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Entscheidung 7 W 58/22


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 7. Zivilsenat Entscheidungsdatum 20.04.2023
Aktenzeichen 7 W 58/22 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2023:0420.7W58.22.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die Beschwerde der Standesamtsaufsicht wird der Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 07.03.2022 abgeändert:

Der Antrag auf Berichtigung des Geburtenregistereintrags unter der Registernummer G 519/2016 zum Familiennamen des Vaters und auf Streichung des Zusatzes „Identität nicht nachgewiesen“ wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Identität des Antragstellers und Beteiligten zu 4) zweifelsfrei nachgewiesen wurde und deswegen das Geburtenregister der Beteiligten zu 1) zum Familiennamen des Vaters berichtigt werden muss. Der Beteiligte zu 4) beantragte am 18.01.2018, damals noch anwaltlich vertreten, den Geburtseintrag Nr. G 519/2016 betreffend seine Tochter, die Beteiligte zu 1), zu berichtigen und seinen Familiennamen als Vater seiner Tochter in „T2““ statt „T1“ zu berichtigen und den Zusatz „Identität nicht nachgewiesen“ entfallen zu lassen. Am 22.03.2018 beantragte er dergleichen für sein 2. Kind, die Beteiligte zu 2) und den Geburtseintrag G 519/2016 und G 571/2017 hinsichtlich des Vaters- und Familiennamens der Kinder - die Beteiligten zu 1) und 2) - entsprechend §§ 13, 14 u. 17 des bulgarischen Personenstandsgesetzes zu ändern. Die Beteiligten zu 3) und 4) sind die Eltern der Beteiligten zu 1) und 2). Der Beteiligte zu 4) reiste am 15.12.2015 unerlaubt und ohne Identitätsnachweise nach Deutschland ein. Die Beteiligte zu 1) wurde am 30.03.2016 geboren. Am 11.04.2016 erkannte der Beteiligte zu 4) mit Zustimmung der Beteiligten zu 3) seine Vaterschaft für die Beteiligte zu 1) an. Am 09.09.2016 trug die Beteiligte zu 5) die Beteiligte zu 1) in das Geburtenregister ein unter der Registernummer G 519/2016. Als Vater des Kindes wurde der Beteiligte zu 4) eingetragen mit dem Familiennamen „T1“ und dem Zusatz „Identität nicht nachgewiesen“.

Am ……. 2017 wurde der Beteiligte zu 2) geboren. Am 31.08.2017 hatte der Beteiligte zu 4) seine Vaterschaft auch für dieses Kind anerkannt. Am 21.09.2017 trug die Beteiligte zu 5) unter der Registernummer G 571/2017 den Beteiligten zu 2) in das Geburtenregister ein. Als Vater wurde der Beteiligte zu 4) eingetragen unter dem Familiennamen „T2“ und ohne den Zusatz „Identität nicht nachgewiesen“.

Der Beteiligte zu 4) verfügte über eine vom 17. Februar 2016 bis 17. Mai 2016 gültige Aufenthaltsgestattung mit dem Vermerk: Die Angaben zur Person beruhen auf eigenen Angaben.

Laut der Aufenthaltsgestattung gab der Beteiligte zu seiner Person an, dass er Najmul „T1“ heiße und am …12.1989 in G…, P, geboren sei.

Laut einer Geburtseintragungsbescheinigung mit Eintragungsdatum vom 21.01.2016 und Ausstellungsdatum vom 31.08.2016, welche der Beteiligten zu 5) als Kopie vorgelegt wurde, heißt der Beteiligte zu 4) Najamal „T3“ und wurde am …02.1989  in G…, P…, geboren.

Am 29.12.2017 legte der Beteiligte zu 4) der Beteiligten zu 5) seinen Reisepass mit Ausstellungsdatum 21.7.2017 und eine Geburtseintragungsbescheinigung vom 21.01.1990 und Ausstellungsdatum vom 20.09.2017 vor, wonach er Najmul „T2“  heißt und am …07.1988 in G…, P…, geboren wurde.

Das Amtsgericht hat die Geburtsurkunde vom 20.09.2017 und die Angaben des Beteiligten zu 4) zu seiner Identität durch die Deutsche Botschaft in P… über einen als Vertrauensperson beauftragten Rechtsanwalt überprüfen lassen. In dem Ergebnisbericht der Deutschen Botschaft heißt es, dass die Geburtsurkunde der Bezugsperson echt aber inhaltlich nicht überprüfbar ist. Der Geburtsregistereintrag ist lange Zeit nach der eigentlichen Geburt in das Register eingetragen worden. Dabei wurde ein alter Geburtsregistereintrag einer dritten Person mit den Daten der Bezugsperson (hier den Beteiligten zu 4) überschrieben. Der Geburtsurkunde komme kein Beweiswert zu. Nach Ansicht der Botschaft sollte der Eintrag durch ein zuständiges p… Gericht für ungültig erklärt und eine Neuregistrierung unter Einhaltung des entsprechenden Verfahrens angestrebt werden.

