokoll verwiesen.
Dem Gericht hat bei seiner Entscheidungsfindung neben einem Band (Bd.) Gerichtsakten zum vorliegenden Verfahren 1 Heftung Einkommensteuerakten des Beklagten zur Steuernummer … vorgelegen, auf deren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.
Die (Verpflichtungs-)Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Ablehnung des Erlasses von Änderungsbescheiden in Gestalt der zusammengefassten Einspruchsentscheidung ist hinsichtlich der bei den sonstigen Einkünften erfassten (Kindes-) Unterhaltsleistungen rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 101 FGO).
Ein Anspruch der Kläger auf Korrektur der insoweit endgültigen als nicht nach § 165 AO vorläufigen oder nach § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden bestandskräftigen Einkommensteuerfestsetzungen 2016 bis 2019 ist vorliegend nicht gegeben.
Die Voraussetzungen für eine Durchbrechung der formellen Bestandskraft nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO liegen nicht vor.
Nach dieser Vorschrift sind Steuerbescheide zugunsten des Steuerpflichtigen aufzuheben oder zu ändern, soweit nachträglich Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen, und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden.
Als grobes Verschulden hat der Steuerpflichtige Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten. Grobe Fahrlässigkeit ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige die ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Verhältnissen zumutbare Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße und in nicht entschuldbarer Weise verletzt hat (z.B. BFH-Urteile vom 20.03.2013 VI R 5/11, Sammlung der Entscheidungen des BFH [BFH/NV] 2013, 1142; vom 09.11.2011 X R 53/09, BFH/NV 2012, 545; vom 19.12.2006 VI R 59/02, BFH/NV 2007, 866; vom 09.08.1991 III R 24/87, Bundessteuerblatt [BStBl] II 1992, 65; jeweils m.w.N.).
Ob der Beteiligte im jeweiligen Einzelfall grob fahrlässig gehandelt hat, ist im Wesentlichen Tatfrage. Hiernach liegt aus den zutreffenden Erwägungen des Beklagten in seiner Einspruchsentscheidung eine grobe Fahrlässigkeit vor.
Angesichts der Ausgestaltungen der Elster-Formulare für die Einkommensteuererklärungen 2016 bis 2019 und der dazugehörenden Anleitungen trifft die Kläger jeweils ein grobes Verschulden daran, dass die zu Unrecht versteuerten Kindesunterhaltsleistungen erst nachträglich bekannt wurden. Der Verschuldensmaßstab ist bei elektronisch gefertigten Steuererklärungen – wie hier – grundsätzlich der gleiche wie bei schriftlich gefertigten Steuererklärungen (Rüsken in Klein, AO, 16. Aufl. 2022, § 173 Rz. 116). Es entspricht ferner ständiger Rechtsprechung des BFH (z. B. BFH-Urteil vom 20.03.2013 a.a.O., Rüsken in Klein, AO, 16. Aufl. 2022, § 173 Rz. 118 m.w.N. zur finanzgerichtlichen Rechtsprechung), dass kein grobes Verschulden vorliegt, wenn die fehlerhaft ausgefüllte Steuererklärung auf einem subjektiv entschuldbaren Rechtsirrtum beruht. Aber auch der Steuerpflichtige, dem einschlägige steuerrechtliche Kenntnisse fehlen, muss im Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte Fragen beantworten und dem Steuererklärungsformular beigefügte Erläuterungen mit der von ihm zu erwartenden Sorgfalt lesen und beachten. Dies gilt jedenfalls dann, wenn solche Fragen und Hinweise ausreichend verständlich sowie klar und eindeutig sind (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 545, m.w.N.). So liegt aber der Fall hier. In den von den Klägern ausgefüllten elektronischen Formularen hätten die Kläger durch einfachen Mausklick auf das Fragezeichen in Zeile 6 des für die in Rede stehenden Unterhaltsleistungen vorgesehenen Eingabefeldes den auch für steuerliche Laien verständlichen Hinweis erhalten können, dass dort nur Unterhaltsleistungen einzutragen sind, die der Steuerpflichtige (hier die Klägerin) von seinem „geschiedenen Ehegatten, Lebenspartner einer aufgehobenen Lebenspartnerschaft oder einem getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartner erhält, sofern die Unterhaltsleistungen mit Zustimmung“ des Steuerpflichtigen als Sonderausgaben abgezogen werden können. Insoweit nimmt das Gericht auf den in der Einkommensteuerheftung abgelegten Ausdruck zum Elster-Formular Bezug (Bl. 50). Bei der gebotenen sorgfaltsgerechten Lektüre des Hinweises wäre der Rechtsirrtum mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von vornherein vermieden worden. Zwar hat der Rechtsirrtum bei der Klägerin bereits seit Geburt der Tochter im Jahr 2008 durchgehend bestanden, dennoch bestand gleichwohl die Verpflichtung angesichts der Tatsache, dass die Höhe der Unterhaltsleistungen für C… sich jährlich änderte, jedes Jahr aufs Neue wieder den entsprechenden Erläuterungsteil des Elster-Formulares durch „Anklicken“ aufzurufen, um sich über den aktuellen Stand zur steuerlichen Behandlung der dem begrenzten Realsplitting unterfallenden Unterhaltsleistungen in der gebotenen Weise verlässlich zu informieren. Diesem Sorgfaltsmaßstab sind die Kläger jedoch nicht gerecht geworden. Für diese Würdigung gewinnt der Umstand Bedeutung, dass die Kläger in allen Steuererklärungen der Streitjahre stets den gleichen Unterhaltsbetrag in das Elster-Formular eingetragen hatten (3.924 €), obschon die Höhe des Unterhaltsanspruches für C… in jedem Jahr differierte. Abgesehen davon müssen die Kläger sich auch ohne Berücksichtigung des Erläuterungstextes anlasten lassen, dass sie die im Eingabefeld zu Zeile 6 enthaltene Angabe, dass die Unterhaltsleistungen nur anzusetzen sind, wenn sie vom „Geber als Sonderausgaben abgezogen werden können“ auch nach der von ihnen zu erwartenden Sorgfalt keiner weiteren Prüfung durch Heranziehung der entsprechenden Erläuterungen unterzogen hatten. Wären sie aber der sich hieraus ergebenden sich ihnen aufdrängenden Frage nach der Abzugsfähigkeit als Sonderausgaben nachgegangen, hätte ihr Rechtsirrtum auch aus diesem Grund beseitigt werden können.
Schließlich können die Kläger sich mit Erfolg auch nicht auf einen Sachverhaltsermittlungsfehler des Finanzamtes berufen. Zwar liegt ein solcher Verstoß nahe, denn aus den Steuererklärungen der Vorjahre dürfte ersichtlich gewesen sein, dass die Klägerin bis zur Heirat des Klägers im Jahre 2016 ledig war, so dass auch für den Beklagten bereits bei Erlass der bestandskräftigen Festsetzungen offenbar gewesen sein musste, dass die fraglichen Unterhaltsleistungen nicht von einem (geschiedenen) Ehegatten stammen können. Indes vermag dieser Mangel in der Bearbeitung der Klage nicht zum Erfolg verhelfen, denn grobe Fahrlässigkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Finanzbehörde ihren Ermittlungspflichten nicht nachgekommen ist oder ihre Hinweispflichten verletzt hat (vgl. Rüsken in Klein a.a.O., § 173 Rz. 112 mit Hinweis auf BFH-Rechtsprechung).
Für eine Berichtigung der Bescheide wegen einer ähnlichen offenbaren Unrichtigkeit nach § 129 AO besteht gleichfalls kein Raum.
Nach dieser Vorschrift kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Es müsste also ein mechanischer Fehler anzunehmen sein. Dabei ist diese Voraussetzung schon dann nicht gegeben, wenn auch nur die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass die Nichtbeachtung einer feststehenden Tatsache in einer fehlerhaften Tatsachenwürdigung oder einem sachverhaltsbezogenen Denk- oder Überlegungsfehler begründet ist oder auf mangelnder Sachaufklärung beruht (Ratschow in Klein a.a.O., § 129 Rz. 9). Hier liegt die Annahme eines zur Berichtigung führenden mechanischen Versehens aufgrund der Gesamtumstände fern, weil der Beklagte die Angaben der Kläger bewusst übernommen hat. Auch liegt eine offenbare Unrichtigkeit der Kläger, die vom Beklagten übernommen wurde, nicht vor, da die fehlerhaften Angaben in den Steuererklärungen – wie oben dargelegt – auf einem Rechtsirrtum der Kläger beruhten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.