Gericht | AG Königs Wusterhausen | Entscheidungsdatum | 16.05.2023 | |
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Aktenzeichen | 4 C 2838/22 (2) | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 49 % und die Beklagte 51 % zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung der anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils durch die andere Partei vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Berufung wird zugelassen.
5. Der Streitwert wird auf die Stufe „bis 500,00 €“ festgesetzt.
Die Klägerin, die ein Unternehmen zur Beitreibung von Ansprüchen nach der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 (im Folgenden: Fluggastrechte-VO) betreibt, nimmt das beklagte ausführende Luftfahrtunternehmen auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Anspruch.
Der Passagier G. (im folgenden: Zedent) war auf den Flug LH 193 am 07.11.2021 von Berlin (BER) nach Frankfurt a.M. (FRA) und weiter mit LH 1404 nach Zagreb (ZAG) gebucht. Die Flüge wurden von der Beklagten ausgeführt. Der Flug LH 193 war jedoch verspätet, so dass der Zedent den Anschlussflug in FRA nicht erreichte. Ihm wurde eine Ersatzbeförderung angeboten, mit der er ZAG um 10 Stunden und 47 Minuten verspätet erreichte. Der Zedent trat seine Rechte an die Klägerin ab.
Die Klägerin zeigte der Beklagten mit Schreiben vom 10.11.2021 die Abtretung an und forderte die Beklagte fruchtlos zur Leistung einer Ausgleichszahlung i.H.v. 250,00 € bis zum 24.11.2021 auf. Sodann ließ die Klägerin die Beklagte mit Schreiben ihrer späteren Prozessbevollmächtigten vom 31.05.2022 (Anlage K2, Bl. 18 d.A.) erneut außergerichtlich zur Zahlung – nun bis zum 14.06.2022 – auffordern.
Die Klägerin behauptet, ihre späteren Prozessbevollmächtigten am 28.05.2022 zunächst nur mit der Prüfung des hier streitgegenständlichen Anspruchs auf Ausgleichszahlung und dessen außergerichtlichen Geltendmachung beauftragt zu haben. Einen Klageauftrag haben sie ihnen erst nach Ablauf der in dem Schreiben vom 31.05.2022 gesetzten Frist erteilt. Die Klägerin behauptet weiter, ihre späteren Prozessbevollmächtigten hätten ihr die streitgegenständlichen vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren am 31.05.2022 in Rechnung gestellt. Sie habe die Rechnung am 14.06.2022 ausgeglichen.
Die Klägerin behauptet weiter, dass die Luftfahrtunternehmen die von ihr geltend gemachten Forderungen in einer Vielzahl von Fällen bezahlen würden, nachdem sie eine anwaltliche Mahnung verschickt habe, wodurch in jenen Fällen die Klageerhebung entbehrlich werde.
Die Klägerin hat zunächst beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 250,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.11.2021 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 17,15 € zu zahlen.
Nach Zustellung der Klageschrift hat die Beklagte die Hauptforderung nebst Zinsen gezahlt, woraufhin die Parteien den Rechtsstreit am 10.10.2022 in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Hinsichtlich des erledigten Teils hat sich die Beklagte zur Übernahme der Kosten bereit erklärt.
Die Klägerin beantragt nunmehr,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 17,15 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.06.2022 zu zahlen.
Die Beklagte betragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist sinngemäß der Auffassung, ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten stünde der Klägerin nicht zu, weil die Beauftragung von Rechtsanwälten zur zweckentsprechenden außergerichtlichen Rechtsverfolgung nicht notwendig gewesen sei. Insoweit komme es auch nicht darauf an, ob von der Klägerin geltend gemachte Forderungen mehr oder weniger häufig in zeitlicher Folge nach dem Versand eines anwaltlichen Mahnschreibens bezahlt werden.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Rechtsanwalts S. als Zeuge. Für das Ergebnis der Zeugenvernehmung wird auf das Protokoll vom 21.03.2023 (Bl. 109 d.A.) Bezug genommen
Nachdem die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der Hauptforderung übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist nur noch über die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten und die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden.