Das befragte soziale Umfeld habe die Identität, das Alter und die Adresse der Bezugsperson bestätigt. Es gebe diesbezüglich keine Anhaltspunkte für Zweifel an den Angaben.

Wegen der Einzelheiten wird auf den zur Akte gereichten Bericht der Deutschen Botschaft vom 11.05.2021 (Bl. 145, 146 d.A.) Bezug genommen.

Dem Antrag des Vaters, seinen Nachnamen im Geburtseintrag der Beteiligten zu 1) auf „T2“ zu ändern und den Zusatz „Identität nicht nachgewiesen“ entfallen zu lassen, hat das Amtsgericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 07.03.2022, der dem Standesamt am 17.03.2022 zugestellt worden ist, stattgegeben. Es hat die Ansicht vertreten, dass die Identität des Beteiligten zu 4) durch die Nachforschungen der Botschaft geklärt sei. Im Übrigen hat es die Anträge zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss des Amtsgerichts vom 07.03.2022 (Bl. 160 ff. d.A.) Bezug genommen.

Hiergegen hat die Standesamtsaufsicht (Beteiligte zu 6) am 13.04.2022 Beschwerde eingelegt und darüber hinaus beantragt, das Geburtenregister des Beteiligten zu 2) dahingehend zu berichtigen, dass die Angabe zum Familiennamen des Beteiligten zu 4) mit dem einschränkenden Vermerk „Identität nicht nachgewiesen“ zu versehen ist. Es ist der Ansicht, dass die Identität des Beteiligten zu 4) nicht zweifelsfrei geklärt ist. Wegen des Beschwerdevorbringens wird auf die Beschwerdeschrift vom 13.04.2022 (Bl. 179 d.A.) Bezug genommen.

Die Beteiligte zu 5) hat sich der Beschwerde angeschlossen.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Brandenburgischen Oberlandesgericht als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt. Die Entscheidung über den weitergehenden Antrag der Beteiligten zu 6) hat das Amtsgericht mit seinem Nichtabhilfebeschluss zugleich abgetrennt.

II.

1. Die Beschwerde ist gemäß §§ 51 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 PStG in Verbindung mit 58 ff. FamFG zulässig.

2. Die Beschwerde ist auch begründet.

Voraussetzung für die Anordnung einer Berichtigung nach § 48 PStG durch das Gericht ist dessen Überzeugung davon, dass die vorhandene Eintragung von Anfang an unrichtig und die beantragte Eintragung richtig ist. An den Nachweis beider Voraussetzungen sind strenge Anforderungen zu stellen; es ist der volle Beweis erforderlich, eine bloße Glaubhaftmachung genügt nicht. Nach Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen (§ 34 FamFG) verbleibende Zweifel gehen zu Lasten des Antragstellers (vgl. OLG Düsseldorf, 3. Zivilsenat, Beschluss vom 30.10.2019 - I-3 Wx 191/18, juris).

Im Geburtenregister werden gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 4 PStG unter anderem auch die Namen der Eltern des Kindes beurkundet. Jede Beurkundung setzt voraus, dass die Identität der Beteiligten festgestellt wird. § 33 Satz 1 PStV fordert, dass bei einer Geburtsanzeige das Standesamt verlangen soll, dass ihm unter anderem Personalausweis, Reisepass oder ein anderes anerkanntes Passersatzpapier der Eltern vorgelegt wird.

Ist die Identität des Vaters durch die vorgelegten Urkunden nicht nachgewiesen, ist in der Situation, dass die Vaterschaft anerkannt wurde, der Anerkennende als Vater einzutragen mit dem Zusatz Identität nicht nachgewiesen, § 35 Abs. 1 Satz 1 PStV (vgl. auch OLG aaO, Rn. 17).

Der erläuternde Zusatz (§ 35 Abs. 1 Satz 1 PStV) dient dazu, den Geburtseintrag zügig abschließen zu können, auch wenn einzutragende Umstände nicht mit den dafür vorgesehenen Urkunden (§ 33 PStV) nachgewiesen werden können. Die Beweisnot der Eltern müsste zur Zurückstellung der Beurkundung (§ 7 Abs. 1 PStV) führen. Um die Zurückstellung zu vermeiden und trotz verbleibender Unklarheiten das Recht der Beteiligten auf zügige Beurkundung der Geburt durchzusetzen, sieht § 35 PStV die Aufnahme des Zusatzes vor, der deutlich werden lässt, dass die von ihm erfassten Angaben nicht auf gesicherten Erkenntnissen beruhen und diese Angaben trotz der Aufnahme in den Geburtseintrag nicht an der hohen Beweiskraft personenstandsrechtlicher Beurkundungen teilhaben können.

Auf dieser Grundlage ergibt sich zunächst, dass die am 09.09.2016 erfolgten Eintragungen zum Kindsvater nach Maßgabe des damaligen Sachverhalts richtig waren.

Der Beteiligten zu 5) lag eine vom 17. Februar 2016 bis 17. Mai 2016 gültige Aufenthaltsgestattung des Beteiligten zu 4) vor mit dem Vermerk: Die Angaben zur Person beruhen auf eigenen Angaben.