1.
Soweit die Klage noch rechtshängig ist, ist sie zulässig aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 17,15 € aus §§ 280, 286 BGB i.V.m. Art. 7 Abs. 1 Fluggastrechte-VO oder sonstigen Vorschriften, denn die Klägerin hat nicht schlüssig dargelegt, dass die behauptete Beauftragung der späteren Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit einer außergerichtlichen Tätigkeit war zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich war.
a)
Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten stellen nur dann einen kausalen Schaden dar, wenn sie zur Rechtsverfolgung erforderlich und zweckmäßig sind (BGH, Urt. v. 17.09.2015 – IX ZR 280/14 – Juris, Rn. 8). In Flugastrechtesachen ist die Beauftragung eines Rechtsanwalts durch den Fluggast, um das Luftfahrunternehmen zur Leistung zu bewegen, regelmäßig zweckmäßig, wenn das Luftfahrunternehmen seine Verpflichtung verletzt hat, den Fluggast im Falle einer Annullierung, großen Verspätung oder Beförderungsverweigerung zu belehren oder wenn sich das Luftfahrunternehmen bereits in Verzug befindet (BGH, Urt. v. 12.02.2019 – X ZR 77/18 – Juris, Rn. 4). Die Beauftragung eines Rechtsanwalts ist selbst dann als erforderlich anzusehen, wenn der Fluggast zunächst einen auf die Durchsetzung von Fluggastrechten spezialisierten Inkassodienstleister bemüht hatte, der seinerseits das verpflichtete Luftfahrtunternehmen erfolglos zur Zahlung aufgefordert hat und sich der Fluggast dann entscheidet, seinen Anspruch selbst weiterzuverfolgen (vgl. BGH, Versäumnisurteil v. 12.09.2017 – X ZR 102/16 – Juris, Rn. 34).
Dies gilt jedoch für die Geltendmachung des Anspruchs durch einen auf die Durchsetzung von Fluggastrechten spezialisierten Inkassodienstleister nicht auf gleiche Weise. Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der Beauftragung eines Rechtsanwaltes mit einer außergerichtlichen Tätigkeit ist gemäß dem Grundsatz der subjektbezogenen Schadensbetrachtung die spezielle Situation des Anspruchsinhabers zu berücksichtigen (st. Rspr., vgl. z.B. BGH, Urt. v. 29.10.2019 – VI ZR 45/19 – Juris, Rn. 21). Zwar sind an die Voraussetzungen des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Kann der Anspruchsinhaber aus seiner ex ante Sicht nicht erwarten, dass er außergerichtlich ohne anwaltliche Hilfe zu seinem Recht kommt, dies aber mit anwaltlicher Hilfe möglicherweise der Fall ist, ist die Einschaltung eines Rechtsanwalts regelmäßig als erforderlich anzusehen. Dies gilt grundsätzlich selbst dann, wenn der Anspruchsteller über die subjektiven Fähigkeiten verfügt, um den Anspruch selbst zu verfolgen. So ist beispielsweise anerkannt, dass auch ein Unternehmen mit eigener Rechtsabteilung, das zweifellos selbst in der Lage wäre, seine Ansprüche außergerichtlich geltend zu machen, die Beauftragung eines Rechtsanwalts jedenfalls dann für erforderlich halten darf, wenn es den Schuldner einmalig selbst erfolglos gemahnt hat.
Von diesen Grundsätzen ist jedoch dann eine Ausnahme zu machen, wenn die Geltendmachung von Ansprüchen der eigentliche Zweck des Unternehmens ist und es um die Geltendmachung von gleichartigen Ansprüchen im Massengeschäft gegen vergleichsweise wenige Schuldner geht, wie dies bei der Geltendmachung von Fluggastrechten durch die darauf spezialisierten Dienstleister der Fall ist, denn für diese Unternehmen ergibt sich aus der Beauftragung von Rechtsanwälten mit der außergerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs im Regelfall kein anderer Mehrwert als die Produktion zusätzlicher Rechtsanwaltskosten (nur im Ergebnis wie hier z.B. LG Frankfurt a.M., Urt. v. 20.10.2022 – 2-24 S 79/22 – Juris, Rn. 23 ff.).
b)
(i)
Bei der Klägerin handelt es sich gerichtsbekannt um einen der größten Dienstleister auf dem Gebiet der Geltendmachung von Ansprüchen nach der Fluggastrechte-VO, § 291 ZPO. Es ist offenkundig, dass die Klägerin selbst über das Know-how verfügt, um die Erfolgsaussichten der Anspruchsdurchsetzung im Einzelfall prüfen zu können. Die Klägerin berühmt sich gerichtsbekannt auch, über umfangreiche Datenbanken zu verfügen, die ihr die Einschätzung der Erfolgsaussichten eines Anspruchs erleichtern. Es ist nicht ersichtlich, insbesondere von der Klägerin nicht vorgetragen, wozu sie im Allgemeinen und im streitgegenständlichen Fall die vorgerichtliche Hilfe eines externen Rechtsanwalts benötigt. Der insoweitige Vortrag der Klägerin erschöpft sich in der unsubstantiierten Behauptung, ihre späteren Prozessbevollmächtigten mit der Prüfung des hier streitgegenständlich gewesenen Ausgleichsanspruchs beauftragt zu haben. Was genau die Rechtsanwälte prüfen sollten, ist jedoch nicht ersichtlich. Der als Zeuge vernommene Rechtsanwalt hat zwar ausgesagt, dass die Prozessbevollmächtigten des Klägers grundsätzlich auch mit der Prüfung der Ansprüche und nicht nur mit dem Versand des Mahnschreibens beauftragt werde würden. Das Gericht konnte sich anhand der Aussage des Zeugen jedoch keine entsprechende Überzeugung davon bilden, dass die Klägerin tatsächlich eine Prüfung erwartet. Das einzige Beispiel, das der Zeuge genannt hat, ist eher fernliegend ist. So soll es in jüngerer Zeit häufiger passiert sei, dass die Klägerin auf seinen Rat hin Ansprüche nicht weiter verfolgt habe, auf die die Fluggastrechte-VO wegen des Austritts Großbritanniens aus der EU nicht mehr anwendbar sei. Gerade derart offenkundige Fragen, kann die Klägerin zweifellos selbst klären. Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Klägerin damit einen externen Anwalt beauftragen sollte, jedenfalls dann nicht, wenn sie ihn tatsächlich bezahlen muss (dazu unten unter (ii)).
Die Klägerin konnte die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der außergerichtlichen Geltendmachung der Forderung in der vorliegenden Konstellation auch nicht unter dem Gesichtspunkt für erforderlich halten, der Beklagten zu zeigen, dass sie es „ernst meint“, um die Beklagte dadurch zur außergerichtlichen Erfüllung des Anspruchs zu bewegen. Grundsätzlich kann zwar auch eine derartige Überlegung die Einschaltung eines Rechtsanwaltes mit der außergerichtlichen Anspruchsverfolgung rechtfertigen. So ist es in der Praxis nicht selten, dass Schuldner gerade bei der Geltendmachung von Ansprüchen durch Privatpersonen erst einmal abwarten, weil sie die – berechtige – Erwartung hegen, dass viele Gläubiger ihre Ansprüche nicht weiter verfolgen, sobald sie mit dem nächsten Rechtsverfolgungsschritt Kosten vorstrecken müssten. Die Einschaltung eines Rechtsanwalts durch den Fluggast selbst ist jedenfalls nach Verzugseintritt daher schon unter diesem Aspekt regelmäßig als erforderlich anzusehen. Die Argumentation zieht im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten jedoch nicht, denn diese Unternehmen stehen sich ständig als Gläubigerin und Schuldnerin gegenüber. Dabei ist der Beklagten wie jedem anderen Luftfahrtunternehmen bekannt, dass die auf die Durchsetzung von Fluggastrechten spezialisierte Klägerin die aus deren Sicht berechtigten Ansprüche letztlich gerichtlich geltend machen wird, wenn sie auf eine außergerichtliche Zahlungsaufforderung der Klägerin nicht adäquat reagieren. Von der Einschaltung eines Rechtsanwaltes geht auf das Luftfahrtunternehmen daher kein höherer Druck aus, als von der Zahlungsaufforderung durch den Dienstleister selbst. Der anwaltlichen Zahlungsaufforderung vom 31.05.2022 ist eine fallbezogene anwaltliche Bearbeitung ebenfalls nicht zu entnehmen, denn das computergenerierte Schreiben unterscheidet sich – abgesehen von Person des Zedenten und den Flugdaten – nicht wesentlich von allen anderen etwa zeitgleich erstellen Mahnschreiben, die dem Gericht aus der Vielzahl der anhängigen Prozesse bekannt sind.