Laut der Aufenthaltsgestattung gab der Beteiligte zu 4) zu seiner Person an, dass er „Njmul „T1““ heiße und am …12.1989 in G…, P… geboren sei. Bei der Aufenthaltsgestattung handelt es sich nicht um eine gemäß § 33 Satz 1 Nr. 3 PStV vorzulegende Urkunde, weswegen neben dem dort ausgewiesenen Namen der Zusatz „Identität nicht nachgewiesen“ aufzunehmen war.

Soweit nunmehr ein von § 33 Satz 1 Nr. 3 PStV genannter p… Reisepass des Beteiligten zu 4) auf den Namen „T2“ lautet, sowie eine auf diesen Namen lautende Geburtsurkunde vorliegt, rechtfertigen diese Urkunden die Anordnung der vom Antragsteller begehrten Berichtigung der Schreibweise seines Nachnamens sowie der Streichung des Zusatzes „Identität nicht nachgewiesen“ entgegen der Auffassung des Amtsgerichts nicht.

Der Senat konnte anhand der vorliegenden Unterlagen und unter Würdigung des gesamten Inhaltes der Verfahrensakte nicht die Überzeugung gewinnen, dass der vorhandene Eintrag unrichtig und der begehrte Eintrag richtig ist.

Regelmäßig ist ein Pass wegen seines Lichtbildes, der Registrierung bei der Passbehörde und seiner regelmäßigen Überprüfung wegen der zeitlich begrenzten Gültigkeit ein besonders geeignetes Mittel zum Nachweis der Identität. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn weitere Urkunden vorliegen oder sonstige Tatsachen bekannt sind, die Zweifel an der Richtigkeit der durch den Pass dokumentierten Identität rechtfertigen können.

Dies ist hier der Fall. Zweifel ergeben sich zum einen daraus, dass der Beteiligte zu 4) gegenüber dem Beteiligten zu 5) mit drei verschiedenen Identitäten aufgetreten ist, wobei jeweils nicht nur die Schreibweise des Namens, sondern auch die angegebenen Geburtsdaten variierten.

Weitere Zweifel ergeben sich im Ergebnis der Ermittlungen des Amtsgerichts mit Hilfe des deutschen Konsulats im Herkunftsland des Vaters.

Danach ist die vorgelegte Geburtsurkunde des Beteiligten zu 4) zwar echt, aber inhaltlich nicht überprüfbar, da der Geburtenregistereintrag manipuliert wurde. Der Senat vermag keine Anhaltspunkte zu erkennen, weshalb die Ermittlungen der Deutschen Botschaft unzutreffend sein sollten. Das Gegenteil ist der Fall. Auch wenn das befragte soziale Umfeld ausweislich des Berichts der Botschaft die Identität, das Alter und die Adresse der Bezugsperson bestätigt hat, genügt dies allein nicht, um die Identität des Beteiligten zu 4) sicher feststellen zu können. Denn es sind, wie oben dargelegt, strenge Anforderungen an den Nachweis zu stellen und in der Regel muss die Identität durch geeignete Dokumente nachgewiesen werden. Eine Befragung des sozialen Umfelds kann zwar dann, wenn keine weiteren Aufklärungsmöglichkeiten bestehen, im Ausnahmefall den Nachweis einer Identität ermöglichen. Vorliegend kann hierauf allein nicht abgestellt werden, da es die Möglichkeit gibt, in P… die vorgelegte Geburtsurkunde für ungültig zu erklären und eine Neuregistrierung im Geburtenregister unter Einhaltung des entsprechenden Verfahrens anzustreben und dann auf der Grundlage der echten und inhaltlich überprüfbaren Urkunde den erforderlichen Nachweis zu führen.

Die Ermittlungen haben nach alledem keine für die Änderung des Namens und Streichung des Zusatzes ausreichende Gewissheit vermittelt, dass die Identität des Vaters durch den von ihm vorgelegten Pass seines Herkunftslandes und durch die vorgelegte Geburtsurkunde zuverlässig nachgewiesen ist, verbleibende Zweifel gehen zu Lasten des Antragstellers.

3. Soweit die Aufsichtsbehörde neben der Abänderung der Entscheidung des Amtsgerichts im Beschwerdeverfahren zusätzlich beantragt hat, das Geburtenregister des Beteiligten zu 2) dahingehend zu berichtigen, dass die Angabe zum Familiennamen des Beteiligten zu 4) mit dem einschränkenden Vermerk „Identität nicht nachgewiesen“ zu versehen ist, ist eine Entscheidung durch das Oberlandesgericht nicht veranlasst. Gemäß §§ 48, 50 PStG ist das Amtsgericht für Berichtigungsanträge ausschließlich zuständig.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG.

5. Die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 79 Abs.1, 36 Abs. 3 GNotKG.

6. Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§§ 51 Abs. 1 Satz 1 PStG, 70 Abs. 2 FamFG), besteht nicht.