Dem steht die Behauptung der Klägerin nicht entgegen, dass Luftfahrtunternehmen „in vielen Fällen“ auf eine außergerichtliche anwaltliche Mahnung an sie zahlen würden. Es kann dahinstehen, ob die anwaltlichen Aufforderungsschreiben der Klägerin jedenfalls dann als erforderlich angesehen werden könnten, wenn die anwaltlichen Mahnen in einem nicht unerheblichen Anteil der Fälle zu einer Zahlung des aufgeforderten Luftfahrtunternehmens führen würden, denn die pauschal gehaltenen Ausführungen der Klägerin ermöglichen dem Gericht eine entsprechende Beurteilung nicht. Die Behauptung der Klägerin ist schon nicht quantifizierbar. So hat die Klägerin mit Anlage K3 zwar eine Liste von Fällen vorgelegt, in denen im Anschluss an eine anwaltliche Mahnung eine Zahlung eingegangen sein soll. Die Klägerin hat jedoch nicht vorgetragen, wie viele anwaltliche Mahnungen sie im gleichen Zeitraum verschickt hat. Darüber hinaus ist der Liste zwar zu entnehmen, wann die anwaltlichen Mahnschreiben verschickt worden sein sollen, nicht jedoch, wann die Zahlungen eingegangen sein soll. Das Gericht kann daher nicht einmal beurteilen, ob wenigstens ein enger zeitlicher Zusammenhang Mahnung und Zahlung. Ebenfalls nicht angegeben hat die Klägerin, wann sie zuvor selbst eine Zahlungsaufforderung verschickt hat, die ebenfalls Anlass für den (dann ggf. verfristeten) Zahlungseingang gewesen sein könnte.
(ii)
Da die Klägerin schon die Erforderlichkeit der Beauftragung eines Rechtsanwaltes nicht schlüssig dargelegt hat, kann letztlich auch offen bleiben, welche Vereinbarung sie mit ihren Prozessbevollmächtigten über die Vergütung der außergerichtlichen anwaltlichen Tätigkeit getroffen hat. Gleichwohl ist anzumerken, dass das Gericht durch die Zeugenvernehmung auch keine Überzeugung von der Behauptung gewinnen konnte, dass die Klägerin ihren Prozessbevollmächtigten für eine erfolglose außergerichtliche Tätigkeit überhaupt eine vertragliche Vergütung schuldet. Dies kann auch nicht mehr als selbstverständlich angesehen werden, seitdem Rechtsanwälte für ihre außergerichtliche Tätigkeit in dem hier gegebenen Anwendungsbereich des § 4 Abs. 1 RVG auf ein Honorar verzichten dürfen.
Die behauptete Rechnung für den vorliegenden Fall hat die Klägerin nicht vorgelegt. Die Ausführungen des als Zeuge vernommenen Prozessbevollmächtigten der Klägerin waren zu den Abrechnungsmodalitäten, insbesondere zum Zeitpunkt und zur Höhe der angeblich in Rechnung gestellten außergerichtlichen Honorare und zur Anrechnung der im Abrechnungszeitpunkt noch gar nicht entstandenen zukünftigen Verfahrensgebühren derart diffus, dass ihnen das Gericht keinen glauben schenken zu vermag. Konkrete Aussagen zur Inrechnungstellung und Zahlung des behaupteten Honorars für die hier streitgegenständliche außergerichtliche Tätigkeit hat der Zeuge gar nicht getätigt.
2.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 91a, 92 Abs. 1 ZPO.
Die Parteien haben den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt, wobei die Beklagte insoweit Kostenübernahme erklärt hat. Die insoweitigen Kosten waren somit gem. § 91 a ZPO der Beklagten aufzuerlegen.
Hinsichtlich der Nebenforderung ist die Klägerin unterlegen, weshalb insoweit sie die Kosten gem. § 91 Abs. 1 ZPO zu tragen hat.
Zwar ist nach Auffassung des erkennenden Gerichts auch bei einer Teilrücknahme bzw. – wie hier – einer Teilerledigung grundsätzlich nach § 92 Abs. 1 ZPO eine Kostenquote nach dem prozentualen Maß des wirtschaftlichen Obsiegens und Unterliegens gemessen an dem aus der Summe des Werts der Hauptsache und der Nebenforderungen zu bestimmenden fiktiven Gesamtstreitwert zu bilden (dazu AG Königs Wusterhausen, Urt. v. 13.04.2023 – 4 C 4468/22 (2) – Juris). Diese Art der Quotenberechnung ist jedoch dann nicht gerechtfertigt, wenn durch den erledigten und den streitig entschiedenen Streitgegenstand ganz unterschiedlicher Gebühren ausgelöst worden sind. In solchen Fällen kann ausnahmsweise eine Kostenquotelung nach der Kostenmethode gerechtfertigt sein, bei der zunächst die für die einzelnen Prozessabschnitte angefallenen Kosten einzeln ermittelt werden und aus diesen Kosten dann die Gesamtkostenquote berechnet wird (vgl. Anders/Gehle, Das Assessorexamen im Zivilrecht, 15. Aufl. 2022, Teil P Rn. 70).
Die Anwendung dieser Methode ist auch im vorliegenden Fall gerechtfertigt, denn durch die erledigte Hauptsache sind nur die anwaltlichen Verfahrensgebühren und eine Gerichtsgebühr (Ziff. 1211 Nr. 4 KV GKG) angefallen, während die Fortsetzung des Rechtsstreits um die Nebenforderung die Terminsgebühren ausgelöst und die Gerichtsgebührenreduzierung nach Ziff. 1211 Nr. 4 KV GKG verhindert hat.
Bis zur Teilerledigung sind Kosten i.H.v. 205,40 € (1 Gerichtsgebühr: 38,00 €, 2 x 1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG: 127,40 €, 2 x Auslagen 7002 VV RVG: 40,00 €) angefallen. Von diesen Kosten haben nach §§ 91a, 92 Abs. 1 ZPO die Klägerin 1 % (250,00 / 267,15 € * 100 %), also 2,05 €, und der Beklagte 99,00 %, also 203,35 €, zu tragen. Durch die Fortsetzung des Rechtsstreits über die zur Hauptsache gewordene Nebenforderung sind weitere Kosten i.H.v. 193,60 € (2 Gerichtsgebühren: 76,00 €, 2 x 1,2 Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG: 117,60 €) angefallen, die die Klägerin nach § 91 Abs. 1 ZPO zu tragen hat. Hieraus ergibt sich, dass die Klägerin 49 % ([2,05 € + 193,60 €] / [203,35 € + 193,60 €] * 100 %) der gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat.
3.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
4.
Die Zulassung der Berufung beruht auf § 511 Abs. 4 ZPO. Die Frage, ob die Beauftragung von Rechtsanwälten mit der außergerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen nach der Fluggastrechte-VO durch ein auf die Geltendmachung solcher Ansprüche spezialisiertes Unternehmen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich ist, ist von grundsätzlicher Bedeutung und höchstrichterlich bisher nicht abschließend geklärt.
4.
Der Streitwert war gemäß § 63 Abs. 1 ZPO festzusetzen